CEO.Picks
Erscheinungsdatum: 12. Juli 2025

Q4 – das Stiefkind des Controllings

Oliver Binz, Associate Professor of Accounting an der ESMT Berlin

Das vierte Quartal ist in vielen Unternehmen kein normaler Abschluss, sondern eine Phase der Korrekturen. Bei der Betrachtung der Gewinne von US-Unternehmen über einen Zeitraum von 35 Jahren zeigt sich: Diese brechen im vierten Quartal systematisch ein, im Durchschnitt um fast 50 Prozent gegenüber den Vorquartalen. Ursache sind durchweg verzerrte Schätzwerte für Aufwände im Jahresverlauf. Das führt zu einem verzerrten Bild, das erst am Jahresende korrigiert wird. Die Folge: Die Zahlen sinken auffällig, Märkte reagieren negativ, obwohl das operative Geschäft stabil ist.

Für CEOs ist das ein unterschätzter Risikofaktor. Wenn die Strategie auf fehlerhaften Zahlen beruht, können Entscheidungen ineffizient oder sogar kontraproduktiv sein. Verzerrte Ergebnisse erschweren nicht nur Entscheidungen auf Vorstandsebene. Auch Fachbereiche und Budgetverantwortliche steuern an einem Bild vorbei, das rückblickend nicht trägt. So entstehen operative Brüche, die sich erst spät auflösen lassen. Gleichzeitig wird unnötig Vertrauen am Kapitalmarkt verspielt, weil Analysten und Investoren die Logik der Korrekturen oft nicht nachvollziehen. Und das, obwohl die Kurse sich meist schnell wieder erholen.

Statt das vierte Quartal als bloßen Abschluss zu sehen, sollten CEOs es als Prüfstein nutzen: Stimmen die Annahmen? Ist die Verteilung von Aufwänden über das Jahr realistisch? Wer hier ansetzt, erhöht die Steuerbarkeit der eigenen Organisation. Und schützt die Glaubwürdigkeit seines Unternehmens.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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