CEO.Economics
Erscheinungsdatum: 04. Oktober 2025

Warum wir keine neue Klimapolitik brauchen

Die USA unter Donald Trump sind aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen und setzen nun (fast) vollständig auf fossile Energieträger. Wenn die größte Volkswirtschaft die grüne Transformation in diesem Ausmaß infrage stellt, löst das natürlich auch bei uns Diskussionen aus. So zum Beispiel Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in der Welt: „Muss man 100 Prozent erreichen oder reichen nicht 90 Prozent oder 80 Prozent, oder reicht statt 2045 auch 2050?“ Ist so eine Diskussion aufgrund der Faktenlage gerechtfertigt und ist sie zielführend?

Zunächst einmal: An den zu erwartenden hohen Kosten einer dramatischen Temperaturerhöhung hat sich auch durch Trump nichts geändert. Da ist sich die Wissenschaft noch immer einig. Klimapolitik bleibt also grundsätzlich richtig und wichtig. Das bestreitet auch Ministerpräsident Kretschmer nicht. Die Frage stellt sich aber schon, ob die ehrgeizige Klimapolitik in Deutschland beziehungsweise in Europa zu großen Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Industrie führt und sich damit die Frage stellt, ob die Ziele zu ehrgeizig sind oder der Ansatz falsch ist.

Das IWH hat vor einiger Zeit einen Sechs-Punkte-Plan zur effizienten grünen Transformation vorgelegt. In meinen Augen hat sich an den sechs Punkten grundsätzlich nichts geändert. Trotzdem ergibt sich im Detail Anpassungsbedarf:

  1. Kretschmer hat recht, dass deutsche Alleingänge bei den Klimazielen nicht zielführend sind. Klimaziele ergeben nur auf europäischer Ebene einen Sinn. Die EU hat sich das Ziel Klimaneutralität im Jahr 2050 vorgenommen, Deutschland schon 2045. Das ehrgeizigere Ziel Deutschlands führt zu keiner Reduktion des europäischen CO₂-Ausstoßes, da andere Länder innerhalb der EU nur mehr ausstoßen können. Die Ziele, wie die korrespondierenden Maßnahmen (wie zum Beispiel der Zertifikatehandel), sollten auf europäischer Ebene operieren.

  1. Fossile Energieträger sind in Deutschland weiterhin eher zu billig und erneuerbare Energieträger zu teuer. Neben dem allgemeinen Preisniveau bei Energie ist vor allen Dingen der relative Preis zwischen erneuerbaren und fossilen Brennstoffen von entscheidender Bedeutung. Eine große Spreizung zwischen beiden Preisen setzt Anreize, auf Erneuerbare umzusteigen und neue grüne Verfahren zu entwickeln und einzuführen. Ohne diese Anreize können Klimaziele nicht kosteneffizient erreicht werden. Daher sind auch eine Diskussion um den Industriestrompreis sowie eine längere Diskussion um ein Aufweichen oder Verschieben der Ziele kontraproduktiv, da beide diese Anreize reduzieren.

  2. Klimazölle haben durch das Aussteigen der USA aus dem Konsens der Klimapolitik eine noch größere Bedeutung. Sie dienen dazu – zumindest temporär –, Nachteile der einheimischen Industrie durch mit billiger fossiler Energie produzierte Güter auszugleichen. Da Klimazölle proportional zum CO₂-Ausstoß bei der Produktion sind, sollten diese Zölle einige der potenziellen Nachteile, die der deutschen Industrie durch höhere Energiekosten entstehen, ausgleichen. Natürlich würde die Einführung dieser Zölle zu schwierigen Verhandlungen mit den USA führen, deren Ausgang völlig offen ist. Es ist etwas verwunderlich, dass Klimazölle nicht schon in den jüngsten EU-USA-Zollverhandlungen ein Thema waren.

  3. Investitionen in klimaneutrale Forschung und Entwicklung wird noch wichtiger, wenn es um die letzten zehn oder 20 Prozent Klimaneutralität geht. Es ist ja beispielsweise klar, dass es auch 2050 noch immer Verbrenner auf den Straßen geben wird, oder Gasheizungen. Das heißt aber nicht, dass man das Ziel auf 90 oder 80 Prozent Klimaneutralität reduzieren sollte, wie Kretschmer vorschlägt. Richtig wäre es stattdessen, noch mehr auf „carbon capture and storage“-Technologien (CCS) zu setzten. Hier können auch Subventionen für Forschung und Entwicklung eine nützliche Rolle spielen.

Insgesamt sollten wir aufgrund der Entwicklung in den USA nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Diese ist ohnehin möglicherweise temporär und kehrt sich mit einem Amtswechsel im Weißen Haus wieder um, weshalb wir unsere Klimaziele und die Maßnahmen, um sie zu erreichen, nicht komplett überdenken sollten. Es ist eher so, dass wir die Maßnahmen und Initiativen, die wir schon haben, konsequenter umsetzen sollten, denn nur dann können wir unnötige Kosten bei dem Prozess hin zur Klimaneutralität vermeiden.  

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Letzte Aktualisierung: 04. Oktober 2025

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