US-Abgeordnete haben Ende Januar einen parteiübergreifenden Gesetzentwurf eingebracht, der auch global agierende deutsche Unternehmen stark treffen könnte. Nach 25 Jahren könnte Chinas PNTR-Status bald Geschichte sein – die USA stehen kurz davor, den bevorzugten Handelsstatus der Volksrepublik zu beenden. Sollte der Entzug kommen, wäre China aus US-Sicht wirtschaftlich auf einer Stufe mit Iran, Nordkorea und Belarus. Ein ausgestoßener Handelspartner. Es wäre eine der radikalsten Veränderungen im globalen Handel der letzten Jahrzehnte. Welche Folgen dieser Schritt nach sich ziehen könnte, hat Marcel Grzanna für Sie aufgeschrieben.
Unsere zweite Analyse widmet sich einem Kulturprojekt, das Xi Jinping persönlich am Herzen liegt. In vier Archiven, die über ganz China verteilt sind, sollen “die goldenen Saatkörner” der chinesischen Kultur bewahrt werden, “damit sie an künftige Generationen weitergegeben werden können”. Mit dieser “Genbank der chinesischen Kultur” treibt Xi Jinping die Vereinigung des klassischen und marxistischen Erbes voran. Die Kommunistische Partei inszeniert sich als rechtmäßige Hüterin der Tradition – und nutzt Geschichtsschreibung als Instrument politischer Macht, schreibt Andrew Stokols.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Tag,
Das mögliche Ende von Chinas PNTR-Status nach 25 Jahren ist nur noch die Verabschiedung eines Gesetzentwurfes entfernt. Die Permanent Normal Trade Relations (PNTR) beschreiben den Status dauerhafter normaler Handelsbeziehungen und sind in den Vereinigten Staaten eine gesetzliche Bezeichnung für den Freihandel mit einem fremden Staat. Zahlreiche republikanische und demokratische Abgeordnete sowie Senatoren wollen auf Initiative von Präsident Donald Trump die rechtliche Grundlage schaffen, damit die USA schon in wenigen Wochen die PNTR mit der zweitgrößten Volkswirtschaft beenden können. Der PNTR-Status garantiert den meisten Staaten der Welt einen einfachen Zugang zum US-Markt. Eine Aberkennung würde China zu einem ausgestoßenen Handelspartner machen.
Wirtschaftsverbände wie der BDI oder die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) äußern sich auf Anfrage besorgt. “Sollten die USA China den PNTR-Status entziehen, hätte das nicht nur dramatische Auswirkungen für chinesische Exporteure mit US-Geschäft, sondern auch erhebliche Folgen für den globalen Handel und die deutsche Wirtschaft, die eng mit beiden Ländern vernetzt ist”, sagt Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Investitionen würden noch stärker als bisher überdacht werden und möglicherweise zu Standortverlagerungen oder gar dem Rückzug aus China führen.
Die Schockwellen eines Entzugs wären in der ganzen Welt zu spüren. Treier befürchtet, dass chinesische Überkapazitäten auf den europäischen Markt umgelenkt würden – mit erhöhtem Wettbewerbsdruck für Unternehmen des Kontinents. “Dies würde auch eine Belastung für die Handelsbeziehungen zwischen China und der EU bedeuten”, sagt er. Das Bundeswirtschaftsministerium teilt mit, es wolle sich zwar nicht zu “inner-amerikanischen Angelegenheiten” äußern, verfolge aber “selbstverständlich” die Entwicklung.
“Die Initiative verdeutlicht den wachsenden politischen Druck in den USA, wirtschaftliche Abhängigkeiten von China zu reduzieren und strategische Lieferketten zu schützen”, sagt Konjunktur-Experte Jasper Lüke vom Mittelstandsverband BVMW. “Zudem könnte ein eskalierender Handelskonflikt das globale Wirtschaftswachstum bremsen, das Investitionsklima verschlechtern und damit auch die Nachfrage im europäischen Binnenmarkt schwächen”, warnt Lüke. Lediglich Iran, Nordkorea und Belarus müssen zurzeit ohne PNTR-Status auskommen. Doch deren wirtschaftliche Bedeutung ist marginal. China dagegen ist für viele Staaten und Regionen als Abnehmer und Zulieferer unverzichtbar.
Besonders zu kämpfen hätten deutsche Unternehmen, die eng in globale Lieferketten eingebunden sind, die sowohl die USA als auch China umfassen. “Höhere Zölle und mögliche Gegensanktionen könnten den Handel zwischen diesen beiden Wirtschaftsmächten erschweren, was zu Lieferengpässen, steigenden Produktionskosten und Unsicherheiten für deutsche Firmen führen würde”, sagt Lüke.
Viele deutsche Unternehmen scheuen protektionistische Maßnahmen, weil sie tendenziell Unsicherheiten erzeugen und langfristige Planungen erschweren. Das gilt insbesondere für jene Firmen, die Produktionsstandorte in China betreiben. Doch auch solche, die dem Anschein nach von erschwerten Bedingungen für chinesische Konkurrenten profitieren, wenn sie aus Europa in die USA exportieren, würden unter einer Verschärfung der Handelskonflikte leiden. Besonders betroffen wären auch internationale Lieferketten, da China eine zentrale Rolle in vielen Wertschöpfungsprozessen spielt. Branchen wie Maschinenbau, Automobilindustrie und Elektrotechnik müssten wohl mit höheren Kosten und geringerer Verlässlichkeit rechnen.
Der im Januar 2025 eingebrachte Restoring Trade Fairness Act ist Ausdruck dafür, dass die politischen Bestrebungen in den USA immer konkreter werden, um Chinas PNTR-Status tatsächlich zu beenden. “Chinas PNTR-Status hat die Kommunistische Partei Chinas bereichert, während er die Vereinigten Staaten Millionen von Arbeitsplätzen gekostet hat”, begründete der federführende Senator Tom Cotton, ein Republikaner aus Arkansas, die Gesetzesinitiative. Die umfassende Aufhebung und die Reform der Handelsbeziehungen zwischen den USA und China würden amerikanische Arbeitnehmer schützen, die nationale Sicherheit der USA verbessern und den Einfluss der chinesischen Kommunisten auf die amerikanische Wirtschaft beenden, glaubt Cotton.
Gut 25 Jahre ist es her, dass die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright die Erteilung des PNTR-Status an China als “die richtige Entscheidung für Amerika” bezeichnet hatte. Die permanenten normalen Handelsbeziehungen ebneten der Volksrepublik schließlich den Weg in die Welthandelsorganisation (WTO), was ihren steilen Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft ermöglichte. Doch obwohl US-Unternehmen viele Jahre sehr viel Geld mit und in China verdienten, blickt die US-Politik heute desillusioniert auf die Beziehungen.
Was der PNTR-Entzug für das ohnehin angeschlagene Welthandelssystem bedeutet, ist unter Experten relativ eindeutig. Es würde weiter destabilisiert, und auch die WTO könnte geschwächt aus dem Konflikt herauskommen, glaubt DIHK-Außenhandelsexperte Treier. Die WTO gilt als Hüterin globaler Handelsregeln. Sie fördert ein offenes, stabiles und vorhersehbares Marktumfeld und ist mit ihrer Autorität eine wichtige Stütze für international agierende Unternehmen.
Sollte die WTO an Einfluss verlieren, müssen es andere richten. BDI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Niedermark sieht die EU in der Pflicht. Es sei wichtig, so Niedermark, “dass die EU-Kommission ihre Möglichkeiten nutzt, um der Erosion des regelbasierten Handelssystems entgegenzuwirken.”
Der chinesische Botschafter bei der Welthandelsorganisation, Li Chenggang, sprach am Dienstag von Unilateralismus der Amerikaner, der das “regelbasierte Handelssystem zum Kippen bringen könnte”. Die WTO, so Li, müsse ihre Stimme behalten.
Am Fuße des Berges Yangshan nördlich von Peking, nahe der zentralen Achse der Hauptstadt, liegt das Nationale Archiv für Publikationen und Kultur (NAPC). Von der Zentralen Propagandaabteilung in Auftrag gegeben, steht es unter oberster staatlicher Schirmherrschaft. “Ich habe dieses Projekt persönlich abgesegnet und ihm große Aufmerksamkeit gewidmet”, sagte Staatschef Xi Jinping bei einem Besuch im Juni 2023.
In einem Artikel der Parteizeitung Qiushi vom September 2023 wurde das Projekt als “Saatgut-Tresor der fortwährenden chinesischen Zivilisation” bezeichnet. Diese “Genbank der chinesischen Kultur” bewahrt “die goldenen Saatkörner der Kultur, damit sie an künftige Generationen weitergegeben werden können”. Die Begriffe sind symbolisch gemeint, denn tatsächlich werden im “Saatgut-Tresor” Bücher, Kulturgüter und Dokumente anstelle tatsächlicher Pflanzensamen besammelt und verwahrt.
Es finden sich einige interessante Parallelen zwischen dem NAPC als “Saatgut-Tresor” der chinesischen Zivilisation und dem 2008 fertiggestellten “Svalbard Global Seed Vault” im norwegischen Spitzbergen. Der von Peter Soderman entworfene Svalbard Saatgut-Tresor liegt in einer abgelegenen Region in Spitzbergen, einem der nördlichsten bewohnten Gebiete der Welt. Er wurde als sicherer Aufbewahrungsort für Pflanzensamen aus aller Welt konzipiert, um angesichts des Klimawandels und der wachsenden Bedrohung der globalen Artenvielfalt die Diversität der Pflanzen zu erhalten.
Der 2008 eröffnete Svalbard-Tresor wird von der norwegischen Regierung betrieben, ist aber als “globaler Tresor” konzipiert, in den jedes Land Saatgut einlagern kann. Der NAPC dient hingegen der Aufbewahrung des “kulturellen Saatguts” der chinesischen Zivilisation und dient damit ausschließlich nationalen Vorstellungen.
Seit seinem Amtsantritt hat Xi den Begriff “kulturelles Selbstvertrauen” (wenhua zixin – 文化自信) als Teil der “vier Vertrauen” propagiert – Vertrauen in den Weg, die Theorie, das System und die Kultur (des “Sozialismus chinesischer Prägung”). Unter Xi hat die Partei ein wachsendes Interesse an dem, was die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Elizabeth Perry als “Cultural Governance” bezeichnet – den “Einsatz symbolischer Ressourcen als Instrument politischer Autorität … auf eine Weise, die den unverwechselbar ‘chinesischen’ Charakter des politischen Systems unterstreicht.”
Das Nationale Archiv für Publikationen und Kultur setzt auf ein landesweites “1+3-System” mit einer Hauptstelle in Peking. Die vier Archive sind in alle Himmelsrichtungen verteilt: Guangzhou im Süden, Hangzhou im Osten, Xi’an im Westen und Peking im Norden. Das Archiv in Peking steht auf dem Gelände eines stillgelegten Steinbruchs, um “Abfall in einen Schatz zu verwandeln, den doppelten Nutzen für Mensch und Natur zu verwirklichen und das Entwicklungskonzept der neuen Ära umzusetzen”.
Unter der bebauten Fläche von 380.000 Quadratmetern befindet sich ein 55.000 Quadratmeter großes unterirdisches Archiv. Die abgelegene Lage der NAPC-Standorte sowie deren große unterirdische Lagerräume lassen vermuten, dass der Schwerpunkt auf “Sicherung” und “Bewahrung” liegt, während die öffentliche Zugänglichkeit – anders als bei den meisten Museen – eher zweitrangig ist.
Die Kommunistische Partei entscheidet dabei, was als “Samen” der chinesischen Zivilisation gilt. Die Sammlung des NAPC konzentriert sich hauptsächlich auf den Schutz historischer Texte und “Editionen” (banben). Dieser Begriff umfasst alles von historischen Ausgaben klassischer Bücher bis hin zu Briefmarken, zeitgenössischen Büchern und frühen Dokumenten der Kommunistischen Partei. Eine Ausstellung im Eingangsfoyer der Pekinger Hauptstelle trägt den Titel “Zeugen großer Errungenschaften” und würdigt die Leistungen des neuen China (nach der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949), etwa die industrielle Entwicklung, und beinhaltet Originalwerke von Mao.
Nicht weit davon entfernt, in der achteckigen, 15 Meter hohen Wenhan-Halle (文瀚阁), befinden sich Originalausgaben einiger der berühmtesten chinesischen enzyklopädischen Sammlungen wie das Si Ku Quanshu (四库全书), die Yongle Dadian (永乐大典) und die “Sammlung von Tafeln und Schriften aus alter und neuer Zeit” (Gujin Tushu Jicheng – 古今图书集成), die während der Qing-Dynastie zwischen 1700 und 1725 unter den Kaisern Kangxi und Yongzheng verfasst wurden.
In der Hangzhouer Zweigstelle sind Originalausgaben sowie chinesische Übersetzungen des Manifests der Kommunistischen Partei unweit der Yongle-Enzyklopädie aus der Qing-Dynastie ausgestellt. Die räumliche Nähe impliziert, dass alle diese Werke Teil einer fortlaufenden chinesischen Literaturtradition sind – und dass die Kommunistische Partei unter Xi sich zunehmend als rechtmäßiger Verwalter und Verteidiger dieser “Tradition” präsentiert. Ein weiteres Exponat im Hangzhou-Pavillon befasst sich mit der Rolle der Literatur-Familien bei der Förderung konfuzianischer Werte.
An jedem Standort war man bemüht, bedeutende antike Texte und Artefakte neben Schriften und Werken zur kommunistischen Geschichte Chinas, der sogenannten “roten Kultur”, auszustellen. So sollen buchstäblich Werke der “herausragenden traditionellen chinesischen Kultur” und “klassische Werke der roten Kultur” unter einem Dach vereint werden. Bei einem Besuch des Komplexes im Juni würdigte Xi persönlich die Aufnahme von Werken aus den Anfangsjahren der Kommunistischen Partei, etwa “Drei rote Romane” (San Hong Yi Chuang), “Die Verteidigung von Yanan” (Baowei Yanan) und “Lieder der Jugend” (Qingshan Baolin).
Das Archiv zeugt von Xis Bemühungen, traditionelle chinesische Kultur und marxistische Kultur zu vereinen – die sogenannte “zweifache Integration” (两个结合 – liang ge jiehe). Der Begriff der “zweifachen Integrationen” ist ein neues ideologisches Konzept der Kommunistischen Partei, demzufolge sich der Marxismus in den Kontext Chinas integrieren musste. Die erste Integration war die ursprüngliche Einführung und Verbreitung des Marxismus unter Mao. Nun will Xi den Marxismus weiter sinisieren.
Der NAPC knüpft direkt an die in vielen historischen Dynastien gängige Praxis der Kaiser an, Archivsammlungen anzulegen, um wichtige historische Texte aus früheren Epochen zu “kuratieren”. In der Praxis bedeutete dies auch ein hohes Maß an Zensur und Geschichtsrevisionismus – die Streichung von Passagen oder das Umschreiben von Textteilen, an denen sich die herrschende Dynastie störte. Wie der Historiker Kent Guy in seinem Buch über Qianlongs Siku Quanshu zeigt, schrieb der Kaiser historische Texte um und redigierte sie, um Stellen zu entfernen, die als beleidigend für die Mandschus, die Nan-Han-Herrschergruppe der Qing, empfunden wurden.
Eine weitere Parallele zum heutigen Projekt ist, dass in ganz China sieben Bibliotheken errichtet wurden, in denen Kopien des Siku Quanshu aufbewahrt wurden. Eine befand sich in der Verbotenen Stadt in Peking, eine andere in Hangzhou in der Nähe des Westsees. Die Parallelen zum NAPC sind offensichtlich und werden sogar in einigen Dokumenten erwähnt, in denen das aktuelle Projekt als Teil einer einzigartigen chinesischen Archivtradition beschrieben wird. Andrew Stokols
Andrew Stokols ist Dozent am MIT Department of Urban Studies and Planning und Forschungspartner an der Harvard Kennedy School.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
China unterstützt laut Außenminister Wang Yi alle Bemühungen für Friedensgespräche in der Ukraine. Das sagte Wang am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat. Er betonte, dass Gaza und das Westjordanland “kein Verhandlungsobjekt bei politischen Kompromissen” seien.
Nachdem sich russische und US-Beamte am Dienstag in Saudi-Arabien getroffen und vereinbart hatten, die Bemühungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine voranzutreiben, sagte Wang vor dem Sicherheitsrat: “China unterstützt alle Bemühungen, die Friedensgesprächen förderlich sind.”
Er sagte, Peking werde weiterhin den vier Punkten folgen, die der chinesische Präsident Xi Jinping dargelegt hatte: Respekt für die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder; Einhaltung der Ziele und Grundsätze der UN-Charta; gebührende Berücksichtigung der legitimen Sicherheitsbedenken aller Länder und Unterstützung von Bemühungen, die einer friedlichen Beilegung der Krise förderlich sind.
Wang leitete eine Sitzung des 15-köpfigen Sicherheitsrats zum Thema Multilateralismus, da China im Februar die Präsidentschaft innehat. rtr
Das chinesische und das australische Militär haben nach einer mehrjährigen Pause verteidigungspolitische Gespräche auf Regierungsebene wieder aufgenommen. Thema des ersten bilateralen strategischen Verteidigungsdialogs seit 2019 waren China zufolge die Beziehungen beider Länder sowie “die regionale Sicherheit und andere Themen von gemeinsamem Interesse”.
Laut dem chinesischen Verteidigungsministerium wollen beide Seiten “die strategische Kommunikation im Verteidigungsbereich weiter stärken” sowie Streitigkeiten und Differenzen angemessen behandeln. Die australische Regierung betonte, alle Länder in der Region sollten “sicher und professionell” handeln, um “das Risiko einer Fehlkalkulation oder Eskalation zu vermeiden”. Australiens Premierminister Albanese kündigte an, bei einem jährlichen Treffen mit dem chinesischen Premierminister Li Qiang die Gespräche fortzusetzen.
Zuletzt hatte die chinesische Führung Australien vorgeworfen, bei einer Seeüberwachungspatrouille im umstrittenen Südchinesischen Meer “absichtlich in seinen Luftraum eingedrungen” zu sein. Australien protestierte gegen das als “unsicher und unprofessionell” bezeichnete Vorgehen eines J-16-Kampfflugzeugs der chinesischen Luftwaffe, das Berichten zufolge Leuchtraketen in der Nähe eines australischen Aufklärungsflugzeugs abwarf und bis auf 30 Meter an das Flugzeug herankam. Australien wies die Anschuldigungen Pekings zurück und betonte, sein Vorgehen stehe in vollem Einklang mit dem Völkerrecht. lp
Die chinesische Regierung will 200 ihrer Staatsbürger aus Thailand ausfliegen. Die Männer und Frauen waren vor wenigen Tagen aus den Fängen krimineller Banden im Grenzgebiet zwischen Thailand und Myanmar befreit worden. Viele von ihnen waren offenbar dorthin verschleppt und gezwungen worden, für die Banden bei groß angelegten Online-Betrügereien, in sogenannten Scam-Zentren, zu arbeiten. Die Menschen würden am Donnerstag aus dem thailändischen Mae Sot ausgeflogen, sagte ein Sprecher des thailändischen Verteidigungsministeriums.
Hunderttausende von Menschen, die von kriminellen Banden verschleppt wurden, sind nach Angaben der Vereinten Nationen gezwungen, in solchen Scam-Lagern zu arbeiten. Sie sind in ganz Südostasien, auch im Grenzgebiet zwischen Thailand und Myanmar, entstanden.
Die Behörden Myanmars hatten nach Berichten in Staatsmedien zuletzt 273 Ausländer in Onlinebetrugs-Zentren um den Ort Myawaddy festgenommen. Beamte aus China, Myanmar und Thailand trafen sich diese Woche dort, um über gemeinsame Maßnahmen gegen den Onlinebetrug zu beraten.
Vor Kurzem hatte der Fall des chinesischen Schauspielers Wang Xing in China für großes Aufsehen gesorgt. Wang war mit dem Versprechen auf eine Rolle nach Thailand gelockt und entführt worden. Er ist bereits nach China zurückgekehrt. rtr
Taiwan prüft offenbar den Kauf von Rüstungsgütern im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar von den Vereinigten Staaten, um Unterstützung von der neuen Trump-Regierung zu erhalten. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf drei Insider-Quellen. Einer Quelle zufolge solle das Paket Marschflugkörper zur Küstenverteidigung und HIMARS-Raketen enthalten. “Ich wäre sehr überrascht, wenn es sich um weniger als acht Milliarden Dollar handeln würde. Irgendwo zwischen sieben und zehn Milliarden Dollar”, fügte die Quelle hinzu.
Die taiwanische Regierung plant laut einer zweiten mit der Angelegenheit vertrauten Quelle zudem, ein spezielles Verteidigungsbudget vorzuschlagen. Dieses solle Präzisionsmunition, Luftverteidigungs-Upgrades, Kommando- und Kontrollsysteme, Ausrüstung für die Reservekräfte und Anti-Drohnen-Technologie priorisieren.
Das Verteidigungsministerium bestätigte, dass es sich auf den Ausbau seiner Verteidigungsanlagen konzentriere. “Alle Waffen und Ausrüstungen, mit denen diese Ziele für den Aufbau des Militärs erreicht werden können, stehen auf der Liste der Ausschreibungsziele”, hieß es. Der nationale Sicherheitsberater der USA, Mike Waltz, hatte zuvor erklärte, er wolle die Lieferung von Waffen an Taiwan beschleunigen. rtr
Deutschland hat seit 2015 gegenüber China in großen Teilen der Welt Exportanteile eingebüßt. Zu diesem Schluss kommt die Studie “Alarmsignale vom deutschen Export” des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Demnach legte China vor allem bei Exporten in Schwellenländer, insbesondere Thailand und Brasilien, sehr stark zu.
Die Studie führt dies auch darauf zurück, dass sich Chinas preisliche Wettbewerbsfähigkeit, besonders gegenüber Deutschland, in den letzten Jahren deutlich verbessert habe. Als einen Faktor sehen die Autoren dabei die chinesische Währungspolitik: Obwohl das deutsche Handelsbilanzdefizit gegenüber China heute deutlich höher liegt als 2015, hat sich Chinas nominaler Wechselkurs gegenüber dem Euro kaum verändert. Dies spreche dafür, dass der chinesische Renminbi gegenüber dem Euro deutlich unterbewertet ist.
In den USA, Japan und Frankreich verlor China dagegen deutlich an Importmarktanteilen. Speziell die USA erschwerten seit der ersten Trump-Amtszeit den Marktzugang für chinesische Importe
teilweise durch deutlich höhere Zölle. Chinas Exporte drängten daher auf andere Märkte. Deutschlands nominaler Anteil am weltweiten Exportvolumen lag 2024 bei 6,2 Prozent, China kam auf 11,9 Prozent. Im Vergleich zu 2015 verlor Deutschland weltweit 0,7 Prozent an Exportanteilen, China gewann 0,7 Prozent hinzu.
Auch weitere Schwellenländer gewannen der Studie zufolge gegenüber Deutschland an Weltmarktexportanteilen, darunter Indien und Vietnam. In der Gesamtschau habe Deutschland in 131 von 193 Importländern zwar nicht in absoluten Zahlen, aber nach Anteilen an Exportkraft eingebüßt. Zu den weiteren Verlierern bei den globalen Exportanteilen zählt die Studie die USA, Japan und Frankreich. lp
Simon Davies wird mit sofortiger Wirkung neuer Präsident von SAP Asia Pacific. Davies, der seinen Sitz in Singapur hat, wird die Partner- und Profitabilitätsstrategie des Unternehmens in Australien und Neuseeland, Greater China, Indien, Japan, Korea und Südostasien verantworten. Zuletzt war er über drei Jahre lang Senior Vice President und General Manager für Asien-Pazifik und Japan beim US-Softwareunternehmen Splunk.
Wu Yonghui übernimmt beim TikTok-Mutterkonzern ByteDance die Leitung der Grundlagenforschung im Bereich Künstliche Intelligenz (KI). Zwischen 2014 und 2023 war Wu Teil von Google Brain, dem Forschungsteam des Unternehmens, das in Bereichen wie maschinellem Lernen, Genomik und natürlichem Sprachverständnis tätig ist. Im September 2023 wurde er zum Google Fellow befördert – eine Position, die dem Rang eines Vice President für Manager entspricht. Wus letzte Position bei Google war Vice President of Research im KI-Forschungslabor DeepMind.
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Zuwachs im Jurassic Park: Basierend auf einem in China entdeckten Skelett eines acht bis zehn Meter langen Pflanzenfressers aus der frühen Jurazeit, die vor 201 Millionen Jahren begann und vor 145 Millionen Jahren endete, kommen chinesische Wissenschaftler zu dem Schluss, dass es sich bei dem Langhals um eine bislang unbekannte Dinosaurier-Spezies handeln muss. Die sehr gut erhaltenen Rückenwirbel von Xingxiulong yueorum wurden bereits 2015 in der Provinz Yunnan ausgegraben, die Erkenntnisse der archäologischen Analysen jedoch erst jetzt in der Fachzeitschrift Historical Biology veröffentlicht.
US-Abgeordnete haben Ende Januar einen parteiübergreifenden Gesetzentwurf eingebracht, der auch global agierende deutsche Unternehmen stark treffen könnte. Nach 25 Jahren könnte Chinas PNTR-Status bald Geschichte sein – die USA stehen kurz davor, den bevorzugten Handelsstatus der Volksrepublik zu beenden. Sollte der Entzug kommen, wäre China aus US-Sicht wirtschaftlich auf einer Stufe mit Iran, Nordkorea und Belarus. Ein ausgestoßener Handelspartner. Es wäre eine der radikalsten Veränderungen im globalen Handel der letzten Jahrzehnte. Welche Folgen dieser Schritt nach sich ziehen könnte, hat Marcel Grzanna für Sie aufgeschrieben.
Unsere zweite Analyse widmet sich einem Kulturprojekt, das Xi Jinping persönlich am Herzen liegt. In vier Archiven, die über ganz China verteilt sind, sollen “die goldenen Saatkörner” der chinesischen Kultur bewahrt werden, “damit sie an künftige Generationen weitergegeben werden können”. Mit dieser “Genbank der chinesischen Kultur” treibt Xi Jinping die Vereinigung des klassischen und marxistischen Erbes voran. Die Kommunistische Partei inszeniert sich als rechtmäßige Hüterin der Tradition – und nutzt Geschichtsschreibung als Instrument politischer Macht, schreibt Andrew Stokols.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Tag,
Das mögliche Ende von Chinas PNTR-Status nach 25 Jahren ist nur noch die Verabschiedung eines Gesetzentwurfes entfernt. Die Permanent Normal Trade Relations (PNTR) beschreiben den Status dauerhafter normaler Handelsbeziehungen und sind in den Vereinigten Staaten eine gesetzliche Bezeichnung für den Freihandel mit einem fremden Staat. Zahlreiche republikanische und demokratische Abgeordnete sowie Senatoren wollen auf Initiative von Präsident Donald Trump die rechtliche Grundlage schaffen, damit die USA schon in wenigen Wochen die PNTR mit der zweitgrößten Volkswirtschaft beenden können. Der PNTR-Status garantiert den meisten Staaten der Welt einen einfachen Zugang zum US-Markt. Eine Aberkennung würde China zu einem ausgestoßenen Handelspartner machen.
Wirtschaftsverbände wie der BDI oder die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) äußern sich auf Anfrage besorgt. “Sollten die USA China den PNTR-Status entziehen, hätte das nicht nur dramatische Auswirkungen für chinesische Exporteure mit US-Geschäft, sondern auch erhebliche Folgen für den globalen Handel und die deutsche Wirtschaft, die eng mit beiden Ländern vernetzt ist”, sagt Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Investitionen würden noch stärker als bisher überdacht werden und möglicherweise zu Standortverlagerungen oder gar dem Rückzug aus China führen.
Die Schockwellen eines Entzugs wären in der ganzen Welt zu spüren. Treier befürchtet, dass chinesische Überkapazitäten auf den europäischen Markt umgelenkt würden – mit erhöhtem Wettbewerbsdruck für Unternehmen des Kontinents. “Dies würde auch eine Belastung für die Handelsbeziehungen zwischen China und der EU bedeuten”, sagt er. Das Bundeswirtschaftsministerium teilt mit, es wolle sich zwar nicht zu “inner-amerikanischen Angelegenheiten” äußern, verfolge aber “selbstverständlich” die Entwicklung.
“Die Initiative verdeutlicht den wachsenden politischen Druck in den USA, wirtschaftliche Abhängigkeiten von China zu reduzieren und strategische Lieferketten zu schützen”, sagt Konjunktur-Experte Jasper Lüke vom Mittelstandsverband BVMW. “Zudem könnte ein eskalierender Handelskonflikt das globale Wirtschaftswachstum bremsen, das Investitionsklima verschlechtern und damit auch die Nachfrage im europäischen Binnenmarkt schwächen”, warnt Lüke. Lediglich Iran, Nordkorea und Belarus müssen zurzeit ohne PNTR-Status auskommen. Doch deren wirtschaftliche Bedeutung ist marginal. China dagegen ist für viele Staaten und Regionen als Abnehmer und Zulieferer unverzichtbar.
Besonders zu kämpfen hätten deutsche Unternehmen, die eng in globale Lieferketten eingebunden sind, die sowohl die USA als auch China umfassen. “Höhere Zölle und mögliche Gegensanktionen könnten den Handel zwischen diesen beiden Wirtschaftsmächten erschweren, was zu Lieferengpässen, steigenden Produktionskosten und Unsicherheiten für deutsche Firmen führen würde”, sagt Lüke.
Viele deutsche Unternehmen scheuen protektionistische Maßnahmen, weil sie tendenziell Unsicherheiten erzeugen und langfristige Planungen erschweren. Das gilt insbesondere für jene Firmen, die Produktionsstandorte in China betreiben. Doch auch solche, die dem Anschein nach von erschwerten Bedingungen für chinesische Konkurrenten profitieren, wenn sie aus Europa in die USA exportieren, würden unter einer Verschärfung der Handelskonflikte leiden. Besonders betroffen wären auch internationale Lieferketten, da China eine zentrale Rolle in vielen Wertschöpfungsprozessen spielt. Branchen wie Maschinenbau, Automobilindustrie und Elektrotechnik müssten wohl mit höheren Kosten und geringerer Verlässlichkeit rechnen.
Der im Januar 2025 eingebrachte Restoring Trade Fairness Act ist Ausdruck dafür, dass die politischen Bestrebungen in den USA immer konkreter werden, um Chinas PNTR-Status tatsächlich zu beenden. “Chinas PNTR-Status hat die Kommunistische Partei Chinas bereichert, während er die Vereinigten Staaten Millionen von Arbeitsplätzen gekostet hat”, begründete der federführende Senator Tom Cotton, ein Republikaner aus Arkansas, die Gesetzesinitiative. Die umfassende Aufhebung und die Reform der Handelsbeziehungen zwischen den USA und China würden amerikanische Arbeitnehmer schützen, die nationale Sicherheit der USA verbessern und den Einfluss der chinesischen Kommunisten auf die amerikanische Wirtschaft beenden, glaubt Cotton.
Gut 25 Jahre ist es her, dass die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright die Erteilung des PNTR-Status an China als “die richtige Entscheidung für Amerika” bezeichnet hatte. Die permanenten normalen Handelsbeziehungen ebneten der Volksrepublik schließlich den Weg in die Welthandelsorganisation (WTO), was ihren steilen Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft ermöglichte. Doch obwohl US-Unternehmen viele Jahre sehr viel Geld mit und in China verdienten, blickt die US-Politik heute desillusioniert auf die Beziehungen.
Was der PNTR-Entzug für das ohnehin angeschlagene Welthandelssystem bedeutet, ist unter Experten relativ eindeutig. Es würde weiter destabilisiert, und auch die WTO könnte geschwächt aus dem Konflikt herauskommen, glaubt DIHK-Außenhandelsexperte Treier. Die WTO gilt als Hüterin globaler Handelsregeln. Sie fördert ein offenes, stabiles und vorhersehbares Marktumfeld und ist mit ihrer Autorität eine wichtige Stütze für international agierende Unternehmen.
Sollte die WTO an Einfluss verlieren, müssen es andere richten. BDI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Niedermark sieht die EU in der Pflicht. Es sei wichtig, so Niedermark, “dass die EU-Kommission ihre Möglichkeiten nutzt, um der Erosion des regelbasierten Handelssystems entgegenzuwirken.”
Der chinesische Botschafter bei der Welthandelsorganisation, Li Chenggang, sprach am Dienstag von Unilateralismus der Amerikaner, der das “regelbasierte Handelssystem zum Kippen bringen könnte”. Die WTO, so Li, müsse ihre Stimme behalten.
Am Fuße des Berges Yangshan nördlich von Peking, nahe der zentralen Achse der Hauptstadt, liegt das Nationale Archiv für Publikationen und Kultur (NAPC). Von der Zentralen Propagandaabteilung in Auftrag gegeben, steht es unter oberster staatlicher Schirmherrschaft. “Ich habe dieses Projekt persönlich abgesegnet und ihm große Aufmerksamkeit gewidmet”, sagte Staatschef Xi Jinping bei einem Besuch im Juni 2023.
In einem Artikel der Parteizeitung Qiushi vom September 2023 wurde das Projekt als “Saatgut-Tresor der fortwährenden chinesischen Zivilisation” bezeichnet. Diese “Genbank der chinesischen Kultur” bewahrt “die goldenen Saatkörner der Kultur, damit sie an künftige Generationen weitergegeben werden können”. Die Begriffe sind symbolisch gemeint, denn tatsächlich werden im “Saatgut-Tresor” Bücher, Kulturgüter und Dokumente anstelle tatsächlicher Pflanzensamen besammelt und verwahrt.
Es finden sich einige interessante Parallelen zwischen dem NAPC als “Saatgut-Tresor” der chinesischen Zivilisation und dem 2008 fertiggestellten “Svalbard Global Seed Vault” im norwegischen Spitzbergen. Der von Peter Soderman entworfene Svalbard Saatgut-Tresor liegt in einer abgelegenen Region in Spitzbergen, einem der nördlichsten bewohnten Gebiete der Welt. Er wurde als sicherer Aufbewahrungsort für Pflanzensamen aus aller Welt konzipiert, um angesichts des Klimawandels und der wachsenden Bedrohung der globalen Artenvielfalt die Diversität der Pflanzen zu erhalten.
Der 2008 eröffnete Svalbard-Tresor wird von der norwegischen Regierung betrieben, ist aber als “globaler Tresor” konzipiert, in den jedes Land Saatgut einlagern kann. Der NAPC dient hingegen der Aufbewahrung des “kulturellen Saatguts” der chinesischen Zivilisation und dient damit ausschließlich nationalen Vorstellungen.
Seit seinem Amtsantritt hat Xi den Begriff “kulturelles Selbstvertrauen” (wenhua zixin – 文化自信) als Teil der “vier Vertrauen” propagiert – Vertrauen in den Weg, die Theorie, das System und die Kultur (des “Sozialismus chinesischer Prägung”). Unter Xi hat die Partei ein wachsendes Interesse an dem, was die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Elizabeth Perry als “Cultural Governance” bezeichnet – den “Einsatz symbolischer Ressourcen als Instrument politischer Autorität … auf eine Weise, die den unverwechselbar ‘chinesischen’ Charakter des politischen Systems unterstreicht.”
Das Nationale Archiv für Publikationen und Kultur setzt auf ein landesweites “1+3-System” mit einer Hauptstelle in Peking. Die vier Archive sind in alle Himmelsrichtungen verteilt: Guangzhou im Süden, Hangzhou im Osten, Xi’an im Westen und Peking im Norden. Das Archiv in Peking steht auf dem Gelände eines stillgelegten Steinbruchs, um “Abfall in einen Schatz zu verwandeln, den doppelten Nutzen für Mensch und Natur zu verwirklichen und das Entwicklungskonzept der neuen Ära umzusetzen”.
Unter der bebauten Fläche von 380.000 Quadratmetern befindet sich ein 55.000 Quadratmeter großes unterirdisches Archiv. Die abgelegene Lage der NAPC-Standorte sowie deren große unterirdische Lagerräume lassen vermuten, dass der Schwerpunkt auf “Sicherung” und “Bewahrung” liegt, während die öffentliche Zugänglichkeit – anders als bei den meisten Museen – eher zweitrangig ist.
Die Kommunistische Partei entscheidet dabei, was als “Samen” der chinesischen Zivilisation gilt. Die Sammlung des NAPC konzentriert sich hauptsächlich auf den Schutz historischer Texte und “Editionen” (banben). Dieser Begriff umfasst alles von historischen Ausgaben klassischer Bücher bis hin zu Briefmarken, zeitgenössischen Büchern und frühen Dokumenten der Kommunistischen Partei. Eine Ausstellung im Eingangsfoyer der Pekinger Hauptstelle trägt den Titel “Zeugen großer Errungenschaften” und würdigt die Leistungen des neuen China (nach der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949), etwa die industrielle Entwicklung, und beinhaltet Originalwerke von Mao.
Nicht weit davon entfernt, in der achteckigen, 15 Meter hohen Wenhan-Halle (文瀚阁), befinden sich Originalausgaben einiger der berühmtesten chinesischen enzyklopädischen Sammlungen wie das Si Ku Quanshu (四库全书), die Yongle Dadian (永乐大典) und die “Sammlung von Tafeln und Schriften aus alter und neuer Zeit” (Gujin Tushu Jicheng – 古今图书集成), die während der Qing-Dynastie zwischen 1700 und 1725 unter den Kaisern Kangxi und Yongzheng verfasst wurden.
In der Hangzhouer Zweigstelle sind Originalausgaben sowie chinesische Übersetzungen des Manifests der Kommunistischen Partei unweit der Yongle-Enzyklopädie aus der Qing-Dynastie ausgestellt. Die räumliche Nähe impliziert, dass alle diese Werke Teil einer fortlaufenden chinesischen Literaturtradition sind – und dass die Kommunistische Partei unter Xi sich zunehmend als rechtmäßiger Verwalter und Verteidiger dieser “Tradition” präsentiert. Ein weiteres Exponat im Hangzhou-Pavillon befasst sich mit der Rolle der Literatur-Familien bei der Förderung konfuzianischer Werte.
An jedem Standort war man bemüht, bedeutende antike Texte und Artefakte neben Schriften und Werken zur kommunistischen Geschichte Chinas, der sogenannten “roten Kultur”, auszustellen. So sollen buchstäblich Werke der “herausragenden traditionellen chinesischen Kultur” und “klassische Werke der roten Kultur” unter einem Dach vereint werden. Bei einem Besuch des Komplexes im Juni würdigte Xi persönlich die Aufnahme von Werken aus den Anfangsjahren der Kommunistischen Partei, etwa “Drei rote Romane” (San Hong Yi Chuang), “Die Verteidigung von Yanan” (Baowei Yanan) und “Lieder der Jugend” (Qingshan Baolin).
Das Archiv zeugt von Xis Bemühungen, traditionelle chinesische Kultur und marxistische Kultur zu vereinen – die sogenannte “zweifache Integration” (两个结合 – liang ge jiehe). Der Begriff der “zweifachen Integrationen” ist ein neues ideologisches Konzept der Kommunistischen Partei, demzufolge sich der Marxismus in den Kontext Chinas integrieren musste. Die erste Integration war die ursprüngliche Einführung und Verbreitung des Marxismus unter Mao. Nun will Xi den Marxismus weiter sinisieren.
Der NAPC knüpft direkt an die in vielen historischen Dynastien gängige Praxis der Kaiser an, Archivsammlungen anzulegen, um wichtige historische Texte aus früheren Epochen zu “kuratieren”. In der Praxis bedeutete dies auch ein hohes Maß an Zensur und Geschichtsrevisionismus – die Streichung von Passagen oder das Umschreiben von Textteilen, an denen sich die herrschende Dynastie störte. Wie der Historiker Kent Guy in seinem Buch über Qianlongs Siku Quanshu zeigt, schrieb der Kaiser historische Texte um und redigierte sie, um Stellen zu entfernen, die als beleidigend für die Mandschus, die Nan-Han-Herrschergruppe der Qing, empfunden wurden.
Eine weitere Parallele zum heutigen Projekt ist, dass in ganz China sieben Bibliotheken errichtet wurden, in denen Kopien des Siku Quanshu aufbewahrt wurden. Eine befand sich in der Verbotenen Stadt in Peking, eine andere in Hangzhou in der Nähe des Westsees. Die Parallelen zum NAPC sind offensichtlich und werden sogar in einigen Dokumenten erwähnt, in denen das aktuelle Projekt als Teil einer einzigartigen chinesischen Archivtradition beschrieben wird. Andrew Stokols
Andrew Stokols ist Dozent am MIT Department of Urban Studies and Planning und Forschungspartner an der Harvard Kennedy School.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
China unterstützt laut Außenminister Wang Yi alle Bemühungen für Friedensgespräche in der Ukraine. Das sagte Wang am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat. Er betonte, dass Gaza und das Westjordanland “kein Verhandlungsobjekt bei politischen Kompromissen” seien.
Nachdem sich russische und US-Beamte am Dienstag in Saudi-Arabien getroffen und vereinbart hatten, die Bemühungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine voranzutreiben, sagte Wang vor dem Sicherheitsrat: “China unterstützt alle Bemühungen, die Friedensgesprächen förderlich sind.”
Er sagte, Peking werde weiterhin den vier Punkten folgen, die der chinesische Präsident Xi Jinping dargelegt hatte: Respekt für die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder; Einhaltung der Ziele und Grundsätze der UN-Charta; gebührende Berücksichtigung der legitimen Sicherheitsbedenken aller Länder und Unterstützung von Bemühungen, die einer friedlichen Beilegung der Krise förderlich sind.
Wang leitete eine Sitzung des 15-köpfigen Sicherheitsrats zum Thema Multilateralismus, da China im Februar die Präsidentschaft innehat. rtr
Das chinesische und das australische Militär haben nach einer mehrjährigen Pause verteidigungspolitische Gespräche auf Regierungsebene wieder aufgenommen. Thema des ersten bilateralen strategischen Verteidigungsdialogs seit 2019 waren China zufolge die Beziehungen beider Länder sowie “die regionale Sicherheit und andere Themen von gemeinsamem Interesse”.
Laut dem chinesischen Verteidigungsministerium wollen beide Seiten “die strategische Kommunikation im Verteidigungsbereich weiter stärken” sowie Streitigkeiten und Differenzen angemessen behandeln. Die australische Regierung betonte, alle Länder in der Region sollten “sicher und professionell” handeln, um “das Risiko einer Fehlkalkulation oder Eskalation zu vermeiden”. Australiens Premierminister Albanese kündigte an, bei einem jährlichen Treffen mit dem chinesischen Premierminister Li Qiang die Gespräche fortzusetzen.
Zuletzt hatte die chinesische Führung Australien vorgeworfen, bei einer Seeüberwachungspatrouille im umstrittenen Südchinesischen Meer “absichtlich in seinen Luftraum eingedrungen” zu sein. Australien protestierte gegen das als “unsicher und unprofessionell” bezeichnete Vorgehen eines J-16-Kampfflugzeugs der chinesischen Luftwaffe, das Berichten zufolge Leuchtraketen in der Nähe eines australischen Aufklärungsflugzeugs abwarf und bis auf 30 Meter an das Flugzeug herankam. Australien wies die Anschuldigungen Pekings zurück und betonte, sein Vorgehen stehe in vollem Einklang mit dem Völkerrecht. lp
Die chinesische Regierung will 200 ihrer Staatsbürger aus Thailand ausfliegen. Die Männer und Frauen waren vor wenigen Tagen aus den Fängen krimineller Banden im Grenzgebiet zwischen Thailand und Myanmar befreit worden. Viele von ihnen waren offenbar dorthin verschleppt und gezwungen worden, für die Banden bei groß angelegten Online-Betrügereien, in sogenannten Scam-Zentren, zu arbeiten. Die Menschen würden am Donnerstag aus dem thailändischen Mae Sot ausgeflogen, sagte ein Sprecher des thailändischen Verteidigungsministeriums.
Hunderttausende von Menschen, die von kriminellen Banden verschleppt wurden, sind nach Angaben der Vereinten Nationen gezwungen, in solchen Scam-Lagern zu arbeiten. Sie sind in ganz Südostasien, auch im Grenzgebiet zwischen Thailand und Myanmar, entstanden.
Die Behörden Myanmars hatten nach Berichten in Staatsmedien zuletzt 273 Ausländer in Onlinebetrugs-Zentren um den Ort Myawaddy festgenommen. Beamte aus China, Myanmar und Thailand trafen sich diese Woche dort, um über gemeinsame Maßnahmen gegen den Onlinebetrug zu beraten.
Vor Kurzem hatte der Fall des chinesischen Schauspielers Wang Xing in China für großes Aufsehen gesorgt. Wang war mit dem Versprechen auf eine Rolle nach Thailand gelockt und entführt worden. Er ist bereits nach China zurückgekehrt. rtr
Taiwan prüft offenbar den Kauf von Rüstungsgütern im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar von den Vereinigten Staaten, um Unterstützung von der neuen Trump-Regierung zu erhalten. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf drei Insider-Quellen. Einer Quelle zufolge solle das Paket Marschflugkörper zur Küstenverteidigung und HIMARS-Raketen enthalten. “Ich wäre sehr überrascht, wenn es sich um weniger als acht Milliarden Dollar handeln würde. Irgendwo zwischen sieben und zehn Milliarden Dollar”, fügte die Quelle hinzu.
Die taiwanische Regierung plant laut einer zweiten mit der Angelegenheit vertrauten Quelle zudem, ein spezielles Verteidigungsbudget vorzuschlagen. Dieses solle Präzisionsmunition, Luftverteidigungs-Upgrades, Kommando- und Kontrollsysteme, Ausrüstung für die Reservekräfte und Anti-Drohnen-Technologie priorisieren.
Das Verteidigungsministerium bestätigte, dass es sich auf den Ausbau seiner Verteidigungsanlagen konzentriere. “Alle Waffen und Ausrüstungen, mit denen diese Ziele für den Aufbau des Militärs erreicht werden können, stehen auf der Liste der Ausschreibungsziele”, hieß es. Der nationale Sicherheitsberater der USA, Mike Waltz, hatte zuvor erklärte, er wolle die Lieferung von Waffen an Taiwan beschleunigen. rtr
Deutschland hat seit 2015 gegenüber China in großen Teilen der Welt Exportanteile eingebüßt. Zu diesem Schluss kommt die Studie “Alarmsignale vom deutschen Export” des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Demnach legte China vor allem bei Exporten in Schwellenländer, insbesondere Thailand und Brasilien, sehr stark zu.
Die Studie führt dies auch darauf zurück, dass sich Chinas preisliche Wettbewerbsfähigkeit, besonders gegenüber Deutschland, in den letzten Jahren deutlich verbessert habe. Als einen Faktor sehen die Autoren dabei die chinesische Währungspolitik: Obwohl das deutsche Handelsbilanzdefizit gegenüber China heute deutlich höher liegt als 2015, hat sich Chinas nominaler Wechselkurs gegenüber dem Euro kaum verändert. Dies spreche dafür, dass der chinesische Renminbi gegenüber dem Euro deutlich unterbewertet ist.
In den USA, Japan und Frankreich verlor China dagegen deutlich an Importmarktanteilen. Speziell die USA erschwerten seit der ersten Trump-Amtszeit den Marktzugang für chinesische Importe
teilweise durch deutlich höhere Zölle. Chinas Exporte drängten daher auf andere Märkte. Deutschlands nominaler Anteil am weltweiten Exportvolumen lag 2024 bei 6,2 Prozent, China kam auf 11,9 Prozent. Im Vergleich zu 2015 verlor Deutschland weltweit 0,7 Prozent an Exportanteilen, China gewann 0,7 Prozent hinzu.
Auch weitere Schwellenländer gewannen der Studie zufolge gegenüber Deutschland an Weltmarktexportanteilen, darunter Indien und Vietnam. In der Gesamtschau habe Deutschland in 131 von 193 Importländern zwar nicht in absoluten Zahlen, aber nach Anteilen an Exportkraft eingebüßt. Zu den weiteren Verlierern bei den globalen Exportanteilen zählt die Studie die USA, Japan und Frankreich. lp
Simon Davies wird mit sofortiger Wirkung neuer Präsident von SAP Asia Pacific. Davies, der seinen Sitz in Singapur hat, wird die Partner- und Profitabilitätsstrategie des Unternehmens in Australien und Neuseeland, Greater China, Indien, Japan, Korea und Südostasien verantworten. Zuletzt war er über drei Jahre lang Senior Vice President und General Manager für Asien-Pazifik und Japan beim US-Softwareunternehmen Splunk.
Wu Yonghui übernimmt beim TikTok-Mutterkonzern ByteDance die Leitung der Grundlagenforschung im Bereich Künstliche Intelligenz (KI). Zwischen 2014 und 2023 war Wu Teil von Google Brain, dem Forschungsteam des Unternehmens, das in Bereichen wie maschinellem Lernen, Genomik und natürlichem Sprachverständnis tätig ist. Im September 2023 wurde er zum Google Fellow befördert – eine Position, die dem Rang eines Vice President für Manager entspricht. Wus letzte Position bei Google war Vice President of Research im KI-Forschungslabor DeepMind.
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Zuwachs im Jurassic Park: Basierend auf einem in China entdeckten Skelett eines acht bis zehn Meter langen Pflanzenfressers aus der frühen Jurazeit, die vor 201 Millionen Jahren begann und vor 145 Millionen Jahren endete, kommen chinesische Wissenschaftler zu dem Schluss, dass es sich bei dem Langhals um eine bislang unbekannte Dinosaurier-Spezies handeln muss. Die sehr gut erhaltenen Rückenwirbel von Xingxiulong yueorum wurden bereits 2015 in der Provinz Yunnan ausgegraben, die Erkenntnisse der archäologischen Analysen jedoch erst jetzt in der Fachzeitschrift Historical Biology veröffentlicht.