Table.Briefing: Bildung

Länder im Bildungsmonitor + Social Media für Schülervertretungen + Reform Seiteneinstieg

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Haushaltsdebatten werden in den kommenden Wochen Fahrt aufnehmen. Den Fürsprecherinnen und Fürsprechern von Investitionen in Bildung hat diese Woche einige Argumente geliefert. Die Allensbach-Studie “Der Wert von Bildung” hat gezeigt, dass die Mehrheit sich wünscht, dass die Politik Bildung mehr Wert beimisst. Das IW-Gutachten “Investitionen in Kinder wirkungsvoll gestalten” hat eine Rechnung präsentiert, wie sehr sich Investition auszahlen könnten. Und nun ein Wochenausklang, der nachhallen wird: das Länderranking im diesjährigen Bildungsmonitor.

Exklusiv liegen Table.Briefings die Ergebnisse vor. Mein Kollege Maximilian Stascheit hat für Sie aufgeschrieben, welche Länder aus bildungsökonomischer Perspektive die Nase vorn haben – und welche sich am Ende der 16er-Liste wiederfinden. So viel sei verraten: Berlin hat den größten Sprung nach vorn gemacht – von Rang 15 auf Rang 12.

Von einer “Kehrtwende in Kiel” berichtet derweil unsere Autorin Sandra Hermes. Dort hatte es das Bildungsministerium zunächst als rechtlich nicht zulässig eingeschätzt, wenn Schülervertretungen für ihre Aufgaben soziale Netzwerke nutzen. Die Schüler protestierten – mit Erfolg. Die ganze Geschichte lesen Sie in dieser Ausgabe.

Und wenn Sie am Samstag fundiert informiert in den Tag starten wollen, lege ich Ihnen unseren Podcast Table.Today ans Herz. Dort interviewt meine Kollegin Anna Parrisius den Wirtschaftspädagogen Dieter Euler zur Situation am Ausbildungsmarkt.

Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.

Ihr
Holger Schleper
Bild von Holger  Schleper

Analyse

Bildungsmonitor: Das sind die Gewinner und Verlierer des Ländervergleichs

Offiziell präsentiert die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) den diesjährigen Bildungsmonitor erst am kommenden Dienstag. Doch bereits am heutigen Freitag – und damit zwei Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen – wird das Länderranking veröffentlicht. Die Ergebnisse liegen Table.Briefings vorab exklusiv vor. Vor allem in Sachsen dürfte die CDU mit Ministerpräsident Michael Kretschmer und Kultusminister Christian Piwarz sie noch einmal für den Wahlkampfendspurt nutzen.

Denn der Freistaat liegt im Vergleich der Bundesländer weiter an der Spitze, verbessert sein Ergebnis von 63,4 Punkten im Vorjahr auf 64,1. Für diese Bewertung nutzt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) insgesamt 98 Indikatoren aus 13 Handlungsfeldern. Im Fokus steht den Forschern zufolge die Frage, “welchen Beitrag das Bildungssystem leistet, um den Wohlstand zu sichern, Aufstiegsmöglichkeiten für den Einzelnen zu schaffen und Teilhabe zu gewährleisten” – und damit eine bildungsökonomische Perspektive.

Bayern weiter stark, Hamburg verbessert sich

Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt, dass die Stärken unterschiedlich verteilt sind. So erreicht Sachsen Spitzenplätze bei der Förderinfrastruktur, Schulqualität, Bekämpfung von Bildungsarmut und Forschungsorientierung. Dazu trägt unter anderem die hohe Ganztagsquote bei. 2022 besuchten 93,6 Prozent der Grundschüler eine offene oder gebundene Ganztagsschule; im Bundesdurchschnitt sind es nur 49,5 Prozent. Auch die starken Ergebnisse der Schüler bei den IQB-Leistungstests und die hohe Zahl eingeworbener Drittmittel je Professur tragen zu dem Ergebnis bei. Doch auch für Sachsen sehen die Forscher Verbesserungspotenzial, beispielsweise bei der Digitalisierung und den Betreuungsrelationen.

Ebenfalls unverändert auf Rang zwei liegt Bayern. Der Freistaat sticht vor allem in der beruflichen Bildung hervor. In keinem anderen Land gelingt der Übergang von der Schule in den Beruf so gut wie dort. Das Angebot der Ausbildungsstellen ist generell hoch und der Anteil der unversorgten Bewerberinnen und Bewerber mit vier Prozent relativ niedrig (Bundesdurchschnitt: acht Prozent). Negativ beeinflusst wird das bayerische Ergebnis hingegen von der bundesweit höchsten Quote an Sitzenbleibern (fünf Prozent) und der niedrigen Ganztagsquote.

Hamburg verbessert sich um 2,3 Punkte und verdrängt damit Thüringen (minus 2,6 Punkte) vom dritten Platz. Besonders gut ist die Hansestadt bei der Internationalisierung. Fast alle Grundschüler (98,9 Prozent) hatten 2022 Fremdsprachen-Unterricht (Bundesschnitt: 52,8 Prozent); auch bei den Berufsschülern fällt dieser Anteil (85,9 Prozent) überdurchschnittlich hoch aus (bundesweit: 49,9 Prozent).

NRW, Brandenburg und Bremen sind Schlusslichter

Das Ende der Tabelle wird von Nordrhein-Westfalen angeführt, das sich gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Punkte verschlechtert und nun auf dem 14. Rang landet. Besonders schlecht schneidet das Land bei der Betreuungsrelation, den Klassengrößen und den öffentlichen Bildungsausgaben ab. Relativ gut steht NRW hingegen bei der Digitalisierung da (Platz 5). Auch die Verfügbarkeit von schnellem WLAN an Schulen fällt überdurchschnittlich aus. Die Anzahl der neuen betrieblichen Ausbildungsverträge pro 100.000 Erwerbstätigen liegt mit 59,7 Prozent höher als im Bundesschnitt (49,6 Prozent).

Auf dem zweitletzten Platz landet Brandenburg mit einem Minus von 0,4 Punkten. In dem Land wird am 22. September gewählt. Es hat mit 1,9 Prozent die niedrigste Quote an Hochschulabsolventen in Relation zur 25- bis 40-jährigen Bevölkerung (Bundesschnitt: 2,9 Prozent), mit 21,2 Prozent den höchsten Anteil an Kindern, die verspätet eingeschult werden (Bundesschnitt: 6,6 Prozent) und den schlechtesten Wert von Unterrichtsstunden pro Schüler in beruflichen Vollzeitschulen. Spitzenreiter ist Brandenburg hingegen im Handlungsfeld Integration: So zeigte der ICQ-Bildungstrend im Bereich Lesen, dass die Entkopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg überdurchschnittlich gut gelingt. Außerdem ist die Schulabbrecherquote unter ausländischen Jugendlichen mit 11,5 Prozent bundesweit am niedrigsten (Schnitt: 16 Prozent).

Schlusslicht der Rangliste ist weiterhin Bremen. Besonders schlecht ist die Hansestadt in den Handlungsfeldern Bildungsarmut, Schulqualität, Integration, Ausgabenpriorisierung und Förderinfrastruktur. Beispiele: Fast jeder vierte (24,9 Prozent) ausländische Schulabgänger erreichte keinen Abschluss (Bundesschnitt: 16 Prozent). Kein Bundesland gibt im Vergleich zur Einwohnerzahl weniger Geld für Bildung aus, der Anteil der Ungelernten am Kita-Personal ist mit fünf Prozent bundesweit am höchsten (Schnitt: 2,4 Prozent). Doch auch in Bremen gibt es Lichtblicke: Das Land hat einen hohen Akademikeranteil, ist im Handlungsfeld Hochschule/MINT sogar Spitzenreiter und liegt in der Digitalisierung auf Platz 2.

Berlin verbessert sich am stärksten

Zu den Gewinnern der diesjährigen Auswertung gehört auch Berlin, das sich im Vergleich zum Vorjahr am meisten verbessert und von Platz 15 auf Platz 12 springt. Die Hauptstadt weist vor allem Stärken bei der Zahl der Unterrichtsstunden und der Betreuungsrelation auf – von der Kita bis zur Hochschule sind die Werte hier stark überdurchschnittlich. Berlin profitiert zudem stark davon, dass viele junge Akademiker aus dem brandenburgischen Umland in die Hauptstadt kommen; dafür ist der Stadtstaat im Bereich der beruflichen Bildung Schlusslicht.

Insgesamt fallen die Ergebnisse etwas positiver aus als im Vorjahr. Der deutschlandweite Schnitt steigt von 47,1 auf 47,8 Punkte. “Bundesweit haben sich von 2013 bis heute die Ergebnisse in den Handlungsfeldern Internationalisierung, Förderinfrastruktur und Betreuungsbedingungen am stärksten verbessert”, fasst Studienleiter Axel Plünnecke zusammen. “In den Handlungsfeldern Integration, Schulqualität und Bildungsarmut sind die Herausforderungen hingegen deutlich gestiegen”, so der Bildungsökonom.

Als Schwerpunkt haben sich die Forscher in diesem Jahr dem Thema Bildungsarmut und Integration gewidmet. Die gesamte Studie mit dem Titel “Potenziale der Zuwanderung im Bildungssystem heben” stellt Plünnecke am Dienstag (3. September) gemeinsam mit INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben und dem israelisch-deutschen Psychologen Ahmad Mansour in Berlin vor.

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Schleswig-Holstein: Warum es Social-Media-Workshops für Schülervertreter geben soll

Kehrwende in Kiel: “Die Nutzung von Social-Media-Plattformen ist durchaus möglich und wird unterstützt”, heißt es in einem Beschluss, den der schleswig-holsteinische Landtag in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause verabschiedet hat. Dabei geht es um die Öffentlichkeitsarbeit von Schüler- und Elternvertretungen im Netz.

Nur wenige Wochen zuvor hatte sich das in der Antwort des Bildungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der SPD noch ganz anders angehört: “Die Nutzung sozialer Netzwerke wie TikTok, Instagram und WhatsApp im Rahmen der Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgabe als Eltern- und Schülervertretung wird als rechtlich nicht zulässig eingeschätzt.” Im Rückblick war das für Lovis Eichhorn, Landesschülervertreter der schleswig-holsteinischen Gymnasien, eine herbe Enttäuschung. “Wir hatten das Gefühl, dass unsere Arbeit torpediert wurde“, sagte er Table.Briefings.

Schüler fragen Prien: Kommunikation nur per Flaschenpost erlaubt?

Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, war den Schülern beigesprungen. Er hatte die Diskussion im Landtag ins Rollen gebracht. Im Zentrum stand die Frage, ob und wie die Schüler- und Elternvertretungen über ihre Arbeit informieren können. Und das, ohne mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), anderen Datenschutzvorschriften oder dem Schulgesetz zu kollidieren. Nun kam es im Landtag in Kiel zu einer Einigung.

Allen Beteiligten begrüßen den Beschluss. Schließlich, so Habersaat, haben auch die Schülervertreter das Bedürfnis, ihre Arbeit dort darzustellen, wo es auch alle mitbekommen können. Und das seien heute vor allem die Sozialen Medien. Das Verbot habe in seinen Augen ein Ungleichgewicht zwischen der sehr umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit des Bildungsministeriums und den Beschränkungen der Schüler- und Elternvertretungen dargestellt. In einer PR-Aktion hatten die Schüler Kultusministerin Karin Prien auf Instagram gefragt, ob sie jetzt “nur noch per Flaschenpost?” kommunizieren dürften. Die Aktion hat zusammen mit den Anfragen der Opposition offenbar zu einem Umdenken geführt. 

In einem Brief an die Landesschülervertretungen (der Table.Briefings in Auszügen vorliegt) weist Prien darauf hin, dass bei der Nutzung von Sozialen Medien immer auch die Belange des Datenschutzes zu beachten seien. Was es jetzt brauche, findet Martin Habersaat, sei eine kompakte Handreichung des Ministeriums. “Eine Seite, die zusammenfasst, was erlaubt ist und was nicht, damit die Schüler sich darauf verlassen können.”

Social-Media-Workshops für Landesschülervertretungen geplant

Ein solcher Leitfaden zur Social-Media-Nutzung hätten CDU und Grünen leider abgelehnt, so der SPD-Landtagsabgeordnete. Um den Schülervertretern eine sichere Basis für ihre Arbeit auf Insta, TikTok und Co. zu geben, beschloss der Landtag nun aber ein Coaching durch regelmäßige Workshops. “Dort können die Landesschülervertretungen gemeinsam mit externen Expertinnen und Experten über ihre Social Media Auftritte schauen und Strategien entwickeln, wie sie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler besser erreichen und über die Arbeit der Landesschülervertretung informieren können”, äußerte sich Prien während der Sitzung des schleswig-holsteinischen Landtages. Auch notwendige Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit würden dort besprochen.

Lovis Eichhorn sieht den Workshop als große Chance: “Wir können im Wesentlichen so weitermachen wie zuvor, bekommen aber Unterstützung und lernen, was wir dürfen und wie wir Fehler vermeiden können. Ich glaube, so können wir unser Interesse an Präsentation und die legitimen Interessen des Datenschutzes gut zusammenbekommen.” 

Bis dahin werden die Schüler ihre Sprachrohre auf Social Media aber weiterhin nutzen. In ihren Gesprächen mit der Landesregierung hätten sie nun zumindest eine Ahnung davon bekommen, was es zu vermeiden gilt, sagt Eichhorn. Etwa die Nutzung von Video-Tools, die ihre Server in den USA stehen haben oder die Kommunikation mit Einzelpersonen über Instagram. Sobald es persönlich werde, würde man nun das Gespräch auf den Mailverkehr umleiten. Dadurch wolle man die Daten der Schüler, die ja in der Regel noch minderjährig sind, schützen, so der künftige Zwölftklässler aus Kiel.

Bisher sind die Workshops, laut Bildungsministerium, zunächst nur für die Landesschülervertretungen geplant. Bei Bedarf seien aber auch Angebote für die Landeselternbeiräte möglich. So formulierten es die Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Alternativantrag. Dazu, wie das Gelernte auch an die Schülervertretungen auf Kreis- und Schulebene weitergetragen werden kann, gibt es noch keine konkreten Vorschläge.

Auch Funktionsmailadressen sollen für Schülervertreter kommen

Dabei würde es helfen, wenn alle aktuellen Amtsträger auch erreichbar wären. Dies gestalte sich derzeit oft schwierig, berichtet Habersaat. Das sei auch einer der Gründe, warum die zusätzliche Kommunikation über Social Media so wichtig sei. Schülersprecherinnen und -sprecher haben in den Schulen vor Ort bisher keine Funktionsmailadressen. Wenn die Landesschülervertretungen sie zu einem Schülerparlament einladen oder – wie im aktuellen Kontext ­- über Datenschutz-Richtlinien zu Social-Media-Aktivitäten informieren wollen, müssen sie dazu häufig private Mailadressen nutzen, kritisiert der SPD-Politiker. Nach jeder Neuwahl müssten Schüler- und Elternvertreter viel Zeit investieren, um herauszufinden, wie sie die Leute erreichen.

Mail-Adressen für alle Schülervertreter wünscht sich auch Lovis Eichhorn: “Das wäre eine große Hilfe.” Diese scheint nun zu kommen. Auf Anfrage von Table.Briefings erklärte das Bildungsministerium: “Eine Einrichtung von SV-E-Mailadressen an den einzelnen Schulen ist in Planung.” Auch der erste Workshop sei in Vorbereitung. Er solle im Herbst stattfinden und werde vom Bildungsministerium selbst angeboten.

Dass Landesschülervertretungen sich bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit in einem Spannungsfeld zwischen Datenschutzgrundverordnung und Informationsinteresse bewegen, wurde bisher offenbar nur in Schleswig-Holstein problematisiert. Die Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, Louisa Basner, ist jedenfalls kein weiterer Fall bekannt. “Im Gegenteil”, antwortet sie auf Anfrage von Table.Briefings. “Ich kenne es eher so, dass befürwortet wird, dass man Öffentlichkeitsarbeit und Social Media macht und wir auch von politischen Parteien bestärkt wurden, uns zu äußern.” Sandra Hermes

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News

Weimarer Gespräche: Was Schulen von Plattformen lernen können

Schulen sollten sich stärker an modernen Innovations- und Arbeitsformen ausrichten. Das ist das Ergebnis der diesjährigen “Weimarer Gespräche” – einem viertägigen Diskussionsformat, das vergangene Woche stattfand. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Kultur diskutierten, wie sich Schule grundlegend neu organisieren lässt.

“Das staatliche System ist erschöpft, es fehlt an neuen Ideen”, sagt Ekkehard Thümler, der die Weimarer Gespräche mitinitiiert hat, im Gespräch mit Table.Briefings. “Eine dynamische Entwicklung kann daher nur von außen kommen.” Der Austausch fand dieses Jahr zum zweiten Mal auf Schloss Ettersburg bei Weimar statt.

Orientierung an digitalen Plattformen

Vorbild könnten digitale Plattformen wie Google oder Amazon sein. Diese vernetzen Prozesse, Daten und Nutzer in einem digitalen Ökosystem. Schulen könnten – so zumindest die Idee der Weimarer Gespräche – ein ähnliches Ökosystem aufbauen und stärker mit externen Akteuren interagieren. Ein paar Schritte in diese Richtung gibt es bereits in der Praxis, etwa wenn außerschulische MINT-Akteure den Ganztag mitgestalten.

Doch die Teilnehmer der Weimarer Gespräche wollen Schule umfassender transformieren:

  • Das Kerngeschäft von Schule soll sich ändern: Statt überwiegend selbst durchgeführten Lernmöglichkeiten soll es vielfältige und individuelle Lernangebote geben, die Menschen mit unterschiedlichen Professionen durchführen.
  • Die Steuerung von Schule (Governance) soll vereinheitlicht werden. Statt geteilter Verantwortlichkeit von Land, Bezirk und Schulträger sollen Entscheidungen aus einer Hand kommen.
  • Es soll neue berufliche Rollen neben Fachlehrkräften geben.
  • Es soll Schnittstellen geben, über die Schulen und neue Anbieter leichter zueinander finden.

Neue Schulstruktur garantiert kein besseres Lernen

“Viele der Ideen sind in anderen Ländern bereits umgesetzt“, sagt Thümler zu Table.Briefings. In den USA gebe es beispielsweise schon seit mehreren Jahren Bestrebungen, das Modell von Einzelschulen in kommunaler Trägerschaft zu Gunsten von Schulverbünden aufzulösen, die von einer Schulmanagement-Organisation gesteuert werden. Auch in Großbritannien sei es innerhalb von zehn Jahren gelungen, den Großteil der Schulen in die Trägerschaft von Non-Profit-Organisationen, den sogenannten Academies, zu überführen.

Ob und wie sich die Ideen konkret in die Praxis umsetzen lassen, sei allerdings mit vielen Detailfragen verbunden, die jetzt noch weiter diskutiert werden müssten, sagt Thümler. Zwei Arbeitsgruppen sollen darüber nun beraten. Und noch etwas räumt er ein: Eine neue Schulstruktur führt nicht automatisch dazu, dass Kinder mehr lernen. “Aktuell fehlt aber jegliche Vorstellung, wie ein positiver Wandel gelingen kann.” Daher müsse man zunächst Bedingungen schaffen, die Veränderungen möglich machen. Bis Anfang Oktober soll ein Ergebnispapier vorliegen. Vera Kraft

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Hessen: Seiteneinstieg mit nur einem Fach möglich

In nur einem statt wie bislang zwei Fächern unterrichten? Das soll in Hessen künftig möglich sein. Damit erleichtert das Land den Seiteneinstieg für alle Absolventen mit Universitätsabschluss. Zuvor mussten Seiteneinsteiger zwei Fächer studiert haben. Die Landesregierung plädiert nun dafür: Ein Fach und ein erfolgreicher Vorbereitungsdienst (Referendariat) reichen, um als vollwertige, verbeamtete Lehrkraft arbeiten zu können.

Das mache es auch für Lehrkräfte aus dem Ausland mit nur einem studierten Fach leichter, “hier in ihrem Beruf Fuß zu fassen”, teilte Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) anlässlich des Schulbeginns mit. Die Regierungskoalition wolle zeitnah über das Gesetz abstimmen. Es soll noch in diesem Jahr im Landtag eingebracht werden. Ab nächstem Jahr plane Hessen, die ersten Ein-Fach-Lehrer einzustellen, sagte eine Sprecherin Table.Briefings.

Neue Wege für den Seiteneinstieg

Die neuen Seiteneinsteiger sollen an Haupt- und Realschulen, an Gymnasien sowie an beruflichen Schulen zum Einsatz kommen. Die Fächer orientieren sich immer an den jeweiligen Bedarfsfächern, heißt es aus dem Kultusministerium. Aktuell seien Fächer wie Physik, Musik oder Kunst vorstellbar. Bislang gibt es eine ähnliche Regelung selten. Für bestimmte Fächer besteht beispielsweise die Möglichkeit in Nordrhein-Westfalen, und auch in Berlin zeigte sich die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch bereit, den Seiteneinstieg weiter zu öffnen.

Hessen beschreitet damit einen recht neuen Weg – allerdings mit Rückendeckung der Kultusministerkonferenz (KMK). Diese beschloss im März, dass die Länder für die weiterführenden und für berufsbildende Schulen auch Lehrkräfte mit nur einem Fach ausbilden können.

Auch Thüringen stellte zu Beginn des Schuljahres Neuerungen beim Seiteneinstieg vor. Seiteneinsteiger, die formal nicht ausreichend qualifiziert sind, müssen künftig drei verpflichtende Hospitationen sowie verpflichtende Fortbildungen absolvieren. Bereits im Herbst 2023 lockerte die Landesregierungen die Kriterien für Seiteneinsteiger. Seitdem können Schulen Pädagoginnen und Pädagogen unbefristet einstellen, die sich bereits im Unterricht bewährt haben, aber bestimmte formale Kriterien nicht erfüllen. Dieses Angebot richtete sich primär an Lehrkräfte, die Deutsch als Zweitsprache unterrichten. Vera Kraft

Wie Quer- und Seiteneinstieg in den Bundesländern jeweils geregelt ist, sehen Sie im Table.Briefings-Überblick.

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Ausbildungsgarantie: Wie viele von ihr profitieren könnten

Die Arbeitnehmerkammer Bremen geht davon aus, dass im Rahmen der Ausbildungsgarantie für dieses Jahr deutlich weniger außerbetriebliche Ausbildungsplätze geschaffen werden, als vom Bundesarbeitsministerium ursprünglich kalkuliert. “Nach ersten Schätzungen liegt die Gesamtzahl im niedrigen dreistelligen Bereich und ist damit nur ein Tropfen auf den heißen Stein”, sagte Marie-Luise Assmann, Referentin für Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik der Arbeitnehmerkammer, Table.Briefings. Im Gesetzentwurf für die Ausbildungsgarantie hatte das Bundesarbeitsministerium noch mit 7.000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen gerechnet.

In Bremen geht die Arbeitnehmerkammer im Moment davon aus, dass mithilfe der Ausbildungsgarantie nur 30
zusätzliche Plätze
geschaffen werden. Bremen-Bremerhaven ist einer der 22 Agenturbezirke bundesweit (150 gibt es), die laut Bundesagentur für Arbeit (BA) eine erhebliche Unterversorgung mit Ausbildungsplätzen festgestellt haben. Seit 1. August bieten sie “marktbenachteiligten” Jugendlichen, die nachweislich keine Ausbildung finden, eine Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE) an.

BA: Außerbetriebliche Ausbildung nur als “Ultima Ratio”

Eine Sprecherin der BA teilte mit: “Wie bisher auch kommt BaE – trotz Rechtsanspruch – nur als ‘Ultima Ratio’ in Betracht, wenn nicht andere Förderinstrumente vorrangig greifen und die Fördervoraussetzungen erfüllt sind.” Da es die meisten Eintritte in die neue Maßnahme eher erst ab September oder Oktober geben werde, rechnet die BA frühestens im Januar mit ersten aussagekräftigen statischen Daten.

Bislang richtete sich die außerbetriebliche Ausbildung lediglich an Jugendliche mit Lernbeeinträchtigung, sozial Benachteiligte oder Jugendliche, die eine Ausbildung abgebrochen haben und keinen neuen Betrieb finden. Oft hatten sie bereits mehrere Übergangsmaßnahmen durchlaufen. Im Jahr 2022 waren es laut Berufsbildungsbericht rund 10.000.

Dieter Euler: Ausbildungsgarantie “fast nur noch Symbolpolitik”

Für den Wirtschaftspädagogen Dieter Euler war die Ausbildungsgarantie eigentlich “ein Hoffnungsträger, eine grundlegende Veränderung im Übergangssektor auszulösen”. Mittlerweile sei sie jedoch “fast nur noch Symbolpolitik“. Das sagte der emeritierte Professor für Educational Management von der Universität St. Gallen und Mitautor des Schwerpunktkapitels zu beruflicher Bildung im nationalen Bildungsbericht 2024, zu Table.Briefings. Geht es nach ihm, bräuchte es in Deutschland “grundlegende Innovationen” am Übergang von der Schule in den Beruf.

Jährlich münden rund 250.000 junge Menschen in den Übergangssektor ein. Nach drei Jahren kommen jedoch nur 67 Prozent in eine vollqualifizierende Ausbildung. Die bisherigen Maßnahmen sind also nicht sonderlich effektiv. Schon die 7.000 vom BMAS kalkulierten außerbetrieblichen Ausbildungsplätze hält Euler daher für viel zu niedrig. Das Interview in voller Länge können Sie am Samstag ab 6 Uhr im Podcast Table.Today hören.

Lesen Sie auch: Dieter Euler: “Jugendliche sollten den Beruf frei wählen können”

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  • Bundesagentur für Arbeit

Schweden: Wieso die Mediennutzung von Jungen und Mädchen in den Fokus rückt

Das schwedische Bildungsministerium hat die Nationale Agentur für Bildung (Skolverket) beauftragt, die Nutzung von digitalen Geräten in Schule und Hort zu untersuchen. Dabei soll die Behörde insbesondere in den Blick nehmen, welche Unterschiede es zwischen Mädchen und Jungen gibt. Das teilte das Bildungsministerium in dieser Woche mit. 

Als Begründung, ein besonderes Augenmerk auf die Geschlechterunterschiede zu legen, führt das Ministerium unter anderem schlechtere Schul-Noten von Jungen an. “Die Unterschiede in den Studienergebnissen zwischen Mädchen und Jungen sind nachweislich besonders groß in Fächern, die gute Lese- und Schreibfähigkeiten erfordern.”

Geräte lenken schwedische Schüler im Vergleich häufiger ab

Untersuchungen zeigten, so heißt es im Auftragsschreiben weiter, dass gedruckte Texte ein besseres Leseverständnis ermöglichen. Gleichzeitig lesen die Schülerinnen und Schüler sehr viel digital. Die Behörde soll nun die Zusammenhänge herausarbeiten, die es zwischen vorhandenen Studienergebnissen und der Nutzung digitaler Geräte von Mädchen und Jungen gibt.

Schwedische Schüler, das steht ebenfalls im Auftragspapier, geben häufiger als der OECD-Schnitt an, dass digitale Hilfsmittel im Klassenzimmer sie während der Unterrichtsstunden ablenken. Bis die Ergebnisse der jetzt angestoßenen Untersuchung vorliegen, wird es noch dauern. Einen Zwischenbericht soll es im Mai 2025 geben, den Abschlussbericht im März 2026. hsc

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Heads

Bettina Jorzik: Macht sich für eine neue Lehrkräftebildung stark

Bettina Jorzik Stifterverband
Sieht heute einen breiten Konsens für eine Umgestaltung der Lehrkräftebildung: Bettina Jorzik.

Ideen, die Lehrkräftebildung zu verändern, gibt es derzeit viele. Wer sich mit dem Thema befasst, stößt schnell auf Bettina Jorzik. Sie ist beim Stifterverband Programmleiterin für Hochschullehre, Lehrkräftebildung und Diversität. Aktuell nimmt sie besonders die Lehrerbildung in ihren Fokus. Der Stifterverband hat im Herbst 2023 einen Masterplan zur Neugestaltung der Lehrkräftebildung vorgestellt. Das Konzept mit 75 Maßnahmen hat Jorzik maßgeblich mitentwickelt. Es geht in manchen Punkten noch deutlich über die fast zeitgleich veröffentlichten Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK hinaus – vor allem beim Thema duales Studium.

Als der Stifterverband im Frühjahr dieses Jahres die Zukunftsmission Bildung mit vier Allianzen startete, übernahm Bettina Jorzik die Verantwortung für die Allianz für Lehrkräftebildung. Hauptziel der Allianz ist, die Lehrkräftelücke bis 2030 zu halbieren. Dafür hat sie sich konkrete Etappenziele gesteckt. Zum Beispiel, dass bis 2025 mehr Bundesländer das Lehramtsstudium für den Quereinstieg öffnen und ein Lehramtsstudium auch an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) ermöglichen. Und dass bis 2028 die Studienabbrecherquote deutlich sinkt.

Bettina Jorzik wäre fast selbst Lehrerin geworden

Noch ein Ziel verfolgt Jorzik: “Es gibt einen Flickenteppich von vielen guten Ideen und Initiativen, die der Lehrkräftebildung zugutekommen. Aber die meisten dieser Aktivitäten sind lokal oder regional begrenzt und werden als Projekt über eine begrenzte Laufzeit gefördert”, hat sie im April im Interview mit Table.Briefings erläutert. In der Allianz will sie diese Initiativen zusammenbringen, um eine “länderübergreifende systemische Veränderung zu erreichen”.

Jorzik weiß, worum es geht, wenn sie über die Lehrkräftebildung spricht, denn sie wäre selbst fast Lehrerin geworden. Sie hat ein Lehramtsstudium für Englisch und Sozialwissenschaften absolviert. 1992 stand sie dann vor der Entscheidung: Referendariat oder als Referentin ins Wissenschaftsministerium in NRW? “Am liebsten hätte ich beides gemacht”, sagt sie heute, aber diese Möglichkeit gab es nicht. Sie hat sich für das Wissenschaftsministerium entschieden.

“Ich war so etwas wie eine studentische Top-Funktionärin”

Das ist ein ungewöhnlicher Weg für eine Lehramtsanwärterin, aber er passte zu Jorzik, weil sie schon während des Studiums politisch sehr aktiv war. Sie war zweieinhalb Jahre AStA-Vorsitzende an der damaligen Universität Gesamthochschule Essen und vier Jahre im Senat der Hochschule. “Ich war so etwas wie eine studentische Top-Funktionärin”, sagt Jorzik heute und lacht. Sie war auch eine von zwei studentischen Vertretern in der Studienreformkommission, die es damals in NRW gab. Dort war sie an der Entwicklung eines Aktionsprogramms zur Qualität in der Lehre in NRW beteiligt. Das ebnete ihr den Weg ins Wissenschaftsministerium.

Jorzik wollte das Studium mehr an die Bedürfnisse der Studierenden anpassen und daran, was Studierende tatsächlich im Beruf brauchen. Hier hat sie schon in ihrem eigenen Studium ein Manko gesehen. “Fachdidaktik, Pädagogik und Schulpraxis fanden damals im Lehramtsstudium überhaupt nicht statt.” Zumindest das Grundstudium habe sich ganz auf das Fachliche fokussiert. “Diese Reduzierung auf die Fächer hat mich früh am Studium zweifeln lassen”, sagt sie heute. Sie erlebt, dass es vielen Studierenden heute nicht anders geht.

Bologna-Prozess für Lehrkräftebildung – eine verpasste Chance

Eine große Chance, das Lehramtsstudium neu zu gestalten, sah sie in der 1999 gestarteten Bologna-Reform. Aber sie war schnell frustriert: “Die KMK hat versucht, viel vom klassischen Lehramtsstudium, wie es beim Staatsexamen war, in das neue Bachelor- und Masterstudium zu drücken“, kritisiert sie. Eine wirkliche Reform in der Lehrerbildung habe es nicht gegeben.

Man darf sich Jorzik aber nicht als einen schnell frustrierten Typ vorstellen, das entspricht nicht ihrer rheinischen Mentalität. Die 61-Jährige kann beharrlich sein. Das zeigt sie nicht nur darin, dass sie an einem Thema dranbleibt, sondern auch in ihren Hobbys: Seit 35 Jahren spielt sie Blockflöte, und wenn sie den Kopf mal ganz freihaben will, greift sie zum Tennisschläger oder geht schwimmen. Auch diese Hobbys hat sie schon lange.

Seit 2001 ist Jorzik beim Stifterverband

Und Frust kann für sie auch Motivation sein. So gab ihr der Frust über die verpasste Chance durch die Bologna-Reform den Anstoß zum Jobwechsel: 2001 wechselte Jorzik zum Stifterverband und ist nun schon bald ein Vierteljahrhundert dort.

“Neue Wege in der Lehrerbildung” hieß das erste Programm, das sie dort verantwortete. Vielleicht war die Zeit damals noch zu früh, wirklich Veränderungen zu erreichen. Aber Jorzik hat das Thema nie losgelassen. Heute sieht sie eine große Chance, wirklich etwas zu verändern. Es gebe einen großen Konsens, dass sich etwas bewegen muss. Sie hofft, dass die Allianz für Lehrkräftebildung dazu beiträgt. Annette Kuhn

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Best of Table

Research.Table: Sabine Döring will einen Showdown erzwingen. In die Fördermittelaffäre kommt erneut Bewegung. Die einstweilig in den Ruhestand versetzte Staatssekretärin Döring hat beim Verwaltungsgericht Minden eine eingeschränkte Aufhebung ihrer Verschwiegenheitspflicht beantragt. Wie sie damit die Mitglieder des Forschungsausschusses unter Druck setzt, lesen Sie hier.

Research.Table: “Jüdische Studierende gehen mit Bauchschmerzen ins neue Semester”. Weiterhin fühlen jüdische Studierende sich an deutschen Hochschulen bedroht, das sagt die Präsidentin der jüdischen Studierendenunion, Hanna Veiler, im Interview. Sie fordert ein härteres Durchgreifen der Hochschulleitungen bei antisemitischen Angriffen. Was genau ihr vorschwebt, lesen Sie hier.

Research.Table: Australien begrenzt Zahl ausländischer Studierender. Maximal 270.000 ausländische Studierende dürfen 2025 nach Australien kommen. Das legte die sozialdemokratische Regierung fest. Die Hochschulen befürchten dadurch finanzielle Einbußen. Womit die Regierung den Schritt begründet, lesen Sie hier.

Must-Reads

WDR: Hält das Startchancen-Programm, was es verspricht? Der Bildungsforscher und Leiter vom “Expert:innenforum Startchancen” Michael Wrase ist skeptisch gegenüber der Darstellung des Startchancen-Programms als riesigen Erfolg. Wrase macht im Radio-Interview darauf aufmerksam, dass die angekündigte Summe von 20 Milliarden Euro für das Programm wohl deutlich geringer ausfallen wird. Darüber berichtete auch Table.Briefings. (Mehr Chancengerechtigkeit an Schulen?)  

Spiegel: Ein Drittel der Studenten ist armutsgefährdet. Auch 18 Prozent der Azubis verfügen über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung. Insbesondere die hohen Wohnkosten haben einen erheblichen Anteil an ihren Ausgaben. Ein Risikofaktor ist es, nicht mehr zu Hause zu wohnen: 77 Prozent der Studenten, die zusammen mit anderen in der Ausbildung zusammenleben, sind armutsgefährdet. In der gleichen Gruppe von Azubis sind es 54 Prozent. (Studierende und Auszubildende sind besonders armutsgefährdet

FAZ: Was die AfD für Schulen in den östlichen Bundesländern plant. Die Wahlprogramme der Landesverbände der AfD sehen Veränderungen in der Schule vor. Der Unterricht soll frontal werden und vor allem unpolitisch und somit unkritisch der AfD gegenüber sein. Die Inklusion in Regelschulen sei gescheitert und daher der Ausbau der Förderschulen notwendig. Auch eine Abkehr von der Bologna-Reform ist vorgesehen. (Die AfD will zurück zum Frontalunterricht)  

SWR: Anspruch auf Kita-Stunden statt Kita-Platz? Der Städtetag in Baden-Württemberg schlägt vor, den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zu verändern. Statt Anspruch auf einen Platz solle der Anspruch nur noch eine begrenzte Stundenzahl umfassen. So soll auf den Mangel an Erzieherinnen und Erziehern reagiert werden. Der Gemeindetag möchte lieber auf Hilfskräfte setzen. Eine Option sieht er ebenfalls darin, die Kitas mit mehr Kindern pro Erzieher zu betreiben. (Kita-Krise: Sollte der Rechtsanspruch zeitlich eingeschränkt werden?

Washington Post: Immer mehr Handyverbote an Schulen. In den USA entscheiden sich eine Vielzahl von Bundesstaaten dazu, die Handynutzung in der Schule zu untersagen. Die Regeln variieren zwischen einem kompletten Verbot der Nutzung auf dem Schulgelände oder bloß während der Unterrichtszeit. Seit der Pandemie wurden Handys zu einem häufig genutzten Unterrichtsmittel. Doch Lehrkräfte bemerken, dass ihre Schüler durch die Handys unkonzentrierter werden. Insbesondere in der Middle School seien die Kinder so häufig abgelenkt. (Cellphone bans spread in schools amid growing mental health worries)  

Financial Times: In Südkorea sorgt ein Vorschlag der Regierung für Kritik, dass Schüler ab acht Jahren im kommenden Jahr mit KI-basierten Lehrbüchern auf dem Tablet lernen sollen. Das Land gehört bei PISA zu den Spitzenreitern. Die Regierung will jedoch wegkommen von einem stark auf Auswendiglernen ausgerichteten Unterricht. Die KI soll Kindern je nach Lerngeschwindigkeit unterschiedlich schwere Aufgaben stellen. Mehr als 50.000 Eltern schlossen sich aber einer Petition an. Sie sind besorgt um das Wohlbefinden ihrer Kinder, da diese sowieso schon viel Zeit am Smartphone oder Tablet verbringen. (South Korea’s plan for AI textbooks hit by backlash from parents)

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Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

Licenses:
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    die Haushaltsdebatten werden in den kommenden Wochen Fahrt aufnehmen. Den Fürsprecherinnen und Fürsprechern von Investitionen in Bildung hat diese Woche einige Argumente geliefert. Die Allensbach-Studie “Der Wert von Bildung” hat gezeigt, dass die Mehrheit sich wünscht, dass die Politik Bildung mehr Wert beimisst. Das IW-Gutachten “Investitionen in Kinder wirkungsvoll gestalten” hat eine Rechnung präsentiert, wie sehr sich Investition auszahlen könnten. Und nun ein Wochenausklang, der nachhallen wird: das Länderranking im diesjährigen Bildungsmonitor.

    Exklusiv liegen Table.Briefings die Ergebnisse vor. Mein Kollege Maximilian Stascheit hat für Sie aufgeschrieben, welche Länder aus bildungsökonomischer Perspektive die Nase vorn haben – und welche sich am Ende der 16er-Liste wiederfinden. So viel sei verraten: Berlin hat den größten Sprung nach vorn gemacht – von Rang 15 auf Rang 12.

    Von einer “Kehrtwende in Kiel” berichtet derweil unsere Autorin Sandra Hermes. Dort hatte es das Bildungsministerium zunächst als rechtlich nicht zulässig eingeschätzt, wenn Schülervertretungen für ihre Aufgaben soziale Netzwerke nutzen. Die Schüler protestierten – mit Erfolg. Die ganze Geschichte lesen Sie in dieser Ausgabe.

    Und wenn Sie am Samstag fundiert informiert in den Tag starten wollen, lege ich Ihnen unseren Podcast Table.Today ans Herz. Dort interviewt meine Kollegin Anna Parrisius den Wirtschaftspädagogen Dieter Euler zur Situation am Ausbildungsmarkt.

    Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.

    Ihr
    Holger Schleper
    Bild von Holger  Schleper

    Analyse

    Bildungsmonitor: Das sind die Gewinner und Verlierer des Ländervergleichs

    Offiziell präsentiert die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) den diesjährigen Bildungsmonitor erst am kommenden Dienstag. Doch bereits am heutigen Freitag – und damit zwei Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen – wird das Länderranking veröffentlicht. Die Ergebnisse liegen Table.Briefings vorab exklusiv vor. Vor allem in Sachsen dürfte die CDU mit Ministerpräsident Michael Kretschmer und Kultusminister Christian Piwarz sie noch einmal für den Wahlkampfendspurt nutzen.

    Denn der Freistaat liegt im Vergleich der Bundesländer weiter an der Spitze, verbessert sein Ergebnis von 63,4 Punkten im Vorjahr auf 64,1. Für diese Bewertung nutzt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) insgesamt 98 Indikatoren aus 13 Handlungsfeldern. Im Fokus steht den Forschern zufolge die Frage, “welchen Beitrag das Bildungssystem leistet, um den Wohlstand zu sichern, Aufstiegsmöglichkeiten für den Einzelnen zu schaffen und Teilhabe zu gewährleisten” – und damit eine bildungsökonomische Perspektive.

    Bayern weiter stark, Hamburg verbessert sich

    Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt, dass die Stärken unterschiedlich verteilt sind. So erreicht Sachsen Spitzenplätze bei der Förderinfrastruktur, Schulqualität, Bekämpfung von Bildungsarmut und Forschungsorientierung. Dazu trägt unter anderem die hohe Ganztagsquote bei. 2022 besuchten 93,6 Prozent der Grundschüler eine offene oder gebundene Ganztagsschule; im Bundesdurchschnitt sind es nur 49,5 Prozent. Auch die starken Ergebnisse der Schüler bei den IQB-Leistungstests und die hohe Zahl eingeworbener Drittmittel je Professur tragen zu dem Ergebnis bei. Doch auch für Sachsen sehen die Forscher Verbesserungspotenzial, beispielsweise bei der Digitalisierung und den Betreuungsrelationen.

    Ebenfalls unverändert auf Rang zwei liegt Bayern. Der Freistaat sticht vor allem in der beruflichen Bildung hervor. In keinem anderen Land gelingt der Übergang von der Schule in den Beruf so gut wie dort. Das Angebot der Ausbildungsstellen ist generell hoch und der Anteil der unversorgten Bewerberinnen und Bewerber mit vier Prozent relativ niedrig (Bundesdurchschnitt: acht Prozent). Negativ beeinflusst wird das bayerische Ergebnis hingegen von der bundesweit höchsten Quote an Sitzenbleibern (fünf Prozent) und der niedrigen Ganztagsquote.

    Hamburg verbessert sich um 2,3 Punkte und verdrängt damit Thüringen (minus 2,6 Punkte) vom dritten Platz. Besonders gut ist die Hansestadt bei der Internationalisierung. Fast alle Grundschüler (98,9 Prozent) hatten 2022 Fremdsprachen-Unterricht (Bundesschnitt: 52,8 Prozent); auch bei den Berufsschülern fällt dieser Anteil (85,9 Prozent) überdurchschnittlich hoch aus (bundesweit: 49,9 Prozent).

    NRW, Brandenburg und Bremen sind Schlusslichter

    Das Ende der Tabelle wird von Nordrhein-Westfalen angeführt, das sich gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Punkte verschlechtert und nun auf dem 14. Rang landet. Besonders schlecht schneidet das Land bei der Betreuungsrelation, den Klassengrößen und den öffentlichen Bildungsausgaben ab. Relativ gut steht NRW hingegen bei der Digitalisierung da (Platz 5). Auch die Verfügbarkeit von schnellem WLAN an Schulen fällt überdurchschnittlich aus. Die Anzahl der neuen betrieblichen Ausbildungsverträge pro 100.000 Erwerbstätigen liegt mit 59,7 Prozent höher als im Bundesschnitt (49,6 Prozent).

    Auf dem zweitletzten Platz landet Brandenburg mit einem Minus von 0,4 Punkten. In dem Land wird am 22. September gewählt. Es hat mit 1,9 Prozent die niedrigste Quote an Hochschulabsolventen in Relation zur 25- bis 40-jährigen Bevölkerung (Bundesschnitt: 2,9 Prozent), mit 21,2 Prozent den höchsten Anteil an Kindern, die verspätet eingeschult werden (Bundesschnitt: 6,6 Prozent) und den schlechtesten Wert von Unterrichtsstunden pro Schüler in beruflichen Vollzeitschulen. Spitzenreiter ist Brandenburg hingegen im Handlungsfeld Integration: So zeigte der ICQ-Bildungstrend im Bereich Lesen, dass die Entkopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg überdurchschnittlich gut gelingt. Außerdem ist die Schulabbrecherquote unter ausländischen Jugendlichen mit 11,5 Prozent bundesweit am niedrigsten (Schnitt: 16 Prozent).

    Schlusslicht der Rangliste ist weiterhin Bremen. Besonders schlecht ist die Hansestadt in den Handlungsfeldern Bildungsarmut, Schulqualität, Integration, Ausgabenpriorisierung und Förderinfrastruktur. Beispiele: Fast jeder vierte (24,9 Prozent) ausländische Schulabgänger erreichte keinen Abschluss (Bundesschnitt: 16 Prozent). Kein Bundesland gibt im Vergleich zur Einwohnerzahl weniger Geld für Bildung aus, der Anteil der Ungelernten am Kita-Personal ist mit fünf Prozent bundesweit am höchsten (Schnitt: 2,4 Prozent). Doch auch in Bremen gibt es Lichtblicke: Das Land hat einen hohen Akademikeranteil, ist im Handlungsfeld Hochschule/MINT sogar Spitzenreiter und liegt in der Digitalisierung auf Platz 2.

    Berlin verbessert sich am stärksten

    Zu den Gewinnern der diesjährigen Auswertung gehört auch Berlin, das sich im Vergleich zum Vorjahr am meisten verbessert und von Platz 15 auf Platz 12 springt. Die Hauptstadt weist vor allem Stärken bei der Zahl der Unterrichtsstunden und der Betreuungsrelation auf – von der Kita bis zur Hochschule sind die Werte hier stark überdurchschnittlich. Berlin profitiert zudem stark davon, dass viele junge Akademiker aus dem brandenburgischen Umland in die Hauptstadt kommen; dafür ist der Stadtstaat im Bereich der beruflichen Bildung Schlusslicht.

    Insgesamt fallen die Ergebnisse etwas positiver aus als im Vorjahr. Der deutschlandweite Schnitt steigt von 47,1 auf 47,8 Punkte. “Bundesweit haben sich von 2013 bis heute die Ergebnisse in den Handlungsfeldern Internationalisierung, Förderinfrastruktur und Betreuungsbedingungen am stärksten verbessert”, fasst Studienleiter Axel Plünnecke zusammen. “In den Handlungsfeldern Integration, Schulqualität und Bildungsarmut sind die Herausforderungen hingegen deutlich gestiegen”, so der Bildungsökonom.

    Als Schwerpunkt haben sich die Forscher in diesem Jahr dem Thema Bildungsarmut und Integration gewidmet. Die gesamte Studie mit dem Titel “Potenziale der Zuwanderung im Bildungssystem heben” stellt Plünnecke am Dienstag (3. September) gemeinsam mit INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben und dem israelisch-deutschen Psychologen Ahmad Mansour in Berlin vor.

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    Schleswig-Holstein: Warum es Social-Media-Workshops für Schülervertreter geben soll

    Kehrwende in Kiel: “Die Nutzung von Social-Media-Plattformen ist durchaus möglich und wird unterstützt”, heißt es in einem Beschluss, den der schleswig-holsteinische Landtag in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause verabschiedet hat. Dabei geht es um die Öffentlichkeitsarbeit von Schüler- und Elternvertretungen im Netz.

    Nur wenige Wochen zuvor hatte sich das in der Antwort des Bildungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der SPD noch ganz anders angehört: “Die Nutzung sozialer Netzwerke wie TikTok, Instagram und WhatsApp im Rahmen der Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgabe als Eltern- und Schülervertretung wird als rechtlich nicht zulässig eingeschätzt.” Im Rückblick war das für Lovis Eichhorn, Landesschülervertreter der schleswig-holsteinischen Gymnasien, eine herbe Enttäuschung. “Wir hatten das Gefühl, dass unsere Arbeit torpediert wurde“, sagte er Table.Briefings.

    Schüler fragen Prien: Kommunikation nur per Flaschenpost erlaubt?

    Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, war den Schülern beigesprungen. Er hatte die Diskussion im Landtag ins Rollen gebracht. Im Zentrum stand die Frage, ob und wie die Schüler- und Elternvertretungen über ihre Arbeit informieren können. Und das, ohne mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), anderen Datenschutzvorschriften oder dem Schulgesetz zu kollidieren. Nun kam es im Landtag in Kiel zu einer Einigung.

    Allen Beteiligten begrüßen den Beschluss. Schließlich, so Habersaat, haben auch die Schülervertreter das Bedürfnis, ihre Arbeit dort darzustellen, wo es auch alle mitbekommen können. Und das seien heute vor allem die Sozialen Medien. Das Verbot habe in seinen Augen ein Ungleichgewicht zwischen der sehr umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit des Bildungsministeriums und den Beschränkungen der Schüler- und Elternvertretungen dargestellt. In einer PR-Aktion hatten die Schüler Kultusministerin Karin Prien auf Instagram gefragt, ob sie jetzt “nur noch per Flaschenpost?” kommunizieren dürften. Die Aktion hat zusammen mit den Anfragen der Opposition offenbar zu einem Umdenken geführt. 

    In einem Brief an die Landesschülervertretungen (der Table.Briefings in Auszügen vorliegt) weist Prien darauf hin, dass bei der Nutzung von Sozialen Medien immer auch die Belange des Datenschutzes zu beachten seien. Was es jetzt brauche, findet Martin Habersaat, sei eine kompakte Handreichung des Ministeriums. “Eine Seite, die zusammenfasst, was erlaubt ist und was nicht, damit die Schüler sich darauf verlassen können.”

    Social-Media-Workshops für Landesschülervertretungen geplant

    Ein solcher Leitfaden zur Social-Media-Nutzung hätten CDU und Grünen leider abgelehnt, so der SPD-Landtagsabgeordnete. Um den Schülervertretern eine sichere Basis für ihre Arbeit auf Insta, TikTok und Co. zu geben, beschloss der Landtag nun aber ein Coaching durch regelmäßige Workshops. “Dort können die Landesschülervertretungen gemeinsam mit externen Expertinnen und Experten über ihre Social Media Auftritte schauen und Strategien entwickeln, wie sie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler besser erreichen und über die Arbeit der Landesschülervertretung informieren können”, äußerte sich Prien während der Sitzung des schleswig-holsteinischen Landtages. Auch notwendige Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit würden dort besprochen.

    Lovis Eichhorn sieht den Workshop als große Chance: “Wir können im Wesentlichen so weitermachen wie zuvor, bekommen aber Unterstützung und lernen, was wir dürfen und wie wir Fehler vermeiden können. Ich glaube, so können wir unser Interesse an Präsentation und die legitimen Interessen des Datenschutzes gut zusammenbekommen.” 

    Bis dahin werden die Schüler ihre Sprachrohre auf Social Media aber weiterhin nutzen. In ihren Gesprächen mit der Landesregierung hätten sie nun zumindest eine Ahnung davon bekommen, was es zu vermeiden gilt, sagt Eichhorn. Etwa die Nutzung von Video-Tools, die ihre Server in den USA stehen haben oder die Kommunikation mit Einzelpersonen über Instagram. Sobald es persönlich werde, würde man nun das Gespräch auf den Mailverkehr umleiten. Dadurch wolle man die Daten der Schüler, die ja in der Regel noch minderjährig sind, schützen, so der künftige Zwölftklässler aus Kiel.

    Bisher sind die Workshops, laut Bildungsministerium, zunächst nur für die Landesschülervertretungen geplant. Bei Bedarf seien aber auch Angebote für die Landeselternbeiräte möglich. So formulierten es die Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Alternativantrag. Dazu, wie das Gelernte auch an die Schülervertretungen auf Kreis- und Schulebene weitergetragen werden kann, gibt es noch keine konkreten Vorschläge.

    Auch Funktionsmailadressen sollen für Schülervertreter kommen

    Dabei würde es helfen, wenn alle aktuellen Amtsträger auch erreichbar wären. Dies gestalte sich derzeit oft schwierig, berichtet Habersaat. Das sei auch einer der Gründe, warum die zusätzliche Kommunikation über Social Media so wichtig sei. Schülersprecherinnen und -sprecher haben in den Schulen vor Ort bisher keine Funktionsmailadressen. Wenn die Landesschülervertretungen sie zu einem Schülerparlament einladen oder – wie im aktuellen Kontext ­- über Datenschutz-Richtlinien zu Social-Media-Aktivitäten informieren wollen, müssen sie dazu häufig private Mailadressen nutzen, kritisiert der SPD-Politiker. Nach jeder Neuwahl müssten Schüler- und Elternvertreter viel Zeit investieren, um herauszufinden, wie sie die Leute erreichen.

    Mail-Adressen für alle Schülervertreter wünscht sich auch Lovis Eichhorn: “Das wäre eine große Hilfe.” Diese scheint nun zu kommen. Auf Anfrage von Table.Briefings erklärte das Bildungsministerium: “Eine Einrichtung von SV-E-Mailadressen an den einzelnen Schulen ist in Planung.” Auch der erste Workshop sei in Vorbereitung. Er solle im Herbst stattfinden und werde vom Bildungsministerium selbst angeboten.

    Dass Landesschülervertretungen sich bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit in einem Spannungsfeld zwischen Datenschutzgrundverordnung und Informationsinteresse bewegen, wurde bisher offenbar nur in Schleswig-Holstein problematisiert. Die Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, Louisa Basner, ist jedenfalls kein weiterer Fall bekannt. “Im Gegenteil”, antwortet sie auf Anfrage von Table.Briefings. “Ich kenne es eher so, dass befürwortet wird, dass man Öffentlichkeitsarbeit und Social Media macht und wir auch von politischen Parteien bestärkt wurden, uns zu äußern.” Sandra Hermes

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    Weimarer Gespräche: Was Schulen von Plattformen lernen können

    Schulen sollten sich stärker an modernen Innovations- und Arbeitsformen ausrichten. Das ist das Ergebnis der diesjährigen “Weimarer Gespräche” – einem viertägigen Diskussionsformat, das vergangene Woche stattfand. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Kultur diskutierten, wie sich Schule grundlegend neu organisieren lässt.

    “Das staatliche System ist erschöpft, es fehlt an neuen Ideen”, sagt Ekkehard Thümler, der die Weimarer Gespräche mitinitiiert hat, im Gespräch mit Table.Briefings. “Eine dynamische Entwicklung kann daher nur von außen kommen.” Der Austausch fand dieses Jahr zum zweiten Mal auf Schloss Ettersburg bei Weimar statt.

    Orientierung an digitalen Plattformen

    Vorbild könnten digitale Plattformen wie Google oder Amazon sein. Diese vernetzen Prozesse, Daten und Nutzer in einem digitalen Ökosystem. Schulen könnten – so zumindest die Idee der Weimarer Gespräche – ein ähnliches Ökosystem aufbauen und stärker mit externen Akteuren interagieren. Ein paar Schritte in diese Richtung gibt es bereits in der Praxis, etwa wenn außerschulische MINT-Akteure den Ganztag mitgestalten.

    Doch die Teilnehmer der Weimarer Gespräche wollen Schule umfassender transformieren:

    • Das Kerngeschäft von Schule soll sich ändern: Statt überwiegend selbst durchgeführten Lernmöglichkeiten soll es vielfältige und individuelle Lernangebote geben, die Menschen mit unterschiedlichen Professionen durchführen.
    • Die Steuerung von Schule (Governance) soll vereinheitlicht werden. Statt geteilter Verantwortlichkeit von Land, Bezirk und Schulträger sollen Entscheidungen aus einer Hand kommen.
    • Es soll neue berufliche Rollen neben Fachlehrkräften geben.
    • Es soll Schnittstellen geben, über die Schulen und neue Anbieter leichter zueinander finden.

    Neue Schulstruktur garantiert kein besseres Lernen

    “Viele der Ideen sind in anderen Ländern bereits umgesetzt“, sagt Thümler zu Table.Briefings. In den USA gebe es beispielsweise schon seit mehreren Jahren Bestrebungen, das Modell von Einzelschulen in kommunaler Trägerschaft zu Gunsten von Schulverbünden aufzulösen, die von einer Schulmanagement-Organisation gesteuert werden. Auch in Großbritannien sei es innerhalb von zehn Jahren gelungen, den Großteil der Schulen in die Trägerschaft von Non-Profit-Organisationen, den sogenannten Academies, zu überführen.

    Ob und wie sich die Ideen konkret in die Praxis umsetzen lassen, sei allerdings mit vielen Detailfragen verbunden, die jetzt noch weiter diskutiert werden müssten, sagt Thümler. Zwei Arbeitsgruppen sollen darüber nun beraten. Und noch etwas räumt er ein: Eine neue Schulstruktur führt nicht automatisch dazu, dass Kinder mehr lernen. “Aktuell fehlt aber jegliche Vorstellung, wie ein positiver Wandel gelingen kann.” Daher müsse man zunächst Bedingungen schaffen, die Veränderungen möglich machen. Bis Anfang Oktober soll ein Ergebnispapier vorliegen. Vera Kraft

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    Hessen: Seiteneinstieg mit nur einem Fach möglich

    In nur einem statt wie bislang zwei Fächern unterrichten? Das soll in Hessen künftig möglich sein. Damit erleichtert das Land den Seiteneinstieg für alle Absolventen mit Universitätsabschluss. Zuvor mussten Seiteneinsteiger zwei Fächer studiert haben. Die Landesregierung plädiert nun dafür: Ein Fach und ein erfolgreicher Vorbereitungsdienst (Referendariat) reichen, um als vollwertige, verbeamtete Lehrkraft arbeiten zu können.

    Das mache es auch für Lehrkräfte aus dem Ausland mit nur einem studierten Fach leichter, “hier in ihrem Beruf Fuß zu fassen”, teilte Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) anlässlich des Schulbeginns mit. Die Regierungskoalition wolle zeitnah über das Gesetz abstimmen. Es soll noch in diesem Jahr im Landtag eingebracht werden. Ab nächstem Jahr plane Hessen, die ersten Ein-Fach-Lehrer einzustellen, sagte eine Sprecherin Table.Briefings.

    Neue Wege für den Seiteneinstieg

    Die neuen Seiteneinsteiger sollen an Haupt- und Realschulen, an Gymnasien sowie an beruflichen Schulen zum Einsatz kommen. Die Fächer orientieren sich immer an den jeweiligen Bedarfsfächern, heißt es aus dem Kultusministerium. Aktuell seien Fächer wie Physik, Musik oder Kunst vorstellbar. Bislang gibt es eine ähnliche Regelung selten. Für bestimmte Fächer besteht beispielsweise die Möglichkeit in Nordrhein-Westfalen, und auch in Berlin zeigte sich die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch bereit, den Seiteneinstieg weiter zu öffnen.

    Hessen beschreitet damit einen recht neuen Weg – allerdings mit Rückendeckung der Kultusministerkonferenz (KMK). Diese beschloss im März, dass die Länder für die weiterführenden und für berufsbildende Schulen auch Lehrkräfte mit nur einem Fach ausbilden können.

    Auch Thüringen stellte zu Beginn des Schuljahres Neuerungen beim Seiteneinstieg vor. Seiteneinsteiger, die formal nicht ausreichend qualifiziert sind, müssen künftig drei verpflichtende Hospitationen sowie verpflichtende Fortbildungen absolvieren. Bereits im Herbst 2023 lockerte die Landesregierungen die Kriterien für Seiteneinsteiger. Seitdem können Schulen Pädagoginnen und Pädagogen unbefristet einstellen, die sich bereits im Unterricht bewährt haben, aber bestimmte formale Kriterien nicht erfüllen. Dieses Angebot richtete sich primär an Lehrkräfte, die Deutsch als Zweitsprache unterrichten. Vera Kraft

    Wie Quer- und Seiteneinstieg in den Bundesländern jeweils geregelt ist, sehen Sie im Table.Briefings-Überblick.

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    • Lehrermangel
    • Quereinsteiger
    • Quereinstieg Lehramt

    Ausbildungsgarantie: Wie viele von ihr profitieren könnten

    Die Arbeitnehmerkammer Bremen geht davon aus, dass im Rahmen der Ausbildungsgarantie für dieses Jahr deutlich weniger außerbetriebliche Ausbildungsplätze geschaffen werden, als vom Bundesarbeitsministerium ursprünglich kalkuliert. “Nach ersten Schätzungen liegt die Gesamtzahl im niedrigen dreistelligen Bereich und ist damit nur ein Tropfen auf den heißen Stein”, sagte Marie-Luise Assmann, Referentin für Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik der Arbeitnehmerkammer, Table.Briefings. Im Gesetzentwurf für die Ausbildungsgarantie hatte das Bundesarbeitsministerium noch mit 7.000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen gerechnet.

    In Bremen geht die Arbeitnehmerkammer im Moment davon aus, dass mithilfe der Ausbildungsgarantie nur 30
    zusätzliche Plätze
    geschaffen werden. Bremen-Bremerhaven ist einer der 22 Agenturbezirke bundesweit (150 gibt es), die laut Bundesagentur für Arbeit (BA) eine erhebliche Unterversorgung mit Ausbildungsplätzen festgestellt haben. Seit 1. August bieten sie “marktbenachteiligten” Jugendlichen, die nachweislich keine Ausbildung finden, eine Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE) an.

    BA: Außerbetriebliche Ausbildung nur als “Ultima Ratio”

    Eine Sprecherin der BA teilte mit: “Wie bisher auch kommt BaE – trotz Rechtsanspruch – nur als ‘Ultima Ratio’ in Betracht, wenn nicht andere Förderinstrumente vorrangig greifen und die Fördervoraussetzungen erfüllt sind.” Da es die meisten Eintritte in die neue Maßnahme eher erst ab September oder Oktober geben werde, rechnet die BA frühestens im Januar mit ersten aussagekräftigen statischen Daten.

    Bislang richtete sich die außerbetriebliche Ausbildung lediglich an Jugendliche mit Lernbeeinträchtigung, sozial Benachteiligte oder Jugendliche, die eine Ausbildung abgebrochen haben und keinen neuen Betrieb finden. Oft hatten sie bereits mehrere Übergangsmaßnahmen durchlaufen. Im Jahr 2022 waren es laut Berufsbildungsbericht rund 10.000.

    Dieter Euler: Ausbildungsgarantie “fast nur noch Symbolpolitik”

    Für den Wirtschaftspädagogen Dieter Euler war die Ausbildungsgarantie eigentlich “ein Hoffnungsträger, eine grundlegende Veränderung im Übergangssektor auszulösen”. Mittlerweile sei sie jedoch “fast nur noch Symbolpolitik“. Das sagte der emeritierte Professor für Educational Management von der Universität St. Gallen und Mitautor des Schwerpunktkapitels zu beruflicher Bildung im nationalen Bildungsbericht 2024, zu Table.Briefings. Geht es nach ihm, bräuchte es in Deutschland “grundlegende Innovationen” am Übergang von der Schule in den Beruf.

    Jährlich münden rund 250.000 junge Menschen in den Übergangssektor ein. Nach drei Jahren kommen jedoch nur 67 Prozent in eine vollqualifizierende Ausbildung. Die bisherigen Maßnahmen sind also nicht sonderlich effektiv. Schon die 7.000 vom BMAS kalkulierten außerbetrieblichen Ausbildungsplätze hält Euler daher für viel zu niedrig. Das Interview in voller Länge können Sie am Samstag ab 6 Uhr im Podcast Table.Today hören.

    Lesen Sie auch: Dieter Euler: “Jugendliche sollten den Beruf frei wählen können”

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    • Ausbildungsgarantie
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    Schweden: Wieso die Mediennutzung von Jungen und Mädchen in den Fokus rückt

    Das schwedische Bildungsministerium hat die Nationale Agentur für Bildung (Skolverket) beauftragt, die Nutzung von digitalen Geräten in Schule und Hort zu untersuchen. Dabei soll die Behörde insbesondere in den Blick nehmen, welche Unterschiede es zwischen Mädchen und Jungen gibt. Das teilte das Bildungsministerium in dieser Woche mit. 

    Als Begründung, ein besonderes Augenmerk auf die Geschlechterunterschiede zu legen, führt das Ministerium unter anderem schlechtere Schul-Noten von Jungen an. “Die Unterschiede in den Studienergebnissen zwischen Mädchen und Jungen sind nachweislich besonders groß in Fächern, die gute Lese- und Schreibfähigkeiten erfordern.”

    Geräte lenken schwedische Schüler im Vergleich häufiger ab

    Untersuchungen zeigten, so heißt es im Auftragsschreiben weiter, dass gedruckte Texte ein besseres Leseverständnis ermöglichen. Gleichzeitig lesen die Schülerinnen und Schüler sehr viel digital. Die Behörde soll nun die Zusammenhänge herausarbeiten, die es zwischen vorhandenen Studienergebnissen und der Nutzung digitaler Geräte von Mädchen und Jungen gibt.

    Schwedische Schüler, das steht ebenfalls im Auftragspapier, geben häufiger als der OECD-Schnitt an, dass digitale Hilfsmittel im Klassenzimmer sie während der Unterrichtsstunden ablenken. Bis die Ergebnisse der jetzt angestoßenen Untersuchung vorliegen, wird es noch dauern. Einen Zwischenbericht soll es im Mai 2025 geben, den Abschlussbericht im März 2026. hsc

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    Bettina Jorzik: Macht sich für eine neue Lehrkräftebildung stark

    Bettina Jorzik Stifterverband
    Sieht heute einen breiten Konsens für eine Umgestaltung der Lehrkräftebildung: Bettina Jorzik.

    Ideen, die Lehrkräftebildung zu verändern, gibt es derzeit viele. Wer sich mit dem Thema befasst, stößt schnell auf Bettina Jorzik. Sie ist beim Stifterverband Programmleiterin für Hochschullehre, Lehrkräftebildung und Diversität. Aktuell nimmt sie besonders die Lehrerbildung in ihren Fokus. Der Stifterverband hat im Herbst 2023 einen Masterplan zur Neugestaltung der Lehrkräftebildung vorgestellt. Das Konzept mit 75 Maßnahmen hat Jorzik maßgeblich mitentwickelt. Es geht in manchen Punkten noch deutlich über die fast zeitgleich veröffentlichten Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK hinaus – vor allem beim Thema duales Studium.

    Als der Stifterverband im Frühjahr dieses Jahres die Zukunftsmission Bildung mit vier Allianzen startete, übernahm Bettina Jorzik die Verantwortung für die Allianz für Lehrkräftebildung. Hauptziel der Allianz ist, die Lehrkräftelücke bis 2030 zu halbieren. Dafür hat sie sich konkrete Etappenziele gesteckt. Zum Beispiel, dass bis 2025 mehr Bundesländer das Lehramtsstudium für den Quereinstieg öffnen und ein Lehramtsstudium auch an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) ermöglichen. Und dass bis 2028 die Studienabbrecherquote deutlich sinkt.

    Bettina Jorzik wäre fast selbst Lehrerin geworden

    Noch ein Ziel verfolgt Jorzik: “Es gibt einen Flickenteppich von vielen guten Ideen und Initiativen, die der Lehrkräftebildung zugutekommen. Aber die meisten dieser Aktivitäten sind lokal oder regional begrenzt und werden als Projekt über eine begrenzte Laufzeit gefördert”, hat sie im April im Interview mit Table.Briefings erläutert. In der Allianz will sie diese Initiativen zusammenbringen, um eine “länderübergreifende systemische Veränderung zu erreichen”.

    Jorzik weiß, worum es geht, wenn sie über die Lehrkräftebildung spricht, denn sie wäre selbst fast Lehrerin geworden. Sie hat ein Lehramtsstudium für Englisch und Sozialwissenschaften absolviert. 1992 stand sie dann vor der Entscheidung: Referendariat oder als Referentin ins Wissenschaftsministerium in NRW? “Am liebsten hätte ich beides gemacht”, sagt sie heute, aber diese Möglichkeit gab es nicht. Sie hat sich für das Wissenschaftsministerium entschieden.

    “Ich war so etwas wie eine studentische Top-Funktionärin”

    Das ist ein ungewöhnlicher Weg für eine Lehramtsanwärterin, aber er passte zu Jorzik, weil sie schon während des Studiums politisch sehr aktiv war. Sie war zweieinhalb Jahre AStA-Vorsitzende an der damaligen Universität Gesamthochschule Essen und vier Jahre im Senat der Hochschule. “Ich war so etwas wie eine studentische Top-Funktionärin”, sagt Jorzik heute und lacht. Sie war auch eine von zwei studentischen Vertretern in der Studienreformkommission, die es damals in NRW gab. Dort war sie an der Entwicklung eines Aktionsprogramms zur Qualität in der Lehre in NRW beteiligt. Das ebnete ihr den Weg ins Wissenschaftsministerium.

    Jorzik wollte das Studium mehr an die Bedürfnisse der Studierenden anpassen und daran, was Studierende tatsächlich im Beruf brauchen. Hier hat sie schon in ihrem eigenen Studium ein Manko gesehen. “Fachdidaktik, Pädagogik und Schulpraxis fanden damals im Lehramtsstudium überhaupt nicht statt.” Zumindest das Grundstudium habe sich ganz auf das Fachliche fokussiert. “Diese Reduzierung auf die Fächer hat mich früh am Studium zweifeln lassen”, sagt sie heute. Sie erlebt, dass es vielen Studierenden heute nicht anders geht.

    Bologna-Prozess für Lehrkräftebildung – eine verpasste Chance

    Eine große Chance, das Lehramtsstudium neu zu gestalten, sah sie in der 1999 gestarteten Bologna-Reform. Aber sie war schnell frustriert: “Die KMK hat versucht, viel vom klassischen Lehramtsstudium, wie es beim Staatsexamen war, in das neue Bachelor- und Masterstudium zu drücken“, kritisiert sie. Eine wirkliche Reform in der Lehrerbildung habe es nicht gegeben.

    Man darf sich Jorzik aber nicht als einen schnell frustrierten Typ vorstellen, das entspricht nicht ihrer rheinischen Mentalität. Die 61-Jährige kann beharrlich sein. Das zeigt sie nicht nur darin, dass sie an einem Thema dranbleibt, sondern auch in ihren Hobbys: Seit 35 Jahren spielt sie Blockflöte, und wenn sie den Kopf mal ganz freihaben will, greift sie zum Tennisschläger oder geht schwimmen. Auch diese Hobbys hat sie schon lange.

    Seit 2001 ist Jorzik beim Stifterverband

    Und Frust kann für sie auch Motivation sein. So gab ihr der Frust über die verpasste Chance durch die Bologna-Reform den Anstoß zum Jobwechsel: 2001 wechselte Jorzik zum Stifterverband und ist nun schon bald ein Vierteljahrhundert dort.

    “Neue Wege in der Lehrerbildung” hieß das erste Programm, das sie dort verantwortete. Vielleicht war die Zeit damals noch zu früh, wirklich Veränderungen zu erreichen. Aber Jorzik hat das Thema nie losgelassen. Heute sieht sie eine große Chance, wirklich etwas zu verändern. Es gebe einen großen Konsens, dass sich etwas bewegen muss. Sie hofft, dass die Allianz für Lehrkräftebildung dazu beiträgt. Annette Kuhn

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    Best of Table

    Research.Table: Sabine Döring will einen Showdown erzwingen. In die Fördermittelaffäre kommt erneut Bewegung. Die einstweilig in den Ruhestand versetzte Staatssekretärin Döring hat beim Verwaltungsgericht Minden eine eingeschränkte Aufhebung ihrer Verschwiegenheitspflicht beantragt. Wie sie damit die Mitglieder des Forschungsausschusses unter Druck setzt, lesen Sie hier.

    Research.Table: “Jüdische Studierende gehen mit Bauchschmerzen ins neue Semester”. Weiterhin fühlen jüdische Studierende sich an deutschen Hochschulen bedroht, das sagt die Präsidentin der jüdischen Studierendenunion, Hanna Veiler, im Interview. Sie fordert ein härteres Durchgreifen der Hochschulleitungen bei antisemitischen Angriffen. Was genau ihr vorschwebt, lesen Sie hier.

    Research.Table: Australien begrenzt Zahl ausländischer Studierender. Maximal 270.000 ausländische Studierende dürfen 2025 nach Australien kommen. Das legte die sozialdemokratische Regierung fest. Die Hochschulen befürchten dadurch finanzielle Einbußen. Womit die Regierung den Schritt begründet, lesen Sie hier.

    Must-Reads

    WDR: Hält das Startchancen-Programm, was es verspricht? Der Bildungsforscher und Leiter vom “Expert:innenforum Startchancen” Michael Wrase ist skeptisch gegenüber der Darstellung des Startchancen-Programms als riesigen Erfolg. Wrase macht im Radio-Interview darauf aufmerksam, dass die angekündigte Summe von 20 Milliarden Euro für das Programm wohl deutlich geringer ausfallen wird. Darüber berichtete auch Table.Briefings. (Mehr Chancengerechtigkeit an Schulen?)  

    Spiegel: Ein Drittel der Studenten ist armutsgefährdet. Auch 18 Prozent der Azubis verfügen über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung. Insbesondere die hohen Wohnkosten haben einen erheblichen Anteil an ihren Ausgaben. Ein Risikofaktor ist es, nicht mehr zu Hause zu wohnen: 77 Prozent der Studenten, die zusammen mit anderen in der Ausbildung zusammenleben, sind armutsgefährdet. In der gleichen Gruppe von Azubis sind es 54 Prozent. (Studierende und Auszubildende sind besonders armutsgefährdet

    FAZ: Was die AfD für Schulen in den östlichen Bundesländern plant. Die Wahlprogramme der Landesverbände der AfD sehen Veränderungen in der Schule vor. Der Unterricht soll frontal werden und vor allem unpolitisch und somit unkritisch der AfD gegenüber sein. Die Inklusion in Regelschulen sei gescheitert und daher der Ausbau der Förderschulen notwendig. Auch eine Abkehr von der Bologna-Reform ist vorgesehen. (Die AfD will zurück zum Frontalunterricht)  

    SWR: Anspruch auf Kita-Stunden statt Kita-Platz? Der Städtetag in Baden-Württemberg schlägt vor, den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zu verändern. Statt Anspruch auf einen Platz solle der Anspruch nur noch eine begrenzte Stundenzahl umfassen. So soll auf den Mangel an Erzieherinnen und Erziehern reagiert werden. Der Gemeindetag möchte lieber auf Hilfskräfte setzen. Eine Option sieht er ebenfalls darin, die Kitas mit mehr Kindern pro Erzieher zu betreiben. (Kita-Krise: Sollte der Rechtsanspruch zeitlich eingeschränkt werden?

    Washington Post: Immer mehr Handyverbote an Schulen. In den USA entscheiden sich eine Vielzahl von Bundesstaaten dazu, die Handynutzung in der Schule zu untersagen. Die Regeln variieren zwischen einem kompletten Verbot der Nutzung auf dem Schulgelände oder bloß während der Unterrichtszeit. Seit der Pandemie wurden Handys zu einem häufig genutzten Unterrichtsmittel. Doch Lehrkräfte bemerken, dass ihre Schüler durch die Handys unkonzentrierter werden. Insbesondere in der Middle School seien die Kinder so häufig abgelenkt. (Cellphone bans spread in schools amid growing mental health worries)  

    Financial Times: In Südkorea sorgt ein Vorschlag der Regierung für Kritik, dass Schüler ab acht Jahren im kommenden Jahr mit KI-basierten Lehrbüchern auf dem Tablet lernen sollen. Das Land gehört bei PISA zu den Spitzenreitern. Die Regierung will jedoch wegkommen von einem stark auf Auswendiglernen ausgerichteten Unterricht. Die KI soll Kindern je nach Lerngeschwindigkeit unterschiedlich schwere Aufgaben stellen. Mehr als 50.000 Eltern schlossen sich aber einer Petition an. Sie sind besorgt um das Wohlbefinden ihrer Kinder, da diese sowieso schon viel Zeit am Smartphone oder Tablet verbringen. (South Korea’s plan for AI textbooks hit by backlash from parents)

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