Table.Briefing: China

Alibabas Aufspaltung + 30 Jahre Marktwirtschaft + Anti-Coercion-Instrument

Liebe Leserin, lieber Leser,

es war ein Paukenschlag. Nur einen Tag, nachdem Firmengründer Jack Ma zum ersten Mal seit Monaten wieder auf der Bildfläche Chinas erschienen war, kündigte der Tech-Konzern Alibaba seine Aufspaltung an. Er teilt sich in sechs getrennte Tochterunternehmen auf, sortiert nach Geschäftsbereichen. Sie alle dürfen künftig selbstständig agieren, Investoren anwerben und sogar an die Börse gehen.

Wie Finn Mayer Kuckuk analysiert, könnte die Aufspaltung in eine Holding-Struktur einige Vorteile bringen. Kleinere Firmen fliegen leichter unter dem Radar der behördlichen Aufseher. Auch sind sie flexibler in ihren Entscheidungen. Und interessierte Investoren bekommen konkret aufgezeigt, in welches Geschäftsfeld sie ihr Geld stecken.

Der Fall Alibaba zeigt: Chinas Firmen sind erwachsen geworden. Passend dazu feiert China am heutigen Mittwoch den 30. Geburtstag seiner “Sozialistischen Marktwirtschaft“, einem einmaligen Konstrukt aus Kapitalismus und Kommunismus. Während manche seit dem Amtsantritt Xi Jinpings einen Rückzug des marktwirtschaftlichen Elements befürchten, beruhigt Felix Lee in seiner Analyse: Die Privatfirmen wachsen auch in der Xi-Ära schneller als die behäbigen Staatsunternehmen.

Am morgigen Donnerstag will Ursula von der Leyen in einer Grundsatzrede ihre China-Politik ausbuchstabieren. Die EU-Kommissionspräsidentin werde sich dafür aussprechen, das Verhältnis zu Peking neu auszutarieren und konkrete Maßnahmen ankündigen, heißt es in Brüssel. Infrage käme hier die Ankündigung für einen EU-Kommissions-Vorschlag für Investitionsbeschränkungen in China und anderen Drittstaaten, der schon länger in der Brüssel-Blase wabert. Dieser würde Investitionen von europäischen Unternehmen in sicherheitsrelevanten Sektoren in China unter Genehmigungsvorbehalt stellen. 

Auf ein anderes Werkzeug einigten sich bereits gestern die EU-Unterhändler: Das “anti-coercion-Instrument soll die EU-Staaten besser vor wirtschaftlicher Erpressung aus Peking schützen. Amelie Richter analysiert die Details.

Ihre
Christiane Kühl
Bild von Christiane  Kühl

Analyse

Sechs kleinere Babas statt einer großen Alibaba

Der Internetriese Alibaba wird eine Holding-Struktur bekommen. Er spaltet sich in sechs Tochtergesellschaften auf. Diese sollen eigenständig für ihre Finanzierung sorgen. Eines der wichtigsten Ziele dabei: Sie sollen unabhängig voneinander Börsengänge anstreben, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Mit diesem Schritt können die wichtigsten Geschäftsbereiche des 220-Milliarden-Dollar-Imperiums – von E-Commerce über Medien bis hin zur Cloud – beweglicher agieren als zuvor.

Nur einen Tag vor der Ankündigung war Alibaba-Gründer Jack Ma erstmals wieder in China öffentlich aufgetreten. Ebenfalls am Montag hatte der neue Ministerpräsident Li Qiang zugesagt, dass China “unter allen Umständen” an der Öffnungspolitik festhalten werde. Der Konzernumbau könnte in diesem Zusammenhang also Hoffnung auf ein besseres Geschäftsklima für Privatfirmen ausdrücken.

Signal für dynamischen Neuanfang

Die Neuaufstellung gilt als Signal, dass Alibaba künftig wieder die Börsen anzapfen möchte. Während des Tech-Crackdowns der chinesischen Regierung ist der Unternehmenswert um über 500 Milliarden Dollar auf heute rund 250 Milliarden Dollar gefallen. Die Umstrukturierung soll nun Vertrauen schaffen und einen dynamischeren Neuanfang signalisieren. Die Anleger scheinen die Pläne gutzuheißen: Die Alibaba-Aktie legte im New Yorker Handel deutlich zu.

Der Wechsel zu einer Holdingstruktur ist für große chinesische Technologieunternehmen indessen eher ungewöhnlich. Sie integrieren lieber alle Aktivitäten in einer Gesellschaft. Bislang hatte auch Alibaba viele seiner Aktivitäten unter einem Dach gebündelt, von Supermärkten bis zu Rechenzentren. Eine Ausnahme war die Finanzsparte, die Ant Group, die Alibaba in Vorbereitung eines möglichen Börsengangs bereits in eine Tochtergesellschaft ausgegliedert hatte.

Bereichsleiter werden zu CEOs

Vorstandschef Daniel Zhang wird der Mitteilung zufolge weiterhin den Geschäftsbereich Cloud Intelligence leiten – ein Zeichen, dass die KI langfristig im Portfolio des E-Commerce-Marktführers eine große Rolle spielen wird. Zhang hatte die Cloud-Sparte nach einem imageschädigenden Serverausfall in Hongkong an sich gezogen. Ebenso leitet er künftig die Dachgesellschaft, die weiterhin Alibaba Group heißen soll.

Die langjährige Führungskraft Trudy Dai – eine Schülerin von Jack Ma in seiner lange vergangenen Zeit als Englischlehrer – wird Chefin der chinesischen Online-Kaufhäuser Taobao und Tmall. Jiang Fan bleibt Chef des internationalen digitalen Groß- und Einzelhandels mit Aliexpress, Lazada und Alibaba.com; er trägt nur halt künftig den Titel eines CEO.

Die weiteren drei Geschäftsbereiche sind lokale Dienstleistungen wie die Lieferung von Mahlzeiten, die Cainiao-Logistikgruppe sowie digitale Medien und Unterhaltung.

Integration versus Agilität

Integration und Aufspaltung sind zwei gegenläufige Trends im Wirtschaftsgeschehen, die sich zuweilen auch in Management-Moden abwechseln. Siemens beispielsweise hat in den 1960er-Jahren zahlreiche Firmen mit völlig unterschiedlichen Geschäftsideen in einer AG vereinigt. Seit 1989 folgte dann stufenweise wieder eine Trennung der Geschäftsbereiche. Ab 2008 erhielt jeder Bereich einen eigenen Chef mit dem Titel CEO. Seit 2010 hat sich das Unternehmen dann in eigenständige Tochtergesellschaften aufgeteilt. Der Höhepunkt des Trends war 2020 erreicht, als Siemens Energy in die völlige Unabhängigkeit entlassen wurde.

Beide Strukturen haben Vor- und Nachteile. Das integrierte Modell gibt der Firmenleitung gute Kontrolle über die Teilbereiche. Die CEOs getrennter Gesellschaften verteidigen eher die Interessen ihres Bereichs. Auch die Kommunikationswege sind länger.

Doch große Konzerne neigen zu Behäbigkeit; zudem sind die internen Querelen auch nicht seltener als zwischen unabhängigen Gesellschaften. Kleinere Firmen agieren generell schneller. Das gesamte Gebilde ist dann auch weniger anfällig für Ineffizienz und Korruption.

Größte Änderung seit Alibabas Gründung

Alibaba hofft nun konkret auf mehrere Effekte:

  • Pluspunkte bei den Regulatoren: Eine Riesen-Datenkrake mit dreistelligem Milliardenumsatz weckt mehr Misstrauen als ein Verbund kleinerer Firmen. Der Reflex zum Eingriff sollte in Peking geringer sein.
  • Mehr Geld von Anlegern: Wer investiert, will wissen, wo er sein Geld reinsteckt. Das geht mit den einzeln abgesteckten Gesellschaften wesentlich gezielter. Beispiel: Auch wenn die internationale Sparte unter Handelshemmnissen leidet, können Anleger weiterhin auf das Binnengeschäft mit chinesischen Endkunden setzen. Zudem lassen sich mit mehreren Börsengängen unter dem guten Namen Alibaba mehr Mittel einwerben als mit einem einzelnen Listing.
  • Schnelle Reaktion auf Veränderungen: Das Geschäftsklima befindet sich im Wandel. Die Handelsblöcke liegen im Streit. Es ist zum Beispiel unklar, welche Chancen ein chinesischer Anbieter künftig im europäischen Cloud-Geschäft hat. Oder ob Zollschranken den grenzüberschreitenden Internethandel behindern werden. Die einzelnen Sparten können unabhängig voneinander besser mit diesen Schwierigkeiten umgehen.

Im Gesamtbild handelt es sich um die größte Neuaufstellung von Alibaba seit seiner Gründung vor 24 Jahren. Chinas Unternehmen sind inzwischen alt genug, um zur Verknöcherung zu neigen. Zudem professionalisieren sie sich über die Jahre. Die Sturm-und-Drang-Zeit des schnellen Wachstums, das viele Probleme geschluckt hat, ist vorbei. Mitarbeit: Christiane Kühl

  • Alibaba
  • Tech-Crackdown
  • Technologie

30 Jahre “Sozialistische Marktwirtschaft”

Was ist daran sozialistisch? Shanghais Börse – der Inbegriff des Kapitalismus “chinesischer Prägung”

Wer heute über Shanghais berühmter Uferpromenade Waitan (外滩, Der Bund) schlendert, sieht Luxusboutiquen auf der einen Seite und blickt auf der anderen über den Fluss Huangpu auf die Skyline von Shanghais Finanzviertel Luijiazui in Pudong. Wie der Spaziergang in einem kommunistischen Land fühlt sich die Atmosphäre dort nicht gerade an. Formal bezeichnet sich China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, zwar nach wie vor als “Volksrepublik” und wird von einer Kommunistischen Partei regiert, die den wahren Sozialismus anstrebt. Doch in Wahrheit klafft in kaum einem anderen Land die Schere zwischen Arm und Reich so weit auseinander wie in China – selbst in den USA nicht. An diesen Widerspruch hat die Welt sich längst gewöhnt.

An diesem Mittwoch nun jährt sich zum 30. Mal jener Tag, der diesen Widerspruch begründete. Am 29. März 1993 hielten die knapp 3.000 Delegierten des Volkskongresses in der Verfassung fest: China verfolgt das Ziel einer “Sozialistischen Marktwirtschaft”. Die damalige Führung nannte das einen “Sozialismus chinesischer Prägung”. Kern dieser Ausrichtung sollte die “Befreiung der Produktivkräfte” sein. 

Chinas Startschuss in die Marktwirtschaft

Was sie genau damit meinte, wusste damals niemand so genau. Die Planwirtschaft sollte irgendwie beibehalten werden, ergänzt jedoch mit “privatwirtschaftlichen Elementen”. Zum Abschluss der Tagung beteuerte der damalige Ministerpräsident Li Peng lediglich, China werde künftig selbst bei Problemen in der Wirtschaftsentwicklung nicht zu “alten Methoden der Planwirtschaft” greifen.

Westliche Ökonomen hingegen spotteten: Terminologisch sei das ein Widerspruch. Entweder habe ein Land freie Märkte oder den Sozialismus. Beides gleichzeitig gehe nicht. Und doch ist China seither erstaunlich erfolgreich mit diesem vermeintlichen Widerspruch

Mit Tech-Riesen wie Huawei, Tencent und Baidu oder Autobauern wie Geely, Great Wall und BYD hat China heute eine erfolgreiche Privatwirtschaft. Zugleich hält Peking aber an mächtigen Staatsunternehmen fest: Der weltweit auf Einkaufstour gehende Hafenbetreiber Cosco gehört dazu, der Stahlriese Baosteel, VW-Autopartner FAW oder auch die Großbanken Bank of China, ICBC und China Construction Bank. Diese Firmen sind längst hochprofitabel, gehören gar zu den größten Unternehmen der Welt

Deng Xiaoping war kein weiser Ökonom

Dass China diesen Weg eingeschlagen hat, ging keineswegs auf den Masterplan eines weisen Ökonomen zurück. Denn das war der damalige Machthaber und Architekt dieser sozialistischen Marktwirtschaft, Deng Xiaoping, wahrlich nicht. Warum er an dem Begriff Sozialismus festhielt: Er wollte marktwirtschaftliche Reformen, um seinem völlig verarmtem Land nach den desaströsen Jahren der Kulturrevolution unter Mao zu Wohlstand zu verhelfen. Zugleich blieb die Kommunistische Partei seine Machtbasis. Ein Bruch mit dem Kommunismus hätte auch seinen Sturz bedeutet. 

Was wirtschaftlich in den ersten Jahren nach Ausrufung der “Sozialistischen Marktwirtschaft” folgte, war trotzdem ein Raubtierkapitalismus wie in den schlimmsten Jahren der Industriellen Revolution in Europa. Die auf den Export ausgerichtete Privatwirtschaft florierte. Ihre massiven Exporteinnahmen halfen Peking, viele der maroden Staatsunternehmen zu sanieren und wettbewerbsfähig zu machen. Und noch einen Vorteil brachte der mächtige Staat als Wirtschaftsakteur dem Land: Wann immer es in der Privatwirtschaft kriselte, sprang der Staat mit dem Bau von Autobahnen, Brücken, Flughäfen und Wohnhochhäusern ein – und sorgte für anhaltend hohe Wachstumsraten. So viel Staatswirtschaft durfte sein.

Rückkehr zur Staatswirtschaft?

Seit Xi Jinping 2013 als Staats- und Parteichef an die Macht gekommen ist, scheint die Staatswirtschaft wieder deutlich an Gewicht gewonnen zu haben. Staatsunternehmen werden bevorzugt, haben weniger Markthürden zu überwinden, haben Vorteile bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Zugleich verstärkte die Führung die Kontrolle über Privatunternehmen deutlich und überschüttete sie mit Regularien. Große erfolgreiche Unternehmen aus der Digital- und Internetbranche werden an die kurze Leine gelegt – etwa Uber-Konkurrent Didi oder die Finanztochter Ant der weltgrößten Handelsplattform Alibaba. Dessen Gründer Jack Ma verschwand über ein Jahr von der Bühne und tauchte erst in diesen Tagen wieder auf. 

Manche Privatunternehmen fühlen sich bereits an die Vogelkäfig-Theorie des 1995 verstorbenen KP-Veteranen Chen Yun erinnert, der in den ersten Reformjahren unter Deng Xiaoping als großer Widersacher der Wirtschaftsreformer galt. Chen verglich den freien Markt mit einem Vogel, den Staat als Käfig: Nur innerhalb des Käfigs dürfe der Vogel so frei fliegen, wie er will. 

Tatsächlich aber täuscht dieser Eindruck: Wie aus einer vom Peterson Institute for International Economics (PIIE) bereits im vergangenen Jahr durchgeführte Studie hervorgeht, sind Chinas größte Privatunternehmen in den gut zehn Jahren unter Xi Jinping als Staats- und Parteichef weiter schneller gewachsen als die Staatsunternehmen. 

Xis Team beruhigt Privatwirtschaft

Xis neues Führungsteam, das ihm treu ergeben ist, sieht sich offenbar dennoch gezwungen, dem Eindruck von mehr Staatswirtschaft entgegentreten zu müssen. Der frisch ins Amt gehievte Ministerpräsident Li Qiang betonte bei seinem ersten Auftritt als Premierminister vor zwei Wochen zwar, dass die Regierung “an der Richtung der sozialistischen Marktwirtschaft” festhalte. Zugleich hielt er ein ungewöhnlich langes Plädoyer für die Privatwirtschaft. Er räumte sogar ein, dass in den letzten Jahren “unrichtige Entscheidungen” private Unternehmer “beunruhigt” hätten. Dies wolle er korrigieren.

Die Privatwirtschaft soll genauso wie die Staatswirtschaft gefördert werden, sagte Li. “Alle Unternehmen werden gleich behandelt.” Wie es sich in der Marktwirtschaft gehört.

  • Deng Xiaoping
  • Kommunismus

Einigung bei EU-Instrument gegen ökonomische Erpressung

Die EU-Institutionen haben sich auf ein neues Instrument geeinigt, mit dem Europa künftig schlagkräftiger auf wirtschaftliche Erpressungsversuche aus Drittstaaten wie China reagieren kann. EU-Parlament, EU-Kommission und der EU-Rat der Mitgliedsstaaten (der so genannte Trilog) handelten am frühen Dienstagmorgen eine politische Vereinbarung aus. Das “anti-coercion instrument”, kurz ACI, soll es der Europäischen Union ermöglichen, Gegenmaßnahmen gegen ein Drittland zu ergreifen, falls dieses versucht, mithilfe wirtschaftlicher Abhängigkeiten einen oder mehrere EU-Mitgliedstaaten politisch unter Druck zu setzen. Das Instrument soll jedoch nur als letzte Option eingesetzt werden – dann, wenn ein Dialog kein Ergebnis gebracht hat.

Nicht alle EU-Mitgliedsstaaten waren so erpicht auf das ACI – einige sehen darin einen möglichen weiteren Zankapfel mit Peking. Während der Verhandlungen hatte der EU-Rat dem Instrument daher einige Zähne gezogen. Die Befugnis, darüber zu entscheiden, ob die Maßnahme eines Drittlandes einen Fall wirtschaftlicher Nötigung darstelle, liegt dadurch voll bei den Mitgliedsstaaten und muss mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden. Auch eine Notfall-Klausel hatte der EU-Rat gestrichen.

Festes Prozedere von einem Jahr

Um Hinhalte-Taktiken zu verhindern, haben die Verhandler dem Einsatz des ACI hat jedoch einen festen Zeitrahmen verschrieben,. Das Instrument sieht folgendes Prozedere vor:

  • Die EU-Kommission, das Europaparlament oder eine andere “ernstzunehmende Quelle” weist auf einen Fall mutmaßlicher wirtschaftlicher Erpressung hin
  • Die EU-Kommission hat dann vier Monate Zeit, den Fall zu untersuchen
  • Der EU-Rat hat zwei Monate Zeit, zu entscheiden, ob ein Fall wirtschaftlicher Nötigung vorliegt
  • Die EU-Kommission muss innerhalb von sechs Monaten über Gegenmaßnahmen entscheiden

Die Gegenmaßnahmen gegen das Drittland können unter anderem umfassen:

  • erhöhte Zölle
  • Ein- und Ausfuhrbeschränkungen
  • Beschränkungen im Bereich Dienstleistungen oder öffentliche Beschaffung
  • außerdem soll der Schaden behoben werden, sofern “dies als angemessen erachtet”, wird.

Einsatz im Fall von Litauen noch offen

Ein letztes Trilog-Treffen solle nur noch reine Formsache sein um den Text endgültig festzuzurren, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, am Dienstag. Das soll nach seinem Willen zeitnah passieren. Danach müssen noch EU-Rat und EU-Parlament zustimmen, bevor das Instrument in Kraft treten kann. Lange zufolge soll das alles noch vor der Sommerpause passieren. Der SPD-Europapolitiker zeigte sich mit der Trilog-Einigung zufrieden: “Das Instrument ist keine Wasserspritzpistole, sondern eine richtige Feuerwaffe.”

Das jüngste Paradebeispiel für wirtschaftlichen Zwang aus China hatte dem EU-Vorgang zuletzt noch mehr Dringlichkeit verliehen: Ende 2021 hatte Peking ein De-facto-Handelsembargo gegen den EU-Staat Litauen verhängt, nachdem das baltische Land Taiwan erlaubt hatte, ein Verbindungsbüro mit dem Namen “Taiwan-Büro” in der litauischen Hauptstadt Vilnius zu eröffnen.

Im Ärger darüber ließ Peking Litauen im Dezember 2021 für einige Tage sogar ganz aus dem Zollregister verschwinden. Seither ist der wirtschaftliche Austausch zwischen Litauen und China auf einem Niedrigstand. Peking bewegt sich bei der Blockade in einer handelspolitischen Grauzone aus Zollbeschränkungen und anderen Gängeleien gegen litauische Unternehmen.

Potenzielles Szenario: Chipmaschinen-Hersteller ASML

Einen offiziellen Handelsstopp bestreitet China, weshalb Brüssel zuletzt vor die Welthandelsorganisation zog und in Genf die Einrichtung eines Schiedsgerichts erwirkte. Dieses wurde Ende Januar eingerichtet, ist aber nach WTO-Angaben noch nicht zusammengesetzt. WTO-Schiedsgerichte dauern ihre Zeit – Entscheidungen können bis zu eineinhalb Jahren benötigen.

Ob das ACI nun Litauen schneller helfen könnte, blieb nach der Trilog-Einigung offen. Eine Kommissionssprecherin erklärte, das Instrument werde nur auf künftige Fälle angewandt. Ausschuss-Vorsitzender Lange sagte jedoch, das müsse sich noch zeigen. Ein potenzielles Anwendungsszenario sah Lange im Fall des niederländischen Herstellers für Halbleiter-Maschinen ASML.

Chinas Botschafter in den Niederlanden, Tan Jian, hat bereits vor einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen gewarnt, falls das EU-Land das geplante Export-Verbot für ASML tatsächlich umsetzen sollte.  “Das wird nicht ohne Folgen bleiben. Ich werde nicht über Gegenmaßnahmen spekulieren, aber China wird das nicht auf die leichte Schulter nehmen,” sagte Tan. Auf eine mögliche wirtschaftliche Vergeltung aus Peking gegen die Niederlande könnte künftig theoretisch mit dem neuen Instrument reagiert werden.

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  • Litauen

Sinolytics.Radar

Die schwarzen Listen der Behörden

Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
  • Schwarze Listen sind eines der wichtigsten Instrumente des chinesischen Sozialkredit-System (SCS). In den letzten zehn Jahren wurden mehr als 25 verschiedene schwarze Listen eingeführt, die unterschiedliche Regelungsbereiche abdecken – beispielsweise gesetzliche Verpflichtungen, Steuern und Marktaufsicht, aber auch Produktqualität, Arbeitsrechte oder Produktionssicherheit.
  • Was Aspekte wie gesetzliche Verpflichtungen, Steuern sowie Sanktionen seitens der staatlichen Marktaufsichtsbehörde (SAMR) angeht, enthalten die betreffenden schwarzen Listen eine vergleichsweise hohe Anzahl betroffener Unternehmen. Schwarze Listen zu Verstößen auf anderen Feldern, etwa Produktqualität, betreffen dagegen weniger Unternehmen.
  • Die meisten schwarzen Listen enthalten Unternehmen. Einige erfassen auch Einzelpersonen, das jedoch hauptsächlich in ihrer beruflichen Funktion.
  • Branchenbezogene Daten aus dem Immobiliensektor deuten darauf hin, dass mehr als 30 Prozent aller in China registrierten Unternehmen in diesem Bereich entweder auf einer schwarzen Liste stehen oder andere negative Einträge in den Datenbanken des chinesischen Sozialkreditsystems haben.
  • Zwar veröffentlichen die Behörden keine aggregierten Zahlen über schwarze Listen. Doch grundsätzlich ist jeder Eintrag einer juristischen Person in eine schwarze Liste öffentlich im Internet einsehbar. Folglich kann ein Unternehmen einen Eintrag auf einer schwarzen Liste nicht geheim halten. Somit haben alle Regierungsbehörden, potenzielle Kunden, Geschäftspartner oder Lieferanten Zugang zu den Informationen – und können diese als Grundlage für ihre individuellen Entscheidungen nutzen.
  • Selbstverständlich decken die von den chinesischen Behörden gesammelten und veröffentlichten Compliance-Daten nicht das gesamte Spektrum der aus europäischer und deutscher Sicht relevanten Anforderungen an die Sorgfaltspflichten von Lieferanten ab. Dennoch bieten die SCS-Daten ausländischen Unternehmen beträchtliche Möglichkeiten, die Leistung ihrer Lieferanten und deren Compliance-Niveau kontinuierlich zu bewerten.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

  • Industrie
  • Unternehmen

China Strategie 2023. 3 Stunden, 3 Sessions, 30 Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Table.Media beleuchtet am 25. April China als Wettbewerber, Rivale und Partner. Die Digital-Konferenz schafft mitten in der aktuellen Debatte Orientierung für Entscheiderinnen und Entscheider.

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News

Handelsminister wirbt um ASML

Handelsminister Wang Wentao hat dem niederländischen Chip-Ausrüster ASML zugesichert, dass Peking ein zuverlässiger Partner bleibe. Das berichtet Bloomberg. Wang drückte bei einem Treffen mit ASML-CEO Peter Wennink am Dienstag die Hoffnung aus, “dass ASML sein Vertrauen in Investitionen und Zusammenarbeit mit China bewahren und bedeutende Beiträge zur chinesisch-niederländischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit leisten wird.”

Hintergrund ist der wachsende Druck der USA auf die Niederlande, Lieferungen der ASML-Maschinen nach China weiter einzuschränken. Washington möchte China möglichst umfassend von westlicher Chip-Hochtechnologie abschneiden. Bislang ist nur die Ausfuhr der neuesten ASML-Lithographiemaschinen zur Herstellung von Halbleitern an die Volksrepublik verboten. Nun soll Den Haag dem lokalen Weltmarktführer ASML vorschreiben, auch ältere Technologien in die Verbotsliste aufzunehmen.

Chinas Botschafter in den Niederlanden, Tan Jian, hat bereits vor einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen gewarnt, sollte Den Haag diese Maßnahme durchziehen. Wang bemüht sich nun offenbar darum, ASML auf Chinas Seite zu ziehen und möglicherweise für Lobbyarbeit zu gewinnen. Peking hat eine Charmeoffensive bei ausländischen Firmen gestartet. Offizielle empfingen am Montag auf dem China Development Forum mehrere internationale Konzernchefs, darunter Apple-CEO Tim Cook und Samsung-Chef Jay Y. Lee, um ihnen zu versichern, dass Peking trotz seiner angespannten Beziehungen zu Washington weiterhin an der internationalen Zusammenarbeit festhält. ck

  • ASML
  • Geopolitik
  • Technologie

Oppo plant angeblich Rückzug aus Deutschland

Der chinesische Handyhersteller Oppo könnte sich bald aus dem deutschen Markt zurückziehen. Das berichtete das chinesische Tech-Portal 36kr am Montag unter Berufung auf interne Quellen. Auch das Geschäft in Großbritannien könnte der Konzern demnach bald aufgeben, heißt es dort. Andere Quellen berichten sogar, dass sich das Unternehmen ganz aus Europa zurückziehen werde. Offiziell hat sich Oppo noch gar nicht zu den Gerüchten geäußert. Dass die Firma ihre Präsenz in Deutschland derzeit massiv umstrukturiert, gilt jedoch schon länger als gesichert.

Oppo und seine Tochtermarke OnePlus gehören beide zum chinesischen Elektronikkonzern BBK Electronics. Wegen einer von Nokia angestrengten Patentklage dürfen beide Marken seit dem Spätsommer 2022 nicht mehr in Deutschland vertrieben werden. Nokia hatte Oppo mehrere Patentverletzungen im Mobilfunkbereich vorgeworfen und vor Gericht gewonnen. Entsprechende Lizenzzahlungen für die Patente wollte Oppo nicht entrichten. Ob sich OnePlus auch zurückziehen oder anstelle von Oppo alleine den europäischen Markt bedienen wird, ist ebenfalls nicht bekannt.

Zu den Patentproblemen kommen den Quellen zufolge wirtschaftliche Engpässe, die durch die globale Rezession und den Krieg in der Ukraine entstanden sind. So sollen sich die Investitionen von Oppo in Deutschland zuletzt nicht mehr genug rentiert haben. Laut den Marktforschern von IDC wurden im vergangenen Jahr weltweit etwas mehr als 1,2 Milliarden Smartphones verkauft, elf Prozent weniger als 2021. Zu den größten Verlierern gehörte dabei Oppo, das 2022 knapp 23 Prozent weniger Smartphones verkauft hat als 2021. Dabei war Oppo zeitweilig mal eine der beliebtesten Handymarken in Deutschland gewesen. Zwischenzeitlich war die chinesische Firma sogar einer der Hauptsponsoren der Champions League. fpe

  • Oppo
  • Smartphone
  • Technologie

Xi lobt seinen Vermittlungserfolg zwischen Iran und Saudi-Arabien

Staats- und Parteichef Xi Jinping hat am Dienstag bei einem Telefonat mit Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman den Abbau der Spannungen im Nahen Osten gepriesen. Der von China geförderte Dialog werde “eine wichtige Rolle bei der Stärkung der regionalen Einheit und Zusammenarbeit spielen”, sagte Xi laut Staatsmedien. Riad und Teheran hatten sich mithilfe chinesischer Vermittlung nach jahrelanger Eiszeit wieder angenähert und kürzlich im Beisein von Außenpolitikzar Wang Yi die Wiederaufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen verkündet.

Xi äußerte sich damit erstmals zu dem überraschenden Deal. Kronprinz Mohammed drückte “die Wertschätzung des Königreichs für die chinesische Initiative zur Unterstützung der Bemühungen um die Entwicklung nachbarschaftlicher Beziehungen” zwischen beiden Seiten aus, wie die offizielle saudische Nachrichtenagentur berichtete. Der staatliche Ölkonzern Saudi Aramco hatte erst am Montag zwei Milliarden-Investments in China angekündigt.

Manche Beobachtende sehen Chinas Einsatz als eine Art Generalprobe für die Ambitionen Pekings, auch im Ukraine-Krieg zu vermitteln. Allerdings gilt China aufgrund seiner Nähe zu Russland in dem Konflikt nicht als neutral, anders als im Mittleren Osten. ck

  • Diplomatie
  • Geopolitik
  • Iran
  • Saudi-Arabien

Taiwans Ex-Präsident will mehr Zusammenarbeit mit China

Die China-Reise von Taiwans ehemaligem Präsidenten Ma Ying-jeou erhitzt auf der Insel weiter die Gemüter. Beim Besuch einer Gedenkstätte zu Ehren des Republikgründers Sun Yat-sen, erklärte Ma, dass die Menschen auf beiden Seiten der Taiwanstraße chinesisch seien und auf dieselben Vorfahren zurückgehen. Ma benutzte dabei einen Ausdruck, der sich auf das chinesische Volk als Ethnie und nicht als Nationalität bezieht. Umfragen zufolge identifizieren sich die meisten Taiwaner heute aber nicht mehr als Chinesen.

Ma ist der erste ehemalige oder amtierende taiwanesische Präsident, der seit 1949 das Festland besucht. Die Reise des 73-Jährigen wird als Teil der Bemühungen der Oppositionspartei Kuomintang (KMT) gesehen, einen Abbau der Spannungen mit Peking zu erreichen. “Wir hoffen aufrichtig, dass beide Seiten zusammenarbeiten, um Frieden zu schaffen, Krieg zu vermeiden und sich um die Wiederbelebung Chinas zu bemühen”, sagte Ma, wobei er sich erneut auf das chinesische Volk als Ethnie und nicht als Nationalität bezog. “Dies ist eine unvermeidliche Verantwortung des chinesischen Volkes auf beiden Seiten der Meerenge, und wir müssen hart dafür arbeiten.”

Die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) wirft Ma dagegen vor, mit seiner Reise die Taiwan-Politik Pekings zu “unterstützen”. Am Flughafen von Taipeh kamen dutzende Demonstranten zusammen, um gegen die Reise des früheren Präsidenten zu demonstrieren. rtr/fpe

  • Taiwan
  • Tsai Ing-wen

FTX-Gründer wegen Bestechung chinesischer Beamter angeklagt

US-Staatsanwälte haben den Gründer der bankrotten Krypto-Börse FTX, Sam Bankman-Fried, wegen Bestechung chinesischer Regierungsbeamter angeklagt. Die Strafverfolgungsbehörden werfen dem 31-Jährigen eine Verschwörung zur Zahlung von Bestechungsgeldern in Höhe von 40 Millionen US-Dollar an chinesische Offizielle vor. Damit verstoße Bankman-Fried gegen den Foreign Corrupt Practices Act der USA.

In der Anklageschrift vom Dienstag heißt es, Bankman-Fried habe die Zahlung von 40 Millionen US-Dollar in Kryptowährung vom Haupthandelskonto seines Research-Hedgefonds namens Alameda auf ein privates “Wallet”-Konto angeordnet. Mit diesem Bonbon soll er demnach versucht haben, die chinesischen Behörden davon zu überzeugen, Alameda-Konten mit mehr als einer Milliarde US-Dollar an Kryptowährung freizugeben. Die Alameda-Konten seien eingefroren worden. Die US-Botschaft in Peking äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.

Es ist bereits der dreizehnte Anklagepunkt gegen den einst als Krypto-Genie gehypten Bankman-Fried. FTX ist eine seit dem 11. November 2022 in einem Insolvenzverfahren befindliche Handelsplattform, über die Nutzer mit Kryptowährungen und anderen Finanzprodukten handeln konnten. rtr/ck

  • Kryptowährungen
  • Technologie

Presseschau

EU plant Sanktionsinstrument gegen politische Einmischung ZEIT
Europa braucht Alternativen – Macron und von der Leyen reisen nach China DW
China-linked Russian body armor is landing on the battlefield in Ukraine POLITICO
IfW: Immer mehr Entwicklungsländer von China abhängig FAZ
Rund 60 Prozent Zahlungsausfall – Neue Seidenstraße: China muss immer mehr Notkredite vergeben N-TV
Historisch und heikel: Taiwans Ex-Präsident Ma besucht China als Privatperson N-TV
“Auf alles vorbereitet” – USA spielen China-Attacke gegen Taiwan durch HANDELSBLATT
US-Firmen verlagern Produktion zunehmend weg aus China – Alternativen zu China: US-Unternehmen setzen auf Vietnam FINANZMARKTWELT
China sprintet, Deutschland wankt – die heikle Wende bei den Patenten WELT
Biden: GOP policies would surrender tech economy to China WDTV
Gestürzter Krypto-König: US-Ermittler werfen Bankman-Fried die Bestechung chinesischer Offizieller vor SPIEGEL
Despite China tilt, Saudi Arabia still wants U.S. engagement ASIA
China ambassador arrives in North Korea in sign of reopening CTVNEWS
Exiled leader tells US Congress Tibet faces “slow death” under China REUTERS
South African Minister Heads to China to Resolve Rail Impasse BNNBLOOMBERG
China anti-corruption probe targets top banks, SOEs as Beijing races to defuse financial risks SCMP
China urges Apple to strengthen data security REUTERS
Chinesischer Großkonzern Alibaba spaltet sich in sechs Firmen auf TAGESSCHAU
Hongkong macht mit historischem Treffen einen Schritt in Richtung Krypto-Mainstream CRYPTOPOLITAN
Großküchenausstatter Rational setzt zum großen Sprung nach China an AUGSBURGER-ALLGEMEINE

Heads

Jörg Philipp – Weinkenner mit roter Mütze

Jörg Philipp hat erst mit Ende 30 entschieden, Wein zu seinem Beruf zu machen. Seine Firma “Degustar” ist darauf spezialisiert, weltweit für chinesische Importeure Weingüter ausfindig zu machen.

Genau an dem Tag, an dem ein Bagger am Frankfurter Flughafen eine Telefonleitung durchtrennte und den gesamten Flugbetrieb lahmlegte, wollten Jörg Philipp und seine Frau nach China reisen – das war Mitte Februar. “Aber wir hatten Glück, weil unser Flug erst nachts ging und die Abfertigung sich da gerade wieder normalisiert hatte.”

Wenn Philipp nach China reist, hat das oft zwei Gründe: Zum einen möchte seine chinesische Frau ihre Familie besuchen. Und zum anderen warten dort wichtige Wein-Geschäfte auf ihn. Philipps Firma “Degustar” ist darauf spezialisiert, weltweit für chinesische Importeure Weingüter ausfindig zu machen. In seiner teils spanischen Familie gehört Wein zum Alltag. Schon als Kind wurde ihm etwas Wein in die Limonade gemischt. “Darf man das sagen?”, fragt er lachend. Es scheint ihm nicht allzu schlecht bekommen zu haben.

Weinsorte und Markt müssen zusammenpassen

Nach der Schule studierte Philipp zunächst Agrarwissenschaften in Hohenheim, wechselte dann zum betriebswirtschaftlichen Fach und landete schließlich bei einer Softwarefirma. “Wein war in dieser Zeit Hobby und Ausgleich”, erzählt er. Als die Arbeit im IT-Sektor sein Leben immer stärker bestimmte und keine Zeit mehr für andere Dinge blieb, zog er die Notbremse. “Ich hatte damals schon diverse Schulungen im Weinbereich absolviert und begonnen, in einer Weinhandlung zu arbeiten.” Nach weiteren Schulungen war Philipp dort angekommen, wo er heute steht: Er berät Weingüter in Sachen Export und steht Importeuren bei der Sortimentsauswahl mit Rat und Tat zur Seite. “Ich habe mich darauf spezialisiert, einzuschätzen, ob Weine zu bestimmten Märkten passen.” Ein besonderer Schwerpunkt wurde für ihn bald China.

Seine Frau, die auf Wein spezialisierte Journalistin Wsana Woo, hat Philipp 2011 auf einer chinesischen Weinmesse kennengelernt, seitdem war er fast jedes Jahr vor Ort. Er lebte ein Jahr in Nanning (Guangxi) und vier Jahre in Shanghai. In chinesischen Weinkreisen ist er unter dem Namen “Xiao Hong Mao” (小红帽) bekannt, auf Deutsch: “Rotkäppchen”. Mit Blick auf sein Porträtfoto erklärt sich dieser Beiname – denn seine rote Mütze trägt er fast immer.

Rotwein ist gefragt

“China ist erst vor einigen Jahrzehnten wieder mit dem Wein gestartet”, erzählt Philipp. Das mache den Markt besonders spannend. Vieles sei neu, eingefahrene Urteile gebe es kaum; die Menschen in China seien prinzipiell offen für alle Weinsorten und Geschmacksrichtungen. Aber eine Vorliebe gibt es dann doch, wenn sie auch weniger mit dem Gaumen zu tun hat: “Rotwein stellt den größten Teil des konsumierten Weins dar, oft wegen der Bedeutung der Farbe Rot.” Rot ist in China die Farbe für Fröhlichkeit, Wärme und Mitgefühl.

Auf seiner aktuellen Reise recherchiert Philipp für ein Buch über chinesische Weinanbaugebiete, das im nächsten Frühjahr erscheinen soll. Mit seiner Frau hat er bereits acht Weinregionen bereist, über 120 Weingüter besucht und einige Hundert Weine probiert. Jetzt sind die noch übrigen drei Regionen in China an der Reihe – und natürlich zahlreiche Familienbesuche. Svenja Napp

  • Gesellschaft

Personalien

Yanqiao Zhao ist seit Februar technischer Vertriebsingenieur China/Asien bei der Karl Georg GmbH. Das mittelständische Unternehmen aus Rheinland-Pfalz hat sich auf Krankomponenten spezialisiert. Der in Siegen und Hebei ausgebildete Maschinenbauer wird seinen neuen Posten vom Firmenhauptsitz in Ingelbach ausüben.

Daniel Kleefuss hat bei der Commerzbank AG den Posten des Head of International Desk China übernommen. Kleefuss ist seit mehr als 20 Jahren für das Kreditinstitut mit Sitz in Frankfurt am Main tätig. Zuletzt war er in Singapur Regionalleiter und lokaler Kundenbetreuer.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Einen halsbrecherischen Stunt auf einem Gitarrenhals vollführt dieser Akrobat im Shandong Grand Theater in der Stadt Jinan. In mehreren Spielstätten der Provinz Shandong endet heute die elfte “China Acrobatic Exhibition”, eine Gala der Balance-Akte, die wie hier auf spektakuläre Art die Grenzen des menschlichen Körpers ausloten.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es war ein Paukenschlag. Nur einen Tag, nachdem Firmengründer Jack Ma zum ersten Mal seit Monaten wieder auf der Bildfläche Chinas erschienen war, kündigte der Tech-Konzern Alibaba seine Aufspaltung an. Er teilt sich in sechs getrennte Tochterunternehmen auf, sortiert nach Geschäftsbereichen. Sie alle dürfen künftig selbstständig agieren, Investoren anwerben und sogar an die Börse gehen.

    Wie Finn Mayer Kuckuk analysiert, könnte die Aufspaltung in eine Holding-Struktur einige Vorteile bringen. Kleinere Firmen fliegen leichter unter dem Radar der behördlichen Aufseher. Auch sind sie flexibler in ihren Entscheidungen. Und interessierte Investoren bekommen konkret aufgezeigt, in welches Geschäftsfeld sie ihr Geld stecken.

    Der Fall Alibaba zeigt: Chinas Firmen sind erwachsen geworden. Passend dazu feiert China am heutigen Mittwoch den 30. Geburtstag seiner “Sozialistischen Marktwirtschaft“, einem einmaligen Konstrukt aus Kapitalismus und Kommunismus. Während manche seit dem Amtsantritt Xi Jinpings einen Rückzug des marktwirtschaftlichen Elements befürchten, beruhigt Felix Lee in seiner Analyse: Die Privatfirmen wachsen auch in der Xi-Ära schneller als die behäbigen Staatsunternehmen.

    Am morgigen Donnerstag will Ursula von der Leyen in einer Grundsatzrede ihre China-Politik ausbuchstabieren. Die EU-Kommissionspräsidentin werde sich dafür aussprechen, das Verhältnis zu Peking neu auszutarieren und konkrete Maßnahmen ankündigen, heißt es in Brüssel. Infrage käme hier die Ankündigung für einen EU-Kommissions-Vorschlag für Investitionsbeschränkungen in China und anderen Drittstaaten, der schon länger in der Brüssel-Blase wabert. Dieser würde Investitionen von europäischen Unternehmen in sicherheitsrelevanten Sektoren in China unter Genehmigungsvorbehalt stellen. 

    Auf ein anderes Werkzeug einigten sich bereits gestern die EU-Unterhändler: Das “anti-coercion-Instrument soll die EU-Staaten besser vor wirtschaftlicher Erpressung aus Peking schützen. Amelie Richter analysiert die Details.

    Ihre
    Christiane Kühl
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    Analyse

    Sechs kleinere Babas statt einer großen Alibaba

    Der Internetriese Alibaba wird eine Holding-Struktur bekommen. Er spaltet sich in sechs Tochtergesellschaften auf. Diese sollen eigenständig für ihre Finanzierung sorgen. Eines der wichtigsten Ziele dabei: Sie sollen unabhängig voneinander Börsengänge anstreben, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Mit diesem Schritt können die wichtigsten Geschäftsbereiche des 220-Milliarden-Dollar-Imperiums – von E-Commerce über Medien bis hin zur Cloud – beweglicher agieren als zuvor.

    Nur einen Tag vor der Ankündigung war Alibaba-Gründer Jack Ma erstmals wieder in China öffentlich aufgetreten. Ebenfalls am Montag hatte der neue Ministerpräsident Li Qiang zugesagt, dass China “unter allen Umständen” an der Öffnungspolitik festhalten werde. Der Konzernumbau könnte in diesem Zusammenhang also Hoffnung auf ein besseres Geschäftsklima für Privatfirmen ausdrücken.

    Signal für dynamischen Neuanfang

    Die Neuaufstellung gilt als Signal, dass Alibaba künftig wieder die Börsen anzapfen möchte. Während des Tech-Crackdowns der chinesischen Regierung ist der Unternehmenswert um über 500 Milliarden Dollar auf heute rund 250 Milliarden Dollar gefallen. Die Umstrukturierung soll nun Vertrauen schaffen und einen dynamischeren Neuanfang signalisieren. Die Anleger scheinen die Pläne gutzuheißen: Die Alibaba-Aktie legte im New Yorker Handel deutlich zu.

    Der Wechsel zu einer Holdingstruktur ist für große chinesische Technologieunternehmen indessen eher ungewöhnlich. Sie integrieren lieber alle Aktivitäten in einer Gesellschaft. Bislang hatte auch Alibaba viele seiner Aktivitäten unter einem Dach gebündelt, von Supermärkten bis zu Rechenzentren. Eine Ausnahme war die Finanzsparte, die Ant Group, die Alibaba in Vorbereitung eines möglichen Börsengangs bereits in eine Tochtergesellschaft ausgegliedert hatte.

    Bereichsleiter werden zu CEOs

    Vorstandschef Daniel Zhang wird der Mitteilung zufolge weiterhin den Geschäftsbereich Cloud Intelligence leiten – ein Zeichen, dass die KI langfristig im Portfolio des E-Commerce-Marktführers eine große Rolle spielen wird. Zhang hatte die Cloud-Sparte nach einem imageschädigenden Serverausfall in Hongkong an sich gezogen. Ebenso leitet er künftig die Dachgesellschaft, die weiterhin Alibaba Group heißen soll.

    Die langjährige Führungskraft Trudy Dai – eine Schülerin von Jack Ma in seiner lange vergangenen Zeit als Englischlehrer – wird Chefin der chinesischen Online-Kaufhäuser Taobao und Tmall. Jiang Fan bleibt Chef des internationalen digitalen Groß- und Einzelhandels mit Aliexpress, Lazada und Alibaba.com; er trägt nur halt künftig den Titel eines CEO.

    Die weiteren drei Geschäftsbereiche sind lokale Dienstleistungen wie die Lieferung von Mahlzeiten, die Cainiao-Logistikgruppe sowie digitale Medien und Unterhaltung.

    Integration versus Agilität

    Integration und Aufspaltung sind zwei gegenläufige Trends im Wirtschaftsgeschehen, die sich zuweilen auch in Management-Moden abwechseln. Siemens beispielsweise hat in den 1960er-Jahren zahlreiche Firmen mit völlig unterschiedlichen Geschäftsideen in einer AG vereinigt. Seit 1989 folgte dann stufenweise wieder eine Trennung der Geschäftsbereiche. Ab 2008 erhielt jeder Bereich einen eigenen Chef mit dem Titel CEO. Seit 2010 hat sich das Unternehmen dann in eigenständige Tochtergesellschaften aufgeteilt. Der Höhepunkt des Trends war 2020 erreicht, als Siemens Energy in die völlige Unabhängigkeit entlassen wurde.

    Beide Strukturen haben Vor- und Nachteile. Das integrierte Modell gibt der Firmenleitung gute Kontrolle über die Teilbereiche. Die CEOs getrennter Gesellschaften verteidigen eher die Interessen ihres Bereichs. Auch die Kommunikationswege sind länger.

    Doch große Konzerne neigen zu Behäbigkeit; zudem sind die internen Querelen auch nicht seltener als zwischen unabhängigen Gesellschaften. Kleinere Firmen agieren generell schneller. Das gesamte Gebilde ist dann auch weniger anfällig für Ineffizienz und Korruption.

    Größte Änderung seit Alibabas Gründung

    Alibaba hofft nun konkret auf mehrere Effekte:

    • Pluspunkte bei den Regulatoren: Eine Riesen-Datenkrake mit dreistelligem Milliardenumsatz weckt mehr Misstrauen als ein Verbund kleinerer Firmen. Der Reflex zum Eingriff sollte in Peking geringer sein.
    • Mehr Geld von Anlegern: Wer investiert, will wissen, wo er sein Geld reinsteckt. Das geht mit den einzeln abgesteckten Gesellschaften wesentlich gezielter. Beispiel: Auch wenn die internationale Sparte unter Handelshemmnissen leidet, können Anleger weiterhin auf das Binnengeschäft mit chinesischen Endkunden setzen. Zudem lassen sich mit mehreren Börsengängen unter dem guten Namen Alibaba mehr Mittel einwerben als mit einem einzelnen Listing.
    • Schnelle Reaktion auf Veränderungen: Das Geschäftsklima befindet sich im Wandel. Die Handelsblöcke liegen im Streit. Es ist zum Beispiel unklar, welche Chancen ein chinesischer Anbieter künftig im europäischen Cloud-Geschäft hat. Oder ob Zollschranken den grenzüberschreitenden Internethandel behindern werden. Die einzelnen Sparten können unabhängig voneinander besser mit diesen Schwierigkeiten umgehen.

    Im Gesamtbild handelt es sich um die größte Neuaufstellung von Alibaba seit seiner Gründung vor 24 Jahren. Chinas Unternehmen sind inzwischen alt genug, um zur Verknöcherung zu neigen. Zudem professionalisieren sie sich über die Jahre. Die Sturm-und-Drang-Zeit des schnellen Wachstums, das viele Probleme geschluckt hat, ist vorbei. Mitarbeit: Christiane Kühl

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    • Technologie

    30 Jahre “Sozialistische Marktwirtschaft”

    Was ist daran sozialistisch? Shanghais Börse – der Inbegriff des Kapitalismus “chinesischer Prägung”

    Wer heute über Shanghais berühmter Uferpromenade Waitan (外滩, Der Bund) schlendert, sieht Luxusboutiquen auf der einen Seite und blickt auf der anderen über den Fluss Huangpu auf die Skyline von Shanghais Finanzviertel Luijiazui in Pudong. Wie der Spaziergang in einem kommunistischen Land fühlt sich die Atmosphäre dort nicht gerade an. Formal bezeichnet sich China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, zwar nach wie vor als “Volksrepublik” und wird von einer Kommunistischen Partei regiert, die den wahren Sozialismus anstrebt. Doch in Wahrheit klafft in kaum einem anderen Land die Schere zwischen Arm und Reich so weit auseinander wie in China – selbst in den USA nicht. An diesen Widerspruch hat die Welt sich längst gewöhnt.

    An diesem Mittwoch nun jährt sich zum 30. Mal jener Tag, der diesen Widerspruch begründete. Am 29. März 1993 hielten die knapp 3.000 Delegierten des Volkskongresses in der Verfassung fest: China verfolgt das Ziel einer “Sozialistischen Marktwirtschaft”. Die damalige Führung nannte das einen “Sozialismus chinesischer Prägung”. Kern dieser Ausrichtung sollte die “Befreiung der Produktivkräfte” sein. 

    Chinas Startschuss in die Marktwirtschaft

    Was sie genau damit meinte, wusste damals niemand so genau. Die Planwirtschaft sollte irgendwie beibehalten werden, ergänzt jedoch mit “privatwirtschaftlichen Elementen”. Zum Abschluss der Tagung beteuerte der damalige Ministerpräsident Li Peng lediglich, China werde künftig selbst bei Problemen in der Wirtschaftsentwicklung nicht zu “alten Methoden der Planwirtschaft” greifen.

    Westliche Ökonomen hingegen spotteten: Terminologisch sei das ein Widerspruch. Entweder habe ein Land freie Märkte oder den Sozialismus. Beides gleichzeitig gehe nicht. Und doch ist China seither erstaunlich erfolgreich mit diesem vermeintlichen Widerspruch

    Mit Tech-Riesen wie Huawei, Tencent und Baidu oder Autobauern wie Geely, Great Wall und BYD hat China heute eine erfolgreiche Privatwirtschaft. Zugleich hält Peking aber an mächtigen Staatsunternehmen fest: Der weltweit auf Einkaufstour gehende Hafenbetreiber Cosco gehört dazu, der Stahlriese Baosteel, VW-Autopartner FAW oder auch die Großbanken Bank of China, ICBC und China Construction Bank. Diese Firmen sind längst hochprofitabel, gehören gar zu den größten Unternehmen der Welt

    Deng Xiaoping war kein weiser Ökonom

    Dass China diesen Weg eingeschlagen hat, ging keineswegs auf den Masterplan eines weisen Ökonomen zurück. Denn das war der damalige Machthaber und Architekt dieser sozialistischen Marktwirtschaft, Deng Xiaoping, wahrlich nicht. Warum er an dem Begriff Sozialismus festhielt: Er wollte marktwirtschaftliche Reformen, um seinem völlig verarmtem Land nach den desaströsen Jahren der Kulturrevolution unter Mao zu Wohlstand zu verhelfen. Zugleich blieb die Kommunistische Partei seine Machtbasis. Ein Bruch mit dem Kommunismus hätte auch seinen Sturz bedeutet. 

    Was wirtschaftlich in den ersten Jahren nach Ausrufung der “Sozialistischen Marktwirtschaft” folgte, war trotzdem ein Raubtierkapitalismus wie in den schlimmsten Jahren der Industriellen Revolution in Europa. Die auf den Export ausgerichtete Privatwirtschaft florierte. Ihre massiven Exporteinnahmen halfen Peking, viele der maroden Staatsunternehmen zu sanieren und wettbewerbsfähig zu machen. Und noch einen Vorteil brachte der mächtige Staat als Wirtschaftsakteur dem Land: Wann immer es in der Privatwirtschaft kriselte, sprang der Staat mit dem Bau von Autobahnen, Brücken, Flughäfen und Wohnhochhäusern ein – und sorgte für anhaltend hohe Wachstumsraten. So viel Staatswirtschaft durfte sein.

    Rückkehr zur Staatswirtschaft?

    Seit Xi Jinping 2013 als Staats- und Parteichef an die Macht gekommen ist, scheint die Staatswirtschaft wieder deutlich an Gewicht gewonnen zu haben. Staatsunternehmen werden bevorzugt, haben weniger Markthürden zu überwinden, haben Vorteile bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Zugleich verstärkte die Führung die Kontrolle über Privatunternehmen deutlich und überschüttete sie mit Regularien. Große erfolgreiche Unternehmen aus der Digital- und Internetbranche werden an die kurze Leine gelegt – etwa Uber-Konkurrent Didi oder die Finanztochter Ant der weltgrößten Handelsplattform Alibaba. Dessen Gründer Jack Ma verschwand über ein Jahr von der Bühne und tauchte erst in diesen Tagen wieder auf. 

    Manche Privatunternehmen fühlen sich bereits an die Vogelkäfig-Theorie des 1995 verstorbenen KP-Veteranen Chen Yun erinnert, der in den ersten Reformjahren unter Deng Xiaoping als großer Widersacher der Wirtschaftsreformer galt. Chen verglich den freien Markt mit einem Vogel, den Staat als Käfig: Nur innerhalb des Käfigs dürfe der Vogel so frei fliegen, wie er will. 

    Tatsächlich aber täuscht dieser Eindruck: Wie aus einer vom Peterson Institute for International Economics (PIIE) bereits im vergangenen Jahr durchgeführte Studie hervorgeht, sind Chinas größte Privatunternehmen in den gut zehn Jahren unter Xi Jinping als Staats- und Parteichef weiter schneller gewachsen als die Staatsunternehmen. 

    Xis Team beruhigt Privatwirtschaft

    Xis neues Führungsteam, das ihm treu ergeben ist, sieht sich offenbar dennoch gezwungen, dem Eindruck von mehr Staatswirtschaft entgegentreten zu müssen. Der frisch ins Amt gehievte Ministerpräsident Li Qiang betonte bei seinem ersten Auftritt als Premierminister vor zwei Wochen zwar, dass die Regierung “an der Richtung der sozialistischen Marktwirtschaft” festhalte. Zugleich hielt er ein ungewöhnlich langes Plädoyer für die Privatwirtschaft. Er räumte sogar ein, dass in den letzten Jahren “unrichtige Entscheidungen” private Unternehmer “beunruhigt” hätten. Dies wolle er korrigieren.

    Die Privatwirtschaft soll genauso wie die Staatswirtschaft gefördert werden, sagte Li. “Alle Unternehmen werden gleich behandelt.” Wie es sich in der Marktwirtschaft gehört.

    • Deng Xiaoping
    • Kommunismus

    Einigung bei EU-Instrument gegen ökonomische Erpressung

    Die EU-Institutionen haben sich auf ein neues Instrument geeinigt, mit dem Europa künftig schlagkräftiger auf wirtschaftliche Erpressungsversuche aus Drittstaaten wie China reagieren kann. EU-Parlament, EU-Kommission und der EU-Rat der Mitgliedsstaaten (der so genannte Trilog) handelten am frühen Dienstagmorgen eine politische Vereinbarung aus. Das “anti-coercion instrument”, kurz ACI, soll es der Europäischen Union ermöglichen, Gegenmaßnahmen gegen ein Drittland zu ergreifen, falls dieses versucht, mithilfe wirtschaftlicher Abhängigkeiten einen oder mehrere EU-Mitgliedstaaten politisch unter Druck zu setzen. Das Instrument soll jedoch nur als letzte Option eingesetzt werden – dann, wenn ein Dialog kein Ergebnis gebracht hat.

    Nicht alle EU-Mitgliedsstaaten waren so erpicht auf das ACI – einige sehen darin einen möglichen weiteren Zankapfel mit Peking. Während der Verhandlungen hatte der EU-Rat dem Instrument daher einige Zähne gezogen. Die Befugnis, darüber zu entscheiden, ob die Maßnahme eines Drittlandes einen Fall wirtschaftlicher Nötigung darstelle, liegt dadurch voll bei den Mitgliedsstaaten und muss mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden. Auch eine Notfall-Klausel hatte der EU-Rat gestrichen.

    Festes Prozedere von einem Jahr

    Um Hinhalte-Taktiken zu verhindern, haben die Verhandler dem Einsatz des ACI hat jedoch einen festen Zeitrahmen verschrieben,. Das Instrument sieht folgendes Prozedere vor:

    • Die EU-Kommission, das Europaparlament oder eine andere “ernstzunehmende Quelle” weist auf einen Fall mutmaßlicher wirtschaftlicher Erpressung hin
    • Die EU-Kommission hat dann vier Monate Zeit, den Fall zu untersuchen
    • Der EU-Rat hat zwei Monate Zeit, zu entscheiden, ob ein Fall wirtschaftlicher Nötigung vorliegt
    • Die EU-Kommission muss innerhalb von sechs Monaten über Gegenmaßnahmen entscheiden

    Die Gegenmaßnahmen gegen das Drittland können unter anderem umfassen:

    • erhöhte Zölle
    • Ein- und Ausfuhrbeschränkungen
    • Beschränkungen im Bereich Dienstleistungen oder öffentliche Beschaffung
    • außerdem soll der Schaden behoben werden, sofern “dies als angemessen erachtet”, wird.

    Einsatz im Fall von Litauen noch offen

    Ein letztes Trilog-Treffen solle nur noch reine Formsache sein um den Text endgültig festzuzurren, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, am Dienstag. Das soll nach seinem Willen zeitnah passieren. Danach müssen noch EU-Rat und EU-Parlament zustimmen, bevor das Instrument in Kraft treten kann. Lange zufolge soll das alles noch vor der Sommerpause passieren. Der SPD-Europapolitiker zeigte sich mit der Trilog-Einigung zufrieden: “Das Instrument ist keine Wasserspritzpistole, sondern eine richtige Feuerwaffe.”

    Das jüngste Paradebeispiel für wirtschaftlichen Zwang aus China hatte dem EU-Vorgang zuletzt noch mehr Dringlichkeit verliehen: Ende 2021 hatte Peking ein De-facto-Handelsembargo gegen den EU-Staat Litauen verhängt, nachdem das baltische Land Taiwan erlaubt hatte, ein Verbindungsbüro mit dem Namen “Taiwan-Büro” in der litauischen Hauptstadt Vilnius zu eröffnen.

    Im Ärger darüber ließ Peking Litauen im Dezember 2021 für einige Tage sogar ganz aus dem Zollregister verschwinden. Seither ist der wirtschaftliche Austausch zwischen Litauen und China auf einem Niedrigstand. Peking bewegt sich bei der Blockade in einer handelspolitischen Grauzone aus Zollbeschränkungen und anderen Gängeleien gegen litauische Unternehmen.

    Potenzielles Szenario: Chipmaschinen-Hersteller ASML

    Einen offiziellen Handelsstopp bestreitet China, weshalb Brüssel zuletzt vor die Welthandelsorganisation zog und in Genf die Einrichtung eines Schiedsgerichts erwirkte. Dieses wurde Ende Januar eingerichtet, ist aber nach WTO-Angaben noch nicht zusammengesetzt. WTO-Schiedsgerichte dauern ihre Zeit – Entscheidungen können bis zu eineinhalb Jahren benötigen.

    Ob das ACI nun Litauen schneller helfen könnte, blieb nach der Trilog-Einigung offen. Eine Kommissionssprecherin erklärte, das Instrument werde nur auf künftige Fälle angewandt. Ausschuss-Vorsitzender Lange sagte jedoch, das müsse sich noch zeigen. Ein potenzielles Anwendungsszenario sah Lange im Fall des niederländischen Herstellers für Halbleiter-Maschinen ASML.

    Chinas Botschafter in den Niederlanden, Tan Jian, hat bereits vor einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen gewarnt, falls das EU-Land das geplante Export-Verbot für ASML tatsächlich umsetzen sollte.  “Das wird nicht ohne Folgen bleiben. Ich werde nicht über Gegenmaßnahmen spekulieren, aber China wird das nicht auf die leichte Schulter nehmen,” sagte Tan. Auf eine mögliche wirtschaftliche Vergeltung aus Peking gegen die Niederlande könnte künftig theoretisch mit dem neuen Instrument reagiert werden.

    • Handel
    • Litauen

    Sinolytics.Radar

    Die schwarzen Listen der Behörden

    Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
    • Schwarze Listen sind eines der wichtigsten Instrumente des chinesischen Sozialkredit-System (SCS). In den letzten zehn Jahren wurden mehr als 25 verschiedene schwarze Listen eingeführt, die unterschiedliche Regelungsbereiche abdecken – beispielsweise gesetzliche Verpflichtungen, Steuern und Marktaufsicht, aber auch Produktqualität, Arbeitsrechte oder Produktionssicherheit.
    • Was Aspekte wie gesetzliche Verpflichtungen, Steuern sowie Sanktionen seitens der staatlichen Marktaufsichtsbehörde (SAMR) angeht, enthalten die betreffenden schwarzen Listen eine vergleichsweise hohe Anzahl betroffener Unternehmen. Schwarze Listen zu Verstößen auf anderen Feldern, etwa Produktqualität, betreffen dagegen weniger Unternehmen.
    • Die meisten schwarzen Listen enthalten Unternehmen. Einige erfassen auch Einzelpersonen, das jedoch hauptsächlich in ihrer beruflichen Funktion.
    • Branchenbezogene Daten aus dem Immobiliensektor deuten darauf hin, dass mehr als 30 Prozent aller in China registrierten Unternehmen in diesem Bereich entweder auf einer schwarzen Liste stehen oder andere negative Einträge in den Datenbanken des chinesischen Sozialkreditsystems haben.
    • Zwar veröffentlichen die Behörden keine aggregierten Zahlen über schwarze Listen. Doch grundsätzlich ist jeder Eintrag einer juristischen Person in eine schwarze Liste öffentlich im Internet einsehbar. Folglich kann ein Unternehmen einen Eintrag auf einer schwarzen Liste nicht geheim halten. Somit haben alle Regierungsbehörden, potenzielle Kunden, Geschäftspartner oder Lieferanten Zugang zu den Informationen – und können diese als Grundlage für ihre individuellen Entscheidungen nutzen.
    • Selbstverständlich decken die von den chinesischen Behörden gesammelten und veröffentlichten Compliance-Daten nicht das gesamte Spektrum der aus europäischer und deutscher Sicht relevanten Anforderungen an die Sorgfaltspflichten von Lieferanten ab. Dennoch bieten die SCS-Daten ausländischen Unternehmen beträchtliche Möglichkeiten, die Leistung ihrer Lieferanten und deren Compliance-Niveau kontinuierlich zu bewerten.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    • Industrie
    • Unternehmen

    China Strategie 2023. 3 Stunden, 3 Sessions, 30 Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Table.Media beleuchtet am 25. April China als Wettbewerber, Rivale und Partner. Die Digital-Konferenz schafft mitten in der aktuellen Debatte Orientierung für Entscheiderinnen und Entscheider.

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    News

    Handelsminister wirbt um ASML

    Handelsminister Wang Wentao hat dem niederländischen Chip-Ausrüster ASML zugesichert, dass Peking ein zuverlässiger Partner bleibe. Das berichtet Bloomberg. Wang drückte bei einem Treffen mit ASML-CEO Peter Wennink am Dienstag die Hoffnung aus, “dass ASML sein Vertrauen in Investitionen und Zusammenarbeit mit China bewahren und bedeutende Beiträge zur chinesisch-niederländischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit leisten wird.”

    Hintergrund ist der wachsende Druck der USA auf die Niederlande, Lieferungen der ASML-Maschinen nach China weiter einzuschränken. Washington möchte China möglichst umfassend von westlicher Chip-Hochtechnologie abschneiden. Bislang ist nur die Ausfuhr der neuesten ASML-Lithographiemaschinen zur Herstellung von Halbleitern an die Volksrepublik verboten. Nun soll Den Haag dem lokalen Weltmarktführer ASML vorschreiben, auch ältere Technologien in die Verbotsliste aufzunehmen.

    Chinas Botschafter in den Niederlanden, Tan Jian, hat bereits vor einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen gewarnt, sollte Den Haag diese Maßnahme durchziehen. Wang bemüht sich nun offenbar darum, ASML auf Chinas Seite zu ziehen und möglicherweise für Lobbyarbeit zu gewinnen. Peking hat eine Charmeoffensive bei ausländischen Firmen gestartet. Offizielle empfingen am Montag auf dem China Development Forum mehrere internationale Konzernchefs, darunter Apple-CEO Tim Cook und Samsung-Chef Jay Y. Lee, um ihnen zu versichern, dass Peking trotz seiner angespannten Beziehungen zu Washington weiterhin an der internationalen Zusammenarbeit festhält. ck

    • ASML
    • Geopolitik
    • Technologie

    Oppo plant angeblich Rückzug aus Deutschland

    Der chinesische Handyhersteller Oppo könnte sich bald aus dem deutschen Markt zurückziehen. Das berichtete das chinesische Tech-Portal 36kr am Montag unter Berufung auf interne Quellen. Auch das Geschäft in Großbritannien könnte der Konzern demnach bald aufgeben, heißt es dort. Andere Quellen berichten sogar, dass sich das Unternehmen ganz aus Europa zurückziehen werde. Offiziell hat sich Oppo noch gar nicht zu den Gerüchten geäußert. Dass die Firma ihre Präsenz in Deutschland derzeit massiv umstrukturiert, gilt jedoch schon länger als gesichert.

    Oppo und seine Tochtermarke OnePlus gehören beide zum chinesischen Elektronikkonzern BBK Electronics. Wegen einer von Nokia angestrengten Patentklage dürfen beide Marken seit dem Spätsommer 2022 nicht mehr in Deutschland vertrieben werden. Nokia hatte Oppo mehrere Patentverletzungen im Mobilfunkbereich vorgeworfen und vor Gericht gewonnen. Entsprechende Lizenzzahlungen für die Patente wollte Oppo nicht entrichten. Ob sich OnePlus auch zurückziehen oder anstelle von Oppo alleine den europäischen Markt bedienen wird, ist ebenfalls nicht bekannt.

    Zu den Patentproblemen kommen den Quellen zufolge wirtschaftliche Engpässe, die durch die globale Rezession und den Krieg in der Ukraine entstanden sind. So sollen sich die Investitionen von Oppo in Deutschland zuletzt nicht mehr genug rentiert haben. Laut den Marktforschern von IDC wurden im vergangenen Jahr weltweit etwas mehr als 1,2 Milliarden Smartphones verkauft, elf Prozent weniger als 2021. Zu den größten Verlierern gehörte dabei Oppo, das 2022 knapp 23 Prozent weniger Smartphones verkauft hat als 2021. Dabei war Oppo zeitweilig mal eine der beliebtesten Handymarken in Deutschland gewesen. Zwischenzeitlich war die chinesische Firma sogar einer der Hauptsponsoren der Champions League. fpe

    • Oppo
    • Smartphone
    • Technologie

    Xi lobt seinen Vermittlungserfolg zwischen Iran und Saudi-Arabien

    Staats- und Parteichef Xi Jinping hat am Dienstag bei einem Telefonat mit Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman den Abbau der Spannungen im Nahen Osten gepriesen. Der von China geförderte Dialog werde “eine wichtige Rolle bei der Stärkung der regionalen Einheit und Zusammenarbeit spielen”, sagte Xi laut Staatsmedien. Riad und Teheran hatten sich mithilfe chinesischer Vermittlung nach jahrelanger Eiszeit wieder angenähert und kürzlich im Beisein von Außenpolitikzar Wang Yi die Wiederaufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen verkündet.

    Xi äußerte sich damit erstmals zu dem überraschenden Deal. Kronprinz Mohammed drückte “die Wertschätzung des Königreichs für die chinesische Initiative zur Unterstützung der Bemühungen um die Entwicklung nachbarschaftlicher Beziehungen” zwischen beiden Seiten aus, wie die offizielle saudische Nachrichtenagentur berichtete. Der staatliche Ölkonzern Saudi Aramco hatte erst am Montag zwei Milliarden-Investments in China angekündigt.

    Manche Beobachtende sehen Chinas Einsatz als eine Art Generalprobe für die Ambitionen Pekings, auch im Ukraine-Krieg zu vermitteln. Allerdings gilt China aufgrund seiner Nähe zu Russland in dem Konflikt nicht als neutral, anders als im Mittleren Osten. ck

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    • Geopolitik
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    Taiwans Ex-Präsident will mehr Zusammenarbeit mit China

    Die China-Reise von Taiwans ehemaligem Präsidenten Ma Ying-jeou erhitzt auf der Insel weiter die Gemüter. Beim Besuch einer Gedenkstätte zu Ehren des Republikgründers Sun Yat-sen, erklärte Ma, dass die Menschen auf beiden Seiten der Taiwanstraße chinesisch seien und auf dieselben Vorfahren zurückgehen. Ma benutzte dabei einen Ausdruck, der sich auf das chinesische Volk als Ethnie und nicht als Nationalität bezieht. Umfragen zufolge identifizieren sich die meisten Taiwaner heute aber nicht mehr als Chinesen.

    Ma ist der erste ehemalige oder amtierende taiwanesische Präsident, der seit 1949 das Festland besucht. Die Reise des 73-Jährigen wird als Teil der Bemühungen der Oppositionspartei Kuomintang (KMT) gesehen, einen Abbau der Spannungen mit Peking zu erreichen. “Wir hoffen aufrichtig, dass beide Seiten zusammenarbeiten, um Frieden zu schaffen, Krieg zu vermeiden und sich um die Wiederbelebung Chinas zu bemühen”, sagte Ma, wobei er sich erneut auf das chinesische Volk als Ethnie und nicht als Nationalität bezog. “Dies ist eine unvermeidliche Verantwortung des chinesischen Volkes auf beiden Seiten der Meerenge, und wir müssen hart dafür arbeiten.”

    Die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) wirft Ma dagegen vor, mit seiner Reise die Taiwan-Politik Pekings zu “unterstützen”. Am Flughafen von Taipeh kamen dutzende Demonstranten zusammen, um gegen die Reise des früheren Präsidenten zu demonstrieren. rtr/fpe

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    • Tsai Ing-wen

    FTX-Gründer wegen Bestechung chinesischer Beamter angeklagt

    US-Staatsanwälte haben den Gründer der bankrotten Krypto-Börse FTX, Sam Bankman-Fried, wegen Bestechung chinesischer Regierungsbeamter angeklagt. Die Strafverfolgungsbehörden werfen dem 31-Jährigen eine Verschwörung zur Zahlung von Bestechungsgeldern in Höhe von 40 Millionen US-Dollar an chinesische Offizielle vor. Damit verstoße Bankman-Fried gegen den Foreign Corrupt Practices Act der USA.

    In der Anklageschrift vom Dienstag heißt es, Bankman-Fried habe die Zahlung von 40 Millionen US-Dollar in Kryptowährung vom Haupthandelskonto seines Research-Hedgefonds namens Alameda auf ein privates “Wallet”-Konto angeordnet. Mit diesem Bonbon soll er demnach versucht haben, die chinesischen Behörden davon zu überzeugen, Alameda-Konten mit mehr als einer Milliarde US-Dollar an Kryptowährung freizugeben. Die Alameda-Konten seien eingefroren worden. Die US-Botschaft in Peking äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.

    Es ist bereits der dreizehnte Anklagepunkt gegen den einst als Krypto-Genie gehypten Bankman-Fried. FTX ist eine seit dem 11. November 2022 in einem Insolvenzverfahren befindliche Handelsplattform, über die Nutzer mit Kryptowährungen und anderen Finanzprodukten handeln konnten. rtr/ck

    • Kryptowährungen
    • Technologie

    Presseschau

    EU plant Sanktionsinstrument gegen politische Einmischung ZEIT
    Europa braucht Alternativen – Macron und von der Leyen reisen nach China DW
    China-linked Russian body armor is landing on the battlefield in Ukraine POLITICO
    IfW: Immer mehr Entwicklungsländer von China abhängig FAZ
    Rund 60 Prozent Zahlungsausfall – Neue Seidenstraße: China muss immer mehr Notkredite vergeben N-TV
    Historisch und heikel: Taiwans Ex-Präsident Ma besucht China als Privatperson N-TV
    “Auf alles vorbereitet” – USA spielen China-Attacke gegen Taiwan durch HANDELSBLATT
    US-Firmen verlagern Produktion zunehmend weg aus China – Alternativen zu China: US-Unternehmen setzen auf Vietnam FINANZMARKTWELT
    China sprintet, Deutschland wankt – die heikle Wende bei den Patenten WELT
    Biden: GOP policies would surrender tech economy to China WDTV
    Gestürzter Krypto-König: US-Ermittler werfen Bankman-Fried die Bestechung chinesischer Offizieller vor SPIEGEL
    Despite China tilt, Saudi Arabia still wants U.S. engagement ASIA
    China ambassador arrives in North Korea in sign of reopening CTVNEWS
    Exiled leader tells US Congress Tibet faces “slow death” under China REUTERS
    South African Minister Heads to China to Resolve Rail Impasse BNNBLOOMBERG
    China anti-corruption probe targets top banks, SOEs as Beijing races to defuse financial risks SCMP
    China urges Apple to strengthen data security REUTERS
    Chinesischer Großkonzern Alibaba spaltet sich in sechs Firmen auf TAGESSCHAU
    Hongkong macht mit historischem Treffen einen Schritt in Richtung Krypto-Mainstream CRYPTOPOLITAN
    Großküchenausstatter Rational setzt zum großen Sprung nach China an AUGSBURGER-ALLGEMEINE

    Heads

    Jörg Philipp – Weinkenner mit roter Mütze

    Jörg Philipp hat erst mit Ende 30 entschieden, Wein zu seinem Beruf zu machen. Seine Firma “Degustar” ist darauf spezialisiert, weltweit für chinesische Importeure Weingüter ausfindig zu machen.

    Genau an dem Tag, an dem ein Bagger am Frankfurter Flughafen eine Telefonleitung durchtrennte und den gesamten Flugbetrieb lahmlegte, wollten Jörg Philipp und seine Frau nach China reisen – das war Mitte Februar. “Aber wir hatten Glück, weil unser Flug erst nachts ging und die Abfertigung sich da gerade wieder normalisiert hatte.”

    Wenn Philipp nach China reist, hat das oft zwei Gründe: Zum einen möchte seine chinesische Frau ihre Familie besuchen. Und zum anderen warten dort wichtige Wein-Geschäfte auf ihn. Philipps Firma “Degustar” ist darauf spezialisiert, weltweit für chinesische Importeure Weingüter ausfindig zu machen. In seiner teils spanischen Familie gehört Wein zum Alltag. Schon als Kind wurde ihm etwas Wein in die Limonade gemischt. “Darf man das sagen?”, fragt er lachend. Es scheint ihm nicht allzu schlecht bekommen zu haben.

    Weinsorte und Markt müssen zusammenpassen

    Nach der Schule studierte Philipp zunächst Agrarwissenschaften in Hohenheim, wechselte dann zum betriebswirtschaftlichen Fach und landete schließlich bei einer Softwarefirma. “Wein war in dieser Zeit Hobby und Ausgleich”, erzählt er. Als die Arbeit im IT-Sektor sein Leben immer stärker bestimmte und keine Zeit mehr für andere Dinge blieb, zog er die Notbremse. “Ich hatte damals schon diverse Schulungen im Weinbereich absolviert und begonnen, in einer Weinhandlung zu arbeiten.” Nach weiteren Schulungen war Philipp dort angekommen, wo er heute steht: Er berät Weingüter in Sachen Export und steht Importeuren bei der Sortimentsauswahl mit Rat und Tat zur Seite. “Ich habe mich darauf spezialisiert, einzuschätzen, ob Weine zu bestimmten Märkten passen.” Ein besonderer Schwerpunkt wurde für ihn bald China.

    Seine Frau, die auf Wein spezialisierte Journalistin Wsana Woo, hat Philipp 2011 auf einer chinesischen Weinmesse kennengelernt, seitdem war er fast jedes Jahr vor Ort. Er lebte ein Jahr in Nanning (Guangxi) und vier Jahre in Shanghai. In chinesischen Weinkreisen ist er unter dem Namen “Xiao Hong Mao” (小红帽) bekannt, auf Deutsch: “Rotkäppchen”. Mit Blick auf sein Porträtfoto erklärt sich dieser Beiname – denn seine rote Mütze trägt er fast immer.

    Rotwein ist gefragt

    “China ist erst vor einigen Jahrzehnten wieder mit dem Wein gestartet”, erzählt Philipp. Das mache den Markt besonders spannend. Vieles sei neu, eingefahrene Urteile gebe es kaum; die Menschen in China seien prinzipiell offen für alle Weinsorten und Geschmacksrichtungen. Aber eine Vorliebe gibt es dann doch, wenn sie auch weniger mit dem Gaumen zu tun hat: “Rotwein stellt den größten Teil des konsumierten Weins dar, oft wegen der Bedeutung der Farbe Rot.” Rot ist in China die Farbe für Fröhlichkeit, Wärme und Mitgefühl.

    Auf seiner aktuellen Reise recherchiert Philipp für ein Buch über chinesische Weinanbaugebiete, das im nächsten Frühjahr erscheinen soll. Mit seiner Frau hat er bereits acht Weinregionen bereist, über 120 Weingüter besucht und einige Hundert Weine probiert. Jetzt sind die noch übrigen drei Regionen in China an der Reihe – und natürlich zahlreiche Familienbesuche. Svenja Napp

    • Gesellschaft

    Personalien

    Yanqiao Zhao ist seit Februar technischer Vertriebsingenieur China/Asien bei der Karl Georg GmbH. Das mittelständische Unternehmen aus Rheinland-Pfalz hat sich auf Krankomponenten spezialisiert. Der in Siegen und Hebei ausgebildete Maschinenbauer wird seinen neuen Posten vom Firmenhauptsitz in Ingelbach ausüben.

    Daniel Kleefuss hat bei der Commerzbank AG den Posten des Head of International Desk China übernommen. Kleefuss ist seit mehr als 20 Jahren für das Kreditinstitut mit Sitz in Frankfurt am Main tätig. Zuletzt war er in Singapur Regionalleiter und lokaler Kundenbetreuer.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Einen halsbrecherischen Stunt auf einem Gitarrenhals vollführt dieser Akrobat im Shandong Grand Theater in der Stadt Jinan. In mehreren Spielstätten der Provinz Shandong endet heute die elfte “China Acrobatic Exhibition”, eine Gala der Balance-Akte, die wie hier auf spektakuläre Art die Grenzen des menschlichen Körpers ausloten.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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