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Rentenpaket II: Es braucht echte Reformen

CH
29. November 2025
Prangert eine „linke-Tasche-rechte-Tasche“-Politik an: WHU-Professor Christian Hagist (WHU / Kai Myller)

Die Koalition hat sich im Rentenstreit geeinigt (alles dazu lesen Sie im Berlin.Table). Das Rentenpaket mit der Haltelinie bei 48 Prozent bis 2031 soll durchkommen, gleichzeitig darf eine Kommission ab 2026 über Reformen beraten. Christian Hagist, Professor für Wirtschafts- und Sozialpolitik an der WHU, skizziert, was ein funktionierendes deutsches Rentensystem benötigt.

Weihnachten naht, und die Regierungskoalition hat sich an ein Rentenpaket II als Geschenk an die besonders treue Wählergruppe der Älteren gemacht. Enthalten sind die Fixierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent vom Wunschzettel der SPD, die Mütterrente III (CSU) und die sogenannte Aktivrente (CDU). Allen dreien ist gemein, dass sie teuer sind und das Problem einer nicht nachhaltigen Renten- und Finanzpolitik verschärfen. Damit wird das Rentenpaket II auch für die Älteren zum Danaergeschenk.

Der Gesamtbeitragssatz für Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung wird schon ohne neues Rentenpaket und ohne echte Reformen bis 2045 die 50-Prozent-Marke überschreiten, ohne qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt bereits 2038. Ein Erwerbstätiger müsste also die Hälfte seiner Produktivität an die Sozialversicherung abgeben – zusätzlich zu Steuern und weiteren Abgaben. Der klägliche Rest bliebe für eigene Zwecke. Auch die Regierungskoalition sorgt sich offenbar doch ein bisschen um die Lohnnebenkosten und sieht deshalb vor, das teure Rentenpaket weitgehend über Steuermittel zu finanzieren. Doch auch das ist nur linke-Tasche-rechte-Tasche-Politik, denn natürlich sind die meisten Beitrags- auch Steuerzahler.

Diese gesamte Entwicklung werden die jungen Generationen schlicht nicht mittragen. Kommt es nicht zu echten Strukturreformen, die Beiträge und Steuern stabilisieren statt zu erhöhen, geraten die Soziale Marktwirtschaft und der Generationenvertrag an einen Kipppunkt. Deutschland braucht dringend qualifizierte Einwanderung, um der demografischen Schieflage seiner Fiskalpolitik zu begegnen. Doch warum sollte ein junger, gut ausgebildeter Mensch nach Deutschland kommen, wenn über 50 Prozent seiner Wertschöpfung in Sozialbeiträge fließen und er dafür nur das vage Versprechen einer späteren Gegenleistung erhält?

Schlimmer noch: Statt der benötigten qualifizierten Zuwanderung ist bei diesen Aussichten eher qualifizierte Abwanderung zu erwarten. Auch in Deutschland ausgebildete Fachkräfte werden dem deutschen Arbeitsmarkt und seiner Abgabenpflicht den Rücken kehren. Ohne strukturelle Reformen würden die Belastungen für Erwerbstätige somit das Refinanzierungsproblem der Sozialversicherungen weiter verschärfen, bis am Ende die immobilen Rentnerinnen und Rentner überharte Leistungskürzungen hinnehmen müssten.

Daher sollte das Rentenpaket aufgeschnürt und mit echten Reformen neu bestückt werden. Erstens muss bei steigender Lebenserwartung auch das Renteneintrittsalter angehoben werden. Deutschland ist kein Volk allein aus Dachdeckern und wir altern nicht nur, sondern tun das sogar gesünder. Für spezielle Anliegen einzelner Berufssparten wie etwa Dachdecker müssen die Tarifpartner dann Lösungen finden.

Zweitens muss so schnell wie möglich der im Jahr 2005 eingeführte Nachhaltigkeitsfaktor wieder eingesetzt werden, sodass sich das Wachstum der Rente verlangsamt. Dies ist keine Rentenkürzung, sondern eben eine Rentenwachstumskürzung. Die Älteren beteiligen sich damit an den Lasten des demografischen Wandels. Zudem sollte der Nachhaltigkeitsfaktor so ausgestaltet werden, dass sich nicht wie bisher die Lasten im Verhältnis Eins (Rentner) zu Drei (Erwerbstätigen) aufteilen, sondern jeweils hälftig.

Drittens gilt es, endlich die kapitalgedeckte Vorsorge insbesondere für jüngere Generationen vernünftig und renditeorientiert aufzusetzen, sodass auch für diese Jahrgänge ein auskömmlicher Lebensabend möglich ist. Damit wäre dann in toto die Altersvorsorge in Deutschland nachhaltig aufgestellt, was am Ende allen Generationen zugutekommt.

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Letzte Aktualisierung: 29. November 2025