CEO.Talk
Erscheinungsdatum: 31. Januar 2025

Wie wettbewerbsfähig ist die Berenberg-Bank, Herr Peters?

Von Thilo Boss

Der Verwaltungsratsvorsitzende und Mitinhaber der Hamburger Privatbank Berenberg, Hans-Walter Peters, über die deutsche Bankenlandschaft, die US-Konkurrenz und die Vorlage der Geschäftszahlen.

Herr Peters, Sie waren lange Zeit Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken und haben in Ihrer Amtszeit stets davor gewarnt, dass der deutsche Bankensektors sich in einer schwierigen Konsolidierungsphase befindet. Jetzt steckt die Commerzbank, Deutschlands zweitgrößtes Institut, in einem Übernahmekampf und droht von der italienischen UniCredit geschluckt zu werden. Was bedeutet das für den deutschen Bankenstandort?

Mir ist es nicht nur um den deutschen, sondern um den europäischen Bankenstandort gegangen. Der hat seit der Finanzkrise gegenüber den USA und nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union immer mehr an Bedeutung verloren. Das zeigt sich allein schon an den Handelsplätzen in New York und in London. Frankfurt und Paris spielen hier nicht mehr in der ersten, sondern inzwischen eher in der dritten Liga, wenn man dies in einem anschaulichen sportlichen Vergleich beschreiben würde. Mit 1,5 Billionen Euro sind die Top-10-US-Banken an der Börse fast dreimal so viel Wert wie die europäischen Institute. Und im M A-Markt sind die US-amerikanischen Banken bereits vollkommen dominant. Das demonstriert die Kräfteverhältnisse.

Woran liegt das? Sind amerikanische Banken geschäftstüchtiger und konzentrieren sich stärker auf das Wertpapier- und den lukrativen M A-Markt statt auf das kostenintensivere Retailgeschäft?

Das hat viele Gründe. Nach der Finanzkrise 2008/2009 hatte die US-Regierung den Banken zwangsweise Staatsgeld verordnet – und sorgte so für eine deutlich schnellere Erholung des US-Marktes. Ein zweiter Punkt ist, dass in Europa nach wie vor ein einheitlicher Bankenmarkt fehlt. Über Ländergrenzen hinweg Geschäft zu machen ist schwierig und teuer. Drittens: In angelsächsischen Ländern gibt es eine ausgeprägte Aktienkultur, in Deutschland zum Beispiel kommt bei den Bürgern die Notwendigkeit von Aktienanlagen zum Vermögensaufbau und zur Altersabsicherung erst langsam an. Dann haben wir – viertens – in Europa hohe Anforderungen bei der Regulatorik und ein ausuferndes Berichtswesen.

Das bedeutet?

Das alles bindet enorme Ressourcen, kostet viel Geld und verschleppt die Prozesse. Unsere Institute müssen zum Beispiel einen umfangreichen Nachhaltigkeitsbericht erstellen, sind verpflichtet über jedes Beratungsgespräch ein Protokoll zu führen. Und nicht zuletzt sorgt das über Jahre höhere Leitzinsniveau in den Vereinigten Staaten dafür, dass US-Banken höhere Gewinnmargen aufweisen. Unter dem Strich hat das dazu geführt, dass die US-Banken finanzkräftiger und damit wettbewerbsfähiger als die deutschen und europäischen Institute sind.

US-Präsident Donald Trump hat eine große Deregulierung auch im Finanzsektor angekündigt, …

… was die Wettbewerbsverzerrung weiter verschärfen wird. Wenn die EU-Kommission jetzt nicht schnell handelt und die Bürokratie zurückfährt, werden die Ungleichgewichte immer größer. Das kann zu einem Konsolidierungsprozess führen. Europa kann zu einem Übernahmemarkt für US-Banken werden. Für unsere Unternehmen und unseren Wirtschaftsstandort Deutschland wäre das fatal. Eine exportorientierte Industrienation braucht einen leistungsfähigen heimischen Bankensektor, der die Unternehmen im In-und Ausland begleitet. Über Finanzierungen muss vor Ort von Experten entschieden werden, die sich mit dem Markt und den Unternehmen auskennen.

Deutschland steckt weiter in der Rezession. 2025 wird maximal mit einer Stagnation der Wirtschaftsleistung gerechnet. Das bedeutet doch, dass die Kreditnachfrage für Investitionen rückläufig ist. Oder?

Die wirtschaftliche Talfahrt in Deutschland hat natürlich auch Auswirkungen auf das Firmenkundengeschäft. Wenn weniger investiert wird, ist die Kreditnachfrage rückläufig.

Besteht aber nicht auch die Gefahr einer Kreditklemme? Wenn die wirtschaftfliche Lage schlecht ist, steigt das Risiko der Banken, was wiederum zu einer restriktiveren Kreditvergabe führen kann.

Die Gefahr sehe ich nicht. Die EZB managt das sehr intelligent. Die Eigenkapitalvorschriften sichern die Liquidität der Banken.

Die Berenberg Bank hat gerade Ihre Geschäftszahlen bekanntgegeben. Wie hat Ihr Haus die schwierige Situation im Vergleich mit den US-Banken gemeistert?

Wir konnten unser Ergebnis um 47 Prozent gegenüber dem Vorjahr verbessern und haben einen Jahresüberschuss von 81,6 Mio. Euro erzielt. Das führt zu einer Eigenkapitalrendite von 40,1 Prozent vor Steuern. Und die kann sich auch im Vergleich zu den erfolgreichen US-Banken sehen lassen, wenngleich die natürlich in einer anderen Größenklasse spielen. Aber es gibt auch Bereiche, in denen wir geschäftlich mit den großen US-Häusern konkurrieren, beispielsweise bei europäischen Börsengängen und Kapitalerhöhungen. In Deutschland haben wir die großen US-Banken in diesem Bereich über Jahre hinweg hinter uns lassen können.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
Teilen
Kopiert!