Table.Briefing: China

Anwalt Ding Jiaxi + Internate in Tibet

  • Interview mit der Frau eines Inhaftierten
  • UN-Ausschuss prangert Internate in Tibet an
  • Brand fordert Bundesregierung zum Handeln auf
  • Chinesische Lastkräne als Spionage-Werkzeuge?
  • Biden treibt Lex Tiktok voran
  • Goethe-Uni: Künftig ohne Konfuzius-Institut
  • Heads: Chinas Einfluss auf Mittel-und Osteuropa
Liebe Leserin, lieber Leser,

eine schreckliche Vorstellung: Die Polizei führt den Ehepartner ab und lässt ihn ohne Kontakt zur Außenwelt im Gefängnis verschwinden – nur, weil er als Anwalt politisch brisante Fälle angepackt hat. Das ist unserer Interviewpartnerin Luo Shengchun passiert. Sie war in den USA, als ihr Mann Ding Jiaxi vor drei Jahren zum zweiten Mal in die Fänge der chinesischen Willkürjustiz geriet. Die Ingenieurin setzt sich nun nicht nur für seine Freilassung ein, sondern auch generell für einen anderen Umgang mit Diktaturen.

Derweil fordert der Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) China zur sofortigen Einstellung ihres Internatssystems in Tibet auf. Das “Zwangsschulsystem”, das den tibetischen Kindern auferlegt worden sei, müsse unverzüglich abgeschafft werden. Zudem solle die Einrichtung privater tibetischer Schulen erlaubt sein, heißt es in den abschließenden Feststellungen des Ausschusses zum Ende seiner Sitzung in Genf.

Aus Deutschland bekommt das UN-Gremium von der Tibet-Parlamentsgruppe im Bundestag Unterstützung. Die Gruppe fordert die Bundesregierung auf, sich für das Ende der Zwangsinternate einzusetzen. Mehr noch fordert der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand einen Aufschrei der zivilisierten Welt. “Dieses gewaltige Verbrechen an einer Million tibetischer Kinder und deren Familien braucht eine globale Antwort, eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder – und zwar jetzt.”

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Interview

“Menschen verschwinden unter Zwang”

Luo Shengchun und Ding Jiaxi: Dem Menschenrechtsanwalt droht lange Haft.
Kostbare Zeit zu zweit: Luo Shengchun und ihr Ehemann, der Menschenrechtsanwalt Ding Jiaxi, im Jahr 2017 – zwei Jahre vor seiner erneuten Festnahme.

Ihr Ehemann, der Menschenrechtsanwalt Ding Jiaxi, wurde im Dezember 2019 in China verhaftet und eingesperrt. Ihm wird “Untergrabung der Staatsgewalt” vorgeworfen. Wissen Sie, wo er sich zurzeit befindet und unter welchen Haftumständen er leben muss?

Jiaxi befindet sich in der Strafanstalt Lin Shu in der Provinz Shandong. Er lebt mit rund 18 Menschen in einer kleinen Zelle. Die Haftbedingungen sind schrecklich, es gibt keine Möglichkeit, grundlegende Hygiene einzuhalten, kein warmes Wasser, keine Bücher oder Zeitungen. Das Essen ist schlecht und von geringem Nährwert. In den Hof dürfen die Gefangenen nur etwas weniger als eine halbe Stunde am Tag. Es gibt auch keine Stifte oder Papier, um etwas aufzuschreiben.

Haben Sie die Möglichkeit, mit ihm in Kontakt zu treten, beispielsweise über einen Anwalt?

Seit dem 26. Dezember 2019 ist es mir nicht mehr möglich, mit ihm zu kommunizieren. Das einzige, was mir bleibt, ist, seinen Anwalt zu bitten, ihm meine Briefe vorzulesen. Die Treffen zwischen den beiden finden nicht unter vier Augen statt, sondern über einen Videokanal vor Ort in der Haftanstalt. Nach Jiaxis Verhaftung war es dem Anwalt zunächst aber 13 Monate lang untersagt, ihn zu treffen. Im vergangenen Jahr waren Gespräche wegen der Covid-Restriktionen dann nur alle drei bis sechs Monate möglich.

Wann haben sie sich das letzte Mal gesehen?

Das letzte Treffen zwischen den beiden fand gerade statt, am 10. Januar – das erste seit dem 15. September. Die Nachricht, die ich übermittelt bekam, war: Jiaxi ist optimistisch und hält sich täglich trotz der schlechten Haftbedingungen mit Übungen fit. Er fragte nach den Neuigkeiten von draußen. Er richtete Grüße aus, an mich, seine Mutter, unsere Töchter und an all seine Freunde. Er wünschte uns ein glückliches und gesundes neues Jahr. Ich weiß nicht, wann der Anwalt das nächste Mal die Möglichkeit hat, mit ihm zu sprechen.

Mit dem Amtsantritt Xi Jinpings verschärfte sich auch die Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten. Warum hat die Regierung unter ihm solche Angst vor Anwälten wie Ding Jiaxi und Organisationen wie der Neuen Bürgerbewegung, die Bürgerrechte stärken wollen und mehr Transparenz von Regierungsbeamten fordern?

Weil sie Angst haben, die Macht darüber zu verlieren, die Menschen kontrollieren zu können. Xi ist ein Diktator und will für immer der Diktator bleiben. Die Menschenrechtsanwälte fordern hingegen Freiheit und Demokratie und setzen sich dafür ein, dass die Menschen das Recht bekommen, zu wählen, offen ihre Meinung kundzutun und inhumane und ungerechte Dinge in China anzuprangern.

Ihr Mann saß bereits zwischen 2013 und 2016 für dreieinhalb im Gefängnis. Wie haben sich die Haftbedingungen seit damals verändert?

Während seiner ersten Haftzeit war er keiner Folter unterworfen. Dieses Mal wurde er in den ersten sechs Monaten gefoltert. Die Bedingungen im Gefängnis waren schon damals nicht gut, aber besser als dieses Mal. Er konnte lesen und schreiben. Das Essen war auch besser. Zudem konnte der Anwalt direkt mit ihm sprechen und mir Aufnahmen der Gespräche übermitteln. Ich habe damals noch alle Bescheide und Rechtsdokumente für seinen ersten Gefängnisaufenthalt einsehen können. Dem Anwalt ist es dieses Mal nicht mehr gestattet, Aufnahmen oder Fotos zu machen. Und er durfte mir bis heute keine Dokumente aushändigen. Ich habe bloß einen Bescheid über seine Verhaftung erhalten.

Sie sind während seiner ersten Haftstrafe in die USA gezogen. Nach seiner Entlassung kam ihr Mann nach. Haben Sie versucht, ihn abzuhalten, als er plante, wieder für seine Arbeit nach China zurückkehren zu wollen?

Ich war dagegen, dass er zurückkehrt, weil ich wusste, dass er wieder festgenommen werden würde. Er versprach, er würde nur zurückhaltende, friedliche Aktionen durchführen und sich bedeckt halten. Er wollte uns regelmäßig besuchen, aber der Grenzschutz hielt ihn schon beim ersten Mal davon ab, in die USA zurückzukehren. Er hat so die Abschlussfeiern unserer beiden Töchter verpasst.

Konnten Sie seinen Idealismus da noch nachvollziehen?

Es gab tatsächlich eine Zeit, in der ich seinen Idealismus nicht mehr voll unterstützen konnte. Ich bat ihn aufzugeben. Bis sie ihn dann ohne Grund und ohne Ankündigung einsperrten und folterten. Diese Art von Totalitarismus, diese Art Menschen unter Zwang verschwinden zu lassen, ist nicht zu tolerieren. Auf einmal verstand ich, warum mein Ehemann so sehr davon überzeugt war, diese Dinge gewaltlos “vor Ort” bekämpfen zu müssen. Ich entschied dann, öffentlich für ihn und andere weggesperrte Menschenrechtsanwälte einzutreten und wurde so selbst zur Aktivistin, die gegen die Diktatur der Kommunistischen Partei Chinas ankämpft.

Bevor er politisch aktiv wurde, war Ding Jiaxi ein erfolgreicher Wirtschaftsanwalt. Was hat ihn politisiert?

Jiaxi verlor den Glauben an das chinesische Rechtssystem, als er sah, wie viele Menschen trotz der an sich wunderbar formulierten chinesischen Verfassung grundlegender Rechten beraubt wurden: sei es die Art, wie sie leben, wo sie zur Schule gehen oder was sie besitzen dürfen. Er beschloss, die Dinge durchzusetzen, die im Gesetz geschrieben stehen. Am Anfang war das gar nicht im Sinne eines politischen Aktivismus gedacht. Er wollte den Menschen in China einfach mehr soziale Gerechtigkeit ermöglichen.

Wie hat sich das dann geändert?

Mit der Zeit stellte er fest, dass er politisch aktiv werden musste, auch wenn er es nicht wollte. Er bat mich, unsere Töchter ins Ausland zu bringen, um sie nicht in Gefahr zu bringen. Ich unterstützte ihn, weil ich wusste, dass er gute Dinge für China tat. Aber ich litt auch sehr, weil wir uns trennen mussten, aber ich hatte keine Wahl. Ich liebe ihn. Ich liebe auch die Freiheit, die soziale Gerechtigkeit. Ich wusste, dass wir für seinen Idealismus Opfer bringen mussten. In tiefstem Herzen bin auch ich eine Idealistin. Aber ich war nie so überzeugt in meinem Handeln, wie er es ist.

Hat er in der Haft von den “Weißblatt-Protesten” erfahren?

Der Anwalt erzählte ihm davon, zusammen mit anderen Dingen, die sich in der Welt abgespielt haben. Er machte keinen direkten Kommentar dazu. Er weiß, dass alle Video-Treffen aufgezeichnet werden. Ich schätze, er braucht Zeit, um darüber nachzudenken.

Sie leiden beide unter gesundheitlichen Problemen. Wünschen Sie sich manchmal, dass er seinen Aktivismus beendet?

Ich wünsche mir, dass uns noch Zeit bleibt, um zusammenzuleben. Ich denke auch, dass er in China nichts mehr tun kann, außer als Märtyrer auf lange Zeit im Gefängnis zu sitzen. Er ist der Meinung, dass er nicht früher entlassen wird, egal welchen Dingen er zustimmen würde. Er weiß, dass er nicht nur dafür eingesperrt wurde, was er getan hat, sondern vor allem dafür, was er denkt.

Was wäre das beste Szenario für Sie im Moment?

Das beste Szenario für mich ist, dass die KPCh aus welchen Gründen auch immer zusammenbricht: durch interne Kämpfe oder Proteste der Bevölkerung, sodass hoffentlich alle politischen Gefangenen wie mein Mann freigelassen werden.

Üben die Regierungen in Europa und den USA genug Druck aus, um die Situation von Menschenrechtsaktivisten wie Ding Jiaxi in China zu verbessern?

Nein, das denke ich nicht. Sie können definitiv mehr tun, um Diktatoren wie Xi und Putin entgegenzutreten.

Luo Shengchun ist Ingenieurin mit Spezialisierung auf Materialwissenschaften aus China. Seit der Inhaftierung ihres Mannes engagiert sie sich für Freiheit und Demokratie. Sie lebt in den USA.

Der chinesische Rechtsanwalt Ding Jiaxi gehörte zu den Aktivisten der Neuen Bürgerbewegung (中国新公民运动), die sich gegen Korruption und für demokratischen Wandel einsetzte. Ding wurde im Dezember 2019 zum zweiten Mal verhaftet.

  • Menschenrechte
  • Weißblatt-Proteste
  • Zivilgesellschaft

News

UN-Ausschuss fordert Ende von Internats-System in Tibet

Der Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) fordert China zur sofortigen Einstellung ihres Internatssystems in Tibet auf. Das “Zwangsschulsystem”, das den tibetischen Kindern auferlegt worden sei, müsse unverzüglich abgeschafft werden. Zudem solle die Einrichtung privater tibetischer Schulen erlaubt sein, heißt es in den abschließenden Feststellungen des Ausschusses zum Ende seiner Sitzung in Genf.

Das UN-Gremium, das zweimal pro Jahr zusammentritt, griff mit seinen Feststellungen die Vorwürfe durch Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen auf. Diese hatten die systematische Schließung von lokalen Schulen im gesamten tibetischen Siedlungsgebiet kritisiert. Durch die Schließung sind tibetische Kinder gezwungen, weit entfernte Internate zu besuchen, wo sie ausschließlich Mandarin sprechen dürfen. Betroffen davon sind bis zu 900.000 Kinder. Der UN-Sozialausschuss fürchtet eine kulturelle Assimilierung der Tibeter.

“Die Empfehlungen sind eine Anklageschrift gegen die Politik Chinas in Tibet“, erklärte Kai Müller, Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation International Campaign for Tibet. Das tibetische Volk sehe sich einer Politik gegenüber, die das Überleben seiner Kultur und Identität systematisch bedrohe. Müller fordert die internationale Gemeinschaft auf, dem Beispiel des Ausschusses zu folgen und ein Ende dieser “dramatischen Rechtsverletzungen” zu fordern.

159 Paragrafen zur Situation in China

Der Ausschuss formulierte zudem seine Besorgnis darüber, dass neben tibetischen auch uigurische und kasachische Bildungseinrichtungen in der autonomen Region Xinjiang von Schließungen betroffen seien. Er empfahl “den Völkern und Minderheiten, die volle und uneingeschränkte Ausübung ihres Rechts auf die volle Entfaltung ihrer eigenen kulturellen Identität und die Teilnahme am kulturellen Leben zu gewährleisten und den Gebrauch und die Ausübung ihrer Sprache und Kultur sicherzustellen”.

Der UN-Sozialausschuss hatte seit Mitte Februar drei Wochen lang getagt und sowohl ausführlich die Vertreter der chinesischen Regierung als auch von Nichtregierungsorganisationen angehört. China hatte zu seiner Verteidigung Dutzende Delegierte in den Ausschuss geschickt.

Insgesamt nahm der Ausschuss in 159 Paragrafen zur Situation in China Stellung und sprach jeweils entsprechende Empfehlungen aus. Dabei geht es neben der chinesischen Minderheitenpolitik unter anderem auch um Defizite bei der Bildung, Gleichstellung von Frauen, der Unabhängigkeit von Gerichten und Anwälten. Die Regierung in Peking ist nun aufgefordert, für Verbesserungen in allen kritisierten Feldern zu sorgen und dem Sozialausschuss die Ergebnisse in einem künftigen Bericht vorzulegen. grz

  • Bildung
  • Menschenrechte
  • Tibet

Brand fordert “Aufschrei der zivilisierten Welt”

Die Tibet-Parlamentsgruppe im Deutschen Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich für das Ende von Zwangsinternaten in Tibet einzusetzen. “Berlin muss Peking zum Stopp von Zwangsinternaten für tibetische Kinder auffordern und mit Werte-Partnern eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder starten”, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand in einer Stellungnahme.

Brand fordert einen Aufschrei der zivilisierten Welt. “Dieses gewaltige Verbrechen an einer Million tibetischer Kinder und deren Familien braucht eine globale Antwort, eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder – und zwar jetzt.” Die deutsche Bundesregierung dürfe sich nicht auf ihre künftige China-Strategie zurückziehen, zumal diese aufgrund von Konflikten zwischen Kanzleramt und Außenministerium derzeit völlig in den Sternen stehe.

Zu Wochenbeginn hatte der Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) China zur sofortigen Einstellung des Internatssystems aufgefordert. Das UN-Gremium hatte Vorwürfe aufgegriffen, dass durch die systematische Schließung lokaler Schulen tibetische Kinder gezwungen seien, weit entfernte Internate zu besuchen. Dort dürften sie ausschließlich Mandarin sprechen. Der UN-Sozialausschuss fürchtet eine kulturelle Assimilierung der Tibeter. grz

  • Menschenrechte
  • Tibet

Hafen-Lastkräne unter Spionageverdacht

Ein Spezialfrachter mit Kränen des chinesischen Unternehmens Shanghai Zhenhua Heavy Industries Company Limited (ZPMC) im Einsatz in Wilhelmshaven.

Hafen-Lastkräne des chinesischen Herstellers ZPMC sind in den USA unter Spionageverdacht geraten. Sicherheitsbeamte hegen den Verdacht, dass die verwendete Sensorentechnologie der Kräne dazu genutzt werden kann, Herkunft und Bestimmungsorte von Containern zu registrieren und zu verfolgen. Damit wäre es theoretisch möglich nachzuvollziehen, wann und wo militärisches Gerät aus den USA in andere Teile der Welt verschifft wird.

Die Beamten für nationale Sicherheit und aus dem Pentagon verglichen die Kräne mit Trojanischen Pferden und bezeichneten den Hersteller ZPMC als das neue Huawei, berichtet die Zeitung Wall Street Journal. Wie die Technologie des chinesischen Mobilfunkherstellers seien die Kräne eine perfekte Kombination, um legitime Geschäftsinteressen mit einer versteckten Sammlung von sicherheitsrelevanten Informationen zu verknüpfen. Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington bezeichnete die Vorwürfe als Paranoia.

Auch in deutschen Häfen werden ZPMC-Kräne zum Verschiffen von Containern eingesetzt, beispielsweise in Hamburg. Die ZPMC Germany GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Shanghai Zhenhua Heavy Industries Co. Ltd. grz

  • Huawei
  • Spionage

Biden treibt Lex Tiktok voran

US-Präsident Joe Biden unterstützt ein Gesetz, mit dem das Weiße Haus erhebliche Kontrolle über das Geschäft der chinesischen Video-App Tiktok in den USA erhält. Es ermöglicht ein Verbot der App ebenso wie einen erzwungenen Verkauf an einen Investor. Das Gesetz existiert bisher nur als Entwurf. Es ist noch unklar, wann der Kongress darüber abstimmt.

Der Gesetzentwurf nennt Tiktok nicht beim Namen, sondern bezieht sich allgemein auf Software-Anwendungen, die vom Ausland aus kontrolliert werden. Wenn ausländische Technologie nach Einschätzung der US-Regierung eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt, sind Eingriffe in deren Geschäft möglich. US-Politiker diskutieren es ausdrücklich im Zusammenhang mit Tiktok, das dem Pekinger Unternehmen Bytedance gehört.

Das Gesetz trägt den Namen “Restrict” (Risk Information and Communications Technology Act). Tiktok ist vor allem bei der Zielgruppe zwischen 13 und 20 Jahren beliebt und weiß viel über seine Nutzer.

Schon Bidens Vorgänger Donald Trump hatte versucht, Tiktok aus amerikanischen App-Stores verschwinden zu lassen. Er ist jedoch vor Gericht gescheitert, weil seine Vorgehensweise rechtlich nicht standgehalten hat. Die Richter haben dem Recht auf Redefreiheit Vorrang gegeben. Mit dem neuen Gesetz schaffen Demokraten und Republikaner nun eine vom Parlament abgesegnete Basis für die Eingriffe. fin

  • Geopolitik
  • Joe Biden
  • Tiktok
  • USA

Uni Frankfurt setzt Kooperation mit Konfuzius-Institut aus


Die Frankfurter Goethe-Universität hat ihren Kooperationsvertrag mit dem Frankfurter Konfuzius-Institut nicht verlängert. Wie die Hochschule mitteilte, soll die Zusammenarbeit mit der Einrichtung “anlassbezogen” fortgesetzt werden. Der seit 2008 bestehende Vertrag sei deshalb Ende Februar nicht verlängert worden. Für die Zukunft vorstellen könne man sich zum Beispiel Chinesisch-Sprachkurse für Angehörige oder Abteilungen der Universität. Der Neubewertung der Kooperation mit dem Konfuzius-Institut sei eine Überprüfung durch eine unabhängige Expertenkommission vorausgegangen, teilte die Uni mit. Die Zusammenarbeit sei “positiv bewertet” worden. Es habe “keine erkennbare Einflussnahme chinesischer Stellen auf Forschung und Lehre der Goethe-Universität stattgefunden”.

Während die Zusammenarbeit mit dem Konfuzius-Institut zunächst nicht fortgesetzt wurde, arbeite die Goethe-Universität daran, die “institutionelle und wissenschaftliche Kooperation mit der Fudan-Universität in Shanghai auszuweiten”. Dazu seien bereits erste Schritte unternommen worden. Einen Austausch für Studenten bieten die beiden Universitäten bereits an. “Wir freuen uns darauf, diesen Austausch auch auf wissenschaftlicher Basis weiterzuentwickeln – vorurteilsfrei, jedoch auch mit dem nötigen Augenmaß, was die Freiheit von Forschung und Lehre betrifft”, betonte Uni-Vizepräsident Michael Huth in einer Pressemitteilung. ari

  • Konfuzius-Institute

Heads

Ivana Karásková – Chinas Einfluss auf Mittel-und Osteuropa

Ivana Karásková, China-Forscherin zu Chinas Einfluss auf Mittel- und Osteuropa aus Prag, warnt vor chinesischer Desinformation.
Ivana Karásková, China-Forscherin aus Prag, warnt vor chinesischer Desinformation.

Chinas Rolle in Zentral- und Osteuropa hat sich verändert. Nach Ansicht von Ivana Karásková nicht zum Guten. Karásková ist China Research Fellow und Projektkoordinatorin bei der Denkfabrik Association for International Affairs (AMO) in Prag. Eigentlich wollte sie Journalistin werden und aus der Welt berichten. Doch nach dem Studium schrecken sie die unsicheren Zukunftsaussichten ab. Sie entscheidet sich für die Wissenschaft und studiert und lehrt in Prag, Shanghai und Taipeh. Karásková erkundet so die Welt, über die sie später als Wissenschaftlerin berichten wird.

Denn am AMO untersucht Karásková Chinas Einfluss in Zentral- und Osteuropa. Mit Blick auf die vergangenen Jahre sagt sie: Die Wirtschaftskrise 2008 hat Osteuropa hart getroffen. Groß war die Hoffnung, mit chinesischen Investitionen wieder auf die Beine zu kommen. Doch der Investitionsboom blieb aus, denn “China hatte keinen Plan, wo es wirklich investieren will”, so Karásková. Außerdem gab es einen weiteren Haken: “Die Investitionen aus China kamen mit politischen Forderungen”, erklärt Karásková. Dass vielen Ländern Zentral- und Osteuropas die Situation in Hongkong und Xinjiang Bauchschmerzen bereitete, kam in Peking nicht gut an.

Gezielte Desinformation im Westen

Dennoch ist China ein wichtiger Akteur geblieben. Und Karásková hat sich zur Aufgabe gemacht, dessen Einfluss zu erforschen. 2016 gründet sie die Initiative Choice (China Observers in Central and Eastern Europe) – einen Hub für Chinaexperten aus Zentral und Osteuropa. “Ich hätte China-Experten in Berlin, Brüssel und Washington treffen können, aber nicht in Prag oder Warschau.” Zusätzlich ist sie Gründerin von MapInfluenCE. Das Projekt zeichnet detailliert nach, wie sich China und Russland im Kampf der Narrative verhalten.

Karásková erklärt: China versuche seit Jahren, das Vertrauen in westliche Demokratien über Social Media und auch klassische Medienformate zu untergraben. Ein Beispiel: Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, behauptete im Frühjahr 2020, das Corona-Virus stamme aus einem US-Labor. Eine Lüge, die sich über westliche Social-Media-Kanäle rasant verbreitete. Auch, weil eine Armee an neuen Fake-Accounts zusammen mit Accounts chinesischer Offizieller die Falschmeldung multiplizierten. So auch die polnische Version von China Radio International (CRI).

Das Ergebnis beunruhigt Karásková. Wer westliche Berichterstattung und chinesische Desinformation gegenüberstellt, könnte denken, dass die Wahrheit zwischen beiden Informations-Polen irgendwo in der Mitte läge. Das ist nicht nur falsch, sondern brandgefährlich für Demokratien, deren wichtigste Währung die Wahrheit ist, sagt Karásková.

Ukraine-Framing als Vorbereitung

Für Karásková kommt mit Russlands Invasion in der Ukraine eine neue Dimension hinzu. Denn China und Russland lernen voneinander und multiplizieren dieselben anti-westlichen Narrative. Und das in westlichen sozialen Netzwerken. Die Botschaft aus China lautet: Die Nato trage die Schuld am Krieg und die europäischen Demokratien stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Vor allem Osteuropa ist Ziel der Desinformationskampagnen. So wird China für Zentral- und Osteuropa “aus einem problematischen Partner zu einem Paria-Partner”, sagt Karásková. 

Außerdem vermutet sie: “Bei der Desinformation über die Ukraine geht es auch um Taiwan.” Das Ziel sei es, Anti-Nato-Narrative schon jetzt zu befeuern, damit Chinas Propaganda im Falle einer Invasion in Taiwan schon auf bestehende anti-westliche Propaganda aufbauen könne. Die EU müsse das antizipieren und mehr gegen chinesische Desinformation tun, fordert Karásková. Jonathan Kaspar Lehrer

Dessert

Demonstranten in Taiwans Hauptstadt Taipeh: Am 64. Jahrestag des Tibet-Aufstandes im Jahr 1959 erinnerten tibetische und taiwanische Protestierende gegen Chinas Unterdrückungspolitik in Tibet.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Interview mit der Frau eines Inhaftierten
    • UN-Ausschuss prangert Internate in Tibet an
    • Brand fordert Bundesregierung zum Handeln auf
    • Chinesische Lastkräne als Spionage-Werkzeuge?
    • Biden treibt Lex Tiktok voran
    • Goethe-Uni: Künftig ohne Konfuzius-Institut
    • Heads: Chinas Einfluss auf Mittel-und Osteuropa
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    eine schreckliche Vorstellung: Die Polizei führt den Ehepartner ab und lässt ihn ohne Kontakt zur Außenwelt im Gefängnis verschwinden – nur, weil er als Anwalt politisch brisante Fälle angepackt hat. Das ist unserer Interviewpartnerin Luo Shengchun passiert. Sie war in den USA, als ihr Mann Ding Jiaxi vor drei Jahren zum zweiten Mal in die Fänge der chinesischen Willkürjustiz geriet. Die Ingenieurin setzt sich nun nicht nur für seine Freilassung ein, sondern auch generell für einen anderen Umgang mit Diktaturen.

    Derweil fordert der Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) China zur sofortigen Einstellung ihres Internatssystems in Tibet auf. Das “Zwangsschulsystem”, das den tibetischen Kindern auferlegt worden sei, müsse unverzüglich abgeschafft werden. Zudem solle die Einrichtung privater tibetischer Schulen erlaubt sein, heißt es in den abschließenden Feststellungen des Ausschusses zum Ende seiner Sitzung in Genf.

    Aus Deutschland bekommt das UN-Gremium von der Tibet-Parlamentsgruppe im Bundestag Unterstützung. Die Gruppe fordert die Bundesregierung auf, sich für das Ende der Zwangsinternate einzusetzen. Mehr noch fordert der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand einen Aufschrei der zivilisierten Welt. “Dieses gewaltige Verbrechen an einer Million tibetischer Kinder und deren Familien braucht eine globale Antwort, eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder – und zwar jetzt.”

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Interview

    “Menschen verschwinden unter Zwang”

    Luo Shengchun und Ding Jiaxi: Dem Menschenrechtsanwalt droht lange Haft.
    Kostbare Zeit zu zweit: Luo Shengchun und ihr Ehemann, der Menschenrechtsanwalt Ding Jiaxi, im Jahr 2017 – zwei Jahre vor seiner erneuten Festnahme.

    Ihr Ehemann, der Menschenrechtsanwalt Ding Jiaxi, wurde im Dezember 2019 in China verhaftet und eingesperrt. Ihm wird “Untergrabung der Staatsgewalt” vorgeworfen. Wissen Sie, wo er sich zurzeit befindet und unter welchen Haftumständen er leben muss?

    Jiaxi befindet sich in der Strafanstalt Lin Shu in der Provinz Shandong. Er lebt mit rund 18 Menschen in einer kleinen Zelle. Die Haftbedingungen sind schrecklich, es gibt keine Möglichkeit, grundlegende Hygiene einzuhalten, kein warmes Wasser, keine Bücher oder Zeitungen. Das Essen ist schlecht und von geringem Nährwert. In den Hof dürfen die Gefangenen nur etwas weniger als eine halbe Stunde am Tag. Es gibt auch keine Stifte oder Papier, um etwas aufzuschreiben.

    Haben Sie die Möglichkeit, mit ihm in Kontakt zu treten, beispielsweise über einen Anwalt?

    Seit dem 26. Dezember 2019 ist es mir nicht mehr möglich, mit ihm zu kommunizieren. Das einzige, was mir bleibt, ist, seinen Anwalt zu bitten, ihm meine Briefe vorzulesen. Die Treffen zwischen den beiden finden nicht unter vier Augen statt, sondern über einen Videokanal vor Ort in der Haftanstalt. Nach Jiaxis Verhaftung war es dem Anwalt zunächst aber 13 Monate lang untersagt, ihn zu treffen. Im vergangenen Jahr waren Gespräche wegen der Covid-Restriktionen dann nur alle drei bis sechs Monate möglich.

    Wann haben sie sich das letzte Mal gesehen?

    Das letzte Treffen zwischen den beiden fand gerade statt, am 10. Januar – das erste seit dem 15. September. Die Nachricht, die ich übermittelt bekam, war: Jiaxi ist optimistisch und hält sich täglich trotz der schlechten Haftbedingungen mit Übungen fit. Er fragte nach den Neuigkeiten von draußen. Er richtete Grüße aus, an mich, seine Mutter, unsere Töchter und an all seine Freunde. Er wünschte uns ein glückliches und gesundes neues Jahr. Ich weiß nicht, wann der Anwalt das nächste Mal die Möglichkeit hat, mit ihm zu sprechen.

    Mit dem Amtsantritt Xi Jinpings verschärfte sich auch die Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten. Warum hat die Regierung unter ihm solche Angst vor Anwälten wie Ding Jiaxi und Organisationen wie der Neuen Bürgerbewegung, die Bürgerrechte stärken wollen und mehr Transparenz von Regierungsbeamten fordern?

    Weil sie Angst haben, die Macht darüber zu verlieren, die Menschen kontrollieren zu können. Xi ist ein Diktator und will für immer der Diktator bleiben. Die Menschenrechtsanwälte fordern hingegen Freiheit und Demokratie und setzen sich dafür ein, dass die Menschen das Recht bekommen, zu wählen, offen ihre Meinung kundzutun und inhumane und ungerechte Dinge in China anzuprangern.

    Ihr Mann saß bereits zwischen 2013 und 2016 für dreieinhalb im Gefängnis. Wie haben sich die Haftbedingungen seit damals verändert?

    Während seiner ersten Haftzeit war er keiner Folter unterworfen. Dieses Mal wurde er in den ersten sechs Monaten gefoltert. Die Bedingungen im Gefängnis waren schon damals nicht gut, aber besser als dieses Mal. Er konnte lesen und schreiben. Das Essen war auch besser. Zudem konnte der Anwalt direkt mit ihm sprechen und mir Aufnahmen der Gespräche übermitteln. Ich habe damals noch alle Bescheide und Rechtsdokumente für seinen ersten Gefängnisaufenthalt einsehen können. Dem Anwalt ist es dieses Mal nicht mehr gestattet, Aufnahmen oder Fotos zu machen. Und er durfte mir bis heute keine Dokumente aushändigen. Ich habe bloß einen Bescheid über seine Verhaftung erhalten.

    Sie sind während seiner ersten Haftstrafe in die USA gezogen. Nach seiner Entlassung kam ihr Mann nach. Haben Sie versucht, ihn abzuhalten, als er plante, wieder für seine Arbeit nach China zurückkehren zu wollen?

    Ich war dagegen, dass er zurückkehrt, weil ich wusste, dass er wieder festgenommen werden würde. Er versprach, er würde nur zurückhaltende, friedliche Aktionen durchführen und sich bedeckt halten. Er wollte uns regelmäßig besuchen, aber der Grenzschutz hielt ihn schon beim ersten Mal davon ab, in die USA zurückzukehren. Er hat so die Abschlussfeiern unserer beiden Töchter verpasst.

    Konnten Sie seinen Idealismus da noch nachvollziehen?

    Es gab tatsächlich eine Zeit, in der ich seinen Idealismus nicht mehr voll unterstützen konnte. Ich bat ihn aufzugeben. Bis sie ihn dann ohne Grund und ohne Ankündigung einsperrten und folterten. Diese Art von Totalitarismus, diese Art Menschen unter Zwang verschwinden zu lassen, ist nicht zu tolerieren. Auf einmal verstand ich, warum mein Ehemann so sehr davon überzeugt war, diese Dinge gewaltlos “vor Ort” bekämpfen zu müssen. Ich entschied dann, öffentlich für ihn und andere weggesperrte Menschenrechtsanwälte einzutreten und wurde so selbst zur Aktivistin, die gegen die Diktatur der Kommunistischen Partei Chinas ankämpft.

    Bevor er politisch aktiv wurde, war Ding Jiaxi ein erfolgreicher Wirtschaftsanwalt. Was hat ihn politisiert?

    Jiaxi verlor den Glauben an das chinesische Rechtssystem, als er sah, wie viele Menschen trotz der an sich wunderbar formulierten chinesischen Verfassung grundlegender Rechten beraubt wurden: sei es die Art, wie sie leben, wo sie zur Schule gehen oder was sie besitzen dürfen. Er beschloss, die Dinge durchzusetzen, die im Gesetz geschrieben stehen. Am Anfang war das gar nicht im Sinne eines politischen Aktivismus gedacht. Er wollte den Menschen in China einfach mehr soziale Gerechtigkeit ermöglichen.

    Wie hat sich das dann geändert?

    Mit der Zeit stellte er fest, dass er politisch aktiv werden musste, auch wenn er es nicht wollte. Er bat mich, unsere Töchter ins Ausland zu bringen, um sie nicht in Gefahr zu bringen. Ich unterstützte ihn, weil ich wusste, dass er gute Dinge für China tat. Aber ich litt auch sehr, weil wir uns trennen mussten, aber ich hatte keine Wahl. Ich liebe ihn. Ich liebe auch die Freiheit, die soziale Gerechtigkeit. Ich wusste, dass wir für seinen Idealismus Opfer bringen mussten. In tiefstem Herzen bin auch ich eine Idealistin. Aber ich war nie so überzeugt in meinem Handeln, wie er es ist.

    Hat er in der Haft von den “Weißblatt-Protesten” erfahren?

    Der Anwalt erzählte ihm davon, zusammen mit anderen Dingen, die sich in der Welt abgespielt haben. Er machte keinen direkten Kommentar dazu. Er weiß, dass alle Video-Treffen aufgezeichnet werden. Ich schätze, er braucht Zeit, um darüber nachzudenken.

    Sie leiden beide unter gesundheitlichen Problemen. Wünschen Sie sich manchmal, dass er seinen Aktivismus beendet?

    Ich wünsche mir, dass uns noch Zeit bleibt, um zusammenzuleben. Ich denke auch, dass er in China nichts mehr tun kann, außer als Märtyrer auf lange Zeit im Gefängnis zu sitzen. Er ist der Meinung, dass er nicht früher entlassen wird, egal welchen Dingen er zustimmen würde. Er weiß, dass er nicht nur dafür eingesperrt wurde, was er getan hat, sondern vor allem dafür, was er denkt.

    Was wäre das beste Szenario für Sie im Moment?

    Das beste Szenario für mich ist, dass die KPCh aus welchen Gründen auch immer zusammenbricht: durch interne Kämpfe oder Proteste der Bevölkerung, sodass hoffentlich alle politischen Gefangenen wie mein Mann freigelassen werden.

    Üben die Regierungen in Europa und den USA genug Druck aus, um die Situation von Menschenrechtsaktivisten wie Ding Jiaxi in China zu verbessern?

    Nein, das denke ich nicht. Sie können definitiv mehr tun, um Diktatoren wie Xi und Putin entgegenzutreten.

    Luo Shengchun ist Ingenieurin mit Spezialisierung auf Materialwissenschaften aus China. Seit der Inhaftierung ihres Mannes engagiert sie sich für Freiheit und Demokratie. Sie lebt in den USA.

    Der chinesische Rechtsanwalt Ding Jiaxi gehörte zu den Aktivisten der Neuen Bürgerbewegung (中国新公民运动), die sich gegen Korruption und für demokratischen Wandel einsetzte. Ding wurde im Dezember 2019 zum zweiten Mal verhaftet.

    • Menschenrechte
    • Weißblatt-Proteste
    • Zivilgesellschaft

    News

    UN-Ausschuss fordert Ende von Internats-System in Tibet

    Der Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) fordert China zur sofortigen Einstellung ihres Internatssystems in Tibet auf. Das “Zwangsschulsystem”, das den tibetischen Kindern auferlegt worden sei, müsse unverzüglich abgeschafft werden. Zudem solle die Einrichtung privater tibetischer Schulen erlaubt sein, heißt es in den abschließenden Feststellungen des Ausschusses zum Ende seiner Sitzung in Genf.

    Das UN-Gremium, das zweimal pro Jahr zusammentritt, griff mit seinen Feststellungen die Vorwürfe durch Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen auf. Diese hatten die systematische Schließung von lokalen Schulen im gesamten tibetischen Siedlungsgebiet kritisiert. Durch die Schließung sind tibetische Kinder gezwungen, weit entfernte Internate zu besuchen, wo sie ausschließlich Mandarin sprechen dürfen. Betroffen davon sind bis zu 900.000 Kinder. Der UN-Sozialausschuss fürchtet eine kulturelle Assimilierung der Tibeter.

    “Die Empfehlungen sind eine Anklageschrift gegen die Politik Chinas in Tibet“, erklärte Kai Müller, Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation International Campaign for Tibet. Das tibetische Volk sehe sich einer Politik gegenüber, die das Überleben seiner Kultur und Identität systematisch bedrohe. Müller fordert die internationale Gemeinschaft auf, dem Beispiel des Ausschusses zu folgen und ein Ende dieser “dramatischen Rechtsverletzungen” zu fordern.

    159 Paragrafen zur Situation in China

    Der Ausschuss formulierte zudem seine Besorgnis darüber, dass neben tibetischen auch uigurische und kasachische Bildungseinrichtungen in der autonomen Region Xinjiang von Schließungen betroffen seien. Er empfahl “den Völkern und Minderheiten, die volle und uneingeschränkte Ausübung ihres Rechts auf die volle Entfaltung ihrer eigenen kulturellen Identität und die Teilnahme am kulturellen Leben zu gewährleisten und den Gebrauch und die Ausübung ihrer Sprache und Kultur sicherzustellen”.

    Der UN-Sozialausschuss hatte seit Mitte Februar drei Wochen lang getagt und sowohl ausführlich die Vertreter der chinesischen Regierung als auch von Nichtregierungsorganisationen angehört. China hatte zu seiner Verteidigung Dutzende Delegierte in den Ausschuss geschickt.

    Insgesamt nahm der Ausschuss in 159 Paragrafen zur Situation in China Stellung und sprach jeweils entsprechende Empfehlungen aus. Dabei geht es neben der chinesischen Minderheitenpolitik unter anderem auch um Defizite bei der Bildung, Gleichstellung von Frauen, der Unabhängigkeit von Gerichten und Anwälten. Die Regierung in Peking ist nun aufgefordert, für Verbesserungen in allen kritisierten Feldern zu sorgen und dem Sozialausschuss die Ergebnisse in einem künftigen Bericht vorzulegen. grz

    • Bildung
    • Menschenrechte
    • Tibet

    Brand fordert “Aufschrei der zivilisierten Welt”

    Die Tibet-Parlamentsgruppe im Deutschen Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich für das Ende von Zwangsinternaten in Tibet einzusetzen. “Berlin muss Peking zum Stopp von Zwangsinternaten für tibetische Kinder auffordern und mit Werte-Partnern eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder starten”, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand in einer Stellungnahme.

    Brand fordert einen Aufschrei der zivilisierten Welt. “Dieses gewaltige Verbrechen an einer Million tibetischer Kinder und deren Familien braucht eine globale Antwort, eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder – und zwar jetzt.” Die deutsche Bundesregierung dürfe sich nicht auf ihre künftige China-Strategie zurückziehen, zumal diese aufgrund von Konflikten zwischen Kanzleramt und Außenministerium derzeit völlig in den Sternen stehe.

    Zu Wochenbeginn hatte der Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) China zur sofortigen Einstellung des Internatssystems aufgefordert. Das UN-Gremium hatte Vorwürfe aufgegriffen, dass durch die systematische Schließung lokaler Schulen tibetische Kinder gezwungen seien, weit entfernte Internate zu besuchen. Dort dürften sie ausschließlich Mandarin sprechen. Der UN-Sozialausschuss fürchtet eine kulturelle Assimilierung der Tibeter. grz

    • Menschenrechte
    • Tibet

    Hafen-Lastkräne unter Spionageverdacht

    Ein Spezialfrachter mit Kränen des chinesischen Unternehmens Shanghai Zhenhua Heavy Industries Company Limited (ZPMC) im Einsatz in Wilhelmshaven.

    Hafen-Lastkräne des chinesischen Herstellers ZPMC sind in den USA unter Spionageverdacht geraten. Sicherheitsbeamte hegen den Verdacht, dass die verwendete Sensorentechnologie der Kräne dazu genutzt werden kann, Herkunft und Bestimmungsorte von Containern zu registrieren und zu verfolgen. Damit wäre es theoretisch möglich nachzuvollziehen, wann und wo militärisches Gerät aus den USA in andere Teile der Welt verschifft wird.

    Die Beamten für nationale Sicherheit und aus dem Pentagon verglichen die Kräne mit Trojanischen Pferden und bezeichneten den Hersteller ZPMC als das neue Huawei, berichtet die Zeitung Wall Street Journal. Wie die Technologie des chinesischen Mobilfunkherstellers seien die Kräne eine perfekte Kombination, um legitime Geschäftsinteressen mit einer versteckten Sammlung von sicherheitsrelevanten Informationen zu verknüpfen. Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington bezeichnete die Vorwürfe als Paranoia.

    Auch in deutschen Häfen werden ZPMC-Kräne zum Verschiffen von Containern eingesetzt, beispielsweise in Hamburg. Die ZPMC Germany GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Shanghai Zhenhua Heavy Industries Co. Ltd. grz

    • Huawei
    • Spionage

    Biden treibt Lex Tiktok voran

    US-Präsident Joe Biden unterstützt ein Gesetz, mit dem das Weiße Haus erhebliche Kontrolle über das Geschäft der chinesischen Video-App Tiktok in den USA erhält. Es ermöglicht ein Verbot der App ebenso wie einen erzwungenen Verkauf an einen Investor. Das Gesetz existiert bisher nur als Entwurf. Es ist noch unklar, wann der Kongress darüber abstimmt.

    Der Gesetzentwurf nennt Tiktok nicht beim Namen, sondern bezieht sich allgemein auf Software-Anwendungen, die vom Ausland aus kontrolliert werden. Wenn ausländische Technologie nach Einschätzung der US-Regierung eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt, sind Eingriffe in deren Geschäft möglich. US-Politiker diskutieren es ausdrücklich im Zusammenhang mit Tiktok, das dem Pekinger Unternehmen Bytedance gehört.

    Das Gesetz trägt den Namen “Restrict” (Risk Information and Communications Technology Act). Tiktok ist vor allem bei der Zielgruppe zwischen 13 und 20 Jahren beliebt und weiß viel über seine Nutzer.

    Schon Bidens Vorgänger Donald Trump hatte versucht, Tiktok aus amerikanischen App-Stores verschwinden zu lassen. Er ist jedoch vor Gericht gescheitert, weil seine Vorgehensweise rechtlich nicht standgehalten hat. Die Richter haben dem Recht auf Redefreiheit Vorrang gegeben. Mit dem neuen Gesetz schaffen Demokraten und Republikaner nun eine vom Parlament abgesegnete Basis für die Eingriffe. fin

    • Geopolitik
    • Joe Biden
    • Tiktok
    • USA

    Uni Frankfurt setzt Kooperation mit Konfuzius-Institut aus


    Die Frankfurter Goethe-Universität hat ihren Kooperationsvertrag mit dem Frankfurter Konfuzius-Institut nicht verlängert. Wie die Hochschule mitteilte, soll die Zusammenarbeit mit der Einrichtung “anlassbezogen” fortgesetzt werden. Der seit 2008 bestehende Vertrag sei deshalb Ende Februar nicht verlängert worden. Für die Zukunft vorstellen könne man sich zum Beispiel Chinesisch-Sprachkurse für Angehörige oder Abteilungen der Universität. Der Neubewertung der Kooperation mit dem Konfuzius-Institut sei eine Überprüfung durch eine unabhängige Expertenkommission vorausgegangen, teilte die Uni mit. Die Zusammenarbeit sei “positiv bewertet” worden. Es habe “keine erkennbare Einflussnahme chinesischer Stellen auf Forschung und Lehre der Goethe-Universität stattgefunden”.

    Während die Zusammenarbeit mit dem Konfuzius-Institut zunächst nicht fortgesetzt wurde, arbeite die Goethe-Universität daran, die “institutionelle und wissenschaftliche Kooperation mit der Fudan-Universität in Shanghai auszuweiten”. Dazu seien bereits erste Schritte unternommen worden. Einen Austausch für Studenten bieten die beiden Universitäten bereits an. “Wir freuen uns darauf, diesen Austausch auch auf wissenschaftlicher Basis weiterzuentwickeln – vorurteilsfrei, jedoch auch mit dem nötigen Augenmaß, was die Freiheit von Forschung und Lehre betrifft”, betonte Uni-Vizepräsident Michael Huth in einer Pressemitteilung. ari

    • Konfuzius-Institute

    Heads

    Ivana Karásková – Chinas Einfluss auf Mittel-und Osteuropa

    Ivana Karásková, China-Forscherin zu Chinas Einfluss auf Mittel- und Osteuropa aus Prag, warnt vor chinesischer Desinformation.
    Ivana Karásková, China-Forscherin aus Prag, warnt vor chinesischer Desinformation.

    Chinas Rolle in Zentral- und Osteuropa hat sich verändert. Nach Ansicht von Ivana Karásková nicht zum Guten. Karásková ist China Research Fellow und Projektkoordinatorin bei der Denkfabrik Association for International Affairs (AMO) in Prag. Eigentlich wollte sie Journalistin werden und aus der Welt berichten. Doch nach dem Studium schrecken sie die unsicheren Zukunftsaussichten ab. Sie entscheidet sich für die Wissenschaft und studiert und lehrt in Prag, Shanghai und Taipeh. Karásková erkundet so die Welt, über die sie später als Wissenschaftlerin berichten wird.

    Denn am AMO untersucht Karásková Chinas Einfluss in Zentral- und Osteuropa. Mit Blick auf die vergangenen Jahre sagt sie: Die Wirtschaftskrise 2008 hat Osteuropa hart getroffen. Groß war die Hoffnung, mit chinesischen Investitionen wieder auf die Beine zu kommen. Doch der Investitionsboom blieb aus, denn “China hatte keinen Plan, wo es wirklich investieren will”, so Karásková. Außerdem gab es einen weiteren Haken: “Die Investitionen aus China kamen mit politischen Forderungen”, erklärt Karásková. Dass vielen Ländern Zentral- und Osteuropas die Situation in Hongkong und Xinjiang Bauchschmerzen bereitete, kam in Peking nicht gut an.

    Gezielte Desinformation im Westen

    Dennoch ist China ein wichtiger Akteur geblieben. Und Karásková hat sich zur Aufgabe gemacht, dessen Einfluss zu erforschen. 2016 gründet sie die Initiative Choice (China Observers in Central and Eastern Europe) – einen Hub für Chinaexperten aus Zentral und Osteuropa. “Ich hätte China-Experten in Berlin, Brüssel und Washington treffen können, aber nicht in Prag oder Warschau.” Zusätzlich ist sie Gründerin von MapInfluenCE. Das Projekt zeichnet detailliert nach, wie sich China und Russland im Kampf der Narrative verhalten.

    Karásková erklärt: China versuche seit Jahren, das Vertrauen in westliche Demokratien über Social Media und auch klassische Medienformate zu untergraben. Ein Beispiel: Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, behauptete im Frühjahr 2020, das Corona-Virus stamme aus einem US-Labor. Eine Lüge, die sich über westliche Social-Media-Kanäle rasant verbreitete. Auch, weil eine Armee an neuen Fake-Accounts zusammen mit Accounts chinesischer Offizieller die Falschmeldung multiplizierten. So auch die polnische Version von China Radio International (CRI).

    Das Ergebnis beunruhigt Karásková. Wer westliche Berichterstattung und chinesische Desinformation gegenüberstellt, könnte denken, dass die Wahrheit zwischen beiden Informations-Polen irgendwo in der Mitte läge. Das ist nicht nur falsch, sondern brandgefährlich für Demokratien, deren wichtigste Währung die Wahrheit ist, sagt Karásková.

    Ukraine-Framing als Vorbereitung

    Für Karásková kommt mit Russlands Invasion in der Ukraine eine neue Dimension hinzu. Denn China und Russland lernen voneinander und multiplizieren dieselben anti-westlichen Narrative. Und das in westlichen sozialen Netzwerken. Die Botschaft aus China lautet: Die Nato trage die Schuld am Krieg und die europäischen Demokratien stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Vor allem Osteuropa ist Ziel der Desinformationskampagnen. So wird China für Zentral- und Osteuropa “aus einem problematischen Partner zu einem Paria-Partner”, sagt Karásková. 

    Außerdem vermutet sie: “Bei der Desinformation über die Ukraine geht es auch um Taiwan.” Das Ziel sei es, Anti-Nato-Narrative schon jetzt zu befeuern, damit Chinas Propaganda im Falle einer Invasion in Taiwan schon auf bestehende anti-westliche Propaganda aufbauen könne. Die EU müsse das antizipieren und mehr gegen chinesische Desinformation tun, fordert Karásková. Jonathan Kaspar Lehrer

    Dessert

    Demonstranten in Taiwans Hauptstadt Taipeh: Am 64. Jahrestag des Tibet-Aufstandes im Jahr 1959 erinnerten tibetische und taiwanische Protestierende gegen Chinas Unterdrückungspolitik in Tibet.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen