Table.Briefing: CEO Ausgabe: 21

Lohnnebenkosten-Explosion + Bosch-CEO setzt auf Merz + Nora Bilz zu Inklusion

CEO.Table
Professional Briefing
#21 / 10. Mai 2025
Executive Summary: Lohnnebenkosten-Explosion belastet Unternehmen
CEO.Talk: Bosch-CEO Hartung setzt auf Merz
CEO.Picks: Digitales Geld eröffnet „First Movern“ Wettbewerbsvorteile
CEO.News: Commerzbank setzt Zeichen für Unabhängigkeit
Wechsel: Rolf Buch verlässt Vonovia vorzeitig
Kobalt: DR Kongo entscheidet über mögliches Ende des Exportstopps
CEO.Presseschau: Managergehälter stark gestiegen + Transparenz hilft bei Gehaltsverhandlungen + KI nimmt keine Jobs weg
CEO.Index: DHL-Chef Meyer muss sich seinen Platz im Ranking noch erarbeiten
CEO.Politics: Erwartungen an Ministerin Alabali-Radovan groß
China: Wirtschaftspolitischer Kurswechsel – Lippenbekenntnis oder echter Strukturwandel?
CEO.Personnel: Klein bleibt SAP-Chef + Suder wird DHL-Aufsichtsratsvorsitzende + Buffet hört auf
CEO.Tech&Science: Deutschland hinter USA bei Arzneimittelinnovationen
Rheinmetall: Einstieg ins Satellitenbusiness
CEO.Economics: Michael Böhmer – Ist Deutschland gar kein Exportland?
CEO.Standpunkt: Nora Bilz zu Inklusion und der Rolle von Führungskräften
CEO.Quote: BMW-CEO Oliver Zipse über wichtige Strategien in unsicheren Zeiten
Executive.Summary
Jens Baas ist Vorsitzender des Vorstands der Techniker Krankenkasse (TK).
Jens Baas ist Vorsitzender des Vorstands der Techniker Krankenkasse (TK).
Lohnnebenkosten-Explosion belastet Unternehmen
Von Thilo Boss
Auf deutsche Unternehmen rollen stark steigende Lohnnebenkosten zu. „Bereits nächstes Jahr ist mit einem erneuten Anstieg der Beitragssätze von Kranken- und Pflegeversicherung zu rechnen. 2027 oder spätestens im Folgejahr steigen dann die Rentenbeiträge sprunghaft an. Schon 2028 könnte die Summe der Sozialversicherungsbeiträge auf 44 Prozent zugehen“, sagte der Wirtschaftsweise Martin Werding dem CEO.Table (siehe Interview). Bislang sind Experten davon ausgegangenen, dass die Beiträge zur Sozialversicherung ohne Gegenmaßnahmen frühestens 2030 die 45-Prozent-Marke erreichen.

In dem von Union und SPD beschlossenen Koalitionsvertrag ist diesmal kein Zielkorridor festgeschrieben. Zur Senkung der Sozialversicherungsleistungen sollen Expertenkommissionen einberufen werden, die Reformvorschläge vorlegen. Die Sozialabgaben sind in den vergangenen Monaten von durchschnittlich 40,9 auf etwa 42 Prozent geklettert. Damit liegen sie inzwischen auf einem Niveau, das zuletzt in den Jahren 2005 und 2006 mit 41,9 Prozent erreicht worden war. Gut 21 Prozent des Bruttolohns entfallen auf die gesetzlich geregelten Lohnnebenkosten. Zum Vergleich: In den USA sind es etwa rund zehn Prozent.

Die Arbeitgeber fordern von der neuen Bundesregierung, die Lohnnebenkosten zu deckeln. Die Beitragshöhe, die vorwiegend durch Sozialleistungen (Rente, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung) bestimmt wird, sollten bei unter 40 Prozent des Bruttolohns liegen. Die Ampel-Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Koalitionen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Spitze wollten den Anteil auf 40 Prozent stabilisieren. „Das ist eine Größenordnung, die wir auch in dieser Legislaturperiode anstreben müssen, um den Standort Deutschland international konkurrenzfähig zu halten. Je geringer, desto besser für Unternehmen – und auch für die Beschäftigten. Angesichts der demografischen Entwicklung und der schlechten Wirtschaftslage, wird es enorme Kraftanstrengungen brauchen, die Sozialversicherungsbeiträge zu senken“, sagt CDU-Finanzexperte Fritz Güntzler.



„Ohne eine Reform der sozialen Sicherungssysteme wird es nicht gehen – es muss eine Kernaufgabe der neuen Bundesregierung sein. Ansonsten wird eine Wettbewerbsunfähigkeit unseres Standorts zementiert, die für alle Branchen und für die Bürgerinnen und Bürger eine Katastrophe wäre. Kehren Industrieunternehmen unserem Land wegen zu hoher Produktionskosten den Rücken, wandern Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen ab„, sagt Bauindustriepräsident und Strabag-Vorstand Peter Hübner. Die Präsidentin des Familienunternehmerverbands, Marie-Christine Ostermann, warnt, dass die steigenden Lohnzusatzkosten zu den größten Investitionshemmnissen in Familienunternehmen zählten. „Wenn die neue Regierung den Anstieg nicht stoppt, wird der wirtschaftliche Niedergang immer schneller“, so Ostermann.

Die Lage spitzt sich dramatisch zu. Das zeigen die Entwicklungen bei der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie der Rentenversicherung (RV), die zusammen mit der Pflegeversicherung die größten Kostentreiber sind. Laut der Techniker Krankenkasse (TK), mit bundesweit über zwölf Millionen Versicherten die größte gesetzliche Krankenkasse Deutschlands, fehlen der GKV mittlerweile jährlich mehr als neun Milliarden Euro. Dazu kommt, dass die Beiträge, die der Staat für die Bürgergeldempfänger zahlt, nicht kostendeckend sind. Die jährliche Lücke von bis zu zehn Milliarden Euro wird von den Beitragszahlern übernommen. Aus Sicht der TK ist zum kommenden Jahreswechsel mit einem durchschnittlichen Anstieg von 0,3 bis 0,5 Beitragssatzpunkten in der GKV zu rechnen.

 „Die Beitragsspirale zu stoppen, muss für die neue Regierung oberste Priorität haben“, sagt der Vorsitzende des TK-Vorstands, Jens Baas, dem CEO.Table. Doch statt sich schnell um das Problem zu kümmern, schlage der Koalitionsvertrag nur eine Kommission vor, die bis Frühjahr 2027 Reformvorschläge unterbreiten soll. „Selbst wenn dann Gesetze auf den Weg gebracht werden, dauert es viel zu lange, bis die Beitragszahlenden davon profitieren“, so Baas weiter. Aus Sicht der TK braucht die GKV ein Sofortprogramm, um die enormen Ausgabensteigerungen zumindest etwas einzudämmen. Der Anteil der Krankenversicherung am Gesamtsozialversicherungsbeitrag beträgt aktuell etwa 40 Prozent.

Bei der Rentenversicherung wird für 2026 oder 2027 oder 2028 seit Längerem ein sprunghafter Anstieg des Beitragssatzes auf annähernd 20 Prozent erwartet. Aus heutiger Sicht lässt der sich kaum noch abwenden. „Um den Anstieg der Rentenausgaben kurzfristig so zu dämpfen, dass der Beitragssatz konstant bleiben kann, müssten die Rentenanpassungen 2026 und 2027 entfallen. Dann würden die Renten nominal konstant bleiben, real jedoch sinken“, sagt Werding. Alternativ, so der Wirtschaftsweise weiter, müssten aus dem Bundeshaushalt 2027 oder 2028 zusätzliche 22 bis 23 Milliarden Euro für das Rentensystem locker gemacht werden. Der Anteil der Rentenversicherung an den gesamten Sozialversicherungsabgaben beträgt derzeit im Jahr 2025 18,6 Prozent.
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Table Forum Digitale Souveränität. Lesen Sie den Beitrag von Wolfgang Ischinger und Paula Köhler hier. schwarz digits
CEO.Talk
Bosch-CEO Stefan Hartung blickt mit Optimismus auf die neue Bundesregierung.
Bosch-CEO Stefan Hartung blickt mit Optimismus auf die neue Bundesregierung.
Reformen: Bosch-CEO Hartung setzt auf Merz
Von Thilo Boss
Bosch-CEO Stefan Hartung erwartet von der neuen Bundesregierung tiefgreifende Reformen, um Deutschland aus der Wirtschaftskrise zu führen. „Ich sehe die neue Bundesregierung als große Chance, jetzt die richtigen Weichen für mehr Wachstum in Deutschland zu stellen. Ich glaube Union und SPD haben erkannt, dass sie handeln und Reformen umsetzen müssen“, sagte Hartung im Interview mit dem CEO.Table.

Nach der Wahl zum Bundeskanzler hatte Hartung zwar noch nicht Möglichkeit, mit Friedrich Merz persönlich zu sprechen. Doch ist er zuversichtlich, dass der Kanzler jetzt schnell die richtigen Schritte einleitet, damit der Standort Deutschland wieder attraktiver wird. „Die Zeit drängt. Unternehmen investieren nur dort, wo sie profitabel wirtschaften können“, sagte Hartung weiter. Durchgreifende Reformen erwartet der Bosch-CEO unter anderem beim Bürokratieabbau, den Energiekosten sowie der Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme.

Ausdrücklich sprach sich Hartung für mehr Technologiefreiheit aus. „Wir können nur zu neuen Erkenntnisprozessen kommen und den Industrie- und Wissenschaftsstandort Deutschland zur alten Stärke zurückführen, wenn die Politik Entscheidungen trifft, die unideologisch und technologieoffen sind“, sagte der Bosch-Chef. In der Forschung und Entwicklung dürfe sich Deutschland nicht von der Welt abkoppeln.



Auch brauche Europa für die Zukunft der Mobilität einen klassischen ordnungspolitischen Rahmen. „Das heißt, im Rahmen des Erlaubten gilt das freie Spiel der Kräfte – und der Kreation. Das war das Wirtschaftsmodell, auf das wir immer gesetzt haben und das auch zum Erfolg führt“, sagte Hartung. In diesem Zusammenhang sprach er sich dafür aus, den bislang noch auf 2035 festgeschriebenen Ausstieg des Verbrennungsmotors zu kippen. Hartung: „Eine einseitige Festlegung auf nur eine Technologie ist nicht besonders klug, weil wir zur Erreichung der Klimaziele auch andere Technologien wie Wasserstoff und CO2-freie Kraftstoffe brauchen werden. Hier ist – auch im Wettbewerb mit anderen Regionen – die Technologieoffenheit gefragt. Es wird sich weltweit in den kommenden zehn Jahren keine einheitliche Technologie durchsetzen.“

Ende der Woche stellte Bosch auf der Bilanzpressekonferenz die Zahlen für 2024 vor. Mit 90,3 Milliarden Euro erwirtschaftete das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen 1,4 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr, wechselkursbereinigt ein Minus von 0,5 Prozent. Das EBIT betrug 3,1 Milliarden Euro (2023: 4,8 Milliarden Euro).

Das ganze Interview mit Stefan Hartung können Sie hier lesen.
CEO.Picks
Joachim Wuermeling (ESMT Berlin).
Joachim Wuermeling (ESMT Berlin).
Digitales Geld eröffnet „First Movern“ Wettbewerbsvorteile
Von Joachim Wuermeling
US-Präsident Donald Trump hat die Einführung eines digitalen Dollars verboten und setzt stattdessen auf private digitale Währungen wie Krypto-Assets und Stablecoins (siehe Grafik). Dies markiert einen Paradigmenwechsel: Während die USA die Rolle der Zentralbank im digitalen Währungsmarkt zurückdrängen, treibt Europa den digitalen Euro voran. Die Europäische Zentralbank (EZB) gehört hier zu den Vorreitern, doch ihr Fokus liegt bisher stark auf Verbraucherzahlungen, ohne die volle Integration in Distributed-Ledger-Technologien (DLT).



Digitale Währungen bieten weitreichende Vorteile, insbesondere durch ihre Programmierbarkeit und die sichere, effiziente Abwicklung globaler Transaktionen. Blockchain-basierte Technologien ermöglichen eine Automatisierung durch „Smart Contracts“, was Geschäftsprozesse optimiert und neue Märkte eröffnet. In den USA wird durch Trumps Entscheidung der staatliche Einfluss auf die digitale Geldzukunft geschwächt, während Europa mit dem digitalen Euro eine stabile, zentrale Lösung anstrebt. Doch um die geopolitischen Chancen wirklich zu nutzen, muss die EZB über den Zahlungsverkehr hinausdenken und auch den Finanzmarkt adressieren.

Mein CEO.Pick verdeutlicht die Herausforderungen für Unternehmen, die sich jetzt aktiv mit DLT-Technologien und digitalem Zentralbankgeld auseinandersetzen müssen. Die aktuellen Entwicklungen eröffnen „First Movern“ erhebliche Wettbewerbsvorteile. Initiativen wie das Digital Euro Hub der ESMT Berlin zeigen, dass es an der Zeit ist, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln. Wer jetzt handelt, könnte von einer führenden Rolle in der digitalen Finanzwelt profitieren.

Joachim Wuermeling ist Executive in Residence am Institute for Deep Tech Innovation (DEEP) an der ESMT Berlin und Of Counsel bei Allen & Overy. 
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Zu einem digital souveränen Deutschland gehört auch eine digital souveräne Gesellschaft. Forum Digitale Souveränität. schwarz digits
CEO.News
Commerzbank-CEO Bettina Orlopp fährt eine gezielte Strategie.
Commerzbank-CEO Bettina Orlopp fährt eine gezielte Strategie.
Commerzbank setzt Zeichen für Unabhängigkeit Im Übernahmekampf mit der italienischen Großbank Unicredit hat die Commerzbank im ersten Quartal 2025 einen Nettoüberschuss von 834 Millionen Euro erzielt – ein Plus von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr und der höchste Quartalsgewinn seit 2011. Damit übertraf das Frankfurter Institut die Analystenerwartungen von 698 Millionen Euro deutlich. Die Gesamterträge stiegen ebenfalls um zwölf Prozent auf 3,1 Milliarden Euro, was vor allem auf starke Zuwächse im Zins- und Provisionsgeschäft zurückzuführen ist.

Diese Ergebnisse stärken die Position der Bank im Ringen um ihre Eigenständigkeit. Italiens UniCredit hält bereits 28 Prozent der Anteile an der Commerzbank und erhielt kürzlich die Genehmigung, den Anteil auf knapp unter 30 Prozent zu erhöhen. Die neue Bundesregierung, die noch zwölf Prozent an der Bank hält, hat sich bislang noch nicht zu einer möglichen Übernahme geäußert. Am 15. Mai führt die Commerzbank ihre Hauptversammlung (HV) durch. Sie findet in diesem Jahr als Präsenzveranstaltung statt, nachdem sie in den Jahren von 2020 bis 2024 virtuell abgehalten wurde. Auf der HV entscheidet sich, ob die Unicredit schon jetzt eine Mehrheit für die Übernahme erreichen kann.

Orlopps Strategie richtet sich gezielt auch auf den Kapitalmarkt: Die Commerzbank-Aktie legte in den vergangenen zwölf Monaten um über 70 Prozent zu – ein deutliches Zeichen für das gestiegene Vertrauen der Investoren. Das Frankfurter Geldhaus nutzt diese Dynamik, um sich gegen eine mögliche Übernahme durch Unicredit zu wappnen. Mit einem Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 600 Millionen Euro soll der Kurs weiter gestärkt und eine Übernahme finanziell unattraktiver gemacht werden.

Im Rahmen eines strategischen Plans strebt die Commerzbank eine deutliche Steigerung ihrer Profitabilität bis 2028 an. Das Ziel: den Gewinn im Vergleich zum Jahr 2024 um zwei Drittel zu steigern. Teil dieses Plans ist auch der Abbau von 3.900 Arbeitsplätzen, der zur Effizienzsteigerung beitragen soll. Kristián Kudela
Der neue an der Spitze: Luka Mucic.
Der neue an der Spitze: Luka Mucic.
Rolf Buch geht – Wechsel in der Vonovia-Spitze  Der langjährige Vorstandsvorsitzende der Vonovia, Rolf Buch, verlässt den Konzern überraschend zum Ende des Jahres. In einem internen Brief an die Führungskräfte, der dem CEO.Table vorliegt, begründet Buch die Entscheidung damit, dass er als 60-Jähriger das Unternehmen in seiner neuen Wachstumsphase nicht komplett begleiten könne. Zudem möchte er seinem Nachfolger, dem ehemaligen SAP-Manager Luka Mucic, ermöglichen, möglichst früh in den Austausch mit der neuen Bundesregierung zu treten, um Vertrauen aufzubauen. Gleichzeitig würde mit seinem Rückzug auch vermieden, dass er sich in der gleichen Hauptversammlung verabschiedet, mit der auch die Amtszeit des Aufsichtsratsvorsitzenden endet.

Zwölf Jahre lang hat Rolf Buch die Vonovia geführt - sein Abtritt zum Jahresende kommt überraschend.
Zwölf Jahre lang hat Rolf Buch die Vonovia geführt – sein Abtritt zum Jahresende kommt überraschend.


Buch war 2013 als Vorstandsvorsitzender der Vonovia (ehemals: Deutsche Annington) ernannt worden. Mit einem Abo-getriebenen Endkundengeschäft basierend auf Wohnungen führte er das Unternehmen erfolgreich an die Börse. Auch auf diverse Krisen, wie unter anderem nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, reagierte Buch gekonnt. Unter seiner Leitung wuchs die Vonovia zu einem der größten Wohnungsunternehmen Europas. Lisa Brunßen
Kobalt: DR Kongo entscheidet über mögliches Ende des Exportstopps In diesem Monat will die Autorité de Régulation et de Contrôle des Marchés des Substances Minérales Stratégiques in der Demokratischen Republik Kongo darüber entscheiden, ob sie den Exportstopp für Kobalt beendet. Die Regulierungsbehörde hatte im Februar dieses Jahres die Ausfuhr von Kobalt für vorerst vier Monate verboten und eine Prüfung des Banns vor Ablauf der Frist angekündigt.

Hintergrund ist der seit Jahren anhaltende Preisverfall pro Tonne Kobalt. Seit 2018 ist der Preis um mehr als 70 Prozent zurückgegangen. Die DR Kongo ist der größte Kobalt-Produzent der Welt. Laut dem Branchenverband Cobalt Institute stammten im vergangenen Jahr 76 Prozent der Produktion aus kongolesischen Minen. Der Preisverfall trifft das Land daher empfindlich. Welche Stabilisierungsmechanismen das Land einführen könnte, lesen Sie im Africa.TableConstantin Leclerc
Jugendberufsagenturen: Wie sie mehr junge Menschen in Ausbildung bringen könnten Sogenannte Jugendberufsagenturen (JBA) sollen Jugendlichen dabei helfen, einen Ausbildungsplatz zu finden, wenn diese Schwierigkeiten damit haben. Dafür sollen Arbeitsagentur, Jobcenter und Jugendhilfe zusammenarbeiten und kooperieren – doch dafür braucht es auch ein klares Bekenntnis von Kommunen, Ländern und der neuen Bundesregierung. Was genau JBAs für einen effizienten Ausbau brauchen und warum sie so wichtig sind, lesen Sie im Bildung.Table. Anna Parrisius

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CEO.Presseschau
FAZ: CEOs übernehmen Verantwortung Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes bekannten sich die CEOs von 49 Unternehmen zu ihrer historischen Verantwortung. Sie räumten ein, dass deutsche Konzerne damals eine Rolle dabei spielten, „die Herrschaft der Nationalsozialisten zu festigen.“ („Auf ihren eigenen Vorteil bedacht“)

Focus: Bewerbungen – eine Frage entscheidet Monica Cepak, CEO von Wisp, benötigt im Bewerbungsgespräch nur eine einzige Frage, um die Eignung eines Kandidaten zu beurteilen: „Was war das schwierigste Problem, das Sie bei der Arbeit gelöst haben, und wie sind Sie dabei vorgegangen?“ Wer darauf unpassend antwortet, hinterlässt sofort einen negativen Eindruck. („CEO stellt eine Interviewfrage – und erkennt sofort, ob jemand ins Team passt“)

Spiegel: Managergehälter stark gestiegen Das Mediangehalt der CEOs der 56 größten deutschen Unternehmen ist zwischen 2019 und 2024 um 21 Prozent gestiegen und liegt nun bei rund 4,4 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Reallöhne der deutschen Arbeitnehmer haben sich im gleichen Zeitraum lediglich um 0,7 Prozent erhöht. („Diese Ungerechtigkeit ist kein Naturgesetz“)

Finanzen: Transparenz hilft Offene Gespräche über Gehälter helfen, bestehende Ungleichheiten sichtbar zu machen und zu korrigieren. Mehr Transparenz trägt zudem zu einer gerechten Gehaltsstruktur bei, die sicherstellt, dass Arbeitnehmer ihre Leistungen und Bemühungen als angemessen anerkannt wahrnehmen. („Offenheit und Fairness: Warum Gehaltsgespräche mit Kollegen wichtig sind“)

Manager Magazin: München zieht an Die bayerische Landeshauptstadt wird für Deutschlands Akademiker immer attraktiver – München gilt als besonders anziehend für Autohersteller, Versicherungskonzerne und Big Tech. Was macht die Stadt zum bevorzugten Standort für diese Branchen? Sie bietet eine starke wirtschaftliche Infrastruktur, hochqualifizierte Fachkräfte und eine innovative Unternehmenslandschaft, die Wachstum und Erfolg begünstigt. („Deutschlands Karrierehauptstadt – warum die Gen Z nach München will“)

Yahoo: KI nimmt keine Jobs weg Jensen Huang, Gründer und CEO von Nvidia (NVDA), sprach am Dienstag auf der Konferenz des Milken Institute über die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz auf den Arbeitsmarkt. Er machte deutlich: „Sie werden Ihren Job nicht durch KI verlieren, aber Sie werden ihn durch jemanden verlieren, der sie nutzt.“ („Nvidia CEO Jensen Huang on AI: Every job will be affected, some will be lost“)

Forbes: Hoher Anspruch für Führungskräfte Führung gilt häufig als ultimative Errungenschaft im Berufsleben – eine Chance, Innovationen zu fördern, Wandel voranzutreiben und bedeutende Entwicklungen zu gestalten. Doch die Realität zeigt: Es ist eine der anspruchsvollsten Aufgaben, die eine Person übernehmen kann. („8 Reasons Leadership Is Hard And Why Few Are Prepared To Lead“)

New York Times: Krise ohne Zahlen Die wirtschaftlichen Folgen von Präsident Donald Trumps Handelskriegen sind weitreichend – doch in den Wirtschaftsdaten selbst zeigen sich nur begrenzte Auswirkungen. Die Konsumausgaben blieben stabil, die Zahl der Entlassungen stieg nicht an, und die Unternehmen investierten weiterhin in Ausrüstung und stockten ihre Vorräte auf. („Recession Warnings Are Everywhere, Except in the Data“)

Financial Times: Neue Vergütungswege Am Montag erwarb der US-Hedgefonds Pershing Square Capital-Management-Aktien des börsennotierten Mischkonzerns Howard Hughes im Wert von 900 Millionen US-Dollar und erhöhte damit seinen Anteil von 38 auf 47 Prozent. Das Unternehmen soll künftig als eine vom Hedgefonds verwaltete Holding agieren, die stark auf Fusionen und Übernahmen ausgerichtet ist. Investor Bill Ackman sucht nun neue Wege der Vergütung zu gehen. („Ackman pushes the envelope on creative executive pay“)
CEO.Index
DHL-Chef Meyer muss sich seinen Platz im Ranking noch erarbeiten
Von Roland Schatz
Tobias Meyer ist seit Mai 2023 Vorstandsvorsitzender der DHL Group. Im CEO.Table-Ranking in der Kategorie DAX40 muss er sich seinen Platz erst noch erarbeiten. Voraussetzung für verstärkte Profilierung und Wahrnehmung bei den politischen Entscheidern in Berlin und Brüssel ist eine Präsenz des Unternehmens über der Wahrnehmungsschwelle. Aktuell überschreiten Meyer und DHL diese aber nur bei schlechten Nachrichten. Denn das schwache Weltwirtschaftswachstum und die schwierige geopolitische Situation haben die Entwicklung der großen Logistikkonzerne eingebremst. Laut den Medien scheint Meyer jedoch auf einem guten strategischen Weg zu sein.



Beim Arbeitgeberimage hat die DHL von 2023 auf 2024 an Nimbus verloren und ist nur noch in einer Kategorie unter den Top 100. Mit einem Frauenanteil von rund 30 Prozent im Spitzenmanagement liegt das Unternehmen deutlich über dem DAX-Durchschnitt: Darin liegt auch eine Chance, das Image zu bessern. In Sachen Nachhaltigkeit hat die DHL Group erste Akzente im Geschäftsbericht zum Thema SDGs gesetzt, aber es besteht weiter Aufholbedarf.



Die gesamte Studie zum 21. CEO Impact Index kann unter: www.mediatenor.de kostenfrei heruntergeladen werden. Wie auch alle anderen 20.

Roland Schatz ist Gründer und Chefredakteur des Forschungsinstituts Media Tenor International AG. 
CEO.Politics
Entwicklungspolitik: Erwartungen an Ministerin Alabali-Radovan groß Am Mittwoch hat Svenja Schulze ihr Amt als Entwicklungsministerin an ihre Nachfolgerin Reem Alabali-Radovan übergeben. Dabei überwog vor allem die Erleichterung darüber, dass das BMZ als eigenes Haus bestehen bleibt. „Nie zuvor stand das BMZ in seiner Existenz so in der Kritik und gleichzeitig waren wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungszusammenarbeit noch nie so wichtig wie heute“, sagte Alabali-Radovan zu ihrem Amtsantritt.

Gleichzeitig bleiben die Forderungen nach einer Reform der Entwicklungszusammenarbeit bestehen.  „Mit der Ernennung von Reem Alabali-Radovan zur neuen Entwicklungsministerin beginnt eine Legislaturperiode, in der die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) vor einer fundamentalen Erneuerung steht“, sagte Sabine Odhiambo, Generalsekretärin der deutschen Afrika-Stiftung. Angesichts sinkender Mittel, gestiegener globaler Unsicherheiten und wachsender Konkurrenz um internationale Partnerschaften brauche es nicht bloß ein „Weiter so“, sondern eine ehrliche Bestandsaufnahme, was funktioniere und was nicht. Die gesamte Berichterstattung zur neuen Entwicklungsministerin lesen Sie im Africa.TableDavid Renke

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Chinas wirtschaftspolitischer Kurswechsel – Lippenbekenntnis oder echter Strukturwandel? In seinem Standpunkt für China.Table analysiert Prof. Dr. Horst Löchel, Volkswirt und Co-Vorsitzender des Sino-German Centers an der Frankfurt School of Finance & Management, den jüngsten wirtschaftspolitischen Kurswechsel der chinesischen Regierung hin zu mehr Binnennachfrage und privatem Konsum – und äußert Zweifel daran, wie ernst es Peking mit dieser Neuorientierung tatsächlich ist.

Das bislang gültige chinesische Wachstumsmodell, das auf staatlich gelenkten Großinvestitionen und Exportüberschüssen basiert, stoße zunehmend an seine Grenzen. Ökonomen warnen seit Jahren vor sinkenden Kapitalrenditen, einer zunehmenden Staatsverschuldung, strukturellen Überkapazitäten und einer zu großen Abhängigkeit von der globalen Konjunktur. Erst die konfrontative Handelspolitik der USA unter Donald Trump scheint nun jedoch den entscheidenden Impuls geliefert zu haben, um bei der chinesischen Führung ein Umdenken anzustoßen.

Trotzdem dominiere nach wie vor die industriepolitische Steuerung mit Fokus auf strategische Sektoren, resümiert Löchel. Ob China den dringend benötigten Wandel vollzieht, hänge dabei nicht nur vom innenpolitischen Willen ab, sondern auch vom weiteren Verlauf der Handelskonflikte mit den USA und dem Verhalten der EU. Horst Löchel
CEO.Personnel
Channelpartner: Ceconomy-Finanzvorstand Kai-Ulrich Deissner übernimmt interimsweise Der bisherige CEO Karsten Wildberger war kurzfristig in das Kabinett von Friedrich Merz als Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung gewechselt. Deissner ist seit Februar 2023 Finanzvorstand und Chief Financial Officer der MediaMarktSaturn Retail Group. Die Aufgaben des CFO werden übergangsweise von Remko Rijnders übernommen, der bislang als CEO von MediaMarkt BeNeLux und COO für weitere Regionen tätig war. („Nach Wildberger-Weggang leitet Kai-Ulrich Deissner Ceconomy“)

Manager Magazin: Klein bleibt SAP-Chef Christian Klein bleibt weiterhin Vorstandsvorsitzender von SAP – sein Vertrag wurde bis April 2030 verlängert. Auch Finanzchef Dominik Asam bleibt dem Unternehmen erhalten, sein Vertrag läuft bis März 2028. Klein begann seine Karriere bei SAP bereits 1999 als Student und übernahm im Laufe der Jahre verschiedene Positionen im Unternehmen. Seit 2020 führt er SAP als alleiniger Vorstandsvorsitzender. („Christian Klein bleibt bis 2030 CEO von SAP“)

Börse: Foerst führt Zeiss-Tochter Maximilian Foerst, aktuell Leiter von Zeiss Greater China, übernimmt zum 1. Juni den Vorstandsvorsitz der Carl Zeiss Meditec AG. Sein Vorgänger, Markus Weber, verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch und scheidet aus dem Vorstand aus. („Wechsel an Vorstandsspitze der Carl Zeiss Meditec AG“)

Manager-Magazin: Suder wird DHL-Aufsichtsratsvorsitzende Auf der DHL-Hauptversammlung am vergangenen Freitag wurde Katrin Suder zur neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewählt. Die 53-Jährige verfügt über umfassende Erfahrung als Unternehmensberaterin und war zuvor Staatssekretärin im Verteidigungsministerium. („Katrin Suder – die neue Macht im Post-Tower“)

FAZ: Buffett hört auf Warren Buffett, einer der bekanntesten Investoren und reichsten Menschen der Welt, hat angekündigt, zum Jahresende als Vorstandschef von Berkshire Hathaway zurückzutreten. Diese Entscheidung teilte er am Samstag während der Aktionärsversammlung des Unternehmens in Omaha mit. („Warum Warren Buffett erst jetzt aufhört“)

Werben & Verkaufen: Jahn wird Serviceplan-CEO Ab dem 1. Juli übernimmt Jan-Philipp Jahn die Position des CEO der Serviceplan-Agenturen in Deutschland. Gemeinsam mit Chief Creative Officer Till Diestel, CSO Stefanie Kuhnhen und CFO Holger Scharnofske führt er sämtliche unter diesem Label tätigen Kreativagenturen im Land. („Jan-Philipp Jahn wird CEO von Serviceplan“)

WAZ: Appel neuer RWE-Aufsichtsratschef Der frühere Post-Chef Frank Appel hat den Vorsitz des Aufsichtsrats des Essener Energiekonzerns RWE übernommen und tritt damit die Nachfolge von Werner Brandt an, der das Gremium über viele Jahre leitete. Appel bringt ebenso wie das aktuelle Top-Management des Unternehmens Erfahrungen aus seiner Zeit bei der Unternehmensberatung McKinsey mit. („Früherer Post-Chef soll neuer starker Mann bei RWE werden“)

Börsen-Zeitung: Gatzemeyer verlängert bei Sartorius Der Aufsichtsrat der Sartorius AG hat beschlossen, die Amtszeit von Alexandra Gatzemeyer als Vorstandsmitglied um fünf Jahre zu verlängern – bis zum 30. April 2031. („Sartorius-Aufsichtsrat verlängert Bestellung von Vorstandsmitglied Alexandra Gatzemeyer“)

Fruitnet: Ramamurthy steigt bei Bayer auf Guru Ramamurthy übernimmt zum 1. Juli 2025 die Nachfolge von Oliver Rittgen, der sich nach 25 Jahren bei Bayer entschieden hat, seine Karriere außerhalb des Unternehmens fortzusetzen. Derzeit ist Ramamurthy als CFO der US-Organisation von Bayer tätig. („Bayer: Guru Ramamurthy wird neuer CFO der Bayer-Division Crop Science“)

Heise: Fallacher wird Eutelsat-Chef Jean-Francois Fallacher wird neuer CEO des französisch-britischen Satellitenbetreibers Eutelsat. Der 58-Jährige wechselt zu Eutelsat nach einer erfolgreichen Karriere bei Orange, wo er zuletzt als Executive Vice President und CEO von Orange France tätig war. („Überraschender Führungswechsel: Eutelsat mit neuem CEO“)
CEO.Tech&Science
Innovative Medikamente: USA vor Deutschland Im internationalen Vergleich liegt Deutschland weit hinter den USA zurück, wenn es um die Zulassung neuer und innovativer Medikamente geht. Seit 2015 sind bereits 101 neuartige Arzneimittel für den US-amerikanischen Markt zugelassen worden, die auf dem deutschen Markt fehlen. Darunter ist auch ein Medikament, das als erste zielgerichtete Therapie für eine seltene und aggressive Form der Leukämie gilt.

„Wenn Europa der alleinige Maßstab wäre, könnte Deutschland sich zufrieden zurücklehnen. Doch der globale Leitmarkt liegt in den USA“, so der Präsident des Verbandes der forschenden Pharma-Unternehmen Han Steutel. Erst im transatlantischen Vergleich würde deutlich, wie besorgniserregend der Rückstand in der Innovationskraft der deutschen Arzneimittelversorgung sei. Gründe sind unter anderen zu viele und zu komplizierte Regelungen in der Erstattung und nicht genutzte Synergiepotenziale wie in der europäischen Nutzenbewertung. Lisa Brunßen
Rheinmetall steigt ins Satellitenbusiness ein Der Rüstungskonzern Rheinmetall und der finnische SAR-Satellitenpionier ICEYE wollen künftig gemeinsam Radar-Satelliten fertigen. Ein entsprechendes Joint Venture mit dem Namen Rheinmetall ICEYE Space Solutions ist geplant, an dem Rheinmetall 60 Prozent der Anteile halten soll. Die Produktion soll ab dem zweiten Quartal 2026 in Neuss anlaufen.

Das Gemeinschaftsunternehmen soll zunächst SAR-Satelliten (Synthetic Aperture Radar) herstellen, die hochauflösende Erdbeobachtungsdaten unabhängig von Wetter oder Tageszeit liefern können. Die Zusammenarbeit ist Teil eines neuen „Space Clusters“, mit dem Rheinmetall seine Aktivitäten im Bereich satellitengestützter Aufklärung ausbauen will. Alexander Güntzler
CEO.Economics
Ist Deutschland gar kein Exportland?
Von Michael Böhmer
Als früherer Exportweltmeister, heute Platz drei hinter China und den USA, hat Deutschland über Jahrzehnte hinweg so stark von der Globalisierung profitiert wie kaum ein anderes Land. Heute, da die Globalisierung stockt oder sich gar im Rückwärtsgang befindet und aus dem Ruder gelaufene Zollauseinandersetzungen geführt werden, leidet kaum ein anderes Land so stark wie Deutschland unter diesem Deglobalisierungstrend. Das ist die allgemeine Lesart.

Die Begründung liegt auf der Hand: Mit einer Exportquote von in der Spitze 46 Prozent – aktuell liegt sie leicht niedriger – geht rechnerisch fast jedes zweite hierzulande produzierte Gut ins Ausland. Das ist mit weitem Abstand ein Spitzenwert unter vergleichbaren Ländern. Die entsprechenden Werte für Frankreich, Italien oder Großbritannien liegen alle deutlich niedriger. Ebenso die Exportquote Chinas mit 20 Prozent, ganz zu schweigen von der der USA von nur gut zehn Prozent. Die USA sind eine ziemlich geschlossene Volkswirtschaft. In der Regel weisen nur kleinere Länder, die noch stärker in der internationalen Arbeitsteilung spezialisiert sind, eine noch höhere Auslandsorientierung auf als Deutschland. Wird der Zugang zu ausländischen Märkten nun restriktiver, wird in Deutschland die ganze Volkswirtschaft deutlich stärker in Mitleidenschaft gezogen als das in anderen Ländern der Fall. Das ist sehr einleuchtend.



Wir sollten diese Perspektive, die die Wahrnehmung der Struktur der deutschen Volkswirtschaft seit Jahrzehnten prägt, jedoch unbedingt weiten. Warum? Niemand würde auf die Idee kommen, Nordrhein-Westfalen deshalb als exportorientiert zu bezeichnen, weil die dortigen Unternehmen besonders viel ins benachbarte Niedersachsen liefern. Wenn hingegen die baden-württembergische Wirtschaft einen regen Austausch etwa mit der Nachbarregion Grand Est in Frankreich treibt, sprechen wir von Exporten. Hier wird Gleiches statistisch ungleich behandelt, denn in beiden Fällen handelt sich um Geschäfte, die innerhalb eines Binnenmarktes getätigt werden.

Der Europäische Binnenmarkt umfasst über alle EU-Länder hinweg 450 Millionen Bürger und eine Wirtschaftsleistung von 17 Billionen Euro. Er ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass all die globalen Turbulenzen dieser Zeiten hier nicht zu zusätzlichen Kosten oder Risiken führen. Die institutionellen Bedingungen in der EU sind stabil. Betrachtet man nun all jene Waren und Dienstleistungen, die innerhalb der EU – mit oder ohne nationalen Grenzübertritt – gehandelt werden, nicht als Exporte, sondern als Inlandsgeschäfte, so stellt sich die Außenhandelsorientierung Deutschlands ganz anders dar. Unsere Exportquote liegt dann mit 20 Prozent weniger als halb so hoch wie in klassischer Sichtweise.

Es liegt eine große wirtschaftspolitische Chance in der EU, um sich gegenüber weiterem weltwirtschaftlichen Durcheinander zu wappnen. Denn das Potenzial des Europäischen Binnenmarktes ist bei Weitem nicht ausgeschöpft. So beziffert eine Studie des Internationalen Währungsfonds aus dem Jahr 2024 bei Waren die Handelskosten innerhalb des Binnenmarktes auf einen Wert, der einem Zollsatz von 44 Prozent entspricht. Zum Vergleich: Zwischen den US-Bundesstaaten sind es nur 15 Prozent. Darüber hinaus ist der EU-Binnenmarkt für Dienstleistungen bei weitem nicht vollendet. Hier schätzt die genannte Studie die Kosten sogar auf ein Zolläquivalent in Höhe von 110 Prozent.

Der Europäische Binnenmarkt bietet also noch viel Spielraum zur weiteren Integration und damit großes Potenzial, um innerhalb Europas weitere Handelsgewinne zu realisieren. Angesichts der Unklarheiten über die künftige Weltwirtschaftsordnung und der begrenzten Möglichkeiten Deutschlands und Europas, diese maßgeblich zu beeinflussen, kann die Vertiefung des Europäischen Binnenmarktes durchaus als politischer Imperativ formuliert werden. Sie wäre eine gute Investition in Wachstum und Resilienz gleichermaßen.

Zurück zur Ausgangsfrage: Natürlich ist Deutschland ein Exportland (und ebenso ein Importland, mit all den Risiken auf der Beschaffungsseite). Den Blick zu weiten, Europa als integrierten Markt zu gestalten und zu begreifen, wird uns weniger verwundbar machen, als wenn wir weiter darauf beharren, dass wir ja eigentlich Exportweltmeister sind.

Michael Böhmer ist Chefvolkswirt des Forschungs- und Beratungsunternehmens Prognos. Er lebt in München.
CEO.Standpunkt
Chefsache Inklusion – warum wir neue Führungspersönlichkeiten brauchen
Von Nora Bilz
Innovationskraft entsteht dort, wo Vielfalt auf fruchtbaren Boden trifft – insbesondere in Unternehmen, die Diversität nicht nur als Ziel formulieren, sondern strukturell verankern. Bereits seit Jahren belegen Studien, dass heterogene Teams innovativer und erfolgreicher sind. Entscheidend dafür ist jedoch nicht allein die Zusammensetzung eines Teams, sondern die Art und Weise, wie es geführt wird.

Vielfalt allein reicht nicht – entscheidend ist inklusive Führungskompetenz. Der Unterschied zwischen bunten Teams und echter Innovationskultur liegt im Führungsverständnis, denn erst inklusive Leader schaffen Rahmenbedingungen, in denen Individualität wertgeschätzt und wirksam eingebracht werden kann. Das internationale Projekt Fit2Lead, das sich mit Führungskompetenzen zur erfolgreichen Inklusion von Menschen mit Behinderungen beschäftigt, zeigt: Erfolgreiche inklusive Führung basiert insbesondere auf Empathie, effektiver Kommunikation und psychologischer Sicherheit. Diese Aspekte ermöglichen es Mitarbeitenden, ihre Bedürfnisse offen zu kommunizieren, Verantwortung zu übernehmen und so ihr volles Potenzial zu entfalten. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels und des demografischen Wandels sind dies strategisch relevante Wettbewerbsfaktoren.

Aktuelle Daten aus Deutschland belegen deutlich: Rund 30 Prozent der Bevölkerung leben mit einer Behinderung, die ihren Alltag beeinträchtigt, 95 Prozent dieser Behinderungen entstehen im Laufe des Lebens – und die Mehrheit ist unsichtbar. Damit ist offensichtlich: Inklusion betrifft den gesamten Employee Lifecycle sowie alle Unternehmensebenen. Zukunftsfähige Führung bedeutet deshalb, Strukturen zu schaffen, die es allen Mitarbeitenden ermöglichen, langfristig leistungsfähig und produktiv zu bleiben – unabhängig von körperlicher Verfassung oder neurodivergenter Wahrnehmung.

Neue Führung bedingt neue Maßstäbe. Noch immer dominieren in vielen Führungsetagen Bilder von Führungspersönlichkeiten, die vor allem durchsetzungsstark, präsent und charismatisch auftreten. Doch diese eindimensionale Perspektive verhindert die Entfaltung inklusiver Potenziale. Zukunftsfähige Führung bedeutet nicht mehr, selbst im Mittelpunkt zu stehen, sondern vielmehr den Raum für andere zu öffnen. Dafür braucht es Führungspersönlichkeiten, die ihre Wirksamkeit aus dem Erfolg ihrer Teams ziehen – Persönlichkeiten, die mit Bescheidenheit, Klarheit und echter Verantwortung agieren.

Zukunftsfähigkeit entsteht, wenn Inklusion zur strategischen Führungsaufgabe wird – in jedem Unternehmen!

Nora Bilz hat 2024 die Leitung des Standorts Deutschland von dem Wiener Social Enterprise myAbility übernommen. Nach einer Professur für Kommunikationsdesign und einer Führungsposition im akademischen Management an der Erfurter IU International University of Applied Sciences führte sie ihre gelebte Erfahrung von Behinderung und Inklusion zu myAbility. Ihre eigenen Erfahrungen als Unternehmerin und als Führungskraft mit Behinderung nutzt Bilz, um ein öffentliches Bewusstsein für das Thema Inklusion zu schaffen und für den offenen Dialog als ersten Schritt einer inklusiven Unternehmenskultur zu sensibilisieren.
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