Table.Briefing: China

Einflussnahme in Europa + Kfw stoppt Kredite

Liebe Leserin, lieber Leser,

Europa muss chinesische Einflussversuche stärker wahrnehmen: Das ist die dringende Empfehlung der Experten von Merics. Die Forscher des Berliner China-Instituts haben eine neue Studie vorgelegt und zeigen darin, wie die Volksrepublik den globalen Diskurs im eigenen Sinne zu steuern anstrebt. Wir Europäer sollten wachsamer gegenüber Manipulationen werden, sagt Merics.

Umgekehrt ist auch Europas Image in China in Gefahr. Weil europäische Akteure aus dem öffentlichen Diskurs in China praktisch verbannt sind, zeichnen die lokalen Medien dort häufig ein negatives Bild von Europa – ohne Möglichkeit, die eigene Sichtweise einzubringen. Was aus der Merics-Studie zu lernen ist, hat Julia Fiedler aufgeschrieben.

China wird ab 2024 keine Kredite der staatlichen Förderbank KfW bekommen, wie China.Table bereits berichtet hatte. Denn das sei mit “Chinas faktischem Status als Industrieland” unvereinbar. Unter welchen – strengen – Bedingungen diese Kredite bislang vergeben wurden und welche Gestaltungsmöglichkeiten Deutschland mit ihnen nun möglicherweise aufgibt, analysiert Frank Sieren. Der Peking-Besuch von Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, wird möglicherweise von dem Vorgang überschattet.

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Carolyn Braun
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Analyse

Merics warnt vor Manipulation

Angestaubte staatliche Propaganda war einmal – Chinas Führung steckt Ressourcen in das Eigenmarketing. Und sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Diskurs auch im Ausland zu kontrollieren und das eigene Image zu verbessern. Denn dieses hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Bei einer Umfrage unter 24 Ländern, darunter vielen in Europa, sagten im Durchschnitt 67 Prozent der Menschen, dass sie von China ein eher negatives Bild haben.

Für China sind Europa und die EU-Mitgliedsstaaten jedoch strategisch wichtig: als wirtschaftliche Partner und als Gegengewicht zu den USA. Ein schlechtes Image in diesen Ländern ist für China nachteilig.

China beeinflusst die Debatte aber auch, um das eigene politische und wirtschaftliche Modell als Alternative zu positionieren und etablierte Konzepte zu Demokratie und Menschenrechten anzugreifen. Seit 2020 bemüht sich China immer häufiger, das eigene System als das überlegene darzustellen.

Kontrolle wandert nach außen

Das Mercator-Institut für China-Studien in Berlin (Merics) hat nun eine neue Studie vorgelegt, in der die Wissenschaftler untersuchen, wie die Volksrepublik den globalen Diskurs im eigenen Sinne zu steuern versucht. Die Studie liegt Table.Media vorab vor.

Dabei stellen sie eine deutliche Veränderung in den vergangenen Jahren fest. “In den ersten fünf Jahren unter Xi war die Kontrolle vor allem nach innen gerichtet, Diskursräume wurden stark eingeschränkt”, sagt Katja Drinhausen, eine der Autorinnen der Studie.

Die Führung hat in dieser Phase vor allem dafür gesorgt, dass von außen keine Informationen nach China gelangen, die von der Führung als schädlich gewertet werden. Inzwischen gilt der Außenwirkung wieder mehr Aufmerksamkeit. “Die eigene Sicht der Dinge und das eigene Framing nach außen zu tragen, ist in der zweiten Amtszeit von Xi Jinping eine neue Komponente, die man mitdenken muss.”

Die Erkenntnisse der Studie:

  • Durch stärkere und ausgefeiltere Maßnahmen steigert Chinas Führung ihren Einfluss auf die öffentliche Meinung in anderen Ländern.
  • Dazu gehört neben scheinbar unpolitischem Wohlfühl-Content wie Landschaftsbildern, klassischer Propaganda und Desinformationskampagnen insbesondere auch die Beschränkung des Zugangs zum Land für ausländische Forscher und Journalisten. So bekommen die Einheimischen keine kritischen Stimmen zu hören.
  • Auch im Internet beschränkt China den Informationszugang, indem es zum Beispiel Statistiken entfernt.
  • Drohungen und wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen führen dazu, dass manche ausländische Unternehmen und Regierungen davor zurückschrecken, Chinas Interessen infrage zu stellen und China zu kritisieren.
  • Die Fortschritte der Künstlichen Intelligenz führen dazu, dass China seine Propaganda erfolgreicher in den sozialen Medien platzieren kann, ohne dass diese direkt als solche erkannt wird. Aktuell ist das vor allem für englischsprachige Länder relevant, weniger für die EU. Die KI kann beispielsweise Texte umformulieren und damit ein realistischer aussehendes Meinungsbild vorgaukeln.
  • In unterschiedlichen Ländern werden unterschiedliche Maßnahmen angewandt: In einigen Ländern konzentriert sich Peking darauf, positive Botschaften zu verbreiten und Eliten zu umwerben, in anderen Ländern arbeitet es mit Abschreckung und Zwang. Der Ansatz kann sich schnell ändern, wenn sich die Beziehungen verschlechtern.

Asymmetrie bei der Informationsbeschaffung

Unabhängige Informationen über China zu erlangen, wird nach Sicht der Forschenden immer schwieriger. Unerwünschte Meinungsäußerungen werden durch zahlreiche Methoden zu verhindern versucht, unter anderem durch Gesetze wie das Hongkonger Nationale Sicherheitsgesetz. Sie sollen Druck auf Interessengruppen ausüben. Chinesen, die im Ausland leben und sich zu kritischen Themen äußern, werden unter Druck gesetzt, 

Der Kontakt ausländischer Wissenschaftler und Journalisten zu Gesprächspartnern in China wird erheblich erschwert, indem zum Beispiel Interviews auf komplizierte Weise vorab offiziell genehmigt werden müssen. Austausch wird auch dadurch unterbunden, dass Journalistenvisa restriktiver vergeben werden und Reisebeschränkungen für manche Regionen, wie zum Beispiel Xinjiang, gelten.

Mehr Zugangshürden für das Internet

Die Studie berichtet von einer Zunahme von Zugangsbeschränkungen im Internet: So ist zuletzt das Nationale Statistikamt dadurch aufgefallen, dass es Daten zu Themen wie den Jugendarbeitslosenzahlen offline gestellt hat. “So systematisch und viel wie das in den letzten Jahren geschieht, ist das eine ganz neue Entwicklung”, sagt Drinhausen. “Es bestimmt, was wir über China wissen und unabhängig schlussfolgern können.” 

Dazu kommt: Ausländer können sich gegenüber der chinesischen Öffentlichkeit auch nicht frei äußern. Während chinesischen Akteuren der Informationsraum im Ausland offenstehe, bestehe für europäische Akteure kaum eine Möglichkeit, am öffentlichen Diskurs in China teilzunehmen. Das schade auch dem Image Europas. Unerwünschte Sichtweisen werden als Fake News verleumdet. 

Der Einflussnahme gekonnt begegnen

Die Forschenden sehen Europa aktuell noch nicht so sehr im Fokus Chinas wie die USA, Kanada und Australien. Diese Länder seien wesentlich stärker von Desinformationskampagnen und auch von Einflussversuchen bei Wahlen betroffen.

Dennoch raten die Merics-Expertinnen den EU-Staaten, sich darauf vorzubereiten, dass China die Einflussnahme noch hochfahren wird. Die Europäer sollten sich besser vernetzen und gemeinschaftlich vorgehen:

  • Manipulationsversuche registrieren und sammeln, damit sich europäische Stakeholder darüber austauschen und Einflussnahme abwehren können.
  • Eine Datenbank mit relevanten chinesischen staatlichen Akteuren aufsetzen und Schulungen für Regierungsmitarbeitende durchführen, um zu einem besseren Bewusstsein beizutragen
  • Medienkompetenz und Transparenz verbessern, damit Fake News besser erkannt werden. Durch entsprechende Gesetze für eine strengere Kennzeichnung von bezahlten Beiträgen in europäischen Medien sorgen. Medienunternehmen über Manipulationsmuster informieren.
  • Standards für das Vorgehen bei wiederkehrenden Narrativen in China entwickeln, um eine schnellere Reaktion von Botschaften und Auslandsvertretungen zu ermöglichen, wenn irreführende und schädliche chinesische Manipulationsversuche stattfinden.
  • Es gehe darum, den Austausch mit China zu erhalten, aber ebenso europäische Werte zu schützen.

Da es sich bei der starken Asymmetrie der Informationsverfügbarkeit um ein strukturelles Problem handele, sei die Politik gefragt, mehr Offenheit von China einzufordern.

  • Desinformation
  • Gesellschaft
  • Merics
  • Nationales Sicherheitsgesetz
  • Propaganda
  • Studie

KfW stoppt Kreditvergabe für Projekte in China

Februar 2023: Ein Arbeiter auf der Baustelle des Bahnhofs Yongqing-Ost, der auf der Verbindung Tianjin-Daxing liegt. Die 100 Kilometer lange Strecke wurde von der KfW mit Krediten unterstützt.

Am Mittwoch ist Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, in Peking, um über die Möglichkeiten im gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel zu sprechen. Der Besuch der früheren Greenpeace-Chefin in Peking wird nun jedoch von der Absage künftiger KfW-Kredite für China überschattet.

Denn ab 2024 gibt es keine deutschen Förderkredite mehr für Projekte in China, wie China.Table bereits aus Kreisen des chinesischen Finanzministeriums gemeldet hat. Gisela Hammerschmidt, Unterabteilungsleiterin Asien im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), hat nun ihre Counterparts in Peking persönlich offiziell darüber informiert.

Viele Jahre flossen Kredite der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für Projekte nach China. Im Zeitraum von 2013 bis 2020 hatte die KfW beispielsweise insgesamt 90 Förderkredite mit einem Gesamtvolumen von 3,09 Milliarden Euro für Projekte in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, Berufsbildung und Gesundheit vergeben.

Begründung: China ist jetzt selbst reich

Das Chinageschäft der KfW sei mit “Chinas faktischem Status als Industrieland” unvereinbar, begründet die Regierung ihren Kurswechsel. Tatsächlich ist die chinesische Wirtschaft an der Kaufkraft gemessen bereits die größte Volkswirtschaft der Welt, nominal hinter den USA die zweitgrößte.

Das lässt sich jedoch auch anders sehen: Am Pro-Kopf-Einkommen gemessen ist China noch ein Schwellenland. China hat mit 21.500 US-Dollar ein niedrigeres Pro-Kopf-Einkommen als Bulgarien, es liegt etwa auf der Höhe von Mexiko. Deutschland hingegen hat ein Pro-Kopf-Einkommen von 63.000 US-Dollar, die USA erreichen sogar 76.000 US-Dollar.

Bislang hatte das BMZ die Volksrepublik neben anderen Schwellenländern wie Brasilien, Indonesien oder Südafrika zu seinen acht “Globalen Partnern” gezählt: Das sind Länder, die zwar nicht mehr bitterarm sind, mit denen entwicklungspolitische Zusammenarbeit aber trotzdem wichtig ist – weil Fortschritte etwa im Klimaschutz dort besonders große Wirkung haben.

Strenge Bedingungen für Kredit-Empfänger

Die bisherigen KfW-Kredite gingen an Unternehmen mit Sitz in China. Um diese Kredite zu bekommen, mussten die Unternehmen strenge Bedingungen erfüllen, die im Interesse zum Beispiel der deutschen Klimapolitik sind. So wurde zum Beispiel eine neue 100 Kilometer lange Zugverbindung von der 14-Millionen-Einwohner-Hafenstadt Tianjin zu dem neuen internationalen Flughafen Pekings im Vorort Daxing gefördert. In Peking leben knapp 23 Millionen Menschen leben. Die KfW argumentierte, dass das Projekt dazu beiträgt, “Treibhausgasemissionen des motorisierten Individualverkehrs zu reduzieren und so zum globalen Klimaschutz beizutragen”.

Vorbedingung für jede Auftragsvergabe für Lieferungen und Leistungen durch China war eine öffentliche Ausschreibung, die nach internationalen und von der KfW überwachten Qualitätsstandards durchgeführt wurde. Es war zudem eine Empfehlung des Development Assistance Committees (DAC) nötig, also des Entwicklungshilfe-Ausschusses der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), sogenannte ODA-Mittel freizugeben. ODA sind öffentliche Mittel für Entwicklungsleistungen, die auf Englisch Official Development Assistance heißen.

Kein Steuergeld beteiligt

Die Kredite wurden zwar im Auftrag der Bundesregierung vergeben. Es handelte sich dabei jedoch nicht um Haushaltsmittel, also nicht um Geld der Steuerzahler. Haushaltsmittel stellt die Bundesregierung der Volksrepublik China schon seit 2009 nicht mehr für die Entwicklungszusammenarbeit bereit. Vielmehr ging es um international finanzierte Kredite, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen, sogenannte Förderkredite.

Die KfW bekommt aufgrund ihres guten Rufes auf dem internationalen Kapitalmarkt zu günstigeren Zinsen Kredite als die einzelnen Unternehmen. Die internationale Finanzwelt leiht der deutschen Staatsbank, die mit Garantien des Bundes abgesichert ist, gerne Geld. Denn die KfW hat sehr gute Ratings. Die Bundesgarantien wurden im Falle der Kredite an China allerdings nicht gebraucht. Ausfälle der Rückzahlungen gab es im Falle Chinas praktisch nicht

Hebel für deutsche Projektstandards

Die KfW hat Projekte gefördert, die hohe Ansprüche an Umwelt- und Sozialverträglichkeit stellen. Wichtig war auch, dass diese Projekte innovative Elemente aufwiesen und damit Modellcharakter für China, aber auch für anderen Länder, haben. Denn die Investitionen in China, den weltgrößten Treibhausgasemittenten, haben eine große Hebelwirkung.

Es gab zudem Fälle, in denen chinesische Unternehmen mit einer solchen Finanzierung Projekte in Afrika, zum Beispiel in Uganda, durchgeführt haben. Damit konnte die KfW sogar indirekt dafür sorgen, dass deutsche Vorstellungen von Entwicklungsstandards in Afrika durchgesetzt wurden. Die Bundesregierung hat diese Möglichkeit der konstruktiven Gestaltung nun aufgegeben.

Grüne lehnen Förderung ab

Die Vergabe von KfW-Krediten an China steht jedoch schon länger in der Kritik. Da mehrere Ressorts der Entscheidung für den Ausstieg zustimmen mussten, ist davon auszugehen, dass es in der Bundesregierung einen breiten Konsens dazu gibt. Die treibenden Kräfte für den Ausstieg der KfW aus der Entwicklungsförderung waren das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Auswärtige Amt.

Beide Häuser werden von Grünen geführt – Robert Habeck (BMWK) und Annalena Baerbock (AA) -, die ebenso wie die FDP eine kritische Linie gegenüber China fahren. Auch das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Finanzministerium musste zustimmen, sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter der SPD-Ministerin Svenja Schulze.

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Sinolytics Radar

Auto-Exporte stark gestiegen

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  • Zwischen 2017 und 2021 waren Chinas Importe und Exporte von Autos relativ stabil; das Exportvolumen schwankte um etwa eine Million Fahrzeuge pro Jahr, während das Importvolumen leicht abnahm.
  • 2021 und 2022 jedoch verzeichneten die Autoexporte ein exponentielles Wachstum des Autoexports von 97,6 Prozent, beziehungsweise 45,5 Prozent. Zugleich gingen die Importe weiter leicht zurück.
  • Im Jahr 2023 setzt sich dieser Trend im Autoexport fort, mit einem jährlichen Wachstum von 67,9 Prozent in den ersten sieben Monaten. Der chinesische Automobilverband China Association of Automotive Manufacturers (CAAM) schätzt, dass die Exporte im Gesamtjahr rund 4 Millionen Einheiten erreichen werden.
  • Durch dieses starke Exportwachstum ist China bei Pkw nun von einem Netto-Importeur zu einem Netto-Exporteur geworden.
  • Es gibt signifikante strukturelle Unterschiede zwischen importierten und exportierten Autos: 90,1 Prozent der nach China importierten Autos im Jahr 2022 sind Premium- oder Luxusmarken und kosten durchschnittlich 53.000 Euro pro Fahrzeug. Im Gegensatz dazu liegt der Durchschnittspreis der aus China exportierten Autos für den gleichen Zeitraum bei nur 21.000 Euro. Doch diese 21.000 Euro bedeuten einen starken Anstieg, verglichen mit den 14.000 Euro pro Auto im Jahr 2018.
  • Elektroautos und andere Neue Energiefahrzeuge (NEVs) machten 2022 rund 16 Prozent der insgesamt nach China importierten Autos im Jahr 2022 aus, aber 36 Prozent der aus China exportierten Autos.
  • Die dynamische Veränderung von Chinas Rolle im globalen Autohandel hat mehrere Ursachen: die lokale Produktion westlicher Autobauer, ihre vorsichtige Herangehensweise an die NEV-Entwicklung und ehrgeizige Investitionen der chinesischen Regierung und Unternehmen in die NEV-Wertschöpfungskette, einschließlich der umstrittenen Branchensubventionen.
  • Die Verschiebung eröffnet eine völlig neue Dimension für die politische Debatte und strategische Geschäftsentscheidungen in der EU. Globale Akteure in der Automobilbranche sowie viele andere Sektoren werden vor einer “doppelten China-Herausforderung” stehen: eine in Bezug auf die Aufrechterhaltung des Marktanteils im chinesischen Binnenmarkt und eine andere im Umgang mit dem Wettbewerb ihrer chinesischen Konkurrenten außerhalb Chinas.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

News

EU-Untersuchung zu E-Autos trifft auch Tesla

Der US-Autobauer Tesla ist offenbar mittendrin in der Debatte um mögliche Anti-Subventionsmaßnahmen der EU gegen E-Auto-Firmen in China. Teslas Niederlassung in Shanghai sei in den Brüsseler Vorermittlungen als eines jener Unternehmen aufgetaucht, die wahrscheinlich von Subventionen profitiert haben, berichtete Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Quellen. Tesla ist in China in den Genuss von Vergünstigungen gekommen, die für andere internationale Autobauer nur schwer zugänglich sind – allen voran die Genehmigung, eine eigene Fabrik ohne Joint Venture-Partner aufzubauen. Hinzu kamen laut Bloomberg Steuererleichterungen, günstige Kredite und andere Formen der Unterstützung.

EU-Vizepräsident und Handelskommissar Valdis Dombrovskis betonte am Dienstag beim Abschluss seiner China-Reise, es gebe “ausreichende Anscheinsbeweise”, um die Untersuchung der Importe von batteriebetriebenen Fahrzeugen aus der Volksrepublik zu rechtfertigen. Dombrovskis bestätigte, dass die Überprüfung auch nicht-chinesischer Hersteller treffen könne, beispielsweise Tesla oder Volvo, das zu Geely gehört.

Wang Wentao: Zölle wären Protektionismus

Seit Ende 2020 exportiert Tesla das Model 3 aus seiner Fabrik in Shanghai. Im Juli 2021 bezeichnete das Unternehmen die Gigafabrik in Shanghai als sein wichtigstes Auto-Exportzentrum. Diese Autos gehen auch in die EU. So verkaufte Tesla in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 93.700 in China hergestellte Fahrzeuge nach Westeuropa, schreibt Bloomberg unter Berufung auf Schmidt Automotive Research. Das seien etwa 47 Prozent seiner Gesamtlieferungen.

Tesla und andere Hersteller lehnten einen Kommentar gegenüber Bloomberg ab. Nio-Chairman und Mitgründer William Li hatte vergangene Woche gesagt, er erhoffe sich von Regierungen Offenheit statt Isolationismus. Auch Chinas Elektro-Startups wie Nio haben Förderungen erhalten. Die EU-Untersuchungen sollen das Ausmaß der Unterstützung für Tesla, Nio sowie BYD, SAIC und andere klären – und ob diese Förderung zu Dumpingpreisen führt.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte die Untersuchungen gegen marktverzerrende Subventionen in Chinas E-Auto-Sektor Mitte September in einer Rede angekündigt. Chinas Handelsminister Wang Wentao äußerte nun bei seinem Treffen mit dem angereisten EU-Handelskommissar Dombrovskis seinen Unmut über die Anti-Subventionsermittlungen. “Wang Wentao drückte seine ernste Besorgnis und große Unzufriedenheit” darüber aus, teilte sein Ministerium am Dienstag mit. Die von der EU ins Spiel gebrachten Ausgleichszölle seien “ein protektionistischer Akt, der die Zusammenarbeit zwischen China und der EU im Umweltbereich und die Stabilität der globalen Automobilindustrie beeinträchtigen wird”. Der staatsnahe Autobauerverband CAAM rief die EU zu Umsicht beim Erlassen etwaiger Gegenmaßnahmen auf. ck/rtr

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China und USA diskutieren Xi-Besuch

China verhandelt nach eigenen Angaben mit den USA über eine Reise von Staatschef Xi Jinping zum Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) im Nevember in San Francisco. Außenminister Wang Yi antwortete bei einer Pressekonferenz am Dienstag auf die Frage nach einer Teilnahme Xis gewohnt verklausuliert: “Wir stehen in Kontakt mit relevanten Parteien und werden zu gegebener Zeit eine Ankündigung machen.” Xi messe “der multilateralen Diplomatie große Bedeutung bei”, China werde auf “wichtigen multilateralen Foren nie fehlen”.

Wang stellte auf der Pressekonferenz ein Außenpolitik-Weißbuch der Regierung vor, das sich an Xis globalen Initiativen orientiert. Das 14.000-Zeichen-Papier “Eine globale Gemeinschaft mit gemeinsamer Zukunft” fordert unter anderem die Abschaffung des Protektionismus und eine größere Verantwortung der großen Länder für Frieden und Entwicklung in der Welt.

Mit dem nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, hatte Wang Yi kürzlich auf Malta mehrstündige Gespräche geführt. Dabei ging es dem Vernehmen nach auch um ein mögliches Treffen von Xi und US-Präsident Joe Biden am Rande des Apec-Gipfels. Xis Abwesenheit auf dem kürzlichen G20-Gipfel in Indien hatte Spekulationen genährt, der Staatschef könne auch eine Reise in die USA ablehnen.

Parallel konkretisieren sich Planungen für einen Dreiergipfel Chinas mit Südkorea und Japan. Hochrangige Beamte der drei Länder einigten sich laut Bloomberg darauf, “zum frühestmöglichen Zeitpunkt” ein Gipfeltreffen ihrer Staats- und Regierungschefs abzuhalten. Japanische Medien halten demnach ein Treffen schon im Dezember für möglich. Chinas Außenamtssprecher Wang Wenbin bestätigte indirekt die Planungen. Man kommuniziere über einen Gipfel “zu gegebener Zeit”. Die drei Länder hätten zudem ein Außenministertreffen vereinbart. ck

  • Geopolitik
  • USA
  • Xi Jinping

USA sanktionieren Lieferanten an Iran und Russland

Die US-Regierung hat 10 weitere chinesische Unternehmen und eine Einzelperson auf ihre schwarze Liste gesetzt. Gründe sind vor allem Vorwürfe Washingtons, dass die Unternehmen Russland und Iran bei der Herstellung militärischer Ausrüstung unterstützen, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin am Dienstag berichtete. Das Magazin nennt als Beispiel die Firma Asia Pacific Links, die ein auf der schwarzen Liste stehendes russisches Unternehmen bei der Herstellung von Drohnen (UAVs) für den russischen Militärgeheimdienst unterstützen soll. Sechs weitere chinesische Unternehmen werden beschuldigt, einem iranischen Flugzeughersteller Komponenten für die Produktion von Shahed-Kampfdrohnen zu beschaffen, die von Russland in der Ukraine eingesetzt werden.

Firmen auf der sogenannten “Entity List” der USA dürfen keine amerikanische Technologie erwerben – es sei denn, sie erhalten spezielle Regierungslizenzen. Das chinesische Handelsministerium protestierte gegen die Aufnahme der neuen Firmen und forderte Washington auf, die “unangemessene Unterdrückung chinesischer Unternehmen und Einzelpersonen unverzüglich einzustellen”. ck

  • China-Sanktionen
  • Geopolitik
  • USA

Nomura-Banker im Land festgehalten

Ein Manager des japanischen Wertpapierhauses Nomura darf Festlandchina nicht verlassen. Das berichtet Reuters. Wang Zhonghe soll Verbindungen zu einer Korruptionsaffäre um den Vermögensverwalter China Renaissance gehabt haben, wie die Financial Times unter Berufung auf anonyme Quellen schreibt. Das muss nicht zwingend heißen, dass Wang als Beschuldigter verhaftet wurde. Wer in China als Zeuge in einem solchen Verfahren identifiziert ist, wird mit einem Reisebann belegt.

Wang arbeitet in Hongkong. Er war vor seiner Zeit bei Nomura für die staatliche Großbank ICBC tätig. Einer der mutmaßlichen Drahtzieher der Veruntreuung von Geldern bei dem Unternehmen China Renaissance Holdings, Cong Lin, war seinerzeit ein Kollege von Wang. China Renaissance vermittelte unter anderem Merger im Internetsektor.

Derzeit läuft weiterhin eine Anti-Korruptionskampagne in der Finanzindustrie. Im vergangenen Jahr haben die Behörden Banken und Investmentfirmen 4.620 Mal mit Strafen belegt, ein Anstieg von einem knappen Fünftel gegenüber dem Vorjahr. Die Anti-Korruptionskampagnen haben aus Sicht der Führung oft eine doppelte Funktion. Es geht in vielen Fällen wirklich um Korruption und trifft nicht selten die Richtigen. Zugleich dienen sie der Einschüchterung ganzer Branchen, Parteiflügeln und gesellschaftlicher Gruppen, um sie gefügig zu machen. fin

  • Finanzen
  • Korruption

Presseschau

Philippinen Küstenwache entfernt chinesische See-“Barriere” TAGESSCHAU
China provoziert die Philippinen: Krieg kann jederzeit ausbrechen N-TV
Uigurische Kinder in China: UN-Menschenrechtler tief besorgt SUEDDEUTSCHE
China’s top diplomat calls on US to host an APEC summit that is cooperative, not confrontational AP NEWS
One country, one tongue: why China is suppressing language diversity ABC.NET.AU
Chinesisches Gericht erkennt Bitcoin als digitale Währung an BTC-ECHO
OPEC is going into a death spiral – because of China TELEGRAPH
Bündnis-Ausweitung im Pazifik: China warnt den Westen vor Konsequenzen N-TV
KfW vergibt ab 2026 keine Förderkredite mehr nach China HANDELSBLATT
Macron Is Pushing Europe Into a $900 Billion Fight With China TIME
EU prüft auch China-Subventionen für Tesla und BMW GOLEM
Foreign brands including Tesla to face scrutiny as part of EU probe into China car subsidies FT
Seltene Konstellation: Südkorea empfängt Diplomaten aus China und Japan FAZ
Rabobank-Marktanalyse: China bleibt auf Milchimporte angewiesen TOP AGRAR
Foxconn-Milliardär will Taiwans Präsident werden – und verspricht “50 Jahre Frieden” mit China MERKUR

Standpunkt

Die Messung der Korruption

Von Yongheng Deng und Shang-Jin Wei
Shang-Jin Wei (links) ist Wirtschaftsprofessor an der Columbia Business School. Deng Yongheng (rechts) ist Direktor des Globalen Immobilien-Master-Programms an der Universität von Wisconsin-Madison.

Die Bestechung von Beamten ist nicht nur in den Entwicklungsländern immer noch ein großes Problem, sondern auch in einigen Industriestaaten. Studien haben wiederholt gezeigt, dass dadurch das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung beeinträchtigt werden. Deshalb müssen sich die Regierungen in aller Welt stärker bemühen, die Korruption auszurotten. China nimmt in dieser Hinsicht eine Sonderstellung ein, da dort seit 2013 hunderte hochrangige Beamte und über eine Million nachgeordnete Regierungsvertreter verhaftet oder angeklagt wurden.

Korruption erhöht die Kosten unternehmerischer Tätigkeit, behindert die ökonomische Effizienz und untergräbt die wirtschaftliche und gesellschaftliche Fairness. Aber da Bestechung normalerweise versteckt stattfindet, ist es extrem schwierig, das Ausmaß illegaler Bereicherung abzuschätzen. Hilfreich dafür ist die Theorie des permanenten Einkommens, mit der Haushaltseinkommen und Luxuskonsum miteinander verglichen werden können.

In einem Aufsatz, der demnächst in Management Science veröffentlicht wird, zeigen wir, wie wir und unsere Mitverfasser diese Methodik dazu verwendet haben, das “inoffizielle” Einkommen der chinesischen Beamten zu schätzen. Mithilfe von Daten zu Immobilienkäufen und Einkommen der Jahre 2006 bis 2013 in einer großen chinesischen Stadt haben wir Haushalte, in denen Beamte wohnen, mit solchen verglichen, in denen das nicht der Fall ist. Das Verhältnis des Werts der gekauften Immobilien zu den Haushaltseinkommen haben wir anhand von Faktoren wie Geschlecht, Alter und Ausbildungsniveau der jeweiligen Beamten untersucht.

Dabei stellt sich heraus, dass das sogenannte “graue Einkommen” chinesischer Beamter durchschnittlich 83 Prozent ihrer formalen Einkünfte beträgt. Bemerkenswert ist dabei, dass diese Zahl mit dem Rang der jeweiligen Beamten erheblich steigt. So liegen die inoffiziellen Einkünfte niedrigrangiger Beamter bei nur 27 Prozent ihres offiziellen Einkommens. Bei Abteilungsleitern auf Regierungsebene (zheng chu 政处 im chinesischen Beamtenjargon) steigt dieser Wert auf 172 Prozent. Und die verdeckten Einkünfte von Generaldirektoren einer Regierungsabteilung (zheng ju 政局) – die in Chinas Verwaltungshierarchie den gleichen Rang wie Bürgermeister kleiner oder mittlerer Städte innehaben – betragen erstaunliche 424 Prozent ihrer offiziellen Vergütung.

Beamtenbezüge nicht unangemessen

Im Prinzip kann es zwei unterschiedliche Arten von “Korruptionsgleichgewichten” geben: eines, bei dem es innerhalb einer ansonsten sauberen Bürokratie ein paar hochgradig korrupte Beamte gibt – und ein anderes, in dem die Korruption über das gesamte administrative System hinweg verbreitet ist. Beide Szenarien beeinträchtigen Wirtschaft und Gesellschaft auf verschiedene Weise und erfordern unterschiedliche Anti-Korruptions-Strategien. 

Um zu verstehen, welches dieser Szenarien in China vorherrscht, haben wir auf verschiedenen administrativen Ebenen den Anteil der Beamten geschätzt, die wahrscheinlich inoffizielle Einkünfte haben. Durch den Vergleich der Immobilienkäufe ihrer Haushalte mit jenen anderer Haushalte ergab sich, dass dies auf 13 Prozent der Beamten unserer Stichprobe zutrifft. Bemerkenswert ist dabei, dass auch dieser Anteil mit dem Rang der jeweiligen Beamten steigt: So legen unsere Daten nahe, dass etwa 8 Prozent der untergeordneten Regierungsangestellten erhebliche undeklarierte Einkommen erzielen, während es bei niedrigrangigen Beamten 12 Prozent, bei zheng chu 27 Prozent und bei zheng ju 65 Prozent sind.

Manche glauben, Beamte würden Bestechungsgelder annehmen, weil ihre Löhne verglichen mit dem, was sie im Privatsektor verdienen könnten, niedrig sind. Um diese Behauptung zu prüfen, zogen wir Faktoren wie Ausbildung, Dienstjahre, Alter und Geschlecht heran. Dabei fanden wir keinerlei Hinweise darauf, dass die Beamten unserer Stichprobe im Verhältnis zu ihrem Ausbildungsniveau und ihrer Erfahrung unterbezahlt sind. Mit anderen Worten, unangemessene Bezüge sind nicht der Hauptgrund dafür, dass chinesische Bürokraten bestechlich sind.

Die massive chinesische Kampagne zur Korruptionsbekämpfung bietet eine einmalige Gelegenheit zur Untersuchung, ob “graues Einkommen” aus Bestechungsgeldern stammt. Unsere Ergebnisse legen eine erhebliche Korrelation nahe, da diese inoffiziellen Einkünfte in Gegenden, wo die Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung intensiviert wurden, geringer zu sein scheinen – insbesondere, wenn dort hochrangige lokale Beamte verhaftet oder angeklagt wurden.

Dies lässt darauf schließen, dass die Anti-Korruptions-Maßnahmen der chinesischen Regierung zumindest teilweise funktioniert haben. Zukünftig könnten diese Bemühungen auch durch marktwirtschaftliche Reformen unterstützt werden. Das könnte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, den Kampf gegen die Korruption zu gewinnen. Dazu sind speziell Reformen geeignet, mit denen die Ermessensbefugnisse von Regierungsbeamten zur Ausstellung von Lizenzen – oder zur Verteilung von Subventionen und anderen Ressourcen – begrenzt werden. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

Shang-Jin Wei, ehemaliger Chefökonom der Asiatischen Entwicklungsbank, ist Professor für Finanzwesen und Ökonomie an der Columbia Business School und an der School of International and Public Affairs der Columbia University. Deng Yongheng ist Professor und Ehrenvorsitzender der Abteilung für Immobilen und Grundstücksökonomie sowie Direktor des Globalen Immobilien-Master-Programms an der Universität Wisconsin-Madison.

Copyright: Project Syndicate, 2023.
www.project-syndicate.org

  • Gesellschaft
  • Korruption

Personalien

Kwok Joon-fung ist zum Direktor der Einwanderungsbehörde der Sonderverwaltungsregion Hongkong ernannt worden. Er ersetzt Au Ka-wang. Kwok, der seit 1989 für die Behörde arbeitet, war seit 2022 deren stellvertretender Direktor.

Zhao Sheng ist neuer Botschafter Chinas in Afghanistan. Die Volksrepublik ist eines von wenigen Ländern – darunter Pakistan, Iran und Russland -, die nach der Machtübernahme durch die Taliban 2021 eine diplomatische Vertretung im Land aufrechterhalten haben.

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Dessert

Herzlich willkommen, Chinesen! Vom 25. September bis zum 29. Februar 2024 brauchen chinesische (und kasachische) Urlauber kein Visum für Thailand. Die dortige Regierung hofft, so die Tourismus-Einnahmen zu steigern. Die Willkommenszeremonie an Bangkoks Suvarnabhumi International Airport fand am ersten Tag der Visafreiheit statt.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Europa muss chinesische Einflussversuche stärker wahrnehmen: Das ist die dringende Empfehlung der Experten von Merics. Die Forscher des Berliner China-Instituts haben eine neue Studie vorgelegt und zeigen darin, wie die Volksrepublik den globalen Diskurs im eigenen Sinne zu steuern anstrebt. Wir Europäer sollten wachsamer gegenüber Manipulationen werden, sagt Merics.

    Umgekehrt ist auch Europas Image in China in Gefahr. Weil europäische Akteure aus dem öffentlichen Diskurs in China praktisch verbannt sind, zeichnen die lokalen Medien dort häufig ein negatives Bild von Europa – ohne Möglichkeit, die eigene Sichtweise einzubringen. Was aus der Merics-Studie zu lernen ist, hat Julia Fiedler aufgeschrieben.

    China wird ab 2024 keine Kredite der staatlichen Förderbank KfW bekommen, wie China.Table bereits berichtet hatte. Denn das sei mit “Chinas faktischem Status als Industrieland” unvereinbar. Unter welchen – strengen – Bedingungen diese Kredite bislang vergeben wurden und welche Gestaltungsmöglichkeiten Deutschland mit ihnen nun möglicherweise aufgibt, analysiert Frank Sieren. Der Peking-Besuch von Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, wird möglicherweise von dem Vorgang überschattet.

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    Analyse

    Merics warnt vor Manipulation

    Angestaubte staatliche Propaganda war einmal – Chinas Führung steckt Ressourcen in das Eigenmarketing. Und sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Diskurs auch im Ausland zu kontrollieren und das eigene Image zu verbessern. Denn dieses hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Bei einer Umfrage unter 24 Ländern, darunter vielen in Europa, sagten im Durchschnitt 67 Prozent der Menschen, dass sie von China ein eher negatives Bild haben.

    Für China sind Europa und die EU-Mitgliedsstaaten jedoch strategisch wichtig: als wirtschaftliche Partner und als Gegengewicht zu den USA. Ein schlechtes Image in diesen Ländern ist für China nachteilig.

    China beeinflusst die Debatte aber auch, um das eigene politische und wirtschaftliche Modell als Alternative zu positionieren und etablierte Konzepte zu Demokratie und Menschenrechten anzugreifen. Seit 2020 bemüht sich China immer häufiger, das eigene System als das überlegene darzustellen.

    Kontrolle wandert nach außen

    Das Mercator-Institut für China-Studien in Berlin (Merics) hat nun eine neue Studie vorgelegt, in der die Wissenschaftler untersuchen, wie die Volksrepublik den globalen Diskurs im eigenen Sinne zu steuern versucht. Die Studie liegt Table.Media vorab vor.

    Dabei stellen sie eine deutliche Veränderung in den vergangenen Jahren fest. “In den ersten fünf Jahren unter Xi war die Kontrolle vor allem nach innen gerichtet, Diskursräume wurden stark eingeschränkt”, sagt Katja Drinhausen, eine der Autorinnen der Studie.

    Die Führung hat in dieser Phase vor allem dafür gesorgt, dass von außen keine Informationen nach China gelangen, die von der Führung als schädlich gewertet werden. Inzwischen gilt der Außenwirkung wieder mehr Aufmerksamkeit. “Die eigene Sicht der Dinge und das eigene Framing nach außen zu tragen, ist in der zweiten Amtszeit von Xi Jinping eine neue Komponente, die man mitdenken muss.”

    Die Erkenntnisse der Studie:

    • Durch stärkere und ausgefeiltere Maßnahmen steigert Chinas Führung ihren Einfluss auf die öffentliche Meinung in anderen Ländern.
    • Dazu gehört neben scheinbar unpolitischem Wohlfühl-Content wie Landschaftsbildern, klassischer Propaganda und Desinformationskampagnen insbesondere auch die Beschränkung des Zugangs zum Land für ausländische Forscher und Journalisten. So bekommen die Einheimischen keine kritischen Stimmen zu hören.
    • Auch im Internet beschränkt China den Informationszugang, indem es zum Beispiel Statistiken entfernt.
    • Drohungen und wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen führen dazu, dass manche ausländische Unternehmen und Regierungen davor zurückschrecken, Chinas Interessen infrage zu stellen und China zu kritisieren.
    • Die Fortschritte der Künstlichen Intelligenz führen dazu, dass China seine Propaganda erfolgreicher in den sozialen Medien platzieren kann, ohne dass diese direkt als solche erkannt wird. Aktuell ist das vor allem für englischsprachige Länder relevant, weniger für die EU. Die KI kann beispielsweise Texte umformulieren und damit ein realistischer aussehendes Meinungsbild vorgaukeln.
    • In unterschiedlichen Ländern werden unterschiedliche Maßnahmen angewandt: In einigen Ländern konzentriert sich Peking darauf, positive Botschaften zu verbreiten und Eliten zu umwerben, in anderen Ländern arbeitet es mit Abschreckung und Zwang. Der Ansatz kann sich schnell ändern, wenn sich die Beziehungen verschlechtern.

    Asymmetrie bei der Informationsbeschaffung

    Unabhängige Informationen über China zu erlangen, wird nach Sicht der Forschenden immer schwieriger. Unerwünschte Meinungsäußerungen werden durch zahlreiche Methoden zu verhindern versucht, unter anderem durch Gesetze wie das Hongkonger Nationale Sicherheitsgesetz. Sie sollen Druck auf Interessengruppen ausüben. Chinesen, die im Ausland leben und sich zu kritischen Themen äußern, werden unter Druck gesetzt, 

    Der Kontakt ausländischer Wissenschaftler und Journalisten zu Gesprächspartnern in China wird erheblich erschwert, indem zum Beispiel Interviews auf komplizierte Weise vorab offiziell genehmigt werden müssen. Austausch wird auch dadurch unterbunden, dass Journalistenvisa restriktiver vergeben werden und Reisebeschränkungen für manche Regionen, wie zum Beispiel Xinjiang, gelten.

    Mehr Zugangshürden für das Internet

    Die Studie berichtet von einer Zunahme von Zugangsbeschränkungen im Internet: So ist zuletzt das Nationale Statistikamt dadurch aufgefallen, dass es Daten zu Themen wie den Jugendarbeitslosenzahlen offline gestellt hat. “So systematisch und viel wie das in den letzten Jahren geschieht, ist das eine ganz neue Entwicklung”, sagt Drinhausen. “Es bestimmt, was wir über China wissen und unabhängig schlussfolgern können.” 

    Dazu kommt: Ausländer können sich gegenüber der chinesischen Öffentlichkeit auch nicht frei äußern. Während chinesischen Akteuren der Informationsraum im Ausland offenstehe, bestehe für europäische Akteure kaum eine Möglichkeit, am öffentlichen Diskurs in China teilzunehmen. Das schade auch dem Image Europas. Unerwünschte Sichtweisen werden als Fake News verleumdet. 

    Der Einflussnahme gekonnt begegnen

    Die Forschenden sehen Europa aktuell noch nicht so sehr im Fokus Chinas wie die USA, Kanada und Australien. Diese Länder seien wesentlich stärker von Desinformationskampagnen und auch von Einflussversuchen bei Wahlen betroffen.

    Dennoch raten die Merics-Expertinnen den EU-Staaten, sich darauf vorzubereiten, dass China die Einflussnahme noch hochfahren wird. Die Europäer sollten sich besser vernetzen und gemeinschaftlich vorgehen:

    • Manipulationsversuche registrieren und sammeln, damit sich europäische Stakeholder darüber austauschen und Einflussnahme abwehren können.
    • Eine Datenbank mit relevanten chinesischen staatlichen Akteuren aufsetzen und Schulungen für Regierungsmitarbeitende durchführen, um zu einem besseren Bewusstsein beizutragen
    • Medienkompetenz und Transparenz verbessern, damit Fake News besser erkannt werden. Durch entsprechende Gesetze für eine strengere Kennzeichnung von bezahlten Beiträgen in europäischen Medien sorgen. Medienunternehmen über Manipulationsmuster informieren.
    • Standards für das Vorgehen bei wiederkehrenden Narrativen in China entwickeln, um eine schnellere Reaktion von Botschaften und Auslandsvertretungen zu ermöglichen, wenn irreführende und schädliche chinesische Manipulationsversuche stattfinden.
    • Es gehe darum, den Austausch mit China zu erhalten, aber ebenso europäische Werte zu schützen.

    Da es sich bei der starken Asymmetrie der Informationsverfügbarkeit um ein strukturelles Problem handele, sei die Politik gefragt, mehr Offenheit von China einzufordern.

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    KfW stoppt Kreditvergabe für Projekte in China

    Februar 2023: Ein Arbeiter auf der Baustelle des Bahnhofs Yongqing-Ost, der auf der Verbindung Tianjin-Daxing liegt. Die 100 Kilometer lange Strecke wurde von der KfW mit Krediten unterstützt.

    Am Mittwoch ist Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, in Peking, um über die Möglichkeiten im gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel zu sprechen. Der Besuch der früheren Greenpeace-Chefin in Peking wird nun jedoch von der Absage künftiger KfW-Kredite für China überschattet.

    Denn ab 2024 gibt es keine deutschen Förderkredite mehr für Projekte in China, wie China.Table bereits aus Kreisen des chinesischen Finanzministeriums gemeldet hat. Gisela Hammerschmidt, Unterabteilungsleiterin Asien im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), hat nun ihre Counterparts in Peking persönlich offiziell darüber informiert.

    Viele Jahre flossen Kredite der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für Projekte nach China. Im Zeitraum von 2013 bis 2020 hatte die KfW beispielsweise insgesamt 90 Förderkredite mit einem Gesamtvolumen von 3,09 Milliarden Euro für Projekte in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz, Berufsbildung und Gesundheit vergeben.

    Begründung: China ist jetzt selbst reich

    Das Chinageschäft der KfW sei mit “Chinas faktischem Status als Industrieland” unvereinbar, begründet die Regierung ihren Kurswechsel. Tatsächlich ist die chinesische Wirtschaft an der Kaufkraft gemessen bereits die größte Volkswirtschaft der Welt, nominal hinter den USA die zweitgrößte.

    Das lässt sich jedoch auch anders sehen: Am Pro-Kopf-Einkommen gemessen ist China noch ein Schwellenland. China hat mit 21.500 US-Dollar ein niedrigeres Pro-Kopf-Einkommen als Bulgarien, es liegt etwa auf der Höhe von Mexiko. Deutschland hingegen hat ein Pro-Kopf-Einkommen von 63.000 US-Dollar, die USA erreichen sogar 76.000 US-Dollar.

    Bislang hatte das BMZ die Volksrepublik neben anderen Schwellenländern wie Brasilien, Indonesien oder Südafrika zu seinen acht “Globalen Partnern” gezählt: Das sind Länder, die zwar nicht mehr bitterarm sind, mit denen entwicklungspolitische Zusammenarbeit aber trotzdem wichtig ist – weil Fortschritte etwa im Klimaschutz dort besonders große Wirkung haben.

    Strenge Bedingungen für Kredit-Empfänger

    Die bisherigen KfW-Kredite gingen an Unternehmen mit Sitz in China. Um diese Kredite zu bekommen, mussten die Unternehmen strenge Bedingungen erfüllen, die im Interesse zum Beispiel der deutschen Klimapolitik sind. So wurde zum Beispiel eine neue 100 Kilometer lange Zugverbindung von der 14-Millionen-Einwohner-Hafenstadt Tianjin zu dem neuen internationalen Flughafen Pekings im Vorort Daxing gefördert. In Peking leben knapp 23 Millionen Menschen leben. Die KfW argumentierte, dass das Projekt dazu beiträgt, “Treibhausgasemissionen des motorisierten Individualverkehrs zu reduzieren und so zum globalen Klimaschutz beizutragen”.

    Vorbedingung für jede Auftragsvergabe für Lieferungen und Leistungen durch China war eine öffentliche Ausschreibung, die nach internationalen und von der KfW überwachten Qualitätsstandards durchgeführt wurde. Es war zudem eine Empfehlung des Development Assistance Committees (DAC) nötig, also des Entwicklungshilfe-Ausschusses der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), sogenannte ODA-Mittel freizugeben. ODA sind öffentliche Mittel für Entwicklungsleistungen, die auf Englisch Official Development Assistance heißen.

    Kein Steuergeld beteiligt

    Die Kredite wurden zwar im Auftrag der Bundesregierung vergeben. Es handelte sich dabei jedoch nicht um Haushaltsmittel, also nicht um Geld der Steuerzahler. Haushaltsmittel stellt die Bundesregierung der Volksrepublik China schon seit 2009 nicht mehr für die Entwicklungszusammenarbeit bereit. Vielmehr ging es um international finanzierte Kredite, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen, sogenannte Förderkredite.

    Die KfW bekommt aufgrund ihres guten Rufes auf dem internationalen Kapitalmarkt zu günstigeren Zinsen Kredite als die einzelnen Unternehmen. Die internationale Finanzwelt leiht der deutschen Staatsbank, die mit Garantien des Bundes abgesichert ist, gerne Geld. Denn die KfW hat sehr gute Ratings. Die Bundesgarantien wurden im Falle der Kredite an China allerdings nicht gebraucht. Ausfälle der Rückzahlungen gab es im Falle Chinas praktisch nicht

    Hebel für deutsche Projektstandards

    Die KfW hat Projekte gefördert, die hohe Ansprüche an Umwelt- und Sozialverträglichkeit stellen. Wichtig war auch, dass diese Projekte innovative Elemente aufwiesen und damit Modellcharakter für China, aber auch für anderen Länder, haben. Denn die Investitionen in China, den weltgrößten Treibhausgasemittenten, haben eine große Hebelwirkung.

    Es gab zudem Fälle, in denen chinesische Unternehmen mit einer solchen Finanzierung Projekte in Afrika, zum Beispiel in Uganda, durchgeführt haben. Damit konnte die KfW sogar indirekt dafür sorgen, dass deutsche Vorstellungen von Entwicklungsstandards in Afrika durchgesetzt wurden. Die Bundesregierung hat diese Möglichkeit der konstruktiven Gestaltung nun aufgegeben.

    Grüne lehnen Förderung ab

    Die Vergabe von KfW-Krediten an China steht jedoch schon länger in der Kritik. Da mehrere Ressorts der Entscheidung für den Ausstieg zustimmen mussten, ist davon auszugehen, dass es in der Bundesregierung einen breiten Konsens dazu gibt. Die treibenden Kräfte für den Ausstieg der KfW aus der Entwicklungsförderung waren das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Auswärtige Amt.

    Beide Häuser werden von Grünen geführt – Robert Habeck (BMWK) und Annalena Baerbock (AA) -, die ebenso wie die FDP eine kritische Linie gegenüber China fahren. Auch das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Finanzministerium musste zustimmen, sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter der SPD-Ministerin Svenja Schulze.

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    Sinolytics Radar

    Auto-Exporte stark gestiegen

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    • Zwischen 2017 und 2021 waren Chinas Importe und Exporte von Autos relativ stabil; das Exportvolumen schwankte um etwa eine Million Fahrzeuge pro Jahr, während das Importvolumen leicht abnahm.
    • 2021 und 2022 jedoch verzeichneten die Autoexporte ein exponentielles Wachstum des Autoexports von 97,6 Prozent, beziehungsweise 45,5 Prozent. Zugleich gingen die Importe weiter leicht zurück.
    • Im Jahr 2023 setzt sich dieser Trend im Autoexport fort, mit einem jährlichen Wachstum von 67,9 Prozent in den ersten sieben Monaten. Der chinesische Automobilverband China Association of Automotive Manufacturers (CAAM) schätzt, dass die Exporte im Gesamtjahr rund 4 Millionen Einheiten erreichen werden.
    • Durch dieses starke Exportwachstum ist China bei Pkw nun von einem Netto-Importeur zu einem Netto-Exporteur geworden.
    • Es gibt signifikante strukturelle Unterschiede zwischen importierten und exportierten Autos: 90,1 Prozent der nach China importierten Autos im Jahr 2022 sind Premium- oder Luxusmarken und kosten durchschnittlich 53.000 Euro pro Fahrzeug. Im Gegensatz dazu liegt der Durchschnittspreis der aus China exportierten Autos für den gleichen Zeitraum bei nur 21.000 Euro. Doch diese 21.000 Euro bedeuten einen starken Anstieg, verglichen mit den 14.000 Euro pro Auto im Jahr 2018.
    • Elektroautos und andere Neue Energiefahrzeuge (NEVs) machten 2022 rund 16 Prozent der insgesamt nach China importierten Autos im Jahr 2022 aus, aber 36 Prozent der aus China exportierten Autos.
    • Die dynamische Veränderung von Chinas Rolle im globalen Autohandel hat mehrere Ursachen: die lokale Produktion westlicher Autobauer, ihre vorsichtige Herangehensweise an die NEV-Entwicklung und ehrgeizige Investitionen der chinesischen Regierung und Unternehmen in die NEV-Wertschöpfungskette, einschließlich der umstrittenen Branchensubventionen.
    • Die Verschiebung eröffnet eine völlig neue Dimension für die politische Debatte und strategische Geschäftsentscheidungen in der EU. Globale Akteure in der Automobilbranche sowie viele andere Sektoren werden vor einer “doppelten China-Herausforderung” stehen: eine in Bezug auf die Aufrechterhaltung des Marktanteils im chinesischen Binnenmarkt und eine andere im Umgang mit dem Wettbewerb ihrer chinesischen Konkurrenten außerhalb Chinas.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    News

    EU-Untersuchung zu E-Autos trifft auch Tesla

    Der US-Autobauer Tesla ist offenbar mittendrin in der Debatte um mögliche Anti-Subventionsmaßnahmen der EU gegen E-Auto-Firmen in China. Teslas Niederlassung in Shanghai sei in den Brüsseler Vorermittlungen als eines jener Unternehmen aufgetaucht, die wahrscheinlich von Subventionen profitiert haben, berichtete Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Quellen. Tesla ist in China in den Genuss von Vergünstigungen gekommen, die für andere internationale Autobauer nur schwer zugänglich sind – allen voran die Genehmigung, eine eigene Fabrik ohne Joint Venture-Partner aufzubauen. Hinzu kamen laut Bloomberg Steuererleichterungen, günstige Kredite und andere Formen der Unterstützung.

    EU-Vizepräsident und Handelskommissar Valdis Dombrovskis betonte am Dienstag beim Abschluss seiner China-Reise, es gebe “ausreichende Anscheinsbeweise”, um die Untersuchung der Importe von batteriebetriebenen Fahrzeugen aus der Volksrepublik zu rechtfertigen. Dombrovskis bestätigte, dass die Überprüfung auch nicht-chinesischer Hersteller treffen könne, beispielsweise Tesla oder Volvo, das zu Geely gehört.

    Wang Wentao: Zölle wären Protektionismus

    Seit Ende 2020 exportiert Tesla das Model 3 aus seiner Fabrik in Shanghai. Im Juli 2021 bezeichnete das Unternehmen die Gigafabrik in Shanghai als sein wichtigstes Auto-Exportzentrum. Diese Autos gehen auch in die EU. So verkaufte Tesla in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 93.700 in China hergestellte Fahrzeuge nach Westeuropa, schreibt Bloomberg unter Berufung auf Schmidt Automotive Research. Das seien etwa 47 Prozent seiner Gesamtlieferungen.

    Tesla und andere Hersteller lehnten einen Kommentar gegenüber Bloomberg ab. Nio-Chairman und Mitgründer William Li hatte vergangene Woche gesagt, er erhoffe sich von Regierungen Offenheit statt Isolationismus. Auch Chinas Elektro-Startups wie Nio haben Förderungen erhalten. Die EU-Untersuchungen sollen das Ausmaß der Unterstützung für Tesla, Nio sowie BYD, SAIC und andere klären – und ob diese Förderung zu Dumpingpreisen führt.

    EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte die Untersuchungen gegen marktverzerrende Subventionen in Chinas E-Auto-Sektor Mitte September in einer Rede angekündigt. Chinas Handelsminister Wang Wentao äußerte nun bei seinem Treffen mit dem angereisten EU-Handelskommissar Dombrovskis seinen Unmut über die Anti-Subventionsermittlungen. “Wang Wentao drückte seine ernste Besorgnis und große Unzufriedenheit” darüber aus, teilte sein Ministerium am Dienstag mit. Die von der EU ins Spiel gebrachten Ausgleichszölle seien “ein protektionistischer Akt, der die Zusammenarbeit zwischen China und der EU im Umweltbereich und die Stabilität der globalen Automobilindustrie beeinträchtigen wird”. Der staatsnahe Autobauerverband CAAM rief die EU zu Umsicht beim Erlassen etwaiger Gegenmaßnahmen auf. ck/rtr

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    China und USA diskutieren Xi-Besuch

    China verhandelt nach eigenen Angaben mit den USA über eine Reise von Staatschef Xi Jinping zum Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) im Nevember in San Francisco. Außenminister Wang Yi antwortete bei einer Pressekonferenz am Dienstag auf die Frage nach einer Teilnahme Xis gewohnt verklausuliert: “Wir stehen in Kontakt mit relevanten Parteien und werden zu gegebener Zeit eine Ankündigung machen.” Xi messe “der multilateralen Diplomatie große Bedeutung bei”, China werde auf “wichtigen multilateralen Foren nie fehlen”.

    Wang stellte auf der Pressekonferenz ein Außenpolitik-Weißbuch der Regierung vor, das sich an Xis globalen Initiativen orientiert. Das 14.000-Zeichen-Papier “Eine globale Gemeinschaft mit gemeinsamer Zukunft” fordert unter anderem die Abschaffung des Protektionismus und eine größere Verantwortung der großen Länder für Frieden und Entwicklung in der Welt.

    Mit dem nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, hatte Wang Yi kürzlich auf Malta mehrstündige Gespräche geführt. Dabei ging es dem Vernehmen nach auch um ein mögliches Treffen von Xi und US-Präsident Joe Biden am Rande des Apec-Gipfels. Xis Abwesenheit auf dem kürzlichen G20-Gipfel in Indien hatte Spekulationen genährt, der Staatschef könne auch eine Reise in die USA ablehnen.

    Parallel konkretisieren sich Planungen für einen Dreiergipfel Chinas mit Südkorea und Japan. Hochrangige Beamte der drei Länder einigten sich laut Bloomberg darauf, “zum frühestmöglichen Zeitpunkt” ein Gipfeltreffen ihrer Staats- und Regierungschefs abzuhalten. Japanische Medien halten demnach ein Treffen schon im Dezember für möglich. Chinas Außenamtssprecher Wang Wenbin bestätigte indirekt die Planungen. Man kommuniziere über einen Gipfel “zu gegebener Zeit”. Die drei Länder hätten zudem ein Außenministertreffen vereinbart. ck

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    USA sanktionieren Lieferanten an Iran und Russland

    Die US-Regierung hat 10 weitere chinesische Unternehmen und eine Einzelperson auf ihre schwarze Liste gesetzt. Gründe sind vor allem Vorwürfe Washingtons, dass die Unternehmen Russland und Iran bei der Herstellung militärischer Ausrüstung unterstützen, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin am Dienstag berichtete. Das Magazin nennt als Beispiel die Firma Asia Pacific Links, die ein auf der schwarzen Liste stehendes russisches Unternehmen bei der Herstellung von Drohnen (UAVs) für den russischen Militärgeheimdienst unterstützen soll. Sechs weitere chinesische Unternehmen werden beschuldigt, einem iranischen Flugzeughersteller Komponenten für die Produktion von Shahed-Kampfdrohnen zu beschaffen, die von Russland in der Ukraine eingesetzt werden.

    Firmen auf der sogenannten “Entity List” der USA dürfen keine amerikanische Technologie erwerben – es sei denn, sie erhalten spezielle Regierungslizenzen. Das chinesische Handelsministerium protestierte gegen die Aufnahme der neuen Firmen und forderte Washington auf, die “unangemessene Unterdrückung chinesischer Unternehmen und Einzelpersonen unverzüglich einzustellen”. ck

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    • Geopolitik
    • USA

    Nomura-Banker im Land festgehalten

    Ein Manager des japanischen Wertpapierhauses Nomura darf Festlandchina nicht verlassen. Das berichtet Reuters. Wang Zhonghe soll Verbindungen zu einer Korruptionsaffäre um den Vermögensverwalter China Renaissance gehabt haben, wie die Financial Times unter Berufung auf anonyme Quellen schreibt. Das muss nicht zwingend heißen, dass Wang als Beschuldigter verhaftet wurde. Wer in China als Zeuge in einem solchen Verfahren identifiziert ist, wird mit einem Reisebann belegt.

    Wang arbeitet in Hongkong. Er war vor seiner Zeit bei Nomura für die staatliche Großbank ICBC tätig. Einer der mutmaßlichen Drahtzieher der Veruntreuung von Geldern bei dem Unternehmen China Renaissance Holdings, Cong Lin, war seinerzeit ein Kollege von Wang. China Renaissance vermittelte unter anderem Merger im Internetsektor.

    Derzeit läuft weiterhin eine Anti-Korruptionskampagne in der Finanzindustrie. Im vergangenen Jahr haben die Behörden Banken und Investmentfirmen 4.620 Mal mit Strafen belegt, ein Anstieg von einem knappen Fünftel gegenüber dem Vorjahr. Die Anti-Korruptionskampagnen haben aus Sicht der Führung oft eine doppelte Funktion. Es geht in vielen Fällen wirklich um Korruption und trifft nicht selten die Richtigen. Zugleich dienen sie der Einschüchterung ganzer Branchen, Parteiflügeln und gesellschaftlicher Gruppen, um sie gefügig zu machen. fin

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    Presseschau

    Philippinen Küstenwache entfernt chinesische See-“Barriere” TAGESSCHAU
    China provoziert die Philippinen: Krieg kann jederzeit ausbrechen N-TV
    Uigurische Kinder in China: UN-Menschenrechtler tief besorgt SUEDDEUTSCHE
    China’s top diplomat calls on US to host an APEC summit that is cooperative, not confrontational AP NEWS
    One country, one tongue: why China is suppressing language diversity ABC.NET.AU
    Chinesisches Gericht erkennt Bitcoin als digitale Währung an BTC-ECHO
    OPEC is going into a death spiral – because of China TELEGRAPH
    Bündnis-Ausweitung im Pazifik: China warnt den Westen vor Konsequenzen N-TV
    KfW vergibt ab 2026 keine Förderkredite mehr nach China HANDELSBLATT
    Macron Is Pushing Europe Into a $900 Billion Fight With China TIME
    EU prüft auch China-Subventionen für Tesla und BMW GOLEM
    Foreign brands including Tesla to face scrutiny as part of EU probe into China car subsidies FT
    Seltene Konstellation: Südkorea empfängt Diplomaten aus China und Japan FAZ
    Rabobank-Marktanalyse: China bleibt auf Milchimporte angewiesen TOP AGRAR
    Foxconn-Milliardär will Taiwans Präsident werden – und verspricht “50 Jahre Frieden” mit China MERKUR

    Standpunkt

    Die Messung der Korruption

    Von Yongheng Deng und Shang-Jin Wei
    Shang-Jin Wei (links) ist Wirtschaftsprofessor an der Columbia Business School. Deng Yongheng (rechts) ist Direktor des Globalen Immobilien-Master-Programms an der Universität von Wisconsin-Madison.

    Die Bestechung von Beamten ist nicht nur in den Entwicklungsländern immer noch ein großes Problem, sondern auch in einigen Industriestaaten. Studien haben wiederholt gezeigt, dass dadurch das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung beeinträchtigt werden. Deshalb müssen sich die Regierungen in aller Welt stärker bemühen, die Korruption auszurotten. China nimmt in dieser Hinsicht eine Sonderstellung ein, da dort seit 2013 hunderte hochrangige Beamte und über eine Million nachgeordnete Regierungsvertreter verhaftet oder angeklagt wurden.

    Korruption erhöht die Kosten unternehmerischer Tätigkeit, behindert die ökonomische Effizienz und untergräbt die wirtschaftliche und gesellschaftliche Fairness. Aber da Bestechung normalerweise versteckt stattfindet, ist es extrem schwierig, das Ausmaß illegaler Bereicherung abzuschätzen. Hilfreich dafür ist die Theorie des permanenten Einkommens, mit der Haushaltseinkommen und Luxuskonsum miteinander verglichen werden können.

    In einem Aufsatz, der demnächst in Management Science veröffentlicht wird, zeigen wir, wie wir und unsere Mitverfasser diese Methodik dazu verwendet haben, das “inoffizielle” Einkommen der chinesischen Beamten zu schätzen. Mithilfe von Daten zu Immobilienkäufen und Einkommen der Jahre 2006 bis 2013 in einer großen chinesischen Stadt haben wir Haushalte, in denen Beamte wohnen, mit solchen verglichen, in denen das nicht der Fall ist. Das Verhältnis des Werts der gekauften Immobilien zu den Haushaltseinkommen haben wir anhand von Faktoren wie Geschlecht, Alter und Ausbildungsniveau der jeweiligen Beamten untersucht.

    Dabei stellt sich heraus, dass das sogenannte “graue Einkommen” chinesischer Beamter durchschnittlich 83 Prozent ihrer formalen Einkünfte beträgt. Bemerkenswert ist dabei, dass diese Zahl mit dem Rang der jeweiligen Beamten erheblich steigt. So liegen die inoffiziellen Einkünfte niedrigrangiger Beamter bei nur 27 Prozent ihres offiziellen Einkommens. Bei Abteilungsleitern auf Regierungsebene (zheng chu 政处 im chinesischen Beamtenjargon) steigt dieser Wert auf 172 Prozent. Und die verdeckten Einkünfte von Generaldirektoren einer Regierungsabteilung (zheng ju 政局) – die in Chinas Verwaltungshierarchie den gleichen Rang wie Bürgermeister kleiner oder mittlerer Städte innehaben – betragen erstaunliche 424 Prozent ihrer offiziellen Vergütung.

    Beamtenbezüge nicht unangemessen

    Im Prinzip kann es zwei unterschiedliche Arten von “Korruptionsgleichgewichten” geben: eines, bei dem es innerhalb einer ansonsten sauberen Bürokratie ein paar hochgradig korrupte Beamte gibt – und ein anderes, in dem die Korruption über das gesamte administrative System hinweg verbreitet ist. Beide Szenarien beeinträchtigen Wirtschaft und Gesellschaft auf verschiedene Weise und erfordern unterschiedliche Anti-Korruptions-Strategien. 

    Um zu verstehen, welches dieser Szenarien in China vorherrscht, haben wir auf verschiedenen administrativen Ebenen den Anteil der Beamten geschätzt, die wahrscheinlich inoffizielle Einkünfte haben. Durch den Vergleich der Immobilienkäufe ihrer Haushalte mit jenen anderer Haushalte ergab sich, dass dies auf 13 Prozent der Beamten unserer Stichprobe zutrifft. Bemerkenswert ist dabei, dass auch dieser Anteil mit dem Rang der jeweiligen Beamten steigt: So legen unsere Daten nahe, dass etwa 8 Prozent der untergeordneten Regierungsangestellten erhebliche undeklarierte Einkommen erzielen, während es bei niedrigrangigen Beamten 12 Prozent, bei zheng chu 27 Prozent und bei zheng ju 65 Prozent sind.

    Manche glauben, Beamte würden Bestechungsgelder annehmen, weil ihre Löhne verglichen mit dem, was sie im Privatsektor verdienen könnten, niedrig sind. Um diese Behauptung zu prüfen, zogen wir Faktoren wie Ausbildung, Dienstjahre, Alter und Geschlecht heran. Dabei fanden wir keinerlei Hinweise darauf, dass die Beamten unserer Stichprobe im Verhältnis zu ihrem Ausbildungsniveau und ihrer Erfahrung unterbezahlt sind. Mit anderen Worten, unangemessene Bezüge sind nicht der Hauptgrund dafür, dass chinesische Bürokraten bestechlich sind.

    Die massive chinesische Kampagne zur Korruptionsbekämpfung bietet eine einmalige Gelegenheit zur Untersuchung, ob “graues Einkommen” aus Bestechungsgeldern stammt. Unsere Ergebnisse legen eine erhebliche Korrelation nahe, da diese inoffiziellen Einkünfte in Gegenden, wo die Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung intensiviert wurden, geringer zu sein scheinen – insbesondere, wenn dort hochrangige lokale Beamte verhaftet oder angeklagt wurden.

    Dies lässt darauf schließen, dass die Anti-Korruptions-Maßnahmen der chinesischen Regierung zumindest teilweise funktioniert haben. Zukünftig könnten diese Bemühungen auch durch marktwirtschaftliche Reformen unterstützt werden. Das könnte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, den Kampf gegen die Korruption zu gewinnen. Dazu sind speziell Reformen geeignet, mit denen die Ermessensbefugnisse von Regierungsbeamten zur Ausstellung von Lizenzen – oder zur Verteilung von Subventionen und anderen Ressourcen – begrenzt werden. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

    Shang-Jin Wei, ehemaliger Chefökonom der Asiatischen Entwicklungsbank, ist Professor für Finanzwesen und Ökonomie an der Columbia Business School und an der School of International and Public Affairs der Columbia University. Deng Yongheng ist Professor und Ehrenvorsitzender der Abteilung für Immobilen und Grundstücksökonomie sowie Direktor des Globalen Immobilien-Master-Programms an der Universität Wisconsin-Madison.

    Copyright: Project Syndicate, 2023.
    www.project-syndicate.org

    • Gesellschaft
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    Personalien

    Kwok Joon-fung ist zum Direktor der Einwanderungsbehörde der Sonderverwaltungsregion Hongkong ernannt worden. Er ersetzt Au Ka-wang. Kwok, der seit 1989 für die Behörde arbeitet, war seit 2022 deren stellvertretender Direktor.

    Zhao Sheng ist neuer Botschafter Chinas in Afghanistan. Die Volksrepublik ist eines von wenigen Ländern – darunter Pakistan, Iran und Russland -, die nach der Machtübernahme durch die Taliban 2021 eine diplomatische Vertretung im Land aufrechterhalten haben.

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    Dessert

    Herzlich willkommen, Chinesen! Vom 25. September bis zum 29. Februar 2024 brauchen chinesische (und kasachische) Urlauber kein Visum für Thailand. Die dortige Regierung hofft, so die Tourismus-Einnahmen zu steigern. Die Willkommenszeremonie an Bangkoks Suvarnabhumi International Airport fand am ersten Tag der Visafreiheit statt.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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