CEO.Talk
Erscheinungsdatum: 25. September 2026

Investoren statt Banken: Der Hype um LAP Coffee

Die LAP-Coffee-Gründer Ralph Hage und Tonalli Arreola sind ins Visier der Kritik geraten. (LAP Coffee)

Das Berliner Coffee-Start-up polarisiert. Für die einen ist LAP Coffee ein Vorbild für bezahlbare Qualität, für die anderen eine Gefahr für Barista-Kultur und Wettbewerber. CEO Ralph Hage erklärt, warum er auf Investoren setzt und profitabel wächst.

Herr Hage, LAP Coffee war zuletzt ein sehr präsentes und kontroverses Thema. Wie erleben Sie die Debatte?
Die Debatte ist grundsätzlich gut, sie bringt Kaffee endlich auf die Agenda. Problematisch wird es allerdings, wenn falsche Informationen oder sogar Fake News verbreitet werden. Dann wird die Diskussion unproduktiv und schadet am Ende auch dem Markt. Gleichzeitig ist es positiv, dass in Deutschland nach Jahrzehnten erstmals wieder intensiv über Kaffee gesprochen wird.

Was war Ihre persönliche Motivation, LAP zu gründen?
Ich bin im Libanon aufgewachsen, wo Kaffee Menschen verbindet. Dieses Gemeinschaftsgefühl wollte ich nach Berlin bringen. Gleichzeitig wollte ich ein Geschäft aufbauen, das von Anfang an profitabel funktioniert.

Und ist Ihnen das gelungen – ist LAP heute wirklich schon profitabel?
Ja. Jede einzelne Filiale arbeitet profitabel, mit jeder Tasse Kaffee. Wir investieren kein Geld in klassisches Marketing und haben unsere Strukturen so aufgebaut, dass die Läden von Beginn an tragen. Für mich macht es keinen Sinn, ein modernes Unternehmen unprofitabel zu führen. Dafür arbeite ich zu hart.

Arbeiten Sie für mehr Sichtbarkeit mit Influencern zusammen?
Nein. Wir zahlen niemanden für Werbung. Wir laden manchmal Leute aus unserem Netzwerk ein, um neue Drinks zu probieren. Wenn ihnen das Produkt gefällt, posten sie vielleicht darüber – aber das ist freiwillig. Unser Marketing ist authentisch und komplett organisch.

Ihr Preisversprechen von 2,50 Euro für einen Cappuccino sorgt für viel Gesprächsstoff. Wie geht das auf?
Mit System: kleine Flächen, niedrige Mieten, geringe Eröffnungskosten, effiziente Abläufe. Wir kaufen Rohkaffee über Partner wie 19grams, rösten in Berlin und sichern Preise längerfristig ab. Da wir kein Budget für bezahlte Werbung einsetzen, wächst LAP allein über Mundpropaganda.

Bleibt der Cappuccino dauerhaft bei 2,50 Euro?
Das ist unser Versprechen. Wir haben verschiedene Preisniveaus getestet, 2,50 Euro ist die nachhaltige Balance aus Qualität und Erschwinglichkeit. Nur bei extremen Marktverwerfungen würden wir neu bewerten.

Wenn es nicht der Kaffee selbst ist, was sind dann die größten Kostenfaktoren?
An erster Stelle steht das Personal, dann kommen Miete und schließlich Steuern – die sind vor allem kompliziert, etwa durch unterschiedliche Sätze je nach Milchart.

Ihr Markenname „Living Among People“ klingt nach Gemeinschaft, viele Kundinnen und Kunden holen den Kaffee aber „to go“. Wie passt das zusammen?
Gemeinschaft definiert sich nicht über Quadratmeter. Wer es eilig hat, bekommt schnell seinen Kaffee. Wer Austausch sucht, findet ihn: Wir veranstalten pro Store zwei bis drei Formate pro Woche, vom Run Club über Buchclubs bis zu Nachbarschaftstreffen. Auch das kurze Gespräch mit dem Barista gehört dazu. Und sieben von zehn Tassen Kaffee in Deutschland werden ohnehin unterwegs getrunken.

Kritiker sagen, durch Automatisierung gehe die Barista-Kultur verloren. Was entgegnen Sie?
Technologie erhöht die Reproduzierbarkeit, so wie der Fahrstuhlknopf den Fahrstuhlführer ersetzt hat. Auch Spitzenrestaurants arbeiten heute mit präzisen Maschinen. In vielen Ländern wird das gefeiert, in Deutschland eher misstrauisch beäugt. Die Qualität leidet nicht, sie wird konstanter.

Wie wollen Sie LAP in Zukunft skalieren – funktioniert Ihr Konzept auch außerhalb von Berlin, zum Beispiel in einer Stadt wie Bochum?
Ja, absolut. Viele kleinere Städte könnten sogar besser funktionieren als Berlin, weil es dort weniger Wettbewerb gibt, die Preise aber oft höher sind. Über Social Media bekommen wir täglich Anfragen: „Kommt nach Bremen, kommt nach Hannover, wann nach Frankfurt?“ Unser Modell mit kleinen, effizienten Läden lässt sich relativ leicht multiplizieren. Entscheidend ist am Ende, wo die Community uns haben will. Berlin dagegen ist für uns tatsächlich die schwierigste Stadt.

Warum ist das so?
Hier ist der Wettbewerb am größten, und anstatt zusammenzuarbeiten, arbeitet man oft gegeneinander. Dazu kommt ein kritisches Klima – bis hin zu Vandalismus an unseren Läden. In München oder Hamburg erleben wir das nicht.

Kritik gibt es auch an Ihrer Finanzierung. Wie haben Sie LAP aufgebaut, nachdem Banken keine Kredite vergeben wollten?
Nach zwei erfolgreichen Läden wollten wir expandieren und haben Banken um Kredite gebeten. Alle haben abgelehnt, Gastronomie gilt als zu riskant. Deshalb sind Business Angels und VCs eingestiegen – darunter FoodLabs, Insight Capital und HV Capital als die drei wichtigsten Partner. Die Beträge pro Store bleiben niedrig, weil unser Setup sehr schlank ist. Ohne Bankfinanzierung bleibt Risikokapital oft die einzige Möglichkeit, Innovationen umzusetzen.

Welche Rendite erwarten Ihre Investoren?
Unsere Investoren denken langfristig. Es geht nicht darum, in kurzer Zeit riesige Gewinne abzuschöpfen, sondern gemeinsam ein nachhaltiges, profitables Modell aufzubauen. Wichtiger ist, dass wir gemeinsam eine stabile Basis schaffen, auf der sich das Unternehmen gesund entwickeln kann.

Was ist Ihr Ziel – wo wollen Sie mit LAP in den nächsten Jahren hin?
Unser wichtigster Maßstab bleibt Profitabilität. Jede Filiale soll dauerhaft im Plus sein. Parallel wollen wir unser Angebot erweitern: neue Getränke, Ready-to-Drink-Produkte für den Supermarkt. Außerdem möchten wir in den Kiezen sichtbarer werden – mit Projekten für Nachhaltigkeit, etwa mehr Grünflächen oder Abfalllösungen. Ob wir das über weitere Filialen oder zusätzliche Vertriebskanäle erreichen, hängt davon ab, wo unsere Kundinnen und Kunden den größten Nutzen sehen.

Gibt es einen KPI, an dem Sie sich persönlich orientieren?
Glückliche Stammkundinnen und Stammkunden bei stabilen Preisen. Wenn das stimmt, bleibt jede Filiale profitabel – und alles andere ergibt sich daraus.

Zum Abschluss: Was ist Ihr wichtigstes Learning aus den vergangenen Monaten?
Dass Erfolg in Deutschland nicht automatisch gefeiert wird. Sobald etwas funktioniert, wird eher nach Problemen gesucht. Aber wir lassen uns davon nicht bremsen. Unser Learning ist: Wenn man nah an den Menschen bleibt und echte Mehrwerte schafft – guten Kaffee zu fairen Preisen, Begegnung und Community – dann trägt das Geschäft. Am Ende setzt sich Qualität durch, und davon sind wir überzeugt.

Briefings wie CEO.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 26. September 2025

Teilen
Kopiert!