Das Potenzial von Bayer im Jahr 2025 ist größer als je zuvor. Aber im abgelaufenen Jahr konnte Bill Anderson als neuer CEO die PS des Global Players noch nicht in dem Maß zur Entfaltung bringen, wie es Xabi Alonso mit der Werkself des Hauses in der letzten Spielzeit gelang. Was für Alonso der vermeintliche Fluch „Vizekusen" war, scheint für Anderson Lipobay zu sein.
Es gibt gute Ratschläge seitens der Rechtsabteilung, sich nicht in den Fallstricken des US-Rechtssystems zu verlieren. Dort kann jede unnötige Aussage sofort vom Gegner missbraucht werden. Aber damals wie heute galt: Ein Nein zur Kommunikation bestimmter Aspekte im Kontext (damals Lipobay) heute von Monsanto muss nicht in ein pauschales Niet zu jeglicher Information über das Handeln und Planen im eigenen Haus münden. Der Anteil, mit dem Bayer damals in den deutschen und internationalen Leitmedien in seinen eigenen Angelegenheiten sichtbar war, lag unter 20 Prozent. Mit anderen Worten: In vier von fünf Sätzen informierte Nicht-Bayer über das, was Bayer tat. Jeder erkennt, dass solch eine Situation selbst von den brillantesten CEOs nicht gewonnen werden kann. Darum liegt der neue CEO Bill Anderson von allen CEOs aus dem DAX40 nicht mit dem Sieger Christian Klein von SAP an der Spitze, sondern als Neunter deutlich unter seinen Potenzialen. Weil nicht er, sondern andere die Außenwahrnehmung seines Unternehmens bestimmen :
Von allen Werte-Treibern kann der neue CEO sich noch immer am besten auf sein Team verlassen: Das Arbeitgeber-Image trägt am stärksten zur Performance von Bayer bei, seit der Amerikaner in Leverkusen das Zepter übernahm. Selbst die bisherigen Assets wie Innovation und Nachhaltigkeit können nicht ihr Potenzial zur Gesamtwahrnehmung des Hauses sowie des neuen Top-Managements beitragen.
Wen verwundert es da, wenn auch der neuen Strategie wenig Glaube seitens der Stakeholder geschenkt wird? Denn welcher Finanz-Analyst, welche Business-Partner oder welcher nationale wie internationale Führer stellt sich auf die Seite einer Unternehmung, über deren Strategie als auch Forschung und Entwicklung über die Leitmedien wie Wallstreet-Journal, Financial Times oder Handelsblatt im Zweifel die Bedenken der Wettbewerber zu lesen sind? Die Grafik spricht seit 2012 eine klare Sprache. Offensichtlich herrschen in Leverkusen noch immer andere KPIs – auch wenn die Stellschrauben zum selbstgetriebenen Image nicht unbekannt sind.
Wahrnehmung – die eigene wie auch die der Partner – beginnt im Bekenntnis zu den eigenen Stärken. Während BASF seinem eigenen Wirken sechsmal so viel Raum im eigenen Geschäftsbericht einräumt und Henkel noch immerhin doppelt so viel, beschränkt sich Anderson und sein Team auf ein Minimum (siehe Grafik) und nutzt dieses Minimum eher zur Verteidigung als zur Offensive.
Alonso hat die Fußballer des Hauses an die Spitze geführt, weil er ausreichend Zeit in München verbringen konnte. Dort wird in Sachen „Eigenkommunikation" nicht gespart. Das sprichwörtliche „Sieger-Gen" ist kein Zufallsprodukt. Auch im Süden gibt es Rechtsabteilungen – aber die entscheiden weder die Mannschafts-Aufstellung noch das Liedgut.
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Roland Schatz ist Gründer und Chefredakteur des Forschungsinstitutes Media Tenor International AG.