erstmals wird ein Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes in Deutschland festgenommen. Der Beschuldigte Jian G. wurde nicht einfach nur angeworben, um für China zu spionieren. Stattdessen ist er nach Angaben der Bundesanwaltschaft Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes – ein ausgebildeter Agent, der vor einiger Zeit sogar die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat.
G. ist Mitarbeiter des AfD-Europa-Abgeordneten Maximilian Krah, sodass durch ihn Chinas Geheimdienst direkten Zugang ins Innenleben des EU-Parlaments bekam. Zudem hatte er Krah alle möglichen Türen in China geöffnet. Überraschend ist das trotz allem nicht, wie Marcel Grzanna analysiert. G. geriet schon vor Monaten ins Visier der Ermittler. Und der Verfassungsschutz warnt schon länger vor den Gefahren chinesischer Spionage-Aktivitäten.
Überraschend hingegen ist die Einschätzung des langjährigen Experten für Chinas Automarkt, Jochen Siebert: Im Interview mit Felix Lee empfiehlt er Volkswagen, Werke in der Volksrepublik zu schließen. VW habe mit den 39 Fabriken, die es gemeinsam mit seinen Partnern quer durchs Land betreibt, selbst Überkapazitäten in der Volksrepublik geschaffen – und sich damit übernommen. Mit SAIC drängt einer der VW-Joint Venture-Partner bereits selbst darauf, Kapazitäten zu reduzieren.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre,
Nur einen Tag nach der Verhaftung eines Trios deutscher Geschäftsleute wegen des Vorwurfs der Spionage für China ist am Mittwoch ein Mitarbeiter des AfD-Europaparlamentariers Maximilian Krah namens Jian G. festgenommen worden. G. wurde den Vorwürfen zufolge allerdings nicht einfach nur angeworben, um für China zu spionieren. Der gebürtige Chinese ist nach Angaben der Bundesanwaltschaft sogar Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes – und damit ein ausgebildeter Agent, der vor einiger Zeit die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat.
Entsprechend scharf reagierten deutsche Politiker auf die Nachricht vom Dienstagmorgen. “Sollte sich der Vorwurf bestätigen, trifft er das Herz unserer Demokratie“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann. Ähnlich urteilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die von einem Angriff “von innen auf die europäische Demokratie” sprach. Und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte dem Nachrichtenportal t-online: “Deutschland und unsere Wirtschaft stehen im Fokus.” Die Welt sei “nicht nur freundlich zu Deutschland”.
Die Kabinettsmitglieder dürften jedoch nicht vollkommen überrascht gewesen sein, dass die Ermittlungsbehörden in so kurzem Zeitraum gleich mehrfach Ergebnisse lieferten. Denn schon Mitte 2023 hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vor einer “ernsthaften Bedrohung für Deutschland gewarnt”, die durch chinesische Spionageaktivitäten entstanden sei. Faeser betonte, dass die Spionageabwehr in den vergangenen Monaten verstärkt worden sei.
“Der Fall G. zeigt, wenn er sich bestätigt, wie langfristig und geduldig chinesische Geheimdienste denken, planen und handeln“, sagt Ralph Weber von der Universität Basel, der zur Einflussnahme Chinas durch die Einheitsfront der Kommunistischen Partei (UFW) oder das Ministerium für Staatssicherheit forscht. Mit seiner deutschen Staatsbürgerschaft und vielen nach China vermittelnden Tätigkeiten habe G. eine vertrauenswürdige Tarnung gewonnen, die er in seinen Einflussbereichen habe nutzen können.
Weber hatte bereits im Oktober im Gespräch mit Table.Briefings vor Naivität gewarnt, nachdem Jian G. und seine Rolle erstmals öffentliche Aufmerksamkeit bekommen hatten, als zeitgleich in Großbritannien ein britischer Parlamentsmitarbeiter festgenommen worden war. “All diese Fälle zeigen, dass Parlamente westlicher Demokratien einen Fokus bilden für chinesische Geheimdienstaktivitäten. Es wäre naiv, zu glauben, dass Peking nicht auch in Deutschland versuchen würde, Spione in und um das Parlament aufzubauen“, sagte Weber damals.
Seit gestern ist klar, dass sich der Mitarbeiter des britischen Parlaments vor einem Gericht verantworten muss. Zudem ist auch ein britischer Wissenschaftler angeklagt, weil er für China spioniert haben soll. Die Taktik, Mitarbeitende für eigene Geheimdienstzwecke anzuwerben, ist laut Verfassungsschutz immer die gleiche – zunächst loten die Agenten aus, wer “interessante Möglichkeiten beziehungsweise Kenntnisse hat und Ansatzpunkte für den Aufbau einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit bietet”. Danach würden psychologisch geschulte Angehörige des Nachrichtendienses die Zielpersonen im Rahmen einer zunächst unverfänglichen Kontaktaufnahme ansprechen, “etwa während einer Ausstellung oder einer Konferenz”.
Dabei fürchten die deutschen Geheimdienste nicht nur klassische Spionage durch Agenten, sondern auch Technologie- und Geheimnisklau durch Cyber-Spionage. Wie wenig Skrupel China dabei hat, zeigt das Beispiel Volkswagen. Der deutsche Autobauer wurde jahrelang von chinesischen Hackern ausspioniert, obwohl die Wolfsburger seit vielen Jahrzehnten Abermilliarden Euro in der Volksrepublik investiert und dabei Unmengen seines Know-how weitergegeben haben.
Der 42-jährige Jian G. stand indes schon eine Weile unter Verdacht, für die Regierung der Volksrepublik China zu arbeiten. Offenbar unterwanderte G. dazu in Deutschland auch demokratische Bewegungen. Er war Vorstandsmitglied der Deutschen Demokratischen Front (DFL) und Generalsekretär der “Chinesischen Republikanischen Partei”, die allesamt unter dem Radar wirken, um der Exil-Opposition Gehör zu verschaffen. Der Effekt seiner Arbeit ist für Außenstehende allerdings nicht konkret zu bemessen.
Tatsache aber ist, dass Maximilian Krah in den vergangenen Jahren wiederholt damit aufgefallen war, die repressive chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong zu rechtfertigen oder Taiwan getreu der Pekinger Sprachregelung als Teil des chinesischen Staatsgebietes zu bezeichnen.
Krah zeigte sich am Dienstag überrascht von der Festnahme seines Mitarbeiters, obwohl die Vorwürfe seit Monaten im Raum standen. Er kündigte an, das Dienstverhältnis mit G. beenden zu wollen, wenn die Vorwürfe bestätigt würden. In der AfD-Bundestagsfraktion spalten sich die Meinungen. Die “blaue Blase”, wie ein Mitglied die Partei-Hardliner gegenüber Table.Briefings nennt, sehe “böse Anschuldigungen” gegen “den armen Max”.
Fraktionsmitglieder, die Krah weniger nahestehen, zeigen sich von der Festnahme dagegen überhaupt nicht überrascht. Einen positiven Einfluss für China habe Krah schon früher erwirken wollen; er sei für die Nähe zu der Autokratie bekannt. In seinem Buch “Politik von rechts. Ein Manifest” fordert er die Abschaffung wirtschaftlicher Sanktionen gegen China und relativiert die Menschenrechtsverletzungen in Land.
Die chinesische Botschaft in Berlin wurde derweil von der Aktualität eingeholt. Sie hatte Deutschland tags zuvor noch vorgeworfen, mit dem Spionage-Vorwurf gegen zwei Männer und eine Frau das China-Bild politisch zu manipulieren und China zu diffamieren. Dem Trio warf die Bundesanwaltschaft vor, über einen Kontaktmann in Peking sensible Informationen an die Volksrepublik weiter gegeben zu haben. Konkret geht es um Forschungsarbeiten zum Stand von Schiffsantrieben und Lasertechnik. Zu der Festnahme von G. am Dienstag blieb eine Stellungnahme zunächst aus. Mitarbeit: Franziska Klemenz
VW könnte in China sechs Millionen Autos im Jahr herstellen, verkauft aber nur drei Millionen. In Europa tobt eine heftige Debatte um die vielen chinesischen E-Autos, die angesichts der dortigen Überkapazitäten bald die Welt überschwemmen könnten. Trägt Volkswagen in China zu diesen Überkapazitäten mit bei?
Wenn wir in Europa über Überkapazitäten reden, meinen wir chinesische Autohersteller, die ihre vielen E-Autos zu Kampfpreisen in Europa verschleudern wollen, weil sie sie im eigenen Land nicht loswerden. VW wird seine in China hergestellten Autos nicht nach Europa verschiffen. Aber ja, indirekt haben Sie natürlich recht. VW hat in China zu viele Werke, und keines davon ist gut ausgelastet. Wenn in China ein Preiskrieg herrscht, kommt auch VW nicht drumherum, diesen Krieg mitzumachen. Der Markt in China ist kaputt. Die Überkapazitäten haben dazu geführt, dass keiner mehr Geld verdient. Die chinesischen Autobauer gehen dorthin, wo es sinnvoller ist, also sehr stark nach Europa, aber auch nach Australien oder Südamerika.
Was bedeutet das für VW in China?
SAIC, einer der beiden großen Joint Venture-Partner von Volkswagen, sagt ganz klar: Ja, wir haben Probleme mit der Auslastung. Sich selbst meinen sie nicht, weil sie ja ins Ausland verkaufen. Aber die Auslastung der Werke von SAIC-VW seien nicht gut. SAIC drängt darauf, die Kapazitäten zu reduzieren. Noch fordern sie nicht, dass Werke geschlossen werden sollen, sondern wollen erst einmal Schichten verringern. VW hat sich dazu noch nicht bekannt.
Was müsste passieren?
VW hat Produktionskapazitäten von sechs Millionen Stück geschaffen. Eine Auslastung von 80 Prozent würde reichen, damit sich die Werke lohnen; es müssten also 4,8 Millionen Stück im Jahr verkauft werden. Das sind aber fast zwei Millionen mehr, als VW derzeit verkauft. Schon jetzt macht VW entgegen eigener Behauptungen riesige Verluste in China. Denn die ganzen Abschreibungen für die unausgelasteten Werke sind nicht in vollem Umfang einberechnet. Meines Erachtens muss VW in China Werke schließen. Daran führt kein Weg vorbei. Andere machen das auch. Honda wird wahrscheinlich ein Werk schließen, Hyundai hat schon drei von fünf Fabriken geschlossen und wird den chinesischen Markt womöglich sogar ganz verlassen. Auch Nissan wird ein oder zwei Werke schließen.
Die VW-Manager sind fest davon überzeugt, dass sie nach einer etwa zweijährigen Durststrecke technisch die chinesische Konkurrenz wieder einholen werden und Volkswagen wieder auf die Zahlen kommen wird, die das Unternehmen einst hatte.
Ich glaub’s nicht.
Warum nicht?
China wird von 1,4 Milliarden bis 2050 auf unter eine Milliarde Menschen schrumpfen. Die Nachfrage nach Neuwagen wird aber noch aus einem weiteren Grund deutlich zurückgehen. 22 Millionen Autos wurden 2022 in China verkauft, der Markt soll bis 2030 auf rund 30 Millionen anwachsen, schwärmen Automarktexperten. Nur: Viele werden gebrauchte Wagen kaufen. Derzeit ist der Gebrauchtwagenmarkt noch ungefähr gleich groß wie der Neuwagenmarkt. Er wird aber auf das zweifache Volumen wachsen, eine Entwicklung, die es in allen entwickelten Ländern gab. Auch in Deutschland ist der Gebrauchtwagenmarkt heute doppelt so groß wie der Neuwagenmarkt.
Trtotzdem aber scheint VW in immer weitere Werke zu investieren.
Ganz nachvollziehen kann ich das nicht. Gut, VW ist super kompliziert – auch in China. Es gibt die zwei traditionellen Joint Ventures, das eine mit SAIC in Shanghai, das andere mit FAW in Changchun, beide mit unglaublich vielen Werken. Seit einiger Zeit gibt es das dritte Joint Venture in Hefei, wo VW die Mehrheit hat. Dort will VW kräftig in ein richtiges Forschungs- und Entwicklungszentrum investieren. In Hefei soll auch die Kooperation mit Xpeng entwickelt werden, was Human Machine Interface betrifft, Autonomes Fahren und andere Hightech-Anwendungen. Das soll künftig alles in China stattfinden und nicht mehr in Wolfsburg. Hefei, in der einst rückständigen Provinz Anhui, wird das neue Zentrum von VW. Von den anderen beiden Joint Ventures will man eigentlich eher weg. Aber das ist natürlich nicht so einfach.
Angesichts der Querelen hatte man zuletzt den Eindruck, dass umgekehrt SAIC und FAW die Joint Ventures mit Volkswagen nicht mehr wollen.
SAIC hat ja in der Tat schon bekannt gegeben, dass sie unzufrieden sind und nichts dagegen hätten, wenn VW mit einem Plan kommt: Hey, lasst uns das und das Werk schließen. SAIC gehört der Provinz Shanghai. Und für Shanghai ist es nicht ganz so wichtig, ob noch ein Autowerk im Stadtgebiet steht. Bei FAW in Changchun sieht das völlig anders aus. Wenn dort oben im hohen Nordosten des Landes Werke geschlossen werden, gibt es in der Region nicht mehr viel anderes. Deswegen wird es im Joint Venture mit FAW viel schwieriger für VW, Werke dichtzumachen. Wobei Wolfsburg dann sagen könnte: Dann lasst uns doch wenigstens die Werke schließen, die nicht in Changchun sind – sondern die in Chengdu oder Foshan im Süden Chinas.
Chinas ursprüngliches Ziel der Joint Ventures war ja, von ausländischen Unternehmern so lange zu lernen, bis man selbst gut genug ist und sie nicht mehr braucht. Bei den Verbrennern hat das nie geklappt. Die deutschen Autos waren immer überlegen. Jetzt bei der E-Transformation scheint das anders zu sein.
Diese Einschätzung teile ich nicht. Aus meiner Sicht sind die Elektroautos eine Nebelkerze, und China will den Verbrenner gar nicht aufgeben. Im Gegenteil: Im Dezember ist der mit Spannung erwartete Fahrplan des chinesischen Wirtschaftsministeriums zur Entwicklung der Automobilindustrie bis 2060 erschienen. Und da steht explizit drin, dass der Verbrenner noch lange eine wichtige Rolle spielen soll. Und dann wird detailliert aufgeführt, welche Art von Ideen man hat, inklusive aller möglichen synthetischen Kraftstoffe. Bei Elektro ging es China in erster Linie um das Thema Energiesicherheit. Inzwischen geht es darum, eine Verhandlungsmasse gegenüber den USA und Europa zu schaffen. Bei der Batterietechnologie ist China ja führend und hat Abhängigkeiten geschaffen. Seitdem dieses Ziel erreicht ist, scheint die chinesische Führung gar nicht mehr so sehr an Elektroautos interessiert zu sein.
Die Frage ist: Braucht China VW noch?
Machen wir uns nichts vor: Das war einmal. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. China braucht VW nicht mehr. VW hat nicht mehr viel zu bieten, außer dem Verbrenner. Das kann VW. Aber kann VW supergute Elektroautos bauen, die für den chinesischen Markt was taugen? Es gibt andere, die das auch können. Kann VW supergut Karaoke-Funktionen ins Auto bauen? Nö. Ist VW sehr nah am chinesischen Endkunden? Eher nicht. Man braucht VW nur noch als einen wichtigen Arbeitgeber in einer strukturschwachen Region, nämlich Changchun.
Das könnte man doch auch positiv drehen: FAW in Changchun ist ein Garant für Volkswagen, in China bleiben zu können.
Ja, aber das ist eine unangenehme Kooperation, unter anderem deswegen, weil FAW ungefähr 50 Joint Ventures hat mit Zulieferern. Und es kommen immer nur diese Zulieferer in Betracht. Das hemmt Innovationen und ist ineffizient. VW hat sich in China übernommen. Das kommt Wolfsburg nun teuer zu stehen.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit hat in der EU eine weitere Hürde genommen. Das Europaparlament stimmte am Dienstag in Straßburg mit großer Mehrheit dafür, dass entsprechende Produkte an den Grenzen beschlagnahmt und vom Markt verbannt werden sollen. Die Verordnung soll Produkte auf dem EU-Binnenmarkt verbieten, die in Zwangsarbeit gemäß der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt wurden. Das zielt primär auf Produkte aus China, vor allem Xinjiang rückt in den Fokus.
Die EU-Staaten müssen dem Vorhaben jetzt noch zustimmen, das gilt jetzt aber als Formsache. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung zu dem Importverbot im EU-Rat enthalten und dafür Kritik geerntet.
Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wurden im Jahr 2021 rund 27,6 Millionen Menschen zur Arbeit gezwungen – darunter etwa zwölf Prozent Kinder. 3,9 Millionen waren Opfer staatlich verordneter Zwangsarbeit, wie mutmaßlich in der chinesischen Region Xinjiang. Laut einem 2021 von der Grünen-Europapolitikerin Anna Cavazzini beauftragten Bericht profitieren mehr als 80 internationale Markenkonzerne direkt oder indirekt von Arbeit, zu der Uiguren in China gezwungen werden. ari
Die EU hat eine weitere Untersuchung wegen mutmaßlicher Staatssubventionen gegen ein chinesisches Unternehmen eingeleitet. Im Rahmen des Verfahrens inspizierten EU-Beamte am Dienstagmorgen die Räumlichkeiten der niederländischen und polnischen Tochtergesellschaften eines chinesischen Unternehmens, wie die chinesische Handelskammer an die EU bestätigte. Dabei griffen die Beamten demnach auf das Informations- und Kommunikationssystem sowie die Telefone der Mitarbeiter zu. Die betroffene Firma stellt der South China Morning Post zufolge Überwachungstechnik her.
Die EU-Untersuchung basiert auf der Foreign Subsidies Regulation (FSR) der EU, die verhindern soll, dass ausländische Unternehmen in der EU einen Vorteil durch Subventionen aus dem Heimatland haben. Zum Namen des untersuchten Unternehmens, seiner Nationalität oder zu dem Sektor, in dem es tätig war, machten die EU-Beamten selbst zunächst keine Angaben: “Die Kommission hat Hinweise darauf, dass das überprüfte Unternehmen ausländische Subventionen erhalten haben könnte, die den Binnenmarkt gemäß der Verordnung über ausländische Subventionen verzerren könnten”, hieß es in der Erklärung.
Die chinesische Handelskammer kritisierte das Vorgehen: “Die europäische Seite bekundete die klare Absicht, das Instrument zur Regulierung ausländischer Subventionen als Waffe einzusetzen, um rechtmäßig tätige chinesische Unternehmen in Europa zu unterdrücken.” Die Razzien seien ohne vorherige Ankündigung und “ohne stichhaltige Beweise” durchgeführt worden.
Die 2023 in Kraft getretene FSR gibt der EU-Kommission weitreichende neue Befugnisse, um gegen Verzerrungen im Binnenmarkt vorzugehen. Die EU hat die Verordnung über ausländische Subventionen bereits genutzt, um staatliche Beihilfen bei einer Ausschreibung für ein Eisenbahnprojekt in Bulgarien, die Beteiligung chinesischer Panel-Hersteller in einem Solarpark-Projekt in Rumänien und chinesische Lieferanten von Windturbinen beim Ausbau von Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien unter die Lupe zu nehmen. cyb/ari
Mit einem Trick umgeht China nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters offenbar das US-Verbot zum Export von Hochleistungsprozessoren in die Volksrepublik. Zehn chinesische Firmen kauften einer Auswertung Hunderter Lieferunterlagen zufolge Server, die mit für Künstliche Intelligenz (KI) optimierten Spezialprozessoren der neuesten Generation des Weltmarktführers Nvidia ausgestattet waren. Bei den Käufern handelt es sich um bislang wenig bekannte Einzelhändler. Diese haben die Produkte den Papieren zufolge an chinesische Universitäten und Forschungseinrichtungen weitergereicht.
Die Server stammten von US-Herstellern wie Super Micro Computer und Dell sowie vom taiwanischen Anbieter Gigabyte. Diese betonten, sich an geltende Gesetze zu halten, und kündigten interne Untersuchungen an. Es blieb zunächst unklar, ob die Geräte vor der Verschärfung der US-Ausfuhrverbote im November 2023 erworben wurden. In China selbst sind Kauf und Verkauf dieser Produkte dagegen legal. Keiner der chinesischen Käufer war für einen Kommentar zu erreichen.
Nach Einschätzung von Daniel Gerkin, Partner der Anwaltskanzlei Kirkland & Ellis, könnten die Chips ohne Wissen der Hersteller nach China umgeleitet worden sein. Die Verkaufskanäle für die Produkte ließen sich kaum kontrollieren. Nvidia teilte unterdessen auf Anfrage mit, dass die in den Lieferunterlagen aufgeführten Produkte vor dem US-Embargo allgemein verfügbar gewesen seien. Außerdem handele es sich um verschwindend geringe Stückzahlen.
Die von Reuters geprüften öffentlich zugänglichen Unterlagen beschränken sich aber nur auf einen Bruchteil von Käufen staatlicher chinesischer Institutionen. Die identifizierten Lieferungen umfassten jeweils einige Server mit mehreren Dutzend Spezialchips. Branchenkennern zufolge sind sie dennoch für das KI-Training oder die Forschung nützlich. rtr
Mexiko hält auf Druck der USA chinesische Autohersteller zunehmend auf Distanz. Nach einem Exklusivbericht von Reuters will die Regierung keine Anreize mehr anbieten, wie etwa kostengünstiges öffentliches Land oder Steuererleichterungen für Investitionen in die Elektroauto-Fertigung. Beamte hätten Vertretern chinesischer Firmen im Januar bei Treffen zudem deutlich gemacht, dass sie vorerst keine weiteren Treffen wünschten, berichtete Reuters kürzlich unter Berufung auf drei anonyme mexikanische Funktionäre. Sie beriefen sich auf Druck aus dem Büro des US-Handelsbeauftragten, chinesische Automobilhersteller von der im Rahmen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens eingerichteten Freihandelszone nahe der Grenze fernzuhalten.
Die Intervention der USA spiegelt die wachsenden Befürchtungen der US-Autobranche sowie der Politik wider, dass chinesische Autohersteller wie BYD, SAIC, Geely, Chery und JAC versuchen, Fabriken in Mexiko als Hintertür zu nutzen, um preisgünstige Elektroautos an den hohen US-Zöllen von derzeit 27,5 Prozent vorbei in die Vereinigten Staaten zu liefern. Das wäre auf Basis des United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA) prinzipiell möglich.
Die Financial Times hatte Ende Dezember berichtet, dass in diesem Jahr bereits BYD, Chery und MG auf der Suche nach einem Produktionsstandort nahe der Nordgrenze mit mexikanischen Beamten im Gespräch waren. Ein weiteres chinesisches Unternehmen plant demnach den Bau einer Batteriefabrik. Die Entscheidung Mexikos gegen die Firmen aus China ist nach Ansicht der Analysten des Beratungshauses Trivium China ein zweischneidiges Schwert: “Sie freut zwar die USA, bedeutet aber auch, dass wichtige Regionen wie die Bundesstaaten Mexiko, Nuevo León und Jalisco Gefahr laufen, Hunderte Millionen US-Dollar an Direktinvestitionen zu verlieren.” ck/rtr
Rickie Chan wurde zum Leiter der Bank of Singapore (BoS) in Hongkong ernannt. Chan bleibt zudem weiterhin Leiter des Private Banking, Greater China, der Hongkonger BoS-Niederlassung. Er folgt im neuen Job auf Cindy Wong, die in den Ruhestand geht.
Xia Ding wurde zur Managing Director Greater China bei der französischen Kosmetikkette Sephora befördert. Sie arbeitet von Shanghai aus. Zuvor war sie fünf Jahre lang Vizepräsidentin und General Manager E-Commerce im asiatisch-pazifischen Raum und Lateinamerika bei Nike.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Hier wird schon vorsorglich aus (auf?) Sand gebaut: Das 25. Internationale Sandskulpturenfestival von Zhoushan in der ostchinesischen Provinz Zhejiang fällt mit dem bevorstehenden Maifeiertag zusammen. Unter den zahlreichen Sandskulpturen sind viele von dem antiken Werk Shan Hai Jing (山海经) inspiriert, dem “Klassiker der Berge und Meere”.
erstmals wird ein Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes in Deutschland festgenommen. Der Beschuldigte Jian G. wurde nicht einfach nur angeworben, um für China zu spionieren. Stattdessen ist er nach Angaben der Bundesanwaltschaft Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes – ein ausgebildeter Agent, der vor einiger Zeit sogar die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat.
G. ist Mitarbeiter des AfD-Europa-Abgeordneten Maximilian Krah, sodass durch ihn Chinas Geheimdienst direkten Zugang ins Innenleben des EU-Parlaments bekam. Zudem hatte er Krah alle möglichen Türen in China geöffnet. Überraschend ist das trotz allem nicht, wie Marcel Grzanna analysiert. G. geriet schon vor Monaten ins Visier der Ermittler. Und der Verfassungsschutz warnt schon länger vor den Gefahren chinesischer Spionage-Aktivitäten.
Überraschend hingegen ist die Einschätzung des langjährigen Experten für Chinas Automarkt, Jochen Siebert: Im Interview mit Felix Lee empfiehlt er Volkswagen, Werke in der Volksrepublik zu schließen. VW habe mit den 39 Fabriken, die es gemeinsam mit seinen Partnern quer durchs Land betreibt, selbst Überkapazitäten in der Volksrepublik geschaffen – und sich damit übernommen. Mit SAIC drängt einer der VW-Joint Venture-Partner bereits selbst darauf, Kapazitäten zu reduzieren.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre,
Nur einen Tag nach der Verhaftung eines Trios deutscher Geschäftsleute wegen des Vorwurfs der Spionage für China ist am Mittwoch ein Mitarbeiter des AfD-Europaparlamentariers Maximilian Krah namens Jian G. festgenommen worden. G. wurde den Vorwürfen zufolge allerdings nicht einfach nur angeworben, um für China zu spionieren. Der gebürtige Chinese ist nach Angaben der Bundesanwaltschaft sogar Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes – und damit ein ausgebildeter Agent, der vor einiger Zeit die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat.
Entsprechend scharf reagierten deutsche Politiker auf die Nachricht vom Dienstagmorgen. “Sollte sich der Vorwurf bestätigen, trifft er das Herz unserer Demokratie“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann. Ähnlich urteilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die von einem Angriff “von innen auf die europäische Demokratie” sprach. Und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte dem Nachrichtenportal t-online: “Deutschland und unsere Wirtschaft stehen im Fokus.” Die Welt sei “nicht nur freundlich zu Deutschland”.
Die Kabinettsmitglieder dürften jedoch nicht vollkommen überrascht gewesen sein, dass die Ermittlungsbehörden in so kurzem Zeitraum gleich mehrfach Ergebnisse lieferten. Denn schon Mitte 2023 hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vor einer “ernsthaften Bedrohung für Deutschland gewarnt”, die durch chinesische Spionageaktivitäten entstanden sei. Faeser betonte, dass die Spionageabwehr in den vergangenen Monaten verstärkt worden sei.
“Der Fall G. zeigt, wenn er sich bestätigt, wie langfristig und geduldig chinesische Geheimdienste denken, planen und handeln“, sagt Ralph Weber von der Universität Basel, der zur Einflussnahme Chinas durch die Einheitsfront der Kommunistischen Partei (UFW) oder das Ministerium für Staatssicherheit forscht. Mit seiner deutschen Staatsbürgerschaft und vielen nach China vermittelnden Tätigkeiten habe G. eine vertrauenswürdige Tarnung gewonnen, die er in seinen Einflussbereichen habe nutzen können.
Weber hatte bereits im Oktober im Gespräch mit Table.Briefings vor Naivität gewarnt, nachdem Jian G. und seine Rolle erstmals öffentliche Aufmerksamkeit bekommen hatten, als zeitgleich in Großbritannien ein britischer Parlamentsmitarbeiter festgenommen worden war. “All diese Fälle zeigen, dass Parlamente westlicher Demokratien einen Fokus bilden für chinesische Geheimdienstaktivitäten. Es wäre naiv, zu glauben, dass Peking nicht auch in Deutschland versuchen würde, Spione in und um das Parlament aufzubauen“, sagte Weber damals.
Seit gestern ist klar, dass sich der Mitarbeiter des britischen Parlaments vor einem Gericht verantworten muss. Zudem ist auch ein britischer Wissenschaftler angeklagt, weil er für China spioniert haben soll. Die Taktik, Mitarbeitende für eigene Geheimdienstzwecke anzuwerben, ist laut Verfassungsschutz immer die gleiche – zunächst loten die Agenten aus, wer “interessante Möglichkeiten beziehungsweise Kenntnisse hat und Ansatzpunkte für den Aufbau einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit bietet”. Danach würden psychologisch geschulte Angehörige des Nachrichtendienses die Zielpersonen im Rahmen einer zunächst unverfänglichen Kontaktaufnahme ansprechen, “etwa während einer Ausstellung oder einer Konferenz”.
Dabei fürchten die deutschen Geheimdienste nicht nur klassische Spionage durch Agenten, sondern auch Technologie- und Geheimnisklau durch Cyber-Spionage. Wie wenig Skrupel China dabei hat, zeigt das Beispiel Volkswagen. Der deutsche Autobauer wurde jahrelang von chinesischen Hackern ausspioniert, obwohl die Wolfsburger seit vielen Jahrzehnten Abermilliarden Euro in der Volksrepublik investiert und dabei Unmengen seines Know-how weitergegeben haben.
Der 42-jährige Jian G. stand indes schon eine Weile unter Verdacht, für die Regierung der Volksrepublik China zu arbeiten. Offenbar unterwanderte G. dazu in Deutschland auch demokratische Bewegungen. Er war Vorstandsmitglied der Deutschen Demokratischen Front (DFL) und Generalsekretär der “Chinesischen Republikanischen Partei”, die allesamt unter dem Radar wirken, um der Exil-Opposition Gehör zu verschaffen. Der Effekt seiner Arbeit ist für Außenstehende allerdings nicht konkret zu bemessen.
Tatsache aber ist, dass Maximilian Krah in den vergangenen Jahren wiederholt damit aufgefallen war, die repressive chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong zu rechtfertigen oder Taiwan getreu der Pekinger Sprachregelung als Teil des chinesischen Staatsgebietes zu bezeichnen.
Krah zeigte sich am Dienstag überrascht von der Festnahme seines Mitarbeiters, obwohl die Vorwürfe seit Monaten im Raum standen. Er kündigte an, das Dienstverhältnis mit G. beenden zu wollen, wenn die Vorwürfe bestätigt würden. In der AfD-Bundestagsfraktion spalten sich die Meinungen. Die “blaue Blase”, wie ein Mitglied die Partei-Hardliner gegenüber Table.Briefings nennt, sehe “böse Anschuldigungen” gegen “den armen Max”.
Fraktionsmitglieder, die Krah weniger nahestehen, zeigen sich von der Festnahme dagegen überhaupt nicht überrascht. Einen positiven Einfluss für China habe Krah schon früher erwirken wollen; er sei für die Nähe zu der Autokratie bekannt. In seinem Buch “Politik von rechts. Ein Manifest” fordert er die Abschaffung wirtschaftlicher Sanktionen gegen China und relativiert die Menschenrechtsverletzungen in Land.
Die chinesische Botschaft in Berlin wurde derweil von der Aktualität eingeholt. Sie hatte Deutschland tags zuvor noch vorgeworfen, mit dem Spionage-Vorwurf gegen zwei Männer und eine Frau das China-Bild politisch zu manipulieren und China zu diffamieren. Dem Trio warf die Bundesanwaltschaft vor, über einen Kontaktmann in Peking sensible Informationen an die Volksrepublik weiter gegeben zu haben. Konkret geht es um Forschungsarbeiten zum Stand von Schiffsantrieben und Lasertechnik. Zu der Festnahme von G. am Dienstag blieb eine Stellungnahme zunächst aus. Mitarbeit: Franziska Klemenz
VW könnte in China sechs Millionen Autos im Jahr herstellen, verkauft aber nur drei Millionen. In Europa tobt eine heftige Debatte um die vielen chinesischen E-Autos, die angesichts der dortigen Überkapazitäten bald die Welt überschwemmen könnten. Trägt Volkswagen in China zu diesen Überkapazitäten mit bei?
Wenn wir in Europa über Überkapazitäten reden, meinen wir chinesische Autohersteller, die ihre vielen E-Autos zu Kampfpreisen in Europa verschleudern wollen, weil sie sie im eigenen Land nicht loswerden. VW wird seine in China hergestellten Autos nicht nach Europa verschiffen. Aber ja, indirekt haben Sie natürlich recht. VW hat in China zu viele Werke, und keines davon ist gut ausgelastet. Wenn in China ein Preiskrieg herrscht, kommt auch VW nicht drumherum, diesen Krieg mitzumachen. Der Markt in China ist kaputt. Die Überkapazitäten haben dazu geführt, dass keiner mehr Geld verdient. Die chinesischen Autobauer gehen dorthin, wo es sinnvoller ist, also sehr stark nach Europa, aber auch nach Australien oder Südamerika.
Was bedeutet das für VW in China?
SAIC, einer der beiden großen Joint Venture-Partner von Volkswagen, sagt ganz klar: Ja, wir haben Probleme mit der Auslastung. Sich selbst meinen sie nicht, weil sie ja ins Ausland verkaufen. Aber die Auslastung der Werke von SAIC-VW seien nicht gut. SAIC drängt darauf, die Kapazitäten zu reduzieren. Noch fordern sie nicht, dass Werke geschlossen werden sollen, sondern wollen erst einmal Schichten verringern. VW hat sich dazu noch nicht bekannt.
Was müsste passieren?
VW hat Produktionskapazitäten von sechs Millionen Stück geschaffen. Eine Auslastung von 80 Prozent würde reichen, damit sich die Werke lohnen; es müssten also 4,8 Millionen Stück im Jahr verkauft werden. Das sind aber fast zwei Millionen mehr, als VW derzeit verkauft. Schon jetzt macht VW entgegen eigener Behauptungen riesige Verluste in China. Denn die ganzen Abschreibungen für die unausgelasteten Werke sind nicht in vollem Umfang einberechnet. Meines Erachtens muss VW in China Werke schließen. Daran führt kein Weg vorbei. Andere machen das auch. Honda wird wahrscheinlich ein Werk schließen, Hyundai hat schon drei von fünf Fabriken geschlossen und wird den chinesischen Markt womöglich sogar ganz verlassen. Auch Nissan wird ein oder zwei Werke schließen.
Die VW-Manager sind fest davon überzeugt, dass sie nach einer etwa zweijährigen Durststrecke technisch die chinesische Konkurrenz wieder einholen werden und Volkswagen wieder auf die Zahlen kommen wird, die das Unternehmen einst hatte.
Ich glaub’s nicht.
Warum nicht?
China wird von 1,4 Milliarden bis 2050 auf unter eine Milliarde Menschen schrumpfen. Die Nachfrage nach Neuwagen wird aber noch aus einem weiteren Grund deutlich zurückgehen. 22 Millionen Autos wurden 2022 in China verkauft, der Markt soll bis 2030 auf rund 30 Millionen anwachsen, schwärmen Automarktexperten. Nur: Viele werden gebrauchte Wagen kaufen. Derzeit ist der Gebrauchtwagenmarkt noch ungefähr gleich groß wie der Neuwagenmarkt. Er wird aber auf das zweifache Volumen wachsen, eine Entwicklung, die es in allen entwickelten Ländern gab. Auch in Deutschland ist der Gebrauchtwagenmarkt heute doppelt so groß wie der Neuwagenmarkt.
Trtotzdem aber scheint VW in immer weitere Werke zu investieren.
Ganz nachvollziehen kann ich das nicht. Gut, VW ist super kompliziert – auch in China. Es gibt die zwei traditionellen Joint Ventures, das eine mit SAIC in Shanghai, das andere mit FAW in Changchun, beide mit unglaublich vielen Werken. Seit einiger Zeit gibt es das dritte Joint Venture in Hefei, wo VW die Mehrheit hat. Dort will VW kräftig in ein richtiges Forschungs- und Entwicklungszentrum investieren. In Hefei soll auch die Kooperation mit Xpeng entwickelt werden, was Human Machine Interface betrifft, Autonomes Fahren und andere Hightech-Anwendungen. Das soll künftig alles in China stattfinden und nicht mehr in Wolfsburg. Hefei, in der einst rückständigen Provinz Anhui, wird das neue Zentrum von VW. Von den anderen beiden Joint Ventures will man eigentlich eher weg. Aber das ist natürlich nicht so einfach.
Angesichts der Querelen hatte man zuletzt den Eindruck, dass umgekehrt SAIC und FAW die Joint Ventures mit Volkswagen nicht mehr wollen.
SAIC hat ja in der Tat schon bekannt gegeben, dass sie unzufrieden sind und nichts dagegen hätten, wenn VW mit einem Plan kommt: Hey, lasst uns das und das Werk schließen. SAIC gehört der Provinz Shanghai. Und für Shanghai ist es nicht ganz so wichtig, ob noch ein Autowerk im Stadtgebiet steht. Bei FAW in Changchun sieht das völlig anders aus. Wenn dort oben im hohen Nordosten des Landes Werke geschlossen werden, gibt es in der Region nicht mehr viel anderes. Deswegen wird es im Joint Venture mit FAW viel schwieriger für VW, Werke dichtzumachen. Wobei Wolfsburg dann sagen könnte: Dann lasst uns doch wenigstens die Werke schließen, die nicht in Changchun sind – sondern die in Chengdu oder Foshan im Süden Chinas.
Chinas ursprüngliches Ziel der Joint Ventures war ja, von ausländischen Unternehmern so lange zu lernen, bis man selbst gut genug ist und sie nicht mehr braucht. Bei den Verbrennern hat das nie geklappt. Die deutschen Autos waren immer überlegen. Jetzt bei der E-Transformation scheint das anders zu sein.
Diese Einschätzung teile ich nicht. Aus meiner Sicht sind die Elektroautos eine Nebelkerze, und China will den Verbrenner gar nicht aufgeben. Im Gegenteil: Im Dezember ist der mit Spannung erwartete Fahrplan des chinesischen Wirtschaftsministeriums zur Entwicklung der Automobilindustrie bis 2060 erschienen. Und da steht explizit drin, dass der Verbrenner noch lange eine wichtige Rolle spielen soll. Und dann wird detailliert aufgeführt, welche Art von Ideen man hat, inklusive aller möglichen synthetischen Kraftstoffe. Bei Elektro ging es China in erster Linie um das Thema Energiesicherheit. Inzwischen geht es darum, eine Verhandlungsmasse gegenüber den USA und Europa zu schaffen. Bei der Batterietechnologie ist China ja führend und hat Abhängigkeiten geschaffen. Seitdem dieses Ziel erreicht ist, scheint die chinesische Führung gar nicht mehr so sehr an Elektroautos interessiert zu sein.
Die Frage ist: Braucht China VW noch?
Machen wir uns nichts vor: Das war einmal. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. China braucht VW nicht mehr. VW hat nicht mehr viel zu bieten, außer dem Verbrenner. Das kann VW. Aber kann VW supergute Elektroautos bauen, die für den chinesischen Markt was taugen? Es gibt andere, die das auch können. Kann VW supergut Karaoke-Funktionen ins Auto bauen? Nö. Ist VW sehr nah am chinesischen Endkunden? Eher nicht. Man braucht VW nur noch als einen wichtigen Arbeitgeber in einer strukturschwachen Region, nämlich Changchun.
Das könnte man doch auch positiv drehen: FAW in Changchun ist ein Garant für Volkswagen, in China bleiben zu können.
Ja, aber das ist eine unangenehme Kooperation, unter anderem deswegen, weil FAW ungefähr 50 Joint Ventures hat mit Zulieferern. Und es kommen immer nur diese Zulieferer in Betracht. Das hemmt Innovationen und ist ineffizient. VW hat sich in China übernommen. Das kommt Wolfsburg nun teuer zu stehen.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit hat in der EU eine weitere Hürde genommen. Das Europaparlament stimmte am Dienstag in Straßburg mit großer Mehrheit dafür, dass entsprechende Produkte an den Grenzen beschlagnahmt und vom Markt verbannt werden sollen. Die Verordnung soll Produkte auf dem EU-Binnenmarkt verbieten, die in Zwangsarbeit gemäß der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt wurden. Das zielt primär auf Produkte aus China, vor allem Xinjiang rückt in den Fokus.
Die EU-Staaten müssen dem Vorhaben jetzt noch zustimmen, das gilt jetzt aber als Formsache. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung zu dem Importverbot im EU-Rat enthalten und dafür Kritik geerntet.
Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wurden im Jahr 2021 rund 27,6 Millionen Menschen zur Arbeit gezwungen – darunter etwa zwölf Prozent Kinder. 3,9 Millionen waren Opfer staatlich verordneter Zwangsarbeit, wie mutmaßlich in der chinesischen Region Xinjiang. Laut einem 2021 von der Grünen-Europapolitikerin Anna Cavazzini beauftragten Bericht profitieren mehr als 80 internationale Markenkonzerne direkt oder indirekt von Arbeit, zu der Uiguren in China gezwungen werden. ari
Die EU hat eine weitere Untersuchung wegen mutmaßlicher Staatssubventionen gegen ein chinesisches Unternehmen eingeleitet. Im Rahmen des Verfahrens inspizierten EU-Beamte am Dienstagmorgen die Räumlichkeiten der niederländischen und polnischen Tochtergesellschaften eines chinesischen Unternehmens, wie die chinesische Handelskammer an die EU bestätigte. Dabei griffen die Beamten demnach auf das Informations- und Kommunikationssystem sowie die Telefone der Mitarbeiter zu. Die betroffene Firma stellt der South China Morning Post zufolge Überwachungstechnik her.
Die EU-Untersuchung basiert auf der Foreign Subsidies Regulation (FSR) der EU, die verhindern soll, dass ausländische Unternehmen in der EU einen Vorteil durch Subventionen aus dem Heimatland haben. Zum Namen des untersuchten Unternehmens, seiner Nationalität oder zu dem Sektor, in dem es tätig war, machten die EU-Beamten selbst zunächst keine Angaben: “Die Kommission hat Hinweise darauf, dass das überprüfte Unternehmen ausländische Subventionen erhalten haben könnte, die den Binnenmarkt gemäß der Verordnung über ausländische Subventionen verzerren könnten”, hieß es in der Erklärung.
Die chinesische Handelskammer kritisierte das Vorgehen: “Die europäische Seite bekundete die klare Absicht, das Instrument zur Regulierung ausländischer Subventionen als Waffe einzusetzen, um rechtmäßig tätige chinesische Unternehmen in Europa zu unterdrücken.” Die Razzien seien ohne vorherige Ankündigung und “ohne stichhaltige Beweise” durchgeführt worden.
Die 2023 in Kraft getretene FSR gibt der EU-Kommission weitreichende neue Befugnisse, um gegen Verzerrungen im Binnenmarkt vorzugehen. Die EU hat die Verordnung über ausländische Subventionen bereits genutzt, um staatliche Beihilfen bei einer Ausschreibung für ein Eisenbahnprojekt in Bulgarien, die Beteiligung chinesischer Panel-Hersteller in einem Solarpark-Projekt in Rumänien und chinesische Lieferanten von Windturbinen beim Ausbau von Windparks in Spanien, Griechenland, Frankreich, Rumänien und Bulgarien unter die Lupe zu nehmen. cyb/ari
Mit einem Trick umgeht China nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters offenbar das US-Verbot zum Export von Hochleistungsprozessoren in die Volksrepublik. Zehn chinesische Firmen kauften einer Auswertung Hunderter Lieferunterlagen zufolge Server, die mit für Künstliche Intelligenz (KI) optimierten Spezialprozessoren der neuesten Generation des Weltmarktführers Nvidia ausgestattet waren. Bei den Käufern handelt es sich um bislang wenig bekannte Einzelhändler. Diese haben die Produkte den Papieren zufolge an chinesische Universitäten und Forschungseinrichtungen weitergereicht.
Die Server stammten von US-Herstellern wie Super Micro Computer und Dell sowie vom taiwanischen Anbieter Gigabyte. Diese betonten, sich an geltende Gesetze zu halten, und kündigten interne Untersuchungen an. Es blieb zunächst unklar, ob die Geräte vor der Verschärfung der US-Ausfuhrverbote im November 2023 erworben wurden. In China selbst sind Kauf und Verkauf dieser Produkte dagegen legal. Keiner der chinesischen Käufer war für einen Kommentar zu erreichen.
Nach Einschätzung von Daniel Gerkin, Partner der Anwaltskanzlei Kirkland & Ellis, könnten die Chips ohne Wissen der Hersteller nach China umgeleitet worden sein. Die Verkaufskanäle für die Produkte ließen sich kaum kontrollieren. Nvidia teilte unterdessen auf Anfrage mit, dass die in den Lieferunterlagen aufgeführten Produkte vor dem US-Embargo allgemein verfügbar gewesen seien. Außerdem handele es sich um verschwindend geringe Stückzahlen.
Die von Reuters geprüften öffentlich zugänglichen Unterlagen beschränken sich aber nur auf einen Bruchteil von Käufen staatlicher chinesischer Institutionen. Die identifizierten Lieferungen umfassten jeweils einige Server mit mehreren Dutzend Spezialchips. Branchenkennern zufolge sind sie dennoch für das KI-Training oder die Forschung nützlich. rtr
Mexiko hält auf Druck der USA chinesische Autohersteller zunehmend auf Distanz. Nach einem Exklusivbericht von Reuters will die Regierung keine Anreize mehr anbieten, wie etwa kostengünstiges öffentliches Land oder Steuererleichterungen für Investitionen in die Elektroauto-Fertigung. Beamte hätten Vertretern chinesischer Firmen im Januar bei Treffen zudem deutlich gemacht, dass sie vorerst keine weiteren Treffen wünschten, berichtete Reuters kürzlich unter Berufung auf drei anonyme mexikanische Funktionäre. Sie beriefen sich auf Druck aus dem Büro des US-Handelsbeauftragten, chinesische Automobilhersteller von der im Rahmen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens eingerichteten Freihandelszone nahe der Grenze fernzuhalten.
Die Intervention der USA spiegelt die wachsenden Befürchtungen der US-Autobranche sowie der Politik wider, dass chinesische Autohersteller wie BYD, SAIC, Geely, Chery und JAC versuchen, Fabriken in Mexiko als Hintertür zu nutzen, um preisgünstige Elektroautos an den hohen US-Zöllen von derzeit 27,5 Prozent vorbei in die Vereinigten Staaten zu liefern. Das wäre auf Basis des United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA) prinzipiell möglich.
Die Financial Times hatte Ende Dezember berichtet, dass in diesem Jahr bereits BYD, Chery und MG auf der Suche nach einem Produktionsstandort nahe der Nordgrenze mit mexikanischen Beamten im Gespräch waren. Ein weiteres chinesisches Unternehmen plant demnach den Bau einer Batteriefabrik. Die Entscheidung Mexikos gegen die Firmen aus China ist nach Ansicht der Analysten des Beratungshauses Trivium China ein zweischneidiges Schwert: “Sie freut zwar die USA, bedeutet aber auch, dass wichtige Regionen wie die Bundesstaaten Mexiko, Nuevo León und Jalisco Gefahr laufen, Hunderte Millionen US-Dollar an Direktinvestitionen zu verlieren.” ck/rtr
Rickie Chan wurde zum Leiter der Bank of Singapore (BoS) in Hongkong ernannt. Chan bleibt zudem weiterhin Leiter des Private Banking, Greater China, der Hongkonger BoS-Niederlassung. Er folgt im neuen Job auf Cindy Wong, die in den Ruhestand geht.
Xia Ding wurde zur Managing Director Greater China bei der französischen Kosmetikkette Sephora befördert. Sie arbeitet von Shanghai aus. Zuvor war sie fünf Jahre lang Vizepräsidentin und General Manager E-Commerce im asiatisch-pazifischen Raum und Lateinamerika bei Nike.
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Hier wird schon vorsorglich aus (auf?) Sand gebaut: Das 25. Internationale Sandskulpturenfestival von Zhoushan in der ostchinesischen Provinz Zhejiang fällt mit dem bevorstehenden Maifeiertag zusammen. Unter den zahlreichen Sandskulpturen sind viele von dem antiken Werk Shan Hai Jing (山海经) inspiriert, dem “Klassiker der Berge und Meere”.