CEO.Talk
Erscheinungsdatum: 10. Januar 2025

"Wir brauchen einen Restart"

Deutschland verharrt bereits das zweite Jahr in Folge in der Rezession. Die Prognosen für 2025 sind auch nicht vielversprechend. CEO.Table sprach mit dem Präsidenten der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und CEO der TRIWO AG darüber, wie das Land zurück zu mehr Wachstum finden kann.

Herr Adrian, die Insolvenzen steigen. Unternehmen bauen Stellen ab. Die Wirtschaftsleistung schrumpft. Haben Sie das Land schon einmal in so einer schlechten Verfassung erlebt?

Die wirtschaftliche Lage ist in der Tat sehr ernst. Selbst Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht inzwischen von einer strukturellen Krise, was die Bundesregierung vor ein paar Monaten so noch nicht eingestehen wollte. Es ist klargeworden, dass viele Firmen mit dem Rücken zur Wand stehen und die wirtschaftliche Talfahrt gestoppt werden muss.

2024 befanden wir uns das zweite Jahr in Folge in einer Rezession. Für 2025 rechnet die DIHK derzeit mit Stagnation. Hätten die großen Wirtschaftsverbände nicht schon viel früher Alarm schlagen müssen?

Das haben wir regelmäßig getan. Die DIHK hat bereits im Herbst 2023 eine Resolution mit zehn konkreten Punkten für eine dringend erforderliche Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik verfasst. Aber unsere Warnungen sind verhallt. Mit dem Anstieg der Insolvenzen und dem Stellenabbau in der Industrie wird die Krise jetzt spürbarer, die Politik kann die schlechte Lage nicht mehr ignorieren.

Das heißt, …

… dass es kaum eine Branche gibt, die sich nicht mehr in der Krise befindet. Die im internationalen Vergleich viel zu hohen Energiekosten belasten vor allem die Grundstoffindustrie, die Fahrzeugindustrie kann im Transformationsprozess nur schwer mithalten. Der Maschinenbau, eine unserer Vorzeigebranchen, ist um mehr als acht Prozent eingebrochen, und die Bau- und Immobilienwirtschaft leidet unter hohen Zinsen, Bürokratie und gestiegenen Rohstoffpreisen. Allein diese Branchen machen zusammen etwa 40 Prozent der deutschen Wertschöpfung aus. Das zeigt die dramatische Situation, in der wir uns befinden. Wie soll es ohne Reformen bergauf gehen? Das ist unmöglich.

Die Bundestagswahlen finden am 23. Februar statt, in gut sechs Wochen. Müsste schon vorher gehandelt werden, um den Abwärtstrend zu stoppen? Wirtschaftsminister Habeck hatte mit Blick auf die Energiepreise im Bundestag nach dem Bruch der Ampelkoalition vor Stillstand gewarnt.

Die Regierung hätte schon viel früher einen Reformkurs einschlagen können und müssen. Jetzt drängt die Zeit. Es bleibt ja nicht beim 23. Februar. Bis eine Koalition gebildet ist und die Ministerien mit einem neuen Haushalt durchstarten können, vergehen weitere Monate. Das ist nicht automatisch eine Phase, in der sich der Abwärtstrend drehen lässt.

Was muss eine neue Bundesregierung sofort anpacken?

Die hohen Energiepreise. Wenn Betriebe zum Teil das Vier- bis Fünffache ihrer ausländischen Konkurrenten für den Strom bzw. das Sechs- bis Siebenfache für Erdgas zahlen müssen, sind sie vielfach nicht mehr wettbewerbsfähig. Und die Bürokratie muss abgebaut werden. Der Aufwand darf nicht höher als in anderen Industrieländern sein. Dazu zählen auch schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Und wir müssen mit einem ganz anderen Tempo unsere Infrastruktur modernisieren. Wenn eine neue Bundesregierung das konsequent in Angriff nimmt, wird sich die Wirtschaft erholen.

Die Schuldenbremse muss also weg?

Die Schuldenbremse ist nicht das Problem. Es ist sehr viel Geld da. Wir müssen an die Verfahren ran und die Kosten senken. Ein Beispiel: Wenn der Bund eine vorhandene Brücke erneuert, ist dafür doch wirklich kein neues Artenschutzgutachten und auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig. Die liegen doch schon vor. Die Brücke sollte einfach gebaut werden können.

Brauchen wir eine Agenda 2030?

Wir brauchen ein Programm, mit dem wir einen Restart hinbekommen und mit dem wir wieder international wettbewerbsfähig werden. Deutschland hat hervorragende Fachkräfte. Wir haben innovative und kreative Unternehmer mit einer hohen Resilienz. Wenn die richtigen Weichen gestellt werden, werden wir schnell wieder besser und können zur Weltspitze aufschließen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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