Table.Briefing: China

Chinesische Autos gewinnen im Premiumsegment + Streik in Leipzig lässt Investor Chiho kalt

Liebe Leserin, lieber Leser,

in Europa kennen viele Konsumenten noch nicht mal die Markennamen der jungen chinesischen Autohersteller. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss: Angesichts der guten Produkte und günstigen Preise ist da noch viel Luft nach oben.

Auch auf dem chinesischen Markt hielten sich die deutschen Premiumhersteller lange Zeit für unantastbar, insbesondere, wenn es um die höherwertigen Modelle geht. Doch das ist ein Irrglaube, analysiert Julia Fiedler. Der Anteil der E-Autos im Premium-Segment in China wächst rasant. Dieser wird vor allem von einheimischen Herstellern bedient, und zwar mit technisch und optisch ausgezeichneten Autos, denen inzwischen nicht mehr der Ruf von Billigheimern anklebt. Jedenfalls nicht beim Image. Zugleich hat der Preiskampf auch die teuren Autos erreicht – einen chinesischen Premium-Wagen gibt es schon ab 30.000 Euro. Das scheint dem deutschen Wettbewerb zu günstig zu sein, um es ernst zu nehmen. Die Käufer sehen das anders.

Viele deutsche Mittelständler haben mit chinesischen Investoren gute Erfahrungen gemacht. Für die Arbeiter der Recyclingfirma SRW Metalfloat bei Leipzig gilt das nicht. Seit bald 100 Tagen haben sie die Arbeit niedergelegt. Doch der chinesische Mutterkonzern Chiho weigert sich, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, die Löhne zu erhöhen oder auch nur mit den Arbeitnehmern zu verhandeln. Christian Domke-Seidel schildert die vertrackte Situation, die noch Monate andauern könnte.

Ihnen wünsche ich einen guten Start und die Energie für nötige Veränderungen,

Ihre
Carolyn Braun
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Analyse

Strahlkraft der deutschen Premiumhersteller auf dem chinesischen Automarkt schwindet

Avatr-Produktion in einer Fabrik in Chongqing

Deutsche Autohersteller stehen auf dem chinesischen Automarkt zunehmend auch im Premiumsegment in einem harten Wettbewerb mit den inländischen Produzenten. Dabei hielten sie ihre Vorherrschaft bei den hochwertigen Modellen lange Zeit für gesichert. Doch inzwischen verstehen sich einheimische Automarken ebenfalls als Premium. Im Bereich der E-Autos mischen sie das Segment auf und überzeugen mit ihren Produkten immer mehr Kunden.

Im vergangenen Jahr 2023 verkauften Audi 730.000, Mercedes-Benz 737.000 und BMW 825.000 Fahrzeuge in China. Damit beherrschte der Premium-Dreiklang aus Deutschland, in China auch unter den drei Buchstaben ABB – Audi, Benz und BMW – bekannt, weiterhin sein angestammtes Revier. Wie groß ihr Marktanteil tatsächlich ist, hängt allerdings davon ab, wie man das Segment definiert.

Denn die Definition von Premium ist nicht eindeutig festgelegt. Bei einem zentralen Merkmal, dem Preis, haben sich durch die Rabattschlacht auf Chinas Automarkt massive Verschiebungen ergeben – auch im Premiumbereich. In China sind Autos aus diesem Segment schon für rund 30.000 Euro zu haben: Die Elektrolimousine Zeekr 007 kostet in der Volksrepublik beispielsweise ab 210.000 RMB, umgerechnet etwa 27.000 Euro.

Strahlkraft der Luxusmarken nimmt ab

Nicht nur die Sicht auf den Preis, auch die Markenwahrnehmung hat sich verändert. Zwar ist China für traditionelle Premium- und Luxusmarken im Automobilbereich der wichtigste Markt, doch die Strahlkraft dieser Marken droht an Bedeutung zu verlieren. “Vor fünf Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass sich jemand, der in der Gesellschaft halbwegs Status besitzt, eine chinesische Marke kauft. Die hatten ein Billigheimer-Image und standen für schlechte Qualität. Das hat sich verändert, und zwar innerhalb kürzester Zeit”, sagt Daniel Kirchert, Autoexperte mit gut 20 Jahren Erfahrung in Führungspositionen in China, der jüngst die Firma Noyo gegründet hat, die chinesischen E-Autos den Markteintritt in der Schweiz erleichtert. 

“In China waren bis vor ein paar Jahren ‘Brand for Face’ und Status extrem wichtig. Deswegen haben sich BMW, Mercedes, Audi und noch exklusivere Luxusmarken immer extrem gut verkauft. Doch vor allem bei den jungen Generationen Y und Z scheinen Status und Branding heute eine geringere Rolle zu spielen”, sagt Kirchert. Für junge Chinesen klingen Markennamen wie Nio, Zeekr und Li Auto höchst attraktiv, sie verheißen digitale Innovationen, neueste Technik und eine besonders gute Customer-Experience. Dass die Autos inzwischen auch noch gut aussehen: fast schon selbstverständlich.

Verbrenner weiterhin führend – aber wie lange?

Noch wird ein Großteil der Premiumfahrzeuge, die in China gekauft werden, weiterhin von Verbrennern angetrieben. Doch der Anteil der E-Autos im Premiumsegment wächst schnell und in diesem Bereich sind die jungen chinesischen Marken führend. Experte Kirchert schätzt den Anteil der E-Autos am Premiumsegment 2022 etwa auf 31 Prozent, 2023 ist dieser nach seinen Berechnungen stark auf 42 Prozent gestiegen. Kirchert zählt folgende chinesische E-Auto-Marken zum Premiumsegment:

  • Li Auto
  • Nio
  • XPeng
  • Denza
  • Zeekr
  • AITO
  • VOYAH
  • IM Motors
  • Changan AVATR

Die deutschen Autohersteller scheinen die rasante Veränderung auch im höherwertigen Bereich nicht sehen zu wollen. Ein Sprecher von Mercedes-Benz sagt: “Im oberen Marktsegment, das für Mercedes-Benz entscheidend ist, befindet sich der EV-Markt erst in der Anfangsphase. In diesem Segment wollen viele Kunden weiterhin die S-Klasse mit einem Hightech-Verbrenner – oft auch als Maybach.”

Kirchert sieht das anders. “Die deutschen Premiummarken rechnen sich ihre Position schön“, befürchtet er. Inzwischen gehören viele chinesischen Marken dem Premiumsegment an, nach Definition der deutschen Hersteller sind diese Marken allerdings nicht Premium. Und das schlägt sich in den Segmentierungsberichten und Markt-Shares-Berichten nieder, die der Vorstand im Headquarter zu sehen bekommt. Aus Kundensicht gebe es aber überhaupt keinen Zweifel, dass diese chinesischen Marken im Premiumbereich mitspielen, urteilt Kirchert.

Preiskampf auch bei hochwertigen Autos

Auch Mercedes-Benz-Technikchef Markus Schäfer sagte im Juli bei einer Online-Diskussionsrunde der Unternehmensberatung PwC: “Der Preiskampf läuft in China besonders im Volumensegment dramatisch.” Mercedes-Benz sei aber auf das Premium- und Luxussegment fokussiert und damit weiterhin erfolgreich in China. 

Eine Studie der Münchner Beratungsfirma Berylls Strategy Advisors kommt allerdings auch hier zu einem anderen Schluss. Demnach wirkt sich der Preiskampf eben nicht nur auf das Volumensegment, sondern auch stark auf das Premiumsegment aus. Tesla habe die Baseline beim Pricing in China durch seine Rabatte dauerhaft nach unten verschoben, schreiben die Autoren der Studie “Quo Vadis China 2024 – a rat race with no end in sight”. Das habe die Auffassung der Kunden beeinflusst, wie viel Premium kosten darf.

Wie die chinesische Konkurrenz ihre Kunden unter anderem mit einer gelungenen Customer Experience von ihren Produkten überzeugt, zeigt zum Beispiel Nio. Der Hersteller erreichte mit 160.038 verkauften Fahrzeugen 2023 noch kein riesiges Volumen, kann sich aber – auch dank seines erstklassigen Service bei Problemen mit dem Fahrzeug – auf eine Community treuer Fans verlassen. Diese tauschen sich in der Nio-App aus – einer Social-Media-Plattform, auf der auch Gründer William Li präsent ist. Der inszeniert sich gerne medienwirksam, zuletzt im Dezember, als er sich für 14 Stunden ans Steuer setzte, um die Batteriereichweite des ET7 von 1.000 Kilometern persönlich unter Beweis zu stellen.

Premium bedeutet für chinesische Kunden aber auch: Entertainment. Das treibt der Aito M9 auf die Spitze. Aito ist ein Joint Venture des E-Auto-Herstellers Seres mit dem Technikkonzern Huawei. Vergangenes Jahr lieferte die Marke 101.631 Fahrzeuge an ihre Kunden aus. Das neue SUV M9 kann mit seinen Scheinwerfern Kinofilme auf eine bis zu 2,5 Meter große Fläche vor dem Auto projizieren. Aber auch innerhalb des Autos befinden sich über der dritten Sitzreihe ein Projektor und eine ausklappbare Leinwand über den Vordersitzen, für Filmabende auf der Rückbank.

Weitere Hersteller drängen in den Premiumbereich

Das Premium-SUV Li Auto L7 greift wiederum die Campingbegeisterung junger Städter auf. Li Auto hat große Ambitionen. Im Jahr 2023 verkaufte das 2015 gegründete Unternehmen bereits 376.030 Elektroautos – etwa halb so viele wie Audi oder Mercedes-Benz. Auch im L7 gibt es ein großes, herunterklappbares Display für Filme oder Videospiele. Doch das Auto kann noch mehr. Die Sitze, auch die vorderen, lassen sich ganz flach herunterklappen, sodass eine ebene Fläche entsteht. Auf die wiederum passt eine maßgefertigte Luftmatratze. So wird das Auto zum Schlafplatz. Mit einem Adapter kann zudem die Ladebuchse des Fahrzeugs zur Steckdose umfunktioniert werden. Dort kann dann zum Beispiel für eine Kochplatte Strom aus der Autobatterie ziehen.

Für chinesische Kunden ist klar: Solche Technik, Entertainment und Erlebnisse sind Premium. Und die chinesischen Start-ups haben hier deutlich die Nase vorn. 60 Prozent der Premium-E-Autos sind chinesische Marken, knapp 30 Prozent des Segments entfallen auf Tesla. Deutsche Hersteller kommen bei den E-Antrieben dagegen gemeinsam nicht einmal mehr auf 10 Prozent. 

Die Berater von Berylls prophezeien zudem, dass neue Elektroautomarken in China aufgrund der Fahrzeugpreise, die sich vermutlich noch weiter nach unten bewegen werden, für ihre Produkte ebenfalls den Premiumbereich bevorzugen könnten. Dadurch würde sich der Wettbewerb noch weiter verschärfen.

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  • Elektromobilität
  • Mobilität
  • Verbrenner
  • Wettbewerb
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Bald 100 Tage Streik bei SRW Metalfloat in Leipzig: Chinesischer Investor schweigt trotz wirtschaftlichen Verlusts

Die Beschäftigten von SRW Metalfloat fordern Gespräche mit dem chinesischen Investor.

Fast 100 Tage dauert der Streik bei SRW Metalfloat in Espenhain bei Leipzig. Doch der chinesische Mutterkonzern Chiho weigert sich bislang, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Löhne zu erhöhen. Verhandlungen haben bisher keine stattgefunden, sie stehen aber auch nicht in Aussicht. Für den 100. Streiktag am Donnerstag kommende Woche hat die IG Metall größere Kundgebungen für die 180 Beschäftigten geplant.

Grundsätzlich haben deutsche Unternehmen, Beschäftigte und Gewerkschaften mit chinesischen Investoren positive Erfahrungen gemacht. Bei SRW Metalfloat ist das anders. Das Leipziger Unternehmen ist eine 100-prozentige-Tochter der Scholz Recycling GmbH mit Sitz in Essingen bei Aalen. Im Jahr 2016 übernahm die chinesische Chiho Environmental Gruppe das damals hoch verschuldete Unternehmen für einen symbolischen Euro. Scholz Recycling erwirtschaftet jährlich einen Umsatz von etwa 1,6 Milliarden Euro. Ein Viertel davon stammt von SRW Metalfloat.

Was mit dem Geld passiert, ist undurchsichtig. Chiho Environmental hat seinen Hauptsitz zwar in Hongkong, ist aber auf den britischen Cayman Islands gelistet. Mehrheitsaktionär von Chiho ist die USUM Investment Group, die wiederum eine Tochterfirma der Loncin Group aus Chongqing ist. Sie baut unter anderem Motorräder, landwirtschaftliche Geräte und Generatoren. Die USUM Group soll ihre internationalen Tätigkeiten und Partnerschaften vorantreiben.

Streik dauert bereits ein Geschäftsquartal

Seit Chiho Environmental Scholz Recycling übernommen hat, ist dort Yongming Qin Geschäftsführer. Er hat der Leitung von SRW Metalfloat untersagt, einen Tarifvertrag auszuarbeiten. Selbst blieb er dem Verhandlungstisch allerdings auch fern. “Ich glaube, dass der Streik bis nach Hongkong durchdringt. Herr Qin ist sicher genau darüber informiert, was in Deutschland vor sich geht. Denn der Streik wirkt wirtschaftlich. Das Unternehmen verdient hier kein Geld mehr“, sagt Michael Hecker im Gespräch mit Table Media. Er ist Verhandlungsführer der IG Metall.

Der Streik dauert bereits ein ganzes Geschäftsquartal. Etwa 100 Millionen Euro sind dem Konzern deswegen schon entgangen. Die Arbeitsniederlegungen könnten noch Monate dauern.

Dieser ausgedehnte Streik kommt nicht überraschend. “In der Vergangenheit hat man immer wieder erlebt, dass getroffene Zusagen wie beispielsweise Entgelterhöhungen nicht eingehalten wurden. Der ausschlaggebende Punkt war, dass die Beschäftigten Rechts- und Planungssicherheit wollten”, sagt Hecker. Diese Planungssicherheit gäbe es aber nur mit einem Tarifvertrag. 

Lohnerhöhungen gab es in der Vergangenheit nur, weil SRW Metalfloat sonst unter dem gesetzlichen Mindestlohn gezahlt hätte. Aktuell erhalten die Angestellten 13,68 Euro pro Stunde. Also rund ein Euro über dem Mindestlohn. Das allerdings für eine extrem anstrengende Tätigkeit. “Wir haben es mit einem Unternehmen zu tun, das versucht, Mitbestimmung zu behindern und die Arbeitsbedingungen einseitig vorzugeben”, betont Hecker.

Hitze im Sommer erschwert die Arbeit im Container

Verbesserungen der Arbeitsbedingungen habe sich in den vergangenen Jahren als Sisyphusarbeit entpuppt. Die Menschen stehen in einem umgebauten Container, in dem ein Fließband den Abfall befördert. Die Mitarbeiter müssen einzelne Stahlteile, die bis zu 18 Kilogramm wiegen, per Hand aussortieren. Dazu müssen schwere Maschinen bedient werden, wofür SRW Metalfloat auf Fachkräfte angewiesen ist. 

Das Unternehmen SRW Metalfloat ist in der Recyclingbranche tätig. Die Mitarbeiter sortieren Metallabfälle und Schredderrückstände und erhalten dadurch sogenannte Sekundärrohstoffe – also Aluminium, Edelstahl, Kupfergranulat, Kunststoff oder Schwermetalle. Diese Erzeugnisse wiederum gehen dann in die entsprechenden Schmelzen oder direkt an produzierende Unternehmen – in Leipzig ist das beispielsweise Volkswagen.

Im Sommer herrschen im Container Temperaturen von rund 40 Grad – die angeschafften Klimaanlagen hatten nicht genug Leistung, um die Arbeitsplätze ausreichend zu kühlen. Im Winter herrschen unterhalb der Förderbänder dann Minusgrade. Die eingesetzten Heizpilze gingen regelmäßig kaputt.

Die Forderungen der Beschäftigten scheinen angesichts der Arbeitsbedingungen eher zurückhaltend. Sie wollen acht Prozent mehr Lohn, 1.500 Euro Weihnachts- und Urlaubsgeld, statt bisher 1.000 Euro, und eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden.

Streik bei SRW Metalfloat hat politische Dimensionen

Dabei ist SRW Metalfloat in einer Zukunftsbranche angesiedelt, die für die Transformation der Industrie enorm wichtig wäre: “Wenn wir über die Transformation der Wirtschaft sprechen und über eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, dann beginnt dieser Wandel hier in Espenhain. Dieser Streik hat eine politische Dimension”, glaubt Hecker.

Und tatsächlich waren auch schon Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang sowie die SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil vor Ort. Auf Anfrage von Table.Media wollten sich Politikerinnen und Politiker allerdings nicht zu dem Thema äußern. Scholz Recycling und die Chiho Group ließen die Anfragen komplett unbeantwortet.

  • Gewerkschaften
  • Industrie
  • Kreislaufwirtschaft
  • Rohstoffe

Sinolytics Radar

Aktienmärkte auf Talfahrt

Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
  • Nachdem sich die Märkte nach dem Ende der Corona-Pandemie erholt hatten, ist der Shanghai Composite inzwischen auf ein Vier-Jahres-Tief und der Shenzhen Composite auf ein Fünf-Jahres-Tief gefallen.
  • Analysten sehen einen Grund für den Einbruch in dem Missbrauch des Optionsmarktes durch institutionelle Anleger, während andere die Ursache in dem insgesamt schwachen Marktvertrauen sehen.
  • Im Jahr 2022 wurden 61 Prozent der Transaktionen auf dem chinesischen Aktienmarkt von Einzelanlegern getätigt, während dieser Anteil in den USA nur bei etwa 35 Prozent lag. Die Überzahl der Einzelanleger gegenüber den institutionellen Anlegern führt dazu, dass die chinesischen Bürger Rückgänge auf dem heimischen Aktienmarkt stärker zu spüren bekommen.
  • Auch wenn die chinesischen Bürger nur selten auf den Straßen protestieren, so haben sie dies in der Vergangenheit getan, wenn ihre finanziellen Interessen gefährdet waren. Die Regierung in Peking hat daher ein politisches Interesse daran, den Aktienmarkt nicht zu tief fallen zu lassen, um soziale Unruhen zu verhindern.
  • Um den freien Fall der Aktienmärkte zu stoppen, kündigte die chinesische Zentralbank am 24. Januar eine überraschende Senkung des Mindestreservesatzes um 0,5 Prozentpunkte an. Allerdings konnten die Maßnahmen den Abwärtstrend bislang nicht bremsen.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

  • Aktien
  • Börse
  • Gesellschaft
  • Investitionen

News

Deutschland schließt strategische Partnerschaft mit der Mongolei

Deutschland und die Mongolei werden am heutigen Mittwoch eine strategische Partnerschaft vereinbaren. Wie Table.Media exklusiv aus dem Bundespräsidialamt erfuhr, soll die Partnerschaft auf der Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in die Mongolei beschlossen werden. Tobias Lindner, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, fliegt eigens mit nach Ulaanbaatar, wo er zusammen mit der mongolischen Außenministerin Battsetseg Batmunkh die Vereinbarung unterzeichnen wird.

Die strategische Partnerschaft ist ein wichtiger Schritt, um Deutschlands Abhängigkeiten von China und Russland zu reduzieren: Die Mongolei ist reich an Rohstoffen, unter anderem an Kupfer, Gold und Seltenen Erden. Zugleich geht von dem Abkommen ein klares Zeichen an die beiden autoritären Nachbarstaaten aus, dass Deutschland weltweit Demokratien unterstützt und sich in Zukunft verstärkt in Asien engagieren will.

Es ist Steinmeiers sechste Reise nach Asien in seiner zweiten Amtszeit. Offizieller Anlass ist das Jubiläum zu 50 Jahren diplomatischer Beziehungen zwischen der Mongolei und der Bundesrepublik. rad 

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  • Russland
  • Seltene Erden

Abgeordnete fordern Rückzug der BASF aus Xinjiang

Nach Bekanntwerden von Vorwürfen gegen einen chinesischen Partner des Chemiekonzerns BASF fordern jetzt 30 Parlamentsabgeordnete aus verschiedenen Staaten einen Rückzug des Konzerns aus Xinjiang. “Wenn jetzt der Kooperationspartner von BASF in China erwischt wird, wie sie auf der eigenen Website damit angeben, dass sie Teil dieses Unterdrückungsregimes sind, dann muss die BASF da den Stecker ziehen”, zitiert das ZDF den Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer. Zwangsarbeit liege hinter einer roten Linie, jenseits derer das Verhalten von Unternehmen nicht mehr tolerierbar sei.

Die Interparlamentarischen Allianz für China (Ipac) besteht aus Abgeordneten verschiedener Parlamente rund um den Globus. Der Bundestag ist beispielsweise mit Michael Brand von der CDU vertreten. Andere Mitglieder kommen aus Belgien, Großbritannien, Kanada, Japan oder Australien. Die Ipac gibt es seit 2020.

Brand schlug im Interview mit dem ZDF den Bogen von der NS-Vergangenheit der BASF zu einer besonderen Verantwortung für Menschenrechte in der Gegenwart. Der umstrittene BASF-Partner heißt Xinjiang Markor Chemical Industry. Mitarbeiter des Unternehmens sollen einem Bericht von ZDF und Spiegel zufolge an der Kontrolle der muslimischen Minderheit beteiligt gewesen sein. Sie haben uigurischen Familien Besuche abgestattet und sie im häuslichen Umfeld überwacht. Einige Uiguren seien daraufhin verhaftet worden. fin

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China plant Marine-Drill mit Russland und dem Iran

China wird in den kommenden Wochen gemeinsame Marineübungen mit dem Iran und Russland abhalten, berichtet die South China Morning Post. Demnach wurde Konteradmiral Shahram Irani, den Befehlshaber der iranischen Marine, in russischen und iranischen Medien mit der Aussage zitiert, die Übungen würden noch vor Ende März stattfinden. Sie dienten der “regionalen Sicherheit”.

Laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim, die die Übungen als “Kriegsspiel” bezeichnete, sagte Irani, dass eine Reihe anderer Länder eingeladen worden seien, an der Übung teilzunehmen. In den Berichten wurde nicht angegeben, wo die Übungen stattfinden sollen, aber die Seestreitkräfte der drei Länder haben im März letzten Jahres trilaterale Übungen im Golf von Oman durchgeführt.

Die diesjährigen Übungen finden in einer Zeit statt, in der die Spannungen im Nahen Osten schwelen. Am Samstag hat eine von den USA angeführte Koalition eine dritte Runde von Angriffen auf Huthi-Ziele im Jemen gestartet. Die Angriffe waren eine Reaktion auf frühere Angriffe der Huthi-Rebellengruppe auf Handelsschiffe im Roten Meer. China hat die Huthis nicht formell verurteilt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters haben chinesische Beamte ihre iranischen Kollegen jedoch gebeten, bei der Eindämmung der von der Gruppe durchgeführten Angriffe auf Schiffe im Roten Meer zu helfen.

Die Nachrichtenagentur der Islamischen Republik Iran berichtete erstmals im Dezember über die gemeinsame Übung mit Russland und China. Damals machte die Regierung in Teheran jedoch keine Angaben dazu, wann die Übungen stattfinden würden. Der iranische Befehlshaber sagte damals, dass Pakistan, Brasilien, Oman, Indien und Südafrika zu den Ländern gehören, die als Beobachter eingeladen sind. Weder von China noch von Russland gibt es eine offizielle Ankündigung der diesjährigen Übung. rtr

  • Iran
  • Jemen
  • Marine
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  • USA

US-Finanzministerium will über Chinas Subventionen verhandeln

Die US-Regierung hat diese Woche fünf hochrangige Beamte des Finanzministeriums zu Wirtschaftsgesprächen nach Peking entsandt. Bei den Gesprächen wird es auch um Chinas “nicht marktkonforme” Politik gehen, die zu überschüssigen Industriekapazitäten führt, teilte ein Beamter des Finanzministeriums mit.

Die Delegation unter der Leitung des Unterstaatssekretärs für internationale Angelegenheiten, Jay Shambaugh, will im Rahmen der U.S.-China Economic Working Group offene Gespräche über Pekings Subventionen führen. Diese fördern nach Ansicht der USA die Überproduktion von Gütern und überschwemmen damit möglicherweise die Weltmärkte. Zu den betroffenen Branchen gehört auch der E-Mobilität-Sektor, dessen heimische Entwicklung die US-Regierung selbst mit Steuersubventionen zu fördern versucht.

Parallel zu den Gesprächen setzt die Regierung Biden die Überprüfung der US-Zölle fort, die der ehemalige Präsident Donald Trump auf chinesische Importe verhängt hatte. Trump, der voraussichtliche republikanische Präsidentschaftskandidat, hat angedeutet, dass er im Falle seiner Wahl noch härtere Zölle erheben würde. Es wird erwartet, dass Biden eine harte, aber nuanciertere Haltung gegenüber China einnehmen wird.

Das Treffen ist das dritte, seit Yellen und ihr chinesischer Amtskollege, Vizepremier He Lifeng, die Gruppe im September zusammen mit der parallelen Financial Working Group ins Leben gerufen haben. cyb/rtr

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Taiwan-Verbündeter Guatemala erwägt Handelsbeziehungen mit China

Guatemala möchte formale Handelsbeziehungen zu China aufbauen, seine bestehenden Beziehungen zu Taiwan aber beibehalten. “Wir werden die Zusammenarbeit mit Taiwan auf dem bisherigen Niveau fortsetzen”, sagte Guatemalas Außenminister Carlos Ramiro Martínez. “Der Präsident hat darauf hingewiesen, dass wir das Gewicht und die Macht, die China darstellt, nicht ignorieren können.”

Das mittelamerikanische Land ist einer der wenigen verbliebenen Verbündeten Taiwans. Zunehmend stellen sich die Länder der Welt auf die Seite der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, die das demokratisch regierte Taiwan als ihr Territorium beansprucht – so nun auch Guatemala. “Wir sind daran interessiert, auf sie zuzugehen, um eine Beziehung im Bereich des Handels aufbauen zu können”, sagte Martínez. Dies könne in Form eines “Büros für Handelsinteressen” geschehen. “Wir machen es öffentlich, dies ist kein Hinterhalt gegen Taiwan oder die Vereinigten Staaten”, fügte er hinzu. flee/rtr

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  • Handel
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Presseschau

China, Norway urge ‘immediate’ Gaza ceasefire, stronger backing for Palestinian Authority SCMP
Chinesische Chips: SMIC hat nicht genügend 7-Nanometer-Kapazität für Huawei HEISE
China on cusp of next-generation chip production despite US curbs FT
Brandbrief an Vorstandschef Martin Brudermüller: Parlamentarier verlangen BASF-Rückzug aus Xinjiang SPIEGEL
Deutsche Autohersteller holen in China auf TAGESSCHAU
China is pumping money into stocks and markets are loving it CNN
Beijing refuses to admit its economy has broken down – and that”s one reason officials are failing at fixing it, researchers say BUSINESS INSIDER
China”s Property Crisis Is Much Bigger Than Evergrande WORLDPOLITICSREVIEW
Xi Jinping’s ‘financial superpower’ ambitions spur local scramble for resources SCMP
Banned Chinese solar goods worth billions find route to U.S. via India JAPAN TIMES
Keiner kauft so viel Iran-Öl wie China: Xi Jinping verzehnfacht Investitionen BUSINESS INSIDER
Chinesische Magnetschwebebahn soll 1000 km/h erreichen MERKUR
Markenplagiate: China wird vom Täter zum Opfer ORF
Chinese-made driverless train for Bengaluru Metro’s Yellow Line arrives in Chennai DECCAN HERALD

Heads

Jens Rübbert – Veteran in der deutsch-asiatischen Bankenszene

Jens Rübbert ist Asienschef der LBBW und leitet deren Niederlassung in Singapur.

Jens Rübbert lebt mit Unterbrechungen seit gut 20 Jahren in Asien, er ist ein Veteran in der deutsch-asiatischen Bankenszene. Seit 2018 leitet der Betriebswirt als Managing Director & Regional Head Asia/Pacific (Asienchef) die LBBW Niederlassung in Singapur. Mit China verbinden ihn viele berufliche und private Kontakte. Und er beobachtet intensiv die Entwicklungen in der Volksrepublik.

Von 2009 bis 2014 war Rübbert als Chief Operating Officer für die Deutsche Bank von Peking aus für ganz China zuständig. In dieser Zeit eröffnete die Deutsche Bank in China drei Filialen, unter anderem in Shanghai. Das war für Rübbert “eine tolle, spannende und lehrreiche Zeit”. Er lernte viele Regionen des Landes und viele Menschen kennen.

Die meisten der Verbindungen zu Kunden, Geschäftspartnern und Freunden hält er aufrecht. Bis heute reist er gerne in das Land, überwiegend von seinem jetzigen Wohnsitz Singapur aus. Der 57-Jährige ist Chairman des EU-Asean Business Council und Präsident der Europäischen Handelskammer Singapur. Von 2011 bis 2014 war er Vizepräsident der Europäischen Handelskammer in China.

Ende 2022 eröffnete Rübbert für seinen jetzigen Arbeitgeber, die LBBW, in Shanghai die erste Filiale in der Volksrepublik. Ihre Kunden sind deutsche und europäische Unternehmen, die zusammen etwa 90 Prozent des Geschäfts ausmachen. Die LBBW betreibt in China klassisches Firmenkundengeschäft, beispielsweise Investitions-, Handels- und Exportfinanzierungen.

Noch in der Aufbauphase

“Wir befinden uns noch in der Aufbauphase, aber die Gesamtentwicklung ist positiv”, sagt Rübbert. “Es gibt eine große Pipeline von Kunden, die mit uns Geschäfte machen wollen und die uns als Alternative zu anderen Banken sehen.” Er betont, dass der Aufbau von Kundenbeziehungen ein langfristiger Prozess sei. Selbst eine Kontoeröffnung sei heutzutage aufgrund der weltweiten regulatorischen Anforderungen ein kompliziertes Verfahren. Dabei seien die Anforderungen in China gar nicht mal höher als in anderen asiatischen Ländern.

Die wirtschaftliche Entwicklung in der Volksrepublik beurteilt Rübbert optimistisch. Die Wachstumsprognose des IMF von 5,4 Prozent für 2024 sei eher positiv. “Die chinesische Wirtschaft wird auch in Zukunft schneller wachsen als die westlichen Volkswirtschaften. China bleibt für deutsche und europäische Unternehmen ein unglaublich wichtiger Markt, sowohl in Bezug auf Investitionen, als auch auf den Handel.” Das verschlechterte politische Klima zwischen China und Deutschland sei nicht förderlich, aber letztendlich nicht entscheidend.

Demografische Probleme werden Jahrzehnte andauern

Die chinesische Immobilienkrise ist in Rübberts Augen kein unlösbares Problem. Durch das wirtschaftliche System in China sei man “eher in der Lage, eine solche Krise zu bekämpfen, als dies vielleicht in westlichen Ländern der Fall ist.” Rübbert glaubt nicht, dass es zu einem Kollaps auf dem Immobilienmarkt kommt, da die chinesische Führung dies nicht zulassen könne und die Mittel zur Bekämpfung der Krise durchaus vorhanden seien. Die chinesische Regierung habe die Möglichkeit, schneller und direkter einzugreifen als dies beispielsweise europäische Regierungen könnten. Dagegen seien die demografischen Probleme Chinas längerfristiger Natur und würden das Land auch noch in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen.

Rübberts hat persönlich gute Erfahrungen mit chinesischen Geschäftspartnern gemacht: “Sie sind gute Geschäftsleute, mit denen man hart verhandeln muss.” Chinesische Verhandler würden zwar mit einer gewissen Raffinesse agieren, aber sie seien in Verhandlungen weniger aggressiv als beispielsweise angelsächsische Geschäftsleute. Doch auch bei Chinesen sei es vorteilhaft, nicht aus einer Position der Schwäche heraus mit ihnen zu sprechen. Mathias von Hofen

  • Banken
  • Finanzen
  • Investitionen

Personalien

Luke Lu ist neuer China-Chef des US-Finanzdienstleisters Citigroup. Lu, der zuvor das Firmenkundengeschäft der Citi für große lokale Firmenkunden leitete, tritt die Nachfolge von Christine Lam an.

Ulf Braken-Gülke ist seit Dezember Vice President Asia/Pacific bei Truma Gerätetechnik. Zuvor arbeitete er von 2016 bis 2020 als Country Group General Manager China bei Webasto.

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Dessert

Xi Jinping hat die Medien- und Kunstwelt mehrfach aufgefordert, “chinesische Geschichten gut zu erzählen”. Der Dokumentarfilmerin Sun Hong ist das mit einem authentischen Ansatz gut gelungen. In ihrem Film “This Is Life 烟火人间”, der im Januar landesweit in den Kinos anlief, erzählen 509 ganz normale Chinesen in selbst gedrehten Handy-Videos aus ihrem Leben. Sun hat 887 dieser Clips zusammengeschnitten und in Kapitel eingeteilt, die alltägliche Begriffe wie “Essen” und “Heimat” beleuchten. Die Geschichten konzentrieren sich dabei vor allem auf das ländliche China und kleinere Städte. Deren Bewohner nutzen gerne die Video-App Kuaishou, die der 37 Jahre alten Regisseurin als nie versiegende Inspirations-Quelle diente.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Auch auf dem chinesischen Markt hielten sich die deutschen Premiumhersteller lange Zeit für unantastbar, insbesondere, wenn es um die höherwertigen Modelle geht. Doch das ist ein Irrglaube, analysiert Julia Fiedler. Der Anteil der E-Autos im Premium-Segment in China wächst rasant. Dieser wird vor allem von einheimischen Herstellern bedient, und zwar mit technisch und optisch ausgezeichneten Autos, denen inzwischen nicht mehr der Ruf von Billigheimern anklebt. Jedenfalls nicht beim Image. Zugleich hat der Preiskampf auch die teuren Autos erreicht – einen chinesischen Premium-Wagen gibt es schon ab 30.000 Euro. Das scheint dem deutschen Wettbewerb zu günstig zu sein, um es ernst zu nehmen. Die Käufer sehen das anders.

    Viele deutsche Mittelständler haben mit chinesischen Investoren gute Erfahrungen gemacht. Für die Arbeiter der Recyclingfirma SRW Metalfloat bei Leipzig gilt das nicht. Seit bald 100 Tagen haben sie die Arbeit niedergelegt. Doch der chinesische Mutterkonzern Chiho weigert sich, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, die Löhne zu erhöhen oder auch nur mit den Arbeitnehmern zu verhandeln. Christian Domke-Seidel schildert die vertrackte Situation, die noch Monate andauern könnte.

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    Strahlkraft der deutschen Premiumhersteller auf dem chinesischen Automarkt schwindet

    Avatr-Produktion in einer Fabrik in Chongqing

    Deutsche Autohersteller stehen auf dem chinesischen Automarkt zunehmend auch im Premiumsegment in einem harten Wettbewerb mit den inländischen Produzenten. Dabei hielten sie ihre Vorherrschaft bei den hochwertigen Modellen lange Zeit für gesichert. Doch inzwischen verstehen sich einheimische Automarken ebenfalls als Premium. Im Bereich der E-Autos mischen sie das Segment auf und überzeugen mit ihren Produkten immer mehr Kunden.

    Im vergangenen Jahr 2023 verkauften Audi 730.000, Mercedes-Benz 737.000 und BMW 825.000 Fahrzeuge in China. Damit beherrschte der Premium-Dreiklang aus Deutschland, in China auch unter den drei Buchstaben ABB – Audi, Benz und BMW – bekannt, weiterhin sein angestammtes Revier. Wie groß ihr Marktanteil tatsächlich ist, hängt allerdings davon ab, wie man das Segment definiert.

    Denn die Definition von Premium ist nicht eindeutig festgelegt. Bei einem zentralen Merkmal, dem Preis, haben sich durch die Rabattschlacht auf Chinas Automarkt massive Verschiebungen ergeben – auch im Premiumbereich. In China sind Autos aus diesem Segment schon für rund 30.000 Euro zu haben: Die Elektrolimousine Zeekr 007 kostet in der Volksrepublik beispielsweise ab 210.000 RMB, umgerechnet etwa 27.000 Euro.

    Strahlkraft der Luxusmarken nimmt ab

    Nicht nur die Sicht auf den Preis, auch die Markenwahrnehmung hat sich verändert. Zwar ist China für traditionelle Premium- und Luxusmarken im Automobilbereich der wichtigste Markt, doch die Strahlkraft dieser Marken droht an Bedeutung zu verlieren. “Vor fünf Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass sich jemand, der in der Gesellschaft halbwegs Status besitzt, eine chinesische Marke kauft. Die hatten ein Billigheimer-Image und standen für schlechte Qualität. Das hat sich verändert, und zwar innerhalb kürzester Zeit”, sagt Daniel Kirchert, Autoexperte mit gut 20 Jahren Erfahrung in Führungspositionen in China, der jüngst die Firma Noyo gegründet hat, die chinesischen E-Autos den Markteintritt in der Schweiz erleichtert. 

    “In China waren bis vor ein paar Jahren ‘Brand for Face’ und Status extrem wichtig. Deswegen haben sich BMW, Mercedes, Audi und noch exklusivere Luxusmarken immer extrem gut verkauft. Doch vor allem bei den jungen Generationen Y und Z scheinen Status und Branding heute eine geringere Rolle zu spielen”, sagt Kirchert. Für junge Chinesen klingen Markennamen wie Nio, Zeekr und Li Auto höchst attraktiv, sie verheißen digitale Innovationen, neueste Technik und eine besonders gute Customer-Experience. Dass die Autos inzwischen auch noch gut aussehen: fast schon selbstverständlich.

    Verbrenner weiterhin führend – aber wie lange?

    Noch wird ein Großteil der Premiumfahrzeuge, die in China gekauft werden, weiterhin von Verbrennern angetrieben. Doch der Anteil der E-Autos im Premiumsegment wächst schnell und in diesem Bereich sind die jungen chinesischen Marken führend. Experte Kirchert schätzt den Anteil der E-Autos am Premiumsegment 2022 etwa auf 31 Prozent, 2023 ist dieser nach seinen Berechnungen stark auf 42 Prozent gestiegen. Kirchert zählt folgende chinesische E-Auto-Marken zum Premiumsegment:

    • Li Auto
    • Nio
    • XPeng
    • Denza
    • Zeekr
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    Die deutschen Autohersteller scheinen die rasante Veränderung auch im höherwertigen Bereich nicht sehen zu wollen. Ein Sprecher von Mercedes-Benz sagt: “Im oberen Marktsegment, das für Mercedes-Benz entscheidend ist, befindet sich der EV-Markt erst in der Anfangsphase. In diesem Segment wollen viele Kunden weiterhin die S-Klasse mit einem Hightech-Verbrenner – oft auch als Maybach.”

    Kirchert sieht das anders. “Die deutschen Premiummarken rechnen sich ihre Position schön“, befürchtet er. Inzwischen gehören viele chinesischen Marken dem Premiumsegment an, nach Definition der deutschen Hersteller sind diese Marken allerdings nicht Premium. Und das schlägt sich in den Segmentierungsberichten und Markt-Shares-Berichten nieder, die der Vorstand im Headquarter zu sehen bekommt. Aus Kundensicht gebe es aber überhaupt keinen Zweifel, dass diese chinesischen Marken im Premiumbereich mitspielen, urteilt Kirchert.

    Preiskampf auch bei hochwertigen Autos

    Auch Mercedes-Benz-Technikchef Markus Schäfer sagte im Juli bei einer Online-Diskussionsrunde der Unternehmensberatung PwC: “Der Preiskampf läuft in China besonders im Volumensegment dramatisch.” Mercedes-Benz sei aber auf das Premium- und Luxussegment fokussiert und damit weiterhin erfolgreich in China. 

    Eine Studie der Münchner Beratungsfirma Berylls Strategy Advisors kommt allerdings auch hier zu einem anderen Schluss. Demnach wirkt sich der Preiskampf eben nicht nur auf das Volumensegment, sondern auch stark auf das Premiumsegment aus. Tesla habe die Baseline beim Pricing in China durch seine Rabatte dauerhaft nach unten verschoben, schreiben die Autoren der Studie “Quo Vadis China 2024 – a rat race with no end in sight”. Das habe die Auffassung der Kunden beeinflusst, wie viel Premium kosten darf.

    Wie die chinesische Konkurrenz ihre Kunden unter anderem mit einer gelungenen Customer Experience von ihren Produkten überzeugt, zeigt zum Beispiel Nio. Der Hersteller erreichte mit 160.038 verkauften Fahrzeugen 2023 noch kein riesiges Volumen, kann sich aber – auch dank seines erstklassigen Service bei Problemen mit dem Fahrzeug – auf eine Community treuer Fans verlassen. Diese tauschen sich in der Nio-App aus – einer Social-Media-Plattform, auf der auch Gründer William Li präsent ist. Der inszeniert sich gerne medienwirksam, zuletzt im Dezember, als er sich für 14 Stunden ans Steuer setzte, um die Batteriereichweite des ET7 von 1.000 Kilometern persönlich unter Beweis zu stellen.

    Premium bedeutet für chinesische Kunden aber auch: Entertainment. Das treibt der Aito M9 auf die Spitze. Aito ist ein Joint Venture des E-Auto-Herstellers Seres mit dem Technikkonzern Huawei. Vergangenes Jahr lieferte die Marke 101.631 Fahrzeuge an ihre Kunden aus. Das neue SUV M9 kann mit seinen Scheinwerfern Kinofilme auf eine bis zu 2,5 Meter große Fläche vor dem Auto projizieren. Aber auch innerhalb des Autos befinden sich über der dritten Sitzreihe ein Projektor und eine ausklappbare Leinwand über den Vordersitzen, für Filmabende auf der Rückbank.

    Weitere Hersteller drängen in den Premiumbereich

    Das Premium-SUV Li Auto L7 greift wiederum die Campingbegeisterung junger Städter auf. Li Auto hat große Ambitionen. Im Jahr 2023 verkaufte das 2015 gegründete Unternehmen bereits 376.030 Elektroautos – etwa halb so viele wie Audi oder Mercedes-Benz. Auch im L7 gibt es ein großes, herunterklappbares Display für Filme oder Videospiele. Doch das Auto kann noch mehr. Die Sitze, auch die vorderen, lassen sich ganz flach herunterklappen, sodass eine ebene Fläche entsteht. Auf die wiederum passt eine maßgefertigte Luftmatratze. So wird das Auto zum Schlafplatz. Mit einem Adapter kann zudem die Ladebuchse des Fahrzeugs zur Steckdose umfunktioniert werden. Dort kann dann zum Beispiel für eine Kochplatte Strom aus der Autobatterie ziehen.

    Für chinesische Kunden ist klar: Solche Technik, Entertainment und Erlebnisse sind Premium. Und die chinesischen Start-ups haben hier deutlich die Nase vorn. 60 Prozent der Premium-E-Autos sind chinesische Marken, knapp 30 Prozent des Segments entfallen auf Tesla. Deutsche Hersteller kommen bei den E-Antrieben dagegen gemeinsam nicht einmal mehr auf 10 Prozent. 

    Die Berater von Berylls prophezeien zudem, dass neue Elektroautomarken in China aufgrund der Fahrzeugpreise, die sich vermutlich noch weiter nach unten bewegen werden, für ihre Produkte ebenfalls den Premiumbereich bevorzugen könnten. Dadurch würde sich der Wettbewerb noch weiter verschärfen.

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    Bald 100 Tage Streik bei SRW Metalfloat in Leipzig: Chinesischer Investor schweigt trotz wirtschaftlichen Verlusts

    Die Beschäftigten von SRW Metalfloat fordern Gespräche mit dem chinesischen Investor.

    Fast 100 Tage dauert der Streik bei SRW Metalfloat in Espenhain bei Leipzig. Doch der chinesische Mutterkonzern Chiho weigert sich bislang, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Löhne zu erhöhen. Verhandlungen haben bisher keine stattgefunden, sie stehen aber auch nicht in Aussicht. Für den 100. Streiktag am Donnerstag kommende Woche hat die IG Metall größere Kundgebungen für die 180 Beschäftigten geplant.

    Grundsätzlich haben deutsche Unternehmen, Beschäftigte und Gewerkschaften mit chinesischen Investoren positive Erfahrungen gemacht. Bei SRW Metalfloat ist das anders. Das Leipziger Unternehmen ist eine 100-prozentige-Tochter der Scholz Recycling GmbH mit Sitz in Essingen bei Aalen. Im Jahr 2016 übernahm die chinesische Chiho Environmental Gruppe das damals hoch verschuldete Unternehmen für einen symbolischen Euro. Scholz Recycling erwirtschaftet jährlich einen Umsatz von etwa 1,6 Milliarden Euro. Ein Viertel davon stammt von SRW Metalfloat.

    Was mit dem Geld passiert, ist undurchsichtig. Chiho Environmental hat seinen Hauptsitz zwar in Hongkong, ist aber auf den britischen Cayman Islands gelistet. Mehrheitsaktionär von Chiho ist die USUM Investment Group, die wiederum eine Tochterfirma der Loncin Group aus Chongqing ist. Sie baut unter anderem Motorräder, landwirtschaftliche Geräte und Generatoren. Die USUM Group soll ihre internationalen Tätigkeiten und Partnerschaften vorantreiben.

    Streik dauert bereits ein Geschäftsquartal

    Seit Chiho Environmental Scholz Recycling übernommen hat, ist dort Yongming Qin Geschäftsführer. Er hat der Leitung von SRW Metalfloat untersagt, einen Tarifvertrag auszuarbeiten. Selbst blieb er dem Verhandlungstisch allerdings auch fern. “Ich glaube, dass der Streik bis nach Hongkong durchdringt. Herr Qin ist sicher genau darüber informiert, was in Deutschland vor sich geht. Denn der Streik wirkt wirtschaftlich. Das Unternehmen verdient hier kein Geld mehr“, sagt Michael Hecker im Gespräch mit Table Media. Er ist Verhandlungsführer der IG Metall.

    Der Streik dauert bereits ein ganzes Geschäftsquartal. Etwa 100 Millionen Euro sind dem Konzern deswegen schon entgangen. Die Arbeitsniederlegungen könnten noch Monate dauern.

    Dieser ausgedehnte Streik kommt nicht überraschend. “In der Vergangenheit hat man immer wieder erlebt, dass getroffene Zusagen wie beispielsweise Entgelterhöhungen nicht eingehalten wurden. Der ausschlaggebende Punkt war, dass die Beschäftigten Rechts- und Planungssicherheit wollten”, sagt Hecker. Diese Planungssicherheit gäbe es aber nur mit einem Tarifvertrag. 

    Lohnerhöhungen gab es in der Vergangenheit nur, weil SRW Metalfloat sonst unter dem gesetzlichen Mindestlohn gezahlt hätte. Aktuell erhalten die Angestellten 13,68 Euro pro Stunde. Also rund ein Euro über dem Mindestlohn. Das allerdings für eine extrem anstrengende Tätigkeit. “Wir haben es mit einem Unternehmen zu tun, das versucht, Mitbestimmung zu behindern und die Arbeitsbedingungen einseitig vorzugeben”, betont Hecker.

    Hitze im Sommer erschwert die Arbeit im Container

    Verbesserungen der Arbeitsbedingungen habe sich in den vergangenen Jahren als Sisyphusarbeit entpuppt. Die Menschen stehen in einem umgebauten Container, in dem ein Fließband den Abfall befördert. Die Mitarbeiter müssen einzelne Stahlteile, die bis zu 18 Kilogramm wiegen, per Hand aussortieren. Dazu müssen schwere Maschinen bedient werden, wofür SRW Metalfloat auf Fachkräfte angewiesen ist. 

    Das Unternehmen SRW Metalfloat ist in der Recyclingbranche tätig. Die Mitarbeiter sortieren Metallabfälle und Schredderrückstände und erhalten dadurch sogenannte Sekundärrohstoffe – also Aluminium, Edelstahl, Kupfergranulat, Kunststoff oder Schwermetalle. Diese Erzeugnisse wiederum gehen dann in die entsprechenden Schmelzen oder direkt an produzierende Unternehmen – in Leipzig ist das beispielsweise Volkswagen.

    Im Sommer herrschen im Container Temperaturen von rund 40 Grad – die angeschafften Klimaanlagen hatten nicht genug Leistung, um die Arbeitsplätze ausreichend zu kühlen. Im Winter herrschen unterhalb der Förderbänder dann Minusgrade. Die eingesetzten Heizpilze gingen regelmäßig kaputt.

    Die Forderungen der Beschäftigten scheinen angesichts der Arbeitsbedingungen eher zurückhaltend. Sie wollen acht Prozent mehr Lohn, 1.500 Euro Weihnachts- und Urlaubsgeld, statt bisher 1.000 Euro, und eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden.

    Streik bei SRW Metalfloat hat politische Dimensionen

    Dabei ist SRW Metalfloat in einer Zukunftsbranche angesiedelt, die für die Transformation der Industrie enorm wichtig wäre: “Wenn wir über die Transformation der Wirtschaft sprechen und über eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, dann beginnt dieser Wandel hier in Espenhain. Dieser Streik hat eine politische Dimension”, glaubt Hecker.

    Und tatsächlich waren auch schon Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang sowie die SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil vor Ort. Auf Anfrage von Table.Media wollten sich Politikerinnen und Politiker allerdings nicht zu dem Thema äußern. Scholz Recycling und die Chiho Group ließen die Anfragen komplett unbeantwortet.

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    Sinolytics Radar

    Aktienmärkte auf Talfahrt

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    • Nachdem sich die Märkte nach dem Ende der Corona-Pandemie erholt hatten, ist der Shanghai Composite inzwischen auf ein Vier-Jahres-Tief und der Shenzhen Composite auf ein Fünf-Jahres-Tief gefallen.
    • Analysten sehen einen Grund für den Einbruch in dem Missbrauch des Optionsmarktes durch institutionelle Anleger, während andere die Ursache in dem insgesamt schwachen Marktvertrauen sehen.
    • Im Jahr 2022 wurden 61 Prozent der Transaktionen auf dem chinesischen Aktienmarkt von Einzelanlegern getätigt, während dieser Anteil in den USA nur bei etwa 35 Prozent lag. Die Überzahl der Einzelanleger gegenüber den institutionellen Anlegern führt dazu, dass die chinesischen Bürger Rückgänge auf dem heimischen Aktienmarkt stärker zu spüren bekommen.
    • Auch wenn die chinesischen Bürger nur selten auf den Straßen protestieren, so haben sie dies in der Vergangenheit getan, wenn ihre finanziellen Interessen gefährdet waren. Die Regierung in Peking hat daher ein politisches Interesse daran, den Aktienmarkt nicht zu tief fallen zu lassen, um soziale Unruhen zu verhindern.
    • Um den freien Fall der Aktienmärkte zu stoppen, kündigte die chinesische Zentralbank am 24. Januar eine überraschende Senkung des Mindestreservesatzes um 0,5 Prozentpunkte an. Allerdings konnten die Maßnahmen den Abwärtstrend bislang nicht bremsen.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

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    News

    Deutschland schließt strategische Partnerschaft mit der Mongolei

    Deutschland und die Mongolei werden am heutigen Mittwoch eine strategische Partnerschaft vereinbaren. Wie Table.Media exklusiv aus dem Bundespräsidialamt erfuhr, soll die Partnerschaft auf der Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in die Mongolei beschlossen werden. Tobias Lindner, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, fliegt eigens mit nach Ulaanbaatar, wo er zusammen mit der mongolischen Außenministerin Battsetseg Batmunkh die Vereinbarung unterzeichnen wird.

    Die strategische Partnerschaft ist ein wichtiger Schritt, um Deutschlands Abhängigkeiten von China und Russland zu reduzieren: Die Mongolei ist reich an Rohstoffen, unter anderem an Kupfer, Gold und Seltenen Erden. Zugleich geht von dem Abkommen ein klares Zeichen an die beiden autoritären Nachbarstaaten aus, dass Deutschland weltweit Demokratien unterstützt und sich in Zukunft verstärkt in Asien engagieren will.

    Es ist Steinmeiers sechste Reise nach Asien in seiner zweiten Amtszeit. Offizieller Anlass ist das Jubiläum zu 50 Jahren diplomatischer Beziehungen zwischen der Mongolei und der Bundesrepublik. rad 

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    Abgeordnete fordern Rückzug der BASF aus Xinjiang

    Nach Bekanntwerden von Vorwürfen gegen einen chinesischen Partner des Chemiekonzerns BASF fordern jetzt 30 Parlamentsabgeordnete aus verschiedenen Staaten einen Rückzug des Konzerns aus Xinjiang. “Wenn jetzt der Kooperationspartner von BASF in China erwischt wird, wie sie auf der eigenen Website damit angeben, dass sie Teil dieses Unterdrückungsregimes sind, dann muss die BASF da den Stecker ziehen”, zitiert das ZDF den Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer. Zwangsarbeit liege hinter einer roten Linie, jenseits derer das Verhalten von Unternehmen nicht mehr tolerierbar sei.

    Die Interparlamentarischen Allianz für China (Ipac) besteht aus Abgeordneten verschiedener Parlamente rund um den Globus. Der Bundestag ist beispielsweise mit Michael Brand von der CDU vertreten. Andere Mitglieder kommen aus Belgien, Großbritannien, Kanada, Japan oder Australien. Die Ipac gibt es seit 2020.

    Brand schlug im Interview mit dem ZDF den Bogen von der NS-Vergangenheit der BASF zu einer besonderen Verantwortung für Menschenrechte in der Gegenwart. Der umstrittene BASF-Partner heißt Xinjiang Markor Chemical Industry. Mitarbeiter des Unternehmens sollen einem Bericht von ZDF und Spiegel zufolge an der Kontrolle der muslimischen Minderheit beteiligt gewesen sein. Sie haben uigurischen Familien Besuche abgestattet und sie im häuslichen Umfeld überwacht. Einige Uiguren seien daraufhin verhaftet worden. fin

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    China plant Marine-Drill mit Russland und dem Iran

    China wird in den kommenden Wochen gemeinsame Marineübungen mit dem Iran und Russland abhalten, berichtet die South China Morning Post. Demnach wurde Konteradmiral Shahram Irani, den Befehlshaber der iranischen Marine, in russischen und iranischen Medien mit der Aussage zitiert, die Übungen würden noch vor Ende März stattfinden. Sie dienten der “regionalen Sicherheit”.

    Laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim, die die Übungen als “Kriegsspiel” bezeichnete, sagte Irani, dass eine Reihe anderer Länder eingeladen worden seien, an der Übung teilzunehmen. In den Berichten wurde nicht angegeben, wo die Übungen stattfinden sollen, aber die Seestreitkräfte der drei Länder haben im März letzten Jahres trilaterale Übungen im Golf von Oman durchgeführt.

    Die diesjährigen Übungen finden in einer Zeit statt, in der die Spannungen im Nahen Osten schwelen. Am Samstag hat eine von den USA angeführte Koalition eine dritte Runde von Angriffen auf Huthi-Ziele im Jemen gestartet. Die Angriffe waren eine Reaktion auf frühere Angriffe der Huthi-Rebellengruppe auf Handelsschiffe im Roten Meer. China hat die Huthis nicht formell verurteilt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters haben chinesische Beamte ihre iranischen Kollegen jedoch gebeten, bei der Eindämmung der von der Gruppe durchgeführten Angriffe auf Schiffe im Roten Meer zu helfen.

    Die Nachrichtenagentur der Islamischen Republik Iran berichtete erstmals im Dezember über die gemeinsame Übung mit Russland und China. Damals machte die Regierung in Teheran jedoch keine Angaben dazu, wann die Übungen stattfinden würden. Der iranische Befehlshaber sagte damals, dass Pakistan, Brasilien, Oman, Indien und Südafrika zu den Ländern gehören, die als Beobachter eingeladen sind. Weder von China noch von Russland gibt es eine offizielle Ankündigung der diesjährigen Übung. rtr

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    US-Finanzministerium will über Chinas Subventionen verhandeln

    Die US-Regierung hat diese Woche fünf hochrangige Beamte des Finanzministeriums zu Wirtschaftsgesprächen nach Peking entsandt. Bei den Gesprächen wird es auch um Chinas “nicht marktkonforme” Politik gehen, die zu überschüssigen Industriekapazitäten führt, teilte ein Beamter des Finanzministeriums mit.

    Die Delegation unter der Leitung des Unterstaatssekretärs für internationale Angelegenheiten, Jay Shambaugh, will im Rahmen der U.S.-China Economic Working Group offene Gespräche über Pekings Subventionen führen. Diese fördern nach Ansicht der USA die Überproduktion von Gütern und überschwemmen damit möglicherweise die Weltmärkte. Zu den betroffenen Branchen gehört auch der E-Mobilität-Sektor, dessen heimische Entwicklung die US-Regierung selbst mit Steuersubventionen zu fördern versucht.

    Parallel zu den Gesprächen setzt die Regierung Biden die Überprüfung der US-Zölle fort, die der ehemalige Präsident Donald Trump auf chinesische Importe verhängt hatte. Trump, der voraussichtliche republikanische Präsidentschaftskandidat, hat angedeutet, dass er im Falle seiner Wahl noch härtere Zölle erheben würde. Es wird erwartet, dass Biden eine harte, aber nuanciertere Haltung gegenüber China einnehmen wird.

    Das Treffen ist das dritte, seit Yellen und ihr chinesischer Amtskollege, Vizepremier He Lifeng, die Gruppe im September zusammen mit der parallelen Financial Working Group ins Leben gerufen haben. cyb/rtr

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    Taiwan-Verbündeter Guatemala erwägt Handelsbeziehungen mit China

    Guatemala möchte formale Handelsbeziehungen zu China aufbauen, seine bestehenden Beziehungen zu Taiwan aber beibehalten. “Wir werden die Zusammenarbeit mit Taiwan auf dem bisherigen Niveau fortsetzen”, sagte Guatemalas Außenminister Carlos Ramiro Martínez. “Der Präsident hat darauf hingewiesen, dass wir das Gewicht und die Macht, die China darstellt, nicht ignorieren können.”

    Das mittelamerikanische Land ist einer der wenigen verbliebenen Verbündeten Taiwans. Zunehmend stellen sich die Länder der Welt auf die Seite der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, die das demokratisch regierte Taiwan als ihr Territorium beansprucht – so nun auch Guatemala. “Wir sind daran interessiert, auf sie zuzugehen, um eine Beziehung im Bereich des Handels aufbauen zu können”, sagte Martínez. Dies könne in Form eines “Büros für Handelsinteressen” geschehen. “Wir machen es öffentlich, dies ist kein Hinterhalt gegen Taiwan oder die Vereinigten Staaten”, fügte er hinzu. flee/rtr

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    Presseschau

    China, Norway urge ‘immediate’ Gaza ceasefire, stronger backing for Palestinian Authority SCMP
    Chinesische Chips: SMIC hat nicht genügend 7-Nanometer-Kapazität für Huawei HEISE
    China on cusp of next-generation chip production despite US curbs FT
    Brandbrief an Vorstandschef Martin Brudermüller: Parlamentarier verlangen BASF-Rückzug aus Xinjiang SPIEGEL
    Deutsche Autohersteller holen in China auf TAGESSCHAU
    China is pumping money into stocks and markets are loving it CNN
    Beijing refuses to admit its economy has broken down – and that”s one reason officials are failing at fixing it, researchers say BUSINESS INSIDER
    China”s Property Crisis Is Much Bigger Than Evergrande WORLDPOLITICSREVIEW
    Xi Jinping’s ‘financial superpower’ ambitions spur local scramble for resources SCMP
    Banned Chinese solar goods worth billions find route to U.S. via India JAPAN TIMES
    Keiner kauft so viel Iran-Öl wie China: Xi Jinping verzehnfacht Investitionen BUSINESS INSIDER
    Chinesische Magnetschwebebahn soll 1000 km/h erreichen MERKUR
    Markenplagiate: China wird vom Täter zum Opfer ORF
    Chinese-made driverless train for Bengaluru Metro’s Yellow Line arrives in Chennai DECCAN HERALD

    Heads

    Jens Rübbert – Veteran in der deutsch-asiatischen Bankenszene

    Jens Rübbert ist Asienschef der LBBW und leitet deren Niederlassung in Singapur.

    Jens Rübbert lebt mit Unterbrechungen seit gut 20 Jahren in Asien, er ist ein Veteran in der deutsch-asiatischen Bankenszene. Seit 2018 leitet der Betriebswirt als Managing Director & Regional Head Asia/Pacific (Asienchef) die LBBW Niederlassung in Singapur. Mit China verbinden ihn viele berufliche und private Kontakte. Und er beobachtet intensiv die Entwicklungen in der Volksrepublik.

    Von 2009 bis 2014 war Rübbert als Chief Operating Officer für die Deutsche Bank von Peking aus für ganz China zuständig. In dieser Zeit eröffnete die Deutsche Bank in China drei Filialen, unter anderem in Shanghai. Das war für Rübbert “eine tolle, spannende und lehrreiche Zeit”. Er lernte viele Regionen des Landes und viele Menschen kennen.

    Die meisten der Verbindungen zu Kunden, Geschäftspartnern und Freunden hält er aufrecht. Bis heute reist er gerne in das Land, überwiegend von seinem jetzigen Wohnsitz Singapur aus. Der 57-Jährige ist Chairman des EU-Asean Business Council und Präsident der Europäischen Handelskammer Singapur. Von 2011 bis 2014 war er Vizepräsident der Europäischen Handelskammer in China.

    Ende 2022 eröffnete Rübbert für seinen jetzigen Arbeitgeber, die LBBW, in Shanghai die erste Filiale in der Volksrepublik. Ihre Kunden sind deutsche und europäische Unternehmen, die zusammen etwa 90 Prozent des Geschäfts ausmachen. Die LBBW betreibt in China klassisches Firmenkundengeschäft, beispielsweise Investitions-, Handels- und Exportfinanzierungen.

    Noch in der Aufbauphase

    “Wir befinden uns noch in der Aufbauphase, aber die Gesamtentwicklung ist positiv”, sagt Rübbert. “Es gibt eine große Pipeline von Kunden, die mit uns Geschäfte machen wollen und die uns als Alternative zu anderen Banken sehen.” Er betont, dass der Aufbau von Kundenbeziehungen ein langfristiger Prozess sei. Selbst eine Kontoeröffnung sei heutzutage aufgrund der weltweiten regulatorischen Anforderungen ein kompliziertes Verfahren. Dabei seien die Anforderungen in China gar nicht mal höher als in anderen asiatischen Ländern.

    Die wirtschaftliche Entwicklung in der Volksrepublik beurteilt Rübbert optimistisch. Die Wachstumsprognose des IMF von 5,4 Prozent für 2024 sei eher positiv. “Die chinesische Wirtschaft wird auch in Zukunft schneller wachsen als die westlichen Volkswirtschaften. China bleibt für deutsche und europäische Unternehmen ein unglaublich wichtiger Markt, sowohl in Bezug auf Investitionen, als auch auf den Handel.” Das verschlechterte politische Klima zwischen China und Deutschland sei nicht förderlich, aber letztendlich nicht entscheidend.

    Demografische Probleme werden Jahrzehnte andauern

    Die chinesische Immobilienkrise ist in Rübberts Augen kein unlösbares Problem. Durch das wirtschaftliche System in China sei man “eher in der Lage, eine solche Krise zu bekämpfen, als dies vielleicht in westlichen Ländern der Fall ist.” Rübbert glaubt nicht, dass es zu einem Kollaps auf dem Immobilienmarkt kommt, da die chinesische Führung dies nicht zulassen könne und die Mittel zur Bekämpfung der Krise durchaus vorhanden seien. Die chinesische Regierung habe die Möglichkeit, schneller und direkter einzugreifen als dies beispielsweise europäische Regierungen könnten. Dagegen seien die demografischen Probleme Chinas längerfristiger Natur und würden das Land auch noch in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen.

    Rübberts hat persönlich gute Erfahrungen mit chinesischen Geschäftspartnern gemacht: “Sie sind gute Geschäftsleute, mit denen man hart verhandeln muss.” Chinesische Verhandler würden zwar mit einer gewissen Raffinesse agieren, aber sie seien in Verhandlungen weniger aggressiv als beispielsweise angelsächsische Geschäftsleute. Doch auch bei Chinesen sei es vorteilhaft, nicht aus einer Position der Schwäche heraus mit ihnen zu sprechen. Mathias von Hofen

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    Personalien

    Luke Lu ist neuer China-Chef des US-Finanzdienstleisters Citigroup. Lu, der zuvor das Firmenkundengeschäft der Citi für große lokale Firmenkunden leitete, tritt die Nachfolge von Christine Lam an.

    Ulf Braken-Gülke ist seit Dezember Vice President Asia/Pacific bei Truma Gerätetechnik. Zuvor arbeitete er von 2016 bis 2020 als Country Group General Manager China bei Webasto.

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    Dessert

    Xi Jinping hat die Medien- und Kunstwelt mehrfach aufgefordert, “chinesische Geschichten gut zu erzählen”. Der Dokumentarfilmerin Sun Hong ist das mit einem authentischen Ansatz gut gelungen. In ihrem Film “This Is Life 烟火人间”, der im Januar landesweit in den Kinos anlief, erzählen 509 ganz normale Chinesen in selbst gedrehten Handy-Videos aus ihrem Leben. Sun hat 887 dieser Clips zusammengeschnitten und in Kapitel eingeteilt, die alltägliche Begriffe wie “Essen” und “Heimat” beleuchten. Die Geschichten konzentrieren sich dabei vor allem auf das ländliche China und kleinere Städte. Deren Bewohner nutzen gerne die Video-App Kuaishou, die der 37 Jahre alten Regisseurin als nie versiegende Inspirations-Quelle diente.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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