Table.Briefing: China

Die EU-Zusatzzölle kommen + Die Konfliktlinien der SCO

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Frist läuft – in der Nacht zu Freitag treten die vorläufigen Zusatzzölle der EU auf chinesische Fahrzeuge in Kraft. Verhandlungen führten bisher zu keiner Lösung, schreiben Amelie Richter und Till Hoppe. Die Hersteller müssen mit den im Juni angekündigten Werten rechnen – das heißt: zwischen 17 und 38,1 Prozent zusätzlich zu den bereits geltenden zehn Prozent. Bis November muss darüber entschieden werden, ob die Zusatzzölle langfristig gelten sollen. Es bleibt also noch Zeit für weitere Verhandlungen zwischen Peking und Brüssel.

Der Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in Astana offenbart, wie sich die Machtverhältnisse zwischen China und Russland in Zentralasien verschieben. Während Xi Jinping mit großem Zeremoniell empfangen wird, musste Putin fast unbemerkt anreisen. Angeschoben von Infrastruktur-Projekten der Belt and Road-Initiative wächst Pekings Einfluss kontinuierlich. Davon, dass sich Xi Jinping und Wladimir Putin am Rande des Gipfels schon wieder zu bilateralen Gesprächen treffen, sollte man sich also nicht blenden lassen, schreibt Michael Radunski.

Denn die Interessen der immer anti-westlicher agierenden SCO reichen längst über Zentralasien hinaus. Im Nahen Osten umschmeichelt Peking Saudi-Arabien, Katar, Aserbaidschan, Ägypten oder auch die Vereinigten Arabischen Emirate als potenzielle Partner. Größten Grund zur Sorge bietet jedoch die Anwesenheit von Präsident Erdogan in Astana. Denn die Türkei hat für den Westen einen erheblichen strategischen Wert – und das nicht nur in der Migrationspolitik.

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

EU-Zusatzzölle auf E-Fahrzeuge: Was die chinesischen Hersteller jetzt erwartet

Autos vor dem Export am Hafen in Suzhou in der Provinz Jiangsu. 

Die geplanten vorläufigen Zusatzzölle der EU auf chinesische E-Autos werden aller Voraussicht nach in der Nacht zu Freitag in Kraft treten. Bei den Verhandlungen zwischen der EU-Generaldirektion für Handel und dem chinesischen Handelsministerium hatte es keinen Fortschritt gegeben, wie am Mittwoch aus EU-Kreisen zu hören war. Die EU-Kommission wird am Donnerstagvormittag die Verordnung veröffentlichen, in denen sie die Einfuhrzölle für die einzelnen E-Autobauer beziffert.

Es werde keine Überraschungen geben, heißt es in Brüssel, sprich: Die Zollsätze werden weitgehend dem entsprechen, was die EU-Kommission den Herstellern am 12. Juni angekündigt hatte. Die Bundesregierung bemüht sich zwar noch darum, die Belastungen insbesondere für die eigenen Hersteller zu reduzieren. Doch die Gespräche zwischen Peking und Brüssel haben bislang kaum Bewegung gebracht.

Die chinesische Führung ist bislang zu keinen Änderungen an ihrer Subventionspraxis bereit, doch immerhin laufen Gespräche – und das ist besser als verstocktes Schweigen. Im nächsten Schritt dürfte die EU bis Mitte Juli um Stellungnahmen der Mitgliedstaaten zu dem Verfahren bitten.

Erster Meilenstein verstreicht ohne gütliche Einigung

Bei ihren Besuchen in Peking haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) allesamt die Hoffnung auf eine Verhandlungslösung zum Ausdruck gebracht. Die komplette Ampel war also schon in dieser Angelegenheit vor Ort.

Die Regierungsvertreter haben zwar, bedingt durch ihre Denkweise und Parteizugehörigkeit, sehr unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt; der Versuch, die Zölle im Interesse der deutschen Wirtschaft abzubiegen, war ihnen aber trotz aller Unterschiede gemeinsam. Aus Sicht der deutschen Regierung liegt es jetzt bei der EU-Kommission, die Verhandlungen zu führen und dabei auch Möglichkeiten für Kompromisse offenzulassen.

Betroffen sind nur rein batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge. Die EU veranschlagt bereits zehn Prozent Zoll auf chinesische E-Fahrzeuge. Die Zusatzzölle fallen zusätzlich zu diesen zehn Prozent an.

  • Der höchste Satz betrifft den Shanghaier Staatsbetrieb SAIC, für dessen Produkte 38,1 Prozent an Zusatzzöllen erhoben werden sollen.
  • Die Autos von Geely, Inhaber von Volvo, sollen mit zusätzlich 20 Prozent belegt werden.
  • Der Weltmarktführer BYD wird unterdurchschnittlich mit zusätzlich 17 Prozent belastet.
  • Für alle anderen Anbieter, beispielsweise aus den Joint Ventures von BMW oder Mercedes, gilt ein Zusatzzoll von 21 Prozent.

Puffer über Bankgarantien

Wenn die vorläufigen Zusatzzölle in Kraft treten, bedeutet das jedoch nicht, dass ab diesem Datum der Zusatzzoll auch direkt bezahlt werden muss. Die Unternehmen müssen eine Bankgarantie bei der Einfuhr geben. Wenn sich die EU-Kommission dann zu endgültigen Zöllen entscheidet – das muss bis zum 4. November dieses Jahres passieren -, können die vorläufigen Zusatzabgaben voll angewandt werden. Das wäre auch rückwirkend möglich.

Die EU würde dann erst die Bankgarantien einkassieren. Solange wandern die Abgaben der Hersteller auf Treuhänderkonten. Die Brüsseler Behörde kann endgültige Zölle aber auch einführen und dabei auf die rückwirkenden vorläufigen Zölle verzichten. Für mögliche Verhandlungen beider Seiten bleibt also noch Zeit.

Keine einheitliche Front: Viele EU-Staaten schwanken noch

Peking scheint weniger darauf zu setzen, die Fakten der Kommissionsuntersuchung infrage zu stellen, als die Positionen der EU-Staaten zu beeinflussen. Zahlreiche EU-Länder sind einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zufolge noch unentschlossen, ob sie die von der Europäischen Kommission angekündigten Sonderzölle auf chinesische Elektroautos unterstützen sollen.

Reuters hatte bei den Regierungen der 27 EU-Mitgliedern angefragt. Demnach wägt die Mehrheit der Staaten noch die Vor- und Nachteile eines eskalierenden Handelsstreits mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ab. Zu dieser Gruppe gehören Regierungsangaben zufolge unter anderem

  • Griechenland,
  • die Tschechische Republik,
  • Irland und
  • Polen.

In Belgien gibt es derzeit eine Übergangsregierung, in den Niederlanden ist die neue Regierung erst diese Woche zustande gekommen. Frankreich gehört dagegen zu den Unterstützern, auch Italien und Spanien sind dafür.

Deutsche Autobauer warnen vor Handelsstreit

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnte am Mittwoch vehement vor den Folgen für die heimische Wirtschaft. Die Strafzölle seien weder für die EU noch für Deutschland zielführend, hieß es in einem Eckpunktepapier. Der Verband warnte vor dem “enormen” Schaden, der durch potenzielle Gegenmaßnahmen aus Peking verursacht werden könnte. “Das erklärte Ziel, faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten und die heimische Industrie vor unfairen Praktiken zu schützen, wird damit nicht erreicht werden.”

Aus Deutschland wurden 2023 nach VDA-Angaben Fahrzeuge im Wert von 15,1 Milliarden Euro nach China exportiert. Die Importe aus der Volksrepublik hatten demnach einen Wert von vier Milliarden Euro – also deutlich geringer. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte sich im Interview mit Table.Briefings ebenfalls gegen die Zölle ausgesprochen. Diese seien nicht im Interesse der Bürger.

Peking droht mit Zöllen auf EU-Produkte

Peking hatte bereits zu einem Gegenschlag ausgeholt und eine Anti-Dumping-Untersuchung zu europäischem Schweinefleisch eingeleitet. Sollte hier eine Entscheidung für Zusatzzölle getroffen werden, würde das vor allem

  • Spanien,
  • die Niederlande und
  • Dänemark

als größte Exporteure treffen. Dazu kommt eine Prüfung, ob EU-Anbieter Chemikalien in China unter Preis verkaufen.

Auch eine Anti-Dumping-Untersuchung gegen französischen Cognac läuft derzeit. Die von China angedrohte Erhöhung von Einfuhrzöllen auf Oberklassewagen mit mehr als 2,5 Litern Hubraum würde die deutschen Autobauer wie Mercedes und Porsche empfindlich treffen. Rund 120.000 der aus Europa nach China ausgeführten Autos gehörten zu diesem Segment. Bisher wurde diese aber offiziell noch nicht angekündigt oder eingeleitet.

  • Autoindustrie
  • Europäische Kommission
  • Handel
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SCO-Gipfel in Kasachstan: Deshalb sollte man sich von Xi und Putin nicht blenden lassen

Der Big Player: Chinas Präsident Xi Jinping wird in Astana vom kasachischen Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew feierlich empfangen.

In Astana lässt sich dieser Tage erkennen, wie sich aktuell die Machtverhältnisse verschieben – vor allem zwischen China und Russland, sowie in Zentralasien. Aber auch Europa ist betroffen. Denn zum jährlichen Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Shanghai Cooperation Organization, kurz SCO) am Mittwoch und Donnerstag ist auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Kasachstan gereist.

Noch ist die Türkei kein SCO-Mitglied, aber Erdogan hat seinen Beitrittswunsch bereits hinterlegt. Das zeigt: Die Interessen der SCO reichen längst weit über Zentralasien hinaus. Und so sollte man sich auch nicht davon blenden lassen, dass Xi Jinping und Wladimir Putin sich am Rande des Gipfels schon wieder zu bilateralen Gesprächen treffen. Denn ein genauer Blick hinter diese öffentliche Fassade offenbart feine Konfliktlinien.  

China läuft Russland den Rang ab

Schon in der Anreise der SCO-Staatschefs spiegelt sich die erste Machtverschiebung wider – zwischen China und Russland. Schon beim Eintritt in den kasachischen Luftraum wurde der Regierungsflieger von Xi Jinping von der nationalen Luftwaffe empfangen und in die Hauptstadt eskortiert. Auf dem Rollfeld ging die Feier weiter. Das war am Dienstag. Russlands Staatsführer Wladimir Putin hingegen reiste erst am Mittwoch an – erst einen Tag nach Xi. Und auch von einer persönlichen Lufteskorte ist nichts bekannt.

Die Machtverschiebung setzt sich in den zentralasiatischen SCO-Mitgliedsstaaten fort: Einst war Moskau der wichtigste Akteur in der Region, heutzutage ist es Peking. Vor allem die Belt and Road-Initiative (BRI) – 2013 von Xi Jinping in Kasachstan ausgerufen – spielt hierbei eine wichtige Rolle.

China gewinnt an Einfluss in Zentralasien

China baut in Kasachstan neue Eisenbahnstrecken und andere Infrastruktur. Handel und Investitionen legen stark zu. Im vergangenen Jahr überholte China Russland als größten Handelspartner von Kasachstan. Im Nachbarland Tadschikistan ist das neue Kräfteverhältnis noch eindeutiger: Wie ein Bericht des US-Außenministeriums von 2023 zeigt, stammen 99,8 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in Tadschikistan aus China. Während China expandiert, hat Russland seine Wirtschaft vollständig auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgerichtet.

Xi und sein kasachischer Amtskollege Kassym-Schomart Tokajew lobten denn am Mittwoch auch die “einzigartige, dauerhafte, umfassende, strategische Partnerschaft” zwischen ihren Ländern. Und da man solche Partner offenbar auch anderswo gut gebrauchen kann, wurde vereinbart, dass China einen Beitritt Kasachstans zur Gruppe der BRICS-Staaten unterstützt.

Peking knüpft Partnerschaften an Bedingungen

Einfach hinnehmen will Putin den russischen Bedeutungsverlust jedoch nicht: So soll auf dem Gipfel in Astana Weißrussland zum SCO-Vollmitglied ernannt werden. Staatschef Alexander Lukaschenko ist Putins engster ausländischer Verbündeter – und wäre damit treuer Unterstützer russischer Interessen. Ein weiterer Mini-Erfolg ist, dass der indische Premierminister Narendra Modi den Gipfel in Astana auslässt. Modi plant stattdessen, kommende Woche nach Moskau zu reisen, um eigene Gespräche mit Putin zu führen.

Das alles ist wichtig, denn Peking knüpft solche Partnerschaften zunehmend an Bedingungen. Einst war das Ziel der SCO die Bekämpfung der “drei Übel”: Terrorismus, Separatismus, Extremismus. Doch inzwischen verständigen sich immer mehr Staaten mit Peking darauf, sich bei den jeweiligen Kerninteressen des anderen zu unterstützen.  

China bastelt schon an neuen Institutionen

Und damit nicht genug. Durch weitere, neue Institutionen will China seinen Einfluss vergrößern. Ein wichtiger Schritt ist die Einberufung des China-Zentralasien-Gipfels im Mai 2023 und die Einrichtung eines ständigen Sekretariats im März 2024 zur Koordinierung des C5 + China (oder China-Zentralasien-Mechanismus, wie es in China genannt wird) in Xi’an, in der chinesischen Provinz Shaanxi.

Längst geht es also um Geopolitik. Die SCO – einst eine kleine, informelle Versammlung wird zunehmend zu einem geostrategischen Faktor. Schon 2017 hatte der chinesische Wissenschaftler Pan Guang in einem Essay vorausgesagt, dass China versuchen werde, den Einfluss der SCO auszudehnen, unter anderem in den Nahen Osten.

Türkei – ein Problem für den Westen

Und die SCO scheint attraktiv. Saudi-Arabien ist Dialog-Partner. Katar, Aserbaidschan, Ägypten oder auch die Vereinigten Arabischen Emirate stehen ebenfalls auf der Liste. Das alles sind Entwicklungen, die in den westlichen Hauptstädten genau beobachtet werden sollten. Direkten Grund zur Sorge ist auf jeden Fall die Anwesenheit von Präsident Erdogan in Astana. Wirtschaftlich hat die Anbindung der Türkei an die SCO bereits begonnen: In den vergangenen fünf Jahren sind die türkischen Exporte in die SCO-Staaten um 85 Prozent gestiegen.

Problematisch würde eine politische Ankopplung. Denn die Türkei besitzt für den Westen einen erheblichen strategischen Wert – nicht nur in der Migrationspolitik. Denn die Türkei beherbergt wichtige Nato-Einrichtungen, die von strategischer Bedeutung sind, um Nato-Streitkräfte im Nahen Osten einzusetzen.

SCO droht anti-westlicher zu werden

Das Problem für den Westen: Die SCO droht insgesamt anti-westlicher zu werden. Denn es verfestigt sich ein gemeinsamer Tenor in der SCO: Kritik an den globalen Institutionen, die vom Westen dominiert werden. Krisen wie die Corona-Pandemie und geopolitische Verwerfungen hätten die Glaubwürdigkeit solcher Institutionen untergraben und Defizite bei der Bewältigung der Herausforderungen aufgedeckt, heißt es dann.

Sachliche Kritik – beispielsweise an der unzeitgemäßen Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrates – schlägt schnell um in eine kategorische Ablehnung bestehender Institutionen. Und eine wachsende SCO entwickelt sich dann zu einem Baustein einer alternativen Ordnung.

  • Brics
  • EU
  • Geopolitik
  • Handel
  • Russland
  • Shanghai Cooperation Organisation
  • USA
  • Wladimir Putin
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News

Wissing: Warum die Kritik am Bundesdigitalminister weiter anhält

Der Streit um das Vorgehen von Volker Wissing auf seiner Reise in Peking reißt nicht ab. Kanzler Olaf Scholz hat zwar grundsätzlich begrüßt, dass sich der Verkehrs- und Digitalminister um ein Abkommen mit China zum Datentransfer kümmert. Und doch übte Scholz auch Kritik an Wissing.

“Ich glaube, dass wir in der Tat eine Verständigung und Vereinbarung brauchen, was den Datenaustausch angeht, sagte Scholz am Mittwoch im Bundestag in der Regierungsbefragung. Die Unternehmen bräuchten funktionierende Regeln, damit sie die riesigen, in China anfallenden Daten auch in ihren Konzernzentralen in Deutschland nutzen können. “Deshalb ist es auch notwendig, dazu Vereinbarungen zu treffen.”

Zugleich erneuerte der Kanzler seine Kritik an Wissing, der bei seinem Besuch vergangene Woche in Peking eine Vereinbarung mit China zum Datentransfer unterzeichnet hatte. Der Abstimmungsprozess in der Ampel-Regierung sei noch nicht zu Ende gewesen, sagte Scholz.

Wissing hatte sich im Interview mit Table.Briefings gegen die Kritik vor allem von den Grünen und Teilen der SPD mit dem Hinweis gewehrt, dass sein Vorgehen im Einklang mit der China-Strategie der Bundesregierung stehe. Als Kritik hatte er Scholz’ Äußerungen auch nicht empfunden. Scholz sei “da missinterpretiert worden”. Wissing betonte zudem, Gegenstand der Absichtserklärung mit der chinesischen Seite sei “gemeinsam in den Dialog zu rechtlichen Fragen des grenzüberschreitenden Datenaustauschs” treten zu wollen. Eine konkrete Übereinkunft, wie der Datentransfer gestaltet wird, sei damit aber noch nicht verbunden.

Zudem habe er andere Ressorts frühzeitig über die China-Reise und die damit verbundenen Absichten informiert. Die regierungsinternen Abstimmungen zu der Absichtserklärung zum Datenverkehr hätten unmittelbar nach den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen und der Unterzeichnung der Absichtserklärung zum autonomen Fahren im April 2024 begonnen. flee

  • Autonomes Fahren
  • China-Strategie
  • Datenaustausch
  • Deutschland
  • EU
  • Technologie

Windturbinen: Welchen Deal das Wirtschaftsministerium genau prüfen will

Das deutsche Wirtschaftsministerium will den Vertrag über die Lieferung chinesischer Windturbinen für ein Offshore-Projekt in der deutschen Nordsee “sehr genau” prüfen. Der deutsche Vermögensverwalter Luxcara hatte mit Ming Yang Smart Energy eine Vereinbarung als bevorzugter Turbinenlieferant für das Offshore-Windprojekt Waterkant in der deutschen Nordsee unterzeichnet. Der Vorvertrag sei nach einer internationalen Ausschreibung und einer umfangreichen Due-Diligence-Prüfung unterschrieben worden und umfasse die Lieferung von 16 Offshore-Windturbinen mit einer Kapazität von jeweils bis zu 18,5 Megawatt für die Installation im Jahr 2028, teilte Luxcara mit.

In Berlin schrillen beim Thema chinesischer Lieferungen für die Energieinfrastruktur aber offenbar Alarmglocken. “Die Bundesregierung wird diese Entscheidung sehr genau prüfen. Einerseits im Hinblick auf die Frage der kritischen Infrastruktur. Andererseits müssen die gleichen Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf den Wettbewerb gewahrt bleiben”, sagte ein Sprecher am Mittwoch gegenüber Reuters. Es müssten Fragen der kritischen Infrastruktur und des Wettbewerbs geklärt werden, hieß es demnach.

Die Bundesregierung hatte erst am Mittwoch den geplanten Verkauf des Gasturbinen-Geschäfts von MAN nach China untersagt. Hintergrund ist eine Regelung aus dem Außenwirtschaftsgesetz, wonach die Regierung Verkäufe ins außereuropäische Ausland untersagen kann, wenn diese Geschäfte die nationale Sicherheit gefährden könnten. Das Kabinett billigte am Mittwoch den Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium. Die Befürchtung: Der geplante Käufer, die chinesische CSIC Longjiang GH Gas Turbine Co (GHGT), könnte die Gasturbinen nicht nur zur Energiegewinnung oder zum Antrieb von Pipelines verwenden, sondern auch für Kriegsschiffe. GHGT gehört zum Werftenkonzern China State Shipbuilding Corp (CSSC), der auch Schiffe für die chinesische Marine baut. ari

  • Kritische Infrastruktur
  • Sicherheit
  • Windkraft

Kinmen-Inseln: Wie ein verschlepptes Fischerboot die Spannungen um Taiwan verschärft

Die Spannungen zwischen China und Taiwan haben sich mit der Beschlagnahmung eines taiwanischen Fischerbootes durch die Volksrepublik weiter verschärft. Chinesische Beamte hatten das Boot in der Nähe der von Taiwan kontrollierten Kinmen-Inseln geentert und am Dienstagabend in einen chinesischen Hafen gebracht, wie die taiwanische Küstenwache am Mittwoch mitteilte. Taiwan habe eigene Küstenwachschiffe zur Unterstützung geschickt und China aufgefordert, das Fischerboot freizugeben. Die chinesischen Schiffe hätten jedoch geantwortet, man solle sich nicht einmischen.

Ein mit der Angelegenheit vertrauter taiwanischer Beamte erklärte der Nachrichtenagentur Reuters, das Boot sei in chinesische Gewässer eingedrungen und habe während der chinesischen Schonzeit gefischt. Taiwan werde nun auf eine schnellstmögliche Freilassung der Fischer drängen. Der Vorfall ist Teil einer Reihe von Spannungen, die seit dem Amtsantritt des taiwanischen Präsidenten Lai Ching-te im Mai zugenommen haben. rtr

  • Taiwan

Studie: Wo die deutsche Industrie weiter von chinesischen Teilen abhängig ist

Die Abhängigkeit der deutschen Industrie von ausländischen Zulieferern ist seit 2020 leicht gestiegen. Zu diesem Schluss kommt das Prognos-Institut in einer am Mittwoch veröffentlichten neuen Studie. Die direkte Importabhängigkeit habe sich trotz steigender Risiken grundsätzlich kaum verändert, in den meisten Branchen sei sie sogar leicht erhöht, erklären die Autoren. Auftraggeber der Studie war die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. 

China ist laut Studie im Schnitt aller Branchen die wichtigste Bezugsquelle für Teile und Vorprodukte, gefolgt von den USA und Frankreich. Nach dem Wert der importierten Vorprodukte aus aller Welt betrachtet, liegt die Autoindustrie mit 62 Milliarden Euro an der Spitze. Die Plätze zwei und drei belegen Chemie und Maschinenbau mit jeweils 37 Milliarden Euro. 

Eine “kritische Importkonzentration” mit wenigen Lieferländern sehen die Autoren vor allem in Branchen, die eher einfache Vorprodukte importieren. Doch auch in einigen Kernbranchen wie Chemie, Pharma, Datenverarbeitung, Elektronik und Optik, sei die “Zahl und der Anteil von Vorleistungs-Gütergruppen mit einer kritischen Importkonzentration ohne inländische Ausweichmöglichkeit groß”. Mittelfristig führe an einer weiteren Diversifizierung deshalb kein Weg vorbei, kommentierte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Er fordert politische Unterstützung in Form von Freihandelsabkommen und Rohstoffpartnerschaften. fpe

  • Lieferketten

Frankreich: So war die chinesische Botschaft in einen Entführungsversuch verstrickt

Frankreich will einem Medienbericht zufolge zwei Mitarbeiter der chinesischen Botschaft des Landes verweisen. Hintergrund soll ein Vorfall am Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle im März gewesen sein, bei dem der chinesische Menschenrechtsaktivist Ling Huazhan bedrängt und nur durch das Eingreifen französischer Sicherheitskräfte vor einer Zwangs-Repatriierung bewahrt werden konnte. Infolgedessen seien nun der Leiter der örtlichen Abteilung der Staatssicherheit in der Botschaft in Paris und sein Stellvertreter aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Das berichtete Le Monde am Mittwoch unter Berufung auf eine Quelle im französischen Außenministerium.

Ling wurde dem Bericht zufolge von sieben Personen zu einem Gate gedrängt. Bevor er von den chinesischen Sicherheitskräften in ein Flugzeug gezwungen werden konnte, seien französische Polizisten eingeschritten, weil sich Ling lautstark gewehrt habe. Der nun zur Ausreise aufgeforderte Mitarbeiter der Staatssicherheit war laut dem Bericht ebenfalls unter den Personen, die Ling bedrängten. Der Menschenrechtsaktivist lebt seit 2023 in Frankreich. Die chinesische Botschaft und die Staatszeitung Global Times nannten Ende Mai die Berichte zu dem Vorfall Fake News und warfen Le Monde eine Schmierkampagne gegen China vor. ari

  • Diplomatie
  • Frankreich
  • Sicherheit

E-Commerce: Welchen Schritt Brüssel gegen Temu & Co plant

Die Europäische Union möchte ihr Vorhaben, Zölle auf billige Waren von chinesischen Online-Händlern wie Temu und Shein zu erheben, schneller vorantreiben. Das berichtete die Financial Times am Mittwoch unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Dem Bericht zufolge will die Europäische Kommission noch in diesem Monat die derzeitige 150-Euro-Schwelle für zollfreie Waren abschaffen.

Der Vorschlag an sich ist nicht neu, er wurde bereits vergangenes Jahr von der Brüsseler Behörde vorgelegt. Die Idee erhält nicht überall positive Reaktionen, da ein Wegfall der Zollfrei-Grenze mehr Arbeit für die Zollstellen der EU-Staaten bedeuten würde – und diese gelten bereits als überlastet. Im vergangenen Jahr wurden laut EU-Kommission 2,3 Milliarden Artikel unterhalb der zollfreien Schwelle von 150 Euro in die EU importiert. Die E-Commerce-Importe hatten sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt und überstiegen allein im April 350.000 Artikel.

Die Bestimmungen würden für jeden Online-Händler gelten, der direkt von außerhalb der Europäischen Union an EU-Kunden versendet. Das in den USA ansässige Amazon nutzt in der Regel Verkäufer mit Sitz in Europa. Eine weitere mögliche Maßnahme wäre, große Plattformen zur Online-Registrierung für Mehrwertsteuerzahlungen zu verpflichten, unabhängig von ihrem Wert. Wie effektiv die Aufhebung der Zollfrei-Grenze wäre, um die E-Commerce-Schwemme aus China zu bekämpfen, ist unklar. Nach Angaben der EU-Kommission von Mittwoch waren jedoch 65 Prozent der Zollfrei-Pakete bei Überprüfungen falsch deklariert. ari

  • E-Commerce
  • Handel

Presseschau

“Lieber Freund” – Putin und Xi treffen sich in Kasachstan HANDELSBLATT
Die “Anti-Nato” – Wie sich die Feinde des Westens für einen Trump-Sieg in Stellung bringen WELT
China unterstützt Beitritt Kasachstans zur Gruppe der wichtigsten Schwellenländer DEUTSCHLANDFUNK
China meldet weltweit am meisten KI-Patente an ZEIT
Bundesregierung untersagt MAN den Verkauf der Gasturbinensparte an Chinesen HEISE
China investiert verstärkt in Osteuropa – und hängt Deutschland und Österreich ab DER STANDARD
Deutsche Autolobby trommelt gegen China-Autozölle TAGESSCHAU
China muss die EU-Strafzölle erst mal nur als Kaution vorstrecken CAPITAL
Umweltministerin Lemke verkündet Stopp von Klimaprojekten in China SPIEGEL

Heads

Renata Alt – Wie Mangel an Bürgerrechten in eine politische Laufbahn mündete

Alt, Renata (FDP), Vorsitzende Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag
Renata Alt ist Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag.

Und plötzlich waren die Verwandten nicht mehr da – geflohen nach Kanada, weit weg von der damaligen Tschechoslowakei. Renata Alt war Ende der 1960er-Jahre noch ein Kleinkind. Doch die Folgen der Flucht ihrer Großtante samt Töchter im Soge des Prager Frühlings prägten ihren eigenen Lebensweg.

Heute ist Alt, 58, Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag. Als solche befasst sie sich immer wieder auch mit der Volksrepublik China. Sei es wegen der Situation der Uiguren oder Tibeter, wegen der Vollstreckung der Todesstrafe, wegen illegalen Organhandels oder wegen der Lieferketten deutscher Unternehmen, die oftmals in China ihren Anfang nehmen.

Alt interpretiert ihre Rolle als Ausschussvorsitzende so, dass sie die eklatanten Menschenrechtsverletzungen in China kommentiert und verurteilt. Sie appelliert und stellt Forderungen an die Kommunistische Partei und informiert die Parlamentsgenossen über Entwicklungen im Land und Einschätzungen von Experten. Die Schärfe ihrer Kritik kommt bei der chinesischen Regierung nicht gut an. Doch Alt macht deswegen keine Zugeständnisse.

Schon in jungen Jahren politisiert

Ihre eigene Familiengeschichte hat zu viel mit dem Entzug von Bürger- und Menschenrechten zu tun, als dass sie einem autoritären Staat fadenscheinige Ausreden abnehmen würde. Und in gewisser Weise nahm Renata Alts politische Laufbahn Konturen an, als die Sowjets in Prag militärisch intervenierten und die Tante ihres Vaters veranlassten, der Heimat den Rücken zu kehren. Alt erinnert sich gut daran, dass das Thema Freiheit damit eine besondere Bedeutung in ihrer Familie erhielt und sie selbst schon in jungen Jahre politisierte.

Die Behörden der damaligen Regierung ließen die Angehörigen nicht einmal mehr für Beerdigungen in die Tschechoslowakei zurückkehren. Der Briefverkehr war überwacht. Der Staat las mit, wenn die Familie daheim der Familie in Nordamerika von ihrem Leben hinter dem Eisernen Vorhang erzählte. So begleiteten die politischen Umstände jahrzehntelang ihren Alltag, lieferten immer wieder Gesprächsstoff in der Familie und provozierten intensive Emotionen. “Es lag immer die latente Angst in der Luft, etwas geschrieben zu haben, was uns Probleme hätte bereiten können”, erinnert sich Alt.

Die staatlich gesetzten Grenzen der Bewegungs- und Redefreiheit haben sie ein Stück weit traumatisiert, glaubt sie, und dazu ein großes Bewusstsein für den Wert von Bürger- und Menschenrechten in ihr geschaffen. Dass sie heute als deutsche Parlamentarierin diese Bedeutung manifestieren kann, ist dennoch vielen Zufällen geschuldet.

Früherer FDP-Chef Kinkel unterzeichnete Akkreditierung

Nach Deutschland zu ziehen, war zum Beispiel nicht ihr Plan. Alt hatte Biotechnologie studiert und für ein Chemie-Unternehmen im Außenhandel gearbeitet. Nach dem Ende der kommunistischen Diktatur benötigte der Staat schnell neues Personal, das im internationalen Austausch Erfahrung hatte. Alt bewarb sich, ihre demokratisierte Heimat schickte sie nach München. Oder die Liebe: Auch das war ein Zufall, dass Renata Alt in München ihrem künftigen Ehemann über den Weg lief. Sie entschied sich zu bleiben, zu heiraten und die dann slowakische gegen die deutsche Staatsbürgschaft zu tauschen. Fast 25 Jahre ist dieser hochemotionale Moment her.

Nach dem Austritt aus dem diplomatischen Dienst kehrte Renata Alt einige Jahre für eine baden-württembergische Firma in den Außenhandel zurück. Die politische Sozialisierung der Kindheit und Jugend veranlasste sie 2009 schließlich dazu, in die FDP einzutreten. Das hatte zwei Gründe: Liberale Ideen hatte sie während ihrer Jugend und Kindheit verheimlichen müssen. Es war Zeit, sich fortan dafür einzusetzen. Zum anderen war es der damalige Außenminister und spätere FDP-Vorsitzende Klaus Kinkel, der Renata Alt die diplomatische Akkreditierung ausgestellt hatte – ein formaler Akt für Kinkel, der Alts Leben jedoch komplett veränderte. Ein bisschen spürte sie deshalb eine besondere Verbundenheit zur FDP. Seit 2017 sitzt sie für die Partei im Bundestag.

“Gute Verbindungen nach China sind wichtig und legitim”

Die Arbeit im Ausschuss empfindet Alt als Privileg. Sie hat die Möglichkeit, sich in vielen Staaten der Welt vor Ort zu informieren und über die Lage der Menschenrechte Position zu beziehen. China beschäftigt sie aber auch in ihrem Wahlkreis Nürtingen, wo zahlreiche Mittelständler Verbindungen in die Volksrepublik pflegen. Dann ist es für sie manchmal auch ein Drahtseilakt, die Balance zu finden zwischen Kritik an China und den Interessen der Unternehmen. Denn Alt sagt auch: “Gute Verbindungen nach China sind wichtig und legitim.”

Ihr Ziel sei es deshalb, aufzuklären – über die chinesische Strategie, mit globalen Investitionen politischen Einfluss zu gewinnen einerseits und die Möglichkeiten, deutscher Unternehmen, drohende Abhängigkeiten von der größten Diktatur der Welt zu vermeiden oder zu minimieren, andererseits. Denn im Hinterkopf hat sie dabei immer auch das Bewusstsein, dass das politische System in China ein ähnliches ist, unter dem ihre eigene Familie jahrelang gelitten hat. Marcel Grzanna

  • Bundestag
  • Demokratie
  • Menschenrechte
  • Uiguren

Personalien

Ling Liu wird mit sofortiger Wirkung Region Leader von Philips Greater China. Liu wird damit Mitglied des Executive Committee des niederländischen Gesundheitstechnologie-Anbieters. Liu ist seit 1998 bei Philips. Zuletzt war sie Chief Commercial Officer Greater China.

Anna Humeniuk ist seit Mai Sales Director China bei Sino Investment Poland. Sino Investment hat sich als internationale Handelsgruppe auf den Großhandel mit China und Asien spezialisiert. Humeniuk ist studierte Sinologin. Ihr Tätigkeitsort ist Warschau. 

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Dessert

Hochzeitssüßigkeiten 结婚喜糖 sind ein wichtiger Bestandteil chinesischer Hochzeitsfeierlichkeiten. Sie werden sorgsam ausgewählt und symbolisieren je nach Name Glück, Erfolg und gesunden Nachwuchs. Aufgrund der sinkenden Heiratsrate ist ihre Nachfrage jedoch stark zurückgegangen. Das merkt man zum Teil sogar im Stadtbild, etwa in der Zigu Street in Nanchang, der Hauptstadt der Provinz Jiangxi. Dort gab es einst 20 Läden, die sich ganz auf den Verkauf der einzeln verpackten Bonbons spezialisiert hatten. Mittlerweile sind es nur noch acht.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    die Frist läuft – in der Nacht zu Freitag treten die vorläufigen Zusatzzölle der EU auf chinesische Fahrzeuge in Kraft. Verhandlungen führten bisher zu keiner Lösung, schreiben Amelie Richter und Till Hoppe. Die Hersteller müssen mit den im Juni angekündigten Werten rechnen – das heißt: zwischen 17 und 38,1 Prozent zusätzlich zu den bereits geltenden zehn Prozent. Bis November muss darüber entschieden werden, ob die Zusatzzölle langfristig gelten sollen. Es bleibt also noch Zeit für weitere Verhandlungen zwischen Peking und Brüssel.

    Der Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in Astana offenbart, wie sich die Machtverhältnisse zwischen China und Russland in Zentralasien verschieben. Während Xi Jinping mit großem Zeremoniell empfangen wird, musste Putin fast unbemerkt anreisen. Angeschoben von Infrastruktur-Projekten der Belt and Road-Initiative wächst Pekings Einfluss kontinuierlich. Davon, dass sich Xi Jinping und Wladimir Putin am Rande des Gipfels schon wieder zu bilateralen Gesprächen treffen, sollte man sich also nicht blenden lassen, schreibt Michael Radunski.

    Denn die Interessen der immer anti-westlicher agierenden SCO reichen längst über Zentralasien hinaus. Im Nahen Osten umschmeichelt Peking Saudi-Arabien, Katar, Aserbaidschan, Ägypten oder auch die Vereinigten Arabischen Emirate als potenzielle Partner. Größten Grund zur Sorge bietet jedoch die Anwesenheit von Präsident Erdogan in Astana. Denn die Türkei hat für den Westen einen erheblichen strategischen Wert – und das nicht nur in der Migrationspolitik.

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    EU-Zusatzzölle auf E-Fahrzeuge: Was die chinesischen Hersteller jetzt erwartet

    Autos vor dem Export am Hafen in Suzhou in der Provinz Jiangsu. 

    Die geplanten vorläufigen Zusatzzölle der EU auf chinesische E-Autos werden aller Voraussicht nach in der Nacht zu Freitag in Kraft treten. Bei den Verhandlungen zwischen der EU-Generaldirektion für Handel und dem chinesischen Handelsministerium hatte es keinen Fortschritt gegeben, wie am Mittwoch aus EU-Kreisen zu hören war. Die EU-Kommission wird am Donnerstagvormittag die Verordnung veröffentlichen, in denen sie die Einfuhrzölle für die einzelnen E-Autobauer beziffert.

    Es werde keine Überraschungen geben, heißt es in Brüssel, sprich: Die Zollsätze werden weitgehend dem entsprechen, was die EU-Kommission den Herstellern am 12. Juni angekündigt hatte. Die Bundesregierung bemüht sich zwar noch darum, die Belastungen insbesondere für die eigenen Hersteller zu reduzieren. Doch die Gespräche zwischen Peking und Brüssel haben bislang kaum Bewegung gebracht.

    Die chinesische Führung ist bislang zu keinen Änderungen an ihrer Subventionspraxis bereit, doch immerhin laufen Gespräche – und das ist besser als verstocktes Schweigen. Im nächsten Schritt dürfte die EU bis Mitte Juli um Stellungnahmen der Mitgliedstaaten zu dem Verfahren bitten.

    Erster Meilenstein verstreicht ohne gütliche Einigung

    Bei ihren Besuchen in Peking haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) allesamt die Hoffnung auf eine Verhandlungslösung zum Ausdruck gebracht. Die komplette Ampel war also schon in dieser Angelegenheit vor Ort.

    Die Regierungsvertreter haben zwar, bedingt durch ihre Denkweise und Parteizugehörigkeit, sehr unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt; der Versuch, die Zölle im Interesse der deutschen Wirtschaft abzubiegen, war ihnen aber trotz aller Unterschiede gemeinsam. Aus Sicht der deutschen Regierung liegt es jetzt bei der EU-Kommission, die Verhandlungen zu führen und dabei auch Möglichkeiten für Kompromisse offenzulassen.

    Betroffen sind nur rein batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge. Die EU veranschlagt bereits zehn Prozent Zoll auf chinesische E-Fahrzeuge. Die Zusatzzölle fallen zusätzlich zu diesen zehn Prozent an.

    • Der höchste Satz betrifft den Shanghaier Staatsbetrieb SAIC, für dessen Produkte 38,1 Prozent an Zusatzzöllen erhoben werden sollen.
    • Die Autos von Geely, Inhaber von Volvo, sollen mit zusätzlich 20 Prozent belegt werden.
    • Der Weltmarktführer BYD wird unterdurchschnittlich mit zusätzlich 17 Prozent belastet.
    • Für alle anderen Anbieter, beispielsweise aus den Joint Ventures von BMW oder Mercedes, gilt ein Zusatzzoll von 21 Prozent.

    Puffer über Bankgarantien

    Wenn die vorläufigen Zusatzzölle in Kraft treten, bedeutet das jedoch nicht, dass ab diesem Datum der Zusatzzoll auch direkt bezahlt werden muss. Die Unternehmen müssen eine Bankgarantie bei der Einfuhr geben. Wenn sich die EU-Kommission dann zu endgültigen Zöllen entscheidet – das muss bis zum 4. November dieses Jahres passieren -, können die vorläufigen Zusatzabgaben voll angewandt werden. Das wäre auch rückwirkend möglich.

    Die EU würde dann erst die Bankgarantien einkassieren. Solange wandern die Abgaben der Hersteller auf Treuhänderkonten. Die Brüsseler Behörde kann endgültige Zölle aber auch einführen und dabei auf die rückwirkenden vorläufigen Zölle verzichten. Für mögliche Verhandlungen beider Seiten bleibt also noch Zeit.

    Keine einheitliche Front: Viele EU-Staaten schwanken noch

    Peking scheint weniger darauf zu setzen, die Fakten der Kommissionsuntersuchung infrage zu stellen, als die Positionen der EU-Staaten zu beeinflussen. Zahlreiche EU-Länder sind einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zufolge noch unentschlossen, ob sie die von der Europäischen Kommission angekündigten Sonderzölle auf chinesische Elektroautos unterstützen sollen.

    Reuters hatte bei den Regierungen der 27 EU-Mitgliedern angefragt. Demnach wägt die Mehrheit der Staaten noch die Vor- und Nachteile eines eskalierenden Handelsstreits mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ab. Zu dieser Gruppe gehören Regierungsangaben zufolge unter anderem

    • Griechenland,
    • die Tschechische Republik,
    • Irland und
    • Polen.

    In Belgien gibt es derzeit eine Übergangsregierung, in den Niederlanden ist die neue Regierung erst diese Woche zustande gekommen. Frankreich gehört dagegen zu den Unterstützern, auch Italien und Spanien sind dafür.

    Deutsche Autobauer warnen vor Handelsstreit

    Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnte am Mittwoch vehement vor den Folgen für die heimische Wirtschaft. Die Strafzölle seien weder für die EU noch für Deutschland zielführend, hieß es in einem Eckpunktepapier. Der Verband warnte vor dem “enormen” Schaden, der durch potenzielle Gegenmaßnahmen aus Peking verursacht werden könnte. “Das erklärte Ziel, faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten und die heimische Industrie vor unfairen Praktiken zu schützen, wird damit nicht erreicht werden.”

    Aus Deutschland wurden 2023 nach VDA-Angaben Fahrzeuge im Wert von 15,1 Milliarden Euro nach China exportiert. Die Importe aus der Volksrepublik hatten demnach einen Wert von vier Milliarden Euro – also deutlich geringer. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte sich im Interview mit Table.Briefings ebenfalls gegen die Zölle ausgesprochen. Diese seien nicht im Interesse der Bürger.

    Peking droht mit Zöllen auf EU-Produkte

    Peking hatte bereits zu einem Gegenschlag ausgeholt und eine Anti-Dumping-Untersuchung zu europäischem Schweinefleisch eingeleitet. Sollte hier eine Entscheidung für Zusatzzölle getroffen werden, würde das vor allem

    • Spanien,
    • die Niederlande und
    • Dänemark

    als größte Exporteure treffen. Dazu kommt eine Prüfung, ob EU-Anbieter Chemikalien in China unter Preis verkaufen.

    Auch eine Anti-Dumping-Untersuchung gegen französischen Cognac läuft derzeit. Die von China angedrohte Erhöhung von Einfuhrzöllen auf Oberklassewagen mit mehr als 2,5 Litern Hubraum würde die deutschen Autobauer wie Mercedes und Porsche empfindlich treffen. Rund 120.000 der aus Europa nach China ausgeführten Autos gehörten zu diesem Segment. Bisher wurde diese aber offiziell noch nicht angekündigt oder eingeleitet.

    • Autoindustrie
    • Europäische Kommission
    • Handel
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    SCO-Gipfel in Kasachstan: Deshalb sollte man sich von Xi und Putin nicht blenden lassen

    Der Big Player: Chinas Präsident Xi Jinping wird in Astana vom kasachischen Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew feierlich empfangen.

    In Astana lässt sich dieser Tage erkennen, wie sich aktuell die Machtverhältnisse verschieben – vor allem zwischen China und Russland, sowie in Zentralasien. Aber auch Europa ist betroffen. Denn zum jährlichen Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Shanghai Cooperation Organization, kurz SCO) am Mittwoch und Donnerstag ist auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Kasachstan gereist.

    Noch ist die Türkei kein SCO-Mitglied, aber Erdogan hat seinen Beitrittswunsch bereits hinterlegt. Das zeigt: Die Interessen der SCO reichen längst weit über Zentralasien hinaus. Und so sollte man sich auch nicht davon blenden lassen, dass Xi Jinping und Wladimir Putin sich am Rande des Gipfels schon wieder zu bilateralen Gesprächen treffen. Denn ein genauer Blick hinter diese öffentliche Fassade offenbart feine Konfliktlinien.  

    China läuft Russland den Rang ab

    Schon in der Anreise der SCO-Staatschefs spiegelt sich die erste Machtverschiebung wider – zwischen China und Russland. Schon beim Eintritt in den kasachischen Luftraum wurde der Regierungsflieger von Xi Jinping von der nationalen Luftwaffe empfangen und in die Hauptstadt eskortiert. Auf dem Rollfeld ging die Feier weiter. Das war am Dienstag. Russlands Staatsführer Wladimir Putin hingegen reiste erst am Mittwoch an – erst einen Tag nach Xi. Und auch von einer persönlichen Lufteskorte ist nichts bekannt.

    Die Machtverschiebung setzt sich in den zentralasiatischen SCO-Mitgliedsstaaten fort: Einst war Moskau der wichtigste Akteur in der Region, heutzutage ist es Peking. Vor allem die Belt and Road-Initiative (BRI) – 2013 von Xi Jinping in Kasachstan ausgerufen – spielt hierbei eine wichtige Rolle.

    China gewinnt an Einfluss in Zentralasien

    China baut in Kasachstan neue Eisenbahnstrecken und andere Infrastruktur. Handel und Investitionen legen stark zu. Im vergangenen Jahr überholte China Russland als größten Handelspartner von Kasachstan. Im Nachbarland Tadschikistan ist das neue Kräfteverhältnis noch eindeutiger: Wie ein Bericht des US-Außenministeriums von 2023 zeigt, stammen 99,8 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in Tadschikistan aus China. Während China expandiert, hat Russland seine Wirtschaft vollständig auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgerichtet.

    Xi und sein kasachischer Amtskollege Kassym-Schomart Tokajew lobten denn am Mittwoch auch die “einzigartige, dauerhafte, umfassende, strategische Partnerschaft” zwischen ihren Ländern. Und da man solche Partner offenbar auch anderswo gut gebrauchen kann, wurde vereinbart, dass China einen Beitritt Kasachstans zur Gruppe der BRICS-Staaten unterstützt.

    Peking knüpft Partnerschaften an Bedingungen

    Einfach hinnehmen will Putin den russischen Bedeutungsverlust jedoch nicht: So soll auf dem Gipfel in Astana Weißrussland zum SCO-Vollmitglied ernannt werden. Staatschef Alexander Lukaschenko ist Putins engster ausländischer Verbündeter – und wäre damit treuer Unterstützer russischer Interessen. Ein weiterer Mini-Erfolg ist, dass der indische Premierminister Narendra Modi den Gipfel in Astana auslässt. Modi plant stattdessen, kommende Woche nach Moskau zu reisen, um eigene Gespräche mit Putin zu führen.

    Das alles ist wichtig, denn Peking knüpft solche Partnerschaften zunehmend an Bedingungen. Einst war das Ziel der SCO die Bekämpfung der “drei Übel”: Terrorismus, Separatismus, Extremismus. Doch inzwischen verständigen sich immer mehr Staaten mit Peking darauf, sich bei den jeweiligen Kerninteressen des anderen zu unterstützen.  

    China bastelt schon an neuen Institutionen

    Und damit nicht genug. Durch weitere, neue Institutionen will China seinen Einfluss vergrößern. Ein wichtiger Schritt ist die Einberufung des China-Zentralasien-Gipfels im Mai 2023 und die Einrichtung eines ständigen Sekretariats im März 2024 zur Koordinierung des C5 + China (oder China-Zentralasien-Mechanismus, wie es in China genannt wird) in Xi’an, in der chinesischen Provinz Shaanxi.

    Längst geht es also um Geopolitik. Die SCO – einst eine kleine, informelle Versammlung wird zunehmend zu einem geostrategischen Faktor. Schon 2017 hatte der chinesische Wissenschaftler Pan Guang in einem Essay vorausgesagt, dass China versuchen werde, den Einfluss der SCO auszudehnen, unter anderem in den Nahen Osten.

    Türkei – ein Problem für den Westen

    Und die SCO scheint attraktiv. Saudi-Arabien ist Dialog-Partner. Katar, Aserbaidschan, Ägypten oder auch die Vereinigten Arabischen Emirate stehen ebenfalls auf der Liste. Das alles sind Entwicklungen, die in den westlichen Hauptstädten genau beobachtet werden sollten. Direkten Grund zur Sorge ist auf jeden Fall die Anwesenheit von Präsident Erdogan in Astana. Wirtschaftlich hat die Anbindung der Türkei an die SCO bereits begonnen: In den vergangenen fünf Jahren sind die türkischen Exporte in die SCO-Staaten um 85 Prozent gestiegen.

    Problematisch würde eine politische Ankopplung. Denn die Türkei besitzt für den Westen einen erheblichen strategischen Wert – nicht nur in der Migrationspolitik. Denn die Türkei beherbergt wichtige Nato-Einrichtungen, die von strategischer Bedeutung sind, um Nato-Streitkräfte im Nahen Osten einzusetzen.

    SCO droht anti-westlicher zu werden

    Das Problem für den Westen: Die SCO droht insgesamt anti-westlicher zu werden. Denn es verfestigt sich ein gemeinsamer Tenor in der SCO: Kritik an den globalen Institutionen, die vom Westen dominiert werden. Krisen wie die Corona-Pandemie und geopolitische Verwerfungen hätten die Glaubwürdigkeit solcher Institutionen untergraben und Defizite bei der Bewältigung der Herausforderungen aufgedeckt, heißt es dann.

    Sachliche Kritik – beispielsweise an der unzeitgemäßen Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrates – schlägt schnell um in eine kategorische Ablehnung bestehender Institutionen. Und eine wachsende SCO entwickelt sich dann zu einem Baustein einer alternativen Ordnung.

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    Wissing: Warum die Kritik am Bundesdigitalminister weiter anhält

    Der Streit um das Vorgehen von Volker Wissing auf seiner Reise in Peking reißt nicht ab. Kanzler Olaf Scholz hat zwar grundsätzlich begrüßt, dass sich der Verkehrs- und Digitalminister um ein Abkommen mit China zum Datentransfer kümmert. Und doch übte Scholz auch Kritik an Wissing.

    “Ich glaube, dass wir in der Tat eine Verständigung und Vereinbarung brauchen, was den Datenaustausch angeht, sagte Scholz am Mittwoch im Bundestag in der Regierungsbefragung. Die Unternehmen bräuchten funktionierende Regeln, damit sie die riesigen, in China anfallenden Daten auch in ihren Konzernzentralen in Deutschland nutzen können. “Deshalb ist es auch notwendig, dazu Vereinbarungen zu treffen.”

    Zugleich erneuerte der Kanzler seine Kritik an Wissing, der bei seinem Besuch vergangene Woche in Peking eine Vereinbarung mit China zum Datentransfer unterzeichnet hatte. Der Abstimmungsprozess in der Ampel-Regierung sei noch nicht zu Ende gewesen, sagte Scholz.

    Wissing hatte sich im Interview mit Table.Briefings gegen die Kritik vor allem von den Grünen und Teilen der SPD mit dem Hinweis gewehrt, dass sein Vorgehen im Einklang mit der China-Strategie der Bundesregierung stehe. Als Kritik hatte er Scholz’ Äußerungen auch nicht empfunden. Scholz sei “da missinterpretiert worden”. Wissing betonte zudem, Gegenstand der Absichtserklärung mit der chinesischen Seite sei “gemeinsam in den Dialog zu rechtlichen Fragen des grenzüberschreitenden Datenaustauschs” treten zu wollen. Eine konkrete Übereinkunft, wie der Datentransfer gestaltet wird, sei damit aber noch nicht verbunden.

    Zudem habe er andere Ressorts frühzeitig über die China-Reise und die damit verbundenen Absichten informiert. Die regierungsinternen Abstimmungen zu der Absichtserklärung zum Datenverkehr hätten unmittelbar nach den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen und der Unterzeichnung der Absichtserklärung zum autonomen Fahren im April 2024 begonnen. flee

    • Autonomes Fahren
    • China-Strategie
    • Datenaustausch
    • Deutschland
    • EU
    • Technologie

    Windturbinen: Welchen Deal das Wirtschaftsministerium genau prüfen will

    Das deutsche Wirtschaftsministerium will den Vertrag über die Lieferung chinesischer Windturbinen für ein Offshore-Projekt in der deutschen Nordsee “sehr genau” prüfen. Der deutsche Vermögensverwalter Luxcara hatte mit Ming Yang Smart Energy eine Vereinbarung als bevorzugter Turbinenlieferant für das Offshore-Windprojekt Waterkant in der deutschen Nordsee unterzeichnet. Der Vorvertrag sei nach einer internationalen Ausschreibung und einer umfangreichen Due-Diligence-Prüfung unterschrieben worden und umfasse die Lieferung von 16 Offshore-Windturbinen mit einer Kapazität von jeweils bis zu 18,5 Megawatt für die Installation im Jahr 2028, teilte Luxcara mit.

    In Berlin schrillen beim Thema chinesischer Lieferungen für die Energieinfrastruktur aber offenbar Alarmglocken. “Die Bundesregierung wird diese Entscheidung sehr genau prüfen. Einerseits im Hinblick auf die Frage der kritischen Infrastruktur. Andererseits müssen die gleichen Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf den Wettbewerb gewahrt bleiben”, sagte ein Sprecher am Mittwoch gegenüber Reuters. Es müssten Fragen der kritischen Infrastruktur und des Wettbewerbs geklärt werden, hieß es demnach.

    Die Bundesregierung hatte erst am Mittwoch den geplanten Verkauf des Gasturbinen-Geschäfts von MAN nach China untersagt. Hintergrund ist eine Regelung aus dem Außenwirtschaftsgesetz, wonach die Regierung Verkäufe ins außereuropäische Ausland untersagen kann, wenn diese Geschäfte die nationale Sicherheit gefährden könnten. Das Kabinett billigte am Mittwoch den Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium. Die Befürchtung: Der geplante Käufer, die chinesische CSIC Longjiang GH Gas Turbine Co (GHGT), könnte die Gasturbinen nicht nur zur Energiegewinnung oder zum Antrieb von Pipelines verwenden, sondern auch für Kriegsschiffe. GHGT gehört zum Werftenkonzern China State Shipbuilding Corp (CSSC), der auch Schiffe für die chinesische Marine baut. ari

    • Kritische Infrastruktur
    • Sicherheit
    • Windkraft

    Kinmen-Inseln: Wie ein verschlepptes Fischerboot die Spannungen um Taiwan verschärft

    Die Spannungen zwischen China und Taiwan haben sich mit der Beschlagnahmung eines taiwanischen Fischerbootes durch die Volksrepublik weiter verschärft. Chinesische Beamte hatten das Boot in der Nähe der von Taiwan kontrollierten Kinmen-Inseln geentert und am Dienstagabend in einen chinesischen Hafen gebracht, wie die taiwanische Küstenwache am Mittwoch mitteilte. Taiwan habe eigene Küstenwachschiffe zur Unterstützung geschickt und China aufgefordert, das Fischerboot freizugeben. Die chinesischen Schiffe hätten jedoch geantwortet, man solle sich nicht einmischen.

    Ein mit der Angelegenheit vertrauter taiwanischer Beamte erklärte der Nachrichtenagentur Reuters, das Boot sei in chinesische Gewässer eingedrungen und habe während der chinesischen Schonzeit gefischt. Taiwan werde nun auf eine schnellstmögliche Freilassung der Fischer drängen. Der Vorfall ist Teil einer Reihe von Spannungen, die seit dem Amtsantritt des taiwanischen Präsidenten Lai Ching-te im Mai zugenommen haben. rtr

    • Taiwan

    Studie: Wo die deutsche Industrie weiter von chinesischen Teilen abhängig ist

    Die Abhängigkeit der deutschen Industrie von ausländischen Zulieferern ist seit 2020 leicht gestiegen. Zu diesem Schluss kommt das Prognos-Institut in einer am Mittwoch veröffentlichten neuen Studie. Die direkte Importabhängigkeit habe sich trotz steigender Risiken grundsätzlich kaum verändert, in den meisten Branchen sei sie sogar leicht erhöht, erklären die Autoren. Auftraggeber der Studie war die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. 

    China ist laut Studie im Schnitt aller Branchen die wichtigste Bezugsquelle für Teile und Vorprodukte, gefolgt von den USA und Frankreich. Nach dem Wert der importierten Vorprodukte aus aller Welt betrachtet, liegt die Autoindustrie mit 62 Milliarden Euro an der Spitze. Die Plätze zwei und drei belegen Chemie und Maschinenbau mit jeweils 37 Milliarden Euro. 

    Eine “kritische Importkonzentration” mit wenigen Lieferländern sehen die Autoren vor allem in Branchen, die eher einfache Vorprodukte importieren. Doch auch in einigen Kernbranchen wie Chemie, Pharma, Datenverarbeitung, Elektronik und Optik, sei die “Zahl und der Anteil von Vorleistungs-Gütergruppen mit einer kritischen Importkonzentration ohne inländische Ausweichmöglichkeit groß”. Mittelfristig führe an einer weiteren Diversifizierung deshalb kein Weg vorbei, kommentierte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Er fordert politische Unterstützung in Form von Freihandelsabkommen und Rohstoffpartnerschaften. fpe

    • Lieferketten

    Frankreich: So war die chinesische Botschaft in einen Entführungsversuch verstrickt

    Frankreich will einem Medienbericht zufolge zwei Mitarbeiter der chinesischen Botschaft des Landes verweisen. Hintergrund soll ein Vorfall am Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle im März gewesen sein, bei dem der chinesische Menschenrechtsaktivist Ling Huazhan bedrängt und nur durch das Eingreifen französischer Sicherheitskräfte vor einer Zwangs-Repatriierung bewahrt werden konnte. Infolgedessen seien nun der Leiter der örtlichen Abteilung der Staatssicherheit in der Botschaft in Paris und sein Stellvertreter aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Das berichtete Le Monde am Mittwoch unter Berufung auf eine Quelle im französischen Außenministerium.

    Ling wurde dem Bericht zufolge von sieben Personen zu einem Gate gedrängt. Bevor er von den chinesischen Sicherheitskräften in ein Flugzeug gezwungen werden konnte, seien französische Polizisten eingeschritten, weil sich Ling lautstark gewehrt habe. Der nun zur Ausreise aufgeforderte Mitarbeiter der Staatssicherheit war laut dem Bericht ebenfalls unter den Personen, die Ling bedrängten. Der Menschenrechtsaktivist lebt seit 2023 in Frankreich. Die chinesische Botschaft und die Staatszeitung Global Times nannten Ende Mai die Berichte zu dem Vorfall Fake News und warfen Le Monde eine Schmierkampagne gegen China vor. ari

    • Diplomatie
    • Frankreich
    • Sicherheit

    E-Commerce: Welchen Schritt Brüssel gegen Temu & Co plant

    Die Europäische Union möchte ihr Vorhaben, Zölle auf billige Waren von chinesischen Online-Händlern wie Temu und Shein zu erheben, schneller vorantreiben. Das berichtete die Financial Times am Mittwoch unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Dem Bericht zufolge will die Europäische Kommission noch in diesem Monat die derzeitige 150-Euro-Schwelle für zollfreie Waren abschaffen.

    Der Vorschlag an sich ist nicht neu, er wurde bereits vergangenes Jahr von der Brüsseler Behörde vorgelegt. Die Idee erhält nicht überall positive Reaktionen, da ein Wegfall der Zollfrei-Grenze mehr Arbeit für die Zollstellen der EU-Staaten bedeuten würde – und diese gelten bereits als überlastet. Im vergangenen Jahr wurden laut EU-Kommission 2,3 Milliarden Artikel unterhalb der zollfreien Schwelle von 150 Euro in die EU importiert. Die E-Commerce-Importe hatten sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt und überstiegen allein im April 350.000 Artikel.

    Die Bestimmungen würden für jeden Online-Händler gelten, der direkt von außerhalb der Europäischen Union an EU-Kunden versendet. Das in den USA ansässige Amazon nutzt in der Regel Verkäufer mit Sitz in Europa. Eine weitere mögliche Maßnahme wäre, große Plattformen zur Online-Registrierung für Mehrwertsteuerzahlungen zu verpflichten, unabhängig von ihrem Wert. Wie effektiv die Aufhebung der Zollfrei-Grenze wäre, um die E-Commerce-Schwemme aus China zu bekämpfen, ist unklar. Nach Angaben der EU-Kommission von Mittwoch waren jedoch 65 Prozent der Zollfrei-Pakete bei Überprüfungen falsch deklariert. ari

    • E-Commerce
    • Handel

    Presseschau

    “Lieber Freund” – Putin und Xi treffen sich in Kasachstan HANDELSBLATT
    Die “Anti-Nato” – Wie sich die Feinde des Westens für einen Trump-Sieg in Stellung bringen WELT
    China unterstützt Beitritt Kasachstans zur Gruppe der wichtigsten Schwellenländer DEUTSCHLANDFUNK
    China meldet weltweit am meisten KI-Patente an ZEIT
    Bundesregierung untersagt MAN den Verkauf der Gasturbinensparte an Chinesen HEISE
    China investiert verstärkt in Osteuropa – und hängt Deutschland und Österreich ab DER STANDARD
    Deutsche Autolobby trommelt gegen China-Autozölle TAGESSCHAU
    China muss die EU-Strafzölle erst mal nur als Kaution vorstrecken CAPITAL
    Umweltministerin Lemke verkündet Stopp von Klimaprojekten in China SPIEGEL

    Heads

    Renata Alt – Wie Mangel an Bürgerrechten in eine politische Laufbahn mündete

    Alt, Renata (FDP), Vorsitzende Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag
    Renata Alt ist Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag.

    Und plötzlich waren die Verwandten nicht mehr da – geflohen nach Kanada, weit weg von der damaligen Tschechoslowakei. Renata Alt war Ende der 1960er-Jahre noch ein Kleinkind. Doch die Folgen der Flucht ihrer Großtante samt Töchter im Soge des Prager Frühlings prägten ihren eigenen Lebensweg.

    Heute ist Alt, 58, Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag. Als solche befasst sie sich immer wieder auch mit der Volksrepublik China. Sei es wegen der Situation der Uiguren oder Tibeter, wegen der Vollstreckung der Todesstrafe, wegen illegalen Organhandels oder wegen der Lieferketten deutscher Unternehmen, die oftmals in China ihren Anfang nehmen.

    Alt interpretiert ihre Rolle als Ausschussvorsitzende so, dass sie die eklatanten Menschenrechtsverletzungen in China kommentiert und verurteilt. Sie appelliert und stellt Forderungen an die Kommunistische Partei und informiert die Parlamentsgenossen über Entwicklungen im Land und Einschätzungen von Experten. Die Schärfe ihrer Kritik kommt bei der chinesischen Regierung nicht gut an. Doch Alt macht deswegen keine Zugeständnisse.

    Schon in jungen Jahren politisiert

    Ihre eigene Familiengeschichte hat zu viel mit dem Entzug von Bürger- und Menschenrechten zu tun, als dass sie einem autoritären Staat fadenscheinige Ausreden abnehmen würde. Und in gewisser Weise nahm Renata Alts politische Laufbahn Konturen an, als die Sowjets in Prag militärisch intervenierten und die Tante ihres Vaters veranlassten, der Heimat den Rücken zu kehren. Alt erinnert sich gut daran, dass das Thema Freiheit damit eine besondere Bedeutung in ihrer Familie erhielt und sie selbst schon in jungen Jahre politisierte.

    Die Behörden der damaligen Regierung ließen die Angehörigen nicht einmal mehr für Beerdigungen in die Tschechoslowakei zurückkehren. Der Briefverkehr war überwacht. Der Staat las mit, wenn die Familie daheim der Familie in Nordamerika von ihrem Leben hinter dem Eisernen Vorhang erzählte. So begleiteten die politischen Umstände jahrzehntelang ihren Alltag, lieferten immer wieder Gesprächsstoff in der Familie und provozierten intensive Emotionen. “Es lag immer die latente Angst in der Luft, etwas geschrieben zu haben, was uns Probleme hätte bereiten können”, erinnert sich Alt.

    Die staatlich gesetzten Grenzen der Bewegungs- und Redefreiheit haben sie ein Stück weit traumatisiert, glaubt sie, und dazu ein großes Bewusstsein für den Wert von Bürger- und Menschenrechten in ihr geschaffen. Dass sie heute als deutsche Parlamentarierin diese Bedeutung manifestieren kann, ist dennoch vielen Zufällen geschuldet.

    Früherer FDP-Chef Kinkel unterzeichnete Akkreditierung

    Nach Deutschland zu ziehen, war zum Beispiel nicht ihr Plan. Alt hatte Biotechnologie studiert und für ein Chemie-Unternehmen im Außenhandel gearbeitet. Nach dem Ende der kommunistischen Diktatur benötigte der Staat schnell neues Personal, das im internationalen Austausch Erfahrung hatte. Alt bewarb sich, ihre demokratisierte Heimat schickte sie nach München. Oder die Liebe: Auch das war ein Zufall, dass Renata Alt in München ihrem künftigen Ehemann über den Weg lief. Sie entschied sich zu bleiben, zu heiraten und die dann slowakische gegen die deutsche Staatsbürgschaft zu tauschen. Fast 25 Jahre ist dieser hochemotionale Moment her.

    Nach dem Austritt aus dem diplomatischen Dienst kehrte Renata Alt einige Jahre für eine baden-württembergische Firma in den Außenhandel zurück. Die politische Sozialisierung der Kindheit und Jugend veranlasste sie 2009 schließlich dazu, in die FDP einzutreten. Das hatte zwei Gründe: Liberale Ideen hatte sie während ihrer Jugend und Kindheit verheimlichen müssen. Es war Zeit, sich fortan dafür einzusetzen. Zum anderen war es der damalige Außenminister und spätere FDP-Vorsitzende Klaus Kinkel, der Renata Alt die diplomatische Akkreditierung ausgestellt hatte – ein formaler Akt für Kinkel, der Alts Leben jedoch komplett veränderte. Ein bisschen spürte sie deshalb eine besondere Verbundenheit zur FDP. Seit 2017 sitzt sie für die Partei im Bundestag.

    “Gute Verbindungen nach China sind wichtig und legitim”

    Die Arbeit im Ausschuss empfindet Alt als Privileg. Sie hat die Möglichkeit, sich in vielen Staaten der Welt vor Ort zu informieren und über die Lage der Menschenrechte Position zu beziehen. China beschäftigt sie aber auch in ihrem Wahlkreis Nürtingen, wo zahlreiche Mittelständler Verbindungen in die Volksrepublik pflegen. Dann ist es für sie manchmal auch ein Drahtseilakt, die Balance zu finden zwischen Kritik an China und den Interessen der Unternehmen. Denn Alt sagt auch: “Gute Verbindungen nach China sind wichtig und legitim.”

    Ihr Ziel sei es deshalb, aufzuklären – über die chinesische Strategie, mit globalen Investitionen politischen Einfluss zu gewinnen einerseits und die Möglichkeiten, deutscher Unternehmen, drohende Abhängigkeiten von der größten Diktatur der Welt zu vermeiden oder zu minimieren, andererseits. Denn im Hinterkopf hat sie dabei immer auch das Bewusstsein, dass das politische System in China ein ähnliches ist, unter dem ihre eigene Familie jahrelang gelitten hat. Marcel Grzanna

    • Bundestag
    • Demokratie
    • Menschenrechte
    • Uiguren

    Personalien

    Ling Liu wird mit sofortiger Wirkung Region Leader von Philips Greater China. Liu wird damit Mitglied des Executive Committee des niederländischen Gesundheitstechnologie-Anbieters. Liu ist seit 1998 bei Philips. Zuletzt war sie Chief Commercial Officer Greater China.

    Anna Humeniuk ist seit Mai Sales Director China bei Sino Investment Poland. Sino Investment hat sich als internationale Handelsgruppe auf den Großhandel mit China und Asien spezialisiert. Humeniuk ist studierte Sinologin. Ihr Tätigkeitsort ist Warschau. 

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    Dessert

    Hochzeitssüßigkeiten 结婚喜糖 sind ein wichtiger Bestandteil chinesischer Hochzeitsfeierlichkeiten. Sie werden sorgsam ausgewählt und symbolisieren je nach Name Glück, Erfolg und gesunden Nachwuchs. Aufgrund der sinkenden Heiratsrate ist ihre Nachfrage jedoch stark zurückgegangen. Das merkt man zum Teil sogar im Stadtbild, etwa in der Zigu Street in Nanchang, der Hauptstadt der Provinz Jiangxi. Dort gab es einst 20 Läden, die sich ganz auf den Verkauf der einzeln verpackten Bonbons spezialisiert hatten. Mittlerweile sind es nur noch acht.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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