Table.Briefing: China

Chinesische Handelskammer kritisiert Geschäftsklima + Wirtschaftspläne für 2025

Liebe Leserin, lieber Leser,

ungleicher Marktzugang, zunehmende Politisierung und ein unsicheres bis unberechenbares Geschäftsumfeld: Solche Vorwürfe klingen altbekannt. Doch stammen sie dieses Mal nicht von europäischen Unternehmen in China, sondern aus dem sechsten Geschäftsklima-Bericht der Chinesischen Handelskammer in Europa (CCCEU), der am Montag vorgelegt wurde.

Die Befragung, die in den vergangenen vier Monaten unter 200 chinesischen Firmen erhoben wurden, zeichnet ein vergleichsweise dunkles Szenario für chinesische Geschäftsinteressen in der EU. Eine Entwicklung, die abzusehen war, schreibt Marcel Grzanna: Die wachsende Wahrnehmung Chinas als Rivale übersetzt sich eben auch in eine kritischere Wirtschaftspolitik. Die Ausgleichszölle auf Elektroautos aus China waren bislang das deutlichste Zeichen dieses europäischen Kulturwandels.

Die Unternehmen zeigen sich aber auch an vielen Stellen optimistisch. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit glaubt sogar daran, dass die strategische Bedeutung der EU für ihr Unternehmen in den nächsten ein bis drei Jahren wachsen wird.

Peking steht nicht nur in der EU vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Schon vor der Zentralen Wirtschaftskonferenz am Mittwoch hat das Politbüro der Kommunistischen Partei Chinas deutliche wirtschaftspolitische Maßnahmen für 2025 angekündigt. Erstmals seit 2011 plant die Regierung eine “moderate Lockerung” der Geldpolitik sowie eine “proaktivere” Fiskalpolitik. Ziel ist es, die Stabilität von Immobilien- und Aktienmärkten zu sichern und die heimische Nachfrage zu stärken. Doch es gibt auch zahlreiche Risiken zu beachten, allen voran Trumps Zollpläne, wie Jörn Petring berichtet.

In unserem heutigen Standpunkt fordert Merics-Tech-Expertin Antonia Hmaidi, dass Deutschland ein eigenständiges Digitalministerium im Stile Chinas benötigt. Das hiesige Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sei zu dezentral organisiert und verzettele sich zu oft bei den Zuständigkeiten. So könne man nicht zur Weltspitze aufschließen, so die Wissenschaftlerin.

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Geschäftsklima: Darum trotzen viele chinesische Firmen dem Misstrauen in der EU

Chinesische Überkapazitäten sind ein Grund, weshalb die EU ihre Industriepolitik verschärft hat.

Chinesische Unternehmen in der Europäischen Union spüren den veränderten Umgang mit Pekings Industriepolitik. Wo in der Vergangenheit häufig großer Optimismus herrschte, macht sich immer mehr Unsicherheit breit – den Firmen fällt es zunehmend schwer, ihre Geschäftsentwicklung vorherzusehen. Happige Ausgleichszölle auf Elektroautos aus China sind das bislang deutlichste Signal eines europäischen Kulturwandels.

Insofern liefert der sechste Geschäftsklima-Bericht der Chinesischen Handelskammer in Europa (CCCEU) ein vergleichsweise dunkles Szenario für chinesische Geschäftsinteressen in der EU. Das Papier, das am Montag veröffentlicht wurde, betont die “Unsicherheit” als entscheidenden Faktor für chinesische Unternehmen, die in der EU tätig sind. Die Kammer bezieht sich dabei auf Umfragedaten, die in den vergangenen vier Monaten unter 200 chinesischen Firmen erhoben wurden.

Unternehmen fühlen sich aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt

Knapp vier von fünf Unternehmen spüren diese wachsende Unsicherheit. Sie sind besorgt wegen einer “zunehmenden Politisierung des Wirtschaftssektors” und fordern die EU auf, “ein faires, transparentes und vorhersehbares Marktumfeld für ausländische Unternehmen zu schaffen” – Forderungen, die sich inhaltlich langsam, aber sicher den Forderungen der EU-Unternehmen in China angleichen. Dort stemmen sich viele Firmen seit Jahren gegen ihre wachsende Frustration, die ihnen die chinesischen Behörden einbrocken.

Es entwickle sich eine Atmosphäre in der EU, die chinesische Unternehmen eher negativ bewerte. Das wirkt wenig überraschend, wenn man die politische Entwicklung der vergangenen Jahre als Referenzpunkt nimmt. Die wachsende Wahrnehmung Chinas als Rivale der EU übersetzt sich in kritischere Wirtschaftspolitik. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, eine veränderte Behandlung seitens der Politik zu spüren. 64 Prozent haben das Gefühl, aufgrund ihrer chinesischen Herkunft anders behandelt zu werden.

Quelle: CCCEU/Roland Berger

Das Papier ist das Resultat einer Zusammenarbeit zwischen der CCCEU und der Beratungsagentur Roland Berger. Sein Inhalt dient Brüssel als Rückkopplung der eigenen Industriepolitik, muss aber dennoch speziell gelesen werden. Die CCCEU ist deutlich weniger in der Lage, eine ganz autarke politische Position einzunehmen als die EU-Kammer in Peking.

Der Bericht ziele darauf ab, engere Handelsbeziehungen zwischen China und der EU zu fördern, kommentierte CCCEU-Präsident Liu Jiandong, der zugleich die strategische Bedeutung Europas für chinesische Firmen betonte. Man sei der zweitgrößte Handelspartner des jeweils anderen, und der bilaterale Handel erreichte laut Eurostat im Jahr 2023 740 Milliarden Euro. Liu erinnerte auch daran, dass diese Firmen Forschungs-, Design- und Produktionskapazitäten in der EU aufgebaut hätten und zu den Steuereinnahmen der EU beitragen würden, sowie vor Ort Arbeitsplätze und Innovationen schafften.

IWF glaubt an Manipulation der Handelsbilanz

Der Bericht betont zudem, dass das Handelsdefizit der EU mit China sich im Vergleich zu 2022 um 27 Prozent verringert habe. Eine Verbesserung für die Europäer also – so stellt es der Bericht dar. China habe Kraftfahrzeuge im Wert von 12,9 Milliarden Euro in die EU exportiert. Umgekehrt waren Kraftfahrzeuge auch der größte Export der EU nach China im Wert von 19,4 Milliarden Euro. “Was zu einem Handelsüberschuss von 6,5 Milliarden Euro zugunsten der EU führte”, heißt es in dem Papier.

Der Hinweis verknüpft zwei wunde Punkte: den Vorwurf, Chinas hochsubventionierte Autoindustrie würde ihre Überkapazitäten in der EU abladen, und dass China nicht ausreichend Mühe aufwende, seine Handelsbilanz mit den Europäern in Ordnung zu bringen. Für beide Vorwürfe gibt es ausreichend Indizien. Zuletzt hatte der Internationale Währungsfonds festgestellt, dass Peking seinen Handelsüberschuss künstlich nach unten korrigiert, um damit die Ausfuhr von Überkapazitäten verschleiern zu können.

Optimismus für grüne Zusammenarbeit und digitale Transformation

Bemerkenswert sind derweil all die positiven Aspekte, die das Papier trotz wachsender Unsicherheit
feststellt. 66 Prozent der Befragten erwarten, dass die strategische Bedeutung der EU für ihr Unternehmen in den nächsten ein bis drei Jahren wachsen wird. Über 40 Prozent planen, ihre Belegschaft in Europa zu vergrößern, und 30 % beabsichtigen, ihre Geschäftstätigkeit auszubauen oder neue Niederlassungen in der EU zu eröffnen.

Die Umfrage zeigt auch, dass 55 Prozent der chinesischen Unternehmen hinsichtlich der mittel- bis langfristigen Aussichten für die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und der EU weiterhin optimistisch sind, insbesondere in Bereichen wie grüne Zusammenarbeit und digitale Transformation. Mehr als die Hälfte ist der Ansicht, dass eine verstärkte Kooperation zwischen China und der EU den digitalen Wandel in der EU beschleunigen könnte.

  • EU-Handelskammer
  • Handel
  • Industriepolitik
  • IWF
  • Umfrage
  • Wirtschaft
  • Zölle
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Wirtschaftskonferenz: Wieso das Politbüro mit seiner Wortwahl überrascht

Staatschef Xi Jinping und das Politbüro der Kommunistischen Partei bereiten sich auf die Zentrale Wirtschaftskonferenz vor.

Kurz vor der wichtigen Zentralen Wirtschaftskonferenz in dieser Woche hat Peking mehr Stimulus für das Jahr 2025 in Aussicht gestellt. Das Politbüro der Kommunistischen Partei traf sich am Montag, um über die Planung für das kommende Jahr zu beraten. Die deutlichen Versprechen der Führung überraschten dabei viele Beobachter.

Laut Sitzungsprotokoll kündigte das 24-köpfige Gremium unter der Leitung von Xi Jinping an, für 2025 eine “moderate Lockerung” der Geldpolitik anzustreben. Dies stellt die erste bedeutende Änderung seit 2011 dar. Das Gremium wählte zudem eine stärkere Sprache in Bezug auf die Fiskalpolitik und kündigte an, diese werde “proaktiver” gestaltet. Zudem solle die Stabilität der Immobilien- und Aktienmärkte gewährleistet werden.

Der Ton für die Wirtschaftskonferenz ist gesetzt

“Die Wortwahl in dieser Erklärung des Politbüros ist beispiellos”, sagte Zhaopeng Xing, Senior-Stratege bei der Australia & New Zealand Banking Group, gegenüber Bloomberg. Xi und seine Führung dürften damit den Ton für die Zentrale Wirtschaftskonferenz gesetzt haben, die in dieser Woche unter genauer Beobachtung stehen wird. Hunderte ranghohe Offizielle nehmen teil, darunter Minister, der Zentralbankchef, Provinzgouverneure sowie Führungskräfte staatlicher Finanz- und Industriekonzerne.

Viele unterschiedliche Interessen müssen abgestimmt werden. Der in der Regel zweitägige Termin ist für die wirtschaftspolitische Ausrichtung wichtiger als der Nationale Volkskongress im März. Dort werden zwar mit viel Pomp das Wachstumsziel und andere Vorgaben verkündet – doch die eigentliche Arbeit passiert schon jetzt. Konkrete Zahlen finden sich im Kommuniqué der Konferenz, die laut Medienberichten am Mittwoch beginnen soll, in der Regel zwar nicht. Aber die Tonalität wird wichtige Hinweise geben.

Es kommt auf jedes Wort im Kommuniqué an 

“Beobachter werden auf mögliche Änderungen bei Fiskal- und Geldpolitik achten”, schreibt die ING-Bank in einem Ausblick. Sie werden auch verfolgen, welche Wirtschaftsbereiche priorisiert werden. Besonders spannend sei, ob zusätzliche Maßnahmen für die Inlandsnachfrage oder den Immobilienmarkt angedeutet werden. “Die Märkte würden Signale für aggressivere politische Unterstützung begrüßen, könnten aber enttäuscht sein, falls wenig Neues kommt.” Die Sitzung des Politbüros am Montag machte nun bereits deutlich, in welche Richtung es gehen wird.

Bereits im September hatte die Regierung ein Konjunkturpaket vorgestellt, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Es enthielt Maßnahmen wie die Senkung des Mindestreservesatzes für Banken und der Hypothekenzinsen sowie Hilfen für den Immobilien- und Finanzmarkt. Kritisiert wurde jedoch, dass signifikante fiskalische Anreize fehlten, insbesondere direkte Hilfen für Haushalte, die den Konsum ankurbeln könnten.

Wachstumsziel in diesem Jahr weniger wichtig

Nun wird immer deutlicher, dass Peking sein Pulver nicht zu früh verschießen wollte. Es wartete zuerst den Ausgang der US-Wahl ab. “Die Konferenz wird höchstwahrscheinlich die möglichen Folgen von US-Zollerhöhungen diskutieren und erste Planungen vornehmen”, sagt Wang Tao, Ökonomin bei der UBS, gegenüber der South China Morning Post. Konkrete Reaktionen auf Zölle dürften aber erst nach einer offiziellen Bekanntgabe erfolgen.

Sollte der Export durch neue Zölle von Trump stark unter Druck geraten, bliebe Peking kaum eine andere Wahl, als die heimische Nachfrage zu stärken. Ding Shuang, Chefökonom für Großchina bei der Standard Chartered Bank, glaubt deshalb, dass Peking die Fiskalpolitik stärker betonen wird, um den Konsum zu fördern. “Überhöhte Markterwartungen” könnten jedoch trotzdem zu Enttäuschung führen, wenn die Ergebnisse der Konferenz verkündet werden. 

Ein weiteres starkes Signal hatte Peking bereits vergangene Woche gesendete. Der Politikberater der Zentralbank, Wang Yiming, und die staatliche Bank of China haben vorgeschlagendas jährliche Wachstumsziel von rund fünf Prozent auch für 2025 beizubehalten. Ohne starke Maßnahmen, um die Konjunktur anzukurbeln, wäre das kaum zu schaffen. Zentralbankgouverneur Pan Gongsheng versprach zudem eine “unterstützende” geldpolitische Haltung.

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News

Taiwan: Peking bringt Dutzende Kriegsschiffe in Position

Taiwan hat Sicherheitskreisen zufolge seine Alarmbereitschaft wegen eines Großmanövers der chinesischen Marine erhöht. China habe fast 90 Schiffe der Marine und Küstenwache, davon zwei Drittel Kriegsschiffe, in einem breiten Streifen nahe taiwanischer Gewässer, südjapanischer Inseln sowie dem Ost- und Südchinesischem Meer aufgefahren, sagte ein taiwanesischer Sicherheitsvertreter am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

Das Manöver kommt nicht unerwartet, nachdem der taiwanische Präsident Lai Ching-te kürzlich den US-Bundesstaat Hawaii und die US-Pazifikinsel Guam besucht hatte. China hatte bereits mehrfach mit Säbelrasseln auf ähnliche Kontakte zwischen den USA und dem demokratisch regierten Taiwan reagiert. Dem taiwanischen Verteidigungsministerium zufolge hat China von Montag bis Mittwoch sieben vorübergehend reservierte Lufträume östlich seiner Provinzen Fujian und Zhejiang eingerichtet.

Taiwans Militär erklärte, es habe an strategischen Punkten die Alarmbereitschaft erhöht. Die Küstenwache und die Marine hätten die chinesischen Aktivitäten genau im Blick. Es warnte China vor einseitigen Schritten, die den Frieden gefährden könnten. rtr

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Anti-Monopol-Gesetz: Warum Peking eine Untersuchung gegen Nvidia einleitet

China hat eine Untersuchung gegen den US-Chiphersteller Nvidia eingeleitet. Wie die staatliche Behörde für Marktregulierung (SAMR) am Montag mitteilte, lägen möglicherweise Verstöße gegen das Anti-Monopol-Gesetz des Landes vor. Ein Bericht des Staatsfernsehens nannte als konkreten Grund den Kauf des israelischen Netzwerkunternehmens Mellanox durch Nvidia, ohne auf nähere Details einzugehen. China hatte die Übernahme im Jahr 2020 genehmigt.

Beobachter werten den Schritt vor allem als Vergeltungsmaßnahme gegen die jüngsten Chip-Beschränkungen Washingtons. Die USA hatten Anfang des Monats Ausfuhrverbote bestimmter Unternehmen nach China erweitert, darunter auch Chip-Hersteller. Die Beschränkungen sollen den Zugang Chinas zu fortschrittlichen Halbleitern einschränken und können somit auch chinesische Durchbrüche in der künstlichen Intelligenz verlangsamen.

Vor den US-Beschränkungen dominierte Nvidia den chinesischen Markt für KI-Chips mit einem Anteil von mehr als 90 Prozent. Derzeit sieht sich das Unternehmen jedoch einem zunehmenden Wettbewerb durch einheimische Konkurrenten ausgesetzt, allen voran Huawei. rtr/fpe

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Videoplattformen: Wie “mit KI verzerrte Klassiker” reguliert werden

Chinas staatliche Rundfunkbehörde NRTA geht vehement gegen die Verzerrung klassischer Filme und TV-Dramen durch Künstliche Intelligenz vor. Die Behörde forderte die Video-Plattformen dazu auf, binnen weniger Tage für die Löschung von entsprechenden Deepfakes zu sorgen. Betroffen sind besonders die Bytedance-Tochter Douyin und ihr Mitbewerber Kuaishou Technologies.

Die NRTA will gegen “eigentümliche Adaptionen” vorgehen, wenn diese “gegen den ursprünglichen Geist der Klassiker” verstießen. In einer Erklärung vom Wochenende führte die Behörde mehrere Beispiele an – darunter eine Romanfigur aus dem 16. Jahrhundert, die in einem von der KI generierten Video auf einem Motorrad fährt, oder der literarische buddhistische Mönch Tang, der in einem Video eine Frau küsst. Vorlagen für die Figuren waren die jeweiligen Verfilmungen der Klassiker.

Pekings Durchgreifen ist der jüngste Versuch, den Einsatz von KI zu disziplinieren. Zuletzt hatte ein Trend eingesetzt, der die Videoplattformen mit KI-generierten Videos überschwemmte, nachdem Bytedance und auch Kuaishou Technologies jeweils eigene Videogeneratoren auf den Markt gebracht hatten.

China nimmt eine führende Rolle bei der Regulierung von KI ein. Um den Einsatz von Deepfake einzuschränken, setzte Peking bereits im vergangenen Jahr “vorläufige Maßnahmen zur Verwaltung von GenAI-Diensten” in Kraft. Deren Absicht: der Erhalt der “sozialistischen Werte”. Seit März dieses Jahres müssen Konten entfernt werden, die computergenerierte Technologie zur Verbreitung von Gerüchten, Marketing oder Hype verwenden. grz

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Presseschau

Offenbar Reaktion auf US-Reise: China bereitet weitere Militärübung vor Taiwan vor TAGESSCHAU
China Is Cutting Off Drone Supplies Critical to Ukraine War Effort BLOOMBERG
Map Shows China’s Suspected Spy Bases in Cuba NEWSWEEK
Finanzmärkte: China bereitet sich auf Donald Trump vor DIE PRESSE
Kursänderung: Chinas Geldpolitik soll jetzt “angemessen locker” sein FUW
Warum China den Export seltener Elemente in die USA stoppt – Das chinesische Handelsministerium begründet seine Entscheidung mit dem “Schutz der nationalen Sicherheit” DW
China’s Critical Minerals Embargo Is Even Tougher Than Expected NEW YORK TIMES
Kalkulierter Konter? Trumps Konfrontation mit China scheint zunächst erfolglos – Was dahinter steckt FINANZEN
US-Chiphersteller: China prüft möglichen Verstoß Nvidias gegen Kartellgesetze SÜDDEUTSCHE
Mercosur-Abkommen: Während die EU 25 Jahre lang mit Südamerika verhandelte, baute China seinen Handel massiv aus DER STANDARD
China preps policy support for economic conference held under Trump’s shadow SCMP
China regulators tell banks to expedite offshore company listings, sources say REUTERS
Chinesische Firmen beklagen “feindliche Stimmung” in der EU HANDELSBLATT
Faktencheck: Wurde Außenministerin Baerbock in China aus einer Pressekonferenz geschmissen? Es gibt keine Anhaltspunkte dafür EURONEWS
Schlussverkauf-Lüge auf Instagram: Billigshops aus China geben sich als deutsche Geschäfte mit Sonderangeboten aus SPIEGEL

Standpunkt

Digitalisierung: Wie Deutschland mit China Schritt halten kann

Antonia Hmaidi
Antonia Hmaidi beschäftigt sich bei Merics unter anderem mit Geopolitik von Technologie und Chinas Cybersicherheit.

Um den Rückstand aufzuholen, benötigt Deutschland klare Zuständigkeiten und muss Digitalisierung zur Priorität machen. Die Gründung eines aufgewerteten Bundesministeriums für Digitales würde Deutschland die Möglichkeit geben, sich digital zu modernisieren und in der neuen, digitalen Welt zu bestehen.

Bisher ist das Thema Digitalisierung auf ministerialer Ebene nur dezentral organisiert. Wenn das Thema Cybersicherheit im Fokus steht, dann ist das Innenministerium zuständig. Geht es um Cyberdiplomatie und internationale Organisationen, so fällt das in den Bereich des Auswärtigen Amts. Geht es aber um bilaterale Kooperationen bei Digitalem, so liegt es im Verantwortungsbereich vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Außer, wenn es unter digitale Entwicklungspolitik fällt – dann ist das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) zuständig.

Dieses undurchsichtige und komplexe Durcheinander von Zuständigkeiten sollte eigentlich im Jahr 2021 durch die Schaffung eines Bundesministeriums für Digitales aufgelöst werden. Das neu geschaffene Bundesministerium für Digitales und Verkehr beschäftigt sich aber nur in zwei der sechs thematischen Abteilungen mit Digitalem. Zwar gilt Digitalisierung in Deutschland mittlerweile als Priorität in allen Politikfeldern, aber diese Wichtigkeit spiegelt sich aktuell noch nicht im Kompetenzzentrum einer gut durchdachten Ministeriumsstruktur wider.

Cyberbehörde gehört zu den höchsten Parteikommissionen

Im Gegensatz dazu hat China seit 2018 eine Zentrale Kommission für Cyberspace-Angelegenheiten. Deren exekutiver Arm, die Cyberbehörde von China (Cyberspace Administration of China) trägt die Verantwortung für Gesetzgebung im digitalen Raum, inklusive der Regulierung von künstlicher Intelligenz und der Verantwortung für Datensicherheit. Sie kann Firmen im Rahmen der Cybersicherheits-Gesetze bestrafen und besitzt einen eigenen Investmentarm, der goldene Anteile an Firmen hält.

Die höchsten Parteikommissionen in China sind die wichtigsten Entscheidungsorgane. Das allein zeigt, wie wichtig Digitalisierung für die Volksrepublik ist. Denn die zentrale Kommission für digitale Angelegenheiten rangiert auf derselben Stufe wie die Militärkommission, die Kommission für Außenpolitik und seit 2022 auch die Kommission für Wissenschaft und Technologie.

Die Bündelung von Digitalthemen in der Cyberspace Administration of China hat zu viel Erfolg bei der Digitalisierung geführt. Während Deutschland noch über die Digitalisierung der Verwaltung zur Bearbeitung von online-Anträgen diskutierte, hat China Strukturen geschaffen. Das Ergebnis ist beachtlich: China ist heute weltweit führend bei E-Government und Smart Cities. So konnten im Jahr 2023 92.5 Prozent der Lizenzen auf lokaler Ebene (z.B. für Eheschließungen) online beantragt werden.

China will Standards digitaler Technologien prägen

Gleichzeitig vertieft China immer weiter seine Rolle in internationalen Standardisierungsforen. Dahinter steht das Ziel, Menschenrechte weniger wichtig zu machen und Normierungsdebatten in multilateralen Gremien wie der UN zu führen, wo nicht-staatliche Akteure wie die Zivilgesellschaft kaum eine Rolle spielen. China versucht, Standards in der Form zu prägen, dass digitale Technologien für repressive Zwecke eingesetzt werden können.

Darüber hinaus baut China seine bilateralen Partnerschaften aus. China-zentrische Initiativen wie die Global Data Security Initiative und der Export chinesischer digitaler Produkte im Rahmen der digitalen Seidenstraße runden Chinas digitales Angebot insbesondere für Entwicklungsländer ab.

Deutschland und Europa möchten international eine Alternative zur digitalen Seidenstraße bieten und ein Gegengewicht zu China in Standardisierungsprozessen darstellen. Um aber eine glaubhafte und gut ausgestattete Alternative darstellen zu können, muss Deutschland zunächst selbst flächendeckend digitalisieren.

Digitalministerium allein kein Allheilmittel

In Deutschland, wo Digitalisierung bisher nur schleppend vorangeht, wäre ein echtes Digitalministerium eine Möglichkeit, eingefahrenes und beschränktes Silodenken aufzubrechen und Fortschritt voranzutreiben. Dabei genügt es nicht, auf ein neues Ministerium “Digitales” zu schreiben, vielmehr müsste ein Digitalministerium auch mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet sein, um eine koordinierende Rolle zu übernehmen.

Es muss dazu befähigt sein, federführend regelmäßige Abstimmungen zu digitalen Themen mit anderen Ministerien durchzuführen, auch unabhängig von geplanten Gesetzesentwürfen. Um technisch sinnvolle und effektive Ergebnisse zu erzielen, müsste zusätzlich zur allgegenwärtigen Rechtskompetenz auch technische Expertise im Haus vertreten sein. Um Risiken digitaler Technologie besser bewerten zu können und schnelle, qualifizierte Entscheidungen zu treffen, sollte das Digitalministerium auch das Risikomanagement digitaler Technologien koordinieren.

Dabei gilt es auch, Fehler anderer Länder zu vermeiden. So hat China die Bedeutung von Digitalisierung so überhöht, dass jedes Ministerium möglichst viel Digitalisierung machen möchte, ohne dabei in jedem Fall die Sinnhaftigkeit zu prüfen. Zusätzlich haben viele Behörden in ihrem Eifer, möglichst viel möglichst schnell zu digitalisieren, das Thema Cybersicherheit stark vernachlässigt. So wurde z.B. die Shanghaier Polizeidatenbank im Internet zum Verkauf angeboten.

Großbritannien als Vorbild

Ein positives Beispiel für einen Neuzuschnitt des Themas Digitalisierung bietet Großbritannien, wo 2023 ein neues Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Technologie (DSIT) gegründet wurde. Dieses Ministerium hat Teile der Verantwortung für Innovation aus dem Wirtschaftsministerium, sowie die Verantwortung für Digitales aus dem Ministerium für Kultur, Medien und Sport übernommen. Von Anfang an besaß das neue Ressort die Verantwortung für internationale Digitalverhandlungen wie Normen im Internet oder Innovation und Cybersicherheit digitaler Produkte.

Um international eine bedeutendere Rolle bei Digitalthemen auszufüllen, müsste Deutschland insbesondere die internationale Komponente von Digitalisierung neu denken. Die Digitalministerin sollte daher beim Nationalen Sicherheitsrat gleichberechtigt mit den anderen relevanten Ministerien involviert sein. Zusätzlich sollten wichtige Botschaften Digital-Referent:innen haben, die vom Digitalministerium abgestellt werden, so wie das heute schon das Bundesministerium für Bildung und Forschung macht.

Mit diesen ersten Maßnahmen könnte Deutschland seine Kompetenzen im Bereich Digitalisierung verbessern und gleichzeitig international erfolgreicher agieren. Digitale Technologien sind nun die Grundvoraussetzungen für Fortschritt. Die deutsche Bundesregierung hätte durch die Gründung eines echten Bundesministeriums für Digitales die Chance, einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Deutschlands guten Ruf für Innovation, Qualität und Produktivität zu erhalten und damit im Wettbewerb mit China im Bereich Digitales zu bestehen.

Antonia Hmaidi beschäftigt sich beim China-Thinktank Merics mit der Geopolitik von Technologie, Chinas Streben nach technischer Eigenständigkeit sowie mit Chinas Cybersicherheit und Hacking-Kampagnen. Sie war Projektmanagerin bei der Bertelsmann Stiftung und bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) tätig, zudem arbeitete sie als Journalistin in Asien und bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Hinweis der Redaktion: Über China zu diskutieren heißt heute – mehr denn je – kontrovers debattieren. Wir möchten die Vielfalt der Standpunkte abbilden, damit Sie einen Einblick in die Breite der Debatte gewinnen können. Standpunkte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.

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Personalie

Lu Shaye, der chinesische Botschafter in Frankreich, verlässt seinen Posten. Lu galt als Chinas oberster Wolfskrieger in Frankreich und hatte während seiner fünfjährigen Amtszeit wiederholt für Kontroversen gesorgt, etwa als er russische Propaganda verbreitete und erklärte, dass die Ukraine und andere ehemalige Sowjet-Länder keine souveränen Staaten seien. Lus Amtszeit “neigt sich dem Ende zu” erklärte die chinesische Vertretung am Mittwoch gegenüber französischen Medien. Ein Nachfolger wurde bislang nicht bekanntgegeben.

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Adventskalender

Was ist ein Stern (星 xīng), der über den Himmel “fließt” (流 liú) – richtig, eine “Sternschnuppe” bzw. ein “Meteor”! Aber woher stammt eigentlich unsere deutsche Bezeichnung “Sternschnuppe”? Vielen dürfte wohl kaum mehr geläufig sein, dass man das abgebrannte, verkohlte und letztlich abgeschnittene Ende eines Kerzendochts als “Schnuppe” bezeichnet. Die “Sternschnuppe” ist also ein Stern, den ein ähnliches Schicksal ereilt wie das eines ausgebrannten Docht-Endes: Weil er seinen Leuchtauftrag nicht mehr erfüllt, wird auch er, so legt zumindest die sprachliche Analogie nahe, abgeschnitten und mit langem Schweif über den Himmel weggeworfen. Das Wort Meteor kommt im Übrigen vom altgriechischen μετέωρος metéōros, was zu Deutsch “in der Luft schwebend” bedeutet.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Die Befragung, die in den vergangenen vier Monaten unter 200 chinesischen Firmen erhoben wurden, zeichnet ein vergleichsweise dunkles Szenario für chinesische Geschäftsinteressen in der EU. Eine Entwicklung, die abzusehen war, schreibt Marcel Grzanna: Die wachsende Wahrnehmung Chinas als Rivale übersetzt sich eben auch in eine kritischere Wirtschaftspolitik. Die Ausgleichszölle auf Elektroautos aus China waren bislang das deutlichste Zeichen dieses europäischen Kulturwandels.

    Die Unternehmen zeigen sich aber auch an vielen Stellen optimistisch. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit glaubt sogar daran, dass die strategische Bedeutung der EU für ihr Unternehmen in den nächsten ein bis drei Jahren wachsen wird.

    Peking steht nicht nur in der EU vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Schon vor der Zentralen Wirtschaftskonferenz am Mittwoch hat das Politbüro der Kommunistischen Partei Chinas deutliche wirtschaftspolitische Maßnahmen für 2025 angekündigt. Erstmals seit 2011 plant die Regierung eine “moderate Lockerung” der Geldpolitik sowie eine “proaktivere” Fiskalpolitik. Ziel ist es, die Stabilität von Immobilien- und Aktienmärkten zu sichern und die heimische Nachfrage zu stärken. Doch es gibt auch zahlreiche Risiken zu beachten, allen voran Trumps Zollpläne, wie Jörn Petring berichtet.

    In unserem heutigen Standpunkt fordert Merics-Tech-Expertin Antonia Hmaidi, dass Deutschland ein eigenständiges Digitalministerium im Stile Chinas benötigt. Das hiesige Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sei zu dezentral organisiert und verzettele sich zu oft bei den Zuständigkeiten. So könne man nicht zur Weltspitze aufschließen, so die Wissenschaftlerin.

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    Geschäftsklima: Darum trotzen viele chinesische Firmen dem Misstrauen in der EU

    Chinesische Überkapazitäten sind ein Grund, weshalb die EU ihre Industriepolitik verschärft hat.

    Chinesische Unternehmen in der Europäischen Union spüren den veränderten Umgang mit Pekings Industriepolitik. Wo in der Vergangenheit häufig großer Optimismus herrschte, macht sich immer mehr Unsicherheit breit – den Firmen fällt es zunehmend schwer, ihre Geschäftsentwicklung vorherzusehen. Happige Ausgleichszölle auf Elektroautos aus China sind das bislang deutlichste Signal eines europäischen Kulturwandels.

    Insofern liefert der sechste Geschäftsklima-Bericht der Chinesischen Handelskammer in Europa (CCCEU) ein vergleichsweise dunkles Szenario für chinesische Geschäftsinteressen in der EU. Das Papier, das am Montag veröffentlicht wurde, betont die “Unsicherheit” als entscheidenden Faktor für chinesische Unternehmen, die in der EU tätig sind. Die Kammer bezieht sich dabei auf Umfragedaten, die in den vergangenen vier Monaten unter 200 chinesischen Firmen erhoben wurden.

    Unternehmen fühlen sich aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt

    Knapp vier von fünf Unternehmen spüren diese wachsende Unsicherheit. Sie sind besorgt wegen einer “zunehmenden Politisierung des Wirtschaftssektors” und fordern die EU auf, “ein faires, transparentes und vorhersehbares Marktumfeld für ausländische Unternehmen zu schaffen” – Forderungen, die sich inhaltlich langsam, aber sicher den Forderungen der EU-Unternehmen in China angleichen. Dort stemmen sich viele Firmen seit Jahren gegen ihre wachsende Frustration, die ihnen die chinesischen Behörden einbrocken.

    Es entwickle sich eine Atmosphäre in der EU, die chinesische Unternehmen eher negativ bewerte. Das wirkt wenig überraschend, wenn man die politische Entwicklung der vergangenen Jahre als Referenzpunkt nimmt. Die wachsende Wahrnehmung Chinas als Rivale der EU übersetzt sich in kritischere Wirtschaftspolitik. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, eine veränderte Behandlung seitens der Politik zu spüren. 64 Prozent haben das Gefühl, aufgrund ihrer chinesischen Herkunft anders behandelt zu werden.

    Quelle: CCCEU/Roland Berger

    Das Papier ist das Resultat einer Zusammenarbeit zwischen der CCCEU und der Beratungsagentur Roland Berger. Sein Inhalt dient Brüssel als Rückkopplung der eigenen Industriepolitik, muss aber dennoch speziell gelesen werden. Die CCCEU ist deutlich weniger in der Lage, eine ganz autarke politische Position einzunehmen als die EU-Kammer in Peking.

    Der Bericht ziele darauf ab, engere Handelsbeziehungen zwischen China und der EU zu fördern, kommentierte CCCEU-Präsident Liu Jiandong, der zugleich die strategische Bedeutung Europas für chinesische Firmen betonte. Man sei der zweitgrößte Handelspartner des jeweils anderen, und der bilaterale Handel erreichte laut Eurostat im Jahr 2023 740 Milliarden Euro. Liu erinnerte auch daran, dass diese Firmen Forschungs-, Design- und Produktionskapazitäten in der EU aufgebaut hätten und zu den Steuereinnahmen der EU beitragen würden, sowie vor Ort Arbeitsplätze und Innovationen schafften.

    IWF glaubt an Manipulation der Handelsbilanz

    Der Bericht betont zudem, dass das Handelsdefizit der EU mit China sich im Vergleich zu 2022 um 27 Prozent verringert habe. Eine Verbesserung für die Europäer also – so stellt es der Bericht dar. China habe Kraftfahrzeuge im Wert von 12,9 Milliarden Euro in die EU exportiert. Umgekehrt waren Kraftfahrzeuge auch der größte Export der EU nach China im Wert von 19,4 Milliarden Euro. “Was zu einem Handelsüberschuss von 6,5 Milliarden Euro zugunsten der EU führte”, heißt es in dem Papier.

    Der Hinweis verknüpft zwei wunde Punkte: den Vorwurf, Chinas hochsubventionierte Autoindustrie würde ihre Überkapazitäten in der EU abladen, und dass China nicht ausreichend Mühe aufwende, seine Handelsbilanz mit den Europäern in Ordnung zu bringen. Für beide Vorwürfe gibt es ausreichend Indizien. Zuletzt hatte der Internationale Währungsfonds festgestellt, dass Peking seinen Handelsüberschuss künstlich nach unten korrigiert, um damit die Ausfuhr von Überkapazitäten verschleiern zu können.

    Optimismus für grüne Zusammenarbeit und digitale Transformation

    Bemerkenswert sind derweil all die positiven Aspekte, die das Papier trotz wachsender Unsicherheit
    feststellt. 66 Prozent der Befragten erwarten, dass die strategische Bedeutung der EU für ihr Unternehmen in den nächsten ein bis drei Jahren wachsen wird. Über 40 Prozent planen, ihre Belegschaft in Europa zu vergrößern, und 30 % beabsichtigen, ihre Geschäftstätigkeit auszubauen oder neue Niederlassungen in der EU zu eröffnen.

    Die Umfrage zeigt auch, dass 55 Prozent der chinesischen Unternehmen hinsichtlich der mittel- bis langfristigen Aussichten für die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und der EU weiterhin optimistisch sind, insbesondere in Bereichen wie grüne Zusammenarbeit und digitale Transformation. Mehr als die Hälfte ist der Ansicht, dass eine verstärkte Kooperation zwischen China und der EU den digitalen Wandel in der EU beschleunigen könnte.

    • EU-Handelskammer
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    Wirtschaftskonferenz: Wieso das Politbüro mit seiner Wortwahl überrascht

    Staatschef Xi Jinping und das Politbüro der Kommunistischen Partei bereiten sich auf die Zentrale Wirtschaftskonferenz vor.

    Kurz vor der wichtigen Zentralen Wirtschaftskonferenz in dieser Woche hat Peking mehr Stimulus für das Jahr 2025 in Aussicht gestellt. Das Politbüro der Kommunistischen Partei traf sich am Montag, um über die Planung für das kommende Jahr zu beraten. Die deutlichen Versprechen der Führung überraschten dabei viele Beobachter.

    Laut Sitzungsprotokoll kündigte das 24-köpfige Gremium unter der Leitung von Xi Jinping an, für 2025 eine “moderate Lockerung” der Geldpolitik anzustreben. Dies stellt die erste bedeutende Änderung seit 2011 dar. Das Gremium wählte zudem eine stärkere Sprache in Bezug auf die Fiskalpolitik und kündigte an, diese werde “proaktiver” gestaltet. Zudem solle die Stabilität der Immobilien- und Aktienmärkte gewährleistet werden.

    Der Ton für die Wirtschaftskonferenz ist gesetzt

    “Die Wortwahl in dieser Erklärung des Politbüros ist beispiellos”, sagte Zhaopeng Xing, Senior-Stratege bei der Australia & New Zealand Banking Group, gegenüber Bloomberg. Xi und seine Führung dürften damit den Ton für die Zentrale Wirtschaftskonferenz gesetzt haben, die in dieser Woche unter genauer Beobachtung stehen wird. Hunderte ranghohe Offizielle nehmen teil, darunter Minister, der Zentralbankchef, Provinzgouverneure sowie Führungskräfte staatlicher Finanz- und Industriekonzerne.

    Viele unterschiedliche Interessen müssen abgestimmt werden. Der in der Regel zweitägige Termin ist für die wirtschaftspolitische Ausrichtung wichtiger als der Nationale Volkskongress im März. Dort werden zwar mit viel Pomp das Wachstumsziel und andere Vorgaben verkündet – doch die eigentliche Arbeit passiert schon jetzt. Konkrete Zahlen finden sich im Kommuniqué der Konferenz, die laut Medienberichten am Mittwoch beginnen soll, in der Regel zwar nicht. Aber die Tonalität wird wichtige Hinweise geben.

    Es kommt auf jedes Wort im Kommuniqué an 

    “Beobachter werden auf mögliche Änderungen bei Fiskal- und Geldpolitik achten”, schreibt die ING-Bank in einem Ausblick. Sie werden auch verfolgen, welche Wirtschaftsbereiche priorisiert werden. Besonders spannend sei, ob zusätzliche Maßnahmen für die Inlandsnachfrage oder den Immobilienmarkt angedeutet werden. “Die Märkte würden Signale für aggressivere politische Unterstützung begrüßen, könnten aber enttäuscht sein, falls wenig Neues kommt.” Die Sitzung des Politbüros am Montag machte nun bereits deutlich, in welche Richtung es gehen wird.

    Bereits im September hatte die Regierung ein Konjunkturpaket vorgestellt, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Es enthielt Maßnahmen wie die Senkung des Mindestreservesatzes für Banken und der Hypothekenzinsen sowie Hilfen für den Immobilien- und Finanzmarkt. Kritisiert wurde jedoch, dass signifikante fiskalische Anreize fehlten, insbesondere direkte Hilfen für Haushalte, die den Konsum ankurbeln könnten.

    Wachstumsziel in diesem Jahr weniger wichtig

    Nun wird immer deutlicher, dass Peking sein Pulver nicht zu früh verschießen wollte. Es wartete zuerst den Ausgang der US-Wahl ab. “Die Konferenz wird höchstwahrscheinlich die möglichen Folgen von US-Zollerhöhungen diskutieren und erste Planungen vornehmen”, sagt Wang Tao, Ökonomin bei der UBS, gegenüber der South China Morning Post. Konkrete Reaktionen auf Zölle dürften aber erst nach einer offiziellen Bekanntgabe erfolgen.

    Sollte der Export durch neue Zölle von Trump stark unter Druck geraten, bliebe Peking kaum eine andere Wahl, als die heimische Nachfrage zu stärken. Ding Shuang, Chefökonom für Großchina bei der Standard Chartered Bank, glaubt deshalb, dass Peking die Fiskalpolitik stärker betonen wird, um den Konsum zu fördern. “Überhöhte Markterwartungen” könnten jedoch trotzdem zu Enttäuschung führen, wenn die Ergebnisse der Konferenz verkündet werden. 

    Ein weiteres starkes Signal hatte Peking bereits vergangene Woche gesendete. Der Politikberater der Zentralbank, Wang Yiming, und die staatliche Bank of China haben vorgeschlagendas jährliche Wachstumsziel von rund fünf Prozent auch für 2025 beizubehalten. Ohne starke Maßnahmen, um die Konjunktur anzukurbeln, wäre das kaum zu schaffen. Zentralbankgouverneur Pan Gongsheng versprach zudem eine “unterstützende” geldpolitische Haltung.

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    Taiwan: Peking bringt Dutzende Kriegsschiffe in Position

    Taiwan hat Sicherheitskreisen zufolge seine Alarmbereitschaft wegen eines Großmanövers der chinesischen Marine erhöht. China habe fast 90 Schiffe der Marine und Küstenwache, davon zwei Drittel Kriegsschiffe, in einem breiten Streifen nahe taiwanischer Gewässer, südjapanischer Inseln sowie dem Ost- und Südchinesischem Meer aufgefahren, sagte ein taiwanesischer Sicherheitsvertreter am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

    Das Manöver kommt nicht unerwartet, nachdem der taiwanische Präsident Lai Ching-te kürzlich den US-Bundesstaat Hawaii und die US-Pazifikinsel Guam besucht hatte. China hatte bereits mehrfach mit Säbelrasseln auf ähnliche Kontakte zwischen den USA und dem demokratisch regierten Taiwan reagiert. Dem taiwanischen Verteidigungsministerium zufolge hat China von Montag bis Mittwoch sieben vorübergehend reservierte Lufträume östlich seiner Provinzen Fujian und Zhejiang eingerichtet.

    Taiwans Militär erklärte, es habe an strategischen Punkten die Alarmbereitschaft erhöht. Die Küstenwache und die Marine hätten die chinesischen Aktivitäten genau im Blick. Es warnte China vor einseitigen Schritten, die den Frieden gefährden könnten. rtr

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    Anti-Monopol-Gesetz: Warum Peking eine Untersuchung gegen Nvidia einleitet

    China hat eine Untersuchung gegen den US-Chiphersteller Nvidia eingeleitet. Wie die staatliche Behörde für Marktregulierung (SAMR) am Montag mitteilte, lägen möglicherweise Verstöße gegen das Anti-Monopol-Gesetz des Landes vor. Ein Bericht des Staatsfernsehens nannte als konkreten Grund den Kauf des israelischen Netzwerkunternehmens Mellanox durch Nvidia, ohne auf nähere Details einzugehen. China hatte die Übernahme im Jahr 2020 genehmigt.

    Beobachter werten den Schritt vor allem als Vergeltungsmaßnahme gegen die jüngsten Chip-Beschränkungen Washingtons. Die USA hatten Anfang des Monats Ausfuhrverbote bestimmter Unternehmen nach China erweitert, darunter auch Chip-Hersteller. Die Beschränkungen sollen den Zugang Chinas zu fortschrittlichen Halbleitern einschränken und können somit auch chinesische Durchbrüche in der künstlichen Intelligenz verlangsamen.

    Vor den US-Beschränkungen dominierte Nvidia den chinesischen Markt für KI-Chips mit einem Anteil von mehr als 90 Prozent. Derzeit sieht sich das Unternehmen jedoch einem zunehmenden Wettbewerb durch einheimische Konkurrenten ausgesetzt, allen voran Huawei. rtr/fpe

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    Videoplattformen: Wie “mit KI verzerrte Klassiker” reguliert werden

    Chinas staatliche Rundfunkbehörde NRTA geht vehement gegen die Verzerrung klassischer Filme und TV-Dramen durch Künstliche Intelligenz vor. Die Behörde forderte die Video-Plattformen dazu auf, binnen weniger Tage für die Löschung von entsprechenden Deepfakes zu sorgen. Betroffen sind besonders die Bytedance-Tochter Douyin und ihr Mitbewerber Kuaishou Technologies.

    Die NRTA will gegen “eigentümliche Adaptionen” vorgehen, wenn diese “gegen den ursprünglichen Geist der Klassiker” verstießen. In einer Erklärung vom Wochenende führte die Behörde mehrere Beispiele an – darunter eine Romanfigur aus dem 16. Jahrhundert, die in einem von der KI generierten Video auf einem Motorrad fährt, oder der literarische buddhistische Mönch Tang, der in einem Video eine Frau küsst. Vorlagen für die Figuren waren die jeweiligen Verfilmungen der Klassiker.

    Pekings Durchgreifen ist der jüngste Versuch, den Einsatz von KI zu disziplinieren. Zuletzt hatte ein Trend eingesetzt, der die Videoplattformen mit KI-generierten Videos überschwemmte, nachdem Bytedance und auch Kuaishou Technologies jeweils eigene Videogeneratoren auf den Markt gebracht hatten.

    China nimmt eine führende Rolle bei der Regulierung von KI ein. Um den Einsatz von Deepfake einzuschränken, setzte Peking bereits im vergangenen Jahr “vorläufige Maßnahmen zur Verwaltung von GenAI-Diensten” in Kraft. Deren Absicht: der Erhalt der “sozialistischen Werte”. Seit März dieses Jahres müssen Konten entfernt werden, die computergenerierte Technologie zur Verbreitung von Gerüchten, Marketing oder Hype verwenden. grz

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    Presseschau

    Offenbar Reaktion auf US-Reise: China bereitet weitere Militärübung vor Taiwan vor TAGESSCHAU
    China Is Cutting Off Drone Supplies Critical to Ukraine War Effort BLOOMBERG
    Map Shows China’s Suspected Spy Bases in Cuba NEWSWEEK
    Finanzmärkte: China bereitet sich auf Donald Trump vor DIE PRESSE
    Kursänderung: Chinas Geldpolitik soll jetzt “angemessen locker” sein FUW
    Warum China den Export seltener Elemente in die USA stoppt – Das chinesische Handelsministerium begründet seine Entscheidung mit dem “Schutz der nationalen Sicherheit” DW
    China’s Critical Minerals Embargo Is Even Tougher Than Expected NEW YORK TIMES
    Kalkulierter Konter? Trumps Konfrontation mit China scheint zunächst erfolglos – Was dahinter steckt FINANZEN
    US-Chiphersteller: China prüft möglichen Verstoß Nvidias gegen Kartellgesetze SÜDDEUTSCHE
    Mercosur-Abkommen: Während die EU 25 Jahre lang mit Südamerika verhandelte, baute China seinen Handel massiv aus DER STANDARD
    China preps policy support for economic conference held under Trump’s shadow SCMP
    China regulators tell banks to expedite offshore company listings, sources say REUTERS
    Chinesische Firmen beklagen “feindliche Stimmung” in der EU HANDELSBLATT
    Faktencheck: Wurde Außenministerin Baerbock in China aus einer Pressekonferenz geschmissen? Es gibt keine Anhaltspunkte dafür EURONEWS
    Schlussverkauf-Lüge auf Instagram: Billigshops aus China geben sich als deutsche Geschäfte mit Sonderangeboten aus SPIEGEL

    Standpunkt

    Digitalisierung: Wie Deutschland mit China Schritt halten kann

    Antonia Hmaidi
    Antonia Hmaidi beschäftigt sich bei Merics unter anderem mit Geopolitik von Technologie und Chinas Cybersicherheit.

    Um den Rückstand aufzuholen, benötigt Deutschland klare Zuständigkeiten und muss Digitalisierung zur Priorität machen. Die Gründung eines aufgewerteten Bundesministeriums für Digitales würde Deutschland die Möglichkeit geben, sich digital zu modernisieren und in der neuen, digitalen Welt zu bestehen.

    Bisher ist das Thema Digitalisierung auf ministerialer Ebene nur dezentral organisiert. Wenn das Thema Cybersicherheit im Fokus steht, dann ist das Innenministerium zuständig. Geht es um Cyberdiplomatie und internationale Organisationen, so fällt das in den Bereich des Auswärtigen Amts. Geht es aber um bilaterale Kooperationen bei Digitalem, so liegt es im Verantwortungsbereich vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Außer, wenn es unter digitale Entwicklungspolitik fällt – dann ist das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) zuständig.

    Dieses undurchsichtige und komplexe Durcheinander von Zuständigkeiten sollte eigentlich im Jahr 2021 durch die Schaffung eines Bundesministeriums für Digitales aufgelöst werden. Das neu geschaffene Bundesministerium für Digitales und Verkehr beschäftigt sich aber nur in zwei der sechs thematischen Abteilungen mit Digitalem. Zwar gilt Digitalisierung in Deutschland mittlerweile als Priorität in allen Politikfeldern, aber diese Wichtigkeit spiegelt sich aktuell noch nicht im Kompetenzzentrum einer gut durchdachten Ministeriumsstruktur wider.

    Cyberbehörde gehört zu den höchsten Parteikommissionen

    Im Gegensatz dazu hat China seit 2018 eine Zentrale Kommission für Cyberspace-Angelegenheiten. Deren exekutiver Arm, die Cyberbehörde von China (Cyberspace Administration of China) trägt die Verantwortung für Gesetzgebung im digitalen Raum, inklusive der Regulierung von künstlicher Intelligenz und der Verantwortung für Datensicherheit. Sie kann Firmen im Rahmen der Cybersicherheits-Gesetze bestrafen und besitzt einen eigenen Investmentarm, der goldene Anteile an Firmen hält.

    Die höchsten Parteikommissionen in China sind die wichtigsten Entscheidungsorgane. Das allein zeigt, wie wichtig Digitalisierung für die Volksrepublik ist. Denn die zentrale Kommission für digitale Angelegenheiten rangiert auf derselben Stufe wie die Militärkommission, die Kommission für Außenpolitik und seit 2022 auch die Kommission für Wissenschaft und Technologie.

    Die Bündelung von Digitalthemen in der Cyberspace Administration of China hat zu viel Erfolg bei der Digitalisierung geführt. Während Deutschland noch über die Digitalisierung der Verwaltung zur Bearbeitung von online-Anträgen diskutierte, hat China Strukturen geschaffen. Das Ergebnis ist beachtlich: China ist heute weltweit führend bei E-Government und Smart Cities. So konnten im Jahr 2023 92.5 Prozent der Lizenzen auf lokaler Ebene (z.B. für Eheschließungen) online beantragt werden.

    China will Standards digitaler Technologien prägen

    Gleichzeitig vertieft China immer weiter seine Rolle in internationalen Standardisierungsforen. Dahinter steht das Ziel, Menschenrechte weniger wichtig zu machen und Normierungsdebatten in multilateralen Gremien wie der UN zu führen, wo nicht-staatliche Akteure wie die Zivilgesellschaft kaum eine Rolle spielen. China versucht, Standards in der Form zu prägen, dass digitale Technologien für repressive Zwecke eingesetzt werden können.

    Darüber hinaus baut China seine bilateralen Partnerschaften aus. China-zentrische Initiativen wie die Global Data Security Initiative und der Export chinesischer digitaler Produkte im Rahmen der digitalen Seidenstraße runden Chinas digitales Angebot insbesondere für Entwicklungsländer ab.

    Deutschland und Europa möchten international eine Alternative zur digitalen Seidenstraße bieten und ein Gegengewicht zu China in Standardisierungsprozessen darstellen. Um aber eine glaubhafte und gut ausgestattete Alternative darstellen zu können, muss Deutschland zunächst selbst flächendeckend digitalisieren.

    Digitalministerium allein kein Allheilmittel

    In Deutschland, wo Digitalisierung bisher nur schleppend vorangeht, wäre ein echtes Digitalministerium eine Möglichkeit, eingefahrenes und beschränktes Silodenken aufzubrechen und Fortschritt voranzutreiben. Dabei genügt es nicht, auf ein neues Ministerium “Digitales” zu schreiben, vielmehr müsste ein Digitalministerium auch mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet sein, um eine koordinierende Rolle zu übernehmen.

    Es muss dazu befähigt sein, federführend regelmäßige Abstimmungen zu digitalen Themen mit anderen Ministerien durchzuführen, auch unabhängig von geplanten Gesetzesentwürfen. Um technisch sinnvolle und effektive Ergebnisse zu erzielen, müsste zusätzlich zur allgegenwärtigen Rechtskompetenz auch technische Expertise im Haus vertreten sein. Um Risiken digitaler Technologie besser bewerten zu können und schnelle, qualifizierte Entscheidungen zu treffen, sollte das Digitalministerium auch das Risikomanagement digitaler Technologien koordinieren.

    Dabei gilt es auch, Fehler anderer Länder zu vermeiden. So hat China die Bedeutung von Digitalisierung so überhöht, dass jedes Ministerium möglichst viel Digitalisierung machen möchte, ohne dabei in jedem Fall die Sinnhaftigkeit zu prüfen. Zusätzlich haben viele Behörden in ihrem Eifer, möglichst viel möglichst schnell zu digitalisieren, das Thema Cybersicherheit stark vernachlässigt. So wurde z.B. die Shanghaier Polizeidatenbank im Internet zum Verkauf angeboten.

    Großbritannien als Vorbild

    Ein positives Beispiel für einen Neuzuschnitt des Themas Digitalisierung bietet Großbritannien, wo 2023 ein neues Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Technologie (DSIT) gegründet wurde. Dieses Ministerium hat Teile der Verantwortung für Innovation aus dem Wirtschaftsministerium, sowie die Verantwortung für Digitales aus dem Ministerium für Kultur, Medien und Sport übernommen. Von Anfang an besaß das neue Ressort die Verantwortung für internationale Digitalverhandlungen wie Normen im Internet oder Innovation und Cybersicherheit digitaler Produkte.

    Um international eine bedeutendere Rolle bei Digitalthemen auszufüllen, müsste Deutschland insbesondere die internationale Komponente von Digitalisierung neu denken. Die Digitalministerin sollte daher beim Nationalen Sicherheitsrat gleichberechtigt mit den anderen relevanten Ministerien involviert sein. Zusätzlich sollten wichtige Botschaften Digital-Referent:innen haben, die vom Digitalministerium abgestellt werden, so wie das heute schon das Bundesministerium für Bildung und Forschung macht.

    Mit diesen ersten Maßnahmen könnte Deutschland seine Kompetenzen im Bereich Digitalisierung verbessern und gleichzeitig international erfolgreicher agieren. Digitale Technologien sind nun die Grundvoraussetzungen für Fortschritt. Die deutsche Bundesregierung hätte durch die Gründung eines echten Bundesministeriums für Digitales die Chance, einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Deutschlands guten Ruf für Innovation, Qualität und Produktivität zu erhalten und damit im Wettbewerb mit China im Bereich Digitales zu bestehen.

    Antonia Hmaidi beschäftigt sich beim China-Thinktank Merics mit der Geopolitik von Technologie, Chinas Streben nach technischer Eigenständigkeit sowie mit Chinas Cybersicherheit und Hacking-Kampagnen. Sie war Projektmanagerin bei der Bertelsmann Stiftung und bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) tätig, zudem arbeitete sie als Journalistin in Asien und bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

    Hinweis der Redaktion: Über China zu diskutieren heißt heute – mehr denn je – kontrovers debattieren. Wir möchten die Vielfalt der Standpunkte abbilden, damit Sie einen Einblick in die Breite der Debatte gewinnen können. Standpunkte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.

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    Personalie

    Lu Shaye, der chinesische Botschafter in Frankreich, verlässt seinen Posten. Lu galt als Chinas oberster Wolfskrieger in Frankreich und hatte während seiner fünfjährigen Amtszeit wiederholt für Kontroversen gesorgt, etwa als er russische Propaganda verbreitete und erklärte, dass die Ukraine und andere ehemalige Sowjet-Länder keine souveränen Staaten seien. Lus Amtszeit “neigt sich dem Ende zu” erklärte die chinesische Vertretung am Mittwoch gegenüber französischen Medien. Ein Nachfolger wurde bislang nicht bekanntgegeben.

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    Adventskalender

    Was ist ein Stern (星 xīng), der über den Himmel “fließt” (流 liú) – richtig, eine “Sternschnuppe” bzw. ein “Meteor”! Aber woher stammt eigentlich unsere deutsche Bezeichnung “Sternschnuppe”? Vielen dürfte wohl kaum mehr geläufig sein, dass man das abgebrannte, verkohlte und letztlich abgeschnittene Ende eines Kerzendochts als “Schnuppe” bezeichnet. Die “Sternschnuppe” ist also ein Stern, den ein ähnliches Schicksal ereilt wie das eines ausgebrannten Docht-Endes: Weil er seinen Leuchtauftrag nicht mehr erfüllt, wird auch er, so legt zumindest die sprachliche Analogie nahe, abgeschnitten und mit langem Schweif über den Himmel weggeworfen. Das Wort Meteor kommt im Übrigen vom altgriechischen μετέωρος metéōros, was zu Deutsch “in der Luft schwebend” bedeutet.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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