Table.Briefing: Bildung

Niedersachsens Sprachförderung in der Kritik + Mini-Fortschritte beim Digitalpakt + Sprachmodell als Chance für Bildungsplattform

Liebe Leserin, lieber Leser,

wo soll man anfangen? Es gibt so Tage, da sieht man nur Baustellen und weiß gar nicht, auf welcher man zuerst die Ärmel hochkrempeln soll. In der Schule ist das ähnlich. Und damit meine ich jetzt nicht den Sanierungsstau in den Schulgebäuden. Um den geht es heute mal nicht. Aber um eine andere Dauer-Baustelle: den Digitalpakt. Die Verhandlungen gestalten sich offenbar schwieriger als bislang von allen Seiten beteuert. Mein Kollege Maximilian Stascheit hat sich umgehört. Und wen wundert’s: Es geht natürlich vor allem mal wieder ums Geld.

Dabei sind sich alle einig, dass ein Digitalpakt II kommen muss, damit nicht all die Geräte und Konzepte, die über den Digitalpakt I beschafft und entwickelt wurden, wieder verstauben. Und damit Lernen zukunftsfähig bleibt. Heißt zum Beispiel auch: dass Schülerinnen und Schüler eine sichere Variante eines großen Sprachmodells zur Verfügung steht. Konkrete Ideen dazu existieren schon, wie Christian Füller analysiert.

Aber große Sprachmodelle à la ChatGPT klingen wie die Kür, wenn man nach Niedersachsen schaut. Dort gibt es ein ganz elementares Sprachproblem, das auf eine Lösung wartet: Die vorschulische Sprachförderung, hauptsächlich von den Kitas betrieben und zum Teil von den Grundschulen, ist voller Ungereimtheiten. Was der Verein “Leitungen Niedersächsischer Grundschulen” kritisiert, hat mein Kollege Holger Schleper aufgeschrieben.

Wozu Sprachdefizite führen, wissen wir: Die schlechten Ergebnisse von Leistungsvergleichsstudien wie Pisa haben das eindrücklich gezeigt. Womit wir bei der ganz großen Baustelle sind: Müssen wir unser Schulsystem ändern? Und wenn ja, was genau? Darüber diskutiere ich am heutigen Mittwochabend bei unserem Table-Live-Briefing mit Susanne Lin-Klitzing, der Vorsitzenden des Deutschen Philologenverbands, und Kai Maaz, dem geschäftsführenden Direktor des DIPF | Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation. Seien Sie ab 19 Uhr dabei und stellen Sie Ihre Fragen an die Gäste auf dem Podium. Hier geht es zur Anmeldung.

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Annette Kuhn
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Analyse

Bildungssystem in der Kritik: Sprachförderbedarf bei Nicht-Kita-Kindern in Niedersachsen deutlich angestiegen

Die Zahl der Nicht-Kita-Kinder in Niedersachsen, bei denen vor der Einschulung ein Sprachförderbedarf festgestellt wurde, ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Waren es im Schuljahr 2019/2020 noch 741 Kinder, sind es im Schuljahr 2023/2024 insgesamt 1.218 Kinder. Das entspricht einer Steigerung um 64 Prozent. Die Zahlen stammen aus der aktuellen Antwort des niedersächsischen Kultusministeriums auf eine Kleine Anfrage der CDU-Abgeordneten Sophie Ramdor.

Angesichts dieser Entwicklung dürfte die Landespolitik die vorschulische Sprachförderung an Niedersachsens mehr als 1.650 Grundschulen nochmal genauer unter die Lupe nehmen. Erst kürzlich hatte eine weitere Kleine Anfrage auf zunehmende Sprachdefizite bei Schuleingangsuntersuchungen hingewiesen, wie Table.Media berichtete. Die Kritik am System ist vielstimmig.

2018 verlagerte Niedersachsen die vorschulische Sprachförderung von den Grundschulen in die Kitas. Die Ausnahme: “Kinder, die keine Kindertagesstätte besuchen, nehmen im Rahmen der Schulanmeldung (circa 15 Monate vor Einschulung) an einer Sprachstandsfeststellung durch die zuständige Grundschule teil”, schreibt das Ministerium von Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne).

Grundschulen: Sinnvolle Förderung ist so nicht möglich

Die Ergebnisse dieser Sprachstandsfeststellung melden die Grundschulen an das für sie zuständige Regionale Landesamt für Schule und Bildung (RLSB). Davon gibt es in Niedersachsen vier. Das RLSB soll den Grundschulen dann zusätzliche Lehrkräftestunden zuweisen, wenn sie einen Mehrbedarf für die vorschulische Sprachförderung von Nicht-Kita-Kindern haben. Speziell für diese Kinder soll es an den Grundschulen dann vor Schuleintritt Sprachfördermaßnahmen geben, vorrangig zentral gebündelt in bestimmten Grundschulen.

Soweit die Theorie. An der Praxis allerdings gibt es heftige Kritik. “Wenn die Zahl der Kinder, die eine vorschulische Sprachfördermaßnahme benötigen, unterhalb der Zahl fünf liegt, gibt das RLSB vor, dass diese Kinder den bestehenden DaZ-Kursen in den Grundschulen angegliedert werden”, erklärt Marion Borderieux. Sie ist Zweite Vorsitzende des Vereins “Leitungen Niedersächsischer Grundschulen“. Seit 2018 leitet sie die Fürstenwall-Schule in Dahlenburg, eine dreizügige Grundschule im Landkreis Lüneburg.

In der Praxis säßen dann Vorschüler mit Sprachdefiziten in einer Gruppe mit geflüchteten Erst- bis Viertklässlern. “Dies schließt eine sinnvolle vorschulische Sprachförderung kategorisch aus“, sagt Borderieux. Erst ab fünf Kindern mit vorschulischem Sprachförderbedarf, die keine Kita besuchen, dürfe eine eigene Gruppe gebildet werden. “Selbst große Grundschulen erreichen selten diesen Wert, da die meisten Kinder im Vorschuljahr eine Kita besuchen.” Beispiele von mehreren Grundschulen, die sich für die vorschulische Sprachförderung zusammengetan haben, kennen weder Borderieux noch die CDU-Abgeordnete Ramdor. Sie war bis 2022 selbst als Grundschullehrerin in Salzgitter tätig.  

Oft fließen zwischen Kitas und Grundschulen keine Informationen

Borderieux stellt das aktuelle System der Sprachförderung auch grundsätzlich infrage. “Da die Kitas ohnehin über knappe personelle Ressourcen verfügen, ist davon auszugehen, dass dort eine systematische, angeleitete vorschulische Sprachförderung nur unzureichend stattfindet.” Tatsächlich deckt ein im Vorjahr veröffentlichter Evaluationsbericht im Auftrag des niedersächsischen Kultusministeriums an einigen Stellen Handlungsbedarf auf. 

So ist dort etwa nachzulesen, dass von fast 500 niedersächsischen Grundschulen, die an der Befragung teilnahmen, 16,6 Prozent angaben, keinerlei Informationen aus den Kitas zum Sprachförderbedarf der Kinder zu erhalten, die vor der Einschulung stehen. Kritik gibt es auch an den Entwicklungsgesprächen, die die Kitas mit den Erziehungsberechtigten der Kinder führen sollen.

Demnach fanden die “Entwicklungsgespräche oft später als im Gesetz vorgesehen” statt, “teilweise sogar erst im Jahr der Einschulung”. Laut Gesetz soll das Gespräch “spätestens mit Beginn des Kindergartenjahres, das der Schulpflicht […] unmittelbar vorausgeht”, erfolgen. In der Praxis bleibt bei festgestelltem Förderbedarf oft also zu wenig Zeit, um Kinder vor der Schule gezielt zu fördern. 

Zur Umsetzung der Sprachförderung in den Kita-Konzeptionen heißt es unter anderem, dass in der Mehrzahl der ausgewerteten Konzeptionen “keine Aussagen zur Qualitätssicherung der alltagsbasierten Sprachbildung und Sprachförderung und zu deren Weiterentwicklung enthalten” waren.

Fachberater Sprache brauchen mehr Profil

Ulrich Stitzinger vom Institut für Sonderpädagogik der Leibniz Universität Hannover ist Mit-Autor des Berichts. Trotz der aufgezeigten Schwachpunkte im System ist der Leiter der Abteilung Sprach-Pädagogik und -Therapie von einer Pauschalkritik oder der einseitigen Zuweisung von Verantwortung weit entfernt. “Grundsätzlich war die Verlagerung der Sprachförderung in die Kitas 2018 ein guter Schritt”, ist er überzeugt, “weil der Großteil der Kinder dann im pädagogischen Alltag sprachlich früh gefördert werden kann.” 

Trotzdem benennt auch Stitzinger im Gespräch mit Table.Media einigen Raum für Verbesserungen. Dazu zählt für ihn der Kompetenzaufbau des pädagogischen Personals in den Kitas. “Was genau ist eigentlich eine sprachliche Störung? Welche spezifischen Handlungsmöglichkeiten gibt es, um Kinder sprachlich und kommunikativ zu fördern? Diese Themen müssten in der Ausbildung eine größere Rolle spielen.” Darüber hinaus wünscht sich der Wissenschaftler, dass das Profil von “Fachberaterinnen und -beratern Sprache”, die die Kitas unterstützen, in Niedersachsen noch deutlich geschärft wird.

Noch viel grundsätzlicher wird demgegenüber Sophie Ramdor. “Unser Grundgedanke ist, die vorschulische Sprachförderung in den Grundschulen und den Kitas enger zusammenzuführen und keine Parallel-Strukturen beizubehalten.” Zudem brauche man die Förderung der Sprach-Kitas, die bis Mitte 2025 verlängert wurde, auch darüber hinaus. “Die Kitas und die dort arbeitenden Fachkräfte benötigen für eine hohe qualitative Sprachförderung Planungssicherheit.”

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Digitalpakt II: Einigung zwischen Bund und Ländern hakt an der Finanzierung

Die Verhandlungen zum Digitalpakt II kommen offenbar nicht so gut voran, wie von Bund und Ländern anfangs beteuert. “Im Falle des Bundes kann man selbst kleinste Trippelschritte schon als Fortschritt bewerten”, sagte Sachsens Kultusminister Christian Piwarz zu Table.Media. Er nimmt damit Bezug auf Aussagen mehrerer Ländervertreter, die nach einer zweitägigen Bund-Länder-Klausurtagung Ende Januar von “substanziellen Fortschritten” gesprochen hatten.

Piwarz leitet zusammen mit Bremens Schulsenatorin Sascha Karolin Aulepp (Grüne) die Digitalpakt-Verhandlungen für die Länder. Weitere Mitglieder der Verhandlungsgruppe sind Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Zumindest gebe es von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) das Bekenntnis, dass der zweite Digitalpakt “im Volumen nicht hinter dem ersten zurückfallen dürfe”, so Piwarz.

BMBF will sich nicht äußern

Ähnliches berichten auch andere Landesminister aus den Gesprächen mit Stark-Watzinger. Bestätigen will das BMBF diese Aussagen allerdings nicht. “Wir befinden uns in laufenden Gesprächen. Daher bitte ich um Verständnis, dass wir uns zu Details zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern“, teilte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage mit.

Wiebke Esdar, SPD-Berichterstatterin für den BMBF-Haushalt, weist darauf hin, dass das Gesamtvolumen auch von der Laufzeit der neuen Vereinbarung abhänge: “Sollten sich das BMBF und die Länder zum Beispiel auf ein jährliches Volumen von einer Milliarde Euro bei einer Geltungsdauer bis 2030 einigen, dann läge das Gesamtvolumen sogar oberhalb der ursprünglichen Vereinbarung für den ersten Digitalpakt”, sagte sie Table.Media.

Der 2019 gestartete Digitalpakt Schule umfasste insgesamt 7,15 Milliarden Euro. Zunächst hatte der Bund fünf Milliarden Euro für die Laufzeit von fünf Jahren zur Verfügung gestellt. Während der Corona-Pandemie wurde das Budget noch einmal um 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. Die Länder legten noch einmal zehn Prozent der Bundesmittel obendrauf.

Länder wehren sich gegen 50:50-Finanzierung

Noch strittiger als das Gesamtvolumen ist die Frage, wie sich Bund und Länder die Kosten für den neuen Digitalpakt untereinander aufteilen. “Die Länder haben in ihrer Verhandlungsposition deutlich gemacht, dass sie bei den künftigen Bund-Länder-Anteilen eines Digitalpakts 2.0 von der Verteilung im laufenden Digitalpakt ausgehen”, bestätigte ein Sprecher des sächsischen Kultusministeriums zu Table.Media.

Für Stark-Watzinger kommt das jedoch nicht infrage. Sie pocht darauf, dass die finanziellen Lasten gleichmäßig zwischen beiden Seiten verteilt werden und beruft sich auf einen Beschluss der Bundesregierung aus dem vergangenen Sommer, demzufolge sich “die Finanzierung von neuen Bund-Länder-Programmen auf eine ausgeglichene Kofinanzierung begrenzen” soll. Die Bundesregierung könnte davon zwar theoretisch abweichen, was angesichts der angespannten Haushaltslage allerdings nicht realistisch ist.

Ampel-Haushälter stärken Stark-Watzinger den Rücken

Rückendeckung erhält Stark-Watzinger von den Haushaltspolitikern der Ampel. “Es gibt einen Beschluss des Haushaltsausschusses aus dem vergangenen Jahr, der für Bund-Länder-Programme grundsätzlich eine 50:50-Finanzierung vorsieht”, sagte Bruno Hönel, Berichterstatter für den BMBF-Haushalt, zu Table.Media. “Die Haushaltssituation ist vor dem Hintergrund der globalen Krisen weiterhin sehr angespannt und wir müssen immer bedenken, dass die grundsätzliche Zuständigkeit für die Bildungsfinanzierung bei den Ländern liegt”, so der Grünen-Politiker. Esdar verweist zudem darauf, dass das jährliche Steueraufkommen der Länder das des Bundes seit 2020 teils deutlich übertreffe.

Viele Länder warnen allerdings schon jetzt, dass eine hälftige Beteiligung an der Finanzierung für sie nicht stemmbar ist. “Es werden sicher nicht alle Länder in der Lage sein, 50 Prozent frisches Geld reinzugeben – Niedersachsen jedenfalls nicht”, sagte Marco Hartrich, Staatssekretär im niedersächsischen Kultusministerium.

Worst-Case-Szenario befürchtet

In Berliner Kreisen wird daher bereits die Befürchtung geäußert, dass der Digitalpakt II am Ende doch nicht zustande kommen könnte. Stark-Watzinger, so heißt es, könnte die Schuld dann auf die Länder schieben, wenn diese nicht bereit sind, sich mit 50 Prozent an der Finanzierung zu beteiligen. Es wäre das Worst-Case-Szenario, bei dem am Ende alle Beteiligten schlecht dastehen würden.

Möglich erscheint daher auch ein Kompromiss, in dem der Bund in der Startphase zunächst die gesamten oder zumindest den überwiegenden Teil der Kosten übernimmt, der Anteil der Länder im Laufe der Zeit jedoch auf 50 Prozent ansteigt. Ein Modell, das sich im BMBF-Programm “Forschung an Fachhochschulen” bereits bewährt hat.

Einig sind sich beide Seiten offenbar zumindest darin, dass eine Einigung nun im Eiltempo herbeigeführt werden soll. Bis zum 16. Mai, wenn der erste Digitalpakt ausläuft, soll die Vereinbarung stehen. Zumindest inhaltlich sind die Verhandlungen dem Vernehmen nach schon weit vorangeschritten. Zu Details will sich jedoch niemand äußern. Die Gespräche laufen derzeit auf Arbeitsebene weiter. Mitte April soll erneut eine Klausurtagung stattfinden.

Lesen Sie auch: Die gesetzliche Grundlage für Finanzhilfen im Bildungssektor.

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Wieso die Bildungsplattform ein großes Sprachmodell braucht

Eine Reihe von Experten für Künstliche Intelligenz fordert, der kostspieligen digitalen Vernetzungsinfrastruktur des Bundes durch ein sicheres deutsches ChatGPT für den Bildungsbereich Sinn zu geben. Die “Mein Bildungsraum” genannte Plattform solle die Heimat eines kostenfreien, gemeinwohlorientierten und nicht-diskriminierenden Large Language Model (LLM), eines “großen Sprachmodells Bildung” sein.

Eine KI Made in Germany fordern seit längerem das Bundesbildungsministerium, die Taskforce der Kultusminister und auch die Ständige Wissenschaftliche Kommission der KMK. Die Konferenz der Kultusminister schrieb auf Anfrage: “Die Länder halten es für wünschenswert, Schulen ein hoheitlich betriebenes, datenschutzkonformes, domänenspezifisches und damit didaktisch zielführendes LLM für den schulischen Bildungsbereich bereitzustellen.”

SWK-Gutachterin: LLM mit gemeinfreien Inhalten trainieren

Auch Ulrike Cress, die Direktorin des Leibniz-Instituts für Wissensmedien in Tübingen, sieht dieses Bildungs-LLM in der Vernetzungsinfrastruktur, die 2021 unter dem Namen “Nationale Bildungsplattform” gestartet war, am richtigen Platz. Die Gutachterin der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission würde das “Große Sprachmodell Bildung” im Bildungsraum sogar mit gemeinfreien Inhalten trainieren. “Wer, wenn nicht diese Plattform sollte Metadaten und entsprechend hochwertige Commons-Inhalte für das Training von LLMs nutzen?”

Die Diskussion um die Nutzung von ChatGPT und anderen großen Sprachmodellen für Bildungszwecke hält bereits fast eineinhalb Jahre an. Wie berichtet gibt es verschiedene Varianten, ChatGPT in einer gepufferten Version Schule und Lehrern zur Verfügung zu stellen. Dann fließen keine personenbezogenen Daten in die USA zu OpenAI, dem Unternehmen, das hinter ChatGPT steht. Als beste Variante wird allgemein angesehen, ein eigenes großes Sprachmodell für Schulen und Hochschulen zu kreieren und zu trainieren. Bisher ging man aber davon aus, dass dies sehr teuer sei und viel Zeit in Anspruch nehme.

KI-Experte: Prototyp für Bildungs-Sprachmodell in sechs Monaten möglich

Dem scheint allerdings nicht so zu sein. Der KI-Experte Kristian Kersting sagte zu Table.Media, dass man nach einem halben Jahr bereits einen Prototyp vorweisen könne. Die Kosten seien dann nicht höher als jene, die man derzeit für die länderübergreifenden Projekte des Digitalpakts einsetze – dabei handelt es sich um 250 Millionen Euro. Der Professor für maschinelles Lernen an der TU Darmstadt hält die Vernetzungsinfrastruktur für den richtigen Ort. Hier könne man eine Künstliche Intelligenz für Schulen und Hochschulen auf eine datensichere und diskriminierungsarme Weise zugänglich machen.

Kersting, der sich mit der Untersuchung und Reinigung von KI-Trainingsdaten befasst, betonte, dass es nicht darauf ankomme, Daten gänzlich ohne Bias (Verzerrungen) zu verwenden. “Wir sollten zum Beispiel den Namen Adolf Hitler nicht aus solchen Daten löschen – da kommt es darauf an, dass die Lehrkräfte diese Person kontextualisieren.” Aber der KI-Professor des Jahres 2019 betonte, dass die Datensätze einer Bildungs-KI überprüft werden müssten. Allerdings sei das ein hoher Aufwand – dafür seien die Datenmengen viel zu groß. Die Vorstellung, einen klinisch reinen Datensatz vorweisen zu können, hält er für falsch.

Bildungseinrichtungen brauchen rechtssicheres Sprachmodell

Den Anstoß für die Verortung eines Bildungs-LLM in “Mein Bildungsraum” gab die Professorin für Bildungsinformatik der Universität Kiel, Heidrun Allert. Sie forderte bei einer Diskussion der Bundestagsfraktion der Grünen, “dass wir in den Bildungseinrichtungen die Möglichkeit bekommen, rechtssicher mit einem großen Sprachmodell arbeiten zu können”. Sie wolle dafür nicht mit bezahlpflichtigen Modellen wie OpenAI arbeiten. Das sei auch für Studierende nicht zumutbar.

Allert bezog ihre Forderung direkt auf den Bildungsraum. Wichtig sei, nicht nur “eine Vernetzung von bestehenden Angeboten nutzen zu können”, sondern man brauche auch die Möglichkeit, “mit Technologien arbeiten zu können – zum Beispiel mit großen Sprachmodellen”. Dafür müsse man idealerweise eigene Daten einbringen können.

SWK-Gutachterin Cress: Bildungsraum ist Trainingsplatz für LLM?

Ulrike Cress bestätigte auf Anfrage diese Sichtweise. “Wenn man den Bildungsraum aber konsequent zu Ende denkt, dann ist diese Vernetzungsplattform ein prädestinierter Player für ein bildungsspezifisches Sprachmodell”, sagte Cress zu Table.Media. Für die SWK-Gutachterin geht es dabei nicht nur darum, den Zugang zu einem Bildungs-LLM auf der Vernetzungsinfrastruktur anzubieten, sondern dort auch Trainingsdaten zu gewinnen und einzusetzen.

Das Problem der nationalen Vernetzungsinfrastruktur ist, dass sie sehr teuer ist, aber bisher keines ihrer Versprechen eingelöst hat. Das Projekt war mit einer Finanzierung von 630 Millionen Euro gestartet – und sollte eine Alternative zu den proprietären und profitorientierten Digitalangeboten sein. Dementsprechend wurde “Mein Bildungsraum” auch bei der Diskussion der grünen Bundestagsfraktion für seine Eigenschaften gefeiert: dass er ein Gegengewicht zu Hyperscalern wie Microsoft, OpenAI, Google oder Apple ist. Und dass er die Möglichkeit demokratischer Beteiligung biete. Bisher ist dies allerdings nicht gelungen. Wird der Bildungsraum aber zum Anbieter eines kostenlosen, diskriminierungsfreien großen Sprachmodells Bildung, dann wären diese Eigenschaften sofort erfüllt.

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Standpunkt

Andrea Frank: “Wir brauchen nicht neue Projekte, sondern neue Wege der Skalierung”

Andrea Frank vom Stifterverband ruft zu mehr Engagement für die Bildung auf.

Anfang Februar war es so weit: Bund und Länder haben sich auf das Startchancen-Programm geeinigt. 20 Milliarden Euro für 4.000 Schulen in herausfordernder Lage. Damit werden am Ende rund zehn Prozent aller Schülerinnen und Schüler erreicht. Ziel ist es, die Basiskompetenzen – Schreiben, Lesen, Rechnen – zu stärken. Ein absolut notwendiges Signal für mehr Chancengerechtigkeit! Aber am Ende ist es ein teurer Tropfen auf den heißen Stein.

Bereits die letzte große Investition in Schulen – der Digitalpakt – hat gezeigt, Geld allein löst das Problem der Digitalisierung an Schulen nicht. Es braucht Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulträger, außerschulische Partner, neue Wege in der Lehrkräftebildung, um das Lernen gemeinsam grundsätzlich weiterzuentwickeln. Es ist eine systemische Frage. Wir müssen an vielen Stellschrauben drehen, um am Ende sicherzustellen, dass Schülerinnen und Schüler mit den notwendigen Kompetenzen die Schule verlassen.

Neben den großen staatlichen Förderprogrammen haben in den letzten Jahren auch viele private Akteure mit eigenen Anstrengungen, Ideen und Ressourcen wertvolle Impulse für das Bildungssystem in Deutschland gegeben. Laut einer Schätzung auf Grundlage des ZiviZ-Survey sind etwa 5.700 Stiftungen in Deutschland schwerpunktmäßig im Bildungsbereich aktiv. Sie geben insgesamt mindestens 2,5 Milliarden Euro im Jahr für Bildung aus. Dazu kommen noch viele gemeinnützige Bildungsinitiativen.

Aber wir müssen erkennen, dass sich das Potenzial dieser einzelnen Aktivitäten nur entfalten kann, wenn sie – anders als bisher – Teil einer gebündelten nationalen Bildungsroadmap werden, an deren Umsetzung staatliche Bildungsverantwortliche und private Akteure gemeinsam arbeiten und ein zukunftsfähiges Bildungssystem gestalten. Wie kann die Bildungswende gelingen? Drei Impulse:

Mal wird zu viel, mal zu wenig gesteuert

Wir brauchen nicht mehr Geld, wir brauchen vor allem förderliche Rahmenbedingungen: Das bedeutet, die teilweise bestehende Überregulierung zu reduzieren und gleichzeitig die Steuerung zu erhöhen.

Beispiel Untersteuerung: Auch die beste digitale Infrastruktur an Schulen nützt wenig, wenn Lehrkräften die nötigen Kompetenzen fehlen, um digitale Technologien für guten und lernwirksamen Unterricht zu nutzen. Bis heute ist es für fast ein Viertel aller Lehramtsstudierenden möglich, das Studium erfolgreich abzuschließen, ohne Kompetenzen für die digitale Welt erworben zu haben. Die Länder nutzen ihre Steuerungsmöglichkeiten bisher kaum aus. Es fehlen verbindliche Vorgaben in den Lehrkräftebildungsgesetzen oder zumindest klare Verabredungen in den Zielvereinbarungen.

Beispiel Überregulierung: Nach der Einführung der Bachelor-/Masterstudiengänge im Lehramtsbereich wäre es konsequent, die bestehenden Strukturvorgaben für die Lehramtsstudiengänge deutlich zu reduzieren und lediglich festzulegen, welche Kompetenzen für den Eintritt in den Vorbereitungsdienst nachzuweisen sind. Wie jedoch die Studiengänge im Einzelnen gestaltet sind, ob mit längeren oder kürzeren Praxisphasen, schon im Bachelor- oder erst im Masterstudium, ob zwei Unterrichtsfächer parallel oder nacheinander studiert werden, könnte getrost dem Wettbewerb der Hochschulen überlassen werden. Der Blick in die Medizinerausbildung zeigt, dass eine Experimentierklausel qualitätssteigernd wirken kann.

Mehr Verständigung zwischen den Ländern

Wir brauchen einen umsetzungsorientierten und wirkungsvollen Dialog mit den Ländern. In Fragen des Bildungssystems haben die Bundesländer die relevanten Hebel in der Hand. Die Anstrengungen für ein Pflichtfach Informatik als Grundlage für digitale Kompetenzen zeigen dies beispielhaft: Mit zahlreichen Studien und Länder-Dialogrunden hat sich der Stifterverband gemeinsam mit der Gesellschaft für Informatik und ShetransformsIT dafür eingesetzt, Informatik flächendeckend als Pflichtfach an Schulen in Deutschland einzuführen. Zwei Bundesländer sind dieser Empfehlung gefolgt, drei weitere wollen das in den kommenden Jahren tun. Der Hebel ist gewaltig: Während bei Projektstart im Schuljahr 2020/21 nur 37 Prozent der Schülerinnen und Schüler ein Minimum an Informatikkompetenzen erworben haben, sind es 2023/24 bereits rund 59 Prozent.

Ein wirkungsvoller Dialog umschließt vor allem drei Dinge:

  • Es gibt einen Fokus auf konkrete Empfehlungen und daraus abgeleitete Potenziale für Umsetzungspartnerschaften. Diese unterstützen die Politik im Rahmen gemeinsam geteilter Ziele.
  • Es werden anhand von erprobten Lösungen Entwicklungspfade aufgezeigt und ein Erfahrungstransfer zwischen den unterschiedlichen politischen Akteuren im Bildungsbereich ermöglicht.
  • Es wird an förderlichen Rahmenbedingungen gearbeitet, damit Partnerschaften größtmögliche systemische Wirkung erzielen.

Gute Projekte auf andere Regionen übertragen

Wir brauchen starke Umsetzungsallianzen zur Skalierung bereits erprobter Pilotprojekte: Viele private Initiativen – und auch staatliche Förderprogramme – haben gezeigt, dass es geht. Wir brauchen nicht neue Projekte, sondern neue Wege der Skalierung: Erfolge guter Projekte verstehen und diese auf andere Regionen übertragen, eine Koalition mit neugierigen und willigen Regionen und Ländern suchen und umsetzen. Solche Allianzen brauchen wir für zentrale Herausforderungen im Bildungssystem.

Die im Vorstand des Stifterverbandes engagierten Unternehmen und Unternehmensverbände haben daher die Gemeinschaftsinitiative Zukunftsmission Bildung gestartet. Hier lassen wir uns von den beschriebenen Prinzipien leiten. Denn eines ist klar: Ein “Weiter so” ist nicht möglich. Die Menschen, die in den nächsten 15 Jahren in unseren Schulen und Hochschulen ausgebildet werden, gestalten Deutschland bis zur nächsten Jahrhundertwende. Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und der Zustand unserer Demokratie hängen davon ab, dass mehr junge Menschen die Kompetenzen erwerben, die sie in einer Welt im Wandel orientierungs- und handlungsfähig machen.

Andrea Frank ist stellvertretende Generalsekretärin und Mitglied der Geschäftsführung des Stifterverbands. Der Stifterverband startet an diesem Mittwoch die Zukunftsmission Bildung. Er will dabei Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zusammenbringen und damit einen “Aufbruch in der Bildung” gestalten.

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News

Was die Wiederholungswahl in Berlin für den Bildungsausschuss bedeutet

Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Nina Stahr, scheidet durch das Ergebnis der Berliner Wiederholungswahl aus dem Parlament aus. Zwar legte ihre Partei in den Wahlbezirken, in denen am Sonntag neu gewählt wurde, im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 sogar zu. Da die Wahlbeteiligung jedoch von 75 auf 51 Prozent sank, steht dem Berliner Landesverband ein Mandat weniger zu. Die NRW-Grünen erhalten das bisherige Berliner Mandat. Franziska Krumwiede-Steiner aus Mülheim an der Ruhr wird daher voraussichtlich in drei Wochen ins Parlament nachrücken.

Am 4. März wird Stahr ihr Mandat offiziell an ihre Nachfolgerin übergeben. Fachlich haben die zwei Politikerinnen große Gemeinsamkeiten: Beide sind Lehrerinnen von Beruf und engagieren sich neben bildungs- vor allem für familienpolitische Themen. Krumwiede-Steiner wird daher voraussichtlich wie Stahr dem Bildungs- und Familienausschuss angehören. Auch die Mitarbeiter aus dem Bundestagsbüro wird sie übernehmen. Darauf hatten sich beide schon vor der Wiederholungswahl verständigt.

Krumwiede-Steiner war wie Stahr vorher Lehrerin

Wer Stahrs Aufgaben als bildungs- und forschungspolitische Sprecherin übernehmen wird, ist allerdings noch nicht geklärt. Logische Nachfolgerin wäre ihre bisherige Stellvertreterin Laura Kraft, die vor allem Universitätsthemen bearbeitet. Die Neuwahl in der Fraktion findet allerdings voraussichtlich erst nach dem Mandatswechsel Anfang März statt. “Über die Frage der künftigen Arbeitsverteilung werden wir zeitnah gemeinsam in der Fraktion beraten”, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann zu Table.Media.

Für ihre Fraktion ist Stahrs Ausscheiden ein “herber Schlag”, betonte Haßelmann. Selbst bei der politischen Konkurrenz löst das Ergebnis Bedauern aus. Thomas Jarzombek, bildungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte Table.Media, er habe Stahr “als eine nette und pragmatische Kollegin” erlebt. “Ich hätte das niemandem gegönnt, aber sie ist für die Ausschussarbeit ein echter Verlust”, so Jarzombek.

Ihr politisches Engagement setzt Stahr nun zunächst als Co-Landesvorsitzende der Berliner Grünen fort, zu der sie im Dezember gewählt worden war. Trotzdem könne sie sich “gut vorstellen”, bei der nächsten Bundestagswahl erneut auf der Berliner Landesliste zu kandidieren: “Ich habe in der letzten Nacht sehr viele Nachrichten bekommen, die gesagt haben, wir sehen uns 2025”, sagte Stahr zu Table.Media. Maximilian Stascheit

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BMBF: Mehr als zwei Millionen Euro für digitale Spiele mit Lerneffekt

Mehr als 2,1 Millionen Euro hat das BMBF im Haushaltsjahr 2023 bereitgestellt, um Serious Games zu fördern. Das geht aus einer aktuellen Antwort des Ministeriums auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion hervor. Bei Serious Games handelt es sich um digitale Spiele, die nicht allein der Unterhaltung dienen. Vielmehr vermitteln sie Lerninhalte, fördern Kompetenzen oder auch die Gesundheit. “Wenn Serious Games einen innovativen didaktischen Vermittlungsansatz aufweisen und pädagogische Ziele haben, liegt die Zuständigkeit somit im BMBF”, heißt es in der Antwort.

Darin listet das Ministerium einige geförderte Projekte auf, darunter das Projekt SG4BB, an dem unter anderem die TU Darmstadt mitwirkt. Hier geht es um Serious Games in der beruflichen Weiterbildung. SG4BB hat das Ziel, Bildungsanbietern über eine Suchmaschine relevante Serious Games zur Verfügung zu stellen, die sie in ihre Lernmanagement-Systeme integrieren können. Das BMBF fördert das Projekt seit Mai 2021 mit insgesamt mehr als 1,6 Millionen Euro. Es endet im April 2024.

Jarzombek: Die Ampel verkennt das Potenzial von Serious Games

Allerdings geht Thomas Jarzombek die Unterstützung grundsätzlich nicht weit genug. “Die Ampel verkennt das Potenzial von Serious Games für den Bildungsbereich. Bildungsanbieter und EdTech-Startups bieten längst vielversprechende Lösungen”, erklärt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Es bräuchte mehr Wettbewerb für diese innovativen Lernkonzepte und eine klare Strategie zur Anwendung.

In der Finanzplanung hat das BMBF zur Förderung der Spiele mit Lerneffekt für 2024 mehr als 1,6 Millionen Euro vorgesehen. 2025 sind es knapp 1,3 Millionen Euro, 2026 mehr als 1,1 Millionen Euro und 2027 etwa 440.000 Euro. 

Jarzombek sieht in Serious Games einen wertvollen Baustein, um in den Schulen eine Trendwende zu schaffen: “Wir müssen viel stärker bei der Lernmotivation ansetzen, wenn wir die hohe Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der Unterstützung des Elternhauses senken wollen”, erklärt der CDU-Politiker. “Wenn es goldene Taler regnet, macht Lernen einfach mehr Spaß.” hsc

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Gesetz zur Stärkung Ungelernter: Folgen für Ausbildungsberufe

Wer mehrere Jahre ohne Abschluss in einem Ausbildungsberuf gearbeitet hat, soll sich ab 2025 Berufskompetenzen anerkennen lassen können. Bei vollständiger Anerkennung könnten Ungelernte so Ausbilder werden und Zugang zu Fortbildungen, etwa zum Meister oder Fachwirt, erhalten. Tarifrechtlich soll die Anerkennung keine direkten Folgen haben. Der kürzlich vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf ist Teil der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung. Es soll “aus einem verpassten Abschluss eine zweite Chance” machen, wie Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung sagte.

Im ersten Jahr rechnet das BMBF mit rund 1.000 Anerkennungen. Viele werden von dem neuen Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz also zunächst nicht profitieren. Doch angesichts der hohen Zahl der Ungelernten – allein in der Altersgruppe von 20 bis 35 Jahren waren es 2021 laut Berufsbildungsbericht 2,64 Millionen Menschen – sieht das BMBF langfristig großes Potenzial in diesem Gesetz.

ZDH: Bessere Abgrenzung zur Ausbildung nötig

Bei den Verbänden fürchtet man hingegen, die Neuerungen könnten zulasten der dualen Ausbildung gehen. Beim Bundesverband der Freien Berufe (BFB) begrüße man zwar grundsätzlich die Bestrebungen der Regierung, sich gegen den Fachkräftemangel einzusetzen. Die duale Ausbildung müsse aber “der Königsweg” bleiben. Auch aus Sicht des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) bräuchte es eine bessere Abgrenzung zur dualen Ausbildung.

Bereits vorab hatten Sozialpartner gefordert, Ungelernte erst ab 25 Jahren zum Verfahren zuzulassen, um die reguläre Berufsausbildung nicht zu unterminieren. Eine solche Altersgrenze ist aber in dem Gesetz nicht vorgesehen. Allerdings soll zu dem Verfahren nur zugelassen werden, wer eineinhalbmal so lang im entsprechenden Beruf gearbeitet hat, wie die reguläre Ausbildung dauert. Bei einer dreijährigen Ausbildung wären es viereinhalb Jahre.

Zeitplan stellt Kammern vor Herausforderungen

Manche Verbände sehen auch die zeitliche Planung kritisch. Ab 1. Januar 2025 soll das Verfahren eigentlich für jeden Interessierten möglich sein. Das stelle nicht nur die Kammern der Freien Berufe, sondern auch die Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern vor “erhebliche Herausforderungen”, sagt Peter Klotzki, Hauptgeschäftsführer des BFB, Table.Media. Denn angesichts des Prüfermangels sei es schwierig, das Verfahren breit aufzustellen. Laut BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg müsse am 1. Januar aber noch nicht für alle Berufe das gesamte Verfahren stehen. Man plane eine Ausweitung auf weitere Berufe in Abhängigkeit zur Nachfrage. anpa/vkr

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Begabtenförderung für Azubis will Ausbildung attraktiver machen

Erstmals können sich engagierte Auszubildende auf Stipendien zur Begabtenförderung bewerben. In einer dreijährigen Pilotphase sollen rund 1.000 Stipendiaten von Projekten bei zwölf teilnehmenden Begabtenförderungswerken profitieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt die Förderung im Rahmen der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung. Auch für Fachkräfte mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung soll es Angebote geben. Table.Media berichtete bereits im Sommer 2023 über erste Pläne des Programms.

Ziel der Förderung ist es, Ausbildung attraktiver zu machen und auf Augenhöhe mit akademischer Bildung zu bringen. “Mit der Öffnung der Begabtenförderungswerke sollen deren wertvolle Angebote und finanzielle Unterstützung auch beruflichen Talenten zugutekommen”, teilte der parlamentarische Staatssekretär Jens Brandenburg (CDU) in einer Pressemitteilung mit. Ein bestehendes Stipendienprogramm in Lübeck diente als Vorbild für das neue Förderprogramm (wie Table.Media berichtete).

Noten sind nicht das wichtigste Kriterium

Interessierte können sich vor oder zu Beginn der Ausbildung direkt bei den beteiligten Werken bewerben. Der erste Bewerbungszeitraum liegt voraussichtlich im Frühsommer 2024, weitere Bewerbungsrunden sind für 2025 und 2026 geplant. Die Auswahlkriterien stehen noch nicht im Detail fest und könnten je nach Werk variieren, sagt Katja Hartmann, Leiterin Begabtenförderung bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. “Noten sollen aber eher eine untergeordnete Rolle spielen.” Wichtiger seien soziales Engagement und wie sich die jungen Leute im Betrieb oder der Schule einbringen.

Wer für ein Stipendium ausgewählt wird, soll 300 Euro monatlich erhalten. Außerdem fördern die Werke die Persönlichkeitsentwicklung und bieten Vernetzungsmöglichkeiten. Teils gibt es sogar Unterstützung für Auslandsaufenthalte. Ob Workshops zu Finanzen, Zeitmanagement und Teamgeist – “das Programm soll Auszubildende über die fachlichen Inhalte der Ausbildung hinaus fördern”, sagt Hartmann.

Berufliche Bildung: Neuland für Stiftungen

Die Zahl von 1.000 Azubis in der Pilotphase folgt den Vorschlägen der Begabtenförderungswerke. “Einige Stiftungen wollten erst einmal eine kleinere Zahl an Stipendien vergeben”, sagt Katja Hartmann. Das Programm sei ja für alle neu. Auf lange Sicht könne das Programm aber größer werden.

Auch Fachkräften mit abgeschlossener Berufsausbildung soll das Angebot bereits in der Pilotphase zugutekommen. Denn die Seminar- und Auslandsangebote der Begabtenförderungswerke sollen künftig auch für Stipendiaten des vom BMBF geförderten Aufstiegs- oder Weiterbildungsstipendiums der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) gelten. vkr

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EU: Mehr als jede dritte Lehrkraft im Primarbereich ist über 50 Jahre alt

Die Überalterung der Lehrkräfte ist EU-weit ein Problem. Nach aktuellen Daten von Eurostat war im Jahr 2021 (aktuellste Zahlen) mehr als jede dritte Lehrkraft im Primarbereich 50 Jahre oder älter. Im EU-Vergleich liegt Deutschland mit 36 Prozent genau im Mittel der 27 Nationen. Der Anteil der 50plus-Lehrkräfte ist in Italien und Litauen mit 54 Prozent am höchsten.

Auch vor diesem Hintergrund diskutierte das Europäische Parlament in der Vorwoche über die Arbeitsbedingungen von Lehrkräften in der Europäischen Union. Der Petitionsausschuss hatte eine entsprechende Anfrage an die Kommission gestellt.  

Die estnische Abgeordnete Yana Toom listete zu Beginn der Aussprache auf, was die aktuelle Lehrkräftelage vielerorts prägt. Dabei nannte sie eine alternde Lehrerschaft, Schwierigkeiten, qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen und im Beruf zu halten, einen gravierenden Lehrkräftemangel insbesondere in ländlichen Gebieten sowie eine schlechte Infrastruktur an den Schulen. 

In ihrer Antwort verwies die zuständige EU-Bildungskommissarin Iliana Ivanova darauf, dass gut ausgebildete Lehrkräfte eine fundamentale Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit Europas hätten. Dabei ging sie auch auf die jüngsten Pisa-Ergebnisse ein: “Nicht einem Mitgliedsstaat ist es gelungen, seine Leistungen in den Grundkompetenzen zu verbessern.” 

Streik in Estland: Am Ende stehen 17 Euro mehr im Monat

Toom verwies in ihrer Rede auch auf die niedrigen Gehälter von Lehrkräften in vielen EU-Ländern. Dazu zählt auch Estland. Der monatliche Bruttoverdienst zahlreicher Lehrkräfte liegt unter 2.000 Euro. Auch deshalb streikten sie Ende Januar neun Tage lang. “Nach mehrtägigem Streik erhielten unsere unterbezahlten und überarbeiteten Lehrer eine Gehaltserhöhung von 17 Euro pro Monat”, konstatierte Toom. “Und ich spreche von dem Land, das laut den Pisa-Tests weiterhin an der europäischen Spitze liegt.”

Am 19. Februar soll in Estland weiter verhandelt werden. Die estnische Lehrergewerkschaft hat zuletzt 1.835 Euro Monatsgehalt für alle Lehrer gefordert. Bis 2027 soll das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Lehrkräfte schrittweise auf 120 Prozent des Landesdurchschnitts anwachsen. hsc

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Frühe Schulabgänger in der EU: Weniger als die Hälfte arbeitet

In der Europäischen Union hat 2022 fast jeder zehnte junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren die Schule mit maximal Sekundarstufe I-Abschluss verlassen – ohne zunächst eine weitere allgemeine oder berufliche Bildung anzuschließen. Das geht aus aktuellen Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat hervor, über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zuerst berichtete. In Deutschland liegt die Quote der frühen Schulabgänger mit 12,2 Prozent sogar über dem EU-Schnitt. Schaut man sich den Zusammenhang zwischen keinem bis mittlerem Abschluss und Beschäftigung an, lassen sich gravierende Folgen erkennen.

Anders als in anderen Medienberichten dargestellt, beziehen sich die Daten auf die jungen Erwachsenen, die keinen Abschluss oder höchstens einen Haupt- oder Realschulabschluss haben. Die EU hat sich das Ziel gesetzt, die Quote der Schulabgänger mit höchstens mittlerem Bildungsabschluss bis 2030 auf unter neun Prozent zu senken. Dieser Indikator soll Aufschluss über die Arbeitsmarkt- und Einkommenschancen junger Menschen geben. Zum Vergleich: Die reine Schulabbrecherquote, also die Zahl derer, die keinen Hauptschulabschluss haben, liegt in Deutschland bei rund sechs Prozent.

EU-weit ist die Quote der frühen Schulabgänger seit 2012 um drei Prozent gesunken. Zwischen den Ländern gab es 2022 aber weiterhin große Unterschiede mit einer Spannweite von 15,6 Prozent in Rumänien zu 2,3 Prozent in Kroatien. Zudem gab es in allen Ländern bis auf Bulgarien und Griechenland mehr junge Männer als Frauen, die frühzeitig oder mit niedrigem Abschluss die Schule verließen. Auch innerhalb eines Landes kann die Quote unterschiedlich ausfallen.

Keine Chance oder keinen Bock auf einen Job?

Da vor allem kein, aber auch ein niedriger oder mittlerer Abschluss mit hohem individuellen und ökonomischen Risiko verbunden sind, ist die Frage entscheidend, ob frühe Schulabgänger einen Job finden. Die Analyse von Eurostat zeigt, dass nicht einmal die Hälfte (45,8 Prozent) der Schulabgänger EU-weit einen Job haben. Fast jeder Dritte ist arbeitslos und würde gerne arbeiten. Knapp ein Viertel ist dagegen arbeitslos und möchte auch nicht arbeiten.

In Deutschland sieht die Situation für frühe Schulabgänger noch ärger aus: Nicht einmal ein Drittel der Männer und Frauen zwischen 18 und 24 Jahren hatte 2022 einen Job. Rund 15 Prozent sind arbeitslos, aber arbeitswillig und mehr als die Hälfte der Schulabgänger ist arbeitslos und möchte nicht arbeiten. Die arbeitslosen Schulabgänger machten insgesamt in ihrer Altersgruppe 5,4 Prozent aus, wie Eurostat berechnete. vkr

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Susanne Prediger – engagiert sich für besseren Mathematikunterricht

Susanne Prediger
Susanne Prediger hat ein neues Fortbildungskonzept für die Mathematikdidaktik entwickelt.

Sie selbst war immer begeistert von Mathe. Doch schon als Schülerin fragte sich Susanne Prediger: Warum können manche in der Klasse dem Stoff nicht folgen? Warum ist das nur bei manchen Lehrkräften so? Wie muss Unterricht sein, damit alle angstfrei lernen? Mit zwölf Jahren war sie empört, als ein Lehrer der Klasse auf die Frage “Warum ist das so?” mit einem “Das müsst ihr mir schon glauben” antwortete. Heute, 40 Jahre später, gilt Susanne Prediger wohl als bekannteste Mathematikdidaktikerin in Deutschland. Einen Fokus ihrer Arbeit legt die 52-Jährige aktuell auf gute und aufeinander abgestimmte Lehrkräftefortbildungen. Denn dass es davon in Deutschland zu wenige gibt, ist gerade in der Mathematik ein Problem, weil der Stoff stark aufeinander aufbaut.

Susanne Prediger arbeitet mit zwölf Hochschulen zusammen

Die Professorin der Mathematikdidaktik an der Technischen Universität Dortmund ist national und international bekannt dafür, Forschung und Praxis aktiv zu gestalten. Sie leitet auch das Deutsche Zentrum für Lehrkräftebildung Mathematik (DZLM) am IPN Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und der Mathematik, in dem zwölf Hochschulen mit allen Landesinstituten kooperieren. Das groß angelegte Projekt QuaMath vom DZLM und der Kultusministerkonferenz will “Unterrichts- und Fortbildungs-Qualität in Mathematik entwickeln”, wie es auf der Website heißt.

QuaMath bringt diejenigen an einen Tisch, die in den Ländern für die Fortbildungen in der Mathematikdidaktik zuständig sind – von der Lehrkraft bis zur Unterrichtsforscherin. Die Experten haben hier gemeinsam definiert, was guten Mathematikunterricht ausmacht. Kognitive Aktivierung zum Beispiel ist wichtig, denn nur wenn Schülerinnen und Schüler aktiv mitdenken, können sie Verständnis für Mathematik aufbauen. Ein weiterer zentraler Punkt ist, dass sich der Mathematikunterricht an den Lernständen der einzelnen Schüler orientiert und sie dort abholt, wo sie stehen. Nur so könne ein nachhaltiger Kompetenzaufbau erfolgen.

Das Fortbildungsprogramm QuaMath will 10.000 Schulen erreichen

Im Kern geht es immer um dieselben fünf Prinzipien – unabhängig davon, ob es um leistungsschwache oder leistungsstarke Schüler, um Algebra in Klasse 10, Geometrie in Klasse 2 oder den Einsatz von digitalen Medien geht. “Viele Lehrkräfte hatten in den letzten Jahren das Gefühl, in jeder Fortbildung werden andere Botschaften gesendet, was guter Matheunterricht ist, aber durch die Einigung können wir nun immer am gleichen Strang ziehen!”, erklärt Susanne Prediger.

Das Projekt will in den kommenden zehn Jahren die Lehrkräfte an 10.000 Schulen erreichen. 400 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden im Projekt QuaMath bereits seit September ausgebildet. “Alle Angebote haben wir gründlich beforscht, sodass wir gut eingehen können auf die Bedarfe der Schulen”, betont die Leiterin nicht ohne Stolz. Ab dem Sommer sollen sie dann mit den ersten 1.000 Schulen arbeiten.

“Wenn Wissenschaft erst bei der Evaluation ins Spiel kommt, ist es zu spät”

Reden, planen, erproben, beforschen, die Konzepte überarbeiten und dabei immer alle beteiligen – so arbeitet das Programm QuaMath. “Wenn Wissenschaft erst bei der Evaluation ins Spiel kommt, ist es zu spät”, findet die Expertin. Prediger setzt sich auch darüber hinaus dafür ein, dass Forschung sich an Qualitätsmaßstäben orientiert und die Gesellschaft mitgestaltet – etwa als Herausgeberin des Top-Ranking-Journals “Educational Studies in Mathematics” oder als Mitglied der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz.

Prediger, die in ihrer Freizeit gerne reist und tanzt, hat selbst auf Lehramt studiert und neben ihrer Habilitation einige Jahre als Lehrerin gearbeitet. Sie hat zwei erwachsene Söhne. Von den Erfahrungen, die sie an der Schule gemacht hat, profitiert sie bis heute. “Vor allem bringe ich dadurch aber eine gewisse Demut gegenüber den Praktikerinnen und Praktikern mit”, sagt sie. Denn die Komplexitäten, mit denen sie tagtäglich zu tun haben, sollte die Wissenschaft kennen. Jana Degener-Storr

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Research.Table: Hochschulen und die Neutralitätsfrage. Ukraine-Krieg, Rechtsextremismus, Antisemitismus: Immer häufiger werden Hochschulleitungen aufgefordert, sich politisch zu positionieren. Ob es tatsächlich ein Neutralitätsgebot gibt und wie weit es reicht, erklärt Rechtswissenschaftler Friedhelm Hufen hier.

Research.Table: “Antisemitismus steckt in den Köpfen”. An Hochschulen sehen sich jüdische Studierende und Mitarbeitende seit dem Beginn des Kriegs in Israel zunehmend antisemitischen Übergriffen ausgesetzt. Walter Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz beschreibt in seinem Standpunkt, was nun getan werden sollte. Mehr

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Lehrkräftemangel | 2023 sind in NRW 930 verbeamtete Lehrkräfte aus dem Dienst ausgetreten. 16% mehr als noch als im Vorjahr. Nach ihren Gründen für den Austritt wurde nicht gefragt, erzählt eine ehemalige Lehrerin. WDR

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Termine

26. Februar 2024, 13:30 bis 14:30 Uhr,
SWK Talks Gewinnung von Studierenden und Optimierung des Ausbildungserfolgs
Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) hatte vergangenen Dezember das Gutachten “Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht” vorgelegt. An diesem Termin soll es um den Teil des Gutachtens gehen, in dem es darum geht, Fachkräfte zu gewinnen. Konkret – wie können mehr Lehramtsstudierende gewonnen werden und wie kann man den Erfolg der Ausbildung verbessern? INFOS & ANMELDUNG

26. Februar 2024, Berlin
Konferenz BMAS-Fachkräftekongress 2024
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales lädt unter dem Titel “Mehr Power fürs Fachkräfteland” ein. In verschiedenen Formaten und mit Best-Practice Beispielen sollen aktuelle Lösungen zur Fachkräftesicherung aufgezeigt und diskutiert werden. INFOS & ANMELDUNG

27. Februar 2024, 10:30 bis 18:00 Uhr, digital
Diskussionsveranstaltung Neuer Schwung für die UN-BRK in Deutschland: Wie weiter nach der Zweiten Staatenprüfung?
Die Ergebnisse der zweiten Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland liegen vor. Das Deutsche Institut für Menschenrechte und der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen laden dazu ein, die Empfehlungen des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen von Behinderungen aus Genf zu diskutieren. Welche Auswirkung haben die Empfehlungen auf die Arbeit in der Praxis? Und welche Aufgabenstellungen ergeben sich hieraus für Bund, Länder und Kommunen?

Der Livestream wird barrierefrei gestaltet, unter anderem durch Gebärdensprache.
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28. Februar 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, digital
Seminar Zukunftsorientierte Lernräume – Prozesse gestalten zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Wie kann der Prozess zur Lernraumentwicklung gestaltet werden? Welche Erfahrung haben Hochschulen auf dem Weg zu zukunftsorientierten Lernräumen gemacht? In dem letzten Webinar der Reihe “CHE Talks feat. Hochschulforum Digitalisierung” liegt der Fokus auf der Prozessgestaltung. INFOS & ANMELDUNG

29. Februar 2024, 10.00 bis 11.00 Uhr,
digitaler deep dive MINT-Bildung im Ganztag: Ergebnisse einer bundesweiten Studie
Das Nationale MINT Forum hat eine Impulsgruppe, die sich seit zwei Jahren intensiv mit dem Thema “MINT-Bildung im Ganztag” auseinandersetzt. Um die Gelingensbedingungen für strukturelle Kooperationen zwischen MINT-Bildungsakteuren und dem grundschulischen Ganztag herauszufinden, wurde eine bundesweite Studie durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie werden zusammen mit einem Best Practice vorgestellt und anschließend diskutiert. INFOS & ANMELDUNG

13. und 14. März 2024
Konferenz Bitkom: Bildungskonferenz 2024
Bei der diesjährigen Bildungskonferenz dreht sich alles um die Digitalisierung. Diskutiert wird, wie die Lernkultur angesichts der digitalen Transformation weiterentwickelt werden kann – von Smart Schools, über KI bis zu digitalen Messinstrumenten. Mit dabei sind unter anderem Bettina Stark-Watzinger, Daniel Terzenbach und Florian Fabricius.
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Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wo soll man anfangen? Es gibt so Tage, da sieht man nur Baustellen und weiß gar nicht, auf welcher man zuerst die Ärmel hochkrempeln soll. In der Schule ist das ähnlich. Und damit meine ich jetzt nicht den Sanierungsstau in den Schulgebäuden. Um den geht es heute mal nicht. Aber um eine andere Dauer-Baustelle: den Digitalpakt. Die Verhandlungen gestalten sich offenbar schwieriger als bislang von allen Seiten beteuert. Mein Kollege Maximilian Stascheit hat sich umgehört. Und wen wundert’s: Es geht natürlich vor allem mal wieder ums Geld.

    Dabei sind sich alle einig, dass ein Digitalpakt II kommen muss, damit nicht all die Geräte und Konzepte, die über den Digitalpakt I beschafft und entwickelt wurden, wieder verstauben. Und damit Lernen zukunftsfähig bleibt. Heißt zum Beispiel auch: dass Schülerinnen und Schüler eine sichere Variante eines großen Sprachmodells zur Verfügung steht. Konkrete Ideen dazu existieren schon, wie Christian Füller analysiert.

    Aber große Sprachmodelle à la ChatGPT klingen wie die Kür, wenn man nach Niedersachsen schaut. Dort gibt es ein ganz elementares Sprachproblem, das auf eine Lösung wartet: Die vorschulische Sprachförderung, hauptsächlich von den Kitas betrieben und zum Teil von den Grundschulen, ist voller Ungereimtheiten. Was der Verein “Leitungen Niedersächsischer Grundschulen” kritisiert, hat mein Kollege Holger Schleper aufgeschrieben.

    Wozu Sprachdefizite führen, wissen wir: Die schlechten Ergebnisse von Leistungsvergleichsstudien wie Pisa haben das eindrücklich gezeigt. Womit wir bei der ganz großen Baustelle sind: Müssen wir unser Schulsystem ändern? Und wenn ja, was genau? Darüber diskutiere ich am heutigen Mittwochabend bei unserem Table-Live-Briefing mit Susanne Lin-Klitzing, der Vorsitzenden des Deutschen Philologenverbands, und Kai Maaz, dem geschäftsführenden Direktor des DIPF | Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation. Seien Sie ab 19 Uhr dabei und stellen Sie Ihre Fragen an die Gäste auf dem Podium. Hier geht es zur Anmeldung.

    Ihre
    Annette Kuhn
    Bild von Annette  Kuhn

    Analyse

    Bildungssystem in der Kritik: Sprachförderbedarf bei Nicht-Kita-Kindern in Niedersachsen deutlich angestiegen

    Die Zahl der Nicht-Kita-Kinder in Niedersachsen, bei denen vor der Einschulung ein Sprachförderbedarf festgestellt wurde, ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Waren es im Schuljahr 2019/2020 noch 741 Kinder, sind es im Schuljahr 2023/2024 insgesamt 1.218 Kinder. Das entspricht einer Steigerung um 64 Prozent. Die Zahlen stammen aus der aktuellen Antwort des niedersächsischen Kultusministeriums auf eine Kleine Anfrage der CDU-Abgeordneten Sophie Ramdor.

    Angesichts dieser Entwicklung dürfte die Landespolitik die vorschulische Sprachförderung an Niedersachsens mehr als 1.650 Grundschulen nochmal genauer unter die Lupe nehmen. Erst kürzlich hatte eine weitere Kleine Anfrage auf zunehmende Sprachdefizite bei Schuleingangsuntersuchungen hingewiesen, wie Table.Media berichtete. Die Kritik am System ist vielstimmig.

    2018 verlagerte Niedersachsen die vorschulische Sprachförderung von den Grundschulen in die Kitas. Die Ausnahme: “Kinder, die keine Kindertagesstätte besuchen, nehmen im Rahmen der Schulanmeldung (circa 15 Monate vor Einschulung) an einer Sprachstandsfeststellung durch die zuständige Grundschule teil”, schreibt das Ministerium von Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne).

    Grundschulen: Sinnvolle Förderung ist so nicht möglich

    Die Ergebnisse dieser Sprachstandsfeststellung melden die Grundschulen an das für sie zuständige Regionale Landesamt für Schule und Bildung (RLSB). Davon gibt es in Niedersachsen vier. Das RLSB soll den Grundschulen dann zusätzliche Lehrkräftestunden zuweisen, wenn sie einen Mehrbedarf für die vorschulische Sprachförderung von Nicht-Kita-Kindern haben. Speziell für diese Kinder soll es an den Grundschulen dann vor Schuleintritt Sprachfördermaßnahmen geben, vorrangig zentral gebündelt in bestimmten Grundschulen.

    Soweit die Theorie. An der Praxis allerdings gibt es heftige Kritik. “Wenn die Zahl der Kinder, die eine vorschulische Sprachfördermaßnahme benötigen, unterhalb der Zahl fünf liegt, gibt das RLSB vor, dass diese Kinder den bestehenden DaZ-Kursen in den Grundschulen angegliedert werden”, erklärt Marion Borderieux. Sie ist Zweite Vorsitzende des Vereins “Leitungen Niedersächsischer Grundschulen“. Seit 2018 leitet sie die Fürstenwall-Schule in Dahlenburg, eine dreizügige Grundschule im Landkreis Lüneburg.

    In der Praxis säßen dann Vorschüler mit Sprachdefiziten in einer Gruppe mit geflüchteten Erst- bis Viertklässlern. “Dies schließt eine sinnvolle vorschulische Sprachförderung kategorisch aus“, sagt Borderieux. Erst ab fünf Kindern mit vorschulischem Sprachförderbedarf, die keine Kita besuchen, dürfe eine eigene Gruppe gebildet werden. “Selbst große Grundschulen erreichen selten diesen Wert, da die meisten Kinder im Vorschuljahr eine Kita besuchen.” Beispiele von mehreren Grundschulen, die sich für die vorschulische Sprachförderung zusammengetan haben, kennen weder Borderieux noch die CDU-Abgeordnete Ramdor. Sie war bis 2022 selbst als Grundschullehrerin in Salzgitter tätig.  

    Oft fließen zwischen Kitas und Grundschulen keine Informationen

    Borderieux stellt das aktuelle System der Sprachförderung auch grundsätzlich infrage. “Da die Kitas ohnehin über knappe personelle Ressourcen verfügen, ist davon auszugehen, dass dort eine systematische, angeleitete vorschulische Sprachförderung nur unzureichend stattfindet.” Tatsächlich deckt ein im Vorjahr veröffentlichter Evaluationsbericht im Auftrag des niedersächsischen Kultusministeriums an einigen Stellen Handlungsbedarf auf. 

    So ist dort etwa nachzulesen, dass von fast 500 niedersächsischen Grundschulen, die an der Befragung teilnahmen, 16,6 Prozent angaben, keinerlei Informationen aus den Kitas zum Sprachförderbedarf der Kinder zu erhalten, die vor der Einschulung stehen. Kritik gibt es auch an den Entwicklungsgesprächen, die die Kitas mit den Erziehungsberechtigten der Kinder führen sollen.

    Demnach fanden die “Entwicklungsgespräche oft später als im Gesetz vorgesehen” statt, “teilweise sogar erst im Jahr der Einschulung”. Laut Gesetz soll das Gespräch “spätestens mit Beginn des Kindergartenjahres, das der Schulpflicht […] unmittelbar vorausgeht”, erfolgen. In der Praxis bleibt bei festgestelltem Förderbedarf oft also zu wenig Zeit, um Kinder vor der Schule gezielt zu fördern. 

    Zur Umsetzung der Sprachförderung in den Kita-Konzeptionen heißt es unter anderem, dass in der Mehrzahl der ausgewerteten Konzeptionen “keine Aussagen zur Qualitätssicherung der alltagsbasierten Sprachbildung und Sprachförderung und zu deren Weiterentwicklung enthalten” waren.

    Fachberater Sprache brauchen mehr Profil

    Ulrich Stitzinger vom Institut für Sonderpädagogik der Leibniz Universität Hannover ist Mit-Autor des Berichts. Trotz der aufgezeigten Schwachpunkte im System ist der Leiter der Abteilung Sprach-Pädagogik und -Therapie von einer Pauschalkritik oder der einseitigen Zuweisung von Verantwortung weit entfernt. “Grundsätzlich war die Verlagerung der Sprachförderung in die Kitas 2018 ein guter Schritt”, ist er überzeugt, “weil der Großteil der Kinder dann im pädagogischen Alltag sprachlich früh gefördert werden kann.” 

    Trotzdem benennt auch Stitzinger im Gespräch mit Table.Media einigen Raum für Verbesserungen. Dazu zählt für ihn der Kompetenzaufbau des pädagogischen Personals in den Kitas. “Was genau ist eigentlich eine sprachliche Störung? Welche spezifischen Handlungsmöglichkeiten gibt es, um Kinder sprachlich und kommunikativ zu fördern? Diese Themen müssten in der Ausbildung eine größere Rolle spielen.” Darüber hinaus wünscht sich der Wissenschaftler, dass das Profil von “Fachberaterinnen und -beratern Sprache”, die die Kitas unterstützen, in Niedersachsen noch deutlich geschärft wird.

    Noch viel grundsätzlicher wird demgegenüber Sophie Ramdor. “Unser Grundgedanke ist, die vorschulische Sprachförderung in den Grundschulen und den Kitas enger zusammenzuführen und keine Parallel-Strukturen beizubehalten.” Zudem brauche man die Förderung der Sprach-Kitas, die bis Mitte 2025 verlängert wurde, auch darüber hinaus. “Die Kitas und die dort arbeitenden Fachkräfte benötigen für eine hohe qualitative Sprachförderung Planungssicherheit.”

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    Digitalpakt II: Einigung zwischen Bund und Ländern hakt an der Finanzierung

    Die Verhandlungen zum Digitalpakt II kommen offenbar nicht so gut voran, wie von Bund und Ländern anfangs beteuert. “Im Falle des Bundes kann man selbst kleinste Trippelschritte schon als Fortschritt bewerten”, sagte Sachsens Kultusminister Christian Piwarz zu Table.Media. Er nimmt damit Bezug auf Aussagen mehrerer Ländervertreter, die nach einer zweitägigen Bund-Länder-Klausurtagung Ende Januar von “substanziellen Fortschritten” gesprochen hatten.

    Piwarz leitet zusammen mit Bremens Schulsenatorin Sascha Karolin Aulepp (Grüne) die Digitalpakt-Verhandlungen für die Länder. Weitere Mitglieder der Verhandlungsgruppe sind Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Zumindest gebe es von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) das Bekenntnis, dass der zweite Digitalpakt “im Volumen nicht hinter dem ersten zurückfallen dürfe”, so Piwarz.

    BMBF will sich nicht äußern

    Ähnliches berichten auch andere Landesminister aus den Gesprächen mit Stark-Watzinger. Bestätigen will das BMBF diese Aussagen allerdings nicht. “Wir befinden uns in laufenden Gesprächen. Daher bitte ich um Verständnis, dass wir uns zu Details zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern“, teilte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage mit.

    Wiebke Esdar, SPD-Berichterstatterin für den BMBF-Haushalt, weist darauf hin, dass das Gesamtvolumen auch von der Laufzeit der neuen Vereinbarung abhänge: “Sollten sich das BMBF und die Länder zum Beispiel auf ein jährliches Volumen von einer Milliarde Euro bei einer Geltungsdauer bis 2030 einigen, dann läge das Gesamtvolumen sogar oberhalb der ursprünglichen Vereinbarung für den ersten Digitalpakt”, sagte sie Table.Media.

    Der 2019 gestartete Digitalpakt Schule umfasste insgesamt 7,15 Milliarden Euro. Zunächst hatte der Bund fünf Milliarden Euro für die Laufzeit von fünf Jahren zur Verfügung gestellt. Während der Corona-Pandemie wurde das Budget noch einmal um 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. Die Länder legten noch einmal zehn Prozent der Bundesmittel obendrauf.

    Länder wehren sich gegen 50:50-Finanzierung

    Noch strittiger als das Gesamtvolumen ist die Frage, wie sich Bund und Länder die Kosten für den neuen Digitalpakt untereinander aufteilen. “Die Länder haben in ihrer Verhandlungsposition deutlich gemacht, dass sie bei den künftigen Bund-Länder-Anteilen eines Digitalpakts 2.0 von der Verteilung im laufenden Digitalpakt ausgehen”, bestätigte ein Sprecher des sächsischen Kultusministeriums zu Table.Media.

    Für Stark-Watzinger kommt das jedoch nicht infrage. Sie pocht darauf, dass die finanziellen Lasten gleichmäßig zwischen beiden Seiten verteilt werden und beruft sich auf einen Beschluss der Bundesregierung aus dem vergangenen Sommer, demzufolge sich “die Finanzierung von neuen Bund-Länder-Programmen auf eine ausgeglichene Kofinanzierung begrenzen” soll. Die Bundesregierung könnte davon zwar theoretisch abweichen, was angesichts der angespannten Haushaltslage allerdings nicht realistisch ist.

    Ampel-Haushälter stärken Stark-Watzinger den Rücken

    Rückendeckung erhält Stark-Watzinger von den Haushaltspolitikern der Ampel. “Es gibt einen Beschluss des Haushaltsausschusses aus dem vergangenen Jahr, der für Bund-Länder-Programme grundsätzlich eine 50:50-Finanzierung vorsieht”, sagte Bruno Hönel, Berichterstatter für den BMBF-Haushalt, zu Table.Media. “Die Haushaltssituation ist vor dem Hintergrund der globalen Krisen weiterhin sehr angespannt und wir müssen immer bedenken, dass die grundsätzliche Zuständigkeit für die Bildungsfinanzierung bei den Ländern liegt”, so der Grünen-Politiker. Esdar verweist zudem darauf, dass das jährliche Steueraufkommen der Länder das des Bundes seit 2020 teils deutlich übertreffe.

    Viele Länder warnen allerdings schon jetzt, dass eine hälftige Beteiligung an der Finanzierung für sie nicht stemmbar ist. “Es werden sicher nicht alle Länder in der Lage sein, 50 Prozent frisches Geld reinzugeben – Niedersachsen jedenfalls nicht”, sagte Marco Hartrich, Staatssekretär im niedersächsischen Kultusministerium.

    Worst-Case-Szenario befürchtet

    In Berliner Kreisen wird daher bereits die Befürchtung geäußert, dass der Digitalpakt II am Ende doch nicht zustande kommen könnte. Stark-Watzinger, so heißt es, könnte die Schuld dann auf die Länder schieben, wenn diese nicht bereit sind, sich mit 50 Prozent an der Finanzierung zu beteiligen. Es wäre das Worst-Case-Szenario, bei dem am Ende alle Beteiligten schlecht dastehen würden.

    Möglich erscheint daher auch ein Kompromiss, in dem der Bund in der Startphase zunächst die gesamten oder zumindest den überwiegenden Teil der Kosten übernimmt, der Anteil der Länder im Laufe der Zeit jedoch auf 50 Prozent ansteigt. Ein Modell, das sich im BMBF-Programm “Forschung an Fachhochschulen” bereits bewährt hat.

    Einig sind sich beide Seiten offenbar zumindest darin, dass eine Einigung nun im Eiltempo herbeigeführt werden soll. Bis zum 16. Mai, wenn der erste Digitalpakt ausläuft, soll die Vereinbarung stehen. Zumindest inhaltlich sind die Verhandlungen dem Vernehmen nach schon weit vorangeschritten. Zu Details will sich jedoch niemand äußern. Die Gespräche laufen derzeit auf Arbeitsebene weiter. Mitte April soll erneut eine Klausurtagung stattfinden.

    Lesen Sie auch: Die gesetzliche Grundlage für Finanzhilfen im Bildungssektor.

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    Wieso die Bildungsplattform ein großes Sprachmodell braucht

    Eine Reihe von Experten für Künstliche Intelligenz fordert, der kostspieligen digitalen Vernetzungsinfrastruktur des Bundes durch ein sicheres deutsches ChatGPT für den Bildungsbereich Sinn zu geben. Die “Mein Bildungsraum” genannte Plattform solle die Heimat eines kostenfreien, gemeinwohlorientierten und nicht-diskriminierenden Large Language Model (LLM), eines “großen Sprachmodells Bildung” sein.

    Eine KI Made in Germany fordern seit längerem das Bundesbildungsministerium, die Taskforce der Kultusminister und auch die Ständige Wissenschaftliche Kommission der KMK. Die Konferenz der Kultusminister schrieb auf Anfrage: “Die Länder halten es für wünschenswert, Schulen ein hoheitlich betriebenes, datenschutzkonformes, domänenspezifisches und damit didaktisch zielführendes LLM für den schulischen Bildungsbereich bereitzustellen.”

    SWK-Gutachterin: LLM mit gemeinfreien Inhalten trainieren

    Auch Ulrike Cress, die Direktorin des Leibniz-Instituts für Wissensmedien in Tübingen, sieht dieses Bildungs-LLM in der Vernetzungsinfrastruktur, die 2021 unter dem Namen “Nationale Bildungsplattform” gestartet war, am richtigen Platz. Die Gutachterin der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission würde das “Große Sprachmodell Bildung” im Bildungsraum sogar mit gemeinfreien Inhalten trainieren. “Wer, wenn nicht diese Plattform sollte Metadaten und entsprechend hochwertige Commons-Inhalte für das Training von LLMs nutzen?”

    Die Diskussion um die Nutzung von ChatGPT und anderen großen Sprachmodellen für Bildungszwecke hält bereits fast eineinhalb Jahre an. Wie berichtet gibt es verschiedene Varianten, ChatGPT in einer gepufferten Version Schule und Lehrern zur Verfügung zu stellen. Dann fließen keine personenbezogenen Daten in die USA zu OpenAI, dem Unternehmen, das hinter ChatGPT steht. Als beste Variante wird allgemein angesehen, ein eigenes großes Sprachmodell für Schulen und Hochschulen zu kreieren und zu trainieren. Bisher ging man aber davon aus, dass dies sehr teuer sei und viel Zeit in Anspruch nehme.

    KI-Experte: Prototyp für Bildungs-Sprachmodell in sechs Monaten möglich

    Dem scheint allerdings nicht so zu sein. Der KI-Experte Kristian Kersting sagte zu Table.Media, dass man nach einem halben Jahr bereits einen Prototyp vorweisen könne. Die Kosten seien dann nicht höher als jene, die man derzeit für die länderübergreifenden Projekte des Digitalpakts einsetze – dabei handelt es sich um 250 Millionen Euro. Der Professor für maschinelles Lernen an der TU Darmstadt hält die Vernetzungsinfrastruktur für den richtigen Ort. Hier könne man eine Künstliche Intelligenz für Schulen und Hochschulen auf eine datensichere und diskriminierungsarme Weise zugänglich machen.

    Kersting, der sich mit der Untersuchung und Reinigung von KI-Trainingsdaten befasst, betonte, dass es nicht darauf ankomme, Daten gänzlich ohne Bias (Verzerrungen) zu verwenden. “Wir sollten zum Beispiel den Namen Adolf Hitler nicht aus solchen Daten löschen – da kommt es darauf an, dass die Lehrkräfte diese Person kontextualisieren.” Aber der KI-Professor des Jahres 2019 betonte, dass die Datensätze einer Bildungs-KI überprüft werden müssten. Allerdings sei das ein hoher Aufwand – dafür seien die Datenmengen viel zu groß. Die Vorstellung, einen klinisch reinen Datensatz vorweisen zu können, hält er für falsch.

    Bildungseinrichtungen brauchen rechtssicheres Sprachmodell

    Den Anstoß für die Verortung eines Bildungs-LLM in “Mein Bildungsraum” gab die Professorin für Bildungsinformatik der Universität Kiel, Heidrun Allert. Sie forderte bei einer Diskussion der Bundestagsfraktion der Grünen, “dass wir in den Bildungseinrichtungen die Möglichkeit bekommen, rechtssicher mit einem großen Sprachmodell arbeiten zu können”. Sie wolle dafür nicht mit bezahlpflichtigen Modellen wie OpenAI arbeiten. Das sei auch für Studierende nicht zumutbar.

    Allert bezog ihre Forderung direkt auf den Bildungsraum. Wichtig sei, nicht nur “eine Vernetzung von bestehenden Angeboten nutzen zu können”, sondern man brauche auch die Möglichkeit, “mit Technologien arbeiten zu können – zum Beispiel mit großen Sprachmodellen”. Dafür müsse man idealerweise eigene Daten einbringen können.

    SWK-Gutachterin Cress: Bildungsraum ist Trainingsplatz für LLM?

    Ulrike Cress bestätigte auf Anfrage diese Sichtweise. “Wenn man den Bildungsraum aber konsequent zu Ende denkt, dann ist diese Vernetzungsplattform ein prädestinierter Player für ein bildungsspezifisches Sprachmodell”, sagte Cress zu Table.Media. Für die SWK-Gutachterin geht es dabei nicht nur darum, den Zugang zu einem Bildungs-LLM auf der Vernetzungsinfrastruktur anzubieten, sondern dort auch Trainingsdaten zu gewinnen und einzusetzen.

    Das Problem der nationalen Vernetzungsinfrastruktur ist, dass sie sehr teuer ist, aber bisher keines ihrer Versprechen eingelöst hat. Das Projekt war mit einer Finanzierung von 630 Millionen Euro gestartet – und sollte eine Alternative zu den proprietären und profitorientierten Digitalangeboten sein. Dementsprechend wurde “Mein Bildungsraum” auch bei der Diskussion der grünen Bundestagsfraktion für seine Eigenschaften gefeiert: dass er ein Gegengewicht zu Hyperscalern wie Microsoft, OpenAI, Google oder Apple ist. Und dass er die Möglichkeit demokratischer Beteiligung biete. Bisher ist dies allerdings nicht gelungen. Wird der Bildungsraum aber zum Anbieter eines kostenlosen, diskriminierungsfreien großen Sprachmodells Bildung, dann wären diese Eigenschaften sofort erfüllt.

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    Standpunkt

    Andrea Frank: “Wir brauchen nicht neue Projekte, sondern neue Wege der Skalierung”

    Andrea Frank vom Stifterverband ruft zu mehr Engagement für die Bildung auf.

    Anfang Februar war es so weit: Bund und Länder haben sich auf das Startchancen-Programm geeinigt. 20 Milliarden Euro für 4.000 Schulen in herausfordernder Lage. Damit werden am Ende rund zehn Prozent aller Schülerinnen und Schüler erreicht. Ziel ist es, die Basiskompetenzen – Schreiben, Lesen, Rechnen – zu stärken. Ein absolut notwendiges Signal für mehr Chancengerechtigkeit! Aber am Ende ist es ein teurer Tropfen auf den heißen Stein.

    Bereits die letzte große Investition in Schulen – der Digitalpakt – hat gezeigt, Geld allein löst das Problem der Digitalisierung an Schulen nicht. Es braucht Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulträger, außerschulische Partner, neue Wege in der Lehrkräftebildung, um das Lernen gemeinsam grundsätzlich weiterzuentwickeln. Es ist eine systemische Frage. Wir müssen an vielen Stellschrauben drehen, um am Ende sicherzustellen, dass Schülerinnen und Schüler mit den notwendigen Kompetenzen die Schule verlassen.

    Neben den großen staatlichen Förderprogrammen haben in den letzten Jahren auch viele private Akteure mit eigenen Anstrengungen, Ideen und Ressourcen wertvolle Impulse für das Bildungssystem in Deutschland gegeben. Laut einer Schätzung auf Grundlage des ZiviZ-Survey sind etwa 5.700 Stiftungen in Deutschland schwerpunktmäßig im Bildungsbereich aktiv. Sie geben insgesamt mindestens 2,5 Milliarden Euro im Jahr für Bildung aus. Dazu kommen noch viele gemeinnützige Bildungsinitiativen.

    Aber wir müssen erkennen, dass sich das Potenzial dieser einzelnen Aktivitäten nur entfalten kann, wenn sie – anders als bisher – Teil einer gebündelten nationalen Bildungsroadmap werden, an deren Umsetzung staatliche Bildungsverantwortliche und private Akteure gemeinsam arbeiten und ein zukunftsfähiges Bildungssystem gestalten. Wie kann die Bildungswende gelingen? Drei Impulse:

    Mal wird zu viel, mal zu wenig gesteuert

    Wir brauchen nicht mehr Geld, wir brauchen vor allem förderliche Rahmenbedingungen: Das bedeutet, die teilweise bestehende Überregulierung zu reduzieren und gleichzeitig die Steuerung zu erhöhen.

    Beispiel Untersteuerung: Auch die beste digitale Infrastruktur an Schulen nützt wenig, wenn Lehrkräften die nötigen Kompetenzen fehlen, um digitale Technologien für guten und lernwirksamen Unterricht zu nutzen. Bis heute ist es für fast ein Viertel aller Lehramtsstudierenden möglich, das Studium erfolgreich abzuschließen, ohne Kompetenzen für die digitale Welt erworben zu haben. Die Länder nutzen ihre Steuerungsmöglichkeiten bisher kaum aus. Es fehlen verbindliche Vorgaben in den Lehrkräftebildungsgesetzen oder zumindest klare Verabredungen in den Zielvereinbarungen.

    Beispiel Überregulierung: Nach der Einführung der Bachelor-/Masterstudiengänge im Lehramtsbereich wäre es konsequent, die bestehenden Strukturvorgaben für die Lehramtsstudiengänge deutlich zu reduzieren und lediglich festzulegen, welche Kompetenzen für den Eintritt in den Vorbereitungsdienst nachzuweisen sind. Wie jedoch die Studiengänge im Einzelnen gestaltet sind, ob mit längeren oder kürzeren Praxisphasen, schon im Bachelor- oder erst im Masterstudium, ob zwei Unterrichtsfächer parallel oder nacheinander studiert werden, könnte getrost dem Wettbewerb der Hochschulen überlassen werden. Der Blick in die Medizinerausbildung zeigt, dass eine Experimentierklausel qualitätssteigernd wirken kann.

    Mehr Verständigung zwischen den Ländern

    Wir brauchen einen umsetzungsorientierten und wirkungsvollen Dialog mit den Ländern. In Fragen des Bildungssystems haben die Bundesländer die relevanten Hebel in der Hand. Die Anstrengungen für ein Pflichtfach Informatik als Grundlage für digitale Kompetenzen zeigen dies beispielhaft: Mit zahlreichen Studien und Länder-Dialogrunden hat sich der Stifterverband gemeinsam mit der Gesellschaft für Informatik und ShetransformsIT dafür eingesetzt, Informatik flächendeckend als Pflichtfach an Schulen in Deutschland einzuführen. Zwei Bundesländer sind dieser Empfehlung gefolgt, drei weitere wollen das in den kommenden Jahren tun. Der Hebel ist gewaltig: Während bei Projektstart im Schuljahr 2020/21 nur 37 Prozent der Schülerinnen und Schüler ein Minimum an Informatikkompetenzen erworben haben, sind es 2023/24 bereits rund 59 Prozent.

    Ein wirkungsvoller Dialog umschließt vor allem drei Dinge:

    • Es gibt einen Fokus auf konkrete Empfehlungen und daraus abgeleitete Potenziale für Umsetzungspartnerschaften. Diese unterstützen die Politik im Rahmen gemeinsam geteilter Ziele.
    • Es werden anhand von erprobten Lösungen Entwicklungspfade aufgezeigt und ein Erfahrungstransfer zwischen den unterschiedlichen politischen Akteuren im Bildungsbereich ermöglicht.
    • Es wird an förderlichen Rahmenbedingungen gearbeitet, damit Partnerschaften größtmögliche systemische Wirkung erzielen.

    Gute Projekte auf andere Regionen übertragen

    Wir brauchen starke Umsetzungsallianzen zur Skalierung bereits erprobter Pilotprojekte: Viele private Initiativen – und auch staatliche Förderprogramme – haben gezeigt, dass es geht. Wir brauchen nicht neue Projekte, sondern neue Wege der Skalierung: Erfolge guter Projekte verstehen und diese auf andere Regionen übertragen, eine Koalition mit neugierigen und willigen Regionen und Ländern suchen und umsetzen. Solche Allianzen brauchen wir für zentrale Herausforderungen im Bildungssystem.

    Die im Vorstand des Stifterverbandes engagierten Unternehmen und Unternehmensverbände haben daher die Gemeinschaftsinitiative Zukunftsmission Bildung gestartet. Hier lassen wir uns von den beschriebenen Prinzipien leiten. Denn eines ist klar: Ein “Weiter so” ist nicht möglich. Die Menschen, die in den nächsten 15 Jahren in unseren Schulen und Hochschulen ausgebildet werden, gestalten Deutschland bis zur nächsten Jahrhundertwende. Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und der Zustand unserer Demokratie hängen davon ab, dass mehr junge Menschen die Kompetenzen erwerben, die sie in einer Welt im Wandel orientierungs- und handlungsfähig machen.

    Andrea Frank ist stellvertretende Generalsekretärin und Mitglied der Geschäftsführung des Stifterverbands. Der Stifterverband startet an diesem Mittwoch die Zukunftsmission Bildung. Er will dabei Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zusammenbringen und damit einen “Aufbruch in der Bildung” gestalten.

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    News

    Was die Wiederholungswahl in Berlin für den Bildungsausschuss bedeutet

    Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Nina Stahr, scheidet durch das Ergebnis der Berliner Wiederholungswahl aus dem Parlament aus. Zwar legte ihre Partei in den Wahlbezirken, in denen am Sonntag neu gewählt wurde, im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 sogar zu. Da die Wahlbeteiligung jedoch von 75 auf 51 Prozent sank, steht dem Berliner Landesverband ein Mandat weniger zu. Die NRW-Grünen erhalten das bisherige Berliner Mandat. Franziska Krumwiede-Steiner aus Mülheim an der Ruhr wird daher voraussichtlich in drei Wochen ins Parlament nachrücken.

    Am 4. März wird Stahr ihr Mandat offiziell an ihre Nachfolgerin übergeben. Fachlich haben die zwei Politikerinnen große Gemeinsamkeiten: Beide sind Lehrerinnen von Beruf und engagieren sich neben bildungs- vor allem für familienpolitische Themen. Krumwiede-Steiner wird daher voraussichtlich wie Stahr dem Bildungs- und Familienausschuss angehören. Auch die Mitarbeiter aus dem Bundestagsbüro wird sie übernehmen. Darauf hatten sich beide schon vor der Wiederholungswahl verständigt.

    Krumwiede-Steiner war wie Stahr vorher Lehrerin

    Wer Stahrs Aufgaben als bildungs- und forschungspolitische Sprecherin übernehmen wird, ist allerdings noch nicht geklärt. Logische Nachfolgerin wäre ihre bisherige Stellvertreterin Laura Kraft, die vor allem Universitätsthemen bearbeitet. Die Neuwahl in der Fraktion findet allerdings voraussichtlich erst nach dem Mandatswechsel Anfang März statt. “Über die Frage der künftigen Arbeitsverteilung werden wir zeitnah gemeinsam in der Fraktion beraten”, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann zu Table.Media.

    Für ihre Fraktion ist Stahrs Ausscheiden ein “herber Schlag”, betonte Haßelmann. Selbst bei der politischen Konkurrenz löst das Ergebnis Bedauern aus. Thomas Jarzombek, bildungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte Table.Media, er habe Stahr “als eine nette und pragmatische Kollegin” erlebt. “Ich hätte das niemandem gegönnt, aber sie ist für die Ausschussarbeit ein echter Verlust”, so Jarzombek.

    Ihr politisches Engagement setzt Stahr nun zunächst als Co-Landesvorsitzende der Berliner Grünen fort, zu der sie im Dezember gewählt worden war. Trotzdem könne sie sich “gut vorstellen”, bei der nächsten Bundestagswahl erneut auf der Berliner Landesliste zu kandidieren: “Ich habe in der letzten Nacht sehr viele Nachrichten bekommen, die gesagt haben, wir sehen uns 2025”, sagte Stahr zu Table.Media. Maximilian Stascheit

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    BMBF: Mehr als zwei Millionen Euro für digitale Spiele mit Lerneffekt

    Mehr als 2,1 Millionen Euro hat das BMBF im Haushaltsjahr 2023 bereitgestellt, um Serious Games zu fördern. Das geht aus einer aktuellen Antwort des Ministeriums auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion hervor. Bei Serious Games handelt es sich um digitale Spiele, die nicht allein der Unterhaltung dienen. Vielmehr vermitteln sie Lerninhalte, fördern Kompetenzen oder auch die Gesundheit. “Wenn Serious Games einen innovativen didaktischen Vermittlungsansatz aufweisen und pädagogische Ziele haben, liegt die Zuständigkeit somit im BMBF”, heißt es in der Antwort.

    Darin listet das Ministerium einige geförderte Projekte auf, darunter das Projekt SG4BB, an dem unter anderem die TU Darmstadt mitwirkt. Hier geht es um Serious Games in der beruflichen Weiterbildung. SG4BB hat das Ziel, Bildungsanbietern über eine Suchmaschine relevante Serious Games zur Verfügung zu stellen, die sie in ihre Lernmanagement-Systeme integrieren können. Das BMBF fördert das Projekt seit Mai 2021 mit insgesamt mehr als 1,6 Millionen Euro. Es endet im April 2024.

    Jarzombek: Die Ampel verkennt das Potenzial von Serious Games

    Allerdings geht Thomas Jarzombek die Unterstützung grundsätzlich nicht weit genug. “Die Ampel verkennt das Potenzial von Serious Games für den Bildungsbereich. Bildungsanbieter und EdTech-Startups bieten längst vielversprechende Lösungen”, erklärt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Es bräuchte mehr Wettbewerb für diese innovativen Lernkonzepte und eine klare Strategie zur Anwendung.

    In der Finanzplanung hat das BMBF zur Förderung der Spiele mit Lerneffekt für 2024 mehr als 1,6 Millionen Euro vorgesehen. 2025 sind es knapp 1,3 Millionen Euro, 2026 mehr als 1,1 Millionen Euro und 2027 etwa 440.000 Euro. 

    Jarzombek sieht in Serious Games einen wertvollen Baustein, um in den Schulen eine Trendwende zu schaffen: “Wir müssen viel stärker bei der Lernmotivation ansetzen, wenn wir die hohe Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der Unterstützung des Elternhauses senken wollen”, erklärt der CDU-Politiker. “Wenn es goldene Taler regnet, macht Lernen einfach mehr Spaß.” hsc

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    Gesetz zur Stärkung Ungelernter: Folgen für Ausbildungsberufe

    Wer mehrere Jahre ohne Abschluss in einem Ausbildungsberuf gearbeitet hat, soll sich ab 2025 Berufskompetenzen anerkennen lassen können. Bei vollständiger Anerkennung könnten Ungelernte so Ausbilder werden und Zugang zu Fortbildungen, etwa zum Meister oder Fachwirt, erhalten. Tarifrechtlich soll die Anerkennung keine direkten Folgen haben. Der kürzlich vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf ist Teil der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung. Es soll “aus einem verpassten Abschluss eine zweite Chance” machen, wie Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung sagte.

    Im ersten Jahr rechnet das BMBF mit rund 1.000 Anerkennungen. Viele werden von dem neuen Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz also zunächst nicht profitieren. Doch angesichts der hohen Zahl der Ungelernten – allein in der Altersgruppe von 20 bis 35 Jahren waren es 2021 laut Berufsbildungsbericht 2,64 Millionen Menschen – sieht das BMBF langfristig großes Potenzial in diesem Gesetz.

    ZDH: Bessere Abgrenzung zur Ausbildung nötig

    Bei den Verbänden fürchtet man hingegen, die Neuerungen könnten zulasten der dualen Ausbildung gehen. Beim Bundesverband der Freien Berufe (BFB) begrüße man zwar grundsätzlich die Bestrebungen der Regierung, sich gegen den Fachkräftemangel einzusetzen. Die duale Ausbildung müsse aber “der Königsweg” bleiben. Auch aus Sicht des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) bräuchte es eine bessere Abgrenzung zur dualen Ausbildung.

    Bereits vorab hatten Sozialpartner gefordert, Ungelernte erst ab 25 Jahren zum Verfahren zuzulassen, um die reguläre Berufsausbildung nicht zu unterminieren. Eine solche Altersgrenze ist aber in dem Gesetz nicht vorgesehen. Allerdings soll zu dem Verfahren nur zugelassen werden, wer eineinhalbmal so lang im entsprechenden Beruf gearbeitet hat, wie die reguläre Ausbildung dauert. Bei einer dreijährigen Ausbildung wären es viereinhalb Jahre.

    Zeitplan stellt Kammern vor Herausforderungen

    Manche Verbände sehen auch die zeitliche Planung kritisch. Ab 1. Januar 2025 soll das Verfahren eigentlich für jeden Interessierten möglich sein. Das stelle nicht nur die Kammern der Freien Berufe, sondern auch die Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern vor “erhebliche Herausforderungen”, sagt Peter Klotzki, Hauptgeschäftsführer des BFB, Table.Media. Denn angesichts des Prüfermangels sei es schwierig, das Verfahren breit aufzustellen. Laut BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg müsse am 1. Januar aber noch nicht für alle Berufe das gesamte Verfahren stehen. Man plane eine Ausweitung auf weitere Berufe in Abhängigkeit zur Nachfrage. anpa/vkr

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    Begabtenförderung für Azubis will Ausbildung attraktiver machen

    Erstmals können sich engagierte Auszubildende auf Stipendien zur Begabtenförderung bewerben. In einer dreijährigen Pilotphase sollen rund 1.000 Stipendiaten von Projekten bei zwölf teilnehmenden Begabtenförderungswerken profitieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt die Förderung im Rahmen der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung. Auch für Fachkräfte mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung soll es Angebote geben. Table.Media berichtete bereits im Sommer 2023 über erste Pläne des Programms.

    Ziel der Förderung ist es, Ausbildung attraktiver zu machen und auf Augenhöhe mit akademischer Bildung zu bringen. “Mit der Öffnung der Begabtenförderungswerke sollen deren wertvolle Angebote und finanzielle Unterstützung auch beruflichen Talenten zugutekommen”, teilte der parlamentarische Staatssekretär Jens Brandenburg (CDU) in einer Pressemitteilung mit. Ein bestehendes Stipendienprogramm in Lübeck diente als Vorbild für das neue Förderprogramm (wie Table.Media berichtete).

    Noten sind nicht das wichtigste Kriterium

    Interessierte können sich vor oder zu Beginn der Ausbildung direkt bei den beteiligten Werken bewerben. Der erste Bewerbungszeitraum liegt voraussichtlich im Frühsommer 2024, weitere Bewerbungsrunden sind für 2025 und 2026 geplant. Die Auswahlkriterien stehen noch nicht im Detail fest und könnten je nach Werk variieren, sagt Katja Hartmann, Leiterin Begabtenförderung bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. “Noten sollen aber eher eine untergeordnete Rolle spielen.” Wichtiger seien soziales Engagement und wie sich die jungen Leute im Betrieb oder der Schule einbringen.

    Wer für ein Stipendium ausgewählt wird, soll 300 Euro monatlich erhalten. Außerdem fördern die Werke die Persönlichkeitsentwicklung und bieten Vernetzungsmöglichkeiten. Teils gibt es sogar Unterstützung für Auslandsaufenthalte. Ob Workshops zu Finanzen, Zeitmanagement und Teamgeist – “das Programm soll Auszubildende über die fachlichen Inhalte der Ausbildung hinaus fördern”, sagt Hartmann.

    Berufliche Bildung: Neuland für Stiftungen

    Die Zahl von 1.000 Azubis in der Pilotphase folgt den Vorschlägen der Begabtenförderungswerke. “Einige Stiftungen wollten erst einmal eine kleinere Zahl an Stipendien vergeben”, sagt Katja Hartmann. Das Programm sei ja für alle neu. Auf lange Sicht könne das Programm aber größer werden.

    Auch Fachkräften mit abgeschlossener Berufsausbildung soll das Angebot bereits in der Pilotphase zugutekommen. Denn die Seminar- und Auslandsangebote der Begabtenförderungswerke sollen künftig auch für Stipendiaten des vom BMBF geförderten Aufstiegs- oder Weiterbildungsstipendiums der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) gelten. vkr

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    EU: Mehr als jede dritte Lehrkraft im Primarbereich ist über 50 Jahre alt

    Die Überalterung der Lehrkräfte ist EU-weit ein Problem. Nach aktuellen Daten von Eurostat war im Jahr 2021 (aktuellste Zahlen) mehr als jede dritte Lehrkraft im Primarbereich 50 Jahre oder älter. Im EU-Vergleich liegt Deutschland mit 36 Prozent genau im Mittel der 27 Nationen. Der Anteil der 50plus-Lehrkräfte ist in Italien und Litauen mit 54 Prozent am höchsten.

    Auch vor diesem Hintergrund diskutierte das Europäische Parlament in der Vorwoche über die Arbeitsbedingungen von Lehrkräften in der Europäischen Union. Der Petitionsausschuss hatte eine entsprechende Anfrage an die Kommission gestellt.  

    Die estnische Abgeordnete Yana Toom listete zu Beginn der Aussprache auf, was die aktuelle Lehrkräftelage vielerorts prägt. Dabei nannte sie eine alternde Lehrerschaft, Schwierigkeiten, qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen und im Beruf zu halten, einen gravierenden Lehrkräftemangel insbesondere in ländlichen Gebieten sowie eine schlechte Infrastruktur an den Schulen. 

    In ihrer Antwort verwies die zuständige EU-Bildungskommissarin Iliana Ivanova darauf, dass gut ausgebildete Lehrkräfte eine fundamentale Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit Europas hätten. Dabei ging sie auch auf die jüngsten Pisa-Ergebnisse ein: “Nicht einem Mitgliedsstaat ist es gelungen, seine Leistungen in den Grundkompetenzen zu verbessern.” 

    Streik in Estland: Am Ende stehen 17 Euro mehr im Monat

    Toom verwies in ihrer Rede auch auf die niedrigen Gehälter von Lehrkräften in vielen EU-Ländern. Dazu zählt auch Estland. Der monatliche Bruttoverdienst zahlreicher Lehrkräfte liegt unter 2.000 Euro. Auch deshalb streikten sie Ende Januar neun Tage lang. “Nach mehrtägigem Streik erhielten unsere unterbezahlten und überarbeiteten Lehrer eine Gehaltserhöhung von 17 Euro pro Monat”, konstatierte Toom. “Und ich spreche von dem Land, das laut den Pisa-Tests weiterhin an der europäischen Spitze liegt.”

    Am 19. Februar soll in Estland weiter verhandelt werden. Die estnische Lehrergewerkschaft hat zuletzt 1.835 Euro Monatsgehalt für alle Lehrer gefordert. Bis 2027 soll das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Lehrkräfte schrittweise auf 120 Prozent des Landesdurchschnitts anwachsen. hsc

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    Frühe Schulabgänger in der EU: Weniger als die Hälfte arbeitet

    In der Europäischen Union hat 2022 fast jeder zehnte junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren die Schule mit maximal Sekundarstufe I-Abschluss verlassen – ohne zunächst eine weitere allgemeine oder berufliche Bildung anzuschließen. Das geht aus aktuellen Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat hervor, über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zuerst berichtete. In Deutschland liegt die Quote der frühen Schulabgänger mit 12,2 Prozent sogar über dem EU-Schnitt. Schaut man sich den Zusammenhang zwischen keinem bis mittlerem Abschluss und Beschäftigung an, lassen sich gravierende Folgen erkennen.

    Anders als in anderen Medienberichten dargestellt, beziehen sich die Daten auf die jungen Erwachsenen, die keinen Abschluss oder höchstens einen Haupt- oder Realschulabschluss haben. Die EU hat sich das Ziel gesetzt, die Quote der Schulabgänger mit höchstens mittlerem Bildungsabschluss bis 2030 auf unter neun Prozent zu senken. Dieser Indikator soll Aufschluss über die Arbeitsmarkt- und Einkommenschancen junger Menschen geben. Zum Vergleich: Die reine Schulabbrecherquote, also die Zahl derer, die keinen Hauptschulabschluss haben, liegt in Deutschland bei rund sechs Prozent.

    EU-weit ist die Quote der frühen Schulabgänger seit 2012 um drei Prozent gesunken. Zwischen den Ländern gab es 2022 aber weiterhin große Unterschiede mit einer Spannweite von 15,6 Prozent in Rumänien zu 2,3 Prozent in Kroatien. Zudem gab es in allen Ländern bis auf Bulgarien und Griechenland mehr junge Männer als Frauen, die frühzeitig oder mit niedrigem Abschluss die Schule verließen. Auch innerhalb eines Landes kann die Quote unterschiedlich ausfallen.

    Keine Chance oder keinen Bock auf einen Job?

    Da vor allem kein, aber auch ein niedriger oder mittlerer Abschluss mit hohem individuellen und ökonomischen Risiko verbunden sind, ist die Frage entscheidend, ob frühe Schulabgänger einen Job finden. Die Analyse von Eurostat zeigt, dass nicht einmal die Hälfte (45,8 Prozent) der Schulabgänger EU-weit einen Job haben. Fast jeder Dritte ist arbeitslos und würde gerne arbeiten. Knapp ein Viertel ist dagegen arbeitslos und möchte auch nicht arbeiten.

    In Deutschland sieht die Situation für frühe Schulabgänger noch ärger aus: Nicht einmal ein Drittel der Männer und Frauen zwischen 18 und 24 Jahren hatte 2022 einen Job. Rund 15 Prozent sind arbeitslos, aber arbeitswillig und mehr als die Hälfte der Schulabgänger ist arbeitslos und möchte nicht arbeiten. Die arbeitslosen Schulabgänger machten insgesamt in ihrer Altersgruppe 5,4 Prozent aus, wie Eurostat berechnete. vkr

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    Susanne Prediger – engagiert sich für besseren Mathematikunterricht

    Susanne Prediger
    Susanne Prediger hat ein neues Fortbildungskonzept für die Mathematikdidaktik entwickelt.

    Sie selbst war immer begeistert von Mathe. Doch schon als Schülerin fragte sich Susanne Prediger: Warum können manche in der Klasse dem Stoff nicht folgen? Warum ist das nur bei manchen Lehrkräften so? Wie muss Unterricht sein, damit alle angstfrei lernen? Mit zwölf Jahren war sie empört, als ein Lehrer der Klasse auf die Frage “Warum ist das so?” mit einem “Das müsst ihr mir schon glauben” antwortete. Heute, 40 Jahre später, gilt Susanne Prediger wohl als bekannteste Mathematikdidaktikerin in Deutschland. Einen Fokus ihrer Arbeit legt die 52-Jährige aktuell auf gute und aufeinander abgestimmte Lehrkräftefortbildungen. Denn dass es davon in Deutschland zu wenige gibt, ist gerade in der Mathematik ein Problem, weil der Stoff stark aufeinander aufbaut.

    Susanne Prediger arbeitet mit zwölf Hochschulen zusammen

    Die Professorin der Mathematikdidaktik an der Technischen Universität Dortmund ist national und international bekannt dafür, Forschung und Praxis aktiv zu gestalten. Sie leitet auch das Deutsche Zentrum für Lehrkräftebildung Mathematik (DZLM) am IPN Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und der Mathematik, in dem zwölf Hochschulen mit allen Landesinstituten kooperieren. Das groß angelegte Projekt QuaMath vom DZLM und der Kultusministerkonferenz will “Unterrichts- und Fortbildungs-Qualität in Mathematik entwickeln”, wie es auf der Website heißt.

    QuaMath bringt diejenigen an einen Tisch, die in den Ländern für die Fortbildungen in der Mathematikdidaktik zuständig sind – von der Lehrkraft bis zur Unterrichtsforscherin. Die Experten haben hier gemeinsam definiert, was guten Mathematikunterricht ausmacht. Kognitive Aktivierung zum Beispiel ist wichtig, denn nur wenn Schülerinnen und Schüler aktiv mitdenken, können sie Verständnis für Mathematik aufbauen. Ein weiterer zentraler Punkt ist, dass sich der Mathematikunterricht an den Lernständen der einzelnen Schüler orientiert und sie dort abholt, wo sie stehen. Nur so könne ein nachhaltiger Kompetenzaufbau erfolgen.

    Das Fortbildungsprogramm QuaMath will 10.000 Schulen erreichen

    Im Kern geht es immer um dieselben fünf Prinzipien – unabhängig davon, ob es um leistungsschwache oder leistungsstarke Schüler, um Algebra in Klasse 10, Geometrie in Klasse 2 oder den Einsatz von digitalen Medien geht. “Viele Lehrkräfte hatten in den letzten Jahren das Gefühl, in jeder Fortbildung werden andere Botschaften gesendet, was guter Matheunterricht ist, aber durch die Einigung können wir nun immer am gleichen Strang ziehen!”, erklärt Susanne Prediger.

    Das Projekt will in den kommenden zehn Jahren die Lehrkräfte an 10.000 Schulen erreichen. 400 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden im Projekt QuaMath bereits seit September ausgebildet. “Alle Angebote haben wir gründlich beforscht, sodass wir gut eingehen können auf die Bedarfe der Schulen”, betont die Leiterin nicht ohne Stolz. Ab dem Sommer sollen sie dann mit den ersten 1.000 Schulen arbeiten.

    “Wenn Wissenschaft erst bei der Evaluation ins Spiel kommt, ist es zu spät”

    Reden, planen, erproben, beforschen, die Konzepte überarbeiten und dabei immer alle beteiligen – so arbeitet das Programm QuaMath. “Wenn Wissenschaft erst bei der Evaluation ins Spiel kommt, ist es zu spät”, findet die Expertin. Prediger setzt sich auch darüber hinaus dafür ein, dass Forschung sich an Qualitätsmaßstäben orientiert und die Gesellschaft mitgestaltet – etwa als Herausgeberin des Top-Ranking-Journals “Educational Studies in Mathematics” oder als Mitglied der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz.

    Prediger, die in ihrer Freizeit gerne reist und tanzt, hat selbst auf Lehramt studiert und neben ihrer Habilitation einige Jahre als Lehrerin gearbeitet. Sie hat zwei erwachsene Söhne. Von den Erfahrungen, die sie an der Schule gemacht hat, profitiert sie bis heute. “Vor allem bringe ich dadurch aber eine gewisse Demut gegenüber den Praktikerinnen und Praktikern mit”, sagt sie. Denn die Komplexitäten, mit denen sie tagtäglich zu tun haben, sollte die Wissenschaft kennen. Jana Degener-Storr

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    Mehr von Table.Media

    Research.Table: Hochschulen und die Neutralitätsfrage. Ukraine-Krieg, Rechtsextremismus, Antisemitismus: Immer häufiger werden Hochschulleitungen aufgefordert, sich politisch zu positionieren. Ob es tatsächlich ein Neutralitätsgebot gibt und wie weit es reicht, erklärt Rechtswissenschaftler Friedhelm Hufen hier.

    Research.Table: “Antisemitismus steckt in den Köpfen”. An Hochschulen sehen sich jüdische Studierende und Mitarbeitende seit dem Beginn des Kriegs in Israel zunehmend antisemitischen Übergriffen ausgesetzt. Walter Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz beschreibt in seinem Standpunkt, was nun getan werden sollte. Mehr

    Presseschau

    Lehrkräftemangel | 2023 sind in NRW 930 verbeamtete Lehrkräfte aus dem Dienst ausgetreten. 16% mehr als noch als im Vorjahr. Nach ihren Gründen für den Austritt wurde nicht gefragt, erzählt eine ehemalige Lehrerin. WDR

    Quereinsteiger | Nach vier Wochen Vorbereitungskurs vor die Klasse. Olesja Brückel unterrichtet als Seiteneinsteigerin vier Fächer in Sachsen-Anhalt – darunter zwei, von denen sie zuvor noch nie gehört hatte. Fragen wie “Was mache ich, wenn die Schüler nicht hören?” wurden ihr im Vorhinein nicht beantwortet. Zeit

    Schulsanierung | Die Stadt Frankfurt will eine Bildungsbaugesellschaft zur Schulsanierung gründen. Die Bau- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber spricht von einem Sanierungsstau in Höhe von einer Milliarde Euro. Ein Problem sei, dass die Stadt an Ausschreibungsregeln, politische und verwaltungsinterne Prozesse gebunden ist. FAZ

    Schulschwänzer | Professor Heinrich Ricking sieht drei Hauptgründe dafür, dass Schüler der Schule fernbleiben. Erstens würden benachteiligte Schüler und Schülerinnen die Schule ablehnen, zweitens würden Jugendliche die Schule aus Angst oder aufgrund von psychischen Problemen meiden und drittens würden Eltern ihre Kinder zu Hause halten. Gleichzeitig lobt er den Umgang mit dem Problem in England. Zeit

    Bewertung | In den USA können Schüler ihre Lehrkräfte mit Surveys bewerten. Lehrer sind der wichtigste schulinterne Faktor, um die Leistungen der Schülerinnen zu beeinflussen. Forscher der Gates-Stiftung empfehlen Praktikern vorsichtig bei der Berücksichtigung von Schülerbefragungen für die Bewertung von Lehrern. education next

    Frankreich | Gabriel Attal hat im französischen Parlament die Namen der Kinder verlesen, die Suizide begangen haben. Mindestens jedes zehnte Schulkind ist in Frankreich von Mobbing betroffen. Anti-Mobbing Experten und Empathiekurse sollen nun dagegen helfen. Open.YouTube

    Termine

    26. Februar 2024, 13:30 bis 14:30 Uhr,
    SWK Talks Gewinnung von Studierenden und Optimierung des Ausbildungserfolgs
    Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) hatte vergangenen Dezember das Gutachten “Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht” vorgelegt. An diesem Termin soll es um den Teil des Gutachtens gehen, in dem es darum geht, Fachkräfte zu gewinnen. Konkret – wie können mehr Lehramtsstudierende gewonnen werden und wie kann man den Erfolg der Ausbildung verbessern? INFOS & ANMELDUNG

    26. Februar 2024, Berlin
    Konferenz BMAS-Fachkräftekongress 2024
    Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales lädt unter dem Titel “Mehr Power fürs Fachkräfteland” ein. In verschiedenen Formaten und mit Best-Practice Beispielen sollen aktuelle Lösungen zur Fachkräftesicherung aufgezeigt und diskutiert werden. INFOS & ANMELDUNG

    27. Februar 2024, 10:30 bis 18:00 Uhr, digital
    Diskussionsveranstaltung Neuer Schwung für die UN-BRK in Deutschland: Wie weiter nach der Zweiten Staatenprüfung?
    Die Ergebnisse der zweiten Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland liegen vor. Das Deutsche Institut für Menschenrechte und der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen laden dazu ein, die Empfehlungen des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen von Behinderungen aus Genf zu diskutieren. Welche Auswirkung haben die Empfehlungen auf die Arbeit in der Praxis? Und welche Aufgabenstellungen ergeben sich hieraus für Bund, Länder und Kommunen?

    Der Livestream wird barrierefrei gestaltet, unter anderem durch Gebärdensprache.
    INFOS & ANMELDUNG

    28. Februar 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, digital
    Seminar Zukunftsorientierte Lernräume – Prozesse gestalten zwischen Wunsch und Wirklichkeit
    Wie kann der Prozess zur Lernraumentwicklung gestaltet werden? Welche Erfahrung haben Hochschulen auf dem Weg zu zukunftsorientierten Lernräumen gemacht? In dem letzten Webinar der Reihe “CHE Talks feat. Hochschulforum Digitalisierung” liegt der Fokus auf der Prozessgestaltung. INFOS & ANMELDUNG

    29. Februar 2024, 10.00 bis 11.00 Uhr,
    digitaler deep dive MINT-Bildung im Ganztag: Ergebnisse einer bundesweiten Studie
    Das Nationale MINT Forum hat eine Impulsgruppe, die sich seit zwei Jahren intensiv mit dem Thema “MINT-Bildung im Ganztag” auseinandersetzt. Um die Gelingensbedingungen für strukturelle Kooperationen zwischen MINT-Bildungsakteuren und dem grundschulischen Ganztag herauszufinden, wurde eine bundesweite Studie durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie werden zusammen mit einem Best Practice vorgestellt und anschließend diskutiert. INFOS & ANMELDUNG

    13. und 14. März 2024
    Konferenz Bitkom: Bildungskonferenz 2024
    Bei der diesjährigen Bildungskonferenz dreht sich alles um die Digitalisierung. Diskutiert wird, wie die Lernkultur angesichts der digitalen Transformation weiterentwickelt werden kann – von Smart Schools, über KI bis zu digitalen Messinstrumenten. Mit dabei sind unter anderem Bettina Stark-Watzinger, Daniel Terzenbach und Florian Fabricius.
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