Table.Briefing: Bildung

Studie gibt Bestandsaufnahme zu KI-Systemen an Schulen + Welche Konsequenzen aus dem Berufsbildungsbericht folgen müssen + Standpunkt: Sprachförderung muss in Kitas bleiben

Liebe Leserin, lieber Leser,

stellen wir uns einfach mal eine ideale Schulwelt vor: In jeder Klasse sitzen 25 Kinder, jedes Kind bekommt Aufgaben, die genau an seine Lernvoraussetzungen angepasst sind und kann sich jederzeit Feedback geben lassen. Die Lehrkraft sieht genau, welches Kind wo steht, und hat Zeit, sich vor allen den Schülerinnen und Schülern zu widmen, die mehr Begleitung brauchen.

Klingt weit weg von der Realität, dabei ist es das gar nicht. Denn das entsprechende Gerüst dafür gibt es schon: die Intelligenten Tutoriellen Systeme (ITS). Aber bis ITS in den Schulen zum Alltag gehören, muss die Bildungspolitik noch einige Hausaufgaben machen und ungelöste Fragen beantworten. Das zeigt eine Studie, die die Vodafone Stiftung beim Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie in Auftrag gegeben hat. Sie wird an diesem Mittwoch veröffentlicht. Wir durften sie aber schon vorher lesen und stellen Ihnen die wichtigsten Ergebnisse und Empfehlungen vor.

Einige Empfehlungen gibt es auch anlässlich des neuen Berufsbildungsberichts, besonders zu der Frage, wie man die Zahl der jungen Menschen reduzieren kann, die keinen Berufsabschluss haben. Die Zahl der Ungelernten steigt seit Jahren. Anna Parrisius hat sich bei Sozialpartnern und Politikern umgehört, wie Politik und Betriebe diesem Negativtrend entgegenwirken können.

Ein Thema ist dabei natürlich auch, wie Schüler überhaupt fit für den Ausbildungsmarkt gemacht werden können und wie Basiskompetenzen besser vermitteln werden können. Klar ist: Das darf nicht erst am Ende der Schullaufbahn passieren, sondern am besten, bevor die Schule überhaupt losgeht. Das betont auch Stefan Spieker, Geschäftsführer des Kita-Trägers Fröbel, der 237 Einrichtungen betreibt. Er fordert in seinem Standpunkt, Kitas endlich als eigenständige Bildungseinrichtungen zu betrachten und sie nicht auf die Vermittlung von Vorläuferkompetenzen für die Schule zu reduzieren.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und morgen einen sonnigen Feiertag!

Ihre
Annette Kuhn
Bild von Annette  Kuhn

Analyse

Intelligente Tutorielle Systeme: Welche Aufgaben die Bildungspolitik jetzt hat

Jeder Schüler lernt in eigenem Tempo, an die eigene Lernvoraussetzungen angepasst, mit passend zugeschnittenen Aufgaben und Rückmeldungen. So sieht die Idealwelt eines individualisierten Unterrichts aus. Ein wichtiger Schlüssel, um dahinzukommen, sind Intelligente Tutorielle Systeme (ITS). Doch bei der Nutzung solcher KI-gestützten adaptiven Systeme gibt es noch große Unterschiede zwischen den Ländern und zwischen den Schulen. Das liegt vor allem an der unterschiedlichen finanziellen und damit auch digitalen Ausstattung. Und es liegt auch daran, dass die Nutzung sehr stark vom Interesse und der Expertise einzelner Lehrkräfte abhängt.

Ein länderübergreifendes Projekt geplant

Das hat eine Studie zu ITS herausgearbeitet, die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird und die Table.Briefings vorab exklusiv vorlag. Das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat dafür im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland 63 Interviews mit Lehrkräften und Schulleitungen sowie Akteuren in der Schulverwaltung, bei Schulträgern, Landesinstituten und Datenschutzbehörden geführt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind Basis für einen Leitfaden für Schulen (hier zum Download), der eine aktuelle Bestandsaufnahme über Angebot und Anwendung gibt. Außerdem liegt ein Orientierungspapier (hier zum Download) vor, das sich vor allem an politische Akteure richtet.

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung könnte nicht passender sein, denn gerade ist länderübergreifend Schwung in die Thematik gekommen. Bislang gab es zwei parallele Entwicklungsprojekte zu Intelligenten Tutoriellen Systemen. 2021 haben im Projekt ITS zunächst Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag der KMK damit begonnen, Area9 Rhapsode an Schulen zu testen. Als zweites Projekt startete 2022 die Adaptive Learning Cloud (ALC) mit dem Ziel, eine Online-Plattform für adaptive Lernmaterialien zu entwickeln.

Drei Anbieter für Intelligente Tutorielle Systeme dominieren

Ende April haben die Länder nun beschlossen, ITS und ALC zusammenzuführen, um ein länderübergreifendes KI-gestütztes Lernsystem zu entwickeln: das Adaptive Intelligente System (AIS). Table.Briefings berichtete darüber. Im Juni soll die Ausschreibung für AIS starten, Ende 2026 soll das System dann den Schulen zur Verfügung stehen. Finanziert wird die Entwicklung noch aus Mitteln des Digitalpakts I. Welcher Anbieter das Rennen dabei macht, ist offen. Bislang sind vor allem drei Player in den Schulen in Deutschland aktiv:

  • Bettermarks ist derzeit der Platzhirsch. Nach Angaben des Unternehmens arbeitet inzwischen jede zehnte Schule mit Bettermarks, das sich auf Mathematik der Jahrgänge 4 bis zum Abitur konzentriert. Die Hälfte der Bundesländer hat Landeslizenzen.
  • Area9 stellt selbst keinen Content zur Verfügung, sondern bietet die Software an, in die dann Schulbuchverlage oder Lehrkräfte Inhalte zu beliebigen Unterrichtsfächern einpflegen können.
  • Feedbook wurde seit 2016 an der Universität Tübingen entwickelt und will den Englischunterricht ab Klasse 7 unterstützen. Es wird bereits an vielen Schulen erprobt und wissenschaftlich begleitet.

Außerdem sind der Studie zufolge an wenigen Schulen noch Calcularis (Mathematik) und Grafari (Rechtschreibung) im Einsatz. Allerdings werden diese bislang nur privat finanziert. Länderkooperationen gibt es nicht.

ITS brauchen große Datenmengen

Die FiBS-Bestandsaufnahme zeigt, vor welch großen Herausforderungen eine länderübergreifende Etablierung eines KI-gestützten adaptiven Systems steht. Eine große Frage ist zum Beispiel, ob und wie eine gemeinsame Datenbasis geschaffen werden kann. “Idealtypisch beinhaltet das ITS große Datenmengen zu sehr unterschiedlichen Schülertypen”, heißt es im Orientierungspapier. Nur so könne der nächste Lernschritt bestmöglich aufgezeigt werden. Laut Studienleiterin Ewa Bacia vom FiBS hat Bettermarks zum Beispiel mehr als 2.800 mögliche Fehler identifiziert.

Mit der Erhebung der Lerndaten kommt der Datenschutz ins Spiel. Matthias Graf von Kielmansegg, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung, hält einheitliche Standards für enorm wichtig. “Ich sehe sonst die Gefahr, dass solche Lernsysteme in einem Bundesland vollständig laufen, in einem anderen aber nur mit einem Teil der adaptiven Funktionen und in einem dritten Land vielleicht nur als Ersatz von klassischen Arbeitsblättern”, sagte er Table.Briefings.

Sozialer Vergleich fällt weg

Das würde die Ungleichheit zwischen den Schulen weiter verstärken. Schon jetzt ist der Digital Divide groß. Schulen in herausfordernder Lage haben meist eine deutlich schlechtere digitale Ausstattung. Außerdem sind die Personalprobleme hier oft größer, sodass Lehrkräfte weniger Zeit haben, sich für die Nutzung von ITS fortzubilden.

Dabei könnte gerade die Schülerschaft an Schulen in herausfordernder Lage von der individualisierten Lernförderung durch Intelligente Tutorielle Systeme besonders profitieren, weil hier auch die Schülerschaft häufig besonders heterogen ist. Bacia sieht aber auch noch andere positive Effekte: “Unsichere Schüler werden eher gestärkt, weil sie Aufgaben bekommen, die ihrem aktuellen Wissensstand und ihren Fähigkeiten entsprechen, wodurch sie schneller Fortschritte machen können.” Zudem falle der soziale Vergleich weg, weil jeder verschiedene Aufgaben bekomme.

Datenschutz muss angepasst werden

Um den Herausforderungen zu begegnen, gibt das Orientierungspapier des FiBS auch Handlungsempfehlungen zur Etablierung von ITS. Dazu gehört unter anderem:

  • Eine aktivere Mitgestaltung durch Akteure der Bildungspolitik. Sie sollten gemeinsam mit Landesinstituten und Schulverwaltung Qualitätskriterien und Standards für ITS entwickeln und das Feld nicht der Privatwirtschaft überlassen.
  • Ein verlässlicher Budgetrahmen, um die laufende Nutzung von ITS zu gewährleisten. Dabei dürfe durch die unterschiedliche finanzielle Ausstattung der Kommunen für die Schulen keine Benachteiligung entstehen.
  • Die Struktur des geplanten länderübergreifenden AIS so gestalten, dass kommerzielle Anbieter, aber auch Lehrkräfte andocken und Unterrichtsmaterial einbringen können. Und sie muss so nachhaltig sein, dass auch andere Tools und Systeme andocken können, zum Beispiel Large Language Models.
  • Den Datenschutz für schulbezogene Anwendungen so anpassen, dass der Grundsatz der Datensparsamkeit nicht mit dem Erfordernis der ITS, umfangreiche personenbezogene Verlaufsdaten zu verarbeiten, kollidiert. Die Datenschutzbehörden sollten dabei stärker Berater und weniger “potenzieller, aufsichtsrechtlicher Veto-Spieler” sein.
  • Die Lehrerfortbildung stärken, damit Lehrkräfte ITS überhaupt sinnvoll nutzen können.

Projektleiterin Bacia betont außerdem, dass Schulen mehr Freiheit bekommen müssen: “Sie müssen eigene Budgets bekommen, um selbst entscheiden zu können, mit welchen Lernmitteln und Tools sie ihre Schülerinnen und Schüler am besten fördern.” Und Graf von Kielmansegg ergänzt: “Die Schulgemeinschaft und das Kollegium müssen sich einig sein, dass sie ein bestimmtes Intelligentes Tutorielles System wollen, wofür sie es wollen und wie sie damit arbeiten.” Ohne Konzept bringe auch ein schuleigenes Budget nichts.

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Berufsbildungsbericht: Was er über junge Ungelernte verrät

Entwürfe des Berufsbildungsberichts kursieren schon seit Wochen, am Mittwoch soll das Bundeskabinett ihn verabschieden. Jedes Jahr erstellt ihn das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Auftrag des BMBF. Wie schon voriges Jahr sorgt vor allem die Zahl der 20- bis 34-Jährigen ohne Berufsabschluss für Aufsehen: 2,86 Millionen waren es 2022, fast jeder fünfte in der Altersgruppe. Sie haben ein größeres Risiko für Arbeits- und Langzeitarbeitslosigkeit, verdienen im Schnitt deutlich weniger als Beschäftigte mit Berufsabschluss. Und Deutschland bräuchte sie angesichts der Demografie dringend als Fachkräfte.

Bei der Berechnung stützt sich das BIBB auf den Mikrozensus, für den jährlich rund ein Prozent der Bevölkerung befragt wird. Ohne Berufsabschluss gilt, wer keine Ausbildung und kein Studium abgeschlossen hat. Ausgenommen sind Schüler, Azubis, Studierende und Freiwilligendienstleistende. Doch was ist über die 20- bis 34-Jährigen ohne Berufsabschluss sonst bekannt – und wie lässt sich ihre Zahl verringern?

Eindeutige Antworten sind schwierig. “Zwar gibt es für das Phänomen erste Erklärungsversuche, aber belastbare Kausalitäten werden nicht aufgezeigt”, moniert Friedhelm Boginski, Berichterstatter der FDP. Daher fordert er eine differenziertere Datenerhebung. Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, würde Bildungsverlaufsanalysen für aussagekräftiger halten, die zeigen, wie hoch am Ende etwa der Anteil der 30- oder der 34-Jährigen ohne Abschluss ist. “Allerdings”, sagte er Table.Briefings, “sind dann auch nur retrospektive Betrachtungen möglich.”

Jugendliche ohne Schulabschluss besonders gefährdet

Immerhin zeigt die Auswertung des BIBB: Wer schon keinen Schulabschluss schafft, hat ein deutlich höheres Risiko, ungelernt zu sein – 74 Prozent der 20- bis 34-Jährigen ohne Qualifizierung haben laut BIBB auch keinen Berufsabschluss. Auch bei Hauptschulabsolventen ist die Quote mit 41 Prozent hoch. Niedriger ist sie bei einer Mittleren Reife (18 Prozent) und bei Studienberechtigten (acht Prozent).

Das BIBB empfiehlt, mehr in die Ausbildung leistungsschwächerer junger Menschen zu investieren, “auch wenn dies zunächst mit höheren ,Kosten’ einhergehen kann”. Unterstützungsinstrumente, etwa die Assistierte Ausbildung, könnten helfen. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der DIHK, Achim Dercks, fordert, diese müssten “noch bekannter gemacht und weiterentwickelt werden”.

Noch nie haben so wenige Betriebe ausgebildet

Kritik übt Nicole Gohlke, für die Gruppe Die Linke zuständig für Bildungspolitik, neben der Bundesregierung an den Unternehmen. Sie sagt zu Table.Briefings: “Diese konzentrieren sich immer mehr auf die Stärksten eines Jahrgangs.” Allerdings müsse man Kritik seitens der Betriebe, viele Jugendliche seien nicht ausbildungsreif, auch ernst nehmen und mehr in Bildung investieren. Gohlke fordert einen bundesweiten Ausbildungsfonds, über den sich alle Betriebe an der Ausbildung beteiligen müssen.

Tatsächlich boten noch nie so wenige Betriebe wie 2022 eine Ausbildung an: 18,9 Prozent. Vor allem Kleinstbetriebe haben sich zurückgezogen (-4,1 Prozent). In der Stellungnahme der Arbeitnehmer zum Berufsbildungsbericht, die Table.Briefings vorab vorlag, fordern diese für Klein- und Kleinstbetriebe “Unterstützungsinstrumente zur Bewerbung und Besetzung von Ausbildungsplätzen”.

Stephan Albani, Berichterstatter der Unionsfraktion für Berufliche Bildung, sieht einen Schlüssel in “einer effektiveren und zielgerichteteren Berufsorientierung, die bereits im Grundschulalter ansetzt”. Der Prozess der beruflichen Orientierung brauche eine besser Anleitung, egal ob durch Schulen oder Kammern.

Zahl ungelernter Migranten steigt

Einen Treiber der gestiegenen Zahl Ungelernter sieht das BIBB in einer steigenden Zahl unqualifizierter Migrantinnen und Migranten. Bei ihnen ist die Quote der Ungelernten deutlich höher (39,1 Prozent) als bei Personen ohne Migrationshintergrund (11,6 Prozent). Auch bei Personen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, fiel die Quote überdurchschnittlich hoch aus (20,4 Prozent). Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, betont, dass dabei – neben etwa sprachlichen Hürden – Alltagsrassismus eine Rolle spielt: “Wer einen ausländisch klingenden Namen hat, wird seltener zum Bewerbungsgespräch eingeladen.”

Lesen Sie auch: Ausländische Jugendliche bei Lehrstellensuche häufiger erfolglos

Ein Grund für die gestiegene Zahl Ungelernter kann auch in mehr Abbrüchen liegen. Bei dualen Ausbildungsverträgen lag die Vertragslösungsquote 2022 bei 29,5 Prozent und damit deutlich höher als im Vorjahr (2021: 26,7 Prozent). Allerdings schließt mindestens die Hälfte der Azubis erneut einen Vertrag ab, wechselt also nur Betrieb oder Beruf.

Teilqualifikationen absolvieren bisher wenige

Jungen Menschen bis 25 Jahre empfehlen Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, wenn möglich eine Ausbildung nachzuholen. Danach gibt es theoretisch flexible Möglichkeiten, sich schrittweise nachzubilden. Ab 25 Jahren können Ungelernte analog zur dualen Ausbildung Teilqualifikationen (TQ) erwerben. “Der Gesetzgeber hat hier gute Fördermöglichkeiten über die Bundesagentur für Arbeit geschaffen”, sagte Volker Born, Bereichsleiter Bildung beim Zentralverband des Deutschen Handwerks, zu Table.Briefings. Allerdings hat die BA 2022 nur 14.000 Menschen in einer Teilqualifikation gefördert. Die wenigsten holen zudem mithilfe mehrerer TQ einen Berufsabschluss nach.

Lesen Sie auch: Gesetz zur Stärkung Ungelernter: Folgen für Ausbildungsberufe

Geht es nach dem Zentralverband des Deutschen Handwerks, sollte das BMBF auch mehr dafür tun, dass Studienabbrecher den Weg in die berufliche Bildung finden. Tatsächlich fallen in die Gruppe der ungelernten 20- bis 34-Jährigen auch Personen, die ein Studium abgebrochen haben. Ihnen falle es aber aufgrund der erworbenen Qualifikationen laut BIBB – genauso wie Ausbildungsabbrechern – leichter, einen Arbeitsplatz zu finden.

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Standpunkt

Stefan Spieker: Warum die frühe Sprachförderung in der Kita bleiben muss

Stefan Spieker
Stefan Spieker ist Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH.

Eigentlich scheint es zwischen Parteien, Wissenschaft und Verbänden große Einigkeit zu geben: Die frühe Bildung muss gestärkt werden, die Förderung sprachlicher Kompetenzen kann gar nicht früh genug beginnen, und Investitionen in die Bildung sollten so früh wie möglich wirksam werden – am besten schon in der Kita. Die Bildungsökonomie weist die volkswirtschaftliche Effizienz nach, die Sprachwissenschaft und die pädagogischen Fakultäten stützen diese Forderungen sowieso. Auch bei der Vorstellung der IQB-Bildungstrends oder der PISA-Ergebnisse wird die notwendige Stärkung der Kita als Bildungsort immer wieder zum Thema.

Traut man der Kita noch zu, Kompetenzen zu vermitteln?

Die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends liefern Indizien, dass die frühen Sprachkompetenzerhebungen, die in Hamburg seit Jahren Praxis sind – verbunden mit der besonderen Förderung in den dortigen Vorschulklassen – zu besseren Ergebnissen führen könnten. Man muss allerdings infrage stellen, ob die Schule beziehungsweise Vorschule der beste Ort dafür ist.

Es ist richtig, die Sprachkompetenzen von Kindern so früh wie möglich in den Blick zu nehmen, denn erfolgreiche Sprachfördermaßnahmen setzen voraus, dass diese an den individuellen sprachlichen Fähigkeiten des Kindes anknüpfen. Unstrittig ist es auch, dass eine intensive alltagsintegrierte Sprachförderung einen guten Personalschlüssel voraussetzt.

Allerdings werden Sprachstände in den meisten Bundesländern bis heute noch nicht strukturiert und frühzeitig in den Kitas erhoben. Die von den Ländern vorgeschriebenen Verfahren sind meist schon viele Jahre alt und wurden nicht ausreichend auf Validität, Normierung und weitere Qualitätsanforderungen geprüft. Viele der Erhebungssysteme gehen außerdem kaum auf die Ressource Mehrsprachigkeit ein, und digitalisiert sind sie schon gar nicht. Auch geben nur wenige von ihnen konkrete Handlungsimpulse für die Fachkräfte.

In der frühen Bildung geht es nicht um Vorläuferkompetenzen

Es ist schon sehr erstaunlich, wie wenig dieses wichtige Feld der Sprachförderung von den Ländern in den Blick genommen und strategisch gefördert wird. Stattdessen wird das Hamburger System der Vorschule gefeiert – weil es Bildung aus Sicht vieler Politiker an den richtigen Ort bringt: an die Schule. Was für ein Fehlschluss!

Lesen Sie hier: Länder wollen Kinder mithilfe von Sprachtests besser fördern

In der Fachwelt der frühen Bildung ist es Konsens, dass Bildungsprozesse vom ersten Lebensjahr an stattfinden. Das Kind lernt ganzheitlich – im Feld der emotionalen Bildung genauso wie in der mathematischen und der sprachlichen Bildung oder in anderen Bereichen. Spielerisches sowie entdeckendes und forschendes Lernen ist das Fundament aller Bildungsprozesse. Womit sich die frühe Bildung zu Recht schwertut, ist der Umgang mit Begriffen wie “Vorläuferkompetenzen” (Vorläufer wofür?) oder “Vorschule”. Letzterer impliziert nämlich für viele Politiker und Eltern, dass hier erstmalig Lernen in der Kita stattfindet – in Vorbereitung auf die Schule als dem eigentlichen Lernort. Dabei ist die gesamte Kita-Zeit Bildungszeit. Ein Fakt, den viele immer noch verkennen.

Bildungsmonitoring in der Kita – eine große Chance

Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass pädagogische Fachkräfte die Anwendung neuer Methoden bei Sprachstandserhebungen, den Umgang mit den Ergebnissen der externen Evaluation oder die Arbeit mit digitalen Tools zur Dokumentation der kindlichen Entwicklungsprozesse sehr schätzen. Das melden uns Betriebsräte und Fachkräfte immer wieder zurück. Die meisten Kita-Fachkräfte haben auch das Grundwissen für die Anwendung dieser Verfahren. Sie brauchen dafür aber Zeit. Die notwendige Vor- und Nachbereitungszeit für die Erhebungen, die Maßnahmenplanung und die Beratung von Familien muss einkalkuliert werden.

In Deutschland gibt es für 16 Bundesländer mehr als 20 Erhebungsverfahren für die sprachliche Entwicklung sowie gute und erprobte Beobachtungsinstrumente für weitere Kompetenzbereiche. Leider werden diese nicht oder in viel zu geringem Umfang genutzt und weiterentwickelt. Gerade im Bereich der sprachlichen Bildung gibt es sehr gute Ansätze und wir sollten die Chance nutzen, diese wesentliche Basiskompetenz dadurch zu stärken. Damit könnte man sofort beginnen. Zudem könnten die vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten für die Sprachförderung auch als Vorlage für Fördermaßnahmen im Hinblick auf weitere (Basis-)Kompetenzen dienen.

Monitoring für Sprachförderung in der Kita aufbauen

Die bestehenden Systeme könnten als digitale Verfahren außerdem viel besser angewandt werden. Ihre strukturierte Anwendung böte die Chance, ein Monitoring dafür aufzubauen, in welchen Kitas ganz besondere Sprachförderungserfordernisse bestehen. Dadurch könnten Kitas, Träger und Kommunen zusätzliche Unterstützungsangebote gezielt und bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Bisher werden solche Bedarfe lediglich aus den Kennzeichnungen “Migrationshintergrund” oder “nicht-deutsche Familiensprache” in Verbindung mit Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket ermittelt. Ein System, das auf vielfältige Vorurteile zurückgreift.

Schon in der Kita müssen wir beginnen, Zukunfts- und Basiskompetenzen der Kinder komplementär zu denken. Die Weiterführung des Bundesprogramms “Sprachkitas” hätte es ermöglicht, die hier erprobten Methoden weiterzuentwickeln, auszutesten und in die Verbreitung zu bringen. Diese Chance ist mit dem Auslaufen des Programms leider vertan. Und aktuell denken viele Bundesländer darüber nach, die Anschluss-Landesprogramme ebenfalls zu beenden. Insbesondere dann, wenn das geplante Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz nicht auf den Weg kommt – und genau danach sieht es derzeit aus.

Stefan Spieker ist Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH, die aktuell 237 Krippen, Kindergärten und Horte in zwölf Bundesländern betreibt. Außerdem ist er Vizepräsident der IHK Berlin.

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Digitalpakt: Warum der Städtetag eine fatale Förderlücke fürchtet

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, warnt davor, dass der Digitalpakt II nicht nahtlos an den Digitalpakt I anknüpfen kann. Dieser läuft Mitte Mai aus. Die aktuell von Bund und Ländern verhandelte Fortsetzung ab Januar 2025 müsse einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn ermöglichen. “Ansonsten entsteht eine Förderlücke im zweiten Halbjahr 2024, die fatal ist. Das könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass Schulen zwangsweise wieder den Rückzug aus der digitalen Bildung antreten müssen, weil kein Ersatz für Geräte vorhanden ist”, sagte Dedy Table.Briefings.

Zudem drängen die Kommunen darauf, von Bund und Ländern in die laufenden Verhandlungen einbezogen zu werden. Bisher gebe es aber keinerlei Signale, schildert Dedy. Die Städte hätten in den vergangenen Monaten immer wieder gefordert, dass es Gespräche von Bund, Ländern und Kommunen geben müsse. “Wir brauchen ein gemeinsames Zielbild für gute digitale Bildung.”

Ähnlich klingt es bei Marc Elxnat, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebunds: “Wir würden es uns wünschen, enger in den Austausch einbezogen zu werden.” Zugleich betonte Elxnat, dass die Vorschläge des BMBF im Blick auf eine Neuordnung der inneren und äußeren Schulangelegenheiten sowie die Finanzierung des Digitalpaketes in die richtige Richtung gingen.

Auch im Verhältnis zwischen Ländern und Kommunen viel Klärungsbedarf

Das BMBF hatte in seinem jüngst vorgelegten Entwurf zum Digitalpakt II formuliert, dass die Länder Sorge zu tragen hätten, ihre Förderquote nicht zulasten kommunaler Haushalte zu erfüllen. Zudem forderte das BMBF, dass die Länder “mit den Kommunen einen Prozess aufsetzen, um das Verhältnis innerer und äußerer Schulangelegenheiten im Bereich der digitalen Bildung neu zu bestimmen, damit die verantwortlichen Ebenen ihr Handeln effektiv aufeinander abstimmen”. Die Länder werten das Papier in vielen Teilen als Affront. Jörg Freese, Beigeordneter beim Deutschen Landkreistag, stellt fest: “Die Forderungen des Bundes sind grundsätzlich berechtigt, müssten aber eigentlich im Verhältnis Land-Kommunen geregelt werden.” 

Auch Helmut Dedy sieht im Verhältnis von Land und Kommunen Handlungsbedarf. “Die Länder müssen die digitale Ausstattung der Schulen sicherstellen.” Deshalb sei es vollkommen richtig, dass das BMBF darauf drängt, dass die Länder ihren Eigenanteil nicht auf die kommunalen Haushalte abwälzen. Auch der Ansatz für einen gemeinsamen Prozess mit den Kommunen sei genau richtig, findet Dedy. “Der muss jetzt aber auch wirklich kommen.” Holger Schleper

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Startchancen: Wie das Bund-Länder-Programm die Sozialindex-Frage forciert

Niedersachsen befindet sich auf der Zielgeraden zu einem Sozialindex. “Der final berechnete Index wird in Kürze vorliegen und soll im nächsten Plenum beschlossen werden”, teilte das niedersächsische Kultusministerium Table.Briefings mit. Das nächste Plenum im Landtag ist für Mitte Mai angesetzt.

Dort soll dann der Antrag der rot-grünen Regierungskoalition zum Sozialindex beschlossen werden. Eine entsprechende Empfehlung hatte der Kultusausschuss in der Vorwoche mehrheitlich ausgesprochen. Laut Kultusministerium sollen für den Sozialindex keine zusätzlichen Daten erhoben werden. Als allgemeine Indikatoren nennt das Haus von Ministerin Julia Willie Hamburg (Grüne):

  • Kinder- und Jugendarmut
  • Anteil der Schüler, die von der entgeltlichen Lernmittelausleihe befreit sind
  • Anteil der Schüler mit vorwiegend nicht-deutscher Familiensprache
  • Zuzug aus dem Ausland
  • Anteil von Schülern mit Förderschwerpunkten

Dass Niedersachsen jetzt einen Sozialindex erhalten wird, ist wesentlich auf das Startchancen-Programm zurückzuführen. Denn darin wird verlangt, dass die Auswahl der geförderten Schulen anhand von Sozialkriterien erfolgen muss, die mindestens die Dimensionen Armut und Migration berücksichtigen.

Ausschreibung zur Evaluation des Startchancen-Programms veröffentlicht

Im Saarland ist die Auswahl der 55 Schulen bereits erfolgt – und sorgt für Unmut in der Opposition. Die Grünen sehen mangelnde Transparenz. Der Landesvorsitzende Volker Morbe spricht etwa von “unspezifischen Kriterien”. Er beanstandet, dass die Ergebnisse der jährlichen Sprachtests als Indikator für Migration dienten. “Letzteres wird von den Schulen intern durchgeführt. Diese Werte sind also nicht valide.” Die CDU kritisiert, dass der ländliche Raum zu einem großen Teil vom Programm abgeschnitten werde. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Jutta Schmitt-Lang, fordert das Bildungsministerium auf, die Kriterien für die Schulauswahl und deren Gewichtung offenzulegen. 

Derweil hat das BMBF die Ausschreibung für die Evaluation des Startchancen-Programms veröffentlicht. Auftragsgegenstand sei die Durchführung der Evaluation, einschließlich Erfolgskontrolle gemäß Bundeshaushaltsordnung. Weiter heißt es in den Unterlagen: “Die Erfolgskontrolle umfasst die Zielerreichungskontrolle, die Wirkungskontrolle und die Wirtschaftlichkeitskontrolle.” Die Abgabefrist endet am 20. Juni. Holger Schleper

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MINT-Report: Wie sich die Motivation für IT-Berufe steigern lässt

Trotz leichtem Rückgang ist die Fachkräftelücke im MINT-Bereich weiterhin auf einem hohen Niveau. 244.400 Arbeitskräfte fehlen aktuell in den MINT-Berufen, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in seinem Frühjahrsreport berechnete (zum Download). Vor zwei Jahren vermeldete das IW noch ein Rekordhoch mit rund 340.000 unbesetzten Stellen. Entwarnung gibt das Institut dennoch nicht: Denn durch die Digitalisierung, die Dekarbonisierung und die Bevölkerungsentwicklung werde der Bedarf an MINT-Kräften mittel- bis langfristig stark zunehmen.

Unternehmen sehen hier den Staat in der Verantwortung. Sie bewerten Investitionen des Staates in das Bildungssystem als den wichtigsten Faktor, um die anstehenden Transformationen bewältigen zu können. “Für Unternehmen ist wichtig, dass Bewerber, die aus der Schule kommen, ausbildungsreif sind”, sagt Axel Plünnecke, Leiter des Clusters Bildung, Innovation, Migration beim IW zu Table.Briefings.

Rückgang beim inländischen MINT-Nachwuchs erwartet

Rund 77 Prozent der Erwerbstätigen im Tätigkeitsfeld Forschung und Entwicklung haben eine MINT-Qualifikation. Doch in den kommenden Jahren wird es voraussichtlich weniger MINT-Absolventen geben. In Ingenieurwissenschaften und Informatik ist die Zahl der Studienanfänger um rund zehn Prozent gesunken. Betrachtet man nur die Zahl der deutschen Studienanfänger war es sogar ein Rückgang von fast einem Viertel.

Das hängt auch damit zusammen, dass bei 15-jährigen Schülerinnen und Schülern die Mathematik-Kompetenzen deutlich gesunken sind. Vergleicht man die Pisa-Ergebnisse von 2022 mit denen von 2012, hat sich in Mathematik der Anteil der leistungsstarken Schüler halbiert. Der Anteil der Schüler mit sehr geringen Kompetenzen stieg dagegen von rund 18 Prozent auf circa 30 Prozent an.

Imagewandel könnte mehr Frauen motivieren

Dass die Engpässe im MINT-Bereich nicht noch größer ausfallen, ist dem überproportionalen Beschäftigungswachstum ausländischer Fachkräfte zu verdanken. Besonders stark war der Zuwachs in akademischen Berufen. Hier stieg die Beschäftigung ausländischer MINT-Arbeitskräfte seit 2012 um rund 210 Prozent.

Um die Fachkräftesicherung und Innovationskraft weiter voranzutreiben, empfiehlt das IW in seinem aktuellen Report, verstärkt Frauen, Ältere und Zugewanderte für den MINT-Bereich zu gewinnen. Und es sollte stärker vermittelt werden, dass MINT-Berufe zum Klimaschutz beitragen können. “Besonders bei jungen Frauen bis 24 Jahre ist die Sorge vor dem Klimawandel stark gestiegen”, sagt Plünnecke. Diese Sensibilität könne man nutzen, um Frauen stärker für MINT-Berufe zu motivieren. vkr

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CHE-Hochschulranking: Wie zufrieden Studierende in den Naturwissenschaften sind

Für 36 Studienfächer in den Bereichen Naturwissenschaften und Medizin ist am vergangenen Donnerstag das CHE-Hochschulranking 2024/2025 veröffentlicht worden. Es umfasst Fakten zu Studium, Lehre und Forschung sowie Urteile von 120.000 Studierenden und ist auf einer interaktiven Karte des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) einsehbar und über das Portal “HeyStudium” des Medienpartners “Zeit”.

Die Befragung der Studierenden, die ihre Studiensituation auf einer Skala von 1 bis 5 Sternen bewerten, zeigt: Die Zufriedenheit ist in den Naturwissenschaften und in der Medizin recht hoch. “74 Prozent bewerten ihre Studiensituation mit vier oder fünf Sternen”, sagt Sonja Berghoff, Leiterin des CHE Hochschulrankings auf Anfrage von Table.Briefings. Im Jahr 2023, als es um die Wirtschaftswissenschaften, Jura und Soziale Arbeit ging, lag der Wert bei 71 Prozent. Im Jahr 2022, als Ingenieurwissenschaften, Sprachen, Erziehungswissenschaften und Psychologie ausgewertet wurden, vergaben 68 Prozent der Studierenden vier oder mehr Sterne.

Mehrdimensionaler Ansatz, dreijähriger Turnus

Das CHE verfolgt einen mehrdimensionalen Ranking-Ansatz, um die Möglichkeiten und Bedingungen für ein Studium wissenschaftsgerecht abzubilden. Dabei werden je untersuchtem Fach bis zu 34 Indikatoren gerankt. Darüber hinaus werden die subjektiven Einschätzungen der Studierenden und der Professorinnen und Professoren erfragt.

Die Daten werden in einem dreijährigen Turnus aktualisiert beziehungsweise erhoben. Im Rahmen des Rankings 2024/25 wurden Biochemie, Biologie, Chemie, Geografie, Geowissenschaften, Informatik, Mathematik, Medizin, Pflegewissenschaft, Pharmazie, Physik, Politikwissenschaft, Soziologie, Sozialwissenschaften, Sportwissenschaft, Zahnmedizin und sonstige Natur-, Gesundheits- oder Agrarwissenschaften untersucht. abg

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LIfBi-Studie: Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf Mathe-Kompetenzen hatte

Die Schulschließungen während der Corona-Pandemie hatten keine Auswirkungen auf die Entwicklung mathematischer Kompetenzen von Schülern der Jahrgangsstufen 7 und 9. Das ist das Ergebnis einer Studie vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi). Die Hinweise aus dem IQB-Bildungstrend 2022 und der aktuellen Pisa-Studie, die schulischen Kompetenzen von Jugendlichen in der Sekundarstufe I seien aufgrund der Pandemie weniger gewachsen, ließen sich der Studie zufolge nicht bestätigen.

Die Längsschnitt-Studie fußt auf Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS). Die Autoren verglichen die Daten von zwei Kohorten: Schülerinnen und Schüler, die in den Jahren 2012 bis 2015 die Jahrgangsstufen 7 und 9 besucht haben, und Siebt- und Neuntklässler in den Jahren 2018 bis 2021. Insgesamt flossen Daten von 6.048 Jugendlichen verschiedener Schulformen ein.

Köller: “Hunderte Studien zeigen, dass es Corona-Effekte gibt”

“Auch unter den Bedingungen einer Schulschließung waren die Lernfortschritte trotzdem da”, sagt Bildungsforscherin Lena Nusser vom LIfBi im Gespräch mit Table.Briefings. Es gebe “keine statistisch bedeutsamen Unterschiede in der Kompetenzentwicklung zwischen den Startkohorten”, also den beiden untersuchten Gruppen, heißt es in dem Papier. Für Nusser und ihre Mitautoren wirft das die Frage auf, ob sich die in der Pisa-Studie und im IQB-Bildungstrend festgestellten Kompetenzrückgänge zuverlässig als Effekte der Corona-Pandemie interpretieren ließen. 

Olaf Köller, Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, sieht die LIfBi-Veröffentlichung kritisch. “Hunderte Studien zeigen, dass es Corona-Effekte gibt”, sagte er zu Table.Briefings. Die nun vorgelegte Arbeit sei in ihrer Anlage nicht geeignet, um Auswirkungen der Pandemie aufzudecken. 

Konkret bemängelt er, dass die Studie nicht repräsentativ sei. Gymnasiasten etwa seien zu stark vertreten. Darüber hinaus kritisiert Köller, dass die Kohorten zu unterschiedlichen Zeitpunkten im neunten Schuljahr getestet wurden. “Und auch die Testsituationen, mal zu Hause, mal im Klassenverband, waren unterschiedlich.” Das Papier weist auf beides und den Umgang damit hin. In den “Hinweisen zur Stichprobe und Methodik” erklären die Studienautoren auch, dass “die vorgestellten Ergebnisse nicht vollständig repräsentativ für die Schülerschaft in Deutschland” sind. hsc

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Petition: Was die Kita-Kampagne “Jedes Kind zählt” fordert

Am Montag hat die Kampagne “Jedes Kind zählt” eine öffentliche Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Es soll erklärtermaßen die bislang größte Petition an den Bundestag werden. “Wir wollen mehr als 500.000 Unterschriften sammeln”, sagt Katja Ross, die die Petition einreichte, im Gespräch mit Table.Briefings. Im ersten Schritt ist das Ziel, mehr als 50.000 Unterschriften zu erhalten, um eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss zu erreichen. 

“Wir brauchen verbindliche Mindeststandards, die deutschlandweit gelten und nicht in jedem Bundesland und in jeder Wahlperiode immer wieder von Neuem auf dem Spiel stehen”, fordert Ross. Konkret nennt die Kampagne vier Ziele:

  • Mehr Profilstellen: Jede Kita soll mindestens eine zusätzliche Profilstelle erhalten, um Bereiche wie Sprachbildung oder Inklusion gezielt zu unterstützen.
  • Verbindliche Mindestpersonalstandards, sodass genug Fachkräfte für eine angemessene Betreuung und Förderung der Kinder zur Verfügung stehen.
  • Stärkere Praxis- und Fachberatung, um die Qualität der frühkindlichen Bildung weiter zu verbessern.
  • Ausreichend Kita-Plätze für alle Kinder, weshalb der Ausbau von Kita-Plätzen intensiviert werden müsse.

Verbindliche Standards sind Streitthema zwischen Bund und Ländern

Die Differenzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf dem Weg zum im Koalitionsvertrag angekündigten Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz sind groß. “Aus Sicht der Länder sollten nur die Standards verbindlich vereinbart werden, die auch realistisch umsetzbar sind”, sagte etwa Anfang April die Bremer Senatorin für Kinder und Bildung, Sascha Karolin Aulepp. Sie bezog sich dabei auf einen Bericht der Arbeitsgruppe Frühe Bildung zur Qualität in der frühen Bildung.

Ross selbst ist seit 17 Jahren als Erzieherin in Rostock tätig. Nach ihren Angaben arbeiten bei der Kampagne bundesweit bereits mehr als 500 Personen mit. Zu ihnen zählen Erzieherinnen und Erzieher, Kita-Leitungen, Fachberater und Eltern. Am Dienstagabend fand das erste digitale Kita-Forum statt, das sich an alle Kitas in Deutschland richtet. “Wir wollen dort versuchen, etwa 1.000 Kitas zu erreichen”, sagte Ross im Vorfeld. hsc

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Research.Table. KI-Pionier Richard Socher: “Statt Latein wäre es vermutlich sinnvoller, Python zu lernen”. Mit seinem Unternehmen you.com hat der Informatiker Richard Socher einen KI-Assistenten entwickelt, der als Antwortmaschine statt als Suchmaschine fungiert. Wozu das nützlich ist und was er vorschlägt, damit Deutschland bei der KI-Revolution mithalten kann, lesen Sie hier.

Research.Table. Propalästinensische Proteste: Wie die Universitäten reagieren. Seit mehreren Wochen kommt es an zahlreichen Universitäten in den USA zu propalästinensischen Protesten. Die Bewegung breitet sich international aus. Was das für die Hochschulen in Deutschland bedeutet, lesen Sie hier.

Presseschau

MDR: bezahlte, duale Ausbildung für Lehrkräfte. Wie in Thüringen startet auch an ersten Universitäten in Sachsen-Anhalt ein Modellversuch für ein duales Studium für Sekundarschullehrkräfte. Durch frühe Praxiserfahrung sollen Studenten leichter ins Referendariat starten – im Idealfall an der Schule, an der sie ihre Praxissemester absolvieren. Zudem wird das Studium mit 1.400 Euro (Bachelor) beziehungsweise 1.540 Euro (Master) pro Monat entlohnt. Sollte man sich für den neuen Studiengang an der Universität Magdeburg oder Halle entscheiden, verpflichtet man sich allerdings, für mindestens fünf Jahre nach dem Abschluss in Sachsen-Anhalt zu unterrichten. (Sachsen-Anhalt startet bezahltes Studium für Lehrer an Sekundarschulen

Deutsches Schulportal: Warum Prognosen zum Lehrermangel häufig falschliegen. Bei Prognosen zum Bedarf an Lehrkräften kommt es häufig zu stark abweichenden Ergebnissen, abhängig davon, wer die jeweilige Studie veröffentlicht. Bildungsforscher Klaus Klemm führt dies darauf zurück, dass häufig verschiedene Ausgangszahlen verwendet werden. Entscheidende Faktoren wie die Veränderung von Geburtenraten, Zuwanderung aus der Ukraine oder die Umstellung auf G9 würden zu oft in den Berechnungen ausgelassen werden. Es sei wichtig, die Lehrerbedarfsplanung flexibler zu gestalten, um besser auf Schwankungen von Schülerzahlen zu reagieren. (Die Krux mit den Prognosen: Wie lässt sich der Lehrerbedarf besser planen?

MDR: Nur wenige Azubis nutzen Erasmus+. Das Erasmus-Programm der EU soll es insbesondere jungen Menschen auf ihrem Bildungsweg ermöglichen, im Ausland Erfahrungen zu sammeln. Unter Studierenden ist das Austauschprogramm bekannt und wird viel genutzt. Von Azubis wird die Möglichkeit eines Auslandspraktikums hingegen wenig genutzt – besonders in Sachsen-Anhalt. Dies kann damit zusammenhängen, dass es in der Ausbildung weniger Zeiten gibt, in denen ein solcher Austausch möglich ist. Zudem wissen nur wenige Azubis von den Programmen. (Wie die EU einer Auszubildenden ein Praktikum in Spanien ermöglichte

Deutschlandfunk: Was Bildungspolitik aus dem Digitalpakt I lernen muss. Die Verhandlungen um den Digitalpakt II erweisen sich als langwierig und schwierig. BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg, Thüringens Bildungsminister Helmut Holter, WZB-Forscher Michael Wrase und Schulleiter Michael Fugmann diskutieren darüber, warum der Digitalpakt trotzdem fortgesetzt werden sollte. Zudem geht es um die Frage, was man aus den bisherigen Erfahrungen des Digitalpakts I lernen konnte und nun besser umsetzen muss. Beispielsweise im Hinblick auf Lehrerfortbildung und der Entwicklung einer Digitalstrategie, die über bloße Infrastruktur hinausgeht. (Digitalpakt 2.0 – Wo steckt das Update für die digitale Bildung und Ausstattung?

Tagesspiegel: Medienkompetenz als Ansatz gegen Krisenstimmung. Soziale Medien können eine große Rolle dabei spielen, wie die Jugend auf ihre eigene Zukunft blickt. Pessimismus, Stress und Krisenstimmung macht sich unter der Generation Z breit. Eine Ursache kann sein, dass junge Menschen durch die starke Nutzung des Internets ständig mit Krisen konfrontiert werden. Deswegen ist es wichtig, dass Medienkompetenz stärker gefördert wird. So kann der Umgang mit der Informationsflut besser gelingen. (“Durch Social Media erleben sie Krisen näher als früher”: Warum Jugendliche sich kaum noch auf die Zukunft freuen)  

Termine

13. Mai 2024, 12.30 bis 13.30 Uhr, online
Präsentation Policies targeting social inequality in education: A French-German comparison
Im Zuge des Social Policy Group Kolloquiums wird der momentane Stand in verschiedenen Forschungsprojekten vorgestellt. Die Veranstaltung beleuchtet, wie Frankreich und Deutschland mit sozialer Ungerechtigkeit im Schulkontext umgehen ANMELDUNG

14. Mai 2024, 15.30 bis 16.30 Uhr, online
Webinar Zuwanderung und Familiensprache
Sprachprobleme sorgen schon in der Grundschulbildung für Schwierigkeiten. Prof. Dr. Aileen Edele von der HU Berlin spricht darüber, wie divers die Sprachhintergründe von Grundschulkindern sind und wo Maßnahmen zur Sprachförderung ansetzen können. ANMELDUNG

14. Mai 2024, 16.30 bis 18.00 Uhr, online
Panel Deutsches Schulbarometer 2024 – Berufliche Zufriedenheit & Belastungserleben
Nach dem Erscheinen des Schulbarometers werden die Ergebnisse sowohl wissenschaftlich als auch im schulischen Kontext betrachtet. In dieser Veranstaltung liegt der Fokus besonders auf der beruflichen Zufriedenheit und dem Belastungsempfinden der Lehrkräfte. Zudem gibt es Raum für Diskussion. INFOS & ANMELDUNG

15. Mai 2024, 12 Uhr, online
Vortrag Rechtliche Herausforderungen von KI in der Hochschullehre
Wie KI im Hochschulkontext eingesetzt werden kann, wird bei diesem Vortrag aus einer rechtlichen Perspektive heraus betrachtet. Es soll unter anderem um den Einsatz von KI in Prüfungen und um die Vereinbarkeit mit dem Datenschutz gehen. ANMELDUNG

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    stellen wir uns einfach mal eine ideale Schulwelt vor: In jeder Klasse sitzen 25 Kinder, jedes Kind bekommt Aufgaben, die genau an seine Lernvoraussetzungen angepasst sind und kann sich jederzeit Feedback geben lassen. Die Lehrkraft sieht genau, welches Kind wo steht, und hat Zeit, sich vor allen den Schülerinnen und Schülern zu widmen, die mehr Begleitung brauchen.

    Klingt weit weg von der Realität, dabei ist es das gar nicht. Denn das entsprechende Gerüst dafür gibt es schon: die Intelligenten Tutoriellen Systeme (ITS). Aber bis ITS in den Schulen zum Alltag gehören, muss die Bildungspolitik noch einige Hausaufgaben machen und ungelöste Fragen beantworten. Das zeigt eine Studie, die die Vodafone Stiftung beim Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie in Auftrag gegeben hat. Sie wird an diesem Mittwoch veröffentlicht. Wir durften sie aber schon vorher lesen und stellen Ihnen die wichtigsten Ergebnisse und Empfehlungen vor.

    Einige Empfehlungen gibt es auch anlässlich des neuen Berufsbildungsberichts, besonders zu der Frage, wie man die Zahl der jungen Menschen reduzieren kann, die keinen Berufsabschluss haben. Die Zahl der Ungelernten steigt seit Jahren. Anna Parrisius hat sich bei Sozialpartnern und Politikern umgehört, wie Politik und Betriebe diesem Negativtrend entgegenwirken können.

    Ein Thema ist dabei natürlich auch, wie Schüler überhaupt fit für den Ausbildungsmarkt gemacht werden können und wie Basiskompetenzen besser vermitteln werden können. Klar ist: Das darf nicht erst am Ende der Schullaufbahn passieren, sondern am besten, bevor die Schule überhaupt losgeht. Das betont auch Stefan Spieker, Geschäftsführer des Kita-Trägers Fröbel, der 237 Einrichtungen betreibt. Er fordert in seinem Standpunkt, Kitas endlich als eigenständige Bildungseinrichtungen zu betrachten und sie nicht auf die Vermittlung von Vorläuferkompetenzen für die Schule zu reduzieren.

    Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und morgen einen sonnigen Feiertag!

    Ihre
    Annette Kuhn
    Bild von Annette  Kuhn

    Analyse

    Intelligente Tutorielle Systeme: Welche Aufgaben die Bildungspolitik jetzt hat

    Jeder Schüler lernt in eigenem Tempo, an die eigene Lernvoraussetzungen angepasst, mit passend zugeschnittenen Aufgaben und Rückmeldungen. So sieht die Idealwelt eines individualisierten Unterrichts aus. Ein wichtiger Schlüssel, um dahinzukommen, sind Intelligente Tutorielle Systeme (ITS). Doch bei der Nutzung solcher KI-gestützten adaptiven Systeme gibt es noch große Unterschiede zwischen den Ländern und zwischen den Schulen. Das liegt vor allem an der unterschiedlichen finanziellen und damit auch digitalen Ausstattung. Und es liegt auch daran, dass die Nutzung sehr stark vom Interesse und der Expertise einzelner Lehrkräfte abhängt.

    Ein länderübergreifendes Projekt geplant

    Das hat eine Studie zu ITS herausgearbeitet, die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird und die Table.Briefings vorab exklusiv vorlag. Das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat dafür im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland 63 Interviews mit Lehrkräften und Schulleitungen sowie Akteuren in der Schulverwaltung, bei Schulträgern, Landesinstituten und Datenschutzbehörden geführt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind Basis für einen Leitfaden für Schulen (hier zum Download), der eine aktuelle Bestandsaufnahme über Angebot und Anwendung gibt. Außerdem liegt ein Orientierungspapier (hier zum Download) vor, das sich vor allem an politische Akteure richtet.

    Der Zeitpunkt der Veröffentlichung könnte nicht passender sein, denn gerade ist länderübergreifend Schwung in die Thematik gekommen. Bislang gab es zwei parallele Entwicklungsprojekte zu Intelligenten Tutoriellen Systemen. 2021 haben im Projekt ITS zunächst Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag der KMK damit begonnen, Area9 Rhapsode an Schulen zu testen. Als zweites Projekt startete 2022 die Adaptive Learning Cloud (ALC) mit dem Ziel, eine Online-Plattform für adaptive Lernmaterialien zu entwickeln.

    Drei Anbieter für Intelligente Tutorielle Systeme dominieren

    Ende April haben die Länder nun beschlossen, ITS und ALC zusammenzuführen, um ein länderübergreifendes KI-gestütztes Lernsystem zu entwickeln: das Adaptive Intelligente System (AIS). Table.Briefings berichtete darüber. Im Juni soll die Ausschreibung für AIS starten, Ende 2026 soll das System dann den Schulen zur Verfügung stehen. Finanziert wird die Entwicklung noch aus Mitteln des Digitalpakts I. Welcher Anbieter das Rennen dabei macht, ist offen. Bislang sind vor allem drei Player in den Schulen in Deutschland aktiv:

    • Bettermarks ist derzeit der Platzhirsch. Nach Angaben des Unternehmens arbeitet inzwischen jede zehnte Schule mit Bettermarks, das sich auf Mathematik der Jahrgänge 4 bis zum Abitur konzentriert. Die Hälfte der Bundesländer hat Landeslizenzen.
    • Area9 stellt selbst keinen Content zur Verfügung, sondern bietet die Software an, in die dann Schulbuchverlage oder Lehrkräfte Inhalte zu beliebigen Unterrichtsfächern einpflegen können.
    • Feedbook wurde seit 2016 an der Universität Tübingen entwickelt und will den Englischunterricht ab Klasse 7 unterstützen. Es wird bereits an vielen Schulen erprobt und wissenschaftlich begleitet.

    Außerdem sind der Studie zufolge an wenigen Schulen noch Calcularis (Mathematik) und Grafari (Rechtschreibung) im Einsatz. Allerdings werden diese bislang nur privat finanziert. Länderkooperationen gibt es nicht.

    ITS brauchen große Datenmengen

    Die FiBS-Bestandsaufnahme zeigt, vor welch großen Herausforderungen eine länderübergreifende Etablierung eines KI-gestützten adaptiven Systems steht. Eine große Frage ist zum Beispiel, ob und wie eine gemeinsame Datenbasis geschaffen werden kann. “Idealtypisch beinhaltet das ITS große Datenmengen zu sehr unterschiedlichen Schülertypen”, heißt es im Orientierungspapier. Nur so könne der nächste Lernschritt bestmöglich aufgezeigt werden. Laut Studienleiterin Ewa Bacia vom FiBS hat Bettermarks zum Beispiel mehr als 2.800 mögliche Fehler identifiziert.

    Mit der Erhebung der Lerndaten kommt der Datenschutz ins Spiel. Matthias Graf von Kielmansegg, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung, hält einheitliche Standards für enorm wichtig. “Ich sehe sonst die Gefahr, dass solche Lernsysteme in einem Bundesland vollständig laufen, in einem anderen aber nur mit einem Teil der adaptiven Funktionen und in einem dritten Land vielleicht nur als Ersatz von klassischen Arbeitsblättern”, sagte er Table.Briefings.

    Sozialer Vergleich fällt weg

    Das würde die Ungleichheit zwischen den Schulen weiter verstärken. Schon jetzt ist der Digital Divide groß. Schulen in herausfordernder Lage haben meist eine deutlich schlechtere digitale Ausstattung. Außerdem sind die Personalprobleme hier oft größer, sodass Lehrkräfte weniger Zeit haben, sich für die Nutzung von ITS fortzubilden.

    Dabei könnte gerade die Schülerschaft an Schulen in herausfordernder Lage von der individualisierten Lernförderung durch Intelligente Tutorielle Systeme besonders profitieren, weil hier auch die Schülerschaft häufig besonders heterogen ist. Bacia sieht aber auch noch andere positive Effekte: “Unsichere Schüler werden eher gestärkt, weil sie Aufgaben bekommen, die ihrem aktuellen Wissensstand und ihren Fähigkeiten entsprechen, wodurch sie schneller Fortschritte machen können.” Zudem falle der soziale Vergleich weg, weil jeder verschiedene Aufgaben bekomme.

    Datenschutz muss angepasst werden

    Um den Herausforderungen zu begegnen, gibt das Orientierungspapier des FiBS auch Handlungsempfehlungen zur Etablierung von ITS. Dazu gehört unter anderem:

    • Eine aktivere Mitgestaltung durch Akteure der Bildungspolitik. Sie sollten gemeinsam mit Landesinstituten und Schulverwaltung Qualitätskriterien und Standards für ITS entwickeln und das Feld nicht der Privatwirtschaft überlassen.
    • Ein verlässlicher Budgetrahmen, um die laufende Nutzung von ITS zu gewährleisten. Dabei dürfe durch die unterschiedliche finanzielle Ausstattung der Kommunen für die Schulen keine Benachteiligung entstehen.
    • Die Struktur des geplanten länderübergreifenden AIS so gestalten, dass kommerzielle Anbieter, aber auch Lehrkräfte andocken und Unterrichtsmaterial einbringen können. Und sie muss so nachhaltig sein, dass auch andere Tools und Systeme andocken können, zum Beispiel Large Language Models.
    • Den Datenschutz für schulbezogene Anwendungen so anpassen, dass der Grundsatz der Datensparsamkeit nicht mit dem Erfordernis der ITS, umfangreiche personenbezogene Verlaufsdaten zu verarbeiten, kollidiert. Die Datenschutzbehörden sollten dabei stärker Berater und weniger “potenzieller, aufsichtsrechtlicher Veto-Spieler” sein.
    • Die Lehrerfortbildung stärken, damit Lehrkräfte ITS überhaupt sinnvoll nutzen können.

    Projektleiterin Bacia betont außerdem, dass Schulen mehr Freiheit bekommen müssen: “Sie müssen eigene Budgets bekommen, um selbst entscheiden zu können, mit welchen Lernmitteln und Tools sie ihre Schülerinnen und Schüler am besten fördern.” Und Graf von Kielmansegg ergänzt: “Die Schulgemeinschaft und das Kollegium müssen sich einig sein, dass sie ein bestimmtes Intelligentes Tutorielles System wollen, wofür sie es wollen und wie sie damit arbeiten.” Ohne Konzept bringe auch ein schuleigenes Budget nichts.

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    Berufsbildungsbericht: Was er über junge Ungelernte verrät

    Entwürfe des Berufsbildungsberichts kursieren schon seit Wochen, am Mittwoch soll das Bundeskabinett ihn verabschieden. Jedes Jahr erstellt ihn das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Auftrag des BMBF. Wie schon voriges Jahr sorgt vor allem die Zahl der 20- bis 34-Jährigen ohne Berufsabschluss für Aufsehen: 2,86 Millionen waren es 2022, fast jeder fünfte in der Altersgruppe. Sie haben ein größeres Risiko für Arbeits- und Langzeitarbeitslosigkeit, verdienen im Schnitt deutlich weniger als Beschäftigte mit Berufsabschluss. Und Deutschland bräuchte sie angesichts der Demografie dringend als Fachkräfte.

    Bei der Berechnung stützt sich das BIBB auf den Mikrozensus, für den jährlich rund ein Prozent der Bevölkerung befragt wird. Ohne Berufsabschluss gilt, wer keine Ausbildung und kein Studium abgeschlossen hat. Ausgenommen sind Schüler, Azubis, Studierende und Freiwilligendienstleistende. Doch was ist über die 20- bis 34-Jährigen ohne Berufsabschluss sonst bekannt – und wie lässt sich ihre Zahl verringern?

    Eindeutige Antworten sind schwierig. “Zwar gibt es für das Phänomen erste Erklärungsversuche, aber belastbare Kausalitäten werden nicht aufgezeigt”, moniert Friedhelm Boginski, Berichterstatter der FDP. Daher fordert er eine differenziertere Datenerhebung. Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, würde Bildungsverlaufsanalysen für aussagekräftiger halten, die zeigen, wie hoch am Ende etwa der Anteil der 30- oder der 34-Jährigen ohne Abschluss ist. “Allerdings”, sagte er Table.Briefings, “sind dann auch nur retrospektive Betrachtungen möglich.”

    Jugendliche ohne Schulabschluss besonders gefährdet

    Immerhin zeigt die Auswertung des BIBB: Wer schon keinen Schulabschluss schafft, hat ein deutlich höheres Risiko, ungelernt zu sein – 74 Prozent der 20- bis 34-Jährigen ohne Qualifizierung haben laut BIBB auch keinen Berufsabschluss. Auch bei Hauptschulabsolventen ist die Quote mit 41 Prozent hoch. Niedriger ist sie bei einer Mittleren Reife (18 Prozent) und bei Studienberechtigten (acht Prozent).

    Das BIBB empfiehlt, mehr in die Ausbildung leistungsschwächerer junger Menschen zu investieren, “auch wenn dies zunächst mit höheren ,Kosten’ einhergehen kann”. Unterstützungsinstrumente, etwa die Assistierte Ausbildung, könnten helfen. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der DIHK, Achim Dercks, fordert, diese müssten “noch bekannter gemacht und weiterentwickelt werden”.

    Noch nie haben so wenige Betriebe ausgebildet

    Kritik übt Nicole Gohlke, für die Gruppe Die Linke zuständig für Bildungspolitik, neben der Bundesregierung an den Unternehmen. Sie sagt zu Table.Briefings: “Diese konzentrieren sich immer mehr auf die Stärksten eines Jahrgangs.” Allerdings müsse man Kritik seitens der Betriebe, viele Jugendliche seien nicht ausbildungsreif, auch ernst nehmen und mehr in Bildung investieren. Gohlke fordert einen bundesweiten Ausbildungsfonds, über den sich alle Betriebe an der Ausbildung beteiligen müssen.

    Tatsächlich boten noch nie so wenige Betriebe wie 2022 eine Ausbildung an: 18,9 Prozent. Vor allem Kleinstbetriebe haben sich zurückgezogen (-4,1 Prozent). In der Stellungnahme der Arbeitnehmer zum Berufsbildungsbericht, die Table.Briefings vorab vorlag, fordern diese für Klein- und Kleinstbetriebe “Unterstützungsinstrumente zur Bewerbung und Besetzung von Ausbildungsplätzen”.

    Stephan Albani, Berichterstatter der Unionsfraktion für Berufliche Bildung, sieht einen Schlüssel in “einer effektiveren und zielgerichteteren Berufsorientierung, die bereits im Grundschulalter ansetzt”. Der Prozess der beruflichen Orientierung brauche eine besser Anleitung, egal ob durch Schulen oder Kammern.

    Zahl ungelernter Migranten steigt

    Einen Treiber der gestiegenen Zahl Ungelernter sieht das BIBB in einer steigenden Zahl unqualifizierter Migrantinnen und Migranten. Bei ihnen ist die Quote der Ungelernten deutlich höher (39,1 Prozent) als bei Personen ohne Migrationshintergrund (11,6 Prozent). Auch bei Personen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, fiel die Quote überdurchschnittlich hoch aus (20,4 Prozent). Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, betont, dass dabei – neben etwa sprachlichen Hürden – Alltagsrassismus eine Rolle spielt: “Wer einen ausländisch klingenden Namen hat, wird seltener zum Bewerbungsgespräch eingeladen.”

    Lesen Sie auch: Ausländische Jugendliche bei Lehrstellensuche häufiger erfolglos

    Ein Grund für die gestiegene Zahl Ungelernter kann auch in mehr Abbrüchen liegen. Bei dualen Ausbildungsverträgen lag die Vertragslösungsquote 2022 bei 29,5 Prozent und damit deutlich höher als im Vorjahr (2021: 26,7 Prozent). Allerdings schließt mindestens die Hälfte der Azubis erneut einen Vertrag ab, wechselt also nur Betrieb oder Beruf.

    Teilqualifikationen absolvieren bisher wenige

    Jungen Menschen bis 25 Jahre empfehlen Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, wenn möglich eine Ausbildung nachzuholen. Danach gibt es theoretisch flexible Möglichkeiten, sich schrittweise nachzubilden. Ab 25 Jahren können Ungelernte analog zur dualen Ausbildung Teilqualifikationen (TQ) erwerben. “Der Gesetzgeber hat hier gute Fördermöglichkeiten über die Bundesagentur für Arbeit geschaffen”, sagte Volker Born, Bereichsleiter Bildung beim Zentralverband des Deutschen Handwerks, zu Table.Briefings. Allerdings hat die BA 2022 nur 14.000 Menschen in einer Teilqualifikation gefördert. Die wenigsten holen zudem mithilfe mehrerer TQ einen Berufsabschluss nach.

    Lesen Sie auch: Gesetz zur Stärkung Ungelernter: Folgen für Ausbildungsberufe

    Geht es nach dem Zentralverband des Deutschen Handwerks, sollte das BMBF auch mehr dafür tun, dass Studienabbrecher den Weg in die berufliche Bildung finden. Tatsächlich fallen in die Gruppe der ungelernten 20- bis 34-Jährigen auch Personen, die ein Studium abgebrochen haben. Ihnen falle es aber aufgrund der erworbenen Qualifikationen laut BIBB – genauso wie Ausbildungsabbrechern – leichter, einen Arbeitsplatz zu finden.

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    • Zentralverband des Deutschen Handwerks
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    Standpunkt

    Stefan Spieker: Warum die frühe Sprachförderung in der Kita bleiben muss

    Stefan Spieker
    Stefan Spieker ist Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH.

    Eigentlich scheint es zwischen Parteien, Wissenschaft und Verbänden große Einigkeit zu geben: Die frühe Bildung muss gestärkt werden, die Förderung sprachlicher Kompetenzen kann gar nicht früh genug beginnen, und Investitionen in die Bildung sollten so früh wie möglich wirksam werden – am besten schon in der Kita. Die Bildungsökonomie weist die volkswirtschaftliche Effizienz nach, die Sprachwissenschaft und die pädagogischen Fakultäten stützen diese Forderungen sowieso. Auch bei der Vorstellung der IQB-Bildungstrends oder der PISA-Ergebnisse wird die notwendige Stärkung der Kita als Bildungsort immer wieder zum Thema.

    Traut man der Kita noch zu, Kompetenzen zu vermitteln?

    Die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends liefern Indizien, dass die frühen Sprachkompetenzerhebungen, die in Hamburg seit Jahren Praxis sind – verbunden mit der besonderen Förderung in den dortigen Vorschulklassen – zu besseren Ergebnissen führen könnten. Man muss allerdings infrage stellen, ob die Schule beziehungsweise Vorschule der beste Ort dafür ist.

    Es ist richtig, die Sprachkompetenzen von Kindern so früh wie möglich in den Blick zu nehmen, denn erfolgreiche Sprachfördermaßnahmen setzen voraus, dass diese an den individuellen sprachlichen Fähigkeiten des Kindes anknüpfen. Unstrittig ist es auch, dass eine intensive alltagsintegrierte Sprachförderung einen guten Personalschlüssel voraussetzt.

    Allerdings werden Sprachstände in den meisten Bundesländern bis heute noch nicht strukturiert und frühzeitig in den Kitas erhoben. Die von den Ländern vorgeschriebenen Verfahren sind meist schon viele Jahre alt und wurden nicht ausreichend auf Validität, Normierung und weitere Qualitätsanforderungen geprüft. Viele der Erhebungssysteme gehen außerdem kaum auf die Ressource Mehrsprachigkeit ein, und digitalisiert sind sie schon gar nicht. Auch geben nur wenige von ihnen konkrete Handlungsimpulse für die Fachkräfte.

    In der frühen Bildung geht es nicht um Vorläuferkompetenzen

    Es ist schon sehr erstaunlich, wie wenig dieses wichtige Feld der Sprachförderung von den Ländern in den Blick genommen und strategisch gefördert wird. Stattdessen wird das Hamburger System der Vorschule gefeiert – weil es Bildung aus Sicht vieler Politiker an den richtigen Ort bringt: an die Schule. Was für ein Fehlschluss!

    Lesen Sie hier: Länder wollen Kinder mithilfe von Sprachtests besser fördern

    In der Fachwelt der frühen Bildung ist es Konsens, dass Bildungsprozesse vom ersten Lebensjahr an stattfinden. Das Kind lernt ganzheitlich – im Feld der emotionalen Bildung genauso wie in der mathematischen und der sprachlichen Bildung oder in anderen Bereichen. Spielerisches sowie entdeckendes und forschendes Lernen ist das Fundament aller Bildungsprozesse. Womit sich die frühe Bildung zu Recht schwertut, ist der Umgang mit Begriffen wie “Vorläuferkompetenzen” (Vorläufer wofür?) oder “Vorschule”. Letzterer impliziert nämlich für viele Politiker und Eltern, dass hier erstmalig Lernen in der Kita stattfindet – in Vorbereitung auf die Schule als dem eigentlichen Lernort. Dabei ist die gesamte Kita-Zeit Bildungszeit. Ein Fakt, den viele immer noch verkennen.

    Bildungsmonitoring in der Kita – eine große Chance

    Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass pädagogische Fachkräfte die Anwendung neuer Methoden bei Sprachstandserhebungen, den Umgang mit den Ergebnissen der externen Evaluation oder die Arbeit mit digitalen Tools zur Dokumentation der kindlichen Entwicklungsprozesse sehr schätzen. Das melden uns Betriebsräte und Fachkräfte immer wieder zurück. Die meisten Kita-Fachkräfte haben auch das Grundwissen für die Anwendung dieser Verfahren. Sie brauchen dafür aber Zeit. Die notwendige Vor- und Nachbereitungszeit für die Erhebungen, die Maßnahmenplanung und die Beratung von Familien muss einkalkuliert werden.

    In Deutschland gibt es für 16 Bundesländer mehr als 20 Erhebungsverfahren für die sprachliche Entwicklung sowie gute und erprobte Beobachtungsinstrumente für weitere Kompetenzbereiche. Leider werden diese nicht oder in viel zu geringem Umfang genutzt und weiterentwickelt. Gerade im Bereich der sprachlichen Bildung gibt es sehr gute Ansätze und wir sollten die Chance nutzen, diese wesentliche Basiskompetenz dadurch zu stärken. Damit könnte man sofort beginnen. Zudem könnten die vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten für die Sprachförderung auch als Vorlage für Fördermaßnahmen im Hinblick auf weitere (Basis-)Kompetenzen dienen.

    Monitoring für Sprachförderung in der Kita aufbauen

    Die bestehenden Systeme könnten als digitale Verfahren außerdem viel besser angewandt werden. Ihre strukturierte Anwendung böte die Chance, ein Monitoring dafür aufzubauen, in welchen Kitas ganz besondere Sprachförderungserfordernisse bestehen. Dadurch könnten Kitas, Träger und Kommunen zusätzliche Unterstützungsangebote gezielt und bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Bisher werden solche Bedarfe lediglich aus den Kennzeichnungen “Migrationshintergrund” oder “nicht-deutsche Familiensprache” in Verbindung mit Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket ermittelt. Ein System, das auf vielfältige Vorurteile zurückgreift.

    Schon in der Kita müssen wir beginnen, Zukunfts- und Basiskompetenzen der Kinder komplementär zu denken. Die Weiterführung des Bundesprogramms “Sprachkitas” hätte es ermöglicht, die hier erprobten Methoden weiterzuentwickeln, auszutesten und in die Verbreitung zu bringen. Diese Chance ist mit dem Auslaufen des Programms leider vertan. Und aktuell denken viele Bundesländer darüber nach, die Anschluss-Landesprogramme ebenfalls zu beenden. Insbesondere dann, wenn das geplante Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz nicht auf den Weg kommt – und genau danach sieht es derzeit aus.

    Stefan Spieker ist Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH, die aktuell 237 Krippen, Kindergärten und Horte in zwölf Bundesländern betreibt. Außerdem ist er Vizepräsident der IHK Berlin.

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    Digitalpakt: Warum der Städtetag eine fatale Förderlücke fürchtet

    Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, warnt davor, dass der Digitalpakt II nicht nahtlos an den Digitalpakt I anknüpfen kann. Dieser läuft Mitte Mai aus. Die aktuell von Bund und Ländern verhandelte Fortsetzung ab Januar 2025 müsse einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn ermöglichen. “Ansonsten entsteht eine Förderlücke im zweiten Halbjahr 2024, die fatal ist. Das könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass Schulen zwangsweise wieder den Rückzug aus der digitalen Bildung antreten müssen, weil kein Ersatz für Geräte vorhanden ist”, sagte Dedy Table.Briefings.

    Zudem drängen die Kommunen darauf, von Bund und Ländern in die laufenden Verhandlungen einbezogen zu werden. Bisher gebe es aber keinerlei Signale, schildert Dedy. Die Städte hätten in den vergangenen Monaten immer wieder gefordert, dass es Gespräche von Bund, Ländern und Kommunen geben müsse. “Wir brauchen ein gemeinsames Zielbild für gute digitale Bildung.”

    Ähnlich klingt es bei Marc Elxnat, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebunds: “Wir würden es uns wünschen, enger in den Austausch einbezogen zu werden.” Zugleich betonte Elxnat, dass die Vorschläge des BMBF im Blick auf eine Neuordnung der inneren und äußeren Schulangelegenheiten sowie die Finanzierung des Digitalpaketes in die richtige Richtung gingen.

    Auch im Verhältnis zwischen Ländern und Kommunen viel Klärungsbedarf

    Das BMBF hatte in seinem jüngst vorgelegten Entwurf zum Digitalpakt II formuliert, dass die Länder Sorge zu tragen hätten, ihre Förderquote nicht zulasten kommunaler Haushalte zu erfüllen. Zudem forderte das BMBF, dass die Länder “mit den Kommunen einen Prozess aufsetzen, um das Verhältnis innerer und äußerer Schulangelegenheiten im Bereich der digitalen Bildung neu zu bestimmen, damit die verantwortlichen Ebenen ihr Handeln effektiv aufeinander abstimmen”. Die Länder werten das Papier in vielen Teilen als Affront. Jörg Freese, Beigeordneter beim Deutschen Landkreistag, stellt fest: “Die Forderungen des Bundes sind grundsätzlich berechtigt, müssten aber eigentlich im Verhältnis Land-Kommunen geregelt werden.” 

    Auch Helmut Dedy sieht im Verhältnis von Land und Kommunen Handlungsbedarf. “Die Länder müssen die digitale Ausstattung der Schulen sicherstellen.” Deshalb sei es vollkommen richtig, dass das BMBF darauf drängt, dass die Länder ihren Eigenanteil nicht auf die kommunalen Haushalte abwälzen. Auch der Ansatz für einen gemeinsamen Prozess mit den Kommunen sei genau richtig, findet Dedy. “Der muss jetzt aber auch wirklich kommen.” Holger Schleper

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    Startchancen: Wie das Bund-Länder-Programm die Sozialindex-Frage forciert

    Niedersachsen befindet sich auf der Zielgeraden zu einem Sozialindex. “Der final berechnete Index wird in Kürze vorliegen und soll im nächsten Plenum beschlossen werden”, teilte das niedersächsische Kultusministerium Table.Briefings mit. Das nächste Plenum im Landtag ist für Mitte Mai angesetzt.

    Dort soll dann der Antrag der rot-grünen Regierungskoalition zum Sozialindex beschlossen werden. Eine entsprechende Empfehlung hatte der Kultusausschuss in der Vorwoche mehrheitlich ausgesprochen. Laut Kultusministerium sollen für den Sozialindex keine zusätzlichen Daten erhoben werden. Als allgemeine Indikatoren nennt das Haus von Ministerin Julia Willie Hamburg (Grüne):

    • Kinder- und Jugendarmut
    • Anteil der Schüler, die von der entgeltlichen Lernmittelausleihe befreit sind
    • Anteil der Schüler mit vorwiegend nicht-deutscher Familiensprache
    • Zuzug aus dem Ausland
    • Anteil von Schülern mit Förderschwerpunkten

    Dass Niedersachsen jetzt einen Sozialindex erhalten wird, ist wesentlich auf das Startchancen-Programm zurückzuführen. Denn darin wird verlangt, dass die Auswahl der geförderten Schulen anhand von Sozialkriterien erfolgen muss, die mindestens die Dimensionen Armut und Migration berücksichtigen.

    Ausschreibung zur Evaluation des Startchancen-Programms veröffentlicht

    Im Saarland ist die Auswahl der 55 Schulen bereits erfolgt – und sorgt für Unmut in der Opposition. Die Grünen sehen mangelnde Transparenz. Der Landesvorsitzende Volker Morbe spricht etwa von “unspezifischen Kriterien”. Er beanstandet, dass die Ergebnisse der jährlichen Sprachtests als Indikator für Migration dienten. “Letzteres wird von den Schulen intern durchgeführt. Diese Werte sind also nicht valide.” Die CDU kritisiert, dass der ländliche Raum zu einem großen Teil vom Programm abgeschnitten werde. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Jutta Schmitt-Lang, fordert das Bildungsministerium auf, die Kriterien für die Schulauswahl und deren Gewichtung offenzulegen. 

    Derweil hat das BMBF die Ausschreibung für die Evaluation des Startchancen-Programms veröffentlicht. Auftragsgegenstand sei die Durchführung der Evaluation, einschließlich Erfolgskontrolle gemäß Bundeshaushaltsordnung. Weiter heißt es in den Unterlagen: “Die Erfolgskontrolle umfasst die Zielerreichungskontrolle, die Wirkungskontrolle und die Wirtschaftlichkeitskontrolle.” Die Abgabefrist endet am 20. Juni. Holger Schleper

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    MINT-Report: Wie sich die Motivation für IT-Berufe steigern lässt

    Trotz leichtem Rückgang ist die Fachkräftelücke im MINT-Bereich weiterhin auf einem hohen Niveau. 244.400 Arbeitskräfte fehlen aktuell in den MINT-Berufen, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in seinem Frühjahrsreport berechnete (zum Download). Vor zwei Jahren vermeldete das IW noch ein Rekordhoch mit rund 340.000 unbesetzten Stellen. Entwarnung gibt das Institut dennoch nicht: Denn durch die Digitalisierung, die Dekarbonisierung und die Bevölkerungsentwicklung werde der Bedarf an MINT-Kräften mittel- bis langfristig stark zunehmen.

    Unternehmen sehen hier den Staat in der Verantwortung. Sie bewerten Investitionen des Staates in das Bildungssystem als den wichtigsten Faktor, um die anstehenden Transformationen bewältigen zu können. “Für Unternehmen ist wichtig, dass Bewerber, die aus der Schule kommen, ausbildungsreif sind”, sagt Axel Plünnecke, Leiter des Clusters Bildung, Innovation, Migration beim IW zu Table.Briefings.

    Rückgang beim inländischen MINT-Nachwuchs erwartet

    Rund 77 Prozent der Erwerbstätigen im Tätigkeitsfeld Forschung und Entwicklung haben eine MINT-Qualifikation. Doch in den kommenden Jahren wird es voraussichtlich weniger MINT-Absolventen geben. In Ingenieurwissenschaften und Informatik ist die Zahl der Studienanfänger um rund zehn Prozent gesunken. Betrachtet man nur die Zahl der deutschen Studienanfänger war es sogar ein Rückgang von fast einem Viertel.

    Das hängt auch damit zusammen, dass bei 15-jährigen Schülerinnen und Schülern die Mathematik-Kompetenzen deutlich gesunken sind. Vergleicht man die Pisa-Ergebnisse von 2022 mit denen von 2012, hat sich in Mathematik der Anteil der leistungsstarken Schüler halbiert. Der Anteil der Schüler mit sehr geringen Kompetenzen stieg dagegen von rund 18 Prozent auf circa 30 Prozent an.

    Imagewandel könnte mehr Frauen motivieren

    Dass die Engpässe im MINT-Bereich nicht noch größer ausfallen, ist dem überproportionalen Beschäftigungswachstum ausländischer Fachkräfte zu verdanken. Besonders stark war der Zuwachs in akademischen Berufen. Hier stieg die Beschäftigung ausländischer MINT-Arbeitskräfte seit 2012 um rund 210 Prozent.

    Um die Fachkräftesicherung und Innovationskraft weiter voranzutreiben, empfiehlt das IW in seinem aktuellen Report, verstärkt Frauen, Ältere und Zugewanderte für den MINT-Bereich zu gewinnen. Und es sollte stärker vermittelt werden, dass MINT-Berufe zum Klimaschutz beitragen können. “Besonders bei jungen Frauen bis 24 Jahre ist die Sorge vor dem Klimawandel stark gestiegen”, sagt Plünnecke. Diese Sensibilität könne man nutzen, um Frauen stärker für MINT-Berufe zu motivieren. vkr

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    CHE-Hochschulranking: Wie zufrieden Studierende in den Naturwissenschaften sind

    Für 36 Studienfächer in den Bereichen Naturwissenschaften und Medizin ist am vergangenen Donnerstag das CHE-Hochschulranking 2024/2025 veröffentlicht worden. Es umfasst Fakten zu Studium, Lehre und Forschung sowie Urteile von 120.000 Studierenden und ist auf einer interaktiven Karte des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) einsehbar und über das Portal “HeyStudium” des Medienpartners “Zeit”.

    Die Befragung der Studierenden, die ihre Studiensituation auf einer Skala von 1 bis 5 Sternen bewerten, zeigt: Die Zufriedenheit ist in den Naturwissenschaften und in der Medizin recht hoch. “74 Prozent bewerten ihre Studiensituation mit vier oder fünf Sternen”, sagt Sonja Berghoff, Leiterin des CHE Hochschulrankings auf Anfrage von Table.Briefings. Im Jahr 2023, als es um die Wirtschaftswissenschaften, Jura und Soziale Arbeit ging, lag der Wert bei 71 Prozent. Im Jahr 2022, als Ingenieurwissenschaften, Sprachen, Erziehungswissenschaften und Psychologie ausgewertet wurden, vergaben 68 Prozent der Studierenden vier oder mehr Sterne.

    Mehrdimensionaler Ansatz, dreijähriger Turnus

    Das CHE verfolgt einen mehrdimensionalen Ranking-Ansatz, um die Möglichkeiten und Bedingungen für ein Studium wissenschaftsgerecht abzubilden. Dabei werden je untersuchtem Fach bis zu 34 Indikatoren gerankt. Darüber hinaus werden die subjektiven Einschätzungen der Studierenden und der Professorinnen und Professoren erfragt.

    Die Daten werden in einem dreijährigen Turnus aktualisiert beziehungsweise erhoben. Im Rahmen des Rankings 2024/25 wurden Biochemie, Biologie, Chemie, Geografie, Geowissenschaften, Informatik, Mathematik, Medizin, Pflegewissenschaft, Pharmazie, Physik, Politikwissenschaft, Soziologie, Sozialwissenschaften, Sportwissenschaft, Zahnmedizin und sonstige Natur-, Gesundheits- oder Agrarwissenschaften untersucht. abg

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    LIfBi-Studie: Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf Mathe-Kompetenzen hatte

    Die Schulschließungen während der Corona-Pandemie hatten keine Auswirkungen auf die Entwicklung mathematischer Kompetenzen von Schülern der Jahrgangsstufen 7 und 9. Das ist das Ergebnis einer Studie vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi). Die Hinweise aus dem IQB-Bildungstrend 2022 und der aktuellen Pisa-Studie, die schulischen Kompetenzen von Jugendlichen in der Sekundarstufe I seien aufgrund der Pandemie weniger gewachsen, ließen sich der Studie zufolge nicht bestätigen.

    Die Längsschnitt-Studie fußt auf Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS). Die Autoren verglichen die Daten von zwei Kohorten: Schülerinnen und Schüler, die in den Jahren 2012 bis 2015 die Jahrgangsstufen 7 und 9 besucht haben, und Siebt- und Neuntklässler in den Jahren 2018 bis 2021. Insgesamt flossen Daten von 6.048 Jugendlichen verschiedener Schulformen ein.

    Köller: “Hunderte Studien zeigen, dass es Corona-Effekte gibt”

    “Auch unter den Bedingungen einer Schulschließung waren die Lernfortschritte trotzdem da”, sagt Bildungsforscherin Lena Nusser vom LIfBi im Gespräch mit Table.Briefings. Es gebe “keine statistisch bedeutsamen Unterschiede in der Kompetenzentwicklung zwischen den Startkohorten”, also den beiden untersuchten Gruppen, heißt es in dem Papier. Für Nusser und ihre Mitautoren wirft das die Frage auf, ob sich die in der Pisa-Studie und im IQB-Bildungstrend festgestellten Kompetenzrückgänge zuverlässig als Effekte der Corona-Pandemie interpretieren ließen. 

    Olaf Köller, Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, sieht die LIfBi-Veröffentlichung kritisch. “Hunderte Studien zeigen, dass es Corona-Effekte gibt”, sagte er zu Table.Briefings. Die nun vorgelegte Arbeit sei in ihrer Anlage nicht geeignet, um Auswirkungen der Pandemie aufzudecken. 

    Konkret bemängelt er, dass die Studie nicht repräsentativ sei. Gymnasiasten etwa seien zu stark vertreten. Darüber hinaus kritisiert Köller, dass die Kohorten zu unterschiedlichen Zeitpunkten im neunten Schuljahr getestet wurden. “Und auch die Testsituationen, mal zu Hause, mal im Klassenverband, waren unterschiedlich.” Das Papier weist auf beides und den Umgang damit hin. In den “Hinweisen zur Stichprobe und Methodik” erklären die Studienautoren auch, dass “die vorgestellten Ergebnisse nicht vollständig repräsentativ für die Schülerschaft in Deutschland” sind. hsc

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    Petition: Was die Kita-Kampagne “Jedes Kind zählt” fordert

    Am Montag hat die Kampagne “Jedes Kind zählt” eine öffentliche Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Es soll erklärtermaßen die bislang größte Petition an den Bundestag werden. “Wir wollen mehr als 500.000 Unterschriften sammeln”, sagt Katja Ross, die die Petition einreichte, im Gespräch mit Table.Briefings. Im ersten Schritt ist das Ziel, mehr als 50.000 Unterschriften zu erhalten, um eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss zu erreichen. 

    “Wir brauchen verbindliche Mindeststandards, die deutschlandweit gelten und nicht in jedem Bundesland und in jeder Wahlperiode immer wieder von Neuem auf dem Spiel stehen”, fordert Ross. Konkret nennt die Kampagne vier Ziele:

    • Mehr Profilstellen: Jede Kita soll mindestens eine zusätzliche Profilstelle erhalten, um Bereiche wie Sprachbildung oder Inklusion gezielt zu unterstützen.
    • Verbindliche Mindestpersonalstandards, sodass genug Fachkräfte für eine angemessene Betreuung und Förderung der Kinder zur Verfügung stehen.
    • Stärkere Praxis- und Fachberatung, um die Qualität der frühkindlichen Bildung weiter zu verbessern.
    • Ausreichend Kita-Plätze für alle Kinder, weshalb der Ausbau von Kita-Plätzen intensiviert werden müsse.

    Verbindliche Standards sind Streitthema zwischen Bund und Ländern

    Die Differenzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf dem Weg zum im Koalitionsvertrag angekündigten Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz sind groß. “Aus Sicht der Länder sollten nur die Standards verbindlich vereinbart werden, die auch realistisch umsetzbar sind”, sagte etwa Anfang April die Bremer Senatorin für Kinder und Bildung, Sascha Karolin Aulepp. Sie bezog sich dabei auf einen Bericht der Arbeitsgruppe Frühe Bildung zur Qualität in der frühen Bildung.

    Ross selbst ist seit 17 Jahren als Erzieherin in Rostock tätig. Nach ihren Angaben arbeiten bei der Kampagne bundesweit bereits mehr als 500 Personen mit. Zu ihnen zählen Erzieherinnen und Erzieher, Kita-Leitungen, Fachberater und Eltern. Am Dienstagabend fand das erste digitale Kita-Forum statt, das sich an alle Kitas in Deutschland richtet. “Wir wollen dort versuchen, etwa 1.000 Kitas zu erreichen”, sagte Ross im Vorfeld. hsc

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    Mehr von Table.Media

    Research.Table. KI-Pionier Richard Socher: “Statt Latein wäre es vermutlich sinnvoller, Python zu lernen”. Mit seinem Unternehmen you.com hat der Informatiker Richard Socher einen KI-Assistenten entwickelt, der als Antwortmaschine statt als Suchmaschine fungiert. Wozu das nützlich ist und was er vorschlägt, damit Deutschland bei der KI-Revolution mithalten kann, lesen Sie hier.

    Research.Table. Propalästinensische Proteste: Wie die Universitäten reagieren. Seit mehreren Wochen kommt es an zahlreichen Universitäten in den USA zu propalästinensischen Protesten. Die Bewegung breitet sich international aus. Was das für die Hochschulen in Deutschland bedeutet, lesen Sie hier.

    Presseschau

    MDR: bezahlte, duale Ausbildung für Lehrkräfte. Wie in Thüringen startet auch an ersten Universitäten in Sachsen-Anhalt ein Modellversuch für ein duales Studium für Sekundarschullehrkräfte. Durch frühe Praxiserfahrung sollen Studenten leichter ins Referendariat starten – im Idealfall an der Schule, an der sie ihre Praxissemester absolvieren. Zudem wird das Studium mit 1.400 Euro (Bachelor) beziehungsweise 1.540 Euro (Master) pro Monat entlohnt. Sollte man sich für den neuen Studiengang an der Universität Magdeburg oder Halle entscheiden, verpflichtet man sich allerdings, für mindestens fünf Jahre nach dem Abschluss in Sachsen-Anhalt zu unterrichten. (Sachsen-Anhalt startet bezahltes Studium für Lehrer an Sekundarschulen

    Deutsches Schulportal: Warum Prognosen zum Lehrermangel häufig falschliegen. Bei Prognosen zum Bedarf an Lehrkräften kommt es häufig zu stark abweichenden Ergebnissen, abhängig davon, wer die jeweilige Studie veröffentlicht. Bildungsforscher Klaus Klemm führt dies darauf zurück, dass häufig verschiedene Ausgangszahlen verwendet werden. Entscheidende Faktoren wie die Veränderung von Geburtenraten, Zuwanderung aus der Ukraine oder die Umstellung auf G9 würden zu oft in den Berechnungen ausgelassen werden. Es sei wichtig, die Lehrerbedarfsplanung flexibler zu gestalten, um besser auf Schwankungen von Schülerzahlen zu reagieren. (Die Krux mit den Prognosen: Wie lässt sich der Lehrerbedarf besser planen?

    MDR: Nur wenige Azubis nutzen Erasmus+. Das Erasmus-Programm der EU soll es insbesondere jungen Menschen auf ihrem Bildungsweg ermöglichen, im Ausland Erfahrungen zu sammeln. Unter Studierenden ist das Austauschprogramm bekannt und wird viel genutzt. Von Azubis wird die Möglichkeit eines Auslandspraktikums hingegen wenig genutzt – besonders in Sachsen-Anhalt. Dies kann damit zusammenhängen, dass es in der Ausbildung weniger Zeiten gibt, in denen ein solcher Austausch möglich ist. Zudem wissen nur wenige Azubis von den Programmen. (Wie die EU einer Auszubildenden ein Praktikum in Spanien ermöglichte

    Deutschlandfunk: Was Bildungspolitik aus dem Digitalpakt I lernen muss. Die Verhandlungen um den Digitalpakt II erweisen sich als langwierig und schwierig. BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg, Thüringens Bildungsminister Helmut Holter, WZB-Forscher Michael Wrase und Schulleiter Michael Fugmann diskutieren darüber, warum der Digitalpakt trotzdem fortgesetzt werden sollte. Zudem geht es um die Frage, was man aus den bisherigen Erfahrungen des Digitalpakts I lernen konnte und nun besser umsetzen muss. Beispielsweise im Hinblick auf Lehrerfortbildung und der Entwicklung einer Digitalstrategie, die über bloße Infrastruktur hinausgeht. (Digitalpakt 2.0 – Wo steckt das Update für die digitale Bildung und Ausstattung?

    Tagesspiegel: Medienkompetenz als Ansatz gegen Krisenstimmung. Soziale Medien können eine große Rolle dabei spielen, wie die Jugend auf ihre eigene Zukunft blickt. Pessimismus, Stress und Krisenstimmung macht sich unter der Generation Z breit. Eine Ursache kann sein, dass junge Menschen durch die starke Nutzung des Internets ständig mit Krisen konfrontiert werden. Deswegen ist es wichtig, dass Medienkompetenz stärker gefördert wird. So kann der Umgang mit der Informationsflut besser gelingen. (“Durch Social Media erleben sie Krisen näher als früher”: Warum Jugendliche sich kaum noch auf die Zukunft freuen)  

    Termine

    13. Mai 2024, 12.30 bis 13.30 Uhr, online
    Präsentation Policies targeting social inequality in education: A French-German comparison
    Im Zuge des Social Policy Group Kolloquiums wird der momentane Stand in verschiedenen Forschungsprojekten vorgestellt. Die Veranstaltung beleuchtet, wie Frankreich und Deutschland mit sozialer Ungerechtigkeit im Schulkontext umgehen ANMELDUNG

    14. Mai 2024, 15.30 bis 16.30 Uhr, online
    Webinar Zuwanderung und Familiensprache
    Sprachprobleme sorgen schon in der Grundschulbildung für Schwierigkeiten. Prof. Dr. Aileen Edele von der HU Berlin spricht darüber, wie divers die Sprachhintergründe von Grundschulkindern sind und wo Maßnahmen zur Sprachförderung ansetzen können. ANMELDUNG

    14. Mai 2024, 16.30 bis 18.00 Uhr, online
    Panel Deutsches Schulbarometer 2024 – Berufliche Zufriedenheit & Belastungserleben
    Nach dem Erscheinen des Schulbarometers werden die Ergebnisse sowohl wissenschaftlich als auch im schulischen Kontext betrachtet. In dieser Veranstaltung liegt der Fokus besonders auf der beruflichen Zufriedenheit und dem Belastungsempfinden der Lehrkräfte. Zudem gibt es Raum für Diskussion. INFOS & ANMELDUNG

    15. Mai 2024, 12 Uhr, online
    Vortrag Rechtliche Herausforderungen von KI in der Hochschullehre
    Wie KI im Hochschulkontext eingesetzt werden kann, wird bei diesem Vortrag aus einer rechtlichen Perspektive heraus betrachtet. Es soll unter anderem um den Einsatz von KI in Prüfungen und um die Vereinbarkeit mit dem Datenschutz gehen. ANMELDUNG

    Bildung.Table Redaktion

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