Table.Briefing: China

BASF verlässt Xinjiang + Jimmy Lai-Anwältin erlebt Verfolgung

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir wünschen Ihnen einen guten Start ins neue Jahr des chinesischen Mondkalenders, dieses Jahr im Zeichen des Drachen. Zum Tierkreiszeichen gesellt sich ein Element, in diesem Jahr das Holz (甲, jia). Der Holzdrache wird mit Bodenständigkeit assoziiert, aber auch mit Wissen und Forschung, Kreativität und Geselligkeit. Das letzte Holzdrachen-Jahr begann 1964.

Kurz vor dem Neujahrsfest überraschte BASF am Freitag mit der Meldung, sich aus zwei Joint Ventures in Xinjiang zurückzuziehen. Dem Partnerunternehmen Markor wird vorgeworfen, sich aktiv an der Überwachung von Uiguren in der Region zu beteiligen. Bundespolitiker begrüßen den Rückzug des Chemiekonzerns. Und doch gibt es Kritik, denn der Konzern reagierte spät auf die Berichte über Markor, wie Marcel Grzanna analysiert. Auch stellte BASF in seiner Erklärung Klimagründe in den Vordergrund.

Der Konzern möchte an allen anderen Aktivitäten in China festhalten, und so steht BASF vor der Aufgabe, den Rückzug durchzuziehen, ohne die chinesische Regierung zu verärgern. Ob das gelingt, wird sich zeigen. Klar ist: Kritiker stellten sofort einen Zusammenhang zu Volkswagen her, das an seiner Fabrik in Xinjiangs Hauptstadt Ürümqi bislang festhält.

Überwachung beklagt auch die irische Menschenrechtsanwältin Caoilfhionn Gallagher. Sie leitet das internationale Anwaltsteam des inhaftierten Verlegers Jimmy Lai, der zurzeit in Hongkong vor Gericht steht. Im Gespräch mit Table.Media erzählt sie von Angriffen der staatlichen Medien Chinas und der Hongkonger Behörden sowie von Cyberangriffen über mehrere VPN-Kanäle. Von Deutschland wünscht sich die Anwältin eine Führungsrolle im Umgang mit der Erosion der Medienfreiheit und anderer Bürgerrechte in Hongkong.

Ihre
Christiane Kühl
Bild von Christiane  Kühl

Analyse

BASF zieht sich vom Xinjiang-Joint Venture zurück – Druck auf VW steigt

BASF-Standort in Zhanjiang in der Provinz Guangzhou
BASF-Standort in Xinjiangin der Provinz Guangzhou

BASF ist gelungen, woran Volkswagen gescheitert ist. Mit der Ankündigung, sich aus der Autonomen Region Xinjiang im Nordwesten Chinas zurückzuziehen, hat der Chemiekonzern vorerst ein PR-Desaster in der westlichen Welt vermieden. Menschenrechtsorganisationen, Politiker und Investoren in Deutschland sind sich einig: Der am Freitag von BASF bekannt gegebene Verkauf der eigenen Anteile an den beiden Joint-Ventures BASF Markor Chemical Manufacturing (Xinjiang) Co., Ltd. und Markor Meiou Chemical (Xinjiang) Co., Ltd. in Korla sei definitiv richtig. BASF hat den Verkaufsprozess nach eigenen Angaben im vierten Quartal 2023 eingeleitet.

“Die Entscheidung ist ausdrücklich zu begrüßen”, sagte etwa die FDP-Politikerin Renata Alt, Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Deutschen Bundestag, zu Table.Media. Der Rückzug von BASF setze ein klares Zeichen; Xinjiang müsse als Standort für wirtschaftliche Aktivitäten westlicher Unternehmen ein Tabu werden. “Viel zu lange hat die Regierung Chinas auf westliche Unternehmen Druck ausgeübt, sich in Xinjiang niederzulassen – und sie als Feigenblatt benutzt, um ihre menschenverachtende Politik der Unterdrückung von Uiguren salonfähig zu machen”, betonte Alt.

Martin Brudermüller BASF
Entscheidung gegen Xinjiang: BASF-Chef Martin Brudermüller hat sich dem öffentlichen Druck gebeugt.

BASF verweist auf den höheren CO2-Fußabdruck

Doch das Dilemma, in dem BASF steckt, bleibt bestehen. Um jeden Preis will die Unternehmensspitze vermeiden, den Zorn der chinesischen Regierung auf sich zu ziehen. Das Unternehmen hatte den Ausstieg aus den Gemeinschaftsunternehmen erst mitgeteilt, nachdem nicht mehr von der Hand zu weisen war, dass der eigene Joint-Venture-Partner Teil des Unterdrückungssystems gegen die Uiguren ist. Zwischen den Zeilen wurde aber deutlich, wie schwer sich der Konzern tut, die Menschenrechtsverletzungen in China als hinreichenden Anlass für den Ausstieg anzuführen.

So verwies BASF in der Mitteilung zuerst auf erhöhten Wettbewerbsdruck und den höheren CO₂-Fußabdruck der Standorte in Korla – anstatt unmittelbar auf jüngste Medienberichte einzugehen, wonach Mitarbeiter des Joint-Venture-Partners Markor aktiv dabei mithalfen, staatliche Kontrollmaßnahmen gegen die uigurische Minderheit durchzusetzen.

Erst im zweiten Absatz verwies das Unternehmen auf “kürzlich veröffentlichte Berichte über den Joint-Venture-Partner”. Es gebe schwere Vorwürfe, “die auf Aktivitäten hinweisen, die nicht mit den Werten von BASF vereinbar sind.” Der Verkauf der Anteile an den Joint Ventures werde deshalb beschleunigt. Ansonsten bleibe die BASF-Präsenz in China unverändert. Das Unternehmen halte an seinen Geschäftsaktivitäten und geplanten Investitionen in vollem Umfang fest. BASF gehört neben den Autobauern VW, BMW und Daimler zu den vier größten deutschen Investoren in der Volksrepublik.

“Der Anteilsverkauf signalisiert weder Einsicht noch Transparenz, er ist rein profitgetrieben”, kommentierte der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag, Michael Brand, gegenüber Table.Media. Erst als es gar nicht mehr anders ging, habe BASF reagiert, “ohne ein Wort des Bedauerns.”

Kritischer Aktionärsverband mahnt BASF

Auch der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre (DKA) sieht BASF weiter in der Pflicht. “Einmal mehr reagiert BASF nur auf Missstände, die von außen durch unabhängigen Journalismus aufgedeckt werden, statt dass diese durch die eigenen Risikoanalysen und Maßnahmen identifiziert werden”, so Co-Geschäftsführer Tilman Massa. Es sei weiterhin vollkommen unklar, wie die BASF mit dem Risiko uigurischer Zwangsarbeit oder Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten zu den anderen BASF-Standorten in China umgehe.

Der Verband hatte sich zuvor bereits skeptisch gezeigt über die bestandene Sonderprüfung des Volkswagen-Werks in Ürümqi – und stellt den Wert solcher Inspektionen generell infrage. Auch Mitarbeitende der Audit-Firma distanzierten sich von der Prüfung. Die seit 2012 bestehende VW-Fabrik ist umstritten wegen ihrer räumlichen Nähe zu Menschenrechtsverletzungen wie den Internierungslagern für Uiguren in Xinjiang. Offizielle Dokumente und Augenzeugenberichte belegen staatliche Arbeitsprogramme, die uigurische Frauen und Männer in verschiedene Industriezweige lotsen zu Netto-Bezahlungen weit unter den Mindestlöhnen.

BASF und Volkswagen stehen daher auch an den Finanzmärkten seit einer Weile unter Beobachtung. Die Ratingagentur MSCI hatte die rote Flagge für Volkswagen nach dem Ergebnis seines Audits durch eine orange Flagge ersetzt und dem Autobauer damit eine Verschnaufpause gewährt. Auch die Fondsgesellschaft Union Investment stufte die VW-Aktie im Dezember weiterhin als “investierbar” für nachhaltige Geldanlagen ein. BASF ist bislang ungeschoren davon gekommen.

Zenz: “Für Volkswagen gibt es jetzt keine Ausreden mehr”

Die Recherchen über Markor hatte der China-Forscher Adrian Zenz angestellt, den die Enthüllung des Lagersystems in Xinjiang weltweit bekannt gemacht hatte. Zenz sichtete in akribischer Kleinarbeit die Internetauftritte von Markor aus den Jahren 2017 bis 2019 und setzte sie in Beziehung zu offiziellen Dokumenten zur staatlichen Kontrolle der Uiguren. Mitarbeitende des BASF-Partnerunternehmens waren demnach direkt daran beteiligt, Uiguren unter Druck zu setzen.

“Aufgrund seiner geschichtlichen Verantwortung hätte das Unternehmen früher handeln müssen”, kommentierte Zenz den Rückzug. Er nahm damit Bezug auf die Verstrickung von BASF in die Menschenrechtsverbrechen der Nationalsozialisten. Dennoch sei es “ganz wichtiges Signal” von BASF, zumal auch Volkswagen jetzt zunehmend unter Druck geraten könnte, so Zenz. “Für Volkswagen gibt es jetzt keine Ausreden mehr: Deutsche Unternehmen müssen sich aus Xinjiang zurückziehen.”

Der Weltkongress der Uiguren (WUC) zeigte sich erleichtert, dass BASF sich für den Rückzug aus Xinjiang entschieden hat. Auch der WUC stellte dabei den Kontrast zu VW heraus. Obwohl VW nach außen hin soziale Verantwortung demonstriere, “zeugen seine Taten von einer bedenklichen Ignoranz gegenüber der uigurischen Zwangsarbeit”, sagte WUC Berlin-Direktor Haiyuer Kuerban.

Menschenrechtspolitiker Brand erinnerte BASF-Konzernchef Martin Brudermüller daran, dass deutsches Recht bei schweren Menschenrechtsverletzungen kein Vergessen kenne. “Die BASF-Führung muss ihre toxische Ergebenheit gegenüber einem brutalen Regime in Peking aufgeben und internationale Normen und nicht zuletzt deutsches Recht achten“, so Brand. Sollte das EU-Sortfaltspflichtengesetz kommen, wird es Umwelt-, Menschenrechts- und Sozialprobleme bei Zulieferern in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit in ganz Europa rücken.

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Anwältin Gallagher: “Solange Jimmy Lai hinter Gittern sitzt, kann es mit Hongkong kein business as usual geben”

Rechtlicher Beistand aus dem Ausland: Die irische Anwältin Caoilfhionn Gallagher setzt sich für den in Hongkong inhaftierten Verleger Jimmy Lai ein.

Sie leiten das internationale Anwaltsteam für Jimmy Lai, der nun schon seit drei Jahren in Hongkong inhaftiert ist. Wie geht es ihm und Ihnen mit dem Fall?

Jimmy Lai ist jetzt 76 Jahre alt. Wir sind sehr besorgt über seinen Gesundheitszustand. Er wird in Isolationshaft gehalten, was natürlich nicht so sein sollte. Sein Sohn Sebastien kann nicht zurück nach Hongkong reisen, um ihn zu besuchen.

Mit welchen besonderen Problemen werden Sie in diesem Fall konfrontiert?

Als Menschenrechtsanwälte stehen wir im Windschatten unserer Mandanten und erleben dementsprechend ähnliche Misshandlungen wie sie. Aber was wir im Fall Jimmy Lai erleben, übertrifft unsere bisherigen Erfahrungen. In den 20 Jahren meiner Karriere habe ich noch nie ein solches Ausmaß an Missbrauch erlebt. Wir sind mit Angriffen der staatlichen Medien und der Hongkonger Behörden sowie mit Cyberangriffen über mehrere VPN-Kanäle konfrontiert, und wir werden sogar verfolgt. Ein Teil der schattenhaften Angriffe, die uns oft vor wichtigen Prozesstagen koordiniert treffen, zielt auf die weiblichen Mitglieder unseres Anwaltsteams. Diese Angriffe erfolgen in Form von frauenfeindlichen und sexistischen Nachrichten sowie regelmäßigen Vergewaltigungs- und Zerstückelungsdrohungen. Das ist eine schockierende und inakzeptable Entwicklung.

Warum ist die Reaktion Ihrer Ansicht nach so heftig?

Man kann dadurch deutlich sehen: Wenn die Täter bereit sind, so viele finanzielle Mittel und Anstrengungen auf sich zu nehmen, nur weil wir die Anwälte von Jimmy Lai sind, sagt das viel über die Bedeutung unseres Mandanten aus – und wie sehr sie ihn zum Schweigen bringen wollen.

Für Sie ist klar, dass der chinesische Staat hinter den Attacken steht.

China agiert mit Tyrannei und grenzüberschreitender Unterdrückung, oft im Verborgenen, aber mit unvergleichlichen technischen Möglichkeiten. Jedes Land muss eine Strategie finden, um darauf zu reagieren. Es ist für mich immer noch erstaunlich, dass es in den europäischen Ländern keine weit verbreiteten Warnhinweise für die Zivilgesellschaft gibt, um diese Taktiken anzuprangern und die Menschen vor ihnen zu schützen. Wir wissen, dass China Mitglieder des Europäischen Parlaments und eine Reihe einzelner Länder ins Visier genommen hat. Dagegen muss die internationale Gemeinschaft aufstehen.

Sie sprechen im Zusammenhang mit Jimmy Lai von einem Schauprozess. Inwiefern?

Jimmy Lai ist natürlich eine symbolische Figur. Sein Fall ist exemplarisch und soll eine abschreckende Wirkung auf andere haben. Er ist im Wesentlichen wegen einer Verschwörung im Zusammenhang mit Journalismus und dem Eintreten für Menschenrechte inhaftiert. Das ist eine Botschaft an jeden, der es wagt, in Hongkong als Journalist tätig zu sein: Wenn du nicht schweigst, bist du der Nächste. In dem Prozess gibt es keine Rechtsstaatlichkeit.

Der Prozess wird von handverlesenen Richtern geführt, die sich auf ein Gesetz berufen, das es nach Ansicht der Vereinten Nationen und vieler Länder weltweit nicht geben sollte (Das Nationale Sicherheitsgesetz von 2020, d. Red.). Die Straftatbestände sind so weit gefasst, dass es nur ein mögliches Ergebnis gibt: seine Verurteilung. Im Alter von 76 Jahren droht ihm, dass er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen muss. Deshalb ist es wichtig, dass die internationale Gemeinschaft ihre Stimme erhebt und China zur Verantwortung zieht.

Was bedeutet es für den Prozess und für Sie als sein Anwaltsteam, dass Jimmy Lai britischer Staatsbürger ist?

Der britische Pass ist der einzige Pass, den er besitzt. Das bedeutet, dass sein Fall eine hohe politische Priorität für das Vereinigte Königreich haben sollte. Bedauerlicherweise hat es einige Zeit gedauert, bis die britische Regierung seine Freilassung forderte. Aber jetzt tut sie es, und wir freuen uns darüber. Lord Cameron, der Außenminister, hat die sofortige und bedingungslose Freilassung von Jimmy Lai gefordert.

Erheben auch andere Länder und Organisationen die Stimme?

Auch die US-Regierung, das Europäische Parlament, das kanadische Parlament und Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen haben ein Ende der Verfolgung und seine sofortige Freilassung gefordert. Das Vereinigte Königreich wartet nicht auf das Ende des Prozesses, um seine Freilassung zu fordern. Denn es ist sich bewusst, dass es sich um ein fehlerhaftes Verfahren nach einem Gesetz handelt, das es nicht geben sollte. Das Vereinigte Königreich kann nicht zulassen, dass ein britischer Staatsbürger hinter Gittern stirbt, weil er eine Zeitung herausgibt und sich für Freiheit und friedliche pro-demokratische Proteste einsetzt.

Was könnte Deutschland tun?

Die deutsche Regierung unterzeichnete Ende Dezember eine eindringliche Erklärung, die von 24 Ländern im Rahmen der Media Freedom Coalition abgegeben wurde und in der die Besorgnis über die Medienfreiheit und ihre Verschlechterung in Hongkong, die Besorgnis über das Gesetz zur nationalen Sicherheit und die Besorgnis über den Fall Jimmy Lai im Besonderen zum Ausdruck gebracht wurden. Wir würden uns wünschen, dass Deutschland in diesem Bereich eine Führungsrolle übernimmt, da zwischen China, Hongkong und Deutschland enge Handelsbeziehungen bestehen und viele deutsche Unternehmen in Hongkong tätig sind.

Was hieße das konkret?

Was die Frage der politischen Gefangenen betrifft, so halten wir es für wichtig, dass es innerhalb der deutschen Regierung oder der EU eine Institution gibt, die sich speziell mit den Fällen politischer Gefangener und anderer willkürlich festgehaltener oder als Geiseln genommener Personen befasst – ähnlich wie das Amt des Sonderbeauftragten des US-Präsidenten für Geiselangelegenheiten, der derzeit von Botschafter Roger Carstens geleitet wird. Dann hätten sie angemessene Ressourcen, um die Freiheit politischer Gefangener zu sichern, und ein institutionelles Gedächtnis und Fachwissen, auf das sie aufbauen und mit den staatlichen Partnern teilen könnten. Es handelt sich um ein globales Problem, das mit einer global abgestimmten Strategie angegangen werden muss.

Wird das aktualisierte Nationale Sicherheitsgesetz, das Hongkongs Chief Executive John Lee vergangene Woche vorgeschlagen hat, für Hongkong und Jimmy Lai einen Unterschied machen?

Egal, ob es sich um ein so genanntes eigenes Nationales Sicherheitsgesetz oder um das von Peking auferlegte Nationale Sicherheitsgesetz 2020 handelt, die Ziele sind dieselben: Dissens soll zum Schweigen gebracht und unterdrückt werden, und es soll eine klare Botschaft vermittelt werden: Wer in Hongkong die Wahrheit sagt, wird dafür kriminalisiert.

Den einen gilt das Gesetz als Untergang Hongkongs. Andere sagen, es fördere die Stabilität, insbesondere für die Wirtschaftswelt…

Das Gesetz wurde von den Vereinten Nationen, von der EU, von mehreren Ländern weltweit, von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und anderen verurteilt. Und das zu Recht: Die Straftatbestände sind atemberaubend weit gefasst. Es kriminalisiert im Wesentlichen jede Form von friedlichem Dissens und politischer Debatte. Wir sind der Meinung, dass einige im Ausland ansässige Unternehmen und Einzelpersonen, die in Hongkong tätig sind, zu Unrecht glauben, dass sie dagegen immun sind. Das ist einfach nicht richtig. Das Nationale Sicherheitsgesetz gilt für alle.

Was empfehlen Sie den Unternehmen in Hongkong?

Es ist an der Zeit, dass Geschäftsleute und Unternehmen erkennen, dass eine Geschäftstätigkeit in Hongkong unter solchen Umständen ihre Mitarbeiter potenziellen Risiken aussetzt. Jeder Angestellte, der einen Tweet von Amnesty International liked, der die falsche Zeitung liest oder der sich auf eine bestimmte Art und Weise über China oder die Führung Hongkongs äußert, könnte sich schon bald unter Beobachtung oder in einer Untersuchung wiederfinden oder verhaftet werden. Oder es könnte gegen sein Unternehmen ermittelt oder sogar das Vermögen des Unternehmens eingefroren und beschlagnahmt werden.

Welche Möglichkeiten gibt es jetzt noch, etwas daran zu ändern? Viele halten China für zu mächtig, um Kompromisse einzugehen.

Man darf nicht vergessen, dass es China wichtig ist, wie sich Hongkong als internationales Handelszentrum entwickelt. China ist es auch wichtig, was Deutschland denkt, umso mehr, als sich Chinas Wirtschaft verlangsamt. Das sieht man daran, dass China eine riesige Delegation aus 120 Personen nach Davos und etwas später nach Genf geschickt hat, um der Welt zu erklären, dass China und Hongkong für Geschäfte offen sind und dass internationale Investitionen sicher nach Hongkong zurückkehren können. Aber das ist nur ein Feigenblatt. Solange ein Mann wie Jimmy Lai hinter Gittern sitzt, kann es in Hongkong kein business as usual geben. Hongkong hat einen sehr steilen und raschen Abstieg in den Autoritarismus erlebt. Da es so schnell ging, haben die Menschen nicht unbedingt bemerkt, was passiert ist. Es ist wie bei einem Frosch im kochenden Wasser, wo die Temperatur allmählich ansteigt und er die Gefahr erst bemerkt, wenn es zu spät ist.

Gibt es eine realistische Chance, dass Jimmy Lai freigelassen wird?

Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass Australien vor kurzem die Freilassung der Journalistin und australischen Staatsbürgerin Cheng Lei erreicht hat. China wurde klar gemacht, dass ihre Freilassung eine wesentliche Voraussetzung für den Besuch des Außenministers ist. Es ist möglich. Und wir werden nicht zögern, bis er freigelassen wird.

Caoilfhionn Gallagher ist eine in Irland geborene Anwältin bei Doughty Street Chambers in London. Sie hat sich auf bürgerliche Freiheiten spezialisiert und war an vielen wichtigen Menschenrechtsfällen der letzten Jahre beteiligt. Im Jahr 2016 wurde sie von der Irish Times zu einer der 100 einflussreichsten Irinnen außerhalb Irlands gewählt.

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News

Chinesen in aller Welt begrüßen das Jahr des Drachen

Böller und Feuerwerk in Chenzhou, Provinz Hunan. Am ersten Morgen des Neuen Jahres sind in China stets große Aufräumarbeiten nötig.

Mit Feuerwerk, Böllern, Drachentänzen auf der Straße und Festessen mit der Familie haben Chinesen rund um die Welt am Wochenende das neue Jahr des Drachen begrüßt. Das Feuerwerk soll nach einer Legende böse Geister abwehren und insbesondere das mythische Ungeheuer Nian verscheuchen, das angeblich zu Beginn des neuen Jahres vom Meeresgrund aufstieg, um sich Menschen und Vieh in den Dörfern zu holen. Ein alter Mann verjagte das Monster demnach mit Bambusfackeln und roten Kerzen und Dekorationen. Rot ist bis heute die wichtigste Farbe der Neujahrsdekoration. Geldgeschenke an die Kinder etwa stecken traditionell in roten Papiertaschen, genannt Hongbao (红包)

Viele Menschen gehen mit großen Hoffnungen in das neue Jahr. Der Drache hat seit jeher eine tiefe Symbolik in der chinesischen Kultur und ist nicht nur das Symbol der alten Kaiser. Das Drachenjahr verspricht auch Glück, Erfolg, Wohlstand. Kinder, die im Jahr des Drachen geboren werden, gelten der chinesischen Astrologie zufolge als charismatisch, entschlossen und selbstbewusst. Deshalb setzen es viele junge Paare in China gezielt darauf an, ihren Nachwuchs im Drachenjahr zur Welt zu bringen.

Eines der ersten Drachenbabys von 2024, geboren am Samstag in Heshan, Provinz Guangdong

In der Neujahrsnacht schauen die meisten Chinesen die alljährliche bombastische Neujahrsshow im Staatsfernsehen, an den Folgetagen gibt es trotz der Kälte im Norden des Landes vielerorts Veranstaltungen im Freien.

Luftaufnahme auf Drachentänze beim Eisfestival in Harbin
Drachenshow auf dem Gelände des berühmten Eisfestivals im nordostchinesischen Harbin am Samstag

Chinesen leben überall auf der Welt. Vor allem in den Chinatowns verschiedener Großstädte Asiens, Europas und Amerikas feierten die Menschen am Wochenende auf den Straßen, an denen nicht nur die chinesischen Communities selbst teilnahmen, sondern auch Anwohnende oder Touristen. In Los Angeles wurden 100.000 Menschen zur Neujahrsparade erwartet.

In vielen Städten feierten die chinesischen Communities mit Drachentänzen, wie hier in der Chinatown von London.
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Chinas Banken vergeben neue Kredite auf Rekordniveau 

Die Staatsbanken haben zu Jahresbeginn neue Kredite auf Rekordniveau ausgereicht, um Impulse zur Konjunkturerholung in China zu setzen. Die Geldhäuser vergaben im Januar neue Darlehen in der Landeswährung im Gesamtvolumen von 4,92 Billionen Yuan (rund 634,5 Milliarden Euro), wie aus Daten der Notenbank hervorgeht. Dies ist mehr als das Vierfache des im Dezember ausgereichten Kreditvolumens.

Generell ist es üblich, dass die Finanzinstitute zu Jahresbeginn besonders aktiv Kredite vergeben, um sich möglichst früh Markanteile und Premium-Kunden zu sichern. Dennoch überraschte das hohe Vergabevolumen im Januar selbst Fachleute: Von Reuters befragte Experten hatten lediglich mit einer Summe von 4,50 Billionen Yuan gerechnet.

Um die Wirtschaft zu stützen, hatte die Zentralbank erst jüngst den Reservesatz für Geschäftsbanken (RRR) gesenkt – und zwar um einen halben Prozentpunkt. Damit wurden rund eine Billion Yuan (umgerechnet rund 128 Milliarden Euro) an Liquidität für das Finanzsystem freigesetzt. Mit einer flexiblen Linie will die Zentralbank die Inlandsnachfrage ankurbeln und gleichzeitig die Preisstabilität wahren. rtr

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  • Kredite

Chinas Offshore-Windturbinen-Hersteller leiden unter Bürokratie und Preiskrieg

Chinas Hersteller von Turbinen für Offshore-Windanlagen müssen aufgrund einer Schwächephase des Segments dramatische Gewinneinbrüche hinnehmen. So meldete Chinas drittgrößter Turbinenhersteller Mingyang Smart Energy für 2023 einen Rückgang des Nettogewinns um knapp 90 Prozent gegenüber 2022 auf 354 bis 530 Millionen Yuan (46-69 Millionen Euro). Die Turbinensparte von Shanghai Electric musste sogar Verluste deutlich über einer Milliarde Yuan hinnehmen. Beide sind besonders stark im Offshore-Bereich aktiv. Bei Shanghai Electric lag der Offshore-Anteil an der Turbinenherstellung bei über 70 Prozent.

Gründe für die Misere gibt es nach Ansicht der Analysten der Beratungsfirma Trivium China einige: das Ende der Subventionen der Zentralregierung, zunehmendes Red Tape bei den Genehmigungen, härtere Konkurrenz zwischen den Anbietern um knappe Meeresgebiete. Dadurch wurden 2023 nur noch sechs Gigawatt (GW) Offshore-Windkraft zugebaut, kaum mehr als 2022 (5,2 GW). Der Rekordzuwachs von 2021 mit 17 GW liegt derzeit in weiter Ferne. Hinzu kommt seit drei Jahren ein Preiskrieg zwischen den Turbinenherstellern, der auf die Margen drückt.

Die Firmen suchen daher nach Auswegen. Um Verluste auszugleichen, hat Mingyang laut Trivium China aggressiv in angrenzende Branchen expandiert, was aber massive Kapitalinvestitionen erfordert, und das mit geringer kurzfristiger Rendite und großer Unsicherheit. Die Trivium-Experten erwarten zudem eine Internationalisierung der Branche: “Die übermäßige Abhängigkeit vom heimischen Markt wird chinesische OEMs dazu bringen, ihre Expansion in profitablere Überseemärkte zu beschleunigen – was sie in einen immer direkteren Wettbewerb mit westlichen Turbinengiganten bringt.” Das ist bereits im Gang. 2022 bestückte Mingyang bereits den 30-Megawatt-Offshore-Windpark Beleolico vor Süditalien. ck

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ZF darf autonomes Fahren auf Shanghais Straßen testen

Der Autozulieferer und Technologiekonzern ZF aus Friedrichshafen hat in Shanghai eine Lizenz für Tests mit autonomem Fahren auf Level 4 bekommen. ZF kann damit Tests auf offener Straße in den dafür vorgesehenen Gebieten der Stadt durchführen – und ist damit der erste ausländische Zulieferer, der in Shanghai eine solche Genehmigung erhalten hat. ZF bestätigte am Freitag gegenüber Table.Media einen entsprechenden Bericht des chinesischen Fachmediums Gasgoo.

ZF hatte im Dezember mitgeteilt, sich künftig auf seine Rolle als Technologieanbieter für autonomes Fahren zu konzentrieren – anstatt komplette autonome Transportsysteme einschließlich Shuttles anzubieten. Die erfolgversprechendste Strategie für die Zukunft bestehe darin, “sich auf die Positionierung als Premiumanbieter für autonome Fahrtechnologien und auf Engineering-Dienstleistungen zu fokussieren.” Das Unternehmen hat dazu ein eigenes System entwickelt mit Technologien zu verschiedene Fähigkeiten wie Wahrnehmung, Lokalisierung, KI, Daten, Entscheidungsfindung und Kontrolle.

In China, das ZF als “einen der strategischen Kernmärkte des Unternehmens” bezeichnet, verkauft ZF auch Antriebssysteme für Elektroautos. Die Volksrepublik macht laut einer ZF-Mitteilung vom November 2023 rund 17 Prozent des globalen Umsatzes aus. ck

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Pkw-Verkäufe schwächeln zu Jahresbeginn

Zum ersten Mal seit August 2023 ist der Fahrzeugabsatz in China im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen. Laut den am Donnerstag von der China Passenger Car Association (CPCA) veröffentlichten Daten wurden im Januar in China 2,04 Millionen Pkw verkauft, 13,9 Prozent weniger als im Dezember. Auch der Absatz von Elektroautos und Plug-in Hybriden fielen erstmals seit August – um 29,5 Prozent auf 668.000 Fahrzeuge gegenüber Dezember 2023. Vorjahresvergleiche sind im Januar und Februar in der Regel wertlos aufgrund der schwankenden Neujahrstage, in denen der Konsum stets weitgehend ruht.

Gute Nachricht gibt es immerhin für Volkswagen. Der Wolfsburger Konzern hat im Januar den CPCA-Zahlen zufolge mit 209.476 Fahrzeugen erstmals seit über einem Jahr wieder mehr Autos verkauft als der chinesische Konkurrent BYD, der mit 191.122 verkauften Autos auf Platz 2 landete. VW war damit zumindest im Januar wieder die Nummer Eins in China. Im Elektrosegment blieb BYD allerdings Marktführer, Volkswagen kam dort weiterhin nur auf Platz 6.

Der Absatzrückgang ist nach einem Bericht des Wirtschaftsmagazins Caixin auf Jahresendaktionen der Autohersteller zurückzuführen, sowie auf einen Preisanstieg bei bestimmten Modellen und einer Senkung lokaler Förderprogramme für den Autokauf. Im Januar senkten einige Hersteller, darunter Tesla, laut Caixin allerdings bereits wieder die Preise, was Sorgen vor einem erneuten Auto-Preiskrieg auslöse. ck

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Bankdrücker Messi sorgt für Ärger in Hongkong

Der Veranstalter eines Fußballspiels in Hongkong, bei dem Lionel Messi auf der Bank saß statt auf dem Platz mit Dribblings zu beeindrucken, wird den Fans die Hälfte ihres Eintrittspreises in Höhe von insgesamt rund 7,2 Millionen US-Dollar zurückerstatten. Damit reagierte die Lifestyle-Firma Tatler Asia am Freitag auf einen Aufschrei in der Lokalregierung. Das zur Schweizer Edipresse Group gehörende Unternehmen wird jetzt mit einem hohen Verlust aus dem Event gehen. Ab März werde man die Zahlungen abwickeln, hieß es.

Rund 40.000 Menschen hatten für Tickets zum Freundschaftsspiel zwischen Messis Verein Inter Miami CF und Hongkong XI am 4. Februar zwischen 880 und 4.880 Hongkong-Dollar (105 bis 580 Euro) bezahlt. Messi ist für viele Fans in Asien ein Idol, nur seinetwegen wollten die meisten ins Stadion. Auch mehrere lokale Tycoons sowie Regierungschef John Lee waren dort.

Nach dem Spiel skandierten viele “Rückerstattung”. Chinesische Internetnutzer wetterten in sozialen Medien gegen Messi, nachdem der 36-Jährige am Mittwoch auf Weibo von “muskulären Beschwerden” geschrieben hatte, ohne sich aber zu entschuldigen. Am selben Tag stand der mehrfache Weltfußballer aus Argentinien bei einem Freundschaftsspiel in Tokio dann mehr als 30 Minuten auf dem Platz. Die staatliche Global Times zeigte sich verärgert über den Kontrast der beiden Auftritte Messis: In Hongkong habe er lustlos gewirkt, in Japan dagegen voller Energie und den Fans zugetan.

Auch Hongkongs Regierungsvertreter reagierten aufgrund des Fiaskos für ihre Stadt empört. Behörden forderten von Inter Miami CF eine Erklärung, warum Messi nicht spielte. Die prominente Lee-Beraterin Regina Ip forderte gar, Messi künftig die Einreise zu verweigern. “Unser Ziel war es, einen ikonischen Moment zu schaffen, um die Bemühungen der Regierung zu unterstützen, die Welt daran zu erinnern, wie wichtig und aufregend Hongkong ist”, teilte Tatler Asia nach einem Treffen mit Regierungsvertretern mit. Dieser Traum sei geplatzt. ck

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Presseschau

“Nicht mit den Werten vereinbar”: BASF verkauft Anteile an zwei China-Joint-Ventures N-TV
Taiwan meldet acht chinesische Ballons TAGESSCHAU
China stocks regain footing after state-backed intervention NIKKEI.COM
Devastating impact of Evergrande’s $532 billion collapse NEWS.COM.AU
Aus Tech-Unternehmen und Zulieferern werden Autohersteller HEISE
Solarenergie in China: Die Revolution versorgt ihre Kinder TELEPOLIS
Hong Kong’s first hydrogen-powered double-decker bus to hit the road in 1 month’s time SCMP
New railway from China boosts tourism in Laos’ ancient capital NIKKEI.COM
Äthiopien wird zum neuen Zentrum für chinesische Bitcoin Miner CRYPTOPOLITAN
Xiaomi sagt, Indiens Kontrolle chinesischer Firmen verunsichert Zulieferer MARKETSCREENER
China-Russia relations: Xi Jinping and Vladimir Putin will have ‘several’ meetings, including visit to China this year, says ambassador SCMP
South China Sea: Philippine coastguard accuses Chinese vessels of ‘dangerous, blocking manoeuvres’ SCMP
Visa-free influx proves to be mixed blessing BANGKOK POST
China hofft auf Reiserekord FAZ
Highways clogged, flights fully booked as Lunar New Year travel peaks across Asia HINDUSTAN TIMES
Volksglauben in China: Baby-Boom im Jahr des Drachen? ZDF
China hat eine neue Forschungsstation in der Antarktis. Der Westen zweifelt an Pekings guten Absichten STERN
Messi-Ärger wird zum Erdbeben: Peking sagt Länderspielreise von Argentinien ab N-TV
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Standpunkt

Yun Sun: Peking geht aus strategischen Gründen nicht gegen die Huthi-Angriffe vor

Von Yun Sun
Yun Sun ist Direktorin des China-Programms am Stimson Center in Washington DC.

Die chinesische Nahostpolitik wird von zwei Faktoren bestimmt: von Chinas Bedrohungswahrnehmung und von seinem strategischen Kalkül hinsichtlich der Großmachtrivalität mit den Vereinigten Staaten. Im Umgang mit den USA läuft Chinas Ansatz auf ein dreifaches “Nein” hinaus: nein zu Kooperation, nein zu Unterstützung und nein zu Konfrontation. Dieses Credo bildet die Grundlage der Entscheidung Chinas, nicht gegen die vom Iran unterstützten Huthis vorzugehen, die mit Drohnen und Raketen die Schifffahrtsrouten im Roten Meer unsicher machen.

Von diesen Angriffen im Roten Meer – eine Reaktion auf Israels Krieg gegen die Hamas in Gaza – sind chinesische Schiffe nicht direkt bedroht, und die Huthis betonen, dass sich dies auch nicht ändern wird. So erklärte ein hochrangiger Huthi-Vertreter letzten Monat, weder chinesische noch russische Schiffe würden ins Visier genommen werden, solange diese nicht mit Israel in Verbindung stünden.

Dennoch beeinträchtigen die Anschläge die wirtschaftlichen Interessen Chinas – und das nicht nur wegen der Notwendigkeit, Verbindungen mit Israel zu vermeiden. Chinas größtes Schifffahrtsunternehmen Cosco sah sich aufgrund von Sicherheitsbedenken bereits gezwungen, den gesamten Schiffsverkehr nach Israel einzustellen.

Das Rote Meer ist heikelste Nadelöhre für den Welthandel

Die Identifizierung von Schiffen (oder deren Flaggenstaaten) gestaltet sich nicht immer ganz eindeutig, und es besteht immer die Möglichkeit, dass Schiffe ins Visier genommen werden, die Chinas Interessen berühren. Doch das Gebiet zu umschiffen, bringt hohe Kosten mit sich. Das Rote Meer ist eines der heikelsten Nadelöhre für den Welthandel. Wenn chinesische Schiffe auf dem Weg nach Europa um das Kap der Guten Hoffnung fahren müssen, anstatt die traditionelle Route durch den Suezkanal zu nehmen, verlängert sich eine für 26 Tage anberaumte Fahrt auf 36 Tage, wodurch erhebliche Mehrkosten entstehen.

Längere Transportwege könnten auch die Importpreise in die Höhe treiben und damit die Inflation in China anheizen. Ist davon der Ölpreis betroffen, wird die ohnehin schon angeschlagene chinesische Wirtschaft noch mehr unter Druck geraten. Ganz allgemein erschweren anhaltende Störungen im Schiffsverkehr Chinas Bemühungen, seine Wirtschaft durch eine Stärkung des Außenhandels anzukurbeln.

Angriffe der Huthis beeinträchtigen auch Chinas Wirtschaft

Unabhängig davon, ob die Angriffe der Huthis auf die Schifffahrt im Roten Meer direkt auf chinesische Schiffe abzielen oder nicht, besteht die Möglichkeit, dass diese Attacken den wirtschaftlichen Aufschwung Chinas gefährden. Und es könnte noch viel schlimmer kommen. Sollte sich Iran stärker in den Konflikt zwischen den Huthis und der von den USA angeführten Koalition einmischen, könnte auch die Verbindung durch die Straße von Hormus betroffen sein, wodurch sich eine Gefährdung für Chinas Energieversorgung ergäbe.

Dennoch scheint China die von den Huthis ausgehende Bedrohung im Moment weder als unmittelbar noch als akut einzustufen. Ja, offizielle Vertreter Chinas haben Berichten zufolge ihre iranischen Ansprechpartner gedrängt, Druck auf die Huthis auszuüben, ihre Angriffe einzuschränken. Doch obwohl China über einen gewissen Einfluss in Iran verfügt, bestimmt es wohl kaum die iranische Politik. Und auch Iran hat nicht die alleinige Kontrolle über die Huthis, obwohl er deren wichtigster Unterstützer ist. Angesichts dessen – und im Gegensatz zu dem, was die USA offenbar glauben – präsentieren sich Chinas Möglichkeiten, die Huthis auf diplomatischer Ebene in Schranken zu halten, begrenzt.

Kein Mangel an Schadenfreude

Es ist auch unwahrscheinlich, dass China viel weiter gehen wird. Da die chinesischen Strategen dazu neigen, die Entwicklungen im Nahen Osten durch die Linse der sino-amerikanischen Beziehungen zu betrachten, könnte selbst eine regionale Instabilität in den Augen Chinas ihre positiven Seiten haben. Unter chinesischen Experten herrscht kein Mangel an Schadenfreude darüber, dass die USA gezwungen sind, Israel um den Preis ihrer strategischen Beziehungen zu muslimischen Ländern in der Region zu unterstützen. Und China kann nur davon profitieren, dass sein Großmachtrivale in einen Konflikt im Nahen Osten hineingezogen wird, während er bereits stark in den Ukraine-Krieg involviert ist.

Zwar hat China offensichtlich nicht vor, Amerikas Engagement an mehreren Fronten auszunutzen, indem es beispielsweise einen Angriff auf Taiwan unternimmt. Aber man erfreut sich doch an der schwindenden Glaubwürdigkeit und Führungsstärke der USA. Je länger die USA Israel zur Seite stehen, desto mehr Gelegenheiten werden sich für China bieten, seine Beziehungen zu anderen Ländern des Nahen Ostens zu festigen, und desto glaubwürdiger wird Chinas alternativer Ansatz für die regionale Sicherheit erscheinen.

Huthi-Attacken kommen auch China teuer zu stehen

China wird sich unter keinen Umständen der von den USA angeführten Koalition gegen die Huthis anschließen, nicht nur wegen des “Neins” zu Kooperationen, sondern auch, weil dies seinen eigenen heiklen Balanceakt zwischen Israel und der arabischen Welt sowie zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen gefährden würde.

Tatsache bleibt jedoch, dass die Aktivitäten der Huthis im Roten Meer China teuer zu stehen kommen. Welche Optionen bieten sich China also?

Eine mögliche Maßnahme besteht darin, Frachtschiffe von der Marine eskortieren zu lassen, wie China es seit 2008 im Golf von Aden tut. Die Eskorten in diesem Gebiet kommen jedoch – als Teil der Bemühungen zur Bekämpfung der Piraterie – auf Grundlage eines Mandats der Vereinten Nationen zum Einsatz, nämlich der Resolution 1846 des UN-Sicherheitsrates. In Ermangelung eines derartigen Mandats für das Rote Meer hat China bisher gezögert, dort ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, obwohl man kürzlich damit begonnen hat.

China weiß: Zweistaatenlösung ist höchst unwahrscheinlich

Die einfachste und politisch komfortabelste Antwort auf die aktuelle Krise im Nahen Osten ergibt sich für China jedoch aus einem ganz anderen Aspekt. Der springende Punkt ist, das Chaos seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober – dem Ereignis, das den aktuellen Konflikt ausgelöst hat – auf das Versagen der USA und Israels zurückzuführen, eine Zweistaatenlösung mit den Palästinensern herbeizuführen, und ein entsprechendes Abkommen als Vorbedingung für jede praktikable Lösung der andauernden Krise zu betrachten. 

China weiß sehr wohl, dass eine Zweistaatenlösung in absehbarer Zeit höchst unwahrscheinlich ist, nicht zuletzt deshalb, weil sie Israels nationale Sicherheitsperspektiven und die des gesamten Nahen Ostens grundlegend verändern würde. Aber um eine Zweistaatenlösung geht es vermutlich nicht, sondern darum, die USA zu schwächen. Übersetzung: Helga Klinger-Groier

Yun Sun ist Senior Fellow, stellvertretende Direktorin des Ostasien-Programms und Direktorin des China-Programms am Stimson Center in Washington DC.

Copyright: Project Syndicate, 2024.
www.project-syndicate.org

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Personalien

Imke Neiteler ist seit Januar Referentin für Greater China & Asean bei der IHK Düsseldorf. Neiteler wurde unter anderem an der Außenhandelskammer (AHK) in Singapur ausgebildet. In ihrer neuen Rolle wird sie die internationalen Märkte und Trends in der Region beobachten.  

Ouassim Sfar hat im vergangenen Monat den Posten des Head of Technical Projectmanagement MEB bei VW China übernommen. Der Wirtschaftsingenieur ist seit mehr als sieben Jahren für den deutschen Autokonzern tätig. Für seine neue Rolle wechselte er von Niedersachsen nach Hefei in der Provinz Anhui.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Haarige Geschenke: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender haben auf ihrer Reise in die Mongolei die Kamele Winterfreund (rechts) und Schneemädchen (links) geschenkt bekommen.

Manch einer mag dies als nicht sonderlich tierlieb ablehnen, aber Winterfreund und Schneemädchen profitieren davon. Als Staatsgeschenk bleiben sie in der Mongolei, stehen fortan aber unter besonderem Schutz.

Steinmeier hat vergangene Woche in Ulaanbaatar eine strategische Partnerschaft unterschrieben, die das Land unabhängiger von den übergroßen Nachbarn China und Russland machen soll.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wir wünschen Ihnen einen guten Start ins neue Jahr des chinesischen Mondkalenders, dieses Jahr im Zeichen des Drachen. Zum Tierkreiszeichen gesellt sich ein Element, in diesem Jahr das Holz (甲, jia). Der Holzdrache wird mit Bodenständigkeit assoziiert, aber auch mit Wissen und Forschung, Kreativität und Geselligkeit. Das letzte Holzdrachen-Jahr begann 1964.

    Kurz vor dem Neujahrsfest überraschte BASF am Freitag mit der Meldung, sich aus zwei Joint Ventures in Xinjiang zurückzuziehen. Dem Partnerunternehmen Markor wird vorgeworfen, sich aktiv an der Überwachung von Uiguren in der Region zu beteiligen. Bundespolitiker begrüßen den Rückzug des Chemiekonzerns. Und doch gibt es Kritik, denn der Konzern reagierte spät auf die Berichte über Markor, wie Marcel Grzanna analysiert. Auch stellte BASF in seiner Erklärung Klimagründe in den Vordergrund.

    Der Konzern möchte an allen anderen Aktivitäten in China festhalten, und so steht BASF vor der Aufgabe, den Rückzug durchzuziehen, ohne die chinesische Regierung zu verärgern. Ob das gelingt, wird sich zeigen. Klar ist: Kritiker stellten sofort einen Zusammenhang zu Volkswagen her, das an seiner Fabrik in Xinjiangs Hauptstadt Ürümqi bislang festhält.

    Überwachung beklagt auch die irische Menschenrechtsanwältin Caoilfhionn Gallagher. Sie leitet das internationale Anwaltsteam des inhaftierten Verlegers Jimmy Lai, der zurzeit in Hongkong vor Gericht steht. Im Gespräch mit Table.Media erzählt sie von Angriffen der staatlichen Medien Chinas und der Hongkonger Behörden sowie von Cyberangriffen über mehrere VPN-Kanäle. Von Deutschland wünscht sich die Anwältin eine Führungsrolle im Umgang mit der Erosion der Medienfreiheit und anderer Bürgerrechte in Hongkong.

    Ihre
    Christiane Kühl
    Bild von Christiane  Kühl

    Analyse

    BASF zieht sich vom Xinjiang-Joint Venture zurück – Druck auf VW steigt

    BASF-Standort in Zhanjiang in der Provinz Guangzhou
    BASF-Standort in Xinjiangin der Provinz Guangzhou

    BASF ist gelungen, woran Volkswagen gescheitert ist. Mit der Ankündigung, sich aus der Autonomen Region Xinjiang im Nordwesten Chinas zurückzuziehen, hat der Chemiekonzern vorerst ein PR-Desaster in der westlichen Welt vermieden. Menschenrechtsorganisationen, Politiker und Investoren in Deutschland sind sich einig: Der am Freitag von BASF bekannt gegebene Verkauf der eigenen Anteile an den beiden Joint-Ventures BASF Markor Chemical Manufacturing (Xinjiang) Co., Ltd. und Markor Meiou Chemical (Xinjiang) Co., Ltd. in Korla sei definitiv richtig. BASF hat den Verkaufsprozess nach eigenen Angaben im vierten Quartal 2023 eingeleitet.

    “Die Entscheidung ist ausdrücklich zu begrüßen”, sagte etwa die FDP-Politikerin Renata Alt, Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Deutschen Bundestag, zu Table.Media. Der Rückzug von BASF setze ein klares Zeichen; Xinjiang müsse als Standort für wirtschaftliche Aktivitäten westlicher Unternehmen ein Tabu werden. “Viel zu lange hat die Regierung Chinas auf westliche Unternehmen Druck ausgeübt, sich in Xinjiang niederzulassen – und sie als Feigenblatt benutzt, um ihre menschenverachtende Politik der Unterdrückung von Uiguren salonfähig zu machen”, betonte Alt.

    Martin Brudermüller BASF
    Entscheidung gegen Xinjiang: BASF-Chef Martin Brudermüller hat sich dem öffentlichen Druck gebeugt.

    BASF verweist auf den höheren CO2-Fußabdruck

    Doch das Dilemma, in dem BASF steckt, bleibt bestehen. Um jeden Preis will die Unternehmensspitze vermeiden, den Zorn der chinesischen Regierung auf sich zu ziehen. Das Unternehmen hatte den Ausstieg aus den Gemeinschaftsunternehmen erst mitgeteilt, nachdem nicht mehr von der Hand zu weisen war, dass der eigene Joint-Venture-Partner Teil des Unterdrückungssystems gegen die Uiguren ist. Zwischen den Zeilen wurde aber deutlich, wie schwer sich der Konzern tut, die Menschenrechtsverletzungen in China als hinreichenden Anlass für den Ausstieg anzuführen.

    So verwies BASF in der Mitteilung zuerst auf erhöhten Wettbewerbsdruck und den höheren CO₂-Fußabdruck der Standorte in Korla – anstatt unmittelbar auf jüngste Medienberichte einzugehen, wonach Mitarbeiter des Joint-Venture-Partners Markor aktiv dabei mithalfen, staatliche Kontrollmaßnahmen gegen die uigurische Minderheit durchzusetzen.

    Erst im zweiten Absatz verwies das Unternehmen auf “kürzlich veröffentlichte Berichte über den Joint-Venture-Partner”. Es gebe schwere Vorwürfe, “die auf Aktivitäten hinweisen, die nicht mit den Werten von BASF vereinbar sind.” Der Verkauf der Anteile an den Joint Ventures werde deshalb beschleunigt. Ansonsten bleibe die BASF-Präsenz in China unverändert. Das Unternehmen halte an seinen Geschäftsaktivitäten und geplanten Investitionen in vollem Umfang fest. BASF gehört neben den Autobauern VW, BMW und Daimler zu den vier größten deutschen Investoren in der Volksrepublik.

    “Der Anteilsverkauf signalisiert weder Einsicht noch Transparenz, er ist rein profitgetrieben”, kommentierte der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag, Michael Brand, gegenüber Table.Media. Erst als es gar nicht mehr anders ging, habe BASF reagiert, “ohne ein Wort des Bedauerns.”

    Kritischer Aktionärsverband mahnt BASF

    Auch der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre (DKA) sieht BASF weiter in der Pflicht. “Einmal mehr reagiert BASF nur auf Missstände, die von außen durch unabhängigen Journalismus aufgedeckt werden, statt dass diese durch die eigenen Risikoanalysen und Maßnahmen identifiziert werden”, so Co-Geschäftsführer Tilman Massa. Es sei weiterhin vollkommen unklar, wie die BASF mit dem Risiko uigurischer Zwangsarbeit oder Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten zu den anderen BASF-Standorten in China umgehe.

    Der Verband hatte sich zuvor bereits skeptisch gezeigt über die bestandene Sonderprüfung des Volkswagen-Werks in Ürümqi – und stellt den Wert solcher Inspektionen generell infrage. Auch Mitarbeitende der Audit-Firma distanzierten sich von der Prüfung. Die seit 2012 bestehende VW-Fabrik ist umstritten wegen ihrer räumlichen Nähe zu Menschenrechtsverletzungen wie den Internierungslagern für Uiguren in Xinjiang. Offizielle Dokumente und Augenzeugenberichte belegen staatliche Arbeitsprogramme, die uigurische Frauen und Männer in verschiedene Industriezweige lotsen zu Netto-Bezahlungen weit unter den Mindestlöhnen.

    BASF und Volkswagen stehen daher auch an den Finanzmärkten seit einer Weile unter Beobachtung. Die Ratingagentur MSCI hatte die rote Flagge für Volkswagen nach dem Ergebnis seines Audits durch eine orange Flagge ersetzt und dem Autobauer damit eine Verschnaufpause gewährt. Auch die Fondsgesellschaft Union Investment stufte die VW-Aktie im Dezember weiterhin als “investierbar” für nachhaltige Geldanlagen ein. BASF ist bislang ungeschoren davon gekommen.

    Zenz: “Für Volkswagen gibt es jetzt keine Ausreden mehr”

    Die Recherchen über Markor hatte der China-Forscher Adrian Zenz angestellt, den die Enthüllung des Lagersystems in Xinjiang weltweit bekannt gemacht hatte. Zenz sichtete in akribischer Kleinarbeit die Internetauftritte von Markor aus den Jahren 2017 bis 2019 und setzte sie in Beziehung zu offiziellen Dokumenten zur staatlichen Kontrolle der Uiguren. Mitarbeitende des BASF-Partnerunternehmens waren demnach direkt daran beteiligt, Uiguren unter Druck zu setzen.

    “Aufgrund seiner geschichtlichen Verantwortung hätte das Unternehmen früher handeln müssen”, kommentierte Zenz den Rückzug. Er nahm damit Bezug auf die Verstrickung von BASF in die Menschenrechtsverbrechen der Nationalsozialisten. Dennoch sei es “ganz wichtiges Signal” von BASF, zumal auch Volkswagen jetzt zunehmend unter Druck geraten könnte, so Zenz. “Für Volkswagen gibt es jetzt keine Ausreden mehr: Deutsche Unternehmen müssen sich aus Xinjiang zurückziehen.”

    Der Weltkongress der Uiguren (WUC) zeigte sich erleichtert, dass BASF sich für den Rückzug aus Xinjiang entschieden hat. Auch der WUC stellte dabei den Kontrast zu VW heraus. Obwohl VW nach außen hin soziale Verantwortung demonstriere, “zeugen seine Taten von einer bedenklichen Ignoranz gegenüber der uigurischen Zwangsarbeit”, sagte WUC Berlin-Direktor Haiyuer Kuerban.

    Menschenrechtspolitiker Brand erinnerte BASF-Konzernchef Martin Brudermüller daran, dass deutsches Recht bei schweren Menschenrechtsverletzungen kein Vergessen kenne. “Die BASF-Führung muss ihre toxische Ergebenheit gegenüber einem brutalen Regime in Peking aufgeben und internationale Normen und nicht zuletzt deutsches Recht achten“, so Brand. Sollte das EU-Sortfaltspflichtengesetz kommen, wird es Umwelt-, Menschenrechts- und Sozialprobleme bei Zulieferern in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit in ganz Europa rücken.

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    Anwältin Gallagher: “Solange Jimmy Lai hinter Gittern sitzt, kann es mit Hongkong kein business as usual geben”

    Rechtlicher Beistand aus dem Ausland: Die irische Anwältin Caoilfhionn Gallagher setzt sich für den in Hongkong inhaftierten Verleger Jimmy Lai ein.

    Sie leiten das internationale Anwaltsteam für Jimmy Lai, der nun schon seit drei Jahren in Hongkong inhaftiert ist. Wie geht es ihm und Ihnen mit dem Fall?

    Jimmy Lai ist jetzt 76 Jahre alt. Wir sind sehr besorgt über seinen Gesundheitszustand. Er wird in Isolationshaft gehalten, was natürlich nicht so sein sollte. Sein Sohn Sebastien kann nicht zurück nach Hongkong reisen, um ihn zu besuchen.

    Mit welchen besonderen Problemen werden Sie in diesem Fall konfrontiert?

    Als Menschenrechtsanwälte stehen wir im Windschatten unserer Mandanten und erleben dementsprechend ähnliche Misshandlungen wie sie. Aber was wir im Fall Jimmy Lai erleben, übertrifft unsere bisherigen Erfahrungen. In den 20 Jahren meiner Karriere habe ich noch nie ein solches Ausmaß an Missbrauch erlebt. Wir sind mit Angriffen der staatlichen Medien und der Hongkonger Behörden sowie mit Cyberangriffen über mehrere VPN-Kanäle konfrontiert, und wir werden sogar verfolgt. Ein Teil der schattenhaften Angriffe, die uns oft vor wichtigen Prozesstagen koordiniert treffen, zielt auf die weiblichen Mitglieder unseres Anwaltsteams. Diese Angriffe erfolgen in Form von frauenfeindlichen und sexistischen Nachrichten sowie regelmäßigen Vergewaltigungs- und Zerstückelungsdrohungen. Das ist eine schockierende und inakzeptable Entwicklung.

    Warum ist die Reaktion Ihrer Ansicht nach so heftig?

    Man kann dadurch deutlich sehen: Wenn die Täter bereit sind, so viele finanzielle Mittel und Anstrengungen auf sich zu nehmen, nur weil wir die Anwälte von Jimmy Lai sind, sagt das viel über die Bedeutung unseres Mandanten aus – und wie sehr sie ihn zum Schweigen bringen wollen.

    Für Sie ist klar, dass der chinesische Staat hinter den Attacken steht.

    China agiert mit Tyrannei und grenzüberschreitender Unterdrückung, oft im Verborgenen, aber mit unvergleichlichen technischen Möglichkeiten. Jedes Land muss eine Strategie finden, um darauf zu reagieren. Es ist für mich immer noch erstaunlich, dass es in den europäischen Ländern keine weit verbreiteten Warnhinweise für die Zivilgesellschaft gibt, um diese Taktiken anzuprangern und die Menschen vor ihnen zu schützen. Wir wissen, dass China Mitglieder des Europäischen Parlaments und eine Reihe einzelner Länder ins Visier genommen hat. Dagegen muss die internationale Gemeinschaft aufstehen.

    Sie sprechen im Zusammenhang mit Jimmy Lai von einem Schauprozess. Inwiefern?

    Jimmy Lai ist natürlich eine symbolische Figur. Sein Fall ist exemplarisch und soll eine abschreckende Wirkung auf andere haben. Er ist im Wesentlichen wegen einer Verschwörung im Zusammenhang mit Journalismus und dem Eintreten für Menschenrechte inhaftiert. Das ist eine Botschaft an jeden, der es wagt, in Hongkong als Journalist tätig zu sein: Wenn du nicht schweigst, bist du der Nächste. In dem Prozess gibt es keine Rechtsstaatlichkeit.

    Der Prozess wird von handverlesenen Richtern geführt, die sich auf ein Gesetz berufen, das es nach Ansicht der Vereinten Nationen und vieler Länder weltweit nicht geben sollte (Das Nationale Sicherheitsgesetz von 2020, d. Red.). Die Straftatbestände sind so weit gefasst, dass es nur ein mögliches Ergebnis gibt: seine Verurteilung. Im Alter von 76 Jahren droht ihm, dass er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen muss. Deshalb ist es wichtig, dass die internationale Gemeinschaft ihre Stimme erhebt und China zur Verantwortung zieht.

    Was bedeutet es für den Prozess und für Sie als sein Anwaltsteam, dass Jimmy Lai britischer Staatsbürger ist?

    Der britische Pass ist der einzige Pass, den er besitzt. Das bedeutet, dass sein Fall eine hohe politische Priorität für das Vereinigte Königreich haben sollte. Bedauerlicherweise hat es einige Zeit gedauert, bis die britische Regierung seine Freilassung forderte. Aber jetzt tut sie es, und wir freuen uns darüber. Lord Cameron, der Außenminister, hat die sofortige und bedingungslose Freilassung von Jimmy Lai gefordert.

    Erheben auch andere Länder und Organisationen die Stimme?

    Auch die US-Regierung, das Europäische Parlament, das kanadische Parlament und Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen haben ein Ende der Verfolgung und seine sofortige Freilassung gefordert. Das Vereinigte Königreich wartet nicht auf das Ende des Prozesses, um seine Freilassung zu fordern. Denn es ist sich bewusst, dass es sich um ein fehlerhaftes Verfahren nach einem Gesetz handelt, das es nicht geben sollte. Das Vereinigte Königreich kann nicht zulassen, dass ein britischer Staatsbürger hinter Gittern stirbt, weil er eine Zeitung herausgibt und sich für Freiheit und friedliche pro-demokratische Proteste einsetzt.

    Was könnte Deutschland tun?

    Die deutsche Regierung unterzeichnete Ende Dezember eine eindringliche Erklärung, die von 24 Ländern im Rahmen der Media Freedom Coalition abgegeben wurde und in der die Besorgnis über die Medienfreiheit und ihre Verschlechterung in Hongkong, die Besorgnis über das Gesetz zur nationalen Sicherheit und die Besorgnis über den Fall Jimmy Lai im Besonderen zum Ausdruck gebracht wurden. Wir würden uns wünschen, dass Deutschland in diesem Bereich eine Führungsrolle übernimmt, da zwischen China, Hongkong und Deutschland enge Handelsbeziehungen bestehen und viele deutsche Unternehmen in Hongkong tätig sind.

    Was hieße das konkret?

    Was die Frage der politischen Gefangenen betrifft, so halten wir es für wichtig, dass es innerhalb der deutschen Regierung oder der EU eine Institution gibt, die sich speziell mit den Fällen politischer Gefangener und anderer willkürlich festgehaltener oder als Geiseln genommener Personen befasst – ähnlich wie das Amt des Sonderbeauftragten des US-Präsidenten für Geiselangelegenheiten, der derzeit von Botschafter Roger Carstens geleitet wird. Dann hätten sie angemessene Ressourcen, um die Freiheit politischer Gefangener zu sichern, und ein institutionelles Gedächtnis und Fachwissen, auf das sie aufbauen und mit den staatlichen Partnern teilen könnten. Es handelt sich um ein globales Problem, das mit einer global abgestimmten Strategie angegangen werden muss.

    Wird das aktualisierte Nationale Sicherheitsgesetz, das Hongkongs Chief Executive John Lee vergangene Woche vorgeschlagen hat, für Hongkong und Jimmy Lai einen Unterschied machen?

    Egal, ob es sich um ein so genanntes eigenes Nationales Sicherheitsgesetz oder um das von Peking auferlegte Nationale Sicherheitsgesetz 2020 handelt, die Ziele sind dieselben: Dissens soll zum Schweigen gebracht und unterdrückt werden, und es soll eine klare Botschaft vermittelt werden: Wer in Hongkong die Wahrheit sagt, wird dafür kriminalisiert.

    Den einen gilt das Gesetz als Untergang Hongkongs. Andere sagen, es fördere die Stabilität, insbesondere für die Wirtschaftswelt…

    Das Gesetz wurde von den Vereinten Nationen, von der EU, von mehreren Ländern weltweit, von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und anderen verurteilt. Und das zu Recht: Die Straftatbestände sind atemberaubend weit gefasst. Es kriminalisiert im Wesentlichen jede Form von friedlichem Dissens und politischer Debatte. Wir sind der Meinung, dass einige im Ausland ansässige Unternehmen und Einzelpersonen, die in Hongkong tätig sind, zu Unrecht glauben, dass sie dagegen immun sind. Das ist einfach nicht richtig. Das Nationale Sicherheitsgesetz gilt für alle.

    Was empfehlen Sie den Unternehmen in Hongkong?

    Es ist an der Zeit, dass Geschäftsleute und Unternehmen erkennen, dass eine Geschäftstätigkeit in Hongkong unter solchen Umständen ihre Mitarbeiter potenziellen Risiken aussetzt. Jeder Angestellte, der einen Tweet von Amnesty International liked, der die falsche Zeitung liest oder der sich auf eine bestimmte Art und Weise über China oder die Führung Hongkongs äußert, könnte sich schon bald unter Beobachtung oder in einer Untersuchung wiederfinden oder verhaftet werden. Oder es könnte gegen sein Unternehmen ermittelt oder sogar das Vermögen des Unternehmens eingefroren und beschlagnahmt werden.

    Welche Möglichkeiten gibt es jetzt noch, etwas daran zu ändern? Viele halten China für zu mächtig, um Kompromisse einzugehen.

    Man darf nicht vergessen, dass es China wichtig ist, wie sich Hongkong als internationales Handelszentrum entwickelt. China ist es auch wichtig, was Deutschland denkt, umso mehr, als sich Chinas Wirtschaft verlangsamt. Das sieht man daran, dass China eine riesige Delegation aus 120 Personen nach Davos und etwas später nach Genf geschickt hat, um der Welt zu erklären, dass China und Hongkong für Geschäfte offen sind und dass internationale Investitionen sicher nach Hongkong zurückkehren können. Aber das ist nur ein Feigenblatt. Solange ein Mann wie Jimmy Lai hinter Gittern sitzt, kann es in Hongkong kein business as usual geben. Hongkong hat einen sehr steilen und raschen Abstieg in den Autoritarismus erlebt. Da es so schnell ging, haben die Menschen nicht unbedingt bemerkt, was passiert ist. Es ist wie bei einem Frosch im kochenden Wasser, wo die Temperatur allmählich ansteigt und er die Gefahr erst bemerkt, wenn es zu spät ist.

    Gibt es eine realistische Chance, dass Jimmy Lai freigelassen wird?

    Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass Australien vor kurzem die Freilassung der Journalistin und australischen Staatsbürgerin Cheng Lei erreicht hat. China wurde klar gemacht, dass ihre Freilassung eine wesentliche Voraussetzung für den Besuch des Außenministers ist. Es ist möglich. Und wir werden nicht zögern, bis er freigelassen wird.

    Caoilfhionn Gallagher ist eine in Irland geborene Anwältin bei Doughty Street Chambers in London. Sie hat sich auf bürgerliche Freiheiten spezialisiert und war an vielen wichtigen Menschenrechtsfällen der letzten Jahre beteiligt. Im Jahr 2016 wurde sie von der Irish Times zu einer der 100 einflussreichsten Irinnen außerhalb Irlands gewählt.

    • Hongkong
    • Jimmy Lai
    • Menschenrechte
    • Nationales Sicherheitsgesetz
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    News

    Chinesen in aller Welt begrüßen das Jahr des Drachen

    Böller und Feuerwerk in Chenzhou, Provinz Hunan. Am ersten Morgen des Neuen Jahres sind in China stets große Aufräumarbeiten nötig.

    Mit Feuerwerk, Böllern, Drachentänzen auf der Straße und Festessen mit der Familie haben Chinesen rund um die Welt am Wochenende das neue Jahr des Drachen begrüßt. Das Feuerwerk soll nach einer Legende böse Geister abwehren und insbesondere das mythische Ungeheuer Nian verscheuchen, das angeblich zu Beginn des neuen Jahres vom Meeresgrund aufstieg, um sich Menschen und Vieh in den Dörfern zu holen. Ein alter Mann verjagte das Monster demnach mit Bambusfackeln und roten Kerzen und Dekorationen. Rot ist bis heute die wichtigste Farbe der Neujahrsdekoration. Geldgeschenke an die Kinder etwa stecken traditionell in roten Papiertaschen, genannt Hongbao (红包)

    Viele Menschen gehen mit großen Hoffnungen in das neue Jahr. Der Drache hat seit jeher eine tiefe Symbolik in der chinesischen Kultur und ist nicht nur das Symbol der alten Kaiser. Das Drachenjahr verspricht auch Glück, Erfolg, Wohlstand. Kinder, die im Jahr des Drachen geboren werden, gelten der chinesischen Astrologie zufolge als charismatisch, entschlossen und selbstbewusst. Deshalb setzen es viele junge Paare in China gezielt darauf an, ihren Nachwuchs im Drachenjahr zur Welt zu bringen.

    Eines der ersten Drachenbabys von 2024, geboren am Samstag in Heshan, Provinz Guangdong

    In der Neujahrsnacht schauen die meisten Chinesen die alljährliche bombastische Neujahrsshow im Staatsfernsehen, an den Folgetagen gibt es trotz der Kälte im Norden des Landes vielerorts Veranstaltungen im Freien.

    Luftaufnahme auf Drachentänze beim Eisfestival in Harbin
    Drachenshow auf dem Gelände des berühmten Eisfestivals im nordostchinesischen Harbin am Samstag

    Chinesen leben überall auf der Welt. Vor allem in den Chinatowns verschiedener Großstädte Asiens, Europas und Amerikas feierten die Menschen am Wochenende auf den Straßen, an denen nicht nur die chinesischen Communities selbst teilnahmen, sondern auch Anwohnende oder Touristen. In Los Angeles wurden 100.000 Menschen zur Neujahrsparade erwartet.

    In vielen Städten feierten die chinesischen Communities mit Drachentänzen, wie hier in der Chinatown von London.
    • Kultur

    Chinas Banken vergeben neue Kredite auf Rekordniveau 

    Die Staatsbanken haben zu Jahresbeginn neue Kredite auf Rekordniveau ausgereicht, um Impulse zur Konjunkturerholung in China zu setzen. Die Geldhäuser vergaben im Januar neue Darlehen in der Landeswährung im Gesamtvolumen von 4,92 Billionen Yuan (rund 634,5 Milliarden Euro), wie aus Daten der Notenbank hervorgeht. Dies ist mehr als das Vierfache des im Dezember ausgereichten Kreditvolumens.

    Generell ist es üblich, dass die Finanzinstitute zu Jahresbeginn besonders aktiv Kredite vergeben, um sich möglichst früh Markanteile und Premium-Kunden zu sichern. Dennoch überraschte das hohe Vergabevolumen im Januar selbst Fachleute: Von Reuters befragte Experten hatten lediglich mit einer Summe von 4,50 Billionen Yuan gerechnet.

    Um die Wirtschaft zu stützen, hatte die Zentralbank erst jüngst den Reservesatz für Geschäftsbanken (RRR) gesenkt – und zwar um einen halben Prozentpunkt. Damit wurden rund eine Billion Yuan (umgerechnet rund 128 Milliarden Euro) an Liquidität für das Finanzsystem freigesetzt. Mit einer flexiblen Linie will die Zentralbank die Inlandsnachfrage ankurbeln und gleichzeitig die Preisstabilität wahren. rtr

    • Banken
    • Finanzen
    • Konjunktur
    • Kredite

    Chinas Offshore-Windturbinen-Hersteller leiden unter Bürokratie und Preiskrieg

    Chinas Hersteller von Turbinen für Offshore-Windanlagen müssen aufgrund einer Schwächephase des Segments dramatische Gewinneinbrüche hinnehmen. So meldete Chinas drittgrößter Turbinenhersteller Mingyang Smart Energy für 2023 einen Rückgang des Nettogewinns um knapp 90 Prozent gegenüber 2022 auf 354 bis 530 Millionen Yuan (46-69 Millionen Euro). Die Turbinensparte von Shanghai Electric musste sogar Verluste deutlich über einer Milliarde Yuan hinnehmen. Beide sind besonders stark im Offshore-Bereich aktiv. Bei Shanghai Electric lag der Offshore-Anteil an der Turbinenherstellung bei über 70 Prozent.

    Gründe für die Misere gibt es nach Ansicht der Analysten der Beratungsfirma Trivium China einige: das Ende der Subventionen der Zentralregierung, zunehmendes Red Tape bei den Genehmigungen, härtere Konkurrenz zwischen den Anbietern um knappe Meeresgebiete. Dadurch wurden 2023 nur noch sechs Gigawatt (GW) Offshore-Windkraft zugebaut, kaum mehr als 2022 (5,2 GW). Der Rekordzuwachs von 2021 mit 17 GW liegt derzeit in weiter Ferne. Hinzu kommt seit drei Jahren ein Preiskrieg zwischen den Turbinenherstellern, der auf die Margen drückt.

    Die Firmen suchen daher nach Auswegen. Um Verluste auszugleichen, hat Mingyang laut Trivium China aggressiv in angrenzende Branchen expandiert, was aber massive Kapitalinvestitionen erfordert, und das mit geringer kurzfristiger Rendite und großer Unsicherheit. Die Trivium-Experten erwarten zudem eine Internationalisierung der Branche: “Die übermäßige Abhängigkeit vom heimischen Markt wird chinesische OEMs dazu bringen, ihre Expansion in profitablere Überseemärkte zu beschleunigen – was sie in einen immer direkteren Wettbewerb mit westlichen Turbinengiganten bringt.” Das ist bereits im Gang. 2022 bestückte Mingyang bereits den 30-Megawatt-Offshore-Windpark Beleolico vor Süditalien. ck

    • Erneuerbare Energien
    • Klima & Umwelt
    • Windkraft

    ZF darf autonomes Fahren auf Shanghais Straßen testen

    Der Autozulieferer und Technologiekonzern ZF aus Friedrichshafen hat in Shanghai eine Lizenz für Tests mit autonomem Fahren auf Level 4 bekommen. ZF kann damit Tests auf offener Straße in den dafür vorgesehenen Gebieten der Stadt durchführen – und ist damit der erste ausländische Zulieferer, der in Shanghai eine solche Genehmigung erhalten hat. ZF bestätigte am Freitag gegenüber Table.Media einen entsprechenden Bericht des chinesischen Fachmediums Gasgoo.

    ZF hatte im Dezember mitgeteilt, sich künftig auf seine Rolle als Technologieanbieter für autonomes Fahren zu konzentrieren – anstatt komplette autonome Transportsysteme einschließlich Shuttles anzubieten. Die erfolgversprechendste Strategie für die Zukunft bestehe darin, “sich auf die Positionierung als Premiumanbieter für autonome Fahrtechnologien und auf Engineering-Dienstleistungen zu fokussieren.” Das Unternehmen hat dazu ein eigenes System entwickelt mit Technologien zu verschiedene Fähigkeiten wie Wahrnehmung, Lokalisierung, KI, Daten, Entscheidungsfindung und Kontrolle.

    In China, das ZF als “einen der strategischen Kernmärkte des Unternehmens” bezeichnet, verkauft ZF auch Antriebssysteme für Elektroautos. Die Volksrepublik macht laut einer ZF-Mitteilung vom November 2023 rund 17 Prozent des globalen Umsatzes aus. ck

    • Autoindustrie
    • Autonomes Fahren

    Pkw-Verkäufe schwächeln zu Jahresbeginn

    Zum ersten Mal seit August 2023 ist der Fahrzeugabsatz in China im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen. Laut den am Donnerstag von der China Passenger Car Association (CPCA) veröffentlichten Daten wurden im Januar in China 2,04 Millionen Pkw verkauft, 13,9 Prozent weniger als im Dezember. Auch der Absatz von Elektroautos und Plug-in Hybriden fielen erstmals seit August – um 29,5 Prozent auf 668.000 Fahrzeuge gegenüber Dezember 2023. Vorjahresvergleiche sind im Januar und Februar in der Regel wertlos aufgrund der schwankenden Neujahrstage, in denen der Konsum stets weitgehend ruht.

    Gute Nachricht gibt es immerhin für Volkswagen. Der Wolfsburger Konzern hat im Januar den CPCA-Zahlen zufolge mit 209.476 Fahrzeugen erstmals seit über einem Jahr wieder mehr Autos verkauft als der chinesische Konkurrent BYD, der mit 191.122 verkauften Autos auf Platz 2 landete. VW war damit zumindest im Januar wieder die Nummer Eins in China. Im Elektrosegment blieb BYD allerdings Marktführer, Volkswagen kam dort weiterhin nur auf Platz 6.

    Der Absatzrückgang ist nach einem Bericht des Wirtschaftsmagazins Caixin auf Jahresendaktionen der Autohersteller zurückzuführen, sowie auf einen Preisanstieg bei bestimmten Modellen und einer Senkung lokaler Förderprogramme für den Autokauf. Im Januar senkten einige Hersteller, darunter Tesla, laut Caixin allerdings bereits wieder die Preise, was Sorgen vor einem erneuten Auto-Preiskrieg auslöse. ck

    • Autoindustrie
    • BYD
    • VW

    Bankdrücker Messi sorgt für Ärger in Hongkong

    Der Veranstalter eines Fußballspiels in Hongkong, bei dem Lionel Messi auf der Bank saß statt auf dem Platz mit Dribblings zu beeindrucken, wird den Fans die Hälfte ihres Eintrittspreises in Höhe von insgesamt rund 7,2 Millionen US-Dollar zurückerstatten. Damit reagierte die Lifestyle-Firma Tatler Asia am Freitag auf einen Aufschrei in der Lokalregierung. Das zur Schweizer Edipresse Group gehörende Unternehmen wird jetzt mit einem hohen Verlust aus dem Event gehen. Ab März werde man die Zahlungen abwickeln, hieß es.

    Rund 40.000 Menschen hatten für Tickets zum Freundschaftsspiel zwischen Messis Verein Inter Miami CF und Hongkong XI am 4. Februar zwischen 880 und 4.880 Hongkong-Dollar (105 bis 580 Euro) bezahlt. Messi ist für viele Fans in Asien ein Idol, nur seinetwegen wollten die meisten ins Stadion. Auch mehrere lokale Tycoons sowie Regierungschef John Lee waren dort.

    Nach dem Spiel skandierten viele “Rückerstattung”. Chinesische Internetnutzer wetterten in sozialen Medien gegen Messi, nachdem der 36-Jährige am Mittwoch auf Weibo von “muskulären Beschwerden” geschrieben hatte, ohne sich aber zu entschuldigen. Am selben Tag stand der mehrfache Weltfußballer aus Argentinien bei einem Freundschaftsspiel in Tokio dann mehr als 30 Minuten auf dem Platz. Die staatliche Global Times zeigte sich verärgert über den Kontrast der beiden Auftritte Messis: In Hongkong habe er lustlos gewirkt, in Japan dagegen voller Energie und den Fans zugetan.

    Auch Hongkongs Regierungsvertreter reagierten aufgrund des Fiaskos für ihre Stadt empört. Behörden forderten von Inter Miami CF eine Erklärung, warum Messi nicht spielte. Die prominente Lee-Beraterin Regina Ip forderte gar, Messi künftig die Einreise zu verweigern. “Unser Ziel war es, einen ikonischen Moment zu schaffen, um die Bemühungen der Regierung zu unterstützen, die Welt daran zu erinnern, wie wichtig und aufregend Hongkong ist”, teilte Tatler Asia nach einem Treffen mit Regierungsvertretern mit. Dieser Traum sei geplatzt. ck

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    Presseschau

    “Nicht mit den Werten vereinbar”: BASF verkauft Anteile an zwei China-Joint-Ventures N-TV
    Taiwan meldet acht chinesische Ballons TAGESSCHAU
    China stocks regain footing after state-backed intervention NIKKEI.COM
    Devastating impact of Evergrande’s $532 billion collapse NEWS.COM.AU
    Aus Tech-Unternehmen und Zulieferern werden Autohersteller HEISE
    Solarenergie in China: Die Revolution versorgt ihre Kinder TELEPOLIS
    Hong Kong’s first hydrogen-powered double-decker bus to hit the road in 1 month’s time SCMP
    New railway from China boosts tourism in Laos’ ancient capital NIKKEI.COM
    Äthiopien wird zum neuen Zentrum für chinesische Bitcoin Miner CRYPTOPOLITAN
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    Standpunkt

    Yun Sun: Peking geht aus strategischen Gründen nicht gegen die Huthi-Angriffe vor

    Von Yun Sun
    Yun Sun ist Direktorin des China-Programms am Stimson Center in Washington DC.

    Die chinesische Nahostpolitik wird von zwei Faktoren bestimmt: von Chinas Bedrohungswahrnehmung und von seinem strategischen Kalkül hinsichtlich der Großmachtrivalität mit den Vereinigten Staaten. Im Umgang mit den USA läuft Chinas Ansatz auf ein dreifaches “Nein” hinaus: nein zu Kooperation, nein zu Unterstützung und nein zu Konfrontation. Dieses Credo bildet die Grundlage der Entscheidung Chinas, nicht gegen die vom Iran unterstützten Huthis vorzugehen, die mit Drohnen und Raketen die Schifffahrtsrouten im Roten Meer unsicher machen.

    Von diesen Angriffen im Roten Meer – eine Reaktion auf Israels Krieg gegen die Hamas in Gaza – sind chinesische Schiffe nicht direkt bedroht, und die Huthis betonen, dass sich dies auch nicht ändern wird. So erklärte ein hochrangiger Huthi-Vertreter letzten Monat, weder chinesische noch russische Schiffe würden ins Visier genommen werden, solange diese nicht mit Israel in Verbindung stünden.

    Dennoch beeinträchtigen die Anschläge die wirtschaftlichen Interessen Chinas – und das nicht nur wegen der Notwendigkeit, Verbindungen mit Israel zu vermeiden. Chinas größtes Schifffahrtsunternehmen Cosco sah sich aufgrund von Sicherheitsbedenken bereits gezwungen, den gesamten Schiffsverkehr nach Israel einzustellen.

    Das Rote Meer ist heikelste Nadelöhre für den Welthandel

    Die Identifizierung von Schiffen (oder deren Flaggenstaaten) gestaltet sich nicht immer ganz eindeutig, und es besteht immer die Möglichkeit, dass Schiffe ins Visier genommen werden, die Chinas Interessen berühren. Doch das Gebiet zu umschiffen, bringt hohe Kosten mit sich. Das Rote Meer ist eines der heikelsten Nadelöhre für den Welthandel. Wenn chinesische Schiffe auf dem Weg nach Europa um das Kap der Guten Hoffnung fahren müssen, anstatt die traditionelle Route durch den Suezkanal zu nehmen, verlängert sich eine für 26 Tage anberaumte Fahrt auf 36 Tage, wodurch erhebliche Mehrkosten entstehen.

    Längere Transportwege könnten auch die Importpreise in die Höhe treiben und damit die Inflation in China anheizen. Ist davon der Ölpreis betroffen, wird die ohnehin schon angeschlagene chinesische Wirtschaft noch mehr unter Druck geraten. Ganz allgemein erschweren anhaltende Störungen im Schiffsverkehr Chinas Bemühungen, seine Wirtschaft durch eine Stärkung des Außenhandels anzukurbeln.

    Angriffe der Huthis beeinträchtigen auch Chinas Wirtschaft

    Unabhängig davon, ob die Angriffe der Huthis auf die Schifffahrt im Roten Meer direkt auf chinesische Schiffe abzielen oder nicht, besteht die Möglichkeit, dass diese Attacken den wirtschaftlichen Aufschwung Chinas gefährden. Und es könnte noch viel schlimmer kommen. Sollte sich Iran stärker in den Konflikt zwischen den Huthis und der von den USA angeführten Koalition einmischen, könnte auch die Verbindung durch die Straße von Hormus betroffen sein, wodurch sich eine Gefährdung für Chinas Energieversorgung ergäbe.

    Dennoch scheint China die von den Huthis ausgehende Bedrohung im Moment weder als unmittelbar noch als akut einzustufen. Ja, offizielle Vertreter Chinas haben Berichten zufolge ihre iranischen Ansprechpartner gedrängt, Druck auf die Huthis auszuüben, ihre Angriffe einzuschränken. Doch obwohl China über einen gewissen Einfluss in Iran verfügt, bestimmt es wohl kaum die iranische Politik. Und auch Iran hat nicht die alleinige Kontrolle über die Huthis, obwohl er deren wichtigster Unterstützer ist. Angesichts dessen – und im Gegensatz zu dem, was die USA offenbar glauben – präsentieren sich Chinas Möglichkeiten, die Huthis auf diplomatischer Ebene in Schranken zu halten, begrenzt.

    Kein Mangel an Schadenfreude

    Es ist auch unwahrscheinlich, dass China viel weiter gehen wird. Da die chinesischen Strategen dazu neigen, die Entwicklungen im Nahen Osten durch die Linse der sino-amerikanischen Beziehungen zu betrachten, könnte selbst eine regionale Instabilität in den Augen Chinas ihre positiven Seiten haben. Unter chinesischen Experten herrscht kein Mangel an Schadenfreude darüber, dass die USA gezwungen sind, Israel um den Preis ihrer strategischen Beziehungen zu muslimischen Ländern in der Region zu unterstützen. Und China kann nur davon profitieren, dass sein Großmachtrivale in einen Konflikt im Nahen Osten hineingezogen wird, während er bereits stark in den Ukraine-Krieg involviert ist.

    Zwar hat China offensichtlich nicht vor, Amerikas Engagement an mehreren Fronten auszunutzen, indem es beispielsweise einen Angriff auf Taiwan unternimmt. Aber man erfreut sich doch an der schwindenden Glaubwürdigkeit und Führungsstärke der USA. Je länger die USA Israel zur Seite stehen, desto mehr Gelegenheiten werden sich für China bieten, seine Beziehungen zu anderen Ländern des Nahen Ostens zu festigen, und desto glaubwürdiger wird Chinas alternativer Ansatz für die regionale Sicherheit erscheinen.

    Huthi-Attacken kommen auch China teuer zu stehen

    China wird sich unter keinen Umständen der von den USA angeführten Koalition gegen die Huthis anschließen, nicht nur wegen des “Neins” zu Kooperationen, sondern auch, weil dies seinen eigenen heiklen Balanceakt zwischen Israel und der arabischen Welt sowie zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen gefährden würde.

    Tatsache bleibt jedoch, dass die Aktivitäten der Huthis im Roten Meer China teuer zu stehen kommen. Welche Optionen bieten sich China also?

    Eine mögliche Maßnahme besteht darin, Frachtschiffe von der Marine eskortieren zu lassen, wie China es seit 2008 im Golf von Aden tut. Die Eskorten in diesem Gebiet kommen jedoch – als Teil der Bemühungen zur Bekämpfung der Piraterie – auf Grundlage eines Mandats der Vereinten Nationen zum Einsatz, nämlich der Resolution 1846 des UN-Sicherheitsrates. In Ermangelung eines derartigen Mandats für das Rote Meer hat China bisher gezögert, dort ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, obwohl man kürzlich damit begonnen hat.

    China weiß: Zweistaatenlösung ist höchst unwahrscheinlich

    Die einfachste und politisch komfortabelste Antwort auf die aktuelle Krise im Nahen Osten ergibt sich für China jedoch aus einem ganz anderen Aspekt. Der springende Punkt ist, das Chaos seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober – dem Ereignis, das den aktuellen Konflikt ausgelöst hat – auf das Versagen der USA und Israels zurückzuführen, eine Zweistaatenlösung mit den Palästinensern herbeizuführen, und ein entsprechendes Abkommen als Vorbedingung für jede praktikable Lösung der andauernden Krise zu betrachten. 

    China weiß sehr wohl, dass eine Zweistaatenlösung in absehbarer Zeit höchst unwahrscheinlich ist, nicht zuletzt deshalb, weil sie Israels nationale Sicherheitsperspektiven und die des gesamten Nahen Ostens grundlegend verändern würde. Aber um eine Zweistaatenlösung geht es vermutlich nicht, sondern darum, die USA zu schwächen. Übersetzung: Helga Klinger-Groier

    Yun Sun ist Senior Fellow, stellvertretende Direktorin des Ostasien-Programms und Direktorin des China-Programms am Stimson Center in Washington DC.

    Copyright: Project Syndicate, 2024.
    www.project-syndicate.org

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    Personalien

    Imke Neiteler ist seit Januar Referentin für Greater China & Asean bei der IHK Düsseldorf. Neiteler wurde unter anderem an der Außenhandelskammer (AHK) in Singapur ausgebildet. In ihrer neuen Rolle wird sie die internationalen Märkte und Trends in der Region beobachten.  

    Ouassim Sfar hat im vergangenen Monat den Posten des Head of Technical Projectmanagement MEB bei VW China übernommen. Der Wirtschaftsingenieur ist seit mehr als sieben Jahren für den deutschen Autokonzern tätig. Für seine neue Rolle wechselte er von Niedersachsen nach Hefei in der Provinz Anhui.

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    Dessert

    Haarige Geschenke: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender haben auf ihrer Reise in die Mongolei die Kamele Winterfreund (rechts) und Schneemädchen (links) geschenkt bekommen.

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    China.Table Redaktion

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