Executive Summary
Erscheinungsdatum: 13. September 2025

Privates Kapital entscheidet über den Aufschwung

Skyline von Frankfurt. (Imago Images)

Deutschlands Modernisierung braucht Milliarden. Woher soll das Geld kommen, und wann zeigt sich der Boom?

330 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr braucht Deutschland laut einer aktuellen McKinsey-Studie, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Gemeint ist damit, bis 2030 gezielt in Digitalisierung, Energiewende, Infrastruktur und Innovation zu investieren – zusätzlich zu den bereits heute fließenden 950 Milliarden Euro. Das entspricht rund acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Klar ist: Mit staatlichen Mitteln allein lässt sich diese Lücke nicht schließen. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen Hebeleffekt. Öffentliche Gelder sollen privates Kapital anziehen und so die Wirkung vervielfachen. Dahinter steht die Idee, dass jeder Euro aus dem Sondervermögen zusätzliches Engagement von Unternehmen oder institutionellen Anlegern nach sich zieht.

„Entscheidend ist, ob es gelingt, dieses Paket mit privatem Kapital zu koppeln“, sagt ING-Firmenkundenvorstand Eddy Henning im Gespräch mit Table.Briefings. „Die 500 Milliarden aus dem Sondervermögen reichen vorne und hinten nicht.“ Wie wichtig dieser Beitrag für die Konjunktur ist, zeigt ein Blick auf die Bruttoanlageinvestitionen: Während der staatliche Anteil im vergangenen Jahr bei 2,9 Prozent des BIP lag, entfielen auf nicht-staatliche Investitionen 17,9 Prozent.

Im Kreditgeschäft der Sparkassen ist eine zusätzliche Dynamik bereits sichtbar. Für das erste Halbjahr 2025 meldeten die 342 Institute eine deutlich gestiegene Nachfrage im Unternehmenskreditgeschäft. Insgesamt sagten sie neue Kredite über 43,1 Milliarden Euro zu – 6,1 Milliarden Euro mehr als im Vorjahreszeitraum, ein Plus von 16,4 Prozent. Besonders stark nachgefragt waren Betriebsmittel- und Investitionskredite.

Die ING verweist hingegen auf einen veränderten Ton im Markt, ohne dass sich dies bislang in den Büchern niederschlägt. „Heute ist der Enthusiasmus – auch von internationalen Investoren – enorm“, sagt Henning. „Sehen tue ich Interesse, sehen tue ich Ideen. Aber ich sehe noch nichts, was wir machen.“ Er rechnet frühestens in 18 bis 24 Monaten mit einer spürbar steigenden Kreditnachfrage.

Hinzu kommt aus seiner Sicht ein ungünstiges Umfeld: Zölle aus den USA, verunsicherte Konsumenten und eine schwache Investitionsneigung belasten die Stimmung zusätzlich. Deutschland bleibe zwar ein guter Standort, doch im Vergleich zu Osteuropa sei die Umsetzungsgeschwindigkeit deutlich geringer. „Wir haben einen Disconnect zwischen guten Ideen, Bedarf und Starten. Daran scheitert es jetzt in Deutschland“, so Henning.

Dass privates Kapital in großem Umfang bereitsteht, zeigen internationale Beispiele. So hat der US-Investor Apollo Medienberichten zufolge Milliardenbeträge für Investitionen in Deutschland reserviert, teilweise bis zu zehn Milliarden US-Dollar pro Jahr. Und auch bei der Initiative „Made for Germany“ sind internationale Player wie Microsoft, Amazon und BlackRock dabei. Insgesamt haben sich 61 Unternehmen verpflichtet, bis 2028 rund 631 Milliarden Euro zu investieren.

KfW-CEO Stefan Wintels zu Gast im Podcast Table.Today
KfW-CEO Stefan Wintels zu Gast im Podcast Table.Today. (Table.Briefings)

KfW-CEO Stefan Wintels bestätigt diesen Trend im Gespräch mit Table.Briefings: Er beobachtet seit Monaten einen „rasanten Stimmungsumschwung“ unter internationalen Investoren – und er sieht ihn bis heute anhalten. Zugleich warnt er vor voreiligem Optimismus: „Dieses Sentiment ist ein scheues Reh.“ Noch gehe es um Erwartungen, nicht um konkrete Umsetzung. Es handle sich zudem um ein Generationenprojekt, „weil wir in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten nicht darauf angewiesen waren, privates Kapital in dem Umfang zu mobilisieren.“

Damit die Investitionen tatsächlich Wirkung entfalten, hat Finanzminister Lars Klingbeil einen Investitions- und Innovationsbeirat eingesetzt, der Ende September erstmals zusammenkommt und dem der Unternehmer Harald Christ vorsitzt. Das Gremium soll sicherstellen, dass die Milliarden aus dem Sondervermögen schneller und effizienter in konkrete Projekte fließen. Doch noch vor der ersten Sitzung kommt eine deutliche Warnung: Der Bundesrechnungshof kritisiert den Gesetzentwurf zur Verteilung von 100 Milliarden Euro an Länder und Kommunen als „substanzlos“. Ohne zusätzliche Vorgaben und Erfolgskontrollen drohe, dass die Mittel nicht die erhoffte Wirkung entfalten.

Trotz aller Unsicherheiten zeigt sich Wintels optimistisch für 2026: „Ich gehe definitiv davon aus, wenn uns der Himmel nicht auf den Kopf fällt, dass wir deutlich über ein Prozent wachsen werden.“

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Letzte Aktualisierung: 13. September 2025

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