CEO.Table – Ausgabe 48

Table.Alert: Veronika Grimm mit Minderheitsvotum im Sachverständigenrat

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Veronika Grimm

Warum Veronika Grimm im Sachverständigenrat ein Minderheitsvotum einlegt

Im Sachverständigenrat herrscht Uneinigkeit: Die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm kann den Analysen zur Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland, die ihre Kollegen Monika Schnitzer, Ulrike Malmendier, Martin Werding und Achim Truger im aktuellen Jahresgutachten vertreten, nicht folgen. Sie warnt, „die Mehrheit im Sachverständigenrat riskiert, die Ungleichheitsdebatte zu Lasten des Standorts zu verstärken.“

In seinem heute veröffentlichten Gutachten kommt der Rat zu dem Schluss, dass „Deutschland im europäischen Vergleich eine überdurchschnittliche Vermögensungleichheit aufweist“. Grundlage dieser Einschätzung ist der Gini-Koeffizient – das gängige Maß für Ungleichheit. Erfasst werden dabei Immobilien, Spareinlagen, Finanzvermögen (einschließlich Kapitallebensversicherungen und kapitalgedeckter Altersvorsorgeverträge) sowie Betriebsvermögen.

Grimm sieht die Analyse der Ratsmehrheit kritisch, weil ihrer Ansicht nach zentrale Faktoren – insbesondere die Wirkung der sozialen Sicherung auf das Sparverhalten – unzureichend berücksichtigt werden. Sie betont, „eine Bewertung der Vermögensverteilung ohne das implizite Rentenvermögen bildet die ökonomische Realität unvollständig“ ab.

Großzügige staatliche Transfers minderten den Anreiz, zusätzlich eigenes Altersvermögen aufzubauen – vor allem bei niedrigeren Einkommen. Studien zeigten, dass sowohl umlagefinanzierte als auch kapitalgedeckte Rentensysteme private Vorsorgeaktivitäten verdrängen. Während Ansprüche aus kapitalgedeckten Systemen in der Vermögensstatistik erfasst würden, blieben solche aus Umlagesystemen – wie in Deutschland – außen vor.

Der internationale Vergleich sei nur bedingt aussagekräftig, da Rentensysteme in anderen Ländern stark variieren. In Staaten mit kapitalgedeckten Systemen würden höhere Vermögensbestände gemessen, während großzügige Umlagesysteme – wie in Deutschland – zu geringerer individueller Vermögensbildung führten. Ein Vergleich der Nettovermögen ohne diese Unterschiede greife zu kurz und biete keine verlässliche Grundlage für wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen.

Die Mehrheit des Sachverständigenrats fordert angesichts der Vermögensungleichheit, „die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen zu verringern, ohne die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer zu mindern“. Grimm widerspricht entschieden: Eine solche Maßnahme schwäche aus ihrer Sicht die Investitionsdynamik. „Angesichts der aktuell schwachen privaten Investitionstätigkeit und des damit verbundenen geringen Potenzialwachstums erscheint es jedoch geradezu fahrlässig, eine höhere Besteuerung von Betriebsvermögen in der sich dadurch ergebenden Größenordnung zu erwägen“, warnt sie.

Für Grimm liegt die zentrale Herausforderung weniger in einer unzureichenden Absicherung, sondern in fehlenden Spielräumen für private Initiative und Investitionen, die den individuellen Vermögensaufbau fördern könnten. Diese Perspektive hätte der Sachverständigenrat, so Grimm, angesichts der aktuellen wirtschaftspolitischen Lage stärker in den Vordergrund stellen sollen.

Das gesamte Minderheitsvotum lesen Sie hier.

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