Table.Briefing: China

Außenhandel mit Asien-Pazifik-Region schrumpft + Renaissance des Radnabenmotors

Liebe Leserin, lieber Leser,

De-Risking oder auch Diversifizierung – das sagt sich so leicht. Und Deutschlands Unternehmen arbeiten ja auch intensiv an ihren “China+1”-Strategien. Nur: Gerade bei der wichtigen Diversifizierung im Asien-Pazifik-Raum muss der deutsche Außenhandel wohl einen herben Dämpfer hinnehmen. Das zeigen die aktuellen Berechnungen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI). Die Experten befürchten einen Rückgang von fünf bis sechs Prozent.

Die Gründe sind vielfältig – und doch vor allem in China selbst zu suchen. Denn China drängt aufgrund der schwachen Binnennachfrage selbst auf neue Märkte. In welchen Branchen und Ländern sich deutsche Unternehmen schon jetzt gut schlagen und was zudem die Politik tun müsste, lesen Sie in unserer ersten Analyse. 

Im zweiten Stück befassen wir uns mit einer möglichen Revolution. Konkret geht es um Radnabenmotoren. Eigentlich eine Technik aus dem vergangenen Jahrhundert, die schon auf der Weltausstellung 1900 in Paris für Furore sorgt. Nun scheint die Zeit für ein Comeback gekommen, schreibt Christian Domke Seidel. Denn dem deutschen Start-up DeepDrive ist womöglich ein technischer Durchbruch gelungen. Aktuell laufen Praxistests mit BMW und Continental.

Sollten diese Versuche positiv verlaufen, könnte die deutsche Technologie tatsächlich den Markt der Elektroautos umkrempeln – und ganz nebenbei die Karten auf dem wichtigen chinesischen Absatzmarkt völlig neu sortieren. Es gibt sich also doch, die von vielen schon totgesagte deutsche Ingenieurskunst.      

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Asien-Pazifik: Warum sich die Diversifizierung von China so schwierig gestaltet

Der Hafen von Tanjung Priok in Jakarta: Hier wird mehr als die Häflte des indonesischen Frachthandels abgewickelt.

Der deutsche Außenhandel mit der Asien-Pazifik-Region wird dieses Jahr schrumpfen. Zu diesem Schluss kommt die bundeseigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI). Ausgehend von den Handelszahlen der ersten fünf Monate rechnen die Experten für 2024 mit einem Rückgang von fünf bis sechs Prozent auf rund 480 Milliarden Euro.

Es wäre ein harter Schlag für den deutschen Außenhandel. Denn:

  • Asien-Pazifik ist nach Europa der zweitwichtigste Handelspartner für Deutschland.
  • Der Asienhandel geht stärker zurück als Deutschlands Gesamtexporte.
  • Es ist nach 2023 schon der zweite Rückgang in Folge.

Aber Deutschlands Firmen halten weiter an der Strategie der Diversifizierung fest. Das ist richtig und wichtig, angesichts der wachsenden geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA. Die Strategie des “China+1”, bei der Unternehmen ihre Lieferketten und Produktionsstandorte gezielt diversifizieren, bedarf aber einer politischen Flankierung. China und die USA zeigen, wie das gelingen kann: durch jeweils eigene Handelsabkommen.

Schwache Nachfrage drückt deutsche Exporte

Die Gründe für den deutschen Handelsrückgang mit der Asien-Pazifik-Region sind vielfältig. “Wechselkursschwankungen sowie die verhaltene Nachfrage liefern Erklärungen für den Einbruch bei deutschen Lieferungen speziell nach Asien-Pazifik”, heißt es dazu in der aktuellen GTAI-Studie.

Konkret gibt es vor allem zwei Ursachen: Die schwache Konjunktur in China, sowie generelle Lokalisierungstrends in Asien. Während deutsche Unternehmen zunehmend in der Region für lokale Märkte produzieren, dringen in China gleichzeitig lokale Zulieferer in die Produktionskette ein. Somit suchen deutsche und auch chinesische Unternehmen nach alternativen Absatzmärkten in der Region.

GTAI-Experte Mahlke: “China ist der entscheidende Faktor”

China ist mit Abstand Deutschlands größter Handelspartner in der Region. Die Volksrepublik steht für rund die Hälfte des deutschen Asiengeschäfts. Doch die chinesische Konjunktur kommt seit der Corona-Pandemie nicht wieder in Gang.

Zwar ist Chinas Wirtschaft im ersten Quartal 2024 mit 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stärker gewachsen als erwartet, doch vor allem der Binnenkonsum lahmt. “China ist der entscheidende Faktor”, sagt GTAI-Handelsexperte Niklas Mahlke im Gespräch mit Table.Briefings. “Dass der Binnenkonsum in China schwächelt, hat große Auswirkungen auf den deutschen Export.”

Vor allem zwei Konsequenzen:

  • Deutsche Unternehmen verkaufen weniger in China.
  • Chinesische Unternehmen drängen auf Märkte im Ausland.

China kauft weniger deutsche Produkte

In drei wichtigen Exportbranchen sind die deutschen Einbrüche auf dem chinesischen Markt besonders hoch:

  • Chemie -14,7 Prozent;
  • Straßenfahrzeuge -18,5 Prozent;
  • Elektronik -8,3 Prozent.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist der Verkauf deutscher Maschinen. Und hier gibt es gute Nachrichten, die auch wegweisend für die Zukunft sein könnten: Das Geschäft mit deutschen Maschinen ist insgesamt stabil auf einem Niveau von rund 44 Milliarden Euro – und das trotz eines Rückgangs von 3,8 Prozent im Handel mit China.

Der Grund: Es kommt zu Verschiebungen bei den Zielländern. Während die Maschinenexporte nach China rückläufig sind, legen die Käufe anderer wichtiger Handelspartner wie Indonesien, Singapur und Australien kräftig zu.

Diversifizierung gelingt mit Indien, Indonesien und Vietnam

Auch in anderen Branchen gewinnen deutsche Unternehmen neue Märkte. “Vor allem Indien hat sich im bilateralen Handel stark entwickelt”, erklärt GTAI-Experte Mahlke. Aber auch Asean-Länder wie Indonesien, Malaysia und Vietnam gewinnen für den deutschen Export zunehmend an Bedeutung.

Auch Florian Feyerabend, Direktor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Hanoi, wirbt im Gespräch mit Table.Briefings intensiv für Vietnam: “Im Rahmen einer Strategie der Diversifizierung und des De-Risking ist Vietnam für deutsche Unternehmen besonders interessant geworden.” Doch ausgerechnet in Vietnam wird es nun politisch kompliziert – und damit wiederum auch schwierig für deutsche Unternehmen. Auch hier ist China sehr aktiv und hat Tô Lâm, den neuen Staatschef in Vietnam, für kommende Woche zum Staatsbesuch nach Peking eingeladen.

Chinas Unternehmen drängen auf ausländische Märkte

Der schwache Inlandskonsum in China drückt nicht nur den Verkauf deutscher Produkte. Er drängt auch chinesische Unternehmen zunehmend auf Märkte im Ausland. Und hier lässt sich vor allem eine vertiefte wirtschaftliche Integration Chinas mit den Asean-Ländern feststellen. Asean ist für China inzwischen als Handelspartner wichtiger als die EU oder die USA.

Wichtig: China setzt dabei bewusst auf eine Wirtschaftsintegration abseits der Welthandelsorganisation WTO. GTAI-Daten zufolge hat China bis Ende 2023 insgesamt 21 Freihandelsabkommen abgeschlossen; weitere zehn seien in Verhandlung. So will China seinen Handel unabhängiger und sanktionsresistenter gestalten.

Dahinter stecken vor allem geopolitische Überlegungen, zuallererst der zunehmende Handelskonflikt mit den USA. Die Folge: Bei der weltgrößten Freihandelszone “Regional Comprehensive Economic Partnership Agreement” (RCEP) sind die USA außen vor. Mitglieder sind stattdessen die Asean-Staaten, Japan, Südkorea, Australien oder auch Neuseeland. Und natürlich China. Die USA verfolgen eine ähnliche Strategie. Ihre Antwort auf RCEP heißt “Indo-Pacific Economic Framework” (IPEF) mit derzeit 14 Mitgliedsstaaten – und wenig überraschend: ohne China. 

Chinesische Konkurrenz – trotz Diversifizierung

Wie der schwache chinesische Binnenkonsum hat aber auch das Drängen chinesischer Konzerne auf die Märkte im Asien-Pazifik-Raum direkte Auswirkungen auf den deutschen Handel. “Da auch China diversifiziert, spüren wir nun auch in den anderen Ländern des Indopazifiks einen zunehmenden Konkurrenzkampf mit chinesischen Unternehmen”, erklärt Mahlke.

In diesem Wettbewerb kommt der Bundesregierung wie auch der Europäische Union eine wichtige Rolle zu. Denn so gut Diversifizierung und Risikominimierung auch klingen mag: In absoluten Zahlen hinkt man dem Handel mit China noch weit hinterher.

GTAI-Fachmann Mahlke empfiehlt: “Wichtig sind die Förderung von Messen, Exportinitiativen, sowie das Gewähren von Exportkreditgarantien. Auch bilaterale Handelsabkommen mit der EU sind ein wichtiges Instrument.” China und die USA machen vor, wie das gelingen kann. Deutschland und die EU sollten sich hier dringend mehr einbringen. Mit Australien oder auch Indonesien gäbe es zwei große Länder, die starkes Interesse an Handelsabkommen signalisiert haben.

  • De-Risking
  • Deutschland
  • EU
  • Handel
  • Indien
  • Malaysia
  • Pazifik
  • RCEP
  • USA
  • Vietnam
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Radnabenmotor: Wie deutsche Technik E-Autos revolutionieren soll

So könnte es aussehen: Radnabenmotor in einem Auto von Continental.

Felix Pörnbacher spricht schon von einer Revolution. Der Grund: Seinem deutschen Unternehmen DeepDrive ist ein Durchbruch bei der Radnabentechnologie gelungen. Derzeit ist man in Praxistests mit BMW. Auch Continental hat eine Partnerschaft mit DeepDrive und arbeitet an der Skalierung der Technologie. Pörnbacher ist zuversichtlich: “Wir sind überzeugt, mit der Entwicklung unseres Doppelrotor-Motors die Elektrifizierung von Fahrzeugen zu revolutionieren”, sagt der Mitgründer und Geschäftsführer von DeepDrive.

Und tatsächlich: Radnabenmotoren könnten die entscheidende Ingenieursleistung sein, mit der deutsche Hersteller im Bereich der E-Autos wieder aufholen können. Allerdings forschen auch asiatische OEMs an der Technologie. 

Hyundai, BMW und Continental in der Pole-Position

Doch was steckt hinter dem vermeintlichen Durchbruch von DeepDrive? Der Firma ist es gelungen, den Antrieb sehr viel leichter und kompakter zu bauen. Herzstück dieses Entwicklungssprungs ist das Doppelrotor-Konzept (der Stator treibt einen innen- und einen außenliegenden Rotor gleichzeitig an). Seit dem Jahr 2021 unterstützt BMW die Entwicklung. Die Labortests sind abgeschlossen. Nun laufen die Praxistests. 

Doch DeepDrive ist immer noch ein eigenständiges Unternehmen. So euphorisch sich BMW in Pressemeldungen auch zeigt, exklusiv hat der Konzern die Technologie nicht. “Die Zusammenarbeit mit BMW war für uns ein ganz frühes Sprungbrett. Das hat uns geholfen, uns in der komplexen Konzernwelt zurechtzufinden und die hohen Standards der Automobilindustrie zu erfüllen und zu übertreffen. Jetzt ist es unser nächstes Ziel, dass wir es in ein Serienmodell schaffen”, führt Pörnbacher dazu in einer Mitteilung aus. 

Rennen um chinesischen Markt

Ein zentraler Markt dafür ist China. Deutsche Hersteller verlieren hier vor allem im Bereich der boomenden Elektroautos zusehends an Boden. Radnabenmotoren könnten helfen, das Rennen um Marktanteile wieder ausgeglichener zu gestalten. Vorausgesetzt, die Konzerne setzen früh genug auf diese Technik. 

Im Gespräch mit Table.Briefing gab ein Unternehmenssprecher von BMW an, dass DeepDrive gemeinsam mit Continental an einer Großserie arbeiten. Unter den Interessenten sollen auch chinesische Hersteller sein. Die arbeiten zwar ebenfalls am Radnabenmotoren, große Durchbrüche – wie jetzt von DeepDrive – lassen aber noch auf sich warten.

Hyundai hat ein anderes China-Problem

Und auch Hyundai erhofft sich von der Technologie neuen Schwung. Der Konzern forscht seit Jahren daran und konnte im Jahr 2023 das Uni Wheel präsentieren. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen sehr kompakten und leichten Radnabenmotor. Doch die koreanische Marke hat in China ein Problem.

Im Jahr 2017 produzierte sie in der Volksrepublik noch rund 1,6 Millionen Fahrzeuge. Nach dem Erlass von Restriktionen gegen koreanischen Marken sank die Zahl auf 250.000 Stück im Jahr 2023. Jetzt startet der Konzern eine neue Offensive in China im Bereich der Elektroautos und hat dafür ein Joint-Venture mit BAIC geschlossen. Der Radnabenmotor könnte hier mittelfristig eine entscheidende Rolle spielen. 

Deutscher Technologie-Vorsprung

Der Radnabenmotor zeigt aber auch, wie deutsche Ingenieure einen technologischen Vorsprung zu halten imstande sind. Philipp Böing hat über die Unterschiede von Innovationen und Patenten in diesem Zusammenhang bereits mit Table.Briefing gesprochen. Er ist Professor für Empirische Innovationsforschung mit Schwerpunkt China an der Goethe-Universität Frankfurt und dem ZEW Mannheim.

Im Maschinenbau und in der Automobilindustrie hätten deutsche Autohersteller immer noch einen Vorsprung. Das zeigt sich auch in einer Patentstudie der Kanzlei Grünecker. Im Bereich der Elektroautos haben demnach die fünf größten deutschen Automarken in China im Jahr 2022 fast 2.000 Patente angemeldet. Das seien doppelt so viele, wie noch im Jahr 2018. 

Radnabenmotoren: Eine nicht ganz neue Technologie

Grundsätzlich ist der Radnabenantrieb nicht neu. Auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 stand bereits der “Lohner Porsche”. An jedem Rad hatten Ludwig Lohner und Ferdinand Porsche einen Elektromotor montiert. Damit war das Fahrzeug auch der erste Pkw mit Allradantrieb. Bis heute genießt der Wagen in der Automobilbranche Legendenstatus. Doch nach Patentstreitigkeiten und Finanzierungsproblemen wurde das Projekt beerdigt und auch der Radnabenmotor verschwand aus den Automobilen. 

Und das zu Recht. Denn der Radnabenantrieb hat einige systemimmanente Probleme, die eine Großserienfertigung bislang ausgeschlossen hat:

  • Ungefederte Massen: Radnabenmotoren sind direkt in den Rädern verbaut. Das bedeutet, sie liegen vor den Federn und Dämpfer des Autos. Das macht entsprechend ausgerüstete Autos schlichtweg unkomfortabel.
  • Belastung: Durch ihre besondere Lage sind die Motoren Feuchtigkeit, Dreck, hohen Temperaturen und Erschütterungen ausgesetzt.

E-Auto-Revolution dank Radnabenmotor

Abseits der Automobilindustrie konnte der Radnabenmotor Erfolge feiern. Straßenbahnen, diverse Industriefahrzeuge, Elektrobusse, E-Bikes und einige Landmaschinen setzen seit Jahrzehnten erfolgreich auf diese Technologie. Entsprechend gab es auch immer wieder Versuche von Automobilherstellern, dem Radnabenmotor neues Leben einzuhauchen – etwa Honda (FCX Concept, 2005) oder Volkswagen (eT!, 2011). Vor allem der Zulieferer Schaeffler engagierte sich stark in der Entwicklung und präsentierte Versuchsfahrzeuge gemeinsam mit Opel und Ford. 

Der Boom der Elektroautos hat dem Radnabenmotor jetzt eine Art Renaissance verschafft. Denn die Vorteile könnten eine kleine Revolution auslösen: 

  • Flexibilität: Mit vier Motoren in den Rädern lassen sich Fahrzeuge komplett neu designen. Der klassische Motorraum, Antriebswelle und Getriebe werden überflüssig, was Platz für Akkus, Stauraum oder Elektronik lässt. 
  • Effizienz: Durch ihre Lage an den Rädern leiten die Motoren die Kraft sehr direkt weiter. Der Energieverlust wird so minimiert und das Ansprechverhalten maximiert. 

Und zu guter Letzt hat der Entwurf von DeepDrive einen ganz eigenen Vorteil: Der Motor kann ohne den Einsatz von Seltenen Erden gebaut werden kann. Das verringert die Abhängigkeit von China uns ist ein wichtiger Schritt zu einem ganzheitlichen De-Risking. 

  • Autoindustrie
  • De-Risking
  • E-Autos
  • Technologie
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News

Hongkong: Oberstes Gericht bestätigt Verurteilung von Jimmy Lai

Der Oberste Gerichtshof von Hongkong hat am Montag einstimmig den Antrag abgelehnt, die Verurteilung des Medienunternehmers Jimmy Lai und sechs weiterer pro-demokratischer Aktivisten wegen einer nicht genehmigten Versammlung im Jahr 2019 aufzuheben. Das zeigt, wie scharf das Nationale Sicherheitsgesetz die Meinungsfreiheit in Hongkong einschränkt.

Der 76-jährige Lai, Gründer der regierungskritischen Zeitung Apple Daily, und die anderen Angeklagten hatten gegen ihre Verurteilung Berufung eingelegt. Sie argumentierten, dass das Urteil nicht im Verhältnis zu den grundlegenden Menschenrechten stehe. Die irische Menschenrechtsanwältin Caoilfhionn Gallagher leitet die internationale Verteidigung des inhaftierten Hongkonger Verlegers. Sie forderte im Gespräch mit Table.Briefings die EU und Deutschland auf, China stärker in die Verantwortung zu ziehen. Lai befindet sich seit Dezember 2020 in Einzelhaft, sein Prozess begann erst drei Jahre später im Dezember 2023.

Rechtsgrundlage ist das umstrittene Nationale Sicherheitsgesetz. Es erlaubt den Behörden, hart gegen vermeintliche Bedrohungen der nationalen Sicherheit vorzugehen. Kritiker sehen darin eine Einschränkung der Bürgerrechte und der Autonomie Hongkongs, die der ehemaligen britischen Kronkolonie bei der Rückgabe an China 1997 für 50 Jahre zugesichert worden waren. Seit Inkrafttreten des Gesetzes wurden nach Angaben der Sicherheitsbehörde 301 Personen wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit verhaftet. Das Gesetz hat den Einfluss Pekings auf Hongkong deutlich gestärkt und die pro-demokratische Opposition weitgehend zum Schweigen gebracht. rtr

  • Hongkong
  • Jimmy Lai
  • Menschenrechte
  • Nationales Sicherheitsgesetz

Baltikum: China räumt Beteiligung an Zerstörung kritischer Gas-Pipeline ein

Chinesische Behörden haben nach internen Ermittlungen die Zerstörung einer kritischen Gas-Pipeline zwischen Estland und Finnland eingeräumt, wie die South China Morning Post auf Basis des chinesischen Reports zu den Ermittlungen berichtete. Im vergangenen Oktober hatte das chinesische Containerschiff Newnew Polar Bear unter der Flagge Hongkongs mit einem Anker die Balticonnector-Pipeline, Finnlands wichtigste Energiequelle, und zwei Telecom-Kabel durchtrennt. Die chinesische Seite erklärt, dass ein Sturm diesen Vorfall verursacht habe.

Der interne Report aus China kann von den betroffenen Staaten nicht als offizielles Beweismittel in den Ermittlungen vorgelegt werden. Finnland und Estland führen derzeit gemeinsame kriminalpolizeiliche Untersuchungen durch. Wie estnische Ermittler bekannt gaben, sei noch nicht klar, ob es sich bei dem Vorfall um einen Unfall handle oder der Schaden vorsätzlich verursacht wurde. Die beiden EU-Staaten forderten rechtliche Beihilfe für die Untersuchung des Schiffs und der Besatzung von China. Allerdings folgte bisher keine Antwort.

Die Zerstörung kritischer Infrastruktur kommt zu einem Zeitpunkt zunehmender geopolitischer Spannungen. Die Staaten im Baltikum beobachten mit wachsendem Misstrauen die Beziehungen zwischen Russland und China. Nach den bisher ungeklärten Explosionen an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und Nordstream 2 zwischen Deutschland und Russland im September 2022, steigt die Sorge um die Verwundbarkeit kritischer Infrastruktur. jam

  • Estland
  • Finnland
  • Infrastruktur

Logistik: Diese neue Drohne soll den Warentransport revolutionieren

Chinas größte unbemannte Frachtdrohne hat erfolgreich ihren ersten Testflug vollführt, wie chinesische Staatsmedien berichteten. 20 Minuten dauerte ihr Jungfernflug, dann landete die Maschine sicher auf einem Flughafen in der Provinz Sichuan.

Die zweimotorige Drohne von dem chinesischen Hersteller Tengden besitzt eine Spannweite von 16 Metern. Mit einer kommerziellen Ladekapazität von zwei Tonnen und einer Reichweite von bis zu 2.000 Kilometer weit, übertrifft sie andere Modelle, wie die im Juni vorgestellte Drohne HH-100 des chinesischen Herstellers Aviation Industry Corporation of China.

Tengden konzentriert sich auf die Entwicklung niedrig fliegender Drohnen, die im Luftraum auf unter 1.000 Metern eingesetzt werden. Die “Wirtschaft in niedriger Höhe” (低空经济), wie der kommerzielle Einsatz von Drohnen in China bezeichnet wird, ist eine Industrie, in der ein enormes Wachstumspotential besteht. Im April veröffentlichte die chinesische Regierung den ersten Arbeitsbericht zur Entwicklung der kommerziellen Drohnenindustrie.

Bis 2030 soll das Geschäft mit den Drohnen zu einem Milliardenmarkt ausgebaut werden. Bereits im vergangenen Jahr haben sich in China mehr als 2.000 Unternehmen registriert. Die Drohnen werden beim Warentransport und auch im Katastrophenmanagement eingesetzt. Auch Passagier-Drohnen haben schon erste Testflüge absolviert. jam

  • Drohnen
  • Technologie
  • Transport

Klima: Wie die Zentralbank grüne Investitionen unterstützen will

Chinas Zentralbank hat ihre Unterstützung für Investitionen in klimafreundliche Vorhaben verlängert. Mithilfe eines speziellen Kreditrahmens sollen Finanzinstitute Unternehmen bei Projekten zur Vermeidung von CO₂ unterstützen. Banken erhalten bis zu 60 Prozent des Kapitalbetrags für geeignete Kredite zu einem einjährigen Kreditzins von 1,75 Prozent. Das Kreditprogramm wurde bis 2027 verlängert. Das teilte der Staatsrat am Sonntag mit.

In einer Erklärung zu den politischen Zielen, die allerdings kaum konkrete Umsetzungspläne enthielt, versprach China damals außerdem, eine Steuer- und Investitionspolitik zu entwickeln, die die “grüne Transformation” unterstützen sollte.

Der Plan enthielt

  • die Förderung von E-Fahrzeugen,
  • energie- und wassersparender Haushaltsgeräte
  • oder die Verwendung umweltfreundlicherer Baumaterialien.

Das Gesamtziel besteht laut dem am Sonntag bekannt gegebenen Plan darin, dass China seine Wirtschaft bis 2035 vollständig auf einen grünen und kohlenstoffarmen Weg bringt und die CO₂-Emissionen bis dahin zurückgehen. rtr

  • Klima & Umwelt

Presseschau

Analyse vom China-Versteher: Xi schmiedet Pakt mit Putin – doch der könnte China zum Verhängnis werden FOCUS
China wird immer aggressiver – nun bilden sich neue Allianzen HANDELSBLATT
Experte zu globaler Neuordnung: “China beansprucht mehr Gestaltungsmacht” TELEPOLIS
Scarborough-Riff: Philippinen werfen China gefährliches Manöver in umstrittenem Seegebiet vor SPIEGEL
Taiwan to mount missile drills off east coast as PLA flexes more military muscle nearby SCMP
Demokratiebewegung in Hongkong: Verurteilung von Aktivisten bleibt bestehen TAGESSCHAU
Streit mit der EU: So will China bei E-Autos Europas Zölle umgehen MERKUR
Tim Walz liebt China. Ist das ein Problem? NZZ
US Financial Officials Head to China After Leaders’ Policy Meet BLOOMBERG
China gibt zu, vor einem Jahr eine Gaspipeline in der Ostsee zerstört zu haben KURIER
Ausländische Investoren ziehen Rekordsummen aus China ab LUXEMBURGER WORT
Expats kehren China den Rücken – Sonderfaktor oder doch globaler Trend? WIWO
With smugglers and front companies, China is skirting U.S. AI bans SEATTLE TIMES
Vietnams Wirtschaft wächst rasant, doch für den Westen bleibt das Land ein unsicherer Partner NZZ
Same same but different – Spione Russlands, Chinas und der USA sind so aktiv wie seit 50 Jahren nicht mehr GOLEM
Über 30, single und kinderlos? Na, dann aber hopp! – Chinas Regierung macht Front gegen Frauen, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollen NZZ
Erstflug von 20 Minuten: China testet global größte Frachtdrohne FAZ
CATL eröffnet innovatives neues Energie-Erlebniszentrum in Chengdu FINANZNACHRICHTEN
Expansion im Orbit: China plant zehntausende “Segel” im All TELEPOLIS
Schlecht im Fußball, herausragend bei Olympia: Das Medaillen-Geheimnis von China bei den Spielen in Paris FR

Blick aus China

Warum chinesische Athleten Mitgefühl verdienen

Chinesische Athleten waren bei den Olympischen Spielen 2024 nicht sehr beliebt, obwohl sie in der Medaillenwertung hoch platziert waren – nämlich direkt hinter dem Team der USA. Nach den Berichten von ARD und New York Times über einen nicht öffentlich bekannt gemachten Dopingfall, der elf chinesische Schwimmer betraf, die in Paris antreten sollten, haftete das unsichtbare Etikett “Betrüger” während der gesamten Spiele an den chinesischen Athleten. Unfreundliche Kommentare kamen dabei nicht nur von Konkurrenten aus dem Schwimmbecken, sondern auch von teilnehmenden Athleten aus anderen Bereichen und dem Publikum.

Das haben sie schlicht und ergreifend nicht verdient. Chinesische Athleten haben eine traurige Geschichte zu erzählen, genau wie das chinesische Volk. Um es kurz zu machen: Sie sind im Grunde genommen die Sweatshop-Arbeiter des Sports, von denen nur sehr wenige das goldene Los ziehen oder gar Goldmedaillengewinner sind. In internationalen Arenen zahlen sie den Preis für das schlechte Image ihres Heimatlandes, eine unmenschliche, Medaillen produzierende Maschine, die vom Staat monopolisiert wird, und auch vom allgemein nicht besonders sauberen globalen System des Profisports.

Das Leben der chinesischen Athleten ist hart

Die Athleten beginnen ihre Karriere alle in sehr jungem Alter und steigen über Jahre hinweg auf, von ganz unten bis hin zur Nationalmannschaft. Diejenigen, die über diesen Zeitraum hinweg unzufriedenstellend abschneiden, werden zu den Provinzteams zurückgeschickt, die sie ebenfalls wieder fallen lassen können. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie Reitsport, entscheiden sich nur Kinder aus bescheidenen Familienverhältnissen für diesen Weg, verführt von der Aussicht auf Ruhm und Glanz.

Es ist ein Vollzeitjob. Das Training ist extrem intensiv und hart. Sie müssen so viel Zeit damit verbringen, dass sie nicht genügend angemessene Bildung erhalten, was zu ihrem begrenzten Wissen über die Zustände außerhalb der Sportwelt führt. Und natürlich erhalten sie auch ihren Teil an nationalistischer Erziehung, denn sie werden als Avantgarde genutzt, um den Nationalstolz zu befeuern.

Kurz im Rampenlicht und ein häufig unglückliches Karriereende

Olympische Goldmedaillengewinner können Preisgelder von verschiedenen Regierungsebenen und privaten Sponsoren erhalten. Je nach Beliebtheit des Sports variiert das Geld, das jeden von ihnen zugeteilt wird, von 50.000 Euro bis hin zu Millionen-Summen. Die Beträge für Silber- und Bronzemedaillengewinner sind hingegen kaum der Rede wert. Dazu gibt es noch eine große Zahl von unbekannten Athleten, die rein gar nichts erhalten.

Wenn sie ihren sportlichen Zenit überschritten haben, werden die glücklich Auserwählten meist Trainer auf nationaler und provinzieller Ebene. Nur sehr wenige sozial oder kommerziell versierte Athleten sind einflussreiche Sport-Funktionäre geworden, wie Deng Yaping, die langjährige Tischtennis-Weltmeisterin und Gewinnerin von vier Olympia-Goldmedaillen, oder erfolgreiche Geschäftsleute, wie der Turner Li Ning, Gewinner von drei Olympia-Goldmedaillen.

Einige von ihnen versuchen, den Ruhm zu nutzen, um Influencer zu werden, wie Schwimmer Sun Yang, ein Olympia-Goldmedaillengewinner, der vier Jahre lang von Wettkämpfen ausgeschlossen wurde, nachdem er 2018 einen Dopingtest mit dem Zerschlagen einer Probenampulle verweigert hatte. Allerdings waren auch hier nur wenige wirklich erfolgreich, Sun eingeschlossen.

Die überwiegende Mehrheit von ihnen muss mit Verletzungen aus dem harten Training, und komplett ohne berufliche Fähigkeiten ein völlig neues Leben von Grund auf neu beginnen.

Chinas Sportsystem hat sich verbessert, ist aber immer noch hart

Das chinesische System für den Wettkampfsport ist teuer, undurchsichtig und korrupt. Es ist wie eine halbmilitärische Einheit mit vielen jugendlichen Soldaten, die auf der untersten Ebene der Hierarchie stehen. Es gab Zeiten, in denen es sehr dem System der DDR ähnelte: Fast das gesamte chinesische Nationalteam im Schwimmen dopte in den 1990er-Jahren, und es war Tradition, dass Tischtennis- und Badmintonspieler gefälschte Leistungen erbrachten, um Teamkollegen mit besseren Chancen auf den nächsten Rundensieg gegen ausländische Rivalen zu unterstützen.

Trotz der erhöhten individuellen Freiheit, stehen die Athleten nach wie vor unter der strengen Kontrolle des Systems.

China versus USA – Rivalität auch beim Doping

Das soll nicht heißen, dass alle chinesischen Athleten unschuldig sind. Trotz des manipulativen Umfelds, in dem sie sich befinden, haben sie immer noch Spielraum, um eigene Entscheidungen über ihre Gesundheit und Integrität zu treffen, was verständlicherweise einen hohen persönlichen Preis bedeuten könnte. Zumindest im Fall, der von der New York Times berichtet wurde, war die Erklärung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) nachvollziehbar.

Es ist auch unvorstellbar, dass das chinesische Schwimmteam, nach all den Skandalen in den vergangenen Jahren, ihr Glück in solch großem Maßstab erneut versuchen würde. Die Gegenanschuldigung der WADA, dass das US-Team bei seinen eigenen unter Verdacht stehenden Spielern sehr nachsichtig gewesen sei, war etwas selbstzerstörerisch, erinnerte aber daran, dass auch das US-Team nicht immer sauber war.

Es ist interessant zu beobachten, dass China – ein totalitäres Regime, das den Sport nutzt, um sich selbst zu verherrlichen – und die USA – eine megalomanische Supermacht, die besessen ist, in allem zu dominieren und Weltspitze in der Kommerzialisierung von allem, einschließlich des Sports – in den Sportarenen miteinander kollidieren. Sogar die New York Times, eine renommierte Nachrichtenorganisation, half dabei, die bittere Rivalität anzuheizen. Doch es ist traurig für den Sport und für die Athleten, die, auch wenn sie wollen, nicht vermeiden können, von den schmutzigen Geschäften hinter der Bühne befleckt zu werden.

Die WADA muss ihre Kapazität und Transparenz verbessern, insbesondere bei sensiblen Fällen, aber das würde ein starkes Engagement und finanzielle Unterstützung aus der Sportwelt erfordern, einschließlich des Internationalen Olympischen Komitees und der zuständigen Verbände der jeweiligen Sportarten. Sie müssen sich fragen, wie engagiert sie in dieser Hinsicht wirklich sein möchten.

  • Doping
  • Gesellschaft
  • Olympia
  • Sport

Personalien

Aditi Rasquinha ist neue CEO von DHL Global Forwarding Greater China. Rasquinha begann ihre Karriere bei DHL im Jahr 2005 als Business Analystin im Global Customer Solutions Team in Singapur. Seitdem sammelte sie Erfahrungen bei Kühne + Nagel als Leiterin der Seefracht-Logistik in Thailand und den Niederlanden. Ab 2021 war sie Leiterin der Seefracht Asien-Pazifik bei DB Schenker. 

Ulrika Toftevik ist seit Juni Chief Operating Officer bei Zeekr Technology Europe. Die Tochtergesellschaft von Geely hat sich auf die Herstellung und den Verkauf von Luxus-Elektrofahrzeugen spezialisiert. Toftevik arbeitete zuvor für Volvo in Singapur. Ihr neuer Einsatzort ist Göteborg in Schweden.  

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Am Montag wurden die 41. World Coin Awards vergeben. Diese wunderschöne Münze aus China ist eine Reminiszenz an die Peking-Oper und gewinnt vollkommen zu Recht den Preis für die beste im Umlauf befindliche Münze.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Die Gründe sind vielfältig – und doch vor allem in China selbst zu suchen. Denn China drängt aufgrund der schwachen Binnennachfrage selbst auf neue Märkte. In welchen Branchen und Ländern sich deutsche Unternehmen schon jetzt gut schlagen und was zudem die Politik tun müsste, lesen Sie in unserer ersten Analyse. 

    Im zweiten Stück befassen wir uns mit einer möglichen Revolution. Konkret geht es um Radnabenmotoren. Eigentlich eine Technik aus dem vergangenen Jahrhundert, die schon auf der Weltausstellung 1900 in Paris für Furore sorgt. Nun scheint die Zeit für ein Comeback gekommen, schreibt Christian Domke Seidel. Denn dem deutschen Start-up DeepDrive ist womöglich ein technischer Durchbruch gelungen. Aktuell laufen Praxistests mit BMW und Continental.

    Sollten diese Versuche positiv verlaufen, könnte die deutsche Technologie tatsächlich den Markt der Elektroautos umkrempeln – und ganz nebenbei die Karten auf dem wichtigen chinesischen Absatzmarkt völlig neu sortieren. Es gibt sich also doch, die von vielen schon totgesagte deutsche Ingenieurskunst.      

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    Michael Radunski
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    Analyse

    Asien-Pazifik: Warum sich die Diversifizierung von China so schwierig gestaltet

    Der Hafen von Tanjung Priok in Jakarta: Hier wird mehr als die Häflte des indonesischen Frachthandels abgewickelt.

    Der deutsche Außenhandel mit der Asien-Pazifik-Region wird dieses Jahr schrumpfen. Zu diesem Schluss kommt die bundeseigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI). Ausgehend von den Handelszahlen der ersten fünf Monate rechnen die Experten für 2024 mit einem Rückgang von fünf bis sechs Prozent auf rund 480 Milliarden Euro.

    Es wäre ein harter Schlag für den deutschen Außenhandel. Denn:

    • Asien-Pazifik ist nach Europa der zweitwichtigste Handelspartner für Deutschland.
    • Der Asienhandel geht stärker zurück als Deutschlands Gesamtexporte.
    • Es ist nach 2023 schon der zweite Rückgang in Folge.

    Aber Deutschlands Firmen halten weiter an der Strategie der Diversifizierung fest. Das ist richtig und wichtig, angesichts der wachsenden geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA. Die Strategie des “China+1”, bei der Unternehmen ihre Lieferketten und Produktionsstandorte gezielt diversifizieren, bedarf aber einer politischen Flankierung. China und die USA zeigen, wie das gelingen kann: durch jeweils eigene Handelsabkommen.

    Schwache Nachfrage drückt deutsche Exporte

    Die Gründe für den deutschen Handelsrückgang mit der Asien-Pazifik-Region sind vielfältig. “Wechselkursschwankungen sowie die verhaltene Nachfrage liefern Erklärungen für den Einbruch bei deutschen Lieferungen speziell nach Asien-Pazifik”, heißt es dazu in der aktuellen GTAI-Studie.

    Konkret gibt es vor allem zwei Ursachen: Die schwache Konjunktur in China, sowie generelle Lokalisierungstrends in Asien. Während deutsche Unternehmen zunehmend in der Region für lokale Märkte produzieren, dringen in China gleichzeitig lokale Zulieferer in die Produktionskette ein. Somit suchen deutsche und auch chinesische Unternehmen nach alternativen Absatzmärkten in der Region.

    GTAI-Experte Mahlke: “China ist der entscheidende Faktor”

    China ist mit Abstand Deutschlands größter Handelspartner in der Region. Die Volksrepublik steht für rund die Hälfte des deutschen Asiengeschäfts. Doch die chinesische Konjunktur kommt seit der Corona-Pandemie nicht wieder in Gang.

    Zwar ist Chinas Wirtschaft im ersten Quartal 2024 mit 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stärker gewachsen als erwartet, doch vor allem der Binnenkonsum lahmt. “China ist der entscheidende Faktor”, sagt GTAI-Handelsexperte Niklas Mahlke im Gespräch mit Table.Briefings. “Dass der Binnenkonsum in China schwächelt, hat große Auswirkungen auf den deutschen Export.”

    Vor allem zwei Konsequenzen:

    • Deutsche Unternehmen verkaufen weniger in China.
    • Chinesische Unternehmen drängen auf Märkte im Ausland.

    China kauft weniger deutsche Produkte

    In drei wichtigen Exportbranchen sind die deutschen Einbrüche auf dem chinesischen Markt besonders hoch:

    • Chemie -14,7 Prozent;
    • Straßenfahrzeuge -18,5 Prozent;
    • Elektronik -8,3 Prozent.

    Ein weiterer wichtiger Bereich ist der Verkauf deutscher Maschinen. Und hier gibt es gute Nachrichten, die auch wegweisend für die Zukunft sein könnten: Das Geschäft mit deutschen Maschinen ist insgesamt stabil auf einem Niveau von rund 44 Milliarden Euro – und das trotz eines Rückgangs von 3,8 Prozent im Handel mit China.

    Der Grund: Es kommt zu Verschiebungen bei den Zielländern. Während die Maschinenexporte nach China rückläufig sind, legen die Käufe anderer wichtiger Handelspartner wie Indonesien, Singapur und Australien kräftig zu.

    Diversifizierung gelingt mit Indien, Indonesien und Vietnam

    Auch in anderen Branchen gewinnen deutsche Unternehmen neue Märkte. “Vor allem Indien hat sich im bilateralen Handel stark entwickelt”, erklärt GTAI-Experte Mahlke. Aber auch Asean-Länder wie Indonesien, Malaysia und Vietnam gewinnen für den deutschen Export zunehmend an Bedeutung.

    Auch Florian Feyerabend, Direktor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Hanoi, wirbt im Gespräch mit Table.Briefings intensiv für Vietnam: “Im Rahmen einer Strategie der Diversifizierung und des De-Risking ist Vietnam für deutsche Unternehmen besonders interessant geworden.” Doch ausgerechnet in Vietnam wird es nun politisch kompliziert – und damit wiederum auch schwierig für deutsche Unternehmen. Auch hier ist China sehr aktiv und hat Tô Lâm, den neuen Staatschef in Vietnam, für kommende Woche zum Staatsbesuch nach Peking eingeladen.

    Chinas Unternehmen drängen auf ausländische Märkte

    Der schwache Inlandskonsum in China drückt nicht nur den Verkauf deutscher Produkte. Er drängt auch chinesische Unternehmen zunehmend auf Märkte im Ausland. Und hier lässt sich vor allem eine vertiefte wirtschaftliche Integration Chinas mit den Asean-Ländern feststellen. Asean ist für China inzwischen als Handelspartner wichtiger als die EU oder die USA.

    Wichtig: China setzt dabei bewusst auf eine Wirtschaftsintegration abseits der Welthandelsorganisation WTO. GTAI-Daten zufolge hat China bis Ende 2023 insgesamt 21 Freihandelsabkommen abgeschlossen; weitere zehn seien in Verhandlung. So will China seinen Handel unabhängiger und sanktionsresistenter gestalten.

    Dahinter stecken vor allem geopolitische Überlegungen, zuallererst der zunehmende Handelskonflikt mit den USA. Die Folge: Bei der weltgrößten Freihandelszone “Regional Comprehensive Economic Partnership Agreement” (RCEP) sind die USA außen vor. Mitglieder sind stattdessen die Asean-Staaten, Japan, Südkorea, Australien oder auch Neuseeland. Und natürlich China. Die USA verfolgen eine ähnliche Strategie. Ihre Antwort auf RCEP heißt “Indo-Pacific Economic Framework” (IPEF) mit derzeit 14 Mitgliedsstaaten – und wenig überraschend: ohne China. 

    Chinesische Konkurrenz – trotz Diversifizierung

    Wie der schwache chinesische Binnenkonsum hat aber auch das Drängen chinesischer Konzerne auf die Märkte im Asien-Pazifik-Raum direkte Auswirkungen auf den deutschen Handel. “Da auch China diversifiziert, spüren wir nun auch in den anderen Ländern des Indopazifiks einen zunehmenden Konkurrenzkampf mit chinesischen Unternehmen”, erklärt Mahlke.

    In diesem Wettbewerb kommt der Bundesregierung wie auch der Europäische Union eine wichtige Rolle zu. Denn so gut Diversifizierung und Risikominimierung auch klingen mag: In absoluten Zahlen hinkt man dem Handel mit China noch weit hinterher.

    GTAI-Fachmann Mahlke empfiehlt: “Wichtig sind die Förderung von Messen, Exportinitiativen, sowie das Gewähren von Exportkreditgarantien. Auch bilaterale Handelsabkommen mit der EU sind ein wichtiges Instrument.” China und die USA machen vor, wie das gelingen kann. Deutschland und die EU sollten sich hier dringend mehr einbringen. Mit Australien oder auch Indonesien gäbe es zwei große Länder, die starkes Interesse an Handelsabkommen signalisiert haben.

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    Radnabenmotor: Wie deutsche Technik E-Autos revolutionieren soll

    So könnte es aussehen: Radnabenmotor in einem Auto von Continental.

    Felix Pörnbacher spricht schon von einer Revolution. Der Grund: Seinem deutschen Unternehmen DeepDrive ist ein Durchbruch bei der Radnabentechnologie gelungen. Derzeit ist man in Praxistests mit BMW. Auch Continental hat eine Partnerschaft mit DeepDrive und arbeitet an der Skalierung der Technologie. Pörnbacher ist zuversichtlich: “Wir sind überzeugt, mit der Entwicklung unseres Doppelrotor-Motors die Elektrifizierung von Fahrzeugen zu revolutionieren”, sagt der Mitgründer und Geschäftsführer von DeepDrive.

    Und tatsächlich: Radnabenmotoren könnten die entscheidende Ingenieursleistung sein, mit der deutsche Hersteller im Bereich der E-Autos wieder aufholen können. Allerdings forschen auch asiatische OEMs an der Technologie. 

    Hyundai, BMW und Continental in der Pole-Position

    Doch was steckt hinter dem vermeintlichen Durchbruch von DeepDrive? Der Firma ist es gelungen, den Antrieb sehr viel leichter und kompakter zu bauen. Herzstück dieses Entwicklungssprungs ist das Doppelrotor-Konzept (der Stator treibt einen innen- und einen außenliegenden Rotor gleichzeitig an). Seit dem Jahr 2021 unterstützt BMW die Entwicklung. Die Labortests sind abgeschlossen. Nun laufen die Praxistests. 

    Doch DeepDrive ist immer noch ein eigenständiges Unternehmen. So euphorisch sich BMW in Pressemeldungen auch zeigt, exklusiv hat der Konzern die Technologie nicht. “Die Zusammenarbeit mit BMW war für uns ein ganz frühes Sprungbrett. Das hat uns geholfen, uns in der komplexen Konzernwelt zurechtzufinden und die hohen Standards der Automobilindustrie zu erfüllen und zu übertreffen. Jetzt ist es unser nächstes Ziel, dass wir es in ein Serienmodell schaffen”, führt Pörnbacher dazu in einer Mitteilung aus. 

    Rennen um chinesischen Markt

    Ein zentraler Markt dafür ist China. Deutsche Hersteller verlieren hier vor allem im Bereich der boomenden Elektroautos zusehends an Boden. Radnabenmotoren könnten helfen, das Rennen um Marktanteile wieder ausgeglichener zu gestalten. Vorausgesetzt, die Konzerne setzen früh genug auf diese Technik. 

    Im Gespräch mit Table.Briefing gab ein Unternehmenssprecher von BMW an, dass DeepDrive gemeinsam mit Continental an einer Großserie arbeiten. Unter den Interessenten sollen auch chinesische Hersteller sein. Die arbeiten zwar ebenfalls am Radnabenmotoren, große Durchbrüche – wie jetzt von DeepDrive – lassen aber noch auf sich warten.

    Hyundai hat ein anderes China-Problem

    Und auch Hyundai erhofft sich von der Technologie neuen Schwung. Der Konzern forscht seit Jahren daran und konnte im Jahr 2023 das Uni Wheel präsentieren. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen sehr kompakten und leichten Radnabenmotor. Doch die koreanische Marke hat in China ein Problem.

    Im Jahr 2017 produzierte sie in der Volksrepublik noch rund 1,6 Millionen Fahrzeuge. Nach dem Erlass von Restriktionen gegen koreanischen Marken sank die Zahl auf 250.000 Stück im Jahr 2023. Jetzt startet der Konzern eine neue Offensive in China im Bereich der Elektroautos und hat dafür ein Joint-Venture mit BAIC geschlossen. Der Radnabenmotor könnte hier mittelfristig eine entscheidende Rolle spielen. 

    Deutscher Technologie-Vorsprung

    Der Radnabenmotor zeigt aber auch, wie deutsche Ingenieure einen technologischen Vorsprung zu halten imstande sind. Philipp Böing hat über die Unterschiede von Innovationen und Patenten in diesem Zusammenhang bereits mit Table.Briefing gesprochen. Er ist Professor für Empirische Innovationsforschung mit Schwerpunkt China an der Goethe-Universität Frankfurt und dem ZEW Mannheim.

    Im Maschinenbau und in der Automobilindustrie hätten deutsche Autohersteller immer noch einen Vorsprung. Das zeigt sich auch in einer Patentstudie der Kanzlei Grünecker. Im Bereich der Elektroautos haben demnach die fünf größten deutschen Automarken in China im Jahr 2022 fast 2.000 Patente angemeldet. Das seien doppelt so viele, wie noch im Jahr 2018. 

    Radnabenmotoren: Eine nicht ganz neue Technologie

    Grundsätzlich ist der Radnabenantrieb nicht neu. Auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 stand bereits der “Lohner Porsche”. An jedem Rad hatten Ludwig Lohner und Ferdinand Porsche einen Elektromotor montiert. Damit war das Fahrzeug auch der erste Pkw mit Allradantrieb. Bis heute genießt der Wagen in der Automobilbranche Legendenstatus. Doch nach Patentstreitigkeiten und Finanzierungsproblemen wurde das Projekt beerdigt und auch der Radnabenmotor verschwand aus den Automobilen. 

    Und das zu Recht. Denn der Radnabenantrieb hat einige systemimmanente Probleme, die eine Großserienfertigung bislang ausgeschlossen hat:

    • Ungefederte Massen: Radnabenmotoren sind direkt in den Rädern verbaut. Das bedeutet, sie liegen vor den Federn und Dämpfer des Autos. Das macht entsprechend ausgerüstete Autos schlichtweg unkomfortabel.
    • Belastung: Durch ihre besondere Lage sind die Motoren Feuchtigkeit, Dreck, hohen Temperaturen und Erschütterungen ausgesetzt.

    E-Auto-Revolution dank Radnabenmotor

    Abseits der Automobilindustrie konnte der Radnabenmotor Erfolge feiern. Straßenbahnen, diverse Industriefahrzeuge, Elektrobusse, E-Bikes und einige Landmaschinen setzen seit Jahrzehnten erfolgreich auf diese Technologie. Entsprechend gab es auch immer wieder Versuche von Automobilherstellern, dem Radnabenmotor neues Leben einzuhauchen – etwa Honda (FCX Concept, 2005) oder Volkswagen (eT!, 2011). Vor allem der Zulieferer Schaeffler engagierte sich stark in der Entwicklung und präsentierte Versuchsfahrzeuge gemeinsam mit Opel und Ford. 

    Der Boom der Elektroautos hat dem Radnabenmotor jetzt eine Art Renaissance verschafft. Denn die Vorteile könnten eine kleine Revolution auslösen: 

    • Flexibilität: Mit vier Motoren in den Rädern lassen sich Fahrzeuge komplett neu designen. Der klassische Motorraum, Antriebswelle und Getriebe werden überflüssig, was Platz für Akkus, Stauraum oder Elektronik lässt. 
    • Effizienz: Durch ihre Lage an den Rädern leiten die Motoren die Kraft sehr direkt weiter. Der Energieverlust wird so minimiert und das Ansprechverhalten maximiert. 

    Und zu guter Letzt hat der Entwurf von DeepDrive einen ganz eigenen Vorteil: Der Motor kann ohne den Einsatz von Seltenen Erden gebaut werden kann. Das verringert die Abhängigkeit von China uns ist ein wichtiger Schritt zu einem ganzheitlichen De-Risking. 

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    News

    Hongkong: Oberstes Gericht bestätigt Verurteilung von Jimmy Lai

    Der Oberste Gerichtshof von Hongkong hat am Montag einstimmig den Antrag abgelehnt, die Verurteilung des Medienunternehmers Jimmy Lai und sechs weiterer pro-demokratischer Aktivisten wegen einer nicht genehmigten Versammlung im Jahr 2019 aufzuheben. Das zeigt, wie scharf das Nationale Sicherheitsgesetz die Meinungsfreiheit in Hongkong einschränkt.

    Der 76-jährige Lai, Gründer der regierungskritischen Zeitung Apple Daily, und die anderen Angeklagten hatten gegen ihre Verurteilung Berufung eingelegt. Sie argumentierten, dass das Urteil nicht im Verhältnis zu den grundlegenden Menschenrechten stehe. Die irische Menschenrechtsanwältin Caoilfhionn Gallagher leitet die internationale Verteidigung des inhaftierten Hongkonger Verlegers. Sie forderte im Gespräch mit Table.Briefings die EU und Deutschland auf, China stärker in die Verantwortung zu ziehen. Lai befindet sich seit Dezember 2020 in Einzelhaft, sein Prozess begann erst drei Jahre später im Dezember 2023.

    Rechtsgrundlage ist das umstrittene Nationale Sicherheitsgesetz. Es erlaubt den Behörden, hart gegen vermeintliche Bedrohungen der nationalen Sicherheit vorzugehen. Kritiker sehen darin eine Einschränkung der Bürgerrechte und der Autonomie Hongkongs, die der ehemaligen britischen Kronkolonie bei der Rückgabe an China 1997 für 50 Jahre zugesichert worden waren. Seit Inkrafttreten des Gesetzes wurden nach Angaben der Sicherheitsbehörde 301 Personen wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit verhaftet. Das Gesetz hat den Einfluss Pekings auf Hongkong deutlich gestärkt und die pro-demokratische Opposition weitgehend zum Schweigen gebracht. rtr

    • Hongkong
    • Jimmy Lai
    • Menschenrechte
    • Nationales Sicherheitsgesetz

    Baltikum: China räumt Beteiligung an Zerstörung kritischer Gas-Pipeline ein

    Chinesische Behörden haben nach internen Ermittlungen die Zerstörung einer kritischen Gas-Pipeline zwischen Estland und Finnland eingeräumt, wie die South China Morning Post auf Basis des chinesischen Reports zu den Ermittlungen berichtete. Im vergangenen Oktober hatte das chinesische Containerschiff Newnew Polar Bear unter der Flagge Hongkongs mit einem Anker die Balticonnector-Pipeline, Finnlands wichtigste Energiequelle, und zwei Telecom-Kabel durchtrennt. Die chinesische Seite erklärt, dass ein Sturm diesen Vorfall verursacht habe.

    Der interne Report aus China kann von den betroffenen Staaten nicht als offizielles Beweismittel in den Ermittlungen vorgelegt werden. Finnland und Estland führen derzeit gemeinsame kriminalpolizeiliche Untersuchungen durch. Wie estnische Ermittler bekannt gaben, sei noch nicht klar, ob es sich bei dem Vorfall um einen Unfall handle oder der Schaden vorsätzlich verursacht wurde. Die beiden EU-Staaten forderten rechtliche Beihilfe für die Untersuchung des Schiffs und der Besatzung von China. Allerdings folgte bisher keine Antwort.

    Die Zerstörung kritischer Infrastruktur kommt zu einem Zeitpunkt zunehmender geopolitischer Spannungen. Die Staaten im Baltikum beobachten mit wachsendem Misstrauen die Beziehungen zwischen Russland und China. Nach den bisher ungeklärten Explosionen an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und Nordstream 2 zwischen Deutschland und Russland im September 2022, steigt die Sorge um die Verwundbarkeit kritischer Infrastruktur. jam

    • Estland
    • Finnland
    • Infrastruktur

    Logistik: Diese neue Drohne soll den Warentransport revolutionieren

    Chinas größte unbemannte Frachtdrohne hat erfolgreich ihren ersten Testflug vollführt, wie chinesische Staatsmedien berichteten. 20 Minuten dauerte ihr Jungfernflug, dann landete die Maschine sicher auf einem Flughafen in der Provinz Sichuan.

    Die zweimotorige Drohne von dem chinesischen Hersteller Tengden besitzt eine Spannweite von 16 Metern. Mit einer kommerziellen Ladekapazität von zwei Tonnen und einer Reichweite von bis zu 2.000 Kilometer weit, übertrifft sie andere Modelle, wie die im Juni vorgestellte Drohne HH-100 des chinesischen Herstellers Aviation Industry Corporation of China.

    Tengden konzentriert sich auf die Entwicklung niedrig fliegender Drohnen, die im Luftraum auf unter 1.000 Metern eingesetzt werden. Die “Wirtschaft in niedriger Höhe” (低空经济), wie der kommerzielle Einsatz von Drohnen in China bezeichnet wird, ist eine Industrie, in der ein enormes Wachstumspotential besteht. Im April veröffentlichte die chinesische Regierung den ersten Arbeitsbericht zur Entwicklung der kommerziellen Drohnenindustrie.

    Bis 2030 soll das Geschäft mit den Drohnen zu einem Milliardenmarkt ausgebaut werden. Bereits im vergangenen Jahr haben sich in China mehr als 2.000 Unternehmen registriert. Die Drohnen werden beim Warentransport und auch im Katastrophenmanagement eingesetzt. Auch Passagier-Drohnen haben schon erste Testflüge absolviert. jam

    • Drohnen
    • Technologie
    • Transport

    Klima: Wie die Zentralbank grüne Investitionen unterstützen will

    Chinas Zentralbank hat ihre Unterstützung für Investitionen in klimafreundliche Vorhaben verlängert. Mithilfe eines speziellen Kreditrahmens sollen Finanzinstitute Unternehmen bei Projekten zur Vermeidung von CO₂ unterstützen. Banken erhalten bis zu 60 Prozent des Kapitalbetrags für geeignete Kredite zu einem einjährigen Kreditzins von 1,75 Prozent. Das Kreditprogramm wurde bis 2027 verlängert. Das teilte der Staatsrat am Sonntag mit.

    In einer Erklärung zu den politischen Zielen, die allerdings kaum konkrete Umsetzungspläne enthielt, versprach China damals außerdem, eine Steuer- und Investitionspolitik zu entwickeln, die die “grüne Transformation” unterstützen sollte.

    Der Plan enthielt

    • die Förderung von E-Fahrzeugen,
    • energie- und wassersparender Haushaltsgeräte
    • oder die Verwendung umweltfreundlicherer Baumaterialien.

    Das Gesamtziel besteht laut dem am Sonntag bekannt gegebenen Plan darin, dass China seine Wirtschaft bis 2035 vollständig auf einen grünen und kohlenstoffarmen Weg bringt und die CO₂-Emissionen bis dahin zurückgehen. rtr

    • Klima & Umwelt

    Presseschau

    Analyse vom China-Versteher: Xi schmiedet Pakt mit Putin – doch der könnte China zum Verhängnis werden FOCUS
    China wird immer aggressiver – nun bilden sich neue Allianzen HANDELSBLATT
    Experte zu globaler Neuordnung: “China beansprucht mehr Gestaltungsmacht” TELEPOLIS
    Scarborough-Riff: Philippinen werfen China gefährliches Manöver in umstrittenem Seegebiet vor SPIEGEL
    Taiwan to mount missile drills off east coast as PLA flexes more military muscle nearby SCMP
    Demokratiebewegung in Hongkong: Verurteilung von Aktivisten bleibt bestehen TAGESSCHAU
    Streit mit der EU: So will China bei E-Autos Europas Zölle umgehen MERKUR
    Tim Walz liebt China. Ist das ein Problem? NZZ
    US Financial Officials Head to China After Leaders’ Policy Meet BLOOMBERG
    China gibt zu, vor einem Jahr eine Gaspipeline in der Ostsee zerstört zu haben KURIER
    Ausländische Investoren ziehen Rekordsummen aus China ab LUXEMBURGER WORT
    Expats kehren China den Rücken – Sonderfaktor oder doch globaler Trend? WIWO
    With smugglers and front companies, China is skirting U.S. AI bans SEATTLE TIMES
    Vietnams Wirtschaft wächst rasant, doch für den Westen bleibt das Land ein unsicherer Partner NZZ
    Same same but different – Spione Russlands, Chinas und der USA sind so aktiv wie seit 50 Jahren nicht mehr GOLEM
    Über 30, single und kinderlos? Na, dann aber hopp! – Chinas Regierung macht Front gegen Frauen, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollen NZZ
    Erstflug von 20 Minuten: China testet global größte Frachtdrohne FAZ
    CATL eröffnet innovatives neues Energie-Erlebniszentrum in Chengdu FINANZNACHRICHTEN
    Expansion im Orbit: China plant zehntausende “Segel” im All TELEPOLIS
    Schlecht im Fußball, herausragend bei Olympia: Das Medaillen-Geheimnis von China bei den Spielen in Paris FR

    Blick aus China

    Warum chinesische Athleten Mitgefühl verdienen

    Chinesische Athleten waren bei den Olympischen Spielen 2024 nicht sehr beliebt, obwohl sie in der Medaillenwertung hoch platziert waren – nämlich direkt hinter dem Team der USA. Nach den Berichten von ARD und New York Times über einen nicht öffentlich bekannt gemachten Dopingfall, der elf chinesische Schwimmer betraf, die in Paris antreten sollten, haftete das unsichtbare Etikett “Betrüger” während der gesamten Spiele an den chinesischen Athleten. Unfreundliche Kommentare kamen dabei nicht nur von Konkurrenten aus dem Schwimmbecken, sondern auch von teilnehmenden Athleten aus anderen Bereichen und dem Publikum.

    Das haben sie schlicht und ergreifend nicht verdient. Chinesische Athleten haben eine traurige Geschichte zu erzählen, genau wie das chinesische Volk. Um es kurz zu machen: Sie sind im Grunde genommen die Sweatshop-Arbeiter des Sports, von denen nur sehr wenige das goldene Los ziehen oder gar Goldmedaillengewinner sind. In internationalen Arenen zahlen sie den Preis für das schlechte Image ihres Heimatlandes, eine unmenschliche, Medaillen produzierende Maschine, die vom Staat monopolisiert wird, und auch vom allgemein nicht besonders sauberen globalen System des Profisports.

    Das Leben der chinesischen Athleten ist hart

    Die Athleten beginnen ihre Karriere alle in sehr jungem Alter und steigen über Jahre hinweg auf, von ganz unten bis hin zur Nationalmannschaft. Diejenigen, die über diesen Zeitraum hinweg unzufriedenstellend abschneiden, werden zu den Provinzteams zurückgeschickt, die sie ebenfalls wieder fallen lassen können. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie Reitsport, entscheiden sich nur Kinder aus bescheidenen Familienverhältnissen für diesen Weg, verführt von der Aussicht auf Ruhm und Glanz.

    Es ist ein Vollzeitjob. Das Training ist extrem intensiv und hart. Sie müssen so viel Zeit damit verbringen, dass sie nicht genügend angemessene Bildung erhalten, was zu ihrem begrenzten Wissen über die Zustände außerhalb der Sportwelt führt. Und natürlich erhalten sie auch ihren Teil an nationalistischer Erziehung, denn sie werden als Avantgarde genutzt, um den Nationalstolz zu befeuern.

    Kurz im Rampenlicht und ein häufig unglückliches Karriereende

    Olympische Goldmedaillengewinner können Preisgelder von verschiedenen Regierungsebenen und privaten Sponsoren erhalten. Je nach Beliebtheit des Sports variiert das Geld, das jeden von ihnen zugeteilt wird, von 50.000 Euro bis hin zu Millionen-Summen. Die Beträge für Silber- und Bronzemedaillengewinner sind hingegen kaum der Rede wert. Dazu gibt es noch eine große Zahl von unbekannten Athleten, die rein gar nichts erhalten.

    Wenn sie ihren sportlichen Zenit überschritten haben, werden die glücklich Auserwählten meist Trainer auf nationaler und provinzieller Ebene. Nur sehr wenige sozial oder kommerziell versierte Athleten sind einflussreiche Sport-Funktionäre geworden, wie Deng Yaping, die langjährige Tischtennis-Weltmeisterin und Gewinnerin von vier Olympia-Goldmedaillen, oder erfolgreiche Geschäftsleute, wie der Turner Li Ning, Gewinner von drei Olympia-Goldmedaillen.

    Einige von ihnen versuchen, den Ruhm zu nutzen, um Influencer zu werden, wie Schwimmer Sun Yang, ein Olympia-Goldmedaillengewinner, der vier Jahre lang von Wettkämpfen ausgeschlossen wurde, nachdem er 2018 einen Dopingtest mit dem Zerschlagen einer Probenampulle verweigert hatte. Allerdings waren auch hier nur wenige wirklich erfolgreich, Sun eingeschlossen.

    Die überwiegende Mehrheit von ihnen muss mit Verletzungen aus dem harten Training, und komplett ohne berufliche Fähigkeiten ein völlig neues Leben von Grund auf neu beginnen.

    Chinas Sportsystem hat sich verbessert, ist aber immer noch hart

    Das chinesische System für den Wettkampfsport ist teuer, undurchsichtig und korrupt. Es ist wie eine halbmilitärische Einheit mit vielen jugendlichen Soldaten, die auf der untersten Ebene der Hierarchie stehen. Es gab Zeiten, in denen es sehr dem System der DDR ähnelte: Fast das gesamte chinesische Nationalteam im Schwimmen dopte in den 1990er-Jahren, und es war Tradition, dass Tischtennis- und Badmintonspieler gefälschte Leistungen erbrachten, um Teamkollegen mit besseren Chancen auf den nächsten Rundensieg gegen ausländische Rivalen zu unterstützen.

    Trotz der erhöhten individuellen Freiheit, stehen die Athleten nach wie vor unter der strengen Kontrolle des Systems.

    China versus USA – Rivalität auch beim Doping

    Das soll nicht heißen, dass alle chinesischen Athleten unschuldig sind. Trotz des manipulativen Umfelds, in dem sie sich befinden, haben sie immer noch Spielraum, um eigene Entscheidungen über ihre Gesundheit und Integrität zu treffen, was verständlicherweise einen hohen persönlichen Preis bedeuten könnte. Zumindest im Fall, der von der New York Times berichtet wurde, war die Erklärung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) nachvollziehbar.

    Es ist auch unvorstellbar, dass das chinesische Schwimmteam, nach all den Skandalen in den vergangenen Jahren, ihr Glück in solch großem Maßstab erneut versuchen würde. Die Gegenanschuldigung der WADA, dass das US-Team bei seinen eigenen unter Verdacht stehenden Spielern sehr nachsichtig gewesen sei, war etwas selbstzerstörerisch, erinnerte aber daran, dass auch das US-Team nicht immer sauber war.

    Es ist interessant zu beobachten, dass China – ein totalitäres Regime, das den Sport nutzt, um sich selbst zu verherrlichen – und die USA – eine megalomanische Supermacht, die besessen ist, in allem zu dominieren und Weltspitze in der Kommerzialisierung von allem, einschließlich des Sports – in den Sportarenen miteinander kollidieren. Sogar die New York Times, eine renommierte Nachrichtenorganisation, half dabei, die bittere Rivalität anzuheizen. Doch es ist traurig für den Sport und für die Athleten, die, auch wenn sie wollen, nicht vermeiden können, von den schmutzigen Geschäften hinter der Bühne befleckt zu werden.

    Die WADA muss ihre Kapazität und Transparenz verbessern, insbesondere bei sensiblen Fällen, aber das würde ein starkes Engagement und finanzielle Unterstützung aus der Sportwelt erfordern, einschließlich des Internationalen Olympischen Komitees und der zuständigen Verbände der jeweiligen Sportarten. Sie müssen sich fragen, wie engagiert sie in dieser Hinsicht wirklich sein möchten.

    • Doping
    • Gesellschaft
    • Olympia
    • Sport

    Personalien

    Aditi Rasquinha ist neue CEO von DHL Global Forwarding Greater China. Rasquinha begann ihre Karriere bei DHL im Jahr 2005 als Business Analystin im Global Customer Solutions Team in Singapur. Seitdem sammelte sie Erfahrungen bei Kühne + Nagel als Leiterin der Seefracht-Logistik in Thailand und den Niederlanden. Ab 2021 war sie Leiterin der Seefracht Asien-Pazifik bei DB Schenker. 

    Ulrika Toftevik ist seit Juni Chief Operating Officer bei Zeekr Technology Europe. Die Tochtergesellschaft von Geely hat sich auf die Herstellung und den Verkauf von Luxus-Elektrofahrzeugen spezialisiert. Toftevik arbeitete zuvor für Volvo in Singapur. Ihr neuer Einsatzort ist Göteborg in Schweden.  

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Am Montag wurden die 41. World Coin Awards vergeben. Diese wunderschöne Münze aus China ist eine Reminiszenz an die Peking-Oper und gewinnt vollkommen zu Recht den Preis für die beste im Umlauf befindliche Münze.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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