Table.Briefing: China

Ausland protestiert gegen Hongkongs Sicherheitsgesetz + Zehn Jahre Sonnenblumenproteste in Taiwan

Liebe Leserin, lieber Leser,

2014, vor genau zehn Jahren, stürmten junge Taiwaner das Parlamentsgebäude in Taipeh, um gegen ein Abkommen zum Dienstleistungshandel mit China zu protestieren. Drei Wochen blieben sie im Plenarsaal, bis die regierende Kuomintang-Partei das Gesetzesvorhaben abblies. Viele Menschen hatten den “Sonnenblumenbewegung” getauften Protest damals auf der Straße unterstützt. Nur wenige Wochen später besetzten in Hongkong junge Menschen wochenlang Straßen und Plätze, um gegen einen Beschluss Pekings zu protestieren, bei der Wahl des nächsten Regierungschefs auch wieder nur handverlesene Kandidierende zuzulassen.

Zehn Jahre später gehen die politischen Realitäten Taiwans und Hongkongs weit auseinander. In Hongkong griff China gegen die anhaltenden Proteste durch und erließ 2020 ein drakonisches Sicherheitsgesetz; nicht wenige führende Aktivisten der Demokratiebewegung sitzen auf Basis dieses Gesetzes heute in Haft. Nun folgte Hongkong mit einer eigenen Version, die das chinesische Gesetz an Schärfe noch übertrifft, wie Marcel Grzanna erklärt. Sorgen um die Bürgerrechte und freies Unternehmertum nehmen zu, das Ausland reagiert mit Protesten und Forderungen nach Sanktionen.

In Taiwan dagegen feiern die Aktivisten von damals in diesen Tagen das zehnjährige Jubiläum der Sonnenblumenbewegung. Zwar steht Taiwan unter Dauerdruck aus Peking, doch die Demokratie ist stabil, wie sich gerade erst wieder bei der Präsidentenwahl zeigte: Der unterlegene Kandidat der KMT räumte seine Niederlage umgehend ein. Auch dafür kämpften die jungen Menschen. Und die Sonnenblumenbewegung habe die damals von vielen Beobachtern erwartete Integration mit der Volksrepublik verhindert, schreibt David Demes. Es habe sich der Wille des taiwanischen Volkes gezeigt, sein “eigenes Schicksal zu bestimmen”, zitiert er einen der damaligen Protestanführer.

Herzlichst,

Ihre
Christiane Kühl
Bild von Christiane  Kühl

Analyse

Hongkong ruiniert mit verschärftem Sicherheitsgesetz sein Wirtschaftsimage

Hongkong im Oktober 2014: Zehntausende Demonstranten blockieren das Regierungsviertel.

Die Verschärfung des Hongkonger Sicherheitsgesetzes ist beschlossene Sache. Nur zwei Wochen nach seiner ersten Vorlage entschied sich das von Oppositionskräften gänzlich bereinigte Parlament der Stadt einstimmig für die Verabschiedung von Artikel 23. Der Legislativrat gab mit seinem Votum den Weg frei für neue Straftatbestände und härtere Strafen.

Das Gesetz gilt ab dem kommenden Wochenende und erleichtert es den Behörden, unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit politischen Dissens im Keim zu ersticken. Die internationale Gemeinschaft reagierte am Dienstag mit Protestnoten und Forderungen nach Sanktionen.

“Das Gesetz lässt jedem Menschen mit rechtsstaatlicher Gesinnung die Haare zu Berge stehen. Es steigert die unterdrückerische Penetranz der Hongkonger Lakaien Pekings ins Unerträgliche”, sagte Reinhard Bütikofer, Mitglied des Europäischen Parlaments und der Inter-Parliamentary Alliance on China. “Die richtige Konsequenz der EU wäre es, den Hongkonger Verwaltungschef John Lee endlich zu sanktionieren, so wie es die USA längst getan haben und die das Europäische Parlament es seit Langem fordert”, so Bütikofer.

“Direkter Angriff” auf die Rechte der Hongkonger Bürger

Auch Ray Wong, Gründer des Vereins Freiheit für Hongkong e. V., hofft auf scharfe Reaktionen aus der Europäischen Union in Form von Sanktionen. “Die internationale Gemeinschaft muss die Verantwortlichen für dieses Gesetz zur Rechenschaft ziehen”, sagt Wong. Die durch Artikel 23 legitimierten verlängerten Haftstrafen und die größeren Hindernisse beim Zugang zu rechtlicher Vertretung bedeuten “einen direkten Angriff” auf die Rechte der Hongkonger Bürger, die im Basic Law, der Mini-Verfassung, bei der Rückgabe der Stadt an die Volksrepublik China 1997 verankert worden waren.

In einer gemeinsamen Stellungnahme protestierten 75 Parlamentarier, ehemalige Botschafter, Juristen und Aktivisten aus der EU, Nordamerika, Malaysia und Singapur gegen die neue Gesetzgebung. “Artikel 23 wird der Autonomie, der Rechtsstaatlichkeit, den Rechten und den Grundfreiheiten der Stadt einen weiteren verheerenden Schlag versetzen, der über die Auswirkungen des von Peking im Jahr 2020 erlassenen Gesetzes über die nationale Sicherheit hinausgeht”, schreiben die Unterzeichner, zu denen auch zahlreiche Außen- und Menschenrechtspolitiker aus Regierung und Opposition im Deutschen Bundestag zählen.

Ausländische Unternehmen müssen vorsichtig sein

Für viele Hongkonger Aktivisten im ausländischen Exil ist spätestens Artikel 23 gleichbedeutend mit dem Ende aller politischer Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger Hongkongs. Der australische Jurist Kevin Yam, auf dessen Ergreifung die Behörden der Stadt ein Kopfgeld ausgesetzt haben, zeigte sich tief erschüttert. Jahrelang setzte sich Yam für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Hongkong ein. “Wir benötigen jetzt etwas Zeit, um das zu verdauen. Danach können wir uns über die Zukunft Gedanken machen, wie es weiter geht”, sagt Yam zu Table.Briefings.

Neben der Gefahr für Menschenrechten wird auch eine weitere Verschlechterung des Geschäftsklimas befürchtet. EU-Diplomaten hatten bereits vor einigen Wochen entsprechende Sorgen formuliert – auch weil künftig “moderne Formen der Spionage” in der Gesetzgebung berücksichtigt werden. Ausländische Unternehmen und Organisationen müssen entsprechend vorsichtiger agieren, weil ihnen das Gesetz, so wie es Ende Januar vorgestellt wurde, nicht im Detail sagt, wo die Spionage nach der Rechtsauffassung beginnt.

Gesetz beansprucht exterritoriale Reichweite

Artikel 23 bedeutet faktisch die Implementierung eines eigenen Hongkonger Sicherheitsgesetzes. Bis jetzt war lediglich eine im Jahr 2020 von der Zentralregierung in Peking erlassene Version in Kraft. Die hatte allerdings bereits ausgereicht, um die Reputation der Stadt als Chinas liberales Schlupfloch für Handel und Finanzgeschäfte stark zu beschädigen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) will sich öffentlich nicht äußern, gilt aber seit Jahren als kritischer Beobachter der bürgerrechtlichen Entwicklungen in der Volksrepublik China. Dem Vernehmen nach ist man beim BDI skeptisch, dass sich der politische Trend in naher Zukunft ändert. Stattdessen rechnet man dort mit einer Zunahme staatlicher Kontrolle, was auch das Wirtschaften ausländischer Unternehmen erschwert.

Das Nationale Sicherheitsgesetz umfasste bislang vier Straftatbestände. Jetzt sind es sieben:

  • Hochverrat
  • Sezession
  • Aufruhr
  • Subversion gegen die Zentralregierung
  • Diebstahl von Staatsgeheimnissen
  • politische Aktivitäten ausländischer Organisationen in der Stadt und
  • die Kontaktvermittlung zwischen örtlichen und ausländischen Einrichtungen.

Bis zu 14 Jahre Haft für Nicht-Denunzieren

Es beinhaltet zum Beispiel einen Paragrafen, wonach eine Person mit bis zu 14 Jahren bestraft werden kann, wenn sie es versäumt, eine andere Person zu denunzieren, wenn diese beabsichtigt, an einer nicht genehmigten Demonstration teilzunehmen.

Die größere, sogar exterritoriale Reichweite, die das Gesetz beansprucht, zielt zwar zunächst einmal auf die Hongkonger Opposition im Ausland ab. Doch auch ausländische Staatsbürger müssen künftig mit Strafverfolgung rechnen, wenn sie sich öffentlich für die Rückkehr zu größeren bürgerlichen Freiheiten einsetzen.

  • Bürgerrechte
  • Hongkong
  • IPAC
  • Menschenrechte
  • Nationales Sicherheitsgesetz
  • Proteste
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Zehn Jahre Sonnenblumenbewegung: “Wir bestimmen unser eigenes Schicksal”

Einer der damaligen Anführer der Sonnenblumenbewegung, Lin Fei-fan, spricht in Taipeh zum zehnjährigen Jubiläum.

Zehn Jahre ist es her, dass Taiwans Zivilgesellschaft auf spektakuläre Weise ein umfassendes Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen namens CSSTA (Cross-Strait Service Trade Agreement) mit der Volksrepublik China im letzten Moment stoppte. Die damals regierende Kuomintang-Partei (KMT) hatte die Prüfung der umstrittenen Vereinbarung am Vortag innerhalb von nur 30 Sekunden für abgeschlossen erklärt. In der Nacht zum 18. März 2014 besetzten mehrere hundert Demonstranten erfolgreich den Plenarsaal des Legislative Yuan, wie Taiwans Parlament offiziell heißt.

24 Tage blieben rund 400 Demonstranten im Saal des Legislative Yuan. Die Besetzung generierte landesweite Solidarität und brachte Hunderttausende auf die Straßen der Hauptstadt Taipeh.

Nach etwa drei Wochen Protest lenkte Parlamentspräsident Wang Jin-pyng (KMT) am 6. April schließlich ein. Er versprach, dass er eine Prüfung des CSSTA nicht wieder auf die parlamentarische Tagesordnung setzen würde, bevor nicht ein von den Demonstranten gefordertes Gesetz zur Kontrolle aller Abkommen mit Festlandchina verabschiedet wird. Damit ermöglichte Wang es den Demonstrierenden, friedlich aus dem Parlament abzuziehen. Wang war ein parteiinterner Rivale des damaligen Präsidenten Ma Ying-jeou, der das Abkommen bis zuletzt unterstützt hatte. Ihn stellte Wang mit seinem Versprechen vor vollendete Tatsachen. Das CSSTA liegt seither auf Eis und wurde nie ratifiziert.

Demonstranten der Sonnenblumenbewegung am 25. März 2014, während der mehr als dreiwöchigen Besetzung des Parlaments in Taipeh.

2014: Taiwans Ära der Annäherung an China

Der erfolgreiche Protest war ein Kontrapunkt zur damaligen Stimmung. Anders als heute befand sich Taiwan damals gegenüber Peking auf Annäherungskurs. Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Aufstiegs und der wachsenden internationalen Bedeutung Chinas – vor allem nach der Finanzkrise von 2008 – schien Taiwans Zukunft damals in einer weiteren wirtschaftlichen und politischen Annäherung an das chinesische Festland zu liegen.

Präsident Ma hatte China den roten Teppich ausgerollt, nachdem die Beziehungen zum Festland zuvor acht Jahre lang von angespannten Beziehungen geprägt gewesen waren. Von 2000 bis 2008 regierte in Taiwan die Demokratische Fortschrittspartei DPP, ebenso wie heute. Bereits ein Jahr nach seiner Amtsübernahme Ma Ying-jeous wurden 2009 die ersten Linienflüge zwischen Taiwan und China eingeführt, 2011 erstmals chinesische Studierende an Taiwans Universitäten zugelassen. Chinesische Touristen bestimmten bald das Straßenbild auf der Insel und verdrängten Japaner als größte Gruppe ausländischer Reisender.

“Say Goodbye to Taiwan”: Die Zukunft schien klar

Während Mas Regierungszeit habe es Pläne für noch weitreichendere Initiativen gegeben, einschließlich eines Warenhandelsabkommens und kleiner Freihandelszonen, erinnert sich der Soziologieprofessor Ho Ming-sho von der National Taiwan University. “Diese Bemühungen wurden als Versuch wahrgenommen, Taiwan durch die Hintertür in ein von China dominiertes Wirtschaftssystem zu integrieren,” erklärt Ho gegenüber Table.Briefings. Dies habe Ängste geweckt, Taiwan könne auf lange Sicht nicht nur seine wirtschaftliche, sondern auch seine politische Autonomie verlieren.

Der US-Politikwissenschaftler John Mearsheimer veröffentlichte nur einen Monat vor Ausbruch der Sonnenblumenbewegung im National Interest noch einen Leitartikel mit dem Titel “Say Goodbye to Taiwan”. Eine treffende Zusammenfassung der damaligen Atmosphäre, findet Soziologe Ho, war der Text: “Für viele internationale Beobachter schien es damals unvermeidlich, dass Taiwan nach und nach in China integriert werden würde.”

Zukunftsängste unter jungen Leuten

Auch in Taiwan selbst habe es angesichts stagnierender Löhne die Versuchung gegeben, Hoffnungen auf eine bessere Zukunft auf die boomende Volksrepublik zu projizieren, erinnert sich der ehemalige Studentenführer Lin Fei-fan im Gespräch mit Table.Briefings. Damals war die Atmosphäre unter jungen Leuten von Zukunftsängsten geprägt”, sagt der heute 35-Jährige. Die Sonnenblumenbewegung widersprach schließlich diesem Narrativ und zeigte den Willen des taiwanischen Volkes, unser eigenes Schicksal zu bestimmen.” Dieser Wille führte, gepaart mit dem als undemokratisch empfundenen Gesetzgebungsverfahren, im März schließlich in die Sonnenblumenbewegung.

Dieser Name der Bewegung war eher zufällig: Ein Floristikunternehmen hatte den Parlamentsbesetzern Sonnenblumen geschenkt. Und der Name erinnerte an die Wilde-Lilien-Bewegung von 1990, als Studierende ein Ende der Einparteienherrschaft der KMT forderten. Der Protest führte mit dazu, dass 1996 erstmals der Präsident direkt und frei gewählt wurde. 2014 wollten die Demonstranten die junge Demokratie verteidigen. Es hat uns wütend gestimmt zu sehen, wie der demokratische Prozess mit Füßen getreten wurde”, erinnert sich Lin.

Das Abkommen liegt seit zehn Jahren auf Eis

Die Sonnenblumenbewegung sei ein entscheidender Wendepunkt gewesen, sagt der Soziologe Ho Ming-sho. Die taiwanische Bevölkerung hat gezeigt, dass sie nicht bereit ist, politische Souveränität und das mühsam erkämpfte demokratische System für wirtschaftliche Vorteile zu opfern.” 

Auch politisch wirkt die Sonnenblumenbewegung bis heute nach. Zwei Jahre nach dem Protest wurde die KMT 2016 in den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abgestraft. Mit Tsai Ing-wen gewann die Kandidatin der DPP, die sich früh mit den Demonstranten solidarisch gezeigt hatte.

Auch einige der Sonnenblumenaktivisten gingen in die Politik und wurden 2016 als Abgeordnete ins Parlament gewählt. “Die Tatsache, dass Leute, die zwei Jahre zuvor noch den Plenarsaal besetzt hatten, zwei Jahre später ins Parlament gewählt wurden, sehe ich als große Errungenschaft der taiwanischen Demokratie an,” sagt Soziologe Ho.

Taiwans Entwicklung trotzte den Vorhersagen

In den zehn Jahren seit der Sonnenblumenbewegung haben sich taiwanische Geschäftsleute und Investoren vermehrt aus der Volksrepublik zurückgezogen. Insgesamt sind taiwanische Investitionen in China um fast 70 Prozent zurückgegangen. Entgegen anderslautender Warnungen ist Taiwans Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im gleichen Zeitraum um 41 Prozent gestiegen; die Exporte legten um 35 Prozent zu.

Studentenführer Lin Fei-fan sieht sich und die Bewegung dadurch bestätigt. Wenn wir das CSSTA nicht gestoppt hätten, stünden wir jetzt, besonders während der Corona-Pandemie und des Handelskrieges zwischen den USA und China in 2017 und 2018, vor viel größeren Herausforderungen“, sagt Lin. So hätte die heimische Halbleiterbranche zum Beispiel zum Kollateralschaden amerikanischer Strafzölle und Einfuhrbeschränkungen werden können.

Zukünftigen Wirtschaftsabkommen mit China steht Lin eher skeptisch gegenüber. Peking verlange heute noch größere politische Zugeständnisse und habe damit sehr hohe Hürden für wirtschaftliche Vereinbarungen geschaffen, sagt der ehemalige Aktivist. Die Frage heute ist nicht, ob Taiwan zu einer Vereinbarung bereit ist, sondern ob Peking dazu bereit ist.”

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Sinolytics Radar

Der NEV-Markt wandelt sich von schnellem Wachstum zu Stabilität

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  • Das bis dahin extrem hohe Wachstum der chinesischen Elektroauto-Branche hat sich 2023 abgeschwächt. Die Wachstumsraten der Verkäufe von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (NEV) fielen von 165 Prozent in 2021 auf gerade 36 Prozent in 2023 und gingen damit sehr deutlich zurück.
  • Dies könnte ein Zeichen dafür sein, dass sich die Entwicklung der Branche allmählich stabilisiert. Angesichts der hohen Ausgangsbasis ist eine Wachstumsrate von 36 Prozent jedoch immer noch bemerkenswert.
  • Der chinesische NEV-Markt ist hart umkämpft. Mit deutlichem Abstand führt BYD den Markt an, gefolgt von einer kleinen Anzahl ernst zu nehmender Wettbewerber. Die übrigen kleineren Anbieter wachsen entweder nur langsam oder verzeichnen sogar Rückgänge.
  • Dieser Übergang deutet darauf hin, dass sich der chinesische NEV-Markt von einem schnell expandierenden Markt zu einem hoch konzentrierten Markt entwickelt – auf dem nur noch wenige Unternehmen in der Lage sein könnten, die Wettbewerbslandschaft hinter dem Marktführer BYD umzugestalten.
  • Angesichts des langsameren Marktwachstums und der Verschärfung des Wettbewerbs werden in Zukunft mehr Unternehmen ihre Positionen konsolidieren. Innovationen werden stärker fokussiert, und die Marktstrategien könnten sich eher auf die Verfeinerung von Produkten und Prozessen als auf eine breitere Expansion konzentrieren.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

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News

Nvidia baut Zusammenarbeit mit BYD aus

Der US-Chiphersteller Nvidia baut seine Partnerschaft mit dem chinesischen Elektroauto-Marktführer BYD aus. Die Kooperation werde künftig auch Automobilproduktion, In-Car-Computing und KI-Schulungen umfassen, teilte Nvidia mit. Dazu werde BYD die neueste Generation von Nvidias Chip-Plattform Drive Thor einsetzen, die auch für autonomes Fahren einsetzbar ist. Auch die KI-Infrastruktur von Nvidia wird BYD demnach nutzen, um darin KI-Modelle für das autonome Fahren zu trainieren.

Die Partnerschaft werde sich nicht nur auf die Autos selbst, sondern auf “ganze Arbeitsabläufe” erstrecken, zitierte die japanische Zeitung Nikkei Asia Nvidias Automotive-Vizepräsident Danny Shapiro. BYD werde mithilfe der Drive Thor-Plattform “intelligente Roboter” für Fabrikplanung und Einsatz in der Produktion entwickeln. Mithilfe der Echtzeit-3D-Grafikplattform Omniverse von Nvidia könne BYD zudem das Einkaufserlebnis für Autokäufer verbessern.

Damit zeigt Nvidia, dass US-Unternehmen trotz einiger Ausfuhrbeschränkungen Washingtons in China gute Geschäfte machen können. Nvidia darf einige seiner leistungsstärksten Chips nicht in China verkaufen. Die Drive Thor-Plattform wird laut Nikkei Asia unter anderem bereits von Geelys Elektromarke Zeekr und Li Auto eingesetzt. Die ersten Autos, die Drive Thor nutzen, kommen demnach 2025 auf den Markt. Nvidia kündigte an, dass neben BYD weitere chinesische Automobilhersteller Drive Thor als “KI-Gehirn” für ihre nächste Generation E-Autos einsetzen werden. Dazu gehörten Xpeng und die Premiummarke Hyper der Firma Gac Aion. ck

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Regierung will lokale Lieferketten für Elektroautos aufbauen

Die chinesische Regierung will mithilfe politischer Förderung eine lokale Lieferkette für Elektrofahrzeuge aufbauen. Das berichtet die japanische Zeitung Nikkei Asia unter Berufung auf Aussagen beim jährlichen China EV100 Forum in Peking. Zheng Shanjie, Direktor der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission, die die Wirtschaftspolitik steuert, sagte bei der Veranstaltung, China plane eine Aufwertung der Lieferketten für Halbleiter und andere Automobilkomponenten. Gou Ping, Vizepräsident der für die Staatskonzerne der Zentralregierung zuständigen Kommission SASAC, gab Pläne zur Erhöhung der Entwicklungskapazitäten bei den drei direkt Peking unterstehenden Autobauern bekannt: VW-Partner China FAW Group in Changchun, Dongfeng Motor in Wuhan und Chongqing Changan Automobile.

Peking werde die drei Autohersteller voraussichtlich anweisen, mehr Geld in die Entwicklung zu stecken – auch wenn ihre Gewinne darunter leiden, schreibt Nikkei. Der frühere Forschungsminister Wan Gang, der heute der Plattform EV100 vorsitzt, rief dazu auf, die Innovationsbemühungen in der Halbleiterindustrie und anderen für Elektroautos und autonomes Fahren entscheidenden Branchen zu verstärken. Chinas E-Auto-Branche gehöre nun zu den “neuen Produktivkräften” mit hoher Qualität, sagte Wan. Die “neuen Produktivkräfte” sind der aktuellste Schlüsselbegriff von Staats- und Parteichef Xi Jinping für die gezielte Entwicklung bestimmter Technologie-Sektoren.

Bislang sind viele erfolgreiche E-Auto-Hersteller Privatunternehmen, allen voran E-Marktführer BYD. Viele Komponenten stammen von ausländischen Zulieferern. Nun will Peking offenbar nicht nur die Lieferketten lokalisieren – sondern zugleich auch die Staatskonzerne in diesem Segment stärken. Von den drei zentralstaatlichen Autobauern ist nur Changan Auto beim Absatz relativ weit vorn mit dabei. Die 2014 gegründete EV100-Plattform sieht sich als unabhängige Denkfabrik zur Förderung der Neuen Mobilität, war aber von Beginn an staatsnah. Ihr heutiger Vorsitzender Wan Gang, der an der TU Clausthal promoviert und später für Audi gearbeitet hat, war zwischen 2007 und 2018 Forschungsminister. In der Zeit machte er sich stark für die Elektromobilität. ck

  • Autoindustrie
  • Elektromobilität

Evergrande muss wegen Bilanzfälschung hohe Strafen zahlen

Hengda Real Estate, eine zentrale Einheit der China Evergrande Group, steht unter Verdacht, ihre Einnahmen über zwei Jahre hinweg um fast 75 Milliarden Euro aufgebläht zu haben. Diesen Vorwurf macht die chinesische Wertpapieraufsichtsbehörde dem hoch verschuldeten Unternehmen, wie unter anderem Nikkei Asia berichtet. Der Immobilienentwickler soll auf Basis dieser falschen Angaben dann Anleihen ausgegeben haben.

Die China Securities Regulatory Commission habe eine Geldstrafe in Höhe von 4,2 Milliarden Yuan (560 Millionen Euro) gegen das Evergrande-Kernunternehmen verhängt, weil es die Einnahmen in den Jahren 2019 und 2020 um insgesamt 564,1 Milliarden Yuan (72 Milliarden Euro) aufgebläht habe, erklärte Hengda am späten Montag in einer Börsenmitteilung. Die überhöhten Einnahmen sollen über 60 Prozent des offiziell vermeldeten Gewinns im Jahr 2019 und über 86 Prozent im Jahr 2020 ausmachen. Ein weiterer Vorwurf: Das Unternehmen habe nicht rechtzeitig über Jahres- und Halbjahreszahlen, Rechtsstreitigkeiten und Schulden informiert.

Parallel hat die chinesische Aufsichtsbehörde den Evergrande-Gründer Xu Jiayin, der auch als Hui Ka-yan bekannt ist, lebenslang vom Aktienhandel ausgeschlossen – ebenso wie den ehemaligen Evergrande-Vorstandschef Xia Haijun. Xu wurde zu einer Geldstrafe von 47 Millionen Yuan (sechs Millionen Euro), Xia zu 15 Millionen Yuan (zwei Millionen Euro) verurteilt. Vor zwei Monaten hatte ein Gericht in Hongkong die Liquidation von Evergrande angeordnet. Der Konzern hat Verbindlichkeiten in Höhe von rund als 280 Milliarden US-Dollar. cyb

  • Börse
  • CSRC
  • Evergrande
  • Immobilienkrise
  • Schulden

Putin plant Reise nach Peking für Mai

Der russische Präsident Wladimir Putin wird im Mai zu Gesprächen mit Staatschef Xi Jinping nach China reisen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf ungenannte Insider. Eine offizielle Bestätigung aus Moskau oder des Außenministeriums in Peking und Moskau gab es am Dienstag aber nicht. Das russische Präsidialamt erklärte, derzeit würden mehrere Reisen und diverse Gespräche vorbereitet.

Chinas Botschafter in Moskau, Zhang Hanhui, hatte im Februar aber bereits eine Peking-Reise Putins angedeutet. Beide Seiten bereiteten sich auf “mehrere Treffen” zwischen Putin und Xi vor, sagte Zhang damals der russischen Nachrichtenagentur Sputnik. “Putins Besuch in China [in diesem Jahr] wird mit Sicherheit ein Erfolg werden”, sagte er. “China freut sich auf seine Ankunft.” Es wäre Putins 19. Chinareise als Präsident.

Kurz vor Russlands Einmarsch in der Ukraine hatten Xi und Putin in Peking einander ihre unverbrüchliche Freundschaft bekundet. Am Montag gratulierte Xi denn auch als einer der wenigen ausländischen Staatslenker Putin zum Sieg bei der “Präsidentenwahl”. Putin hob bei seiner Siegesrede die hohe Qualität der Beziehungen zu China und vor allem zu Xi Jinping hervor. ck/rtr

  • Geopolitik
  • Russland

Staatsrat will mit 24-Punkte-Plan ausländische Investoren locken

Chinas Staatsrat hat einen 24-Punkte-Aktionsplan zur weiteren Öffnung des chinesischen Marktes für ausländische Unternehmen veröffentlicht. Darin fordert er lokale Behörden und Regierungsstellen auf, Fahrpläne zu erstellen, um ausländische Investitionen in mehr Sektoren zuzulassen. Unter anderem erlaubt der Plan Peking, Shanghai, Guangdong und anderen Freihandelszonen, eine Reihe ausländischer Unternehmen gezielt auszuwählen, in Spezialgebiete wie genetische Diagnose- und Behandlungstechnologien zu investieren, wie Bloomberg berichtet.

Auch ruft er die Behörden zur Unterstützung qualifizierter ausländischer Finanzinstitute bei der Zeichnung inländischer Anleihen und zur Förderung ausländischer Investitionen in Private-Equity-Fonds auf. Für Investoren in Chinas Anleihe- und andere Finanzmärkte solle es Steuervergünstigungen geben. Der Datentransfer solle erleichtert werden, fordert der Plan – offenbar mit Blick auf die strikten Regelungen für Datenübertragung ins Ausland, die ausländische Firmen und ihre Handelskammern seit langem kritisieren.

Der Staatsrat will zudem die Gültigkeitsdauer von Visa für Manager und technisches Personal ausländischer Unternehmen und deren Familien auf zwei Jahre verlängern und wieder mehr internationale Flüge von Zentren wie Peking, Shanghai oder Guangzhou zuzulassen. Der Plan ist eine Reaktion auf das historisch niedrige Niveau ausländischer Direktinvestitionen in 2023. Unter den Firmen hat sich laut Bloomberg allerdings eine gewisse Müdigkeit gegenüber Öffnungsversprechen breitgemacht. Wichtig für sie wäre daher eine zeitnahe Umsetzung des Plans. ck

  • Investitionen
  • Unternehmen
  • Visa

Peking will Eisenerz-Importe diversifizieren und schaut dazu nach Afrika

China will seine Eisenerz-Importe diversifizieren. 80 Prozent dieser Erze bezieht Peking derzeit aus Brasilien und Australien. Als Alternative schaut China nach Afrika und setzte dazu einen “Eisenerz-Grundlagenplan” auf: Ganz oben auf der Liste künftiger Lieferanten stehen Länder wie Sierra Leone, Guinea, Liberia, Kamerun und die Republik Kongo.

Investitionen laufen bereits an. Im Norden von Sierra Leone baut ein chinesisches Unternehmen derzeit eine Verarbeitungsanlage für Eisenerz am Tonkolili-Bergwerk, wo sich Erzvorräte von 13,7 Milliarden Tonnen befinden. In Guinea investiert China in die Simandou-Mine, die die weltweit größten unerschlossenen Vorkommen an hochwertigem Eisenerz beherbergt. Ähnliche Projekte gibt es in Grenzgebiet von Kamerun und der Republik Kongo. “Die massiven Investitionen im Ausland sind Teil des seit langem verfolgten Ziels Chinas, seine Position im globalen Eisenerzhandel zu stärken”, sagt Liz Gao vom Beratungsunternehmen CRU Group.

Auch afrikanische Länder wollen ihre wirtschaftlichen Beziehungen diversifizieren und dabei mit China zusammenarbeiten. Afrikanische Präsidenten fliegen immer öfter zu bilateralen Treffen mit der chinesischen Regierung nach Peking.

Vergangene Woche empfing Staatschef Xi Jinping zum Beispiel den angolanischen Präsidenten João Lourenço. Angola möchte die Abhängigkeit vom Erdölexport reduzieren und stattdessen mehr wirtschaftliche Kooperationen beim Bergbau, in der Landwirtschaft und im produzierenden Gewerbe eingehen – was zu Chinas Interessen passt. Vor zwei Wochen kam Julius Maada Bio, Präsident von Sierra Leone. Ihm sagte Xi weitere Investitionen sowie Unterstützung bei der Industrialisierung und Entwicklung des Agrarsektors zu. Das chinesische Energieunternehmen China Kigho Energy Group plant, in Sierra Leone ein Stahlwerk für die Verarbeitung von Eisenerz zu bauen. as

  • Angola
  • Geopolitik
  • Rohstoffe
  • Wirtschaft
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Presseschau

Investitionsgarantien für China: Volumen sinkt 2023 um 90 Prozent FAZ
China exportiert seine Krise – auch nach Deutschland HANDELSBLATT
China flutet Europas Märkte – und die ersten deutschen Verlierer stehen schon fest WELT
Mehr als 70 Milliarden Euro: China wirft Immobilienkonzern Evergrande gigantischen Betrug vor FAZ
Wladimir Putin to visit China in May REUTERS
Blinken reiterates support for the Philippines amid tensions with China NBC NEWS
“Nagel im Sarg der Menschenrechte”: KP verschärft Repression in Hongkong DIE PRESSE
Chinas neue Investitionsoffensive in Südamerika macht westlichen Konzernen immer mehr Konkurrenz NZZ
Chinas Billiganbieter fluten Europa – jetzt fliegen die Fetzen DER STANDARD
China”s Ant Group appoints new president in biggest reshuffle since regulatory revamp REUTERS
Überlebenskampf in Chinas Solarindustrie spitzt sich zu HANDELSBLATT
China may be developing plans to take out US satellites from the moon, Space Force general says BUSINESSI NSIDER
Multilingual Alipay to enhance foreigners’ e-payment experiences TECHNOLOGY NEWS CHINA
China”s bonds boom as investors face “asset famine’ REUTERS
Wie China den Franzosen beim Wein Konkurrenz machen will SÜDDEUTSCHE

Personalien

Lin Jian ist neuer stellvertretender Generaldirektor der Presseabteilung des Außenministeriums. Er ist damit ab sofort einer der vier Außenamtssprecher. Zuvor war Lin in Xinjiang als KP-Chef im Auslandsbüro der staatlichen paramilitärischen Organisation Xinjiang Production and Construction Corps (XPCC) tätig.

Wen Jie ist seit März Project Leader Test Object Management Europe beim chinesischen Autobauer Zeekr. Wen hat jahrelange Erfahrung in der chinesischen Autoindustrie. Zu seinen Arbeitgebern zählten Geely und Beijing Hyundai. Sein Einsatzort ist Göteborg.   

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Flugtaxis im Internet shoppen – geht noch mehr Zukunft? Auf der Online-Plattform Taobao ist es gegenwärtig Realität. Hier verkauft der chinesische Drohnenhersteller EHang neuerdings sein autonomes elektrisches Senkrechtstart- und -landefahrzeug EH216-S. Der Klick auf “In den Warenkorb” beläuft sich auf schlappe 2,39 Millionen Yuan (rund 310.000 Euro).

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    2014, vor genau zehn Jahren, stürmten junge Taiwaner das Parlamentsgebäude in Taipeh, um gegen ein Abkommen zum Dienstleistungshandel mit China zu protestieren. Drei Wochen blieben sie im Plenarsaal, bis die regierende Kuomintang-Partei das Gesetzesvorhaben abblies. Viele Menschen hatten den “Sonnenblumenbewegung” getauften Protest damals auf der Straße unterstützt. Nur wenige Wochen später besetzten in Hongkong junge Menschen wochenlang Straßen und Plätze, um gegen einen Beschluss Pekings zu protestieren, bei der Wahl des nächsten Regierungschefs auch wieder nur handverlesene Kandidierende zuzulassen.

    Zehn Jahre später gehen die politischen Realitäten Taiwans und Hongkongs weit auseinander. In Hongkong griff China gegen die anhaltenden Proteste durch und erließ 2020 ein drakonisches Sicherheitsgesetz; nicht wenige führende Aktivisten der Demokratiebewegung sitzen auf Basis dieses Gesetzes heute in Haft. Nun folgte Hongkong mit einer eigenen Version, die das chinesische Gesetz an Schärfe noch übertrifft, wie Marcel Grzanna erklärt. Sorgen um die Bürgerrechte und freies Unternehmertum nehmen zu, das Ausland reagiert mit Protesten und Forderungen nach Sanktionen.

    In Taiwan dagegen feiern die Aktivisten von damals in diesen Tagen das zehnjährige Jubiläum der Sonnenblumenbewegung. Zwar steht Taiwan unter Dauerdruck aus Peking, doch die Demokratie ist stabil, wie sich gerade erst wieder bei der Präsidentenwahl zeigte: Der unterlegene Kandidat der KMT räumte seine Niederlage umgehend ein. Auch dafür kämpften die jungen Menschen. Und die Sonnenblumenbewegung habe die damals von vielen Beobachtern erwartete Integration mit der Volksrepublik verhindert, schreibt David Demes. Es habe sich der Wille des taiwanischen Volkes gezeigt, sein “eigenes Schicksal zu bestimmen”, zitiert er einen der damaligen Protestanführer.

    Herzlichst,

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    Hongkong ruiniert mit verschärftem Sicherheitsgesetz sein Wirtschaftsimage

    Hongkong im Oktober 2014: Zehntausende Demonstranten blockieren das Regierungsviertel.

    Die Verschärfung des Hongkonger Sicherheitsgesetzes ist beschlossene Sache. Nur zwei Wochen nach seiner ersten Vorlage entschied sich das von Oppositionskräften gänzlich bereinigte Parlament der Stadt einstimmig für die Verabschiedung von Artikel 23. Der Legislativrat gab mit seinem Votum den Weg frei für neue Straftatbestände und härtere Strafen.

    Das Gesetz gilt ab dem kommenden Wochenende und erleichtert es den Behörden, unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit politischen Dissens im Keim zu ersticken. Die internationale Gemeinschaft reagierte am Dienstag mit Protestnoten und Forderungen nach Sanktionen.

    “Das Gesetz lässt jedem Menschen mit rechtsstaatlicher Gesinnung die Haare zu Berge stehen. Es steigert die unterdrückerische Penetranz der Hongkonger Lakaien Pekings ins Unerträgliche”, sagte Reinhard Bütikofer, Mitglied des Europäischen Parlaments und der Inter-Parliamentary Alliance on China. “Die richtige Konsequenz der EU wäre es, den Hongkonger Verwaltungschef John Lee endlich zu sanktionieren, so wie es die USA längst getan haben und die das Europäische Parlament es seit Langem fordert”, so Bütikofer.

    “Direkter Angriff” auf die Rechte der Hongkonger Bürger

    Auch Ray Wong, Gründer des Vereins Freiheit für Hongkong e. V., hofft auf scharfe Reaktionen aus der Europäischen Union in Form von Sanktionen. “Die internationale Gemeinschaft muss die Verantwortlichen für dieses Gesetz zur Rechenschaft ziehen”, sagt Wong. Die durch Artikel 23 legitimierten verlängerten Haftstrafen und die größeren Hindernisse beim Zugang zu rechtlicher Vertretung bedeuten “einen direkten Angriff” auf die Rechte der Hongkonger Bürger, die im Basic Law, der Mini-Verfassung, bei der Rückgabe der Stadt an die Volksrepublik China 1997 verankert worden waren.

    In einer gemeinsamen Stellungnahme protestierten 75 Parlamentarier, ehemalige Botschafter, Juristen und Aktivisten aus der EU, Nordamerika, Malaysia und Singapur gegen die neue Gesetzgebung. “Artikel 23 wird der Autonomie, der Rechtsstaatlichkeit, den Rechten und den Grundfreiheiten der Stadt einen weiteren verheerenden Schlag versetzen, der über die Auswirkungen des von Peking im Jahr 2020 erlassenen Gesetzes über die nationale Sicherheit hinausgeht”, schreiben die Unterzeichner, zu denen auch zahlreiche Außen- und Menschenrechtspolitiker aus Regierung und Opposition im Deutschen Bundestag zählen.

    Ausländische Unternehmen müssen vorsichtig sein

    Für viele Hongkonger Aktivisten im ausländischen Exil ist spätestens Artikel 23 gleichbedeutend mit dem Ende aller politischer Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger Hongkongs. Der australische Jurist Kevin Yam, auf dessen Ergreifung die Behörden der Stadt ein Kopfgeld ausgesetzt haben, zeigte sich tief erschüttert. Jahrelang setzte sich Yam für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Hongkong ein. “Wir benötigen jetzt etwas Zeit, um das zu verdauen. Danach können wir uns über die Zukunft Gedanken machen, wie es weiter geht”, sagt Yam zu Table.Briefings.

    Neben der Gefahr für Menschenrechten wird auch eine weitere Verschlechterung des Geschäftsklimas befürchtet. EU-Diplomaten hatten bereits vor einigen Wochen entsprechende Sorgen formuliert – auch weil künftig “moderne Formen der Spionage” in der Gesetzgebung berücksichtigt werden. Ausländische Unternehmen und Organisationen müssen entsprechend vorsichtiger agieren, weil ihnen das Gesetz, so wie es Ende Januar vorgestellt wurde, nicht im Detail sagt, wo die Spionage nach der Rechtsauffassung beginnt.

    Gesetz beansprucht exterritoriale Reichweite

    Artikel 23 bedeutet faktisch die Implementierung eines eigenen Hongkonger Sicherheitsgesetzes. Bis jetzt war lediglich eine im Jahr 2020 von der Zentralregierung in Peking erlassene Version in Kraft. Die hatte allerdings bereits ausgereicht, um die Reputation der Stadt als Chinas liberales Schlupfloch für Handel und Finanzgeschäfte stark zu beschädigen.

    Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) will sich öffentlich nicht äußern, gilt aber seit Jahren als kritischer Beobachter der bürgerrechtlichen Entwicklungen in der Volksrepublik China. Dem Vernehmen nach ist man beim BDI skeptisch, dass sich der politische Trend in naher Zukunft ändert. Stattdessen rechnet man dort mit einer Zunahme staatlicher Kontrolle, was auch das Wirtschaften ausländischer Unternehmen erschwert.

    Das Nationale Sicherheitsgesetz umfasste bislang vier Straftatbestände. Jetzt sind es sieben:

    • Hochverrat
    • Sezession
    • Aufruhr
    • Subversion gegen die Zentralregierung
    • Diebstahl von Staatsgeheimnissen
    • politische Aktivitäten ausländischer Organisationen in der Stadt und
    • die Kontaktvermittlung zwischen örtlichen und ausländischen Einrichtungen.

    Bis zu 14 Jahre Haft für Nicht-Denunzieren

    Es beinhaltet zum Beispiel einen Paragrafen, wonach eine Person mit bis zu 14 Jahren bestraft werden kann, wenn sie es versäumt, eine andere Person zu denunzieren, wenn diese beabsichtigt, an einer nicht genehmigten Demonstration teilzunehmen.

    Die größere, sogar exterritoriale Reichweite, die das Gesetz beansprucht, zielt zwar zunächst einmal auf die Hongkonger Opposition im Ausland ab. Doch auch ausländische Staatsbürger müssen künftig mit Strafverfolgung rechnen, wenn sie sich öffentlich für die Rückkehr zu größeren bürgerlichen Freiheiten einsetzen.

    • Bürgerrechte
    • Hongkong
    • IPAC
    • Menschenrechte
    • Nationales Sicherheitsgesetz
    • Proteste
    Translation missing.

    Zehn Jahre Sonnenblumenbewegung: “Wir bestimmen unser eigenes Schicksal”

    Einer der damaligen Anführer der Sonnenblumenbewegung, Lin Fei-fan, spricht in Taipeh zum zehnjährigen Jubiläum.

    Zehn Jahre ist es her, dass Taiwans Zivilgesellschaft auf spektakuläre Weise ein umfassendes Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen namens CSSTA (Cross-Strait Service Trade Agreement) mit der Volksrepublik China im letzten Moment stoppte. Die damals regierende Kuomintang-Partei (KMT) hatte die Prüfung der umstrittenen Vereinbarung am Vortag innerhalb von nur 30 Sekunden für abgeschlossen erklärt. In der Nacht zum 18. März 2014 besetzten mehrere hundert Demonstranten erfolgreich den Plenarsaal des Legislative Yuan, wie Taiwans Parlament offiziell heißt.

    24 Tage blieben rund 400 Demonstranten im Saal des Legislative Yuan. Die Besetzung generierte landesweite Solidarität und brachte Hunderttausende auf die Straßen der Hauptstadt Taipeh.

    Nach etwa drei Wochen Protest lenkte Parlamentspräsident Wang Jin-pyng (KMT) am 6. April schließlich ein. Er versprach, dass er eine Prüfung des CSSTA nicht wieder auf die parlamentarische Tagesordnung setzen würde, bevor nicht ein von den Demonstranten gefordertes Gesetz zur Kontrolle aller Abkommen mit Festlandchina verabschiedet wird. Damit ermöglichte Wang es den Demonstrierenden, friedlich aus dem Parlament abzuziehen. Wang war ein parteiinterner Rivale des damaligen Präsidenten Ma Ying-jeou, der das Abkommen bis zuletzt unterstützt hatte. Ihn stellte Wang mit seinem Versprechen vor vollendete Tatsachen. Das CSSTA liegt seither auf Eis und wurde nie ratifiziert.

    Demonstranten der Sonnenblumenbewegung am 25. März 2014, während der mehr als dreiwöchigen Besetzung des Parlaments in Taipeh.

    2014: Taiwans Ära der Annäherung an China

    Der erfolgreiche Protest war ein Kontrapunkt zur damaligen Stimmung. Anders als heute befand sich Taiwan damals gegenüber Peking auf Annäherungskurs. Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Aufstiegs und der wachsenden internationalen Bedeutung Chinas – vor allem nach der Finanzkrise von 2008 – schien Taiwans Zukunft damals in einer weiteren wirtschaftlichen und politischen Annäherung an das chinesische Festland zu liegen.

    Präsident Ma hatte China den roten Teppich ausgerollt, nachdem die Beziehungen zum Festland zuvor acht Jahre lang von angespannten Beziehungen geprägt gewesen waren. Von 2000 bis 2008 regierte in Taiwan die Demokratische Fortschrittspartei DPP, ebenso wie heute. Bereits ein Jahr nach seiner Amtsübernahme Ma Ying-jeous wurden 2009 die ersten Linienflüge zwischen Taiwan und China eingeführt, 2011 erstmals chinesische Studierende an Taiwans Universitäten zugelassen. Chinesische Touristen bestimmten bald das Straßenbild auf der Insel und verdrängten Japaner als größte Gruppe ausländischer Reisender.

    “Say Goodbye to Taiwan”: Die Zukunft schien klar

    Während Mas Regierungszeit habe es Pläne für noch weitreichendere Initiativen gegeben, einschließlich eines Warenhandelsabkommens und kleiner Freihandelszonen, erinnert sich der Soziologieprofessor Ho Ming-sho von der National Taiwan University. “Diese Bemühungen wurden als Versuch wahrgenommen, Taiwan durch die Hintertür in ein von China dominiertes Wirtschaftssystem zu integrieren,” erklärt Ho gegenüber Table.Briefings. Dies habe Ängste geweckt, Taiwan könne auf lange Sicht nicht nur seine wirtschaftliche, sondern auch seine politische Autonomie verlieren.

    Der US-Politikwissenschaftler John Mearsheimer veröffentlichte nur einen Monat vor Ausbruch der Sonnenblumenbewegung im National Interest noch einen Leitartikel mit dem Titel “Say Goodbye to Taiwan”. Eine treffende Zusammenfassung der damaligen Atmosphäre, findet Soziologe Ho, war der Text: “Für viele internationale Beobachter schien es damals unvermeidlich, dass Taiwan nach und nach in China integriert werden würde.”

    Zukunftsängste unter jungen Leuten

    Auch in Taiwan selbst habe es angesichts stagnierender Löhne die Versuchung gegeben, Hoffnungen auf eine bessere Zukunft auf die boomende Volksrepublik zu projizieren, erinnert sich der ehemalige Studentenführer Lin Fei-fan im Gespräch mit Table.Briefings. Damals war die Atmosphäre unter jungen Leuten von Zukunftsängsten geprägt”, sagt der heute 35-Jährige. Die Sonnenblumenbewegung widersprach schließlich diesem Narrativ und zeigte den Willen des taiwanischen Volkes, unser eigenes Schicksal zu bestimmen.” Dieser Wille führte, gepaart mit dem als undemokratisch empfundenen Gesetzgebungsverfahren, im März schließlich in die Sonnenblumenbewegung.

    Dieser Name der Bewegung war eher zufällig: Ein Floristikunternehmen hatte den Parlamentsbesetzern Sonnenblumen geschenkt. Und der Name erinnerte an die Wilde-Lilien-Bewegung von 1990, als Studierende ein Ende der Einparteienherrschaft der KMT forderten. Der Protest führte mit dazu, dass 1996 erstmals der Präsident direkt und frei gewählt wurde. 2014 wollten die Demonstranten die junge Demokratie verteidigen. Es hat uns wütend gestimmt zu sehen, wie der demokratische Prozess mit Füßen getreten wurde”, erinnert sich Lin.

    Das Abkommen liegt seit zehn Jahren auf Eis

    Die Sonnenblumenbewegung sei ein entscheidender Wendepunkt gewesen, sagt der Soziologe Ho Ming-sho. Die taiwanische Bevölkerung hat gezeigt, dass sie nicht bereit ist, politische Souveränität und das mühsam erkämpfte demokratische System für wirtschaftliche Vorteile zu opfern.” 

    Auch politisch wirkt die Sonnenblumenbewegung bis heute nach. Zwei Jahre nach dem Protest wurde die KMT 2016 in den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abgestraft. Mit Tsai Ing-wen gewann die Kandidatin der DPP, die sich früh mit den Demonstranten solidarisch gezeigt hatte.

    Auch einige der Sonnenblumenaktivisten gingen in die Politik und wurden 2016 als Abgeordnete ins Parlament gewählt. “Die Tatsache, dass Leute, die zwei Jahre zuvor noch den Plenarsaal besetzt hatten, zwei Jahre später ins Parlament gewählt wurden, sehe ich als große Errungenschaft der taiwanischen Demokratie an,” sagt Soziologe Ho.

    Taiwans Entwicklung trotzte den Vorhersagen

    In den zehn Jahren seit der Sonnenblumenbewegung haben sich taiwanische Geschäftsleute und Investoren vermehrt aus der Volksrepublik zurückgezogen. Insgesamt sind taiwanische Investitionen in China um fast 70 Prozent zurückgegangen. Entgegen anderslautender Warnungen ist Taiwans Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im gleichen Zeitraum um 41 Prozent gestiegen; die Exporte legten um 35 Prozent zu.

    Studentenführer Lin Fei-fan sieht sich und die Bewegung dadurch bestätigt. Wenn wir das CSSTA nicht gestoppt hätten, stünden wir jetzt, besonders während der Corona-Pandemie und des Handelskrieges zwischen den USA und China in 2017 und 2018, vor viel größeren Herausforderungen“, sagt Lin. So hätte die heimische Halbleiterbranche zum Beispiel zum Kollateralschaden amerikanischer Strafzölle und Einfuhrbeschränkungen werden können.

    Zukünftigen Wirtschaftsabkommen mit China steht Lin eher skeptisch gegenüber. Peking verlange heute noch größere politische Zugeständnisse und habe damit sehr hohe Hürden für wirtschaftliche Vereinbarungen geschaffen, sagt der ehemalige Aktivist. Die Frage heute ist nicht, ob Taiwan zu einer Vereinbarung bereit ist, sondern ob Peking dazu bereit ist.”

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    Sinolytics Radar

    Der NEV-Markt wandelt sich von schnellem Wachstum zu Stabilität

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    • Das bis dahin extrem hohe Wachstum der chinesischen Elektroauto-Branche hat sich 2023 abgeschwächt. Die Wachstumsraten der Verkäufe von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (NEV) fielen von 165 Prozent in 2021 auf gerade 36 Prozent in 2023 und gingen damit sehr deutlich zurück.
    • Dies könnte ein Zeichen dafür sein, dass sich die Entwicklung der Branche allmählich stabilisiert. Angesichts der hohen Ausgangsbasis ist eine Wachstumsrate von 36 Prozent jedoch immer noch bemerkenswert.
    • Der chinesische NEV-Markt ist hart umkämpft. Mit deutlichem Abstand führt BYD den Markt an, gefolgt von einer kleinen Anzahl ernst zu nehmender Wettbewerber. Die übrigen kleineren Anbieter wachsen entweder nur langsam oder verzeichnen sogar Rückgänge.
    • Dieser Übergang deutet darauf hin, dass sich der chinesische NEV-Markt von einem schnell expandierenden Markt zu einem hoch konzentrierten Markt entwickelt – auf dem nur noch wenige Unternehmen in der Lage sein könnten, die Wettbewerbslandschaft hinter dem Marktführer BYD umzugestalten.
    • Angesichts des langsameren Marktwachstums und der Verschärfung des Wettbewerbs werden in Zukunft mehr Unternehmen ihre Positionen konsolidieren. Innovationen werden stärker fokussiert, und die Marktstrategien könnten sich eher auf die Verfeinerung von Produkten und Prozessen als auf eine breitere Expansion konzentrieren.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    • Autoindustrie
    • Elektromobilität
    • Wachstum

    News

    Nvidia baut Zusammenarbeit mit BYD aus

    Der US-Chiphersteller Nvidia baut seine Partnerschaft mit dem chinesischen Elektroauto-Marktführer BYD aus. Die Kooperation werde künftig auch Automobilproduktion, In-Car-Computing und KI-Schulungen umfassen, teilte Nvidia mit. Dazu werde BYD die neueste Generation von Nvidias Chip-Plattform Drive Thor einsetzen, die auch für autonomes Fahren einsetzbar ist. Auch die KI-Infrastruktur von Nvidia wird BYD demnach nutzen, um darin KI-Modelle für das autonome Fahren zu trainieren.

    Die Partnerschaft werde sich nicht nur auf die Autos selbst, sondern auf “ganze Arbeitsabläufe” erstrecken, zitierte die japanische Zeitung Nikkei Asia Nvidias Automotive-Vizepräsident Danny Shapiro. BYD werde mithilfe der Drive Thor-Plattform “intelligente Roboter” für Fabrikplanung und Einsatz in der Produktion entwickeln. Mithilfe der Echtzeit-3D-Grafikplattform Omniverse von Nvidia könne BYD zudem das Einkaufserlebnis für Autokäufer verbessern.

    Damit zeigt Nvidia, dass US-Unternehmen trotz einiger Ausfuhrbeschränkungen Washingtons in China gute Geschäfte machen können. Nvidia darf einige seiner leistungsstärksten Chips nicht in China verkaufen. Die Drive Thor-Plattform wird laut Nikkei Asia unter anderem bereits von Geelys Elektromarke Zeekr und Li Auto eingesetzt. Die ersten Autos, die Drive Thor nutzen, kommen demnach 2025 auf den Markt. Nvidia kündigte an, dass neben BYD weitere chinesische Automobilhersteller Drive Thor als “KI-Gehirn” für ihre nächste Generation E-Autos einsetzen werden. Dazu gehörten Xpeng und die Premiummarke Hyper der Firma Gac Aion. ck

    • Autonomes Fahren
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    • Nvidia
    • Technologie

    Regierung will lokale Lieferketten für Elektroautos aufbauen

    Die chinesische Regierung will mithilfe politischer Förderung eine lokale Lieferkette für Elektrofahrzeuge aufbauen. Das berichtet die japanische Zeitung Nikkei Asia unter Berufung auf Aussagen beim jährlichen China EV100 Forum in Peking. Zheng Shanjie, Direktor der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission, die die Wirtschaftspolitik steuert, sagte bei der Veranstaltung, China plane eine Aufwertung der Lieferketten für Halbleiter und andere Automobilkomponenten. Gou Ping, Vizepräsident der für die Staatskonzerne der Zentralregierung zuständigen Kommission SASAC, gab Pläne zur Erhöhung der Entwicklungskapazitäten bei den drei direkt Peking unterstehenden Autobauern bekannt: VW-Partner China FAW Group in Changchun, Dongfeng Motor in Wuhan und Chongqing Changan Automobile.

    Peking werde die drei Autohersteller voraussichtlich anweisen, mehr Geld in die Entwicklung zu stecken – auch wenn ihre Gewinne darunter leiden, schreibt Nikkei. Der frühere Forschungsminister Wan Gang, der heute der Plattform EV100 vorsitzt, rief dazu auf, die Innovationsbemühungen in der Halbleiterindustrie und anderen für Elektroautos und autonomes Fahren entscheidenden Branchen zu verstärken. Chinas E-Auto-Branche gehöre nun zu den “neuen Produktivkräften” mit hoher Qualität, sagte Wan. Die “neuen Produktivkräfte” sind der aktuellste Schlüsselbegriff von Staats- und Parteichef Xi Jinping für die gezielte Entwicklung bestimmter Technologie-Sektoren.

    Bislang sind viele erfolgreiche E-Auto-Hersteller Privatunternehmen, allen voran E-Marktführer BYD. Viele Komponenten stammen von ausländischen Zulieferern. Nun will Peking offenbar nicht nur die Lieferketten lokalisieren – sondern zugleich auch die Staatskonzerne in diesem Segment stärken. Von den drei zentralstaatlichen Autobauern ist nur Changan Auto beim Absatz relativ weit vorn mit dabei. Die 2014 gegründete EV100-Plattform sieht sich als unabhängige Denkfabrik zur Förderung der Neuen Mobilität, war aber von Beginn an staatsnah. Ihr heutiger Vorsitzender Wan Gang, der an der TU Clausthal promoviert und später für Audi gearbeitet hat, war zwischen 2007 und 2018 Forschungsminister. In der Zeit machte er sich stark für die Elektromobilität. ck

    • Autoindustrie
    • Elektromobilität

    Evergrande muss wegen Bilanzfälschung hohe Strafen zahlen

    Hengda Real Estate, eine zentrale Einheit der China Evergrande Group, steht unter Verdacht, ihre Einnahmen über zwei Jahre hinweg um fast 75 Milliarden Euro aufgebläht zu haben. Diesen Vorwurf macht die chinesische Wertpapieraufsichtsbehörde dem hoch verschuldeten Unternehmen, wie unter anderem Nikkei Asia berichtet. Der Immobilienentwickler soll auf Basis dieser falschen Angaben dann Anleihen ausgegeben haben.

    Die China Securities Regulatory Commission habe eine Geldstrafe in Höhe von 4,2 Milliarden Yuan (560 Millionen Euro) gegen das Evergrande-Kernunternehmen verhängt, weil es die Einnahmen in den Jahren 2019 und 2020 um insgesamt 564,1 Milliarden Yuan (72 Milliarden Euro) aufgebläht habe, erklärte Hengda am späten Montag in einer Börsenmitteilung. Die überhöhten Einnahmen sollen über 60 Prozent des offiziell vermeldeten Gewinns im Jahr 2019 und über 86 Prozent im Jahr 2020 ausmachen. Ein weiterer Vorwurf: Das Unternehmen habe nicht rechtzeitig über Jahres- und Halbjahreszahlen, Rechtsstreitigkeiten und Schulden informiert.

    Parallel hat die chinesische Aufsichtsbehörde den Evergrande-Gründer Xu Jiayin, der auch als Hui Ka-yan bekannt ist, lebenslang vom Aktienhandel ausgeschlossen – ebenso wie den ehemaligen Evergrande-Vorstandschef Xia Haijun. Xu wurde zu einer Geldstrafe von 47 Millionen Yuan (sechs Millionen Euro), Xia zu 15 Millionen Yuan (zwei Millionen Euro) verurteilt. Vor zwei Monaten hatte ein Gericht in Hongkong die Liquidation von Evergrande angeordnet. Der Konzern hat Verbindlichkeiten in Höhe von rund als 280 Milliarden US-Dollar. cyb

    • Börse
    • CSRC
    • Evergrande
    • Immobilienkrise
    • Schulden

    Putin plant Reise nach Peking für Mai

    Der russische Präsident Wladimir Putin wird im Mai zu Gesprächen mit Staatschef Xi Jinping nach China reisen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf ungenannte Insider. Eine offizielle Bestätigung aus Moskau oder des Außenministeriums in Peking und Moskau gab es am Dienstag aber nicht. Das russische Präsidialamt erklärte, derzeit würden mehrere Reisen und diverse Gespräche vorbereitet.

    Chinas Botschafter in Moskau, Zhang Hanhui, hatte im Februar aber bereits eine Peking-Reise Putins angedeutet. Beide Seiten bereiteten sich auf “mehrere Treffen” zwischen Putin und Xi vor, sagte Zhang damals der russischen Nachrichtenagentur Sputnik. “Putins Besuch in China [in diesem Jahr] wird mit Sicherheit ein Erfolg werden”, sagte er. “China freut sich auf seine Ankunft.” Es wäre Putins 19. Chinareise als Präsident.

    Kurz vor Russlands Einmarsch in der Ukraine hatten Xi und Putin in Peking einander ihre unverbrüchliche Freundschaft bekundet. Am Montag gratulierte Xi denn auch als einer der wenigen ausländischen Staatslenker Putin zum Sieg bei der “Präsidentenwahl”. Putin hob bei seiner Siegesrede die hohe Qualität der Beziehungen zu China und vor allem zu Xi Jinping hervor. ck/rtr

    • Geopolitik
    • Russland

    Staatsrat will mit 24-Punkte-Plan ausländische Investoren locken

    Chinas Staatsrat hat einen 24-Punkte-Aktionsplan zur weiteren Öffnung des chinesischen Marktes für ausländische Unternehmen veröffentlicht. Darin fordert er lokale Behörden und Regierungsstellen auf, Fahrpläne zu erstellen, um ausländische Investitionen in mehr Sektoren zuzulassen. Unter anderem erlaubt der Plan Peking, Shanghai, Guangdong und anderen Freihandelszonen, eine Reihe ausländischer Unternehmen gezielt auszuwählen, in Spezialgebiete wie genetische Diagnose- und Behandlungstechnologien zu investieren, wie Bloomberg berichtet.

    Auch ruft er die Behörden zur Unterstützung qualifizierter ausländischer Finanzinstitute bei der Zeichnung inländischer Anleihen und zur Förderung ausländischer Investitionen in Private-Equity-Fonds auf. Für Investoren in Chinas Anleihe- und andere Finanzmärkte solle es Steuervergünstigungen geben. Der Datentransfer solle erleichtert werden, fordert der Plan – offenbar mit Blick auf die strikten Regelungen für Datenübertragung ins Ausland, die ausländische Firmen und ihre Handelskammern seit langem kritisieren.

    Der Staatsrat will zudem die Gültigkeitsdauer von Visa für Manager und technisches Personal ausländischer Unternehmen und deren Familien auf zwei Jahre verlängern und wieder mehr internationale Flüge von Zentren wie Peking, Shanghai oder Guangzhou zuzulassen. Der Plan ist eine Reaktion auf das historisch niedrige Niveau ausländischer Direktinvestitionen in 2023. Unter den Firmen hat sich laut Bloomberg allerdings eine gewisse Müdigkeit gegenüber Öffnungsversprechen breitgemacht. Wichtig für sie wäre daher eine zeitnahe Umsetzung des Plans. ck

    • Investitionen
    • Unternehmen
    • Visa

    Peking will Eisenerz-Importe diversifizieren und schaut dazu nach Afrika

    China will seine Eisenerz-Importe diversifizieren. 80 Prozent dieser Erze bezieht Peking derzeit aus Brasilien und Australien. Als Alternative schaut China nach Afrika und setzte dazu einen “Eisenerz-Grundlagenplan” auf: Ganz oben auf der Liste künftiger Lieferanten stehen Länder wie Sierra Leone, Guinea, Liberia, Kamerun und die Republik Kongo.

    Investitionen laufen bereits an. Im Norden von Sierra Leone baut ein chinesisches Unternehmen derzeit eine Verarbeitungsanlage für Eisenerz am Tonkolili-Bergwerk, wo sich Erzvorräte von 13,7 Milliarden Tonnen befinden. In Guinea investiert China in die Simandou-Mine, die die weltweit größten unerschlossenen Vorkommen an hochwertigem Eisenerz beherbergt. Ähnliche Projekte gibt es in Grenzgebiet von Kamerun und der Republik Kongo. “Die massiven Investitionen im Ausland sind Teil des seit langem verfolgten Ziels Chinas, seine Position im globalen Eisenerzhandel zu stärken”, sagt Liz Gao vom Beratungsunternehmen CRU Group.

    Auch afrikanische Länder wollen ihre wirtschaftlichen Beziehungen diversifizieren und dabei mit China zusammenarbeiten. Afrikanische Präsidenten fliegen immer öfter zu bilateralen Treffen mit der chinesischen Regierung nach Peking.

    Vergangene Woche empfing Staatschef Xi Jinping zum Beispiel den angolanischen Präsidenten João Lourenço. Angola möchte die Abhängigkeit vom Erdölexport reduzieren und stattdessen mehr wirtschaftliche Kooperationen beim Bergbau, in der Landwirtschaft und im produzierenden Gewerbe eingehen – was zu Chinas Interessen passt. Vor zwei Wochen kam Julius Maada Bio, Präsident von Sierra Leone. Ihm sagte Xi weitere Investitionen sowie Unterstützung bei der Industrialisierung und Entwicklung des Agrarsektors zu. Das chinesische Energieunternehmen China Kigho Energy Group plant, in Sierra Leone ein Stahlwerk für die Verarbeitung von Eisenerz zu bauen. as

    • Angola
    • Geopolitik
    • Rohstoffe
    • Wirtschaft
    Translation missing.

    Presseschau

    Investitionsgarantien für China: Volumen sinkt 2023 um 90 Prozent FAZ
    China exportiert seine Krise – auch nach Deutschland HANDELSBLATT
    China flutet Europas Märkte – und die ersten deutschen Verlierer stehen schon fest WELT
    Mehr als 70 Milliarden Euro: China wirft Immobilienkonzern Evergrande gigantischen Betrug vor FAZ
    Wladimir Putin to visit China in May REUTERS
    Blinken reiterates support for the Philippines amid tensions with China NBC NEWS
    “Nagel im Sarg der Menschenrechte”: KP verschärft Repression in Hongkong DIE PRESSE
    Chinas neue Investitionsoffensive in Südamerika macht westlichen Konzernen immer mehr Konkurrenz NZZ
    Chinas Billiganbieter fluten Europa – jetzt fliegen die Fetzen DER STANDARD
    China”s Ant Group appoints new president in biggest reshuffle since regulatory revamp REUTERS
    Überlebenskampf in Chinas Solarindustrie spitzt sich zu HANDELSBLATT
    China may be developing plans to take out US satellites from the moon, Space Force general says BUSINESSI NSIDER
    Multilingual Alipay to enhance foreigners’ e-payment experiences TECHNOLOGY NEWS CHINA
    China”s bonds boom as investors face “asset famine’ REUTERS
    Wie China den Franzosen beim Wein Konkurrenz machen will SÜDDEUTSCHE

    Personalien

    Lin Jian ist neuer stellvertretender Generaldirektor der Presseabteilung des Außenministeriums. Er ist damit ab sofort einer der vier Außenamtssprecher. Zuvor war Lin in Xinjiang als KP-Chef im Auslandsbüro der staatlichen paramilitärischen Organisation Xinjiang Production and Construction Corps (XPCC) tätig.

    Wen Jie ist seit März Project Leader Test Object Management Europe beim chinesischen Autobauer Zeekr. Wen hat jahrelange Erfahrung in der chinesischen Autoindustrie. Zu seinen Arbeitgebern zählten Geely und Beijing Hyundai. Sein Einsatzort ist Göteborg.   

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Flugtaxis im Internet shoppen – geht noch mehr Zukunft? Auf der Online-Plattform Taobao ist es gegenwärtig Realität. Hier verkauft der chinesische Drohnenhersteller EHang neuerdings sein autonomes elektrisches Senkrechtstart- und -landefahrzeug EH216-S. Der Klick auf “In den Warenkorb” beläuft sich auf schlappe 2,39 Millionen Yuan (rund 310.000 Euro).

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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