Analyse
Erscheinungsdatum: 23. August 2025

Europäische Banken: Fünf Gründe für den Aufschwung

Zinsnormalisierung, stärkere Bilanzen, Konsolidierung, staatliche Investitionen und Kapitalzuflüsse treiben Europas Bankaktien. Ob der Trend trägt, entscheidet am Ende die Umsetzung der Investitionen.

Der europäische Bankensektor erlebt in den vergangenen Monaten eine bemerkenswerte Neubewertung. Nach Jahren struktureller Schwäche und deutlichem Bewertungsabschlag gegenüber den USA ziehen die Aktienkurse europäischer Institute spürbar an.

  • Der STOXX Europe 600 Banks-Index liegt seit Jahresbeginn um 47 Prozent im Plus.

  • Bei einzelnen Großbanken sind die Kurszuwächse noch deutlicher: UniCredit plus 78 Prozent, Deutsche Bank plus 86 Prozent, Banco Santander plus 85 Prozent.

Diese fünf Gründe sprechen für den aktuellen Aufschwung europäischer Banken:

  • Erstens: Das normalisierte Zinsumfeld stützt die Erträge. Die Abkehr von Negativzinsen hat den Nettozinsertrag, den wichtigsten Ertragsposten der Banken, deutlich erhöht; europäische Institute profitieren davon stärker als US-Banken, die nie mit negativen Leitzinsen konfrontiert waren. Florian Heider, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, sagt: „Wir erleben wieder ein normales Zinsumfeld. Das stützt das klassische Kreditgeschäft, von dem europäische Banken traditionell stark abhängen.“ Carsten Brzeski, Chefvolkswirt bei der ING, ergänzt: „Aktuell birgt die Zinsstrukturkurve kein akutes Risiko für Banken, sondern hat die Profitabilität vieler Banken begünstigt.“

  • Zweitens: Die Fundamentaldaten haben sich verbessert. Filialabbau und Personalreduzierungen senken die Kosten, die Kapitalausstattung wurde gestärkt. In der Folge erreichen Eigenkapitalrenditen europäischer Banken wieder zweistellige Werte; der Abstand zu US-Wettbewerbern schrumpft.

  • Drittens: Konsolidierung wirkt als Katalysator für Skaleneffekte und stärkere Marktpositionen. Erwartete Transaktionen, etwa BBVA/Sabadell oder UniCredit/BPM, erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Effizienzgewinnen. Heider: „Mögliche Übernahmen im Bankensektor wecken zusätzlich Fantasie. Viele Investoren positionieren sich strategisch, um bei einer Konsolidierungswelle dabei zu sein.“

  • Viertens: Fiskalische Impulse beleben die Kreditnachfrage. Nach Angaben der KfW stiegen die inländischen Förderzusagen im ersten Halbjahr um 4,7 Milliarden Euro auf 25,3 Milliarden Euro. Die Mittel werden meist über Hausbanken ausgereicht und häufig durch zusätzliche Bankkredite ergänzt. Für die Institute bedeutet das mehr Volumen im Firmenkundengeschäft sowie zusätzliche Zins- und Provisionserträge.

  • Fünftens: Geopolitische Kapitalströme begünstigen Europa. Heider beobachtet, dass Investoren US-Positionen reduzieren und Kapital vermehrt nach Europa lenken. Die Schwäche des Dollars verstärkt diesen Effekt. Sichtbar wird dies in einer hohen Nachfrage nach europäischen Staatsanleihen. Das erhöht die Marktliquidität, verbessert die Refinanzierungsbedingungen und stützt die Bewertungen der Banken.

Wie geht es weiter? Ob die Rallye mehr ist als eine zyklische Erholung, entscheidet sich vor allem dadurch, ob die angekündigten Investitionen umgesetzt werden. „Es bleibt abzuwarten, ob die aktuellen Investitionsinitiativen die gewünschten wirtschaftlichen Impulse entfalten“, warnt Carsten Brzeski. Maßgeblich für die Zukunft ist zudem, ob Banken zusätzliche Ertragsquellen jenseits des Zinsgeschäfts erschließen. Der Wettbewerb durch neue Fintechs beschleunigt Innovationen, erhöht kurzfristig jedoch die Kosten und beeinflusst damit die Bewertung der Bankaktien.

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Letzte Aktualisierung: 23. August 2025

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