Table.Briefing: China

Bücher-Spezial: Lesetipps für den Herbst

Liebe Leserin, lieber Leser,

als China-Redaktion haben wir in diesem Sommer besonders viele interessante Neuerscheinungen registriert. In den vergangenen Wochen haben wir daher eifrig gelesen – und möchten Ihnen unsere Empfehlungen nicht vorenthalten. Heute gibt es daher von China.Table ein Buch-Spezial

Die Themen der aktuellen Werke reichen von Politik und heraufziehenden Konflikten bis hin zur chinesischen Schrift und Kochkunst; sie decken hochaktuelle sowie historische Themen ab.

Die elf Bücher stammen von Janka Oertel, Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Liao Yiwu, Bethany Allen-Ebrahimian, Bernd Ziesemer, Julia Lovell, Clarissa Wei, Andreas Tank, Jing Tsu, Matthias Naß sowie von Hal Brands und Michael Beckley.

Wir besprechen zwar nur einen Roman und ansonsten ausschließlich Sachbücher – aber manches der nichtfiktionalen Werke beschreibt so wilde Ereignisse, dass sie sich keiner hätte ausdenken können.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Analyse

Die besten Bücher über China und Taiwan

Janka Oertel: Ende der China-Illusion

Viele scheinen hierzulande ein Bild von China zu haben, das der Wirklichkeit einige Jahre hinterherhinkt. Als die Chinesen längst dabei waren, technologische Trends zu setzten, hieß es noch oft abfällig: Die Chinesen kupfern bloß alles ab. Unter Xi Jinping ist China zu einer diktatorischen Militärmacht geworden. Sie schert sich nicht nur im eigenen Land wenig um die Menschenrechte, sondern tritt auch nach außen aggressiver auf, sieht sich in einem fundamentalen Systemkonflikt zum Westen und ist bereit, ihre Wirtschaftsmacht politisch auszuspielen. Das wiederum wollen viele, insbesondere aus der Wirtschaft, nicht wahrhaben – und setzen weiter auf gute Geschäftsbeziehungen mit der Volksrepublik. 

Mit dem Buch “Ende der China-Illusion” räumt die Politologin und Sinologin Janka Oertel mit solchen und anderen vorherrschenden Gewissheiten auf und geht der Frage nach, wie wir mit Pekings Machtanspruch umgehen sollten. Oertel schaut sich dabei auch die vermeintlichen Abhängigkeiten genau an, einschließlich des Aspekts, dass so manche von der KPCh einfach behauptet werden. Sie bezweifelt, dass Peking beim Klimaschutz wirklich ein verlässlicher Partner ist – und wirft die Frage auf, ob es nicht klüger wäre, China im Bereich der grünen Technologien als Wettbewerber zu betrachten, quasi als Ansporn, um auf eigene technische Lösungen zu setzen. Das würde nicht nur weitere Abhängigkeiten verhindern. Dem Klima wäre aus ihrer Sicht damit mehr geholfen.

Es ist ein kluges Buch, analytisch und faktenreich, und mit einer klaren Botschaft: Ein schlichtes Weiter-So sollte es mit China nicht geben. Wir brauchen gegenüber Peking eine andere Politik als in den Jahrzehnten zuvor – darauf hatte sich die Bundesregierung im Sommer mit ihrer China-Strategie geeinigt. Das “Ende der China-Illusion” füllt diese Forderung mit konkreten Handlungsanweisungen. Ein wichtiges Buch, zur richtigen Zeit. flee 

Janka Oertel: Ende der China-Illusion, Piper, 304 Seiten, 24 Euro.

Susanne Weigelin-Schwiedrzik: China und die Neuordnung der Welt

Wer davon ausgeht, dass Politik die Kunst des Machbaren ist, auch wenn das Machbare zunächst abwegig erscheinen mag, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Die Wiener Sinologie-Professorin Susanne Weigelin-Schwiedrzik, die China seit 1975 bereist, sucht klug, unaufgeregt und in einer klaren Sprache nach politischen Lösungen für den Ukraine-Krieg und den Taiwan-Konflikt.

Dabei beschreibt sie, wie die drei Großmächte USA, China und Russland seit den 1950ern in unterschiedlichen Konstellationen um die Vorherrschaft ringen. Erst Russland (die Sowjetunion) und China gegen die USA. Dann im Kalten Krieg Russland gegen die USA und China allein. Ab den 70er Jahren schaffen Mao und Nixon es, China und die USA gegen die Russen zu verbünden. Und nun, verschärft durch den Ukraine-Krieg, heißt es: China und Russland gegen die USA. Die jeweiligen Bündnispartner bleiben dabei stets hegemoniale Wettbewerber, die strategische Partnerschaften eingehen und dennoch intern miteinander ringen. Das gilt für die USA und China in den 70ern ebenso wie für Russland und China heute.

Auch deshalb, so Weigelin-Schwiedrzik, sei es schwierig für diese Länder, die beiden großen Konflikte zu Beginn des 21. Jahrhunderts alleine zu lösen: den Ukraine-Krieg und die Taiwan-Krise. Dritte müssten vermitteln, die nicht so verstrickt sind. Das nicht offensichtliche, aber doch überzeugende historische Beispiel der Autorin: der russisch-japanische Krieg von 1905, als US-Präsident Theodore Roosevelt vermittelte. Erstmals in der neueren Geschichte hatte ein asiatisches Land eine europäische Großmacht entscheidend geschlagen. Die USA waren damals in einer ähnlichen globalen Position wie heute China. Roosevelt verschaffte Japan hinter den Kulissen durch einen militärtaktischen Rat einen Vorteil. So entstand eine Konstellation, in der beide Seiten verhandlungsbereit wurden.

Ebenso überraschend wie überzeugend zeigt Weigelin-Schwiedrzik, dass China und Indien diese Rolle im Ukraine-Krieg spielen könnten und Europa im Taiwan-Konflikt – allerdings nur, wenn Europa eigenständiger würde. Mein Einwand: China hat leider eher Politiker, die das hinkriegen, als Europa. Es lohnt sich dennoch, es zu versuchen, denn es geht immerhin darum, einen Krieg zu beenden und einen weiteren zu vermeiden. Eines der besten Bücher, die ich in den vergangenen Jahren zur Geopolitik gelesen habe. frs

Susanne Weigelin-Schwiedrzik: China und die Neuordnung der Welt, Brandstätter Verlag, 22 Euro.

Liao Yiwu: Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs

Liao Yiwu nennt die Bewunderung für Mao die “eindrucksvollste Götzenverehrung” im 20. Jahrhundert. Für die Rotgardisten sei er wie ein Gott gewesen, der auf mysteriöse Weise sogar Liebesbeziehungen arrangieren konnte. Das glaubt zumindest Zhuang Zigui, der Protagonist in Liaos Roman “Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs”. Die Nöte der Jugend werden für den 17-Jährigen durch die Nöte der Kulturrevolution ins Unerträgliche gesteigert; das Leben zwischen machttrunkener Agitation und trostloser Landverschickung verkommt zu einer einzigen großen Stimmungsschwankung.

Erste Teile des Romans schrieb Liao 1992 im Gefängnis in China, wo er wegen eines politischen Gedichts einsaß. Fertiggestellt hat er ihn 2016 im Exil in Deutschland. Die Sprache ist angemessen brutal, die Bilder archaisch bis verstörend – die Revolution ist bei Liao ein feuchter Albtraum, in dem die Hoffnung auf ein Erwachen wie ein reaktionäres Gedicht zwischen den Bettlaken versteckt werden muss. fpe

Liao Yiwu: Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs, S. Fischer, 448 Seiten, 26 Euro.

Bethany Allen-Ebrahimian: Beijing Rules

In “Beijing Rules” erklärt Bethany Allen-Ebrahimian, Korrespondentin der US-Plattform Axios in Taipeh, ausführlich, wie die Volksrepublik das durch die Corona-Pandemie verursachte Chaos nutzte, um ihren Vorstoß zu verstärken, zur Weltmacht aufzusteigen. China versucht demnach, seine wirtschaftliche Macht und den Zugang zu seinen Märkten zu instrumentalisieren, um Gehorsam und Compliance von anderen Staaten zu erzwingen. Das führe zu einer “internationalen Ausweitung” der Werte der Kommunistischen Partei.

“Beijing Rules” zeigt aber auch, dass Regierungen weltweit die Bedrohung erkannt haben. Das Buch beinhaltet eine Liste an Vorschlägen, wie die Demokratie geschützt werden kann. Allen plädiert etwa für eine besser koordinierte Intervention westlicher Staaten und deren Institutionen, um Unternehmen besser zu unterstützen. Wer sich täglich nerdig mit Chinas Handelspolitik beschäftigt, bekommt in dem Buch nicht unbedingt neue Einblicke. Für eher Fachfremde bietet es aber einen guten Überblick, vor allem über die Entwicklungen des zunehmend von China dominierten Welthandels der vergangenen fünf Jahre. ari

Bethany Allen-Ebrahimian: Beijing Rules, Harper, 336 Seiten, 24 Euro, bislang nur auf Englisch erhältlich.

Bernd Ziesemer: Maos deutscher Top-Agent

Bernd Ziesemer: Maos deutscher Top-Agent, Campus Verlag (248 Seiten, 28 Euro), 16. August 2023

Die Volksrepublik und die Bundesrepublik wurden bekanntlich im gleichen Jahr geboren. Praktisch von Anfang an existierten zwei Bewegungen, die bis heute anhalten. Die deutsche Wirtschaft hofft auf glänzende Geschäfte in China – und China sucht politische Freunde in Deutschland.

Der Wirtschaftsjournalist Bernd Ziesemer, früher Chefredakteur des Handelsblatts, hat sich nun intensiv mit einem frühen Grenzgänger zwischen China und Deutschland beschäftigt. Ziesemer ist dabei nur auf die Figur Gerhard Flatow aufmerksam geworden, weil ihm der Name in ganz verschiedenen Zusammenhängen begegnete: als Maoist und als Wirtschaftsvertreter. Flatow war der erste China-Lobbyist in Deutschland, und mehr noch, ein Agent der Volksrepublik.

Ziesemer zeichnet nach, wie sich Flatow ohne Probleme in einem Umfeld aus Ex-Nazis, Großindustriellen, CDU-Politikern und ultralinken Maoisten bewegt. Er fädelt 1957 die Gründung der “Deutschen China-Gesellschaft” ein, leitet das China-Büro eines Konzerns und beeinflusst Wirtschaftsverbände. Zugleich ist er für deutsche Kommunisten ein Kontaktmann zur KP Chinas. Der britische Geheimdienst unterstellt ihm Agententätigkeit.

Das Buch liefert die Erkenntnis, wie viele heute aktuelle Phänomene es schon im Adenauer-Deutschland gab. Die Rechte phantasierte schon damals von einem pazifistischen, neutralen Deutschland, das gute Kontakte nach Osten pflegen sollte, statt sich im Westen einzubinden.

Ziesemer zieht im Abschlusskapitel auch bewusst die Parallele zu heutigen China-Freunden, die er zum Teil schonungslos benennt. “Die chinesische Partei- und Regierungsführung arbeitet in Deutschland immer noch wie zu Zeiten Flatows am … Ausbau ihres Einflusses”, resümiert er. Damals bewegten sich die China-Freunde am Rande des Politikbetriebs, heute agieren sie seinem Zentrum. fin

Bernd Ziesemer: Maos deutscher Top-Agent, Campus Verlag, 248 Seiten, 28 Euro

Julia Lovell: Maoismus – Eine Weltgeschichte

China stehe seit Jahrhunderten für eine Politik der Nichteinmischung – dieses Narrativ wird von Peking oft bemüht. Die Sinologin Julia Lovell zeigt dagegen, wie das Land seine maoistische Weltrevolution erst in jüngerer Geschichte mit viel Kapital und Personalaufwand zum chinesischen Exportschlager machen wollte. Die Unternehmungen im Ausland zeitigten katastrophale Folgen, und das überall auf der Welt, von den Massenmorden in Indonesien und Kambodscha bis hin zu den Terroranschlägen im Deutschen Herbst. Im Deutschland der 1970er trugen selbst Fußballstars wie Paul Breitner ihre Verehrung für die Roten Garden zur Schau. Mit den Verhältnissen vor Ort hatte der unreflektierte Radical-Chic freilich wenig zu tun.

Dass Mao, der angeblich einfältige, aber grausame Diktator, auf dem Kompost der Geschichte ruht, ist ein weiterer Irrglaube, mit dem Lovell mit viel Sachkenntnis aufräumt. Maos Ideen entfalten noch immer Sprengkraft, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern, aber auch in China selbst. Xi Jinping hat das Land abermals zum Zentrum einer Weltrevolution erklärt, mit anderen Mitteln zwar, aber ähnlich autoritärer Vehemenz und einem von Mao inspirierten Personenkult. Nicht zuletzt verhandelt das Buch einen Komplex, der für viele China-Beobachter bis heute verwirrend ist: das Geschichtsbild der Chinesen und ihr Verhältnis zu Maos Verbrechen. Die Volksrepublik sei eine “wirtschaftliche und kulturelle Hybridform”, in der heute viele Maos koexistieren, Gute wie Böse, schreibt Lovell. Und folgert: Vielleicht ist Chinas Fähigkeit, Paradoxe auszuhalten, das bemerkenswerteste Vermächtnis des Großen Vorsitzenden. fpe

Julia Lovell: Maoismus – Eine Weltgeschichte, Suhrkamp, 768 Seiten, 42 Euro.

Clarissa Wei: Made in Taiwan

Taiwanisches Essen wird oft mit der chinesischen Küche zusammengefasst, sie hat aber eine einzigartige kulinarische Identität, sagt die Journalistin Clarissa Wei, die in den USA geboren wurde und taiwanische Wurzeln hat. “Made in Taiwan” beinhaltet 100 Rezepte, die Wei durch historische Recherchen, Reportagen und ihre Erfahrungen auf der Insel zusammengetragen hat. Mit dabei sind Salat aus dem Judasohr-Pilz, Mu-Err-Pilz, gebratener Milchfischbauch und Sesam-Flatbread. Wei erklärt auch, was in einen klassischen taiwanischen Vorratsschrank gehört. 

Für Wei war es nach eigenen Angaben von entscheidender Bedeutung, die Perspektive der Menschen darzustellen, die in Taiwan leben. “Taiwan steht im Zentrum der Spannungen zwischen den USA und China”, schreibt die Autorin. “In den USA können die Menschen Taiwaner nicht von Chinesen unterscheiden, und meine taiwanischen Freunde werden stark diskriminiert. Dieses Buch liegt an der Schnittstelle all dieser Dinge.” Dass das Buch bei vielen offenbar auch einen geopolitischen Nerv trifft, zeigen Bewertungen und Kommentare auf Buch-Plattformen, in welchen unter anderem empört auf die Zugehörigkeit der Insel zu Festland-China verwiesen wird. ari

Clarissa Wei: Made in Taiwan – Recipes and Stories from the Island Nation, S&S, 343 Seiten, 38,99 Euro, bislang nur auf Englisch erhältlich.

Matthias Naß: Kollision

Jeden Tag erreichen uns grausame Schlagzeilen aus der Ukraine: immer mehr Tote und Verletzte, die Drohung eines Nuklearschlags, die Verminung des größten Atomkraftwerks in Europa. Nach Jahren des Friedens herrscht wieder Krieg in Europa. Und doch droht längst Schlimmeres. Matthias Nass von der Wochenzeitung “Zeit” warnt in seinem aktuellen Buch vor einer weitaus größeren Katastrophe: Die beiden Weltmächte China und USA befinden sich auf Kollisionskurs. Es geht um Taiwan.

Naß, der seit vielen Jahrzehnten für die “Zeit” über Asien und den Pazifik berichtet, ist überzeugt: Im Ringen um Taiwan entscheidet sich das Schicksal des 21. Jahrhunderts. Wer wird die Weltordnung nach seinen Vorstellungen formen können – der kapitalistisch-demokratische Westen oder das staatskapitalistisch-autokratische Regime Chinas? Naß gelingt es, distanzierter Beobachter zu bleiben. So wird deutlich, dass durchaus beide Seiten dazu beigetragen haben, dass sich die Beziehungen zwischen den Weltmächten zuletzt dramatisch verschlechterten. Entsprechend nüchtern stellt Naß denn auch fest: Taiwan wird der Testfall sein, ob die Vereinigten Staaten und China zu einer friedlichen Koexistenz finden können. rad

Matthias Naß: Kollision – China, die USA und der Kampf um die weltpolitische Vorherrschaft im Indopazifik, C.H. Beck, 282 Seiten, 26,90 Euro.

Andreas Tank: Pionier der Lüfte

Titelbild von "Wulf-Diether Graf zu Castell - Pionier der Lüfte" von Andreas Tank, erschienen bei Frederking & Thaler

Die “Eurasia” war von 1925 bis 1943 ein Gemeinschaftsunternehmen der Lufthansa mit dem chinesischen Staat. Einer der Piloten, die damals in China für die Eurasia flogen, war Wulf-Diether Graf zu Castell-Rüdeshausen, und ja, er war mit der Schreibwaren-Dynastie verwandt und hat seine Aufzeichnungen mit weichem Bleistift geschrieben. Der Autor und China-Experte Andreas Tank hat nun diese Aufzeichnungen mit vielen anderen Quellen und einer guten Portion Detektivarbeit kombiniert, um den Text zu einem beeindruckenden Bildband zu verfassen. Denn der fliegende Graf Castell hat in China Tausende von Fotos gemacht, zum Teil aus der Luft, und zum Teil sogar in Farbe. Das war von 1933 bis 1936.

Die Bilder allein sind beeindruckend und zeigen uns, wie China vor der Modernisierung aussah. Städte, die heute Wälder von Wolkenkratzern sind, waren damals von echten Wäldern kaum zu unterscheiden, so viele Bäume gab es zwischen den niedrigen Gebäuden. Ebenso interessant sind weitere fundamentale Veränderungen von damals auf heute: So registriert Castell ein generell geringes technisches Verständnis der Chinesen im Vergleich zu Deutschen.

Der Traum der Lufthansa von einer Flugverbindung zwischen Deutschland nach China scheiterte am Krieg. Doch der Luftpionier Castell hat uns einzigartige Dokumente aus der damaligen Zeit hinterlassen. fin

Andreas Tank: Wulf-Diether Graf zu Castell – Pionier der Lüfte, Frederking u. Thaler, 240 Seiten, 49,99 Euro, erhältlich ab dem 29. September.

Jing Tsu: Kingdom of Characters

In wohl keinem anderen Land sind Schrift und Sprache so wichtig wie in China. Kaum vorstellbar, dass Angela Merkel oder Olaf Scholz öffentlichkeitswirksam ein paar gewählte Worte zu Papier bringen – als Ausdruck von Bildung und Weisheit. In China ist das hingegen der Fall. Maos Handschrift thront jeden Tag auf der Titelseite der Volkszeitung. Und Chinesen wissen, worauf Xi Jinpings geopolitische Ankündigung von den “Veränderungen, die man seit Jahrhunderten nicht gesehen” anspielt: auf Li Hongzhang, die Zeit um 1872 und den Beginn der Moderne.

Jing Tsu zeigt in ihrem hervorragenden Buch “Kingdom of Characters – A Tale of Language, Obsession, and Genius in Modern China”, wie Chinas jahrhundertealte Schrift den Weg in eben jene Moderne gefunden hat. Es ist eine Geschichte voller Herausforderungen, in deren Verlauf nicht wenige schon das Ende der chinesischen Schriftzeichen bevorstehen glaubten. Kein Geringerer als der renommierte Schriftsteller Lu Xun sagte einst: Wenn die chinesischen Schriftzeichen nicht sterben, wird China sterben.

Es waren Herausforderungen wie die Erfindung der Schreibmaschine, des Telegramms oder des Computers – doch immer wieder gelang es Chinas klugen Köpfen, ihre Schrift in die Moderne zu transportieren. Was bei Lu Xun wie eine Form von Schwäche erscheint, ist längst zu einem politischen Machtinstrument geworden, wenn beispielsweise Peking und Taipeh darüber streiten, welche Schriftzeichen als Standard und welche als Variante in den internationalen Normencode aufgenommen werden. Nicht zu Unrecht ist “Kingdom of Characters” auf die Shortlist des Pulitzer-Preises gekommen. Jing Tsu ist ein spektakuläres Buch gelungen, das China mal von einer ganz anderen Seite zeigt. rad

Jing Tsu: Kingdom of Characters – A Tale of Language, Obsession, and Genius in Modern China, Penguin, 336 Seiten, 24,95 Euro, bislang nur auf Englisch erhältlich.

Hal Brands und Michael Beckley: Danger Zone

Die These der beiden US-Amerikaner Hal Brand und Michael Beckley in ihrem Buch “Danger Zone – The Coming Conflict with China” lautet: Es wird womöglich bald zu einem Krieg zwischen China und den USA um Taiwan kommen. Und zwar schon um das Jahr 2025. Erschreckend überzeugend legen sie die Gründe dafür dar und verweisen auf das Phänomen “Peak China”: Die Volksrepublik sei inzwischen mächtig genug, um die existierende Weltordnung zu stören. Allerdings verliere Machthaber Xi Jinping zunehmend das Vertrauen, dass die Zeit noch auf Chinas Seite ist. Deshalb müsse er jetzt handeln, in den kommenden Jahren nach Taiwan greifen und die USA herausfordern.

Für die Welt tut sich deshalb eine “Gefahrenzone” auf – und der Westen muss sich schleunigst darauf vorbereiten. An diesem Punkt überzeugen Brands und Beckley auf ganzer Linie. Sie verstecken sich nicht hinter wohlklingenden Floskeln, sondern benennen klare Punkte, Probleme und Fragestellungen. “Danger Zone” ist daher nicht zuletzt klar an die politische Führung in Washington gerichtet. Doch der Westen insgesamt muss sich mit der angespannten Lage zwischen den USA und China beschäftigen. Denn noch immer macht es sich Europa bequem unter dem Schutzmantel der USA. Sollte es jedoch zu einem Konflikt der beiden Weltmächte kommen, wäre auch diese Zeit endgültig vorbei. rad

Hal Brands und Michael Beckley: Danger Zone – The Coming Conflict with China, Norton & Company, 304 Seiten, 19,50 Euro, bislang nur auf Englisch erhältlich.

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  • Gesellschaft
  • KP Chinas
  • Kultur
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Sinolytics Radar

Investment-Kontrollen der USA mit wenig Wirkung

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  • Am 9. August erließ die US-Regierung eine Durchführungsverordnung (Executive Order) zur Kontrolle von Auslandsinvestitionen. Die neuen Kontrollen verpflichten zu einer Meldung von Transaktionen wie dem Erwerb von Kapitalbeteiligungen, Joint Ventures und Greenfield-Investitionen in den Bereichen Halbleiter, Quantentechnologie und Künstliche Intelligenz (KI) – oder untersagen diese komplett.
  • Wie sich die Verordnung konkret auf die Industrie auswirkt, hängt von den Einzelheiten der endgültigen Verordnung ab. Betroffene Branchenverbände wie die US Semiconductor Industry Association prüfen derzeit die Effekte für ihre Mitgliedsunternehmen.
  • Allerdings haben aufgrund der umfassenden Exportkontrollen Washingtons die Kapitalflüsse aus den USA in die betroffenen Bereiche bereits zu versiegen begonnen. So ging die Zahl der Venture-Capital-Geschäfte mit US-Beteiligung in diesem Jahr auf 64 zurück, gegenüber 179 im Gesamtjahr 2022 und 246 2021. Ein besonders starker Rückgang zeichnet sich in den Bereichen KI und Halbleiter ab.
  • Die kumulierten US-Direktinvestitionen in China liegen mit 129,9 Milliarden US-Dollar (120 Milliarden Euro) weiterhin hoch. Doch as Wachstum der US-Investitionen hat sich verlangsamt. Die Transaktionen von US-Direktinvestitionen gingen von 4,3 Milliarden US-Dollar (4 Milliarden Euro) im ersten Quartal 2022 auf 3 Milliarden US-Dollar (2,8 Milliarden Euro) im ersten Quartal 2023 zurück.
  • Da der Anwendungsbereich der vorliegenden Durchführungsverordnung begrenzt ist, dürfte sie sich nur begrenzt auf US-Investitionen in China auswirken – ebenso wenig auf die Entwicklung Chinas in den drei Technologiebereichen. Die meisten chinesischen Start-ups werden durch inländisches Kapital finanziert.
  • Allerdings wird über die Kontrollen noch beraten, und so könnten sie noch auf weitere Technologien ausgeweitet werden. Die US-Kontrollen dienen auch als Vorbild für die Debatte innerhalb der EU über ein Screening von Auslandsinvestitionen. Ein europäisches Konzept dürfte sich jedoch zumindest vorerst nur auf militärisch relevante Technologien beschränken.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

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News

Expats weiter von Steuer für Firmen-Leistungen befreit

Expats bleiben vorerst von der Steuer auf Zulagen ihrer Firmen für Miete, Schulgeld ihrer Kinder oder Sprachkurse befreit. Das geht aus einer Mitteilung der obersten Finanzbehörde vom 18. August hervor. Diese individuellen Einkommenssteuervergünstigungen hatten eigentlich zum Jahresende auslaufen sollen. Das Finanzministerium verlängerte sie am Montag aber um vier Jahre bis Ende 2027. Unternehmensverbände wie die EU-Handelskammer in China begrüßten die Verlängerung.

Die EU-Kammer hatte sich nach eigenen Angaben auf allen Regierungsebenen für dieses Thema eingesetzt. Die fortgesetzte Steuerbefreiung könne “dazu beitragen, die Abwanderung ausländischer Talente, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, zu stoppen“, teilte sie Anfang dieser Woche mit. Es sei “eine willkommene Nachricht für Familien, die sich entschieden haben, nach China zu kommen oder dort zu bleiben”.

Vor allem die Kosten für Miete und Gebühren der internationalen Schulen ihrer Kinder belaufen sich für viele Expats auf umgerechnet mehrere tausend Euro im Monat. Diese Kosten werden daher für Entsandte von ihren Arbeitgebern übernommen, da sich die Zeit in China für sie sonst finanziell nicht lohnen würde. China versucht umgekehrt, geldwerte Vorteile wie solche Leistungen – wie es auch im Westen nicht unüblich ist – schrittweise in die Besteuerung aufzunehmen. ck

Putin reist zum Seidenstraßen-Forum an

Der russische Präsident Wladimir Putin will am Belt-and-Road-Forum im Oktober in China teilnehmen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Damit nimmt er eine Einladung an, die Chinas Machthaber Xi Jinping Mitte Juli ausgesprochen hat. Der Kreml bereite den Besuch in dem befreundeten Nachbarland bereits intensiv vor, wie Bloomberg aus politischen Kreisen erfahren hat.

Gegen Putin liegt seit März wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine ein internationaler Haftbefehl vor. Zum Brics-Gipfel in Südafrika in der vergangenen Woche konnte er daher nicht anreisen. In China droht ihm dagegen keine Verhaftung. Das Land hat die Vereinbarung über den Internationalen Strafgerichtshof (International Criminal Court) in Den Haag nicht unterschrieben. fin

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  • Neue Seidenstraße
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Raimondo trifft auch Li Qiang

US-Handelsministerin Gina Raimondo ist mit Chinas Ministerpräsidenten Li Qiang zusammengetroffen. Die USA wollten gemeinsam mit China globale Probleme wie den Klimawandel und den Umgang mit der Künstlichen Intelligenz (KI) lösen, sagte sie bei dem Treffen. Man wolle mit Peking als “zwei Weltmächte zusammenarbeiten, um das Richtige für die gesamte Menschheit zu tun”.

Li sagte, dass solide Wirtschaftsbeziehungen und Handelskooperationen zwischen China und den USA für die ganze Welt von Vorteil wären. Dass Raimondo von Li empfangen wurde, gilt als Erfolg.

Am Vormittag hatte Raimondo mit Tourismusminister Hu Hepin vereinbart, den 14. chinesisch-amerikanischen Tourismus-Gipfel in der ersten Hälfte des nächsten Jahres in China abzuhalten. Die Ministerin war am Montag mit ihrem Amtskollegen Wang Wentao zusammengetroffen, und hatte mit ihm mehrere Arbeitsgruppen und Dialogformate vereinbart. ck/rtr

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  • Handel
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Britischer Außenminister Cleverly reist nach Peking

Der britische Außenminister James Cleverly wird am Mittwoch Peking besuchen. Es ist die erste Reise eines britischen Außenministers nach China seit mehr als fünf Jahren. Das Außenamt in Peking bestätigte am Dienstag den lange geplanten Besuch. Cleverly wird demnach seinen chinesischen Amtskollegen Wang Yi und Vize-Präsident Han Zheng treffen.

“Beide Seiten werden intensiv über die chinesisch-britischen Beziehungen sowie internationale und regionale Fragen von gemeinsamem Interesse sprechen”, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin. “Wir hoffen, dass die britische Seite mit uns zusammenarbeiten wird, um den Geist des gegenseitigen Respekts aufrechtzuerhalten, den Austausch zu vertiefen, das gegenseitige Verständnis zu verbessern und die stabile Entwicklung der chinesisch-britischen Beziehungen zu fördern.” Cleverly hatte ursprünglich im Juli nach Peking reisen sollen. Seine Reise wurde jedoch, wie auch die des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, in den Wirren um das Verschwinden des ehemaligen Außenministers Qin Gang verschoben.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Ein zentraler Konfliktpunkt ist die Situation in der ehemaligen britischen Kolonie Hongkong. Mehrere Hongkonger Aktivisten leben im Exil in Großbritannien. Auch kritisierte London Menschenrechtsverletzungen und Chinas Unterstützung für Russland. Cleverly hatte im Juni gesagt, er werde Themen wie Xinjiang und Hongkong bei dem Besuch ansprechen. Auch wolle er Peking auffordern, 2021 verhängte Sanktionen gegen fünf britische Parlamentarier aufzuheben. ari

  • Diplomatie
  • Großbritannien

Volkswagen muss wieder Preise senken

Die Rabattschlacht auf dem chinesischen Automarkt geht in die nächste Runde: Volkswagen hat im August Sonderangebote von bis zu 60.000 Yuan (gut 7.600 Euro) für neun verschiedene SUV-Modelle angeboten, wie Nikkei Asia berichtet. Schon im Juli hatte VW den Preis für sein Basis-Elektromodell ID.3 erheblich gesenkt – um 37.000 Yuan (gut 4.500 Euro) auf einen Einstiegspreis ab 125.900 Yuan (knapp 16.000 Euro).

Der deutsche Konzern ist mit seiner Rabattpolitik keineswegs allein. Der US-Autobauer Tesla hatte die preisliche Abwärtsspirale im Januar begonnen – und senkte auch im August wieder die Preise mehrerer Varianten seines Model Y. Und auch die chinesische Konkurrenz mischt im Preiswettbewerb munter mit. Zhejiang Leapmotor hat den Preis eines SUVs um 20.000 Yuan gesenkt, Geely bietet zehn Prozent Rabatt auf sein Oberklasse-SUV der Marke Zeekr.

Die Befürchtung lautet nun, dass die ohnehin verunsicherten Verbraucher ihre Anschaffungen weiter hinauszögern, weil sie auf noch niedrigere Preise hoffen. Chinas Regierung versucht daher auf die Industrie einzuwirken, keine zu hohen Nachlässe zu gewähren. fin

  • Autoindustrie
  • Deflation
  • Tesla
  • Volkswagen

Presseschau

Besuch in Xinjiang: Xi fordert mehr Härte gegen Uiguren FAZ
Erste Auslandsreise nach Haftbefehl: Putin besucht Xi Jinping in China BERLINER-ZEITUNG
U.S. Does Not Want to “Decouple” From China, Commerce Chief Says NYTIMES
Commerce secretary says US firms complain China is “uninvestable” CHANNELNEWSASIA
“It has no basis”: India rejects China’s new map showing Arunachal as its territory BUSINESSTODAY
Indians trust Putin more than Xi as a global leader, reflecting China distrust: Pew survey STRAITSTIMES
South Africa, China, Russia amongst first congratulatory messages to Zimbabwe over disputed polls AFRICANEWS
Anreiz für Hochzeiten: Schrumpfende Bevölkerung – Chinesische Behörde zahlt Prämien, wenn Frauen unter 25 heiraten STERN
Leiser Abschied: Immer mehr deutsche Städte wenden sich von China ab CAPITAL
Investieren in China: Die Angst vor Chinas Japanisierung FUW
Energiebedarf in China: Zwei neue Kohlekraftwerke pro Woche TAGESSCHAU
China taumelt: Immobilienkrise sorgt für heftigen Konsumschock MORGENPOST
Konjunktur und Wachstum: China verlängert Steuernachlässe für Ausländer TAGESSCHAU
Hongkong als Fintech-Marktführer mit der Einführung von HashKey Exchange CRYPTOPOLITAN
Dollar Stamina Hinges More on China Than Fed, Bank of America Says BNNBLOOMBERG
European Stocks Rise as China Measures and US Data Bolster Mood BLOOMBERG
Chinas Einfluss in Angola: Kilamba – wie China die grösste Retortenstadt Afrikas baute SRF
Meta says it has disrupted a massive disinformation campaign linked to Chinese law enforcement CNBC
China feiert Meilenstein bei Kernfusion FUTUREZONE
China should come clean on vanishing minister, top EU official says POLITICO
UK foreign secretary hits back at Tory critics of China policy FT

Heads

Yi-Wei Keng – Dramaturg erhält Goethe-Medaille

Yi-Wei Keng
Carola Lentz,(l), Präsidentin des Goethe-Institutes gratuliert Yi-Wei Keng, Kurator und Dramaturg aus Taiwan, bei der Verleihung der Goethe-Medaille 2023.

Gemeinsam mit dem georgischen Filmmanager Gaga Chkheidze und dem Kuratorinnenkollektiv der OFF-Biennale aus Ungarn hat der taiwanische Dramaturg Yi-Wei Keng 一偉耿 am Montag in Weimar die Goethe-Medaille verliehen bekommen. Die vom Goethe-Institut vergebene Auszeichnung ehrt Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise für den weltweiten Kulturaustausch einsetzen. “Yi-Wei Keng ist einer der wichtigsten Impulsgeber für Kulturaustausch in Taiwan, insbesondere auch für die Vernetzung mit der deutschen Theaterszene”, erklärte Carola Lentz, Präsidentin des Goethe-Instituts, anlässlich der Verleihung.

Fokus auf deutsch-taiwanischer Zusammenarbeit

Yi-Wei Keng wurde 1969 geboren und wuchs in Hualien auf. Nach einem Philosophiestudium ging er 1997 für zwei Jahre nach Prag, wo er durch Zufall in einem Studiengang für nonverbales Theater landete. “Zurück in Taiwan arbeitete ich mit gehörlosen Menschen, da war nonverbales Theater ideal. Inklusives Theater gab es damals hier noch gar nicht”, erzählte Keng in einem Interview mit der taz.

Bald darauf wurde Keng künstlerischer Leiter des Taipei Arts Festivals, wo er auch in den Bereichen experimentelles Theater, Tanz im öffentlichen Raum und im Kindertheater Standards setzte. In dieser Position organisierte er von 2012 bis 2017 Kooperationen mit Theaterhäusern auf der ganzen Welt und setzte dabei einen Fokus auf eine deutsch-taiwanische Zusammenarbeit. So hat Yi-Wei Keng unter anderem Inszenierungen des Deutschen Theaters Berlin, der Gruppe Rimini Protokoll oder von Raumlabor Berlin nach Taiwan geholt. Auch im Vorwort von in Taiwan veröffentlichten Übersetzungen deutscher Romane findet man oftmals seine Gedanken.

Kengs Konzept “Axis Taipei & International Collaboration” war nicht zuletzt ein Versuch, das auf der politischen Weltbühne isolierte Taiwan mit den Mitteln der Kunst diplomatisch zu repräsentieren. “Taiwan unterhält kaum offizielle Beziehungen zu anderen Staaten. Kultur ist daher umso wichtiger”, sagt er. Kengs Vision ist es, dass sich Künstler auf der ganzen Welt mit taiwanischen Kunstschaffenden vernetzen und anfreunden. So könnten sie in einem Nebeneffekt die Insel kennen und lieben lernen – und setzten sich vielleicht eines Tages für sie ein, sollte China aggressiv in Taiwan einfallen.

Mehr Sichtbarkeit mit den Mitteln der Kunst

Keng macht sich Sorgen, dass Taiwan ein noch schlimmeres Schicksal blühen könnte wie Hongkong: “In Hongkong wurde die Macht friedlich an China übergeben. Taiwan hat jedoch ein eigenes Militär. Uns würde eher eine Situation erwarten, wie wir sie gerade in der Ukrai­ne erleben.” Bis auf Weiteres würde Peking jedoch versuchen, Taiwan zu spalten, um so Kontrolle auszuüben.

Mit seiner Kunst will Yi-Wei Keng deshalb weiterhin die Sichtbarkeit und die Identität der Taiwaner stärken. Seit 2018 tut er das als Dramaturg am National Kaohsiung Center for the Arts, einem der drei wichtigsten Theaterhäuser der Insel, wo er gleich vier große Bühnen bespielen kann. Zudem ist er Co-Kurator am Tanzfestival “Want to Dance” in Taipei und seit diesem Jahr Verantwortlicher beim Tainan Arts Festival im Süden Taiwans. Er habe als Künstler eine Verantwortung gegenüber seiner Heimat, sagt er in einem Video-Beitrag des Goethe-Institutes. “Ich muss meinen Einfluss nutzen, damit noch mehr Menschen Taiwan wahrnehmen.” Fabian Peltsch

  • Goethe Institut

Personalien

Li Xinming – auch bekannt als Jeff Li – ist beim US-Speicherchiphersteller Micron Technologies zum Head of China Government Affairs ernannt worden.

Rod Ireland, Head of Global Markets Asia-Pacific, ist zum Interimschef von RBC Wealth Management Asien befördert worden. Er ersetzt Terence Chow, der die Bank kürzlich verlassen hat.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Kein UFO, sondern ein Museum. Vielleicht auch eine Zeitmaschine. Es dauert nur noch knapp zwei Monate, bis in Chengdu Science Fiction-Fans mit ihr abheben. Denn im Oktober werden hier die Hugo Awards vergeben, quasi die Oscars der Science Fiction- und Fantasy-Literatur. Für die zugehörige Veranstaltung, die 81. World Science Fiction Convention Worldcon, haben Zaha Hadid Architects (ZHA) mit dem Chengdu Science Fiction Museum eigens einen standesgemäßen Austragungsort entworfen. Das Event findet in diesem Jahr zum ersten Mal in China statt.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    als China-Redaktion haben wir in diesem Sommer besonders viele interessante Neuerscheinungen registriert. In den vergangenen Wochen haben wir daher eifrig gelesen – und möchten Ihnen unsere Empfehlungen nicht vorenthalten. Heute gibt es daher von China.Table ein Buch-Spezial

    Die Themen der aktuellen Werke reichen von Politik und heraufziehenden Konflikten bis hin zur chinesischen Schrift und Kochkunst; sie decken hochaktuelle sowie historische Themen ab.

    Die elf Bücher stammen von Janka Oertel, Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Liao Yiwu, Bethany Allen-Ebrahimian, Bernd Ziesemer, Julia Lovell, Clarissa Wei, Andreas Tank, Jing Tsu, Matthias Naß sowie von Hal Brands und Michael Beckley.

    Wir besprechen zwar nur einen Roman und ansonsten ausschließlich Sachbücher – aber manches der nichtfiktionalen Werke beschreibt so wilde Ereignisse, dass sie sich keiner hätte ausdenken können.

    Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Analyse

    Die besten Bücher über China und Taiwan

    Janka Oertel: Ende der China-Illusion

    Viele scheinen hierzulande ein Bild von China zu haben, das der Wirklichkeit einige Jahre hinterherhinkt. Als die Chinesen längst dabei waren, technologische Trends zu setzten, hieß es noch oft abfällig: Die Chinesen kupfern bloß alles ab. Unter Xi Jinping ist China zu einer diktatorischen Militärmacht geworden. Sie schert sich nicht nur im eigenen Land wenig um die Menschenrechte, sondern tritt auch nach außen aggressiver auf, sieht sich in einem fundamentalen Systemkonflikt zum Westen und ist bereit, ihre Wirtschaftsmacht politisch auszuspielen. Das wiederum wollen viele, insbesondere aus der Wirtschaft, nicht wahrhaben – und setzen weiter auf gute Geschäftsbeziehungen mit der Volksrepublik. 

    Mit dem Buch “Ende der China-Illusion” räumt die Politologin und Sinologin Janka Oertel mit solchen und anderen vorherrschenden Gewissheiten auf und geht der Frage nach, wie wir mit Pekings Machtanspruch umgehen sollten. Oertel schaut sich dabei auch die vermeintlichen Abhängigkeiten genau an, einschließlich des Aspekts, dass so manche von der KPCh einfach behauptet werden. Sie bezweifelt, dass Peking beim Klimaschutz wirklich ein verlässlicher Partner ist – und wirft die Frage auf, ob es nicht klüger wäre, China im Bereich der grünen Technologien als Wettbewerber zu betrachten, quasi als Ansporn, um auf eigene technische Lösungen zu setzen. Das würde nicht nur weitere Abhängigkeiten verhindern. Dem Klima wäre aus ihrer Sicht damit mehr geholfen.

    Es ist ein kluges Buch, analytisch und faktenreich, und mit einer klaren Botschaft: Ein schlichtes Weiter-So sollte es mit China nicht geben. Wir brauchen gegenüber Peking eine andere Politik als in den Jahrzehnten zuvor – darauf hatte sich die Bundesregierung im Sommer mit ihrer China-Strategie geeinigt. Das “Ende der China-Illusion” füllt diese Forderung mit konkreten Handlungsanweisungen. Ein wichtiges Buch, zur richtigen Zeit. flee 

    Janka Oertel: Ende der China-Illusion, Piper, 304 Seiten, 24 Euro.

    Susanne Weigelin-Schwiedrzik: China und die Neuordnung der Welt

    Wer davon ausgeht, dass Politik die Kunst des Machbaren ist, auch wenn das Machbare zunächst abwegig erscheinen mag, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Die Wiener Sinologie-Professorin Susanne Weigelin-Schwiedrzik, die China seit 1975 bereist, sucht klug, unaufgeregt und in einer klaren Sprache nach politischen Lösungen für den Ukraine-Krieg und den Taiwan-Konflikt.

    Dabei beschreibt sie, wie die drei Großmächte USA, China und Russland seit den 1950ern in unterschiedlichen Konstellationen um die Vorherrschaft ringen. Erst Russland (die Sowjetunion) und China gegen die USA. Dann im Kalten Krieg Russland gegen die USA und China allein. Ab den 70er Jahren schaffen Mao und Nixon es, China und die USA gegen die Russen zu verbünden. Und nun, verschärft durch den Ukraine-Krieg, heißt es: China und Russland gegen die USA. Die jeweiligen Bündnispartner bleiben dabei stets hegemoniale Wettbewerber, die strategische Partnerschaften eingehen und dennoch intern miteinander ringen. Das gilt für die USA und China in den 70ern ebenso wie für Russland und China heute.

    Auch deshalb, so Weigelin-Schwiedrzik, sei es schwierig für diese Länder, die beiden großen Konflikte zu Beginn des 21. Jahrhunderts alleine zu lösen: den Ukraine-Krieg und die Taiwan-Krise. Dritte müssten vermitteln, die nicht so verstrickt sind. Das nicht offensichtliche, aber doch überzeugende historische Beispiel der Autorin: der russisch-japanische Krieg von 1905, als US-Präsident Theodore Roosevelt vermittelte. Erstmals in der neueren Geschichte hatte ein asiatisches Land eine europäische Großmacht entscheidend geschlagen. Die USA waren damals in einer ähnlichen globalen Position wie heute China. Roosevelt verschaffte Japan hinter den Kulissen durch einen militärtaktischen Rat einen Vorteil. So entstand eine Konstellation, in der beide Seiten verhandlungsbereit wurden.

    Ebenso überraschend wie überzeugend zeigt Weigelin-Schwiedrzik, dass China und Indien diese Rolle im Ukraine-Krieg spielen könnten und Europa im Taiwan-Konflikt – allerdings nur, wenn Europa eigenständiger würde. Mein Einwand: China hat leider eher Politiker, die das hinkriegen, als Europa. Es lohnt sich dennoch, es zu versuchen, denn es geht immerhin darum, einen Krieg zu beenden und einen weiteren zu vermeiden. Eines der besten Bücher, die ich in den vergangenen Jahren zur Geopolitik gelesen habe. frs

    Susanne Weigelin-Schwiedrzik: China und die Neuordnung der Welt, Brandstätter Verlag, 22 Euro.

    Liao Yiwu: Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs

    Liao Yiwu nennt die Bewunderung für Mao die “eindrucksvollste Götzenverehrung” im 20. Jahrhundert. Für die Rotgardisten sei er wie ein Gott gewesen, der auf mysteriöse Weise sogar Liebesbeziehungen arrangieren konnte. Das glaubt zumindest Zhuang Zigui, der Protagonist in Liaos Roman “Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs”. Die Nöte der Jugend werden für den 17-Jährigen durch die Nöte der Kulturrevolution ins Unerträgliche gesteigert; das Leben zwischen machttrunkener Agitation und trostloser Landverschickung verkommt zu einer einzigen großen Stimmungsschwankung.

    Erste Teile des Romans schrieb Liao 1992 im Gefängnis in China, wo er wegen eines politischen Gedichts einsaß. Fertiggestellt hat er ihn 2016 im Exil in Deutschland. Die Sprache ist angemessen brutal, die Bilder archaisch bis verstörend – die Revolution ist bei Liao ein feuchter Albtraum, in dem die Hoffnung auf ein Erwachen wie ein reaktionäres Gedicht zwischen den Bettlaken versteckt werden muss. fpe

    Liao Yiwu: Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs, S. Fischer, 448 Seiten, 26 Euro.

    Bethany Allen-Ebrahimian: Beijing Rules

    In “Beijing Rules” erklärt Bethany Allen-Ebrahimian, Korrespondentin der US-Plattform Axios in Taipeh, ausführlich, wie die Volksrepublik das durch die Corona-Pandemie verursachte Chaos nutzte, um ihren Vorstoß zu verstärken, zur Weltmacht aufzusteigen. China versucht demnach, seine wirtschaftliche Macht und den Zugang zu seinen Märkten zu instrumentalisieren, um Gehorsam und Compliance von anderen Staaten zu erzwingen. Das führe zu einer “internationalen Ausweitung” der Werte der Kommunistischen Partei.

    “Beijing Rules” zeigt aber auch, dass Regierungen weltweit die Bedrohung erkannt haben. Das Buch beinhaltet eine Liste an Vorschlägen, wie die Demokratie geschützt werden kann. Allen plädiert etwa für eine besser koordinierte Intervention westlicher Staaten und deren Institutionen, um Unternehmen besser zu unterstützen. Wer sich täglich nerdig mit Chinas Handelspolitik beschäftigt, bekommt in dem Buch nicht unbedingt neue Einblicke. Für eher Fachfremde bietet es aber einen guten Überblick, vor allem über die Entwicklungen des zunehmend von China dominierten Welthandels der vergangenen fünf Jahre. ari

    Bethany Allen-Ebrahimian: Beijing Rules, Harper, 336 Seiten, 24 Euro, bislang nur auf Englisch erhältlich.

    Bernd Ziesemer: Maos deutscher Top-Agent

    Bernd Ziesemer: Maos deutscher Top-Agent, Campus Verlag (248 Seiten, 28 Euro), 16. August 2023

    Die Volksrepublik und die Bundesrepublik wurden bekanntlich im gleichen Jahr geboren. Praktisch von Anfang an existierten zwei Bewegungen, die bis heute anhalten. Die deutsche Wirtschaft hofft auf glänzende Geschäfte in China – und China sucht politische Freunde in Deutschland.

    Der Wirtschaftsjournalist Bernd Ziesemer, früher Chefredakteur des Handelsblatts, hat sich nun intensiv mit einem frühen Grenzgänger zwischen China und Deutschland beschäftigt. Ziesemer ist dabei nur auf die Figur Gerhard Flatow aufmerksam geworden, weil ihm der Name in ganz verschiedenen Zusammenhängen begegnete: als Maoist und als Wirtschaftsvertreter. Flatow war der erste China-Lobbyist in Deutschland, und mehr noch, ein Agent der Volksrepublik.

    Ziesemer zeichnet nach, wie sich Flatow ohne Probleme in einem Umfeld aus Ex-Nazis, Großindustriellen, CDU-Politikern und ultralinken Maoisten bewegt. Er fädelt 1957 die Gründung der “Deutschen China-Gesellschaft” ein, leitet das China-Büro eines Konzerns und beeinflusst Wirtschaftsverbände. Zugleich ist er für deutsche Kommunisten ein Kontaktmann zur KP Chinas. Der britische Geheimdienst unterstellt ihm Agententätigkeit.

    Das Buch liefert die Erkenntnis, wie viele heute aktuelle Phänomene es schon im Adenauer-Deutschland gab. Die Rechte phantasierte schon damals von einem pazifistischen, neutralen Deutschland, das gute Kontakte nach Osten pflegen sollte, statt sich im Westen einzubinden.

    Ziesemer zieht im Abschlusskapitel auch bewusst die Parallele zu heutigen China-Freunden, die er zum Teil schonungslos benennt. “Die chinesische Partei- und Regierungsführung arbeitet in Deutschland immer noch wie zu Zeiten Flatows am … Ausbau ihres Einflusses”, resümiert er. Damals bewegten sich die China-Freunde am Rande des Politikbetriebs, heute agieren sie seinem Zentrum. fin

    Bernd Ziesemer: Maos deutscher Top-Agent, Campus Verlag, 248 Seiten, 28 Euro

    Julia Lovell: Maoismus – Eine Weltgeschichte

    China stehe seit Jahrhunderten für eine Politik der Nichteinmischung – dieses Narrativ wird von Peking oft bemüht. Die Sinologin Julia Lovell zeigt dagegen, wie das Land seine maoistische Weltrevolution erst in jüngerer Geschichte mit viel Kapital und Personalaufwand zum chinesischen Exportschlager machen wollte. Die Unternehmungen im Ausland zeitigten katastrophale Folgen, und das überall auf der Welt, von den Massenmorden in Indonesien und Kambodscha bis hin zu den Terroranschlägen im Deutschen Herbst. Im Deutschland der 1970er trugen selbst Fußballstars wie Paul Breitner ihre Verehrung für die Roten Garden zur Schau. Mit den Verhältnissen vor Ort hatte der unreflektierte Radical-Chic freilich wenig zu tun.

    Dass Mao, der angeblich einfältige, aber grausame Diktator, auf dem Kompost der Geschichte ruht, ist ein weiterer Irrglaube, mit dem Lovell mit viel Sachkenntnis aufräumt. Maos Ideen entfalten noch immer Sprengkraft, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern, aber auch in China selbst. Xi Jinping hat das Land abermals zum Zentrum einer Weltrevolution erklärt, mit anderen Mitteln zwar, aber ähnlich autoritärer Vehemenz und einem von Mao inspirierten Personenkult. Nicht zuletzt verhandelt das Buch einen Komplex, der für viele China-Beobachter bis heute verwirrend ist: das Geschichtsbild der Chinesen und ihr Verhältnis zu Maos Verbrechen. Die Volksrepublik sei eine “wirtschaftliche und kulturelle Hybridform”, in der heute viele Maos koexistieren, Gute wie Böse, schreibt Lovell. Und folgert: Vielleicht ist Chinas Fähigkeit, Paradoxe auszuhalten, das bemerkenswerteste Vermächtnis des Großen Vorsitzenden. fpe

    Julia Lovell: Maoismus – Eine Weltgeschichte, Suhrkamp, 768 Seiten, 42 Euro.

    Clarissa Wei: Made in Taiwan

    Taiwanisches Essen wird oft mit der chinesischen Küche zusammengefasst, sie hat aber eine einzigartige kulinarische Identität, sagt die Journalistin Clarissa Wei, die in den USA geboren wurde und taiwanische Wurzeln hat. “Made in Taiwan” beinhaltet 100 Rezepte, die Wei durch historische Recherchen, Reportagen und ihre Erfahrungen auf der Insel zusammengetragen hat. Mit dabei sind Salat aus dem Judasohr-Pilz, Mu-Err-Pilz, gebratener Milchfischbauch und Sesam-Flatbread. Wei erklärt auch, was in einen klassischen taiwanischen Vorratsschrank gehört. 

    Für Wei war es nach eigenen Angaben von entscheidender Bedeutung, die Perspektive der Menschen darzustellen, die in Taiwan leben. “Taiwan steht im Zentrum der Spannungen zwischen den USA und China”, schreibt die Autorin. “In den USA können die Menschen Taiwaner nicht von Chinesen unterscheiden, und meine taiwanischen Freunde werden stark diskriminiert. Dieses Buch liegt an der Schnittstelle all dieser Dinge.” Dass das Buch bei vielen offenbar auch einen geopolitischen Nerv trifft, zeigen Bewertungen und Kommentare auf Buch-Plattformen, in welchen unter anderem empört auf die Zugehörigkeit der Insel zu Festland-China verwiesen wird. ari

    Clarissa Wei: Made in Taiwan – Recipes and Stories from the Island Nation, S&S, 343 Seiten, 38,99 Euro, bislang nur auf Englisch erhältlich.

    Matthias Naß: Kollision

    Jeden Tag erreichen uns grausame Schlagzeilen aus der Ukraine: immer mehr Tote und Verletzte, die Drohung eines Nuklearschlags, die Verminung des größten Atomkraftwerks in Europa. Nach Jahren des Friedens herrscht wieder Krieg in Europa. Und doch droht längst Schlimmeres. Matthias Nass von der Wochenzeitung “Zeit” warnt in seinem aktuellen Buch vor einer weitaus größeren Katastrophe: Die beiden Weltmächte China und USA befinden sich auf Kollisionskurs. Es geht um Taiwan.

    Naß, der seit vielen Jahrzehnten für die “Zeit” über Asien und den Pazifik berichtet, ist überzeugt: Im Ringen um Taiwan entscheidet sich das Schicksal des 21. Jahrhunderts. Wer wird die Weltordnung nach seinen Vorstellungen formen können – der kapitalistisch-demokratische Westen oder das staatskapitalistisch-autokratische Regime Chinas? Naß gelingt es, distanzierter Beobachter zu bleiben. So wird deutlich, dass durchaus beide Seiten dazu beigetragen haben, dass sich die Beziehungen zwischen den Weltmächten zuletzt dramatisch verschlechterten. Entsprechend nüchtern stellt Naß denn auch fest: Taiwan wird der Testfall sein, ob die Vereinigten Staaten und China zu einer friedlichen Koexistenz finden können. rad

    Matthias Naß: Kollision – China, die USA und der Kampf um die weltpolitische Vorherrschaft im Indopazifik, C.H. Beck, 282 Seiten, 26,90 Euro.

    Andreas Tank: Pionier der Lüfte

    Titelbild von "Wulf-Diether Graf zu Castell - Pionier der Lüfte" von Andreas Tank, erschienen bei Frederking & Thaler

    Die “Eurasia” war von 1925 bis 1943 ein Gemeinschaftsunternehmen der Lufthansa mit dem chinesischen Staat. Einer der Piloten, die damals in China für die Eurasia flogen, war Wulf-Diether Graf zu Castell-Rüdeshausen, und ja, er war mit der Schreibwaren-Dynastie verwandt und hat seine Aufzeichnungen mit weichem Bleistift geschrieben. Der Autor und China-Experte Andreas Tank hat nun diese Aufzeichnungen mit vielen anderen Quellen und einer guten Portion Detektivarbeit kombiniert, um den Text zu einem beeindruckenden Bildband zu verfassen. Denn der fliegende Graf Castell hat in China Tausende von Fotos gemacht, zum Teil aus der Luft, und zum Teil sogar in Farbe. Das war von 1933 bis 1936.

    Die Bilder allein sind beeindruckend und zeigen uns, wie China vor der Modernisierung aussah. Städte, die heute Wälder von Wolkenkratzern sind, waren damals von echten Wäldern kaum zu unterscheiden, so viele Bäume gab es zwischen den niedrigen Gebäuden. Ebenso interessant sind weitere fundamentale Veränderungen von damals auf heute: So registriert Castell ein generell geringes technisches Verständnis der Chinesen im Vergleich zu Deutschen.

    Der Traum der Lufthansa von einer Flugverbindung zwischen Deutschland nach China scheiterte am Krieg. Doch der Luftpionier Castell hat uns einzigartige Dokumente aus der damaligen Zeit hinterlassen. fin

    Andreas Tank: Wulf-Diether Graf zu Castell – Pionier der Lüfte, Frederking u. Thaler, 240 Seiten, 49,99 Euro, erhältlich ab dem 29. September.

    Jing Tsu: Kingdom of Characters

    In wohl keinem anderen Land sind Schrift und Sprache so wichtig wie in China. Kaum vorstellbar, dass Angela Merkel oder Olaf Scholz öffentlichkeitswirksam ein paar gewählte Worte zu Papier bringen – als Ausdruck von Bildung und Weisheit. In China ist das hingegen der Fall. Maos Handschrift thront jeden Tag auf der Titelseite der Volkszeitung. Und Chinesen wissen, worauf Xi Jinpings geopolitische Ankündigung von den “Veränderungen, die man seit Jahrhunderten nicht gesehen” anspielt: auf Li Hongzhang, die Zeit um 1872 und den Beginn der Moderne.

    Jing Tsu zeigt in ihrem hervorragenden Buch “Kingdom of Characters – A Tale of Language, Obsession, and Genius in Modern China”, wie Chinas jahrhundertealte Schrift den Weg in eben jene Moderne gefunden hat. Es ist eine Geschichte voller Herausforderungen, in deren Verlauf nicht wenige schon das Ende der chinesischen Schriftzeichen bevorstehen glaubten. Kein Geringerer als der renommierte Schriftsteller Lu Xun sagte einst: Wenn die chinesischen Schriftzeichen nicht sterben, wird China sterben.

    Es waren Herausforderungen wie die Erfindung der Schreibmaschine, des Telegramms oder des Computers – doch immer wieder gelang es Chinas klugen Köpfen, ihre Schrift in die Moderne zu transportieren. Was bei Lu Xun wie eine Form von Schwäche erscheint, ist längst zu einem politischen Machtinstrument geworden, wenn beispielsweise Peking und Taipeh darüber streiten, welche Schriftzeichen als Standard und welche als Variante in den internationalen Normencode aufgenommen werden. Nicht zu Unrecht ist “Kingdom of Characters” auf die Shortlist des Pulitzer-Preises gekommen. Jing Tsu ist ein spektakuläres Buch gelungen, das China mal von einer ganz anderen Seite zeigt. rad

    Jing Tsu: Kingdom of Characters – A Tale of Language, Obsession, and Genius in Modern China, Penguin, 336 Seiten, 24,95 Euro, bislang nur auf Englisch erhältlich.

    Hal Brands und Michael Beckley: Danger Zone

    Die These der beiden US-Amerikaner Hal Brand und Michael Beckley in ihrem Buch “Danger Zone – The Coming Conflict with China” lautet: Es wird womöglich bald zu einem Krieg zwischen China und den USA um Taiwan kommen. Und zwar schon um das Jahr 2025. Erschreckend überzeugend legen sie die Gründe dafür dar und verweisen auf das Phänomen “Peak China”: Die Volksrepublik sei inzwischen mächtig genug, um die existierende Weltordnung zu stören. Allerdings verliere Machthaber Xi Jinping zunehmend das Vertrauen, dass die Zeit noch auf Chinas Seite ist. Deshalb müsse er jetzt handeln, in den kommenden Jahren nach Taiwan greifen und die USA herausfordern.

    Für die Welt tut sich deshalb eine “Gefahrenzone” auf – und der Westen muss sich schleunigst darauf vorbereiten. An diesem Punkt überzeugen Brands und Beckley auf ganzer Linie. Sie verstecken sich nicht hinter wohlklingenden Floskeln, sondern benennen klare Punkte, Probleme und Fragestellungen. “Danger Zone” ist daher nicht zuletzt klar an die politische Führung in Washington gerichtet. Doch der Westen insgesamt muss sich mit der angespannten Lage zwischen den USA und China beschäftigen. Denn noch immer macht es sich Europa bequem unter dem Schutzmantel der USA. Sollte es jedoch zu einem Konflikt der beiden Weltmächte kommen, wäre auch diese Zeit endgültig vorbei. rad

    Hal Brands und Michael Beckley: Danger Zone – The Coming Conflict with China, Norton & Company, 304 Seiten, 19,50 Euro, bislang nur auf Englisch erhältlich.

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    • Gesellschaft
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    Sinolytics Radar

    Investment-Kontrollen der USA mit wenig Wirkung

    Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
    • Am 9. August erließ die US-Regierung eine Durchführungsverordnung (Executive Order) zur Kontrolle von Auslandsinvestitionen. Die neuen Kontrollen verpflichten zu einer Meldung von Transaktionen wie dem Erwerb von Kapitalbeteiligungen, Joint Ventures und Greenfield-Investitionen in den Bereichen Halbleiter, Quantentechnologie und Künstliche Intelligenz (KI) – oder untersagen diese komplett.
    • Wie sich die Verordnung konkret auf die Industrie auswirkt, hängt von den Einzelheiten der endgültigen Verordnung ab. Betroffene Branchenverbände wie die US Semiconductor Industry Association prüfen derzeit die Effekte für ihre Mitgliedsunternehmen.
    • Allerdings haben aufgrund der umfassenden Exportkontrollen Washingtons die Kapitalflüsse aus den USA in die betroffenen Bereiche bereits zu versiegen begonnen. So ging die Zahl der Venture-Capital-Geschäfte mit US-Beteiligung in diesem Jahr auf 64 zurück, gegenüber 179 im Gesamtjahr 2022 und 246 2021. Ein besonders starker Rückgang zeichnet sich in den Bereichen KI und Halbleiter ab.
    • Die kumulierten US-Direktinvestitionen in China liegen mit 129,9 Milliarden US-Dollar (120 Milliarden Euro) weiterhin hoch. Doch as Wachstum der US-Investitionen hat sich verlangsamt. Die Transaktionen von US-Direktinvestitionen gingen von 4,3 Milliarden US-Dollar (4 Milliarden Euro) im ersten Quartal 2022 auf 3 Milliarden US-Dollar (2,8 Milliarden Euro) im ersten Quartal 2023 zurück.
    • Da der Anwendungsbereich der vorliegenden Durchführungsverordnung begrenzt ist, dürfte sie sich nur begrenzt auf US-Investitionen in China auswirken – ebenso wenig auf die Entwicklung Chinas in den drei Technologiebereichen. Die meisten chinesischen Start-ups werden durch inländisches Kapital finanziert.
    • Allerdings wird über die Kontrollen noch beraten, und so könnten sie noch auf weitere Technologien ausgeweitet werden. Die US-Kontrollen dienen auch als Vorbild für die Debatte innerhalb der EU über ein Screening von Auslandsinvestitionen. Ein europäisches Konzept dürfte sich jedoch zumindest vorerst nur auf militärisch relevante Technologien beschränken.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    • Geopolitik
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    News

    Expats weiter von Steuer für Firmen-Leistungen befreit

    Expats bleiben vorerst von der Steuer auf Zulagen ihrer Firmen für Miete, Schulgeld ihrer Kinder oder Sprachkurse befreit. Das geht aus einer Mitteilung der obersten Finanzbehörde vom 18. August hervor. Diese individuellen Einkommenssteuervergünstigungen hatten eigentlich zum Jahresende auslaufen sollen. Das Finanzministerium verlängerte sie am Montag aber um vier Jahre bis Ende 2027. Unternehmensverbände wie die EU-Handelskammer in China begrüßten die Verlängerung.

    Die EU-Kammer hatte sich nach eigenen Angaben auf allen Regierungsebenen für dieses Thema eingesetzt. Die fortgesetzte Steuerbefreiung könne “dazu beitragen, die Abwanderung ausländischer Talente, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, zu stoppen“, teilte sie Anfang dieser Woche mit. Es sei “eine willkommene Nachricht für Familien, die sich entschieden haben, nach China zu kommen oder dort zu bleiben”.

    Vor allem die Kosten für Miete und Gebühren der internationalen Schulen ihrer Kinder belaufen sich für viele Expats auf umgerechnet mehrere tausend Euro im Monat. Diese Kosten werden daher für Entsandte von ihren Arbeitgebern übernommen, da sich die Zeit in China für sie sonst finanziell nicht lohnen würde. China versucht umgekehrt, geldwerte Vorteile wie solche Leistungen – wie es auch im Westen nicht unüblich ist – schrittweise in die Besteuerung aufzunehmen. ck

    Putin reist zum Seidenstraßen-Forum an

    Der russische Präsident Wladimir Putin will am Belt-and-Road-Forum im Oktober in China teilnehmen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Damit nimmt er eine Einladung an, die Chinas Machthaber Xi Jinping Mitte Juli ausgesprochen hat. Der Kreml bereite den Besuch in dem befreundeten Nachbarland bereits intensiv vor, wie Bloomberg aus politischen Kreisen erfahren hat.

    Gegen Putin liegt seit März wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine ein internationaler Haftbefehl vor. Zum Brics-Gipfel in Südafrika in der vergangenen Woche konnte er daher nicht anreisen. In China droht ihm dagegen keine Verhaftung. Das Land hat die Vereinbarung über den Internationalen Strafgerichtshof (International Criminal Court) in Den Haag nicht unterschrieben. fin

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    Raimondo trifft auch Li Qiang

    US-Handelsministerin Gina Raimondo ist mit Chinas Ministerpräsidenten Li Qiang zusammengetroffen. Die USA wollten gemeinsam mit China globale Probleme wie den Klimawandel und den Umgang mit der Künstlichen Intelligenz (KI) lösen, sagte sie bei dem Treffen. Man wolle mit Peking als “zwei Weltmächte zusammenarbeiten, um das Richtige für die gesamte Menschheit zu tun”.

    Li sagte, dass solide Wirtschaftsbeziehungen und Handelskooperationen zwischen China und den USA für die ganze Welt von Vorteil wären. Dass Raimondo von Li empfangen wurde, gilt als Erfolg.

    Am Vormittag hatte Raimondo mit Tourismusminister Hu Hepin vereinbart, den 14. chinesisch-amerikanischen Tourismus-Gipfel in der ersten Hälfte des nächsten Jahres in China abzuhalten. Die Ministerin war am Montag mit ihrem Amtskollegen Wang Wentao zusammengetroffen, und hatte mit ihm mehrere Arbeitsgruppen und Dialogformate vereinbart. ck/rtr

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    Britischer Außenminister Cleverly reist nach Peking

    Der britische Außenminister James Cleverly wird am Mittwoch Peking besuchen. Es ist die erste Reise eines britischen Außenministers nach China seit mehr als fünf Jahren. Das Außenamt in Peking bestätigte am Dienstag den lange geplanten Besuch. Cleverly wird demnach seinen chinesischen Amtskollegen Wang Yi und Vize-Präsident Han Zheng treffen.

    “Beide Seiten werden intensiv über die chinesisch-britischen Beziehungen sowie internationale und regionale Fragen von gemeinsamem Interesse sprechen”, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin. “Wir hoffen, dass die britische Seite mit uns zusammenarbeiten wird, um den Geist des gegenseitigen Respekts aufrechtzuerhalten, den Austausch zu vertiefen, das gegenseitige Verständnis zu verbessern und die stabile Entwicklung der chinesisch-britischen Beziehungen zu fördern.” Cleverly hatte ursprünglich im Juli nach Peking reisen sollen. Seine Reise wurde jedoch, wie auch die des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, in den Wirren um das Verschwinden des ehemaligen Außenministers Qin Gang verschoben.

    Die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Ein zentraler Konfliktpunkt ist die Situation in der ehemaligen britischen Kolonie Hongkong. Mehrere Hongkonger Aktivisten leben im Exil in Großbritannien. Auch kritisierte London Menschenrechtsverletzungen und Chinas Unterstützung für Russland. Cleverly hatte im Juni gesagt, er werde Themen wie Xinjiang und Hongkong bei dem Besuch ansprechen. Auch wolle er Peking auffordern, 2021 verhängte Sanktionen gegen fünf britische Parlamentarier aufzuheben. ari

    • Diplomatie
    • Großbritannien

    Volkswagen muss wieder Preise senken

    Die Rabattschlacht auf dem chinesischen Automarkt geht in die nächste Runde: Volkswagen hat im August Sonderangebote von bis zu 60.000 Yuan (gut 7.600 Euro) für neun verschiedene SUV-Modelle angeboten, wie Nikkei Asia berichtet. Schon im Juli hatte VW den Preis für sein Basis-Elektromodell ID.3 erheblich gesenkt – um 37.000 Yuan (gut 4.500 Euro) auf einen Einstiegspreis ab 125.900 Yuan (knapp 16.000 Euro).

    Der deutsche Konzern ist mit seiner Rabattpolitik keineswegs allein. Der US-Autobauer Tesla hatte die preisliche Abwärtsspirale im Januar begonnen – und senkte auch im August wieder die Preise mehrerer Varianten seines Model Y. Und auch die chinesische Konkurrenz mischt im Preiswettbewerb munter mit. Zhejiang Leapmotor hat den Preis eines SUVs um 20.000 Yuan gesenkt, Geely bietet zehn Prozent Rabatt auf sein Oberklasse-SUV der Marke Zeekr.

    Die Befürchtung lautet nun, dass die ohnehin verunsicherten Verbraucher ihre Anschaffungen weiter hinauszögern, weil sie auf noch niedrigere Preise hoffen. Chinas Regierung versucht daher auf die Industrie einzuwirken, keine zu hohen Nachlässe zu gewähren. fin

    • Autoindustrie
    • Deflation
    • Tesla
    • Volkswagen

    Presseschau

    Besuch in Xinjiang: Xi fordert mehr Härte gegen Uiguren FAZ
    Erste Auslandsreise nach Haftbefehl: Putin besucht Xi Jinping in China BERLINER-ZEITUNG
    U.S. Does Not Want to “Decouple” From China, Commerce Chief Says NYTIMES
    Commerce secretary says US firms complain China is “uninvestable” CHANNELNEWSASIA
    “It has no basis”: India rejects China’s new map showing Arunachal as its territory BUSINESSTODAY
    Indians trust Putin more than Xi as a global leader, reflecting China distrust: Pew survey STRAITSTIMES
    South Africa, China, Russia amongst first congratulatory messages to Zimbabwe over disputed polls AFRICANEWS
    Anreiz für Hochzeiten: Schrumpfende Bevölkerung – Chinesische Behörde zahlt Prämien, wenn Frauen unter 25 heiraten STERN
    Leiser Abschied: Immer mehr deutsche Städte wenden sich von China ab CAPITAL
    Investieren in China: Die Angst vor Chinas Japanisierung FUW
    Energiebedarf in China: Zwei neue Kohlekraftwerke pro Woche TAGESSCHAU
    China taumelt: Immobilienkrise sorgt für heftigen Konsumschock MORGENPOST
    Konjunktur und Wachstum: China verlängert Steuernachlässe für Ausländer TAGESSCHAU
    Hongkong als Fintech-Marktführer mit der Einführung von HashKey Exchange CRYPTOPOLITAN
    Dollar Stamina Hinges More on China Than Fed, Bank of America Says BNNBLOOMBERG
    European Stocks Rise as China Measures and US Data Bolster Mood BLOOMBERG
    Chinas Einfluss in Angola: Kilamba – wie China die grösste Retortenstadt Afrikas baute SRF
    Meta says it has disrupted a massive disinformation campaign linked to Chinese law enforcement CNBC
    China feiert Meilenstein bei Kernfusion FUTUREZONE
    China should come clean on vanishing minister, top EU official says POLITICO
    UK foreign secretary hits back at Tory critics of China policy FT

    Heads

    Yi-Wei Keng – Dramaturg erhält Goethe-Medaille

    Yi-Wei Keng
    Carola Lentz,(l), Präsidentin des Goethe-Institutes gratuliert Yi-Wei Keng, Kurator und Dramaturg aus Taiwan, bei der Verleihung der Goethe-Medaille 2023.

    Gemeinsam mit dem georgischen Filmmanager Gaga Chkheidze und dem Kuratorinnenkollektiv der OFF-Biennale aus Ungarn hat der taiwanische Dramaturg Yi-Wei Keng 一偉耿 am Montag in Weimar die Goethe-Medaille verliehen bekommen. Die vom Goethe-Institut vergebene Auszeichnung ehrt Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise für den weltweiten Kulturaustausch einsetzen. “Yi-Wei Keng ist einer der wichtigsten Impulsgeber für Kulturaustausch in Taiwan, insbesondere auch für die Vernetzung mit der deutschen Theaterszene”, erklärte Carola Lentz, Präsidentin des Goethe-Instituts, anlässlich der Verleihung.

    Fokus auf deutsch-taiwanischer Zusammenarbeit

    Yi-Wei Keng wurde 1969 geboren und wuchs in Hualien auf. Nach einem Philosophiestudium ging er 1997 für zwei Jahre nach Prag, wo er durch Zufall in einem Studiengang für nonverbales Theater landete. “Zurück in Taiwan arbeitete ich mit gehörlosen Menschen, da war nonverbales Theater ideal. Inklusives Theater gab es damals hier noch gar nicht”, erzählte Keng in einem Interview mit der taz.

    Bald darauf wurde Keng künstlerischer Leiter des Taipei Arts Festivals, wo er auch in den Bereichen experimentelles Theater, Tanz im öffentlichen Raum und im Kindertheater Standards setzte. In dieser Position organisierte er von 2012 bis 2017 Kooperationen mit Theaterhäusern auf der ganzen Welt und setzte dabei einen Fokus auf eine deutsch-taiwanische Zusammenarbeit. So hat Yi-Wei Keng unter anderem Inszenierungen des Deutschen Theaters Berlin, der Gruppe Rimini Protokoll oder von Raumlabor Berlin nach Taiwan geholt. Auch im Vorwort von in Taiwan veröffentlichten Übersetzungen deutscher Romane findet man oftmals seine Gedanken.

    Kengs Konzept “Axis Taipei & International Collaboration” war nicht zuletzt ein Versuch, das auf der politischen Weltbühne isolierte Taiwan mit den Mitteln der Kunst diplomatisch zu repräsentieren. “Taiwan unterhält kaum offizielle Beziehungen zu anderen Staaten. Kultur ist daher umso wichtiger”, sagt er. Kengs Vision ist es, dass sich Künstler auf der ganzen Welt mit taiwanischen Kunstschaffenden vernetzen und anfreunden. So könnten sie in einem Nebeneffekt die Insel kennen und lieben lernen – und setzten sich vielleicht eines Tages für sie ein, sollte China aggressiv in Taiwan einfallen.

    Mehr Sichtbarkeit mit den Mitteln der Kunst

    Keng macht sich Sorgen, dass Taiwan ein noch schlimmeres Schicksal blühen könnte wie Hongkong: “In Hongkong wurde die Macht friedlich an China übergeben. Taiwan hat jedoch ein eigenes Militär. Uns würde eher eine Situation erwarten, wie wir sie gerade in der Ukrai­ne erleben.” Bis auf Weiteres würde Peking jedoch versuchen, Taiwan zu spalten, um so Kontrolle auszuüben.

    Mit seiner Kunst will Yi-Wei Keng deshalb weiterhin die Sichtbarkeit und die Identität der Taiwaner stärken. Seit 2018 tut er das als Dramaturg am National Kaohsiung Center for the Arts, einem der drei wichtigsten Theaterhäuser der Insel, wo er gleich vier große Bühnen bespielen kann. Zudem ist er Co-Kurator am Tanzfestival “Want to Dance” in Taipei und seit diesem Jahr Verantwortlicher beim Tainan Arts Festival im Süden Taiwans. Er habe als Künstler eine Verantwortung gegenüber seiner Heimat, sagt er in einem Video-Beitrag des Goethe-Institutes. “Ich muss meinen Einfluss nutzen, damit noch mehr Menschen Taiwan wahrnehmen.” Fabian Peltsch

    • Goethe Institut

    Personalien

    Li Xinming – auch bekannt als Jeff Li – ist beim US-Speicherchiphersteller Micron Technologies zum Head of China Government Affairs ernannt worden.

    Rod Ireland, Head of Global Markets Asia-Pacific, ist zum Interimschef von RBC Wealth Management Asien befördert worden. Er ersetzt Terence Chow, der die Bank kürzlich verlassen hat.

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    Dessert

    Kein UFO, sondern ein Museum. Vielleicht auch eine Zeitmaschine. Es dauert nur noch knapp zwei Monate, bis in Chengdu Science Fiction-Fans mit ihr abheben. Denn im Oktober werden hier die Hugo Awards vergeben, quasi die Oscars der Science Fiction- und Fantasy-Literatur. Für die zugehörige Veranstaltung, die 81. World Science Fiction Convention Worldcon, haben Zaha Hadid Architects (ZHA) mit dem Chengdu Science Fiction Museum eigens einen standesgemäßen Austragungsort entworfen. Das Event findet in diesem Jahr zum ersten Mal in China statt.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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