Table.Briefing: Bildung

FDP-Vorstoß zu Kitas + Vorbereitung von Erstwählern + Ties Rabe kritisiert ifo-Studie

Liebe Leserin, lieber Leser,

Übergänge – längst sind sie als eine der größten Herausforderungen im Bildungsverlauf identifiziert. Die Übergänge von der Grund- in die weiterführende Schule, von der Schule in die Ausbildung oder das Studium und vor allem auch von der Kita in die Grundschule. Doch wie lässt sich dieser wichtige Bildungsübergang gestalten, wenn die Zuständigkeit für Kita und Schule in unterschiedlichen Ministerien verankert ist? Es kommt daher nicht ganz überraschend, dass nach der CDU jetzt auch die FDP vorschlägt, die Kitas in den Kultus- beziehungsweise Bildungsministerien der Länder zu verankern. Holger Schleper hat recherchiert, wie der Vorschlag in der Praxis ankommt.

Um Bildungsübergänge geht es auch im Standpunkt von Hamburgs Schulsenator a.D., Ties Rabe, den er exklusiv für Table.Briefings geschrieben hat. Er hat sich die heftig diskutierte ifo-Studie vorgenommen, die gezeigt hat, wie ungleich die Bildungschancen in den Bundesländern sind. Festgemacht wird das daran, welche Chancen Kinder – je nach sozioökonomischen Hintergrund – haben, nach der Grundschule aufs Gymnasium zu wechseln. Dass hier Bildungsgerechtigkeit im Fokus steht, findet der SPD-Politiker wichtig, aber er sieht auch deutliche Schwächen in der Studie. Ties Rabe ist übrigens auch ein Gesprächspartner bei unserem nächsten Bildung.Table Live.Briefing am Montag, 10. Juni, von 12 bis 13 Uhr. Seien Sie dabei und diskutieren Sie mit!

Apropos Termine: Am Tag davor wird gewählt. Klar, das wissen Sie. Aber wissen das auch alle 16-Jährigen, die erstmals bei einer Europawahl ihre Stimme abgeben dürfen? In vielen Schulen ist die Vorbereitung der Erstwähler ein großes Thema. Ich habe mir in einer berufsbildenden Schule in Niedersachsen angeschaut, welche Angebote sie Jugendlichen macht – und vor welchen Herausforderungen sie dabei steht.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

Ihre
Annette Kuhn
Bild von Annette  Kuhn

Analyse

FDP-Vorstoß: Warum Bildungsressorts auch für Kitas zuständig sein sollten

Die Einigkeit unter Parteien, Wissenschaft und Verbänden ist derzeit groß: Ein Schlüssel, um der aktuellen Bildungsmisere zu begegnen, liegt darin, die frühe Bildung zu stärken. Vor diesem Hintergrund kam vor wenigen Tagen der FDP-Vorstoß nicht von ungefähr. Im Tagesspiegel forderten Gyde Jensen, Vize-Fraktionschefin der FDP im Bundestag, und Ria Schröder, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, dass für die Kitas künftig die Bildungsministerien zuständig sein sollten. Eine Forderung, die auch die Union in den vergangenen Monaten erhoben hatte.

“Sowohl im Bund als auch in den Ländern haben die für Kitas zuständigen Ministerien oft einen Blumenstrauß an Aufgaben“, konkretisierte Schröder auf Nachfrage von Table.Briefings. Als Beispiel nennt sie Hamburg: “In Hamburg ist es die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration.” Und im Bund beschäftige sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus mit der Kindergrundsicherung und dem Demokratiefördergesetz. “Da bleibt die frühkindliche Bildung auf der Strecke.”

Spieker: Strukturelle Verortung in den Bildungsressorts wäre ein großer Schritt

Blickt man auf die Länderebene, liegt die Zuständigkeit für Kitas und Schulen in zehn Bundesländern gemeinsam bei den Kultusministerien. In sechs Ländern ist das allerdings nicht der Fall. So ist in NRW das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration für die Kitas verantwortlich. In Hessen ist es das Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales. 

Stefan Spieker, Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH, kann dem Vorschlag aus den Reihen der FDP viel abgewinnen. Die “strukturelle Verortung von Kitas in den Bildungsressorts” wäre ein großer Schritt nach vorn, sagte er Table.Briefings. “Ich begrüße es, wenn politisch Verantwortliche Kitas als Bildungsorte wahrnehmen und nicht die Betreuungsaufgabe in den Vordergrund stellen.” An entsprechenden Bekundungen und Forderungen herrsche aktuell kein Mangel. Allerdings: “Wenn es um die Taten geht, die bildungs- und finanzpolitisch daraus folgen müssten, sieht es da leider ganz anders aus.”

Spieker spielt damit nicht zuletzt auf die zähen Verhandlungen von Bund und Ländern zum Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz an. Und die jüngst vorgestellte “Gesamtstrategie Fachkräfte in Kitas und Ganztag” begleitet die Kritik, dass sie angesichts des akuten Personalmangels kurzfristig kaum helfe. 

JFMK-Vorsitzende Aulepp kommentiert Vorschlag zurückhaltend

Merklich zurückhaltender als Spieker kommentiert die Bremer Senatorin für Kinder und Bildung, Sascha Karolin Aulepp, den FDP-Vorstoß. Es sei wichtig, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Kitas und Schulen auf Augenhöhe auch in der ministeriellen Zusammenarbeit widerspiegele. Das sagte die derzeitige Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) zu Table.Briefings. Egal, “ob in gemeinsamer Verantwortung für beide Bereiche wie in Bremen oder in kollegialer Zusammenarbeit zwischen den Ressorts”.

Spieker führt hingegen noch weitere Argumente für eine Bündelung im Bildungsressort an. Man dürfe nicht in Zuständigkeiten für Altersstufen denken. “Aktuell werden Bildungsprozesse zum Beispiel durch den Übergang von Kita zur Schule eher gestört als befruchtet.” In einer gemeinsamen Zuständigkeit ließen sich diese Übergänge viel besser gestalten. Auch ließen sich Ressourcen und der Ausbau viel besser bedarfsgerecht steuern, wenn sich die Ausbildung von pädagogischen Fachkräften und die frühkindliche Bildung in einer gemeinsamen Struktur befänden.

Kritik an der Jugend- und Familienministerkonferenz

Darüber hinaus moniert Spieker, dass die für die Kitas zuständige JFMK als Gremium viel schwächer aufgestellt sei als die für die Schulen zuständige Kultusministerkonferenz (KMK). Zwar hatten beide Gremien im Vorjahr zum allerersten Mal gemeinsam getagt. Trotzdem betont Spieker: “Die Themen der frühkindlichen Bildung fallen aktuell in beiden Gremien viel zu oft durch das Raster.”

Ria Schröder betont, dass schon in der Kita die Weichen für die sprachliche, soziale und emotionale Entwicklung eines Kindes gestellt würden. “Wenn beispielsweise in einer Schule in Ludwigshafen 40 Kinder die erste Klasse wiederholen sollen, dann liegt das nicht an der Grundschule, dann ist vorher etwas verpasst worden.”

  • Bildungspolitik
  • Frühkindliche Bildung
  • Grundschule
  • Kita-Qualitätsgesetz
  • Kitas
Translation missing.

Europawahl: Wie eine Berufsschule Erstwähler vorbereitet

Noch wenige Tage sind es bis zur Europawahl. 60,9 Millionen Deutsche können am 9. Juni ihre Stimme abgeben, und erstmals können Jugendliche ab 16 Jahren wählen. Neben Deutschland ist das auch in Österreich, Belgien und Malta der Fall. Eine repräsentative Greenpeace-Umfrage unter 16- bis 23-Jährigen zeigt allerdings, dass viele Jugendliche nicht gut vorbereitet in ihre erste Wahl gehen. Die wichtigsten Ergebnisse der Befragung:

  • Zwei Drittel der jungen Wahlberechtigten wollen wählen.
  • Allerdings wissen nur drei Viertel, dass am 9. Juni Europawahl ist.
  • Ebenfalls drei Vierteln ist bekannt, dass Jugendliche ab 16 Jahren wählen können. Bei den 16-/17-Jährigen sind es sogar 79 Prozent.
  • 64 Prozent finden, dass das EU-Parlament wichtige Aufgaben erfüllt, aber vier Fünftel sehen sich nicht gut über dessen Aufgaben informiert.
  • Nach Einschätzung der Befragten ist der Informationsstand über die Parteien eher gering. Den höchsten Wert (50 Prozent) erreicht die AfD.

Bei der politischen Aufklärung sind die Schulen gefragt. Das sieht auch Heiko Lüdemann so, seit neun Jahren ist er Schulleiter der BBS I in Lüneburg. Die berufsbildende Schule mit 2.130 Schülerinnen und Schülern bietet 23 duale Berufsausbildungen vor allem im Bereich Wirtschaft und Verwaltung. Außerdem können Jugendliche hier sämtliche Schulabschlüsse ablegen. Entsprechend heterogen ist die Schülerschaft. “Für viele ist der Besuch an der BBS die zweite oder dritte Chance auf einen Schulabschluss”, erklärt der Schulleiter beim Besuch von Table.Briefings. Und er sagt auch: “Viele kommen aus Familien, die sich wenig mit Demokratie und Politik beschäftigen. Sie leben in ihrer Filterblase, bewegen sich nicht aus ihren persönlichen Umfeldern raus, ihnen fehlt oft ,Weltwissen’, wie wir es nennen.” Politische Meinungsbildung und Beteiligung sei vielen fremd.

Workshop zum Umgang mit Stammtischparolen

Die BBS I, die auch zu den Top 20 für den Deutschen Schulpreis 2024 gehört, will ihre Schüler aber genau dazu befähigen. Als “Schule gegen Rassismus” hat sie zum Beispiel kürzlich ein Argumentationstraining gegen Rassismus und einen Workshop zum Umgang mit Stammtischparolen durchgeführt. Und als Europaschule, die im Rahmen von Erasmus+ viele Auslandspraktika in der EU anbietet, will sie die Schüler auch auf die Europawahl vorbereiten.

Erja (23) und Christoph (21), die an der Schule die duale Ausbildung zur Immobilienkauffrau und zum Immobilienkaufmann machen, beobachten, dass das Interesse für Politik in ihrer Klasse sehr unterschiedlich ist. Wer kein Interesse habe, gehe oft auch nicht zur Wahl. Erja sagt aber auch: “Desinteresse entsteht oft, weil Jugendliche nicht informiert sind.” Christoph sieht in einer guten Informationsvermittlung eine wichtige Voraussetzung, “um die Partei zu finden, mit der man die meisten Übereinstimmungen hat”. Beide wünschen sich daher, dass junge Menschen stärker befähigt werden, sich eine politische Meinung zu bilden. Sie selbst nutzen dafür eher klassische Formate. “Tagesschau, Wahl-O-Mat, Radio”, zählt Christoph auf. Social Media, speziell TikTok, spiele für ihn als Informationsquelle keine Rolle.

Dass es an der berufsbildenden Schule verbindlich Politikunterricht gibt, ist für Christoph nicht selbstverständlich. Auf dem Gymnasium, das er vorher besucht hat, konnte er Politik in der Oberstufe zugunsten von Geografie abwählen. Nach dem aktuellen Ranking Politische Bildung der Universität Bielefeld ist das kein Einzelfall. “Die Lernzeiten für die politische Bildung variieren unerklärlich stark über die Länder hinweg, aber auch zwischen den Schulformen innerhalb eines Landes”, heißt es in dem Bericht. Die beruflichen Schulen schneiden demnach besser ab als die Gymnasien.

Die BBS I in Lüneburg ist ein Beleg dafür. Sie ist schon seit vielen Jahren bei der Juniorwahl dabei. Es ist das größte Schulprojekt zu politischer Bildung, bei dem Schüler durch die Wahlsimulation erste Demokratieerfahrungen machen können. Vor der Europawahl 2024 haben sich 5.600 Schulen zur Juniorwahl angemeldet.

Videowettbewerb für Werbespot zur Europawahl

Aber die Juniorwahl ist nicht die einzige Vorbereitung für die Erstwähler. “Wir haben die Europawahl im Politikunterricht von A bis Z durchgespielt und uns mit den Aufgaben des EU-Parlaments befasst”, erklärt Silke Grohmann, Teamleiterin Politik an der BBS I. Viele Schüler seien erstaunt gewesen, als sie erfuhren, wie viel mit ihrer eigenen Lebenswelt zu tun hat – zum Beispiel die Frage der Roaming-Gebühren.

Die Schule hat auch einen Videowettbewerb durchgeführt, der Erstwähler zur Wahlbeteiligung motivieren soll. Der beste Spot, den die Schüler selbst ausgewählt haben, wird nun zum Start der Juniorwahl gezeigt, und die Schule versucht auch noch, ihn ins Kino in Lüneburg zu bringen.

Ende Mai gab es an der Schule außerdem zwei “Tage der politischen Parteien”. Dazu wurden Vertreter der großen Parteien ins Forum der Schule eingeladen, um sich den Fragen der Schüler zu stellen. Table.Briefings konnte die Schüler vor Ort durch den Tag begleiten. Die Schüler bekamen am Tag der Veranstaltung Fragebögen zu vier Themenbereichen: Europa, Demokratie, Umweltschutz und Klimawandel, Migration und Asylpolitik. Dazu sollten sie die Politiker befragen. “Ich bin schon erstaunt, wie groß das Interesse der Schüler ist“, sagt Silke Grohmann mit Blick auf die angeregten Diskussionen an den Ständen.

AfD wurde nach dem Urteil des OVG Münster wieder ausgeladen

Was auch auffällt: Besonders an Stände mit jüngeren Parteivertretern kommen mehr Jugendliche. Die 22-jährige Juso Hannah Koch wundert das nicht: “Wir stellen uns ganz ähnliche Fragen wie die Schüler hier und teilen ihre Zukunftssorgen.” Pascal Mennen, Landtagsabgeordneter der Grünen und selbst früher Lehrer, ergänzt: “Jugendliche sehen sich politisch in einer Außenseiterrolle, sie erleben, dass wenig für ihre Interessen gemacht wird”. Daher sei es wichtig, ihnen in den Gesprächen auf Augenhöhe zu begegnen.

Immer wieder geht es in den Diskussionen auch um dieses Thema: die AfD. Sie war ursprünglich auch eingeladen, dann aber wieder ausgeladen. Auf den Arbeitsblättern gibt es dazu einen Hinweis: Die Schule habe sich zu diesem Schritt nach dem Urteil des OVG Münster Mitte Mai entschieden, nachdem der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall einstufen kann. Der Entscheidung sei eine lange Diskussion vorausgegangen, sagt der Schulleiter, “aber wir müssen sicherstellen, dass das, was an den Ständen gesprochen wird, der Verfassung entspricht.” Lüdemann sieht die positive Haltung vieler Schüler zur AfD mit Sorge.

Mitmachaktion am 6. Juni für Demokratie und Vielfalt

Aber vielleicht ist die offen geäußerte Kritik der Schüler am Ausschluss der AfD auch ein Beleg für die starke politische Arbeit an der Schule: Es gibt Raum für Diskussionen. Das ist nicht selbstverständlich, wie eine Umfrage der Vodafone Stiftung zeigt. Demnach erlebt nur jeder zweite Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren die Schule als einen Raum für offenen und respektvollen Meinungsaustausch.

Genau den will die BBS I in Lüneburg ermöglichen. Daher ist die Schule auch am 6. Juni bei der Mitmachaktion “#IchStehAuf – Schulen für Demokratie und Vielfalt” der Robert Bosch Stiftung dabei. Die Initiative unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten ruft im Vorfeld der Europawahl Schulen aller Klassenstufen und Schularten auf, symbolisch am Aktionstag auf Tische oder Stühle zu klettern, um ein Zeichen für Demokratie und Vielfalt zu setzen. Bislang haben sich mehr als 1.500 Schulen bei der Initiative angemeldet.

Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier

  • Berufsschule
  • Best Practice Bildung
  • Demokratie
  • Deutscher Schulpreis
  • Europawahlen 2024
  • Niedersachsen
  • Politische Bildung
Translation missing.

Standpunkt

Ifo-Studie: Warum sie eine neue Perspektive auf die Bildungspolitik eröffnet

Hamburgs Schulsenator a.D. Ties Rabe

Eine Bildungsstudie, bei der die Dauerverlierer Berlin und Brandenburg ganz vorn und die Dauergewinner Bayern und Sachsen ganz hinten liegen, hat es in den 25 Jahren der empirischen Bildungsstudien in Deutschland noch nicht gegeben. Das Münchner ifo Institut ermittelte jetzt, dass es Kinder aus bildungsfernen Familien in Bayern und Sachsen besonders schwer haben, das Gymnasium zu besuchen und das Abitur zu machen. Leichter wird ihnen der Besuch des Gymnasiums hingegen in Berlin und Brandenburg gemacht. 

Lesen Sie auch: ifo-Studie – Wie ungleich die Bildungschancen in den Ländern verteilt sind

Die ifo-Studie eröffnet damit eine neue Perspektive auf die Bildungspolitik. Bislang wird in den Bildungsstudien wie den internationalen Studien Pisa, Timms und Iglu sowie den nationalen IQB-Bildungstrends der Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler in den Klassenstufen 4 und 9 in den sprachlichen und mathematischen Basiskompetenzen untersucht. In der Regel liegen dabei Bayern und Sachsen auf den ersten Plätzen, Berlin, Brandenburg und Bremen hingegen auf den letzten Plätzen.

Bislang zu selten gewürdigt: die großen Chancen nach Klasse 9

Übersehen wird in den bisherigen Studien, dass die Schulzeit nicht mit Klassenstufe 9 endet. Nach Klassenstufe 9 können die Schülerinnen und Schüler noch viel lernen – wenn sie denn die Möglichkeit bekommen, länger zur Schule zu gehen. Schüler können dadurch ihre Lernrückstände ausgleichen und sogar höherwertige Schulabschlüsse erreichen. Aber nicht jedes Bundesland gewährt solche Chancen.

Dazu ein Beispiel: In Bayern erzielen die Schüler in Klassenstufe 9 im Bundesvergleich sehr gute Leistungen. Aber viele Schüler verlassen nach Klasse 9 die Schule. Und nur wenige Schüler bekommen die Chance, die gymnasiale Oberstufe zu besuchen. Die Folge: In Bayern machen nur 32 Prozent eines Jahrgangs das Abitur. Die Hamburger Schüler sind in Klassenstufe 9 nicht so leistungsstark wie die bayerischen Schüler. Aber alle Hamburger Schüler absolvieren auch noch die Klassenstufe 10. Rund zwei Drittel dürfen die gymnasiale Oberstufe besuchen. Und am Ende schaffen 54 Prozent eines Jahrgangs das Abitur.

Diese zusätzlichen Bildungschancen durch unterschiedliche Schulsysteme werden in den üblichen Bildungsstudien ausgeblendet. Das ifo-Institut hat dieses Thema nun aufgegriffen. Zweifellos ist das ein großer Verdienst.

Allerdings hat die Studie deutliche Schwächen. Sie misst die Chancen, die ein Schulsystem bietet, ausschließlich an der sozialen Zusammensetzung der Schüler an den Gymnasien. Die einfache These des ifo-Instituts lautet: Ein Schulsystem ist dann gerecht, wenn die soziale Zusammensetzung der Schüler an den Gymnasien identisch ist mit der sozialen Zusammensetzung aller Schüler. Dabei werden entscheidende Dinge übersehen.

Verschiedene Schulformen führen zum Abitur

Erstens: Der Besuch des Gymnasiums wird in der Studie gleichgesetzt mit der Chance, das Abitur zu machen. Dabei wird übersehen, dass in zahlreichen Bundesländern Schüler auch in anderen Schulformen das Abitur machen können. In Hamburg werden fast 30 Prozent aller Abiture NICHT an den Gymnasien absolviert. Es wäre zielführender gewesen, wenn nicht die soziale Zusammensetzung der Schüler an den Gymnasien, sondern die soziale Zusammensetzung aller Abiturienten an allen Schulformen überprüft worden wäre.

Der Anteil der Gymnasiasten ist von hoher Relevanz

Zweitens: Die Studie ermittelt nur die “soziale Zusammensetzung der Abiturienten/Gymnasiasten”, nicht aber, wie hoch der Anteil der Abiturienten/Gymnasiasten an allen Schülern ist. Das führt in die Irre. Würden in einem Bundesland nur ein Prozent aller Schüler das Abitur machen, davon aber 45 Prozent aus bildungsnahen Familien und 55 Prozent aus bildungsfernen Familien kommen, würde nach dem Maßstab des ifo-Instituts dieses Bundesland als sozial gerecht gelten, weil die “soziale Zusammensetzung der Gymnasiasten stimmt”.

Würden in einem anderen Bundesland hingegen 50 Prozent aller Schüler das Abitur machen, davon aber 50 Prozent aus bildungsnahen und 50 Prozent aus bildungsfernen Familien, wäre dieses Land nach dem Maßstab des ifo-Instituts sozial ungerecht. Denn das Mischungsverhältnis der Gymnasiasten/Abiturienten entspricht nicht dem Mischungsverhältnis aller Schüler. Dabei wird übersehen, dass im zweiten Fall das Schulsystem immerhin 50-mal so vielen Schülern das Abitur ermöglicht, darunter rund 40-mal so vielen Schülern aus bildungsfernen Familien.

Das ist zweifellos ein gewaltiges Chancen-Plus. Aber das soziale Mischungsverhältnis der Gymnasiasten allein ist deshalb wenig aussagekräftig, wenn nicht auch die Zahl beziehungsweise der Anteil der Schüler erhoben wird, die überhaupt das Gymnasium besuchen dürfen.

Der tatsächliche Leistungsstand der Schüler wird nicht untersucht

Drittens: Die dritte Schwäche der Studie nennt das ifo-Institut selbst: Die Studie sagt nichts aus über das “Niveau der in einem Bildungssystem erreichten Bildungsleistungen”. Nach Meinung des ifo-Instituts seien Leistungsniveau und Chancengerechtigkeit zwei Ziele, die üblicherweise von Bildungssystemen erwartet werden”. Mit dieser Begründung untersucht das ifo-Institut nicht den tatsächlichen Leistungsstand der Schüler.

Das ist schwierig. Denn der Leistungsstand bestimmt letztlich wesentlich stärker die Zukunftschancen junger Menschen als das formale Abschlusszeugnis. Abiturienten mit großen Lernproblemen werden es trotz ihres Abiturzeugnisses an den Universitäten oder im Beruf sehr schwer haben. Ein Schulsystem, in dem zwar die soziale Mischung der Schüler an den Gymnasien “stimmt”, aber die Schüler an den Gymnasien nur sehr wenig lernen, ist deshalb niemals gerecht.

Ifo-Studie erinnert an altbekannte Schwäche des Schulsystems

Trotz nicht geringer Schwächen der Studie bleibt es das Verdienst des ifo-Instituts, dass es anders als Pisa und Co. die Klassenstufe 9 nicht als Endpunkt des Bildungsweges in den Blick nimmt. Es öffnet die Augen für die große Bedeutung, aber auch die soziale Selektivität der Chancen auf einen längeren Schulbesuch. Hier eröffnet sich ein Feld für weitere Studien.

Es ist auch ein Verdienst, dass das ifo-Institut noch einmal eine Schwäche unseres Schulsystems in Erinnerung ruft: Unser Schulsystem schafft es nicht, die durch das Elternhaus bedingten großen Leistungsunterschiede der Schüler zu überwinden und allen Schülern die gleichen Chancen auf hochwertige Schulabschlüsse zu eröffnen. Offen bleibt allerdings die Frage, ob diese Ungerechtigkeit – wie immer behauptet wird – wirklich eine spezifisch deutsche Schwäche ist. Nachdenklich stimmen in diesem Zusammenhang zudem immer mehr Hinweise darauf, dass Länder mit deutlich geringeren sozialen Unterschieden im Bildungserfolg sehr häufig entweder sozial homogenere Gesellschaften aufweisen oder den hohen Preis zahlen, dass dort insgesamt das Leistungsniveau sehr gering ist.

Ties Rabe war von 2011 bis Anfang 2024 Hamburger Schulsenator. Zu Beginn seiner Amtszeit lag Hamburg bei Schulvergleichsstudien in Deutschland auf hinteren Plätzen. Mittlerweile zählt der Stadtstaat oft mit zur Spitze und nimmt in zentralen Fragen der Bildungspolitik eine Vorbildrolle ein.

  • Bildungsforschung
  • Bildungsgerechtigkeit
  • Bildungspolitik
  • Gymnasium
Translation missing.

News

Berufsorientierung: Was eine neue Plattform vom Bund bringen soll

Nachdem das BMBF im vergangenen Jahr beim Wettbewerb “D-BOP” digitale Berufsorientierungsangebote ausgezeichnet hatte, startete es am Dienstag nun ein eigenes digitales Portal zur beruflichen Orientierung namens “Zynd”. Entwickelt hat es das Bundesinstitut für Berufsbildung. Die Plattform soll die Selbstreflexion und Entscheidungsfähigkeit von Jugendlichen stärken und ihnen dabei helfen, sich für eine Ausbildung oder ein Studium zu entscheiden. Dabei setzt sie auf sogenannte Playlets, Lernmodule mit Gamification-Elementen.

Gegliedert sind die Module in vier Bereiche:

  • Wo stehe ich? Die Jugendlichen können zum Beispiel in zwei Playlets aus Antwortoptionen wählen, was sie von ihrem Beruf erwarten oder welche Stärken sie haben – und die Antworten priorisieren.
  • Was interessiert mich? Beim Quiz “Who’s the Fachkraft?” erfahren Nutzer etwas über verschiedene Berufe. In 360-Grad-Panoramen können sie sechs Berufsfelder kennenlernen und sich unter anderem Videos von Azubis ansehen, die erklären, was es für einen Beruf braucht.
  • Wofür entscheide ich mich? Beim “Battle of Choices” sollen die Jugendlichen möglichst schnell Entscheidungen treffen: Risikoreich oder sicherheitsorientiert? Aber auch: Popcorn salzig oder süß? Und, sicherlich ein Gegensatzpaar, dass in Handwerksberufen auf Widerspruch stößt: Handwerk oder Bildung?
  • Wie mache ich das? Hier bekommen die Jugendlichen Tipps für Bewerbungen und ihr Vorstellungsgespräch oder können eine To-Do-Liste erstellen für ihren Weg in Studium oder Ausbildung.

Plattform arbeitet mit Belohnungen

Über ein Dashboard können Jugendliche nachhalten, wo sie gerade stehen. Um sie zu motivieren, nutzt die Plattform Belohnungen: Hat ein Nutzer ein Spiel absolviert, erhält er oder sie Badges und Punkte. Ab einer bestimmten Punktezahl folgt ein Level-Aufstieg und es können verschiedene Titel erworben werden.

Das kostenfreie Angebot richtet sich auch an Fachkräfte, die Jugendliche bei der Berufsorientierung begleiten – Lehrer, Berufsberater oder die Jugendhilfe. In einem geschlossenen Bereich der Website erhalten sie Zusatzinformationen und Begleitmaterial. Außerdem können sie Videokonferenzen abhalten oder in sogenannten “Coaching Zones” und Gruppenräumen mit den jungen Nutzern kommunizieren.

Stephan Albani, Berichterstatter der Unionsfraktion für berufliche Bildung, begrüßte die Einführung der neuen Plattform. Er gab jedoch zu bedenken, dass die Zahl der Plattformen nicht immer weiter erhöht werden könne. “Vielmehr bedarf es einer Konsolidierung und Integration der bereits bestehenden Angebote”, sagte er Table.Briefings. Für junge Menschen könne die Vielzahl an Plattformen überwältigend sein. Anna Parrisius

  • Berufsorientierung
  • Bildungspolitik
  • BMBF
  • Bundesinstitut für Berufsbildung

Republica 2024: Was es für ein digitales Mindset an Schulen braucht

Das digitale Mindset, das die Republica prägt, wünschen sich viele auch im Bildungssystem. “Digitalisierung darf nicht einfach nur nebenbei passieren”, sagte beispielsweise Doris Weßels, Professorin für Wirtschaftsinformatik der Fachhochschule Kiel bei einer Panel-Diskussion. Digitalisierung müsse auch an Schulen auf Management-Ebene verankert sein. Auf der dreitägigen Veranstaltung, die dieses Jahr unter dem Motto “Who cares?” stand, ging es sowohl um die institutionellen als auch individuellen Bedingungen von Digitalisierung – unter anderem im Bildungssystem.

Damit Schulen stärker Zukunftskompetenzen vermitteln können, sollten sie mehr Autonomie bekommen, fordert Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie. Für ihn geht es weniger um einzelne digitale Skills, sondern darum, an den spezifischen Interessen des Kindes anzusetzen.

Umsetzen lässt sich das einerseits mit digitalen Tools, die adaptives Lehren und Lernen ermöglichen. Andererseits brauche es aber auch ein grundlegend anderes Verständnis von Lehrkräften. Geht es nach dem Bildungsforscher sollten Lehrer zunehmend als Lernbegleiter arbeiten, die den Lernprozess begleiten. Damit müsste allerdings auch eine reformierte Lehrerbildung einhergehen, sagt Dohmen.

Wandel durch digitale Tools

Auf der Schulseite selbst löst KI dagegen teils noch starke Verunsicherung aus. Timo Off, Schulleiter der Gemeinschaftsschule Nortorf in Schleswig-Holstein, beschäftigt insbesondere die Frage, wie es gelingen kann, den Menschen weiter im Fokus zu behalten, während gleichzeitig Technik und KI immer “menschlicher” werden. Ein eigenes Schulbudget würde ihn aktuell noch überfordern.

Für KI-Forscherin Weßels ist klar: “Das Bildungssystem muss sich kontinuierlich an die Rahmenbedingungen anpassen.” Damit das gelingt, brauche es ein “strukturelles Re-Design”, das ermöglicht, sowohl Probleme als auch Verantwortlichkeiten klar zu benennen und anzugehen. An wen man sich wenden müsse, damit darüber nicht noch weitere zehn Jahre diskutiert, sondern das endlich umgesetzt werde? Womöglich brauche es erst den Volksaufstand, antwortet Dieter Dohmen auf diese Publikumsfrage. Vielleicht können aber auch schon die digitalen Tools den Wandel einleiten, schlägt ein anderer Zuhörer vor. Vera Kraft

  • Bildungspolitik
  • Digitale Bildung
  • Digitales Lernen
  • Digitalisierung
  • Künstliche Intelligenz
  • Schulbudgets
  • Schulleiter

Sonderpädagogischer Förderbedarf: Welchen Schülern er häufiger attestiert wird

Wie wird festgestellt, ob Schüler sonderpädagogische Unterstützung brauchen und ob sie an einer allgemeinen Schule besser aufgehoben sind oder an einer Förderschule? Diesen Fragen widmet sich ein Gutachten, über das am Mittwoch in NRW der Bildungsausschuss diskutiert. Im September 2022 hat das Schulministerium damit ein Wissenschaftlerkonsortium beauftragt.

Ein brisanter Befund dabei: Schülern aus sozial benachteiligten und mehrsprachigen Familien wird signifikant häufiger Förderbedarf attestiert. Das führen die Forscher unter anderem darauf zurück, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den Verfahren gibt und feste Definitionen fehlen, etwa davon, welche Art von Unterstützungsbedarf vorliegt.

Wissenschaftler fordern mehr Begriffsschärfe

Die Forscher formulieren acht Forderungen:

  • Es brauche präzisere Definitionen, die stärker am aktuellen wissenschaftlichen Verständnis orientiert sind. Eine größere Begriffsschärfe könnte zu einem Rückgang förderbedürftiger Schüler führen.
  • Mehr Wert soll auf die Prävention gelegt werden – um zum Beispiel früh zu erkennen, wo im Schulalltag Barrieren abgebaut werden können.
  • Ein zentrales Motiv für die Beantragung sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs könne sein, dass die Schulen Entlastung suchen. Stattdessen müsse künftig die Ausstattung der Schulen grundlegend besser werden.
  • Die Verfahren sollten standardisiert und digitalisiert werden, auch um Lehrkräfte zu entlasten.  
  • Bei Schulämtern und Bezirksregierungen sollten regionale Expertise-Stellen entstehen, die die Schulaufsichten entlasten und Transparenz und Qualität der Verfahren gewährleisten.
  • Lehrkräfte, Schulleitung und Schulaufsicht brauchen kontinuierlich Weiterbildung und sollten schon in der Ausbildung sonderpädagogische Kompetenzen erwerben.  
  • Die Schulen sollten Eltern besser informieren und einbeziehen.
  • Für die Umsetzung der Empfehlungen fordert das Gremium ein Arbeitsbündnis.  

Auf der Tagesordnung des Bildungsausschusses steht zudem ein Bericht des NRW-Schulministeriums zum Unterrichtsausfall an Förderschulen. Das Ministerium teilt hierin unter anderem mit, es nehme bereits gezielt Entlastung und Unterstützung in den Blick, die besonders auch den Förderschulen zugutekomme. So hätten die Förderschulen bis Februar bereits rund 175 Alltagshelferinnen und -helfer eingestellt, die Lehrkräfte entlasten sollen. Johanna Gloede/Anna Parrisius

  • NRW
  • Schulaufsicht

Informatik: Wie Schulen in Thüringen ab dem neuen Schuljahr digitale Kompetenzen stärken 

Thüringen richtet zum neuen Schuljahr (2024/25) für alle Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse Medienbildung und Informatik als Pflichtfach ein. Das Land kommt damit der Empfehlung der SWK nach. Auch in Sachsen-Anhalt soll ab dem neuen Schuljahr für alle Sechstklässler das Fach Informatik und Technik verpflichtend werden. In den weiteren Jahrgängen gehört das Fach bislang noch zum Profilbereich.

Damit sind es nur noch fünf Bundesländer, die Informatikunterricht lediglich über einzelne (freiwillige) Angebote abdecken. Thüringen hatte bereits vor drei Jahren das neue Unterrichtsfach in einer Pilotphase getestet (Table.Briefings berichtete).

Im vergangenen Schuljahr hatte durchschnittlich nur knapp jeder vierte Schüler der Sekundarstufe I verpflichtenden Informatikunterricht. Mit je zwei Unterrichtswochenstunden pro Doppeljahrgangsstufe, also insgesamt sechs Wochenstunden von Klasse 5 bis 10, gehört Thüringen nun bundesweit zu den Vorreitern. Bislang unterrichten sonst nur Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland alle Schüler verpflichtend mit sechs Wochenstunden Informatik. Das heißt, dass die Schüler beispielsweise von der fünften bis zur zehnten Klasse über sechs Jahre hinweg jede Woche eine Stunde Informatikunterricht haben.

Ziel: Mehr Durchlässigkeit und weniger Druck

Neben dem neuen Fach Medienbildung/Informatik beschließt Thüringen noch einige weitere Änderungen, die ab dem Schuljahr 2024/25 gelten sollen. So soll beispielsweise die Doppeljahrgangstufe 5 und 6 als “Orientierungsstufe über alle Schularten hinweg” einheitlich gestaltet werden. Damit soll die Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen gestärkt werden.

Für die Sekundarstufe II wird die Anzahl der verpflichtend zu belegenden Kurse reduziert. Auch die Zahl der Kurse, die man in die Gesamtbewertung für das Abitur einbringen muss, sinkt von bisher 40 auf zukünftig 36 Schulhalbjahresergebnisse. Mit diesen und den weiteren beschlossenen Änderungen sei Thüringen “das erste Bundesland, das die KMK-Vereinbarungen zur gymnasialen Oberstufe von 2022 in die Praxis umsetzt”, sagt Bildungsminister Helmut Holter. vkr

  • Abitur
  • Bildungspolitik
  • Digitale Bildung
  • Digitalisierung
  • KMK
  • Medienkompetenz
  • MINT
  • Schule
  • Sekundarstufe II
  • Ständige Wissenschaftliche Kommission

Mecklenburg-Vorpommern: Was die Reform des Lehramtsstudiums fragwürdig macht

Ein verschlanktes Lehramtsstudium soll in Mecklenburg-Vorpommern dabei helfen, den Lehrkräftemangel zu bekämpfen. Bis 2030 fehlen dem Land eigenen Angaben zufolge rund 2.600 ausgebildete Lehrkräfte. Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) möchte daher erreichen, dass weniger Studierende ihre Ausbildung abbrechen. Auf wissenschaftlicher Seite stoßen allerdings sowohl die Begründung als auch die Maßnahmen auf Verwunderung.

Im Regionalschullehramt brechen ganze 70 Prozent ihr Studium ab. Beim Gymnasiallehramt sind es über 48 Prozent und beim sonderpädagogischen Lehramt hört immerhin noch jeder fünfte vorzeitig auf. Diese Abbrecherquoten seien Beleg dafür, “dass die derzeitige Ausbildung nicht gut genug ist, argumentiert Martin. Schuld daran seien vor allem die im Bundesvergleich extrem hohen fachlichen Anforderungen, wie sie bei einem Pressetermin am Freitag sagte.

Fehlende Daten wecken Zweifel

“Insgesamt liegt Mecklenburg-Vorpommern neun bis zehn Prozent über dem Schnitt. Das sind keine großen Abweichungen”, sagt Falk Radisch im Gespräch mit Table.Briefings. Der Professor für Schulforschung und Allgemeine Didaktik leitete von 2017 bis 2023 ein Projekt, in dem die Studienverläufe von Lehramtsstudierenden in Mecklenburg-Vorpommern untersucht wurden. Er sagt: “Wir bewegen uns zwar im oberen Feld, aber so viel mehr ist das nicht.”

Lesen Sie auch: Warum so viele Lehramtsstudierende ihr Studium abbrechen

Viel irritierender findet er aber den kausalen Zusammenhang, der impliziert wird. Denn: Es gebe viel zu wenig Daten, die zeigen, warum angehende Lehrkräfte ihr Studium abbrechen. Noch dazu seien seit Ende 2023 in Mecklenburg-Vorpommern keine Daten dieser Art mehr analysiert worden, sagt Radisch. “Mir ist keine Grundlage bekannt, die belegt, dass in Mecklenburg-Vorpommern ein deutlich höherer fachlicher Anspruch zu mehr Abbrüchen und Problematiken führen würde.”

Auf Nachfrage räumt das Wissenschaftsministerium ein: Die durchgeführte Untersuchung habe lediglich das Ziel gehabt, den Schwund zu analysieren und nicht die Ursachen. Die Ursachen seien vielschichtig. “Die in der Studie durchgeführte Studienverlaufsstatistik bietet insoweit keine Informationen über kausale Zusammenhänge.” Dennoch sei es “davon unbenommen” sinnvoll, den Fach-Anteil “etwa auf den Bereich des Bundesdurchschnitts zu reduzieren”. Dies entspreche auch den Wünschen von Studierenden, teilte ein Sprecher Table.Briefings mit.

Weniger MINT, mehr Didaktik

Ergänzend dazu sieht die Reform unter anderem folgende Änderungen vor:

  • Weniger Fach- und mehr Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken: MINT-Fächer sollen künftig nicht mehr mit den Fachdisziplinen gelehrt werden, sondern separat und mit stärkerem Fokus auf die Vermittlung der Inhalte des Schulunterrichts.
  • Die Prüfungen im Studium sollen reformiert, reduziert und entbürokratisiert werden.
  • Praxisphasen sollen stärker fachlich begleitet werden.

Darüber hinaus möchte Mecklenburg-Vorpommern durch Quereinstiegs-Masterstudiengänge zusätzliche Wege zum Lehrerberuf öffnen. Vera Kraft

  • Bildungspolitik
  • Lehramtsstudium
  • Lehrer
  • Lehrermangel
  • Mecklenburg Vorpommern
  • MINT
  • Schule

Mehr von Table.Media

Research.Table. Marode Hochschulen: Warum jetzt alle auf energetische Sanierung pochen. An Schulen gibt es derzeit einen riesigen Sanierungsstau, aber auch an Hochschulen beläuft er sich mittlerweile auf rund 75 Milliarden Euro. Länder und Hochschulleitungen ringen um praktikable Lösungen. Welche Ideen und Ansätze es gibt, lesen Sie hier.

Research.Table. KI-Systeme: Warum Experten erneut vor Kontrollverlust warnen. Die mahnenden Stimmen von Experten, die vor den Risiken Künstlicher Intelligenz warnen, häufen sich. Warum nicht alle in der Branche, die Alarmstimmung angemessen finden, lesen Sie hier.

Presseschau

FAZ: Ditib klagt gegen staatlichen Islamunterricht in Hessen. In Hessen wird im Zuge eines Schulversuchs an einzelnen Schulen ein staatlicher Islamunterricht angeboten. Dieser unterscheidet sich von bekenntnisorientierten Angeboten zum Beispiel durch die Religionsgemeinschaft Ditib. Gegen den Schulversuch klagt Ditib nun. Der Verband sieht in dem parallelen Angebot von staatlichem Unterricht den Versuch, den bekenntnisorientierten Unterricht zu verdrängen. Es ist eine weitere Eskalationsstufe eines jahrelangen Rechtsstreits. (Ditib verklagt das Land Hessen

SZ: DDR-Vergangenheit soll mehr in den Schulen thematisiert werden. In einer Resolution, die sich an die KMK richtet, fordert die ostdeutsche Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, dass in Schulen mehr über die Geschichte der DDR gesprochen werden sollte. Unterstützt wird ihre Forderung von der SED-Opferbeauftragten beim Deutschen Bundestag, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und vom Geschichtslehrerverband. Es sei wichtig, die Schüler über die DDR-Vergangenheit aufzuklären und den Besuch von Gedenkstätten zu fördern. Eine Möglichkeit bestünde darin, Themen zur DDR als prüfungsrelevant zu erklären. (Schulen sollen sich mehr mit DDR befassen

HNA: Erster Schulversuch für Ukrainisch als zweite Fremdsprache. In Hessen soll es ab dem kommenden Schuljahr möglich sein, Ukrainisch als zweite Fremdsprache zu erlernen. Dieses Angebot des Schulversuchs richtet sich sowohl an geflüchtete Schüler aus der Ukraine als auch an deutsche Schüler, die die Sprache neu erlernen. Zudem erhofft sich das Kultusministerium, für das neue Fach – aber auch bald für andere Fächer – Lehrkräfte aus der Ukraine einsetzen zu können. (Als erstes Bundesland: Hessen führt Ukrainisch als zweite Fremdsprache ein

Spiegel: Deutschlandstipendium fördert weniger Studenten als geplant. Das Deutschlandstipendium hat das Ziel, acht Prozent der deutschen Studierenden mit 300 Euro im Monat zu fördern. Doch die tatsächliche Zahl der Geförderten liegt mit 1,1 Prozent weit unter dem selbst gesetzten Ziel. Deswegen fordert der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks (DSW), das Acht-Prozent-Ziel aus dem Gesetz zu streichen. Denn wenn die Förderung so gering nachgefragt wird, fließt der Teil des Haushalts, der für das Programm eingeplant wurde, zurück in den allgemeinen Haushalt – und wird so nicht zwingend für Bildung eingesetzt. Einen stabileren Weg zur Studienfinanzierung sieht der DSW-Vorsitzende eher im Bafög als im Deutschlandstipendium. (Das Deutschlandstipendium dümpelt vor sich hin

Tagesspiegel: Berlin kürzt Lehrerstellen. Die Berliner Senatsverwaltung plant, 300 Lehrerstellen zu streichen. Diese Kürzung soll zugunsten einer Umverteilung von Lehrkräften an Brennpunktschulen geschehen. Doch wie dies gelingen soll, bleibt offen. Alle sechs Berliner Schulleiterverbände und der Landeselternausschuss kritisieren dieses Vorhaben und vermuten andere Motive beim Senat. Durch die Streichung an Stellen reduziere sich der Lehrermangel in der Statistik, ohne eine einzige Stelle zu besetzen. Und die Senatsverwaltung könne sich durch die Streichung von Stellen an die verordneten Haushaltskürzungen halten. Zudem führe die Reduzierung von Stellen dazu, dass es an besser besetzten Schulen keine freien Stellen mehr gebe und die Bewerber so zwangsweise an andere Schulen umgeleitet werden. Die Verbände machen jedoch darauf aufmerksam, dass dies eher zu einer Abwanderung von Lehrkräften nach Brandenburg oder an Privatschulen führe. (Ärger über Kürzungspläne: Berliner Schulleiter und Eltern protestieren gegen Streichung von 300 Lehrerstellen

  • BAföG

Termine

4. Juni 2024, 17 Uhr, online
Workshop Das ABC der Künstlichen Intelligenz: Fokus Bildung
Wie stark KI den Bildungsbereich verändern kann, ist Thema in diesem interaktiven Workshop. Zudem wirft er einen Blick darauf, welche Veränderungspotenziale jetzt schon erkennbar sind und was von KI in der Bildung zu erwarten ist. Man kann sich noch bis zum 2. Juni anmelden. ANMELDUNG

4. Juni bis 6. Juni 2024, Karlsruhe
Messe und Kongress Learntec – Internationale Fachmesse und Kongress
Verschiedene Aussteller stellen ihre Antworten auf die Frage vor, wie digitale Bildung in Schule, Hochschule und beruflicher Bildung am besten gelingen kann. Auf der Learntec wird es neben der Messe auch einen Kongress geben, auf dem Referenten aus Wirtschaft und Wissenschaft ihre Lösungsvorschläge diskutieren. TICKETS

5. Juni bis 7. Juni 2024
Konferenz University: Future Festival 2024
Unter dem Motto “Tales of Tomorrow” gibt es eine Vielzahl an Vorträgen, die sich alle mit der Zukunft von Bildung auseinandersetzen. Ein großer Themenfokus ist dabei die Digitalisierung. Die Teilnahme vor Ort (verschiedene Veranstaltungsorte) ist begrenzt, doch es lässt sich auch online an allen Veranstaltungen teilnehmen. ANMELDUNG

6. Juni 2024, 08.30 bis 17.00 Uhr, Berlin
Fachtagung Fachtag Religion in der politischen Bildung: Potenziale und Herausforderungen
Eine Kombination von Workshops und Podiumsdiskussionen widmet sich der Bedeutung von Religion in der politischen Bildung und der Rolle, die religiöse Akteure bei dieser spielen können. Weitere Themen sind Demokratiebildung und die Auseinandersetzung mit Vorurteilen. Vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts und seiner Auswirkungen auf die deutsche Gesellschaft geht es außerdem um die Bedeutung von religiösen Zuschreibungen und Markierungen und wie dies in der politischen Bildung behandelt werden kann. ANMELDUNG

12. Juni 2024, Berlin
Fachtagung 360° Bildung – Fachtag und Konferenz: Innovationen für die Schule von heute!
Wie sollte der digitale Wandel in den Schulen gestalten werden? Welche Chancen bietet die Digitalisierung in der Demokratiebildung? Dies wird das Thema der gemeinsamen Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Senatsverwaltung und des Lehrerverbands sein. Neben Diskussionen zu diesen Fragen gibt es auch Workshops zum Thema KI. ANMELDUNG

Bildung.Table Redaktion

BILDUNG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Übergänge – längst sind sie als eine der größten Herausforderungen im Bildungsverlauf identifiziert. Die Übergänge von der Grund- in die weiterführende Schule, von der Schule in die Ausbildung oder das Studium und vor allem auch von der Kita in die Grundschule. Doch wie lässt sich dieser wichtige Bildungsübergang gestalten, wenn die Zuständigkeit für Kita und Schule in unterschiedlichen Ministerien verankert ist? Es kommt daher nicht ganz überraschend, dass nach der CDU jetzt auch die FDP vorschlägt, die Kitas in den Kultus- beziehungsweise Bildungsministerien der Länder zu verankern. Holger Schleper hat recherchiert, wie der Vorschlag in der Praxis ankommt.

    Um Bildungsübergänge geht es auch im Standpunkt von Hamburgs Schulsenator a.D., Ties Rabe, den er exklusiv für Table.Briefings geschrieben hat. Er hat sich die heftig diskutierte ifo-Studie vorgenommen, die gezeigt hat, wie ungleich die Bildungschancen in den Bundesländern sind. Festgemacht wird das daran, welche Chancen Kinder – je nach sozioökonomischen Hintergrund – haben, nach der Grundschule aufs Gymnasium zu wechseln. Dass hier Bildungsgerechtigkeit im Fokus steht, findet der SPD-Politiker wichtig, aber er sieht auch deutliche Schwächen in der Studie. Ties Rabe ist übrigens auch ein Gesprächspartner bei unserem nächsten Bildung.Table Live.Briefing am Montag, 10. Juni, von 12 bis 13 Uhr. Seien Sie dabei und diskutieren Sie mit!

    Apropos Termine: Am Tag davor wird gewählt. Klar, das wissen Sie. Aber wissen das auch alle 16-Jährigen, die erstmals bei einer Europawahl ihre Stimme abgeben dürfen? In vielen Schulen ist die Vorbereitung der Erstwähler ein großes Thema. Ich habe mir in einer berufsbildenden Schule in Niedersachsen angeschaut, welche Angebote sie Jugendlichen macht – und vor welchen Herausforderungen sie dabei steht.

    Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

    Ihre
    Annette Kuhn
    Bild von Annette  Kuhn

    Analyse

    FDP-Vorstoß: Warum Bildungsressorts auch für Kitas zuständig sein sollten

    Die Einigkeit unter Parteien, Wissenschaft und Verbänden ist derzeit groß: Ein Schlüssel, um der aktuellen Bildungsmisere zu begegnen, liegt darin, die frühe Bildung zu stärken. Vor diesem Hintergrund kam vor wenigen Tagen der FDP-Vorstoß nicht von ungefähr. Im Tagesspiegel forderten Gyde Jensen, Vize-Fraktionschefin der FDP im Bundestag, und Ria Schröder, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, dass für die Kitas künftig die Bildungsministerien zuständig sein sollten. Eine Forderung, die auch die Union in den vergangenen Monaten erhoben hatte.

    “Sowohl im Bund als auch in den Ländern haben die für Kitas zuständigen Ministerien oft einen Blumenstrauß an Aufgaben“, konkretisierte Schröder auf Nachfrage von Table.Briefings. Als Beispiel nennt sie Hamburg: “In Hamburg ist es die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration.” Und im Bund beschäftige sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus mit der Kindergrundsicherung und dem Demokratiefördergesetz. “Da bleibt die frühkindliche Bildung auf der Strecke.”

    Spieker: Strukturelle Verortung in den Bildungsressorts wäre ein großer Schritt

    Blickt man auf die Länderebene, liegt die Zuständigkeit für Kitas und Schulen in zehn Bundesländern gemeinsam bei den Kultusministerien. In sechs Ländern ist das allerdings nicht der Fall. So ist in NRW das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration für die Kitas verantwortlich. In Hessen ist es das Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales. 

    Stefan Spieker, Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH, kann dem Vorschlag aus den Reihen der FDP viel abgewinnen. Die “strukturelle Verortung von Kitas in den Bildungsressorts” wäre ein großer Schritt nach vorn, sagte er Table.Briefings. “Ich begrüße es, wenn politisch Verantwortliche Kitas als Bildungsorte wahrnehmen und nicht die Betreuungsaufgabe in den Vordergrund stellen.” An entsprechenden Bekundungen und Forderungen herrsche aktuell kein Mangel. Allerdings: “Wenn es um die Taten geht, die bildungs- und finanzpolitisch daraus folgen müssten, sieht es da leider ganz anders aus.”

    Spieker spielt damit nicht zuletzt auf die zähen Verhandlungen von Bund und Ländern zum Kita-Qualitätsentwicklungsgesetz an. Und die jüngst vorgestellte “Gesamtstrategie Fachkräfte in Kitas und Ganztag” begleitet die Kritik, dass sie angesichts des akuten Personalmangels kurzfristig kaum helfe. 

    JFMK-Vorsitzende Aulepp kommentiert Vorschlag zurückhaltend

    Merklich zurückhaltender als Spieker kommentiert die Bremer Senatorin für Kinder und Bildung, Sascha Karolin Aulepp, den FDP-Vorstoß. Es sei wichtig, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Kitas und Schulen auf Augenhöhe auch in der ministeriellen Zusammenarbeit widerspiegele. Das sagte die derzeitige Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) zu Table.Briefings. Egal, “ob in gemeinsamer Verantwortung für beide Bereiche wie in Bremen oder in kollegialer Zusammenarbeit zwischen den Ressorts”.

    Spieker führt hingegen noch weitere Argumente für eine Bündelung im Bildungsressort an. Man dürfe nicht in Zuständigkeiten für Altersstufen denken. “Aktuell werden Bildungsprozesse zum Beispiel durch den Übergang von Kita zur Schule eher gestört als befruchtet.” In einer gemeinsamen Zuständigkeit ließen sich diese Übergänge viel besser gestalten. Auch ließen sich Ressourcen und der Ausbau viel besser bedarfsgerecht steuern, wenn sich die Ausbildung von pädagogischen Fachkräften und die frühkindliche Bildung in einer gemeinsamen Struktur befänden.

    Kritik an der Jugend- und Familienministerkonferenz

    Darüber hinaus moniert Spieker, dass die für die Kitas zuständige JFMK als Gremium viel schwächer aufgestellt sei als die für die Schulen zuständige Kultusministerkonferenz (KMK). Zwar hatten beide Gremien im Vorjahr zum allerersten Mal gemeinsam getagt. Trotzdem betont Spieker: “Die Themen der frühkindlichen Bildung fallen aktuell in beiden Gremien viel zu oft durch das Raster.”

    Ria Schröder betont, dass schon in der Kita die Weichen für die sprachliche, soziale und emotionale Entwicklung eines Kindes gestellt würden. “Wenn beispielsweise in einer Schule in Ludwigshafen 40 Kinder die erste Klasse wiederholen sollen, dann liegt das nicht an der Grundschule, dann ist vorher etwas verpasst worden.”

    • Bildungspolitik
    • Frühkindliche Bildung
    • Grundschule
    • Kita-Qualitätsgesetz
    • Kitas
    Translation missing.

    Europawahl: Wie eine Berufsschule Erstwähler vorbereitet

    Noch wenige Tage sind es bis zur Europawahl. 60,9 Millionen Deutsche können am 9. Juni ihre Stimme abgeben, und erstmals können Jugendliche ab 16 Jahren wählen. Neben Deutschland ist das auch in Österreich, Belgien und Malta der Fall. Eine repräsentative Greenpeace-Umfrage unter 16- bis 23-Jährigen zeigt allerdings, dass viele Jugendliche nicht gut vorbereitet in ihre erste Wahl gehen. Die wichtigsten Ergebnisse der Befragung:

    • Zwei Drittel der jungen Wahlberechtigten wollen wählen.
    • Allerdings wissen nur drei Viertel, dass am 9. Juni Europawahl ist.
    • Ebenfalls drei Vierteln ist bekannt, dass Jugendliche ab 16 Jahren wählen können. Bei den 16-/17-Jährigen sind es sogar 79 Prozent.
    • 64 Prozent finden, dass das EU-Parlament wichtige Aufgaben erfüllt, aber vier Fünftel sehen sich nicht gut über dessen Aufgaben informiert.
    • Nach Einschätzung der Befragten ist der Informationsstand über die Parteien eher gering. Den höchsten Wert (50 Prozent) erreicht die AfD.

    Bei der politischen Aufklärung sind die Schulen gefragt. Das sieht auch Heiko Lüdemann so, seit neun Jahren ist er Schulleiter der BBS I in Lüneburg. Die berufsbildende Schule mit 2.130 Schülerinnen und Schülern bietet 23 duale Berufsausbildungen vor allem im Bereich Wirtschaft und Verwaltung. Außerdem können Jugendliche hier sämtliche Schulabschlüsse ablegen. Entsprechend heterogen ist die Schülerschaft. “Für viele ist der Besuch an der BBS die zweite oder dritte Chance auf einen Schulabschluss”, erklärt der Schulleiter beim Besuch von Table.Briefings. Und er sagt auch: “Viele kommen aus Familien, die sich wenig mit Demokratie und Politik beschäftigen. Sie leben in ihrer Filterblase, bewegen sich nicht aus ihren persönlichen Umfeldern raus, ihnen fehlt oft ,Weltwissen’, wie wir es nennen.” Politische Meinungsbildung und Beteiligung sei vielen fremd.

    Workshop zum Umgang mit Stammtischparolen

    Die BBS I, die auch zu den Top 20 für den Deutschen Schulpreis 2024 gehört, will ihre Schüler aber genau dazu befähigen. Als “Schule gegen Rassismus” hat sie zum Beispiel kürzlich ein Argumentationstraining gegen Rassismus und einen Workshop zum Umgang mit Stammtischparolen durchgeführt. Und als Europaschule, die im Rahmen von Erasmus+ viele Auslandspraktika in der EU anbietet, will sie die Schüler auch auf die Europawahl vorbereiten.

    Erja (23) und Christoph (21), die an der Schule die duale Ausbildung zur Immobilienkauffrau und zum Immobilienkaufmann machen, beobachten, dass das Interesse für Politik in ihrer Klasse sehr unterschiedlich ist. Wer kein Interesse habe, gehe oft auch nicht zur Wahl. Erja sagt aber auch: “Desinteresse entsteht oft, weil Jugendliche nicht informiert sind.” Christoph sieht in einer guten Informationsvermittlung eine wichtige Voraussetzung, “um die Partei zu finden, mit der man die meisten Übereinstimmungen hat”. Beide wünschen sich daher, dass junge Menschen stärker befähigt werden, sich eine politische Meinung zu bilden. Sie selbst nutzen dafür eher klassische Formate. “Tagesschau, Wahl-O-Mat, Radio”, zählt Christoph auf. Social Media, speziell TikTok, spiele für ihn als Informationsquelle keine Rolle.

    Dass es an der berufsbildenden Schule verbindlich Politikunterricht gibt, ist für Christoph nicht selbstverständlich. Auf dem Gymnasium, das er vorher besucht hat, konnte er Politik in der Oberstufe zugunsten von Geografie abwählen. Nach dem aktuellen Ranking Politische Bildung der Universität Bielefeld ist das kein Einzelfall. “Die Lernzeiten für die politische Bildung variieren unerklärlich stark über die Länder hinweg, aber auch zwischen den Schulformen innerhalb eines Landes”, heißt es in dem Bericht. Die beruflichen Schulen schneiden demnach besser ab als die Gymnasien.

    Die BBS I in Lüneburg ist ein Beleg dafür. Sie ist schon seit vielen Jahren bei der Juniorwahl dabei. Es ist das größte Schulprojekt zu politischer Bildung, bei dem Schüler durch die Wahlsimulation erste Demokratieerfahrungen machen können. Vor der Europawahl 2024 haben sich 5.600 Schulen zur Juniorwahl angemeldet.

    Videowettbewerb für Werbespot zur Europawahl

    Aber die Juniorwahl ist nicht die einzige Vorbereitung für die Erstwähler. “Wir haben die Europawahl im Politikunterricht von A bis Z durchgespielt und uns mit den Aufgaben des EU-Parlaments befasst”, erklärt Silke Grohmann, Teamleiterin Politik an der BBS I. Viele Schüler seien erstaunt gewesen, als sie erfuhren, wie viel mit ihrer eigenen Lebenswelt zu tun hat – zum Beispiel die Frage der Roaming-Gebühren.

    Die Schule hat auch einen Videowettbewerb durchgeführt, der Erstwähler zur Wahlbeteiligung motivieren soll. Der beste Spot, den die Schüler selbst ausgewählt haben, wird nun zum Start der Juniorwahl gezeigt, und die Schule versucht auch noch, ihn ins Kino in Lüneburg zu bringen.

    Ende Mai gab es an der Schule außerdem zwei “Tage der politischen Parteien”. Dazu wurden Vertreter der großen Parteien ins Forum der Schule eingeladen, um sich den Fragen der Schüler zu stellen. Table.Briefings konnte die Schüler vor Ort durch den Tag begleiten. Die Schüler bekamen am Tag der Veranstaltung Fragebögen zu vier Themenbereichen: Europa, Demokratie, Umweltschutz und Klimawandel, Migration und Asylpolitik. Dazu sollten sie die Politiker befragen. “Ich bin schon erstaunt, wie groß das Interesse der Schüler ist“, sagt Silke Grohmann mit Blick auf die angeregten Diskussionen an den Ständen.

    AfD wurde nach dem Urteil des OVG Münster wieder ausgeladen

    Was auch auffällt: Besonders an Stände mit jüngeren Parteivertretern kommen mehr Jugendliche. Die 22-jährige Juso Hannah Koch wundert das nicht: “Wir stellen uns ganz ähnliche Fragen wie die Schüler hier und teilen ihre Zukunftssorgen.” Pascal Mennen, Landtagsabgeordneter der Grünen und selbst früher Lehrer, ergänzt: “Jugendliche sehen sich politisch in einer Außenseiterrolle, sie erleben, dass wenig für ihre Interessen gemacht wird”. Daher sei es wichtig, ihnen in den Gesprächen auf Augenhöhe zu begegnen.

    Immer wieder geht es in den Diskussionen auch um dieses Thema: die AfD. Sie war ursprünglich auch eingeladen, dann aber wieder ausgeladen. Auf den Arbeitsblättern gibt es dazu einen Hinweis: Die Schule habe sich zu diesem Schritt nach dem Urteil des OVG Münster Mitte Mai entschieden, nachdem der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall einstufen kann. Der Entscheidung sei eine lange Diskussion vorausgegangen, sagt der Schulleiter, “aber wir müssen sicherstellen, dass das, was an den Ständen gesprochen wird, der Verfassung entspricht.” Lüdemann sieht die positive Haltung vieler Schüler zur AfD mit Sorge.

    Mitmachaktion am 6. Juni für Demokratie und Vielfalt

    Aber vielleicht ist die offen geäußerte Kritik der Schüler am Ausschluss der AfD auch ein Beleg für die starke politische Arbeit an der Schule: Es gibt Raum für Diskussionen. Das ist nicht selbstverständlich, wie eine Umfrage der Vodafone Stiftung zeigt. Demnach erlebt nur jeder zweite Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren die Schule als einen Raum für offenen und respektvollen Meinungsaustausch.

    Genau den will die BBS I in Lüneburg ermöglichen. Daher ist die Schule auch am 6. Juni bei der Mitmachaktion “#IchStehAuf – Schulen für Demokratie und Vielfalt” der Robert Bosch Stiftung dabei. Die Initiative unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten ruft im Vorfeld der Europawahl Schulen aller Klassenstufen und Schularten auf, symbolisch am Aktionstag auf Tische oder Stühle zu klettern, um ein Zeichen für Demokratie und Vielfalt zu setzen. Bislang haben sich mehr als 1.500 Schulen bei der Initiative angemeldet.

    Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier

    • Berufsschule
    • Best Practice Bildung
    • Demokratie
    • Deutscher Schulpreis
    • Europawahlen 2024
    • Niedersachsen
    • Politische Bildung
    Translation missing.

    Standpunkt

    Ifo-Studie: Warum sie eine neue Perspektive auf die Bildungspolitik eröffnet

    Hamburgs Schulsenator a.D. Ties Rabe

    Eine Bildungsstudie, bei der die Dauerverlierer Berlin und Brandenburg ganz vorn und die Dauergewinner Bayern und Sachsen ganz hinten liegen, hat es in den 25 Jahren der empirischen Bildungsstudien in Deutschland noch nicht gegeben. Das Münchner ifo Institut ermittelte jetzt, dass es Kinder aus bildungsfernen Familien in Bayern und Sachsen besonders schwer haben, das Gymnasium zu besuchen und das Abitur zu machen. Leichter wird ihnen der Besuch des Gymnasiums hingegen in Berlin und Brandenburg gemacht. 

    Lesen Sie auch: ifo-Studie – Wie ungleich die Bildungschancen in den Ländern verteilt sind

    Die ifo-Studie eröffnet damit eine neue Perspektive auf die Bildungspolitik. Bislang wird in den Bildungsstudien wie den internationalen Studien Pisa, Timms und Iglu sowie den nationalen IQB-Bildungstrends der Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler in den Klassenstufen 4 und 9 in den sprachlichen und mathematischen Basiskompetenzen untersucht. In der Regel liegen dabei Bayern und Sachsen auf den ersten Plätzen, Berlin, Brandenburg und Bremen hingegen auf den letzten Plätzen.

    Bislang zu selten gewürdigt: die großen Chancen nach Klasse 9

    Übersehen wird in den bisherigen Studien, dass die Schulzeit nicht mit Klassenstufe 9 endet. Nach Klassenstufe 9 können die Schülerinnen und Schüler noch viel lernen – wenn sie denn die Möglichkeit bekommen, länger zur Schule zu gehen. Schüler können dadurch ihre Lernrückstände ausgleichen und sogar höherwertige Schulabschlüsse erreichen. Aber nicht jedes Bundesland gewährt solche Chancen.

    Dazu ein Beispiel: In Bayern erzielen die Schüler in Klassenstufe 9 im Bundesvergleich sehr gute Leistungen. Aber viele Schüler verlassen nach Klasse 9 die Schule. Und nur wenige Schüler bekommen die Chance, die gymnasiale Oberstufe zu besuchen. Die Folge: In Bayern machen nur 32 Prozent eines Jahrgangs das Abitur. Die Hamburger Schüler sind in Klassenstufe 9 nicht so leistungsstark wie die bayerischen Schüler. Aber alle Hamburger Schüler absolvieren auch noch die Klassenstufe 10. Rund zwei Drittel dürfen die gymnasiale Oberstufe besuchen. Und am Ende schaffen 54 Prozent eines Jahrgangs das Abitur.

    Diese zusätzlichen Bildungschancen durch unterschiedliche Schulsysteme werden in den üblichen Bildungsstudien ausgeblendet. Das ifo-Institut hat dieses Thema nun aufgegriffen. Zweifellos ist das ein großer Verdienst.

    Allerdings hat die Studie deutliche Schwächen. Sie misst die Chancen, die ein Schulsystem bietet, ausschließlich an der sozialen Zusammensetzung der Schüler an den Gymnasien. Die einfache These des ifo-Instituts lautet: Ein Schulsystem ist dann gerecht, wenn die soziale Zusammensetzung der Schüler an den Gymnasien identisch ist mit der sozialen Zusammensetzung aller Schüler. Dabei werden entscheidende Dinge übersehen.

    Verschiedene Schulformen führen zum Abitur

    Erstens: Der Besuch des Gymnasiums wird in der Studie gleichgesetzt mit der Chance, das Abitur zu machen. Dabei wird übersehen, dass in zahlreichen Bundesländern Schüler auch in anderen Schulformen das Abitur machen können. In Hamburg werden fast 30 Prozent aller Abiture NICHT an den Gymnasien absolviert. Es wäre zielführender gewesen, wenn nicht die soziale Zusammensetzung der Schüler an den Gymnasien, sondern die soziale Zusammensetzung aller Abiturienten an allen Schulformen überprüft worden wäre.

    Der Anteil der Gymnasiasten ist von hoher Relevanz

    Zweitens: Die Studie ermittelt nur die “soziale Zusammensetzung der Abiturienten/Gymnasiasten”, nicht aber, wie hoch der Anteil der Abiturienten/Gymnasiasten an allen Schülern ist. Das führt in die Irre. Würden in einem Bundesland nur ein Prozent aller Schüler das Abitur machen, davon aber 45 Prozent aus bildungsnahen Familien und 55 Prozent aus bildungsfernen Familien kommen, würde nach dem Maßstab des ifo-Instituts dieses Bundesland als sozial gerecht gelten, weil die “soziale Zusammensetzung der Gymnasiasten stimmt”.

    Würden in einem anderen Bundesland hingegen 50 Prozent aller Schüler das Abitur machen, davon aber 50 Prozent aus bildungsnahen und 50 Prozent aus bildungsfernen Familien, wäre dieses Land nach dem Maßstab des ifo-Instituts sozial ungerecht. Denn das Mischungsverhältnis der Gymnasiasten/Abiturienten entspricht nicht dem Mischungsverhältnis aller Schüler. Dabei wird übersehen, dass im zweiten Fall das Schulsystem immerhin 50-mal so vielen Schülern das Abitur ermöglicht, darunter rund 40-mal so vielen Schülern aus bildungsfernen Familien.

    Das ist zweifellos ein gewaltiges Chancen-Plus. Aber das soziale Mischungsverhältnis der Gymnasiasten allein ist deshalb wenig aussagekräftig, wenn nicht auch die Zahl beziehungsweise der Anteil der Schüler erhoben wird, die überhaupt das Gymnasium besuchen dürfen.

    Der tatsächliche Leistungsstand der Schüler wird nicht untersucht

    Drittens: Die dritte Schwäche der Studie nennt das ifo-Institut selbst: Die Studie sagt nichts aus über das “Niveau der in einem Bildungssystem erreichten Bildungsleistungen”. Nach Meinung des ifo-Instituts seien Leistungsniveau und Chancengerechtigkeit zwei Ziele, die üblicherweise von Bildungssystemen erwartet werden”. Mit dieser Begründung untersucht das ifo-Institut nicht den tatsächlichen Leistungsstand der Schüler.

    Das ist schwierig. Denn der Leistungsstand bestimmt letztlich wesentlich stärker die Zukunftschancen junger Menschen als das formale Abschlusszeugnis. Abiturienten mit großen Lernproblemen werden es trotz ihres Abiturzeugnisses an den Universitäten oder im Beruf sehr schwer haben. Ein Schulsystem, in dem zwar die soziale Mischung der Schüler an den Gymnasien “stimmt”, aber die Schüler an den Gymnasien nur sehr wenig lernen, ist deshalb niemals gerecht.

    Ifo-Studie erinnert an altbekannte Schwäche des Schulsystems

    Trotz nicht geringer Schwächen der Studie bleibt es das Verdienst des ifo-Instituts, dass es anders als Pisa und Co. die Klassenstufe 9 nicht als Endpunkt des Bildungsweges in den Blick nimmt. Es öffnet die Augen für die große Bedeutung, aber auch die soziale Selektivität der Chancen auf einen längeren Schulbesuch. Hier eröffnet sich ein Feld für weitere Studien.

    Es ist auch ein Verdienst, dass das ifo-Institut noch einmal eine Schwäche unseres Schulsystems in Erinnerung ruft: Unser Schulsystem schafft es nicht, die durch das Elternhaus bedingten großen Leistungsunterschiede der Schüler zu überwinden und allen Schülern die gleichen Chancen auf hochwertige Schulabschlüsse zu eröffnen. Offen bleibt allerdings die Frage, ob diese Ungerechtigkeit – wie immer behauptet wird – wirklich eine spezifisch deutsche Schwäche ist. Nachdenklich stimmen in diesem Zusammenhang zudem immer mehr Hinweise darauf, dass Länder mit deutlich geringeren sozialen Unterschieden im Bildungserfolg sehr häufig entweder sozial homogenere Gesellschaften aufweisen oder den hohen Preis zahlen, dass dort insgesamt das Leistungsniveau sehr gering ist.

    Ties Rabe war von 2011 bis Anfang 2024 Hamburger Schulsenator. Zu Beginn seiner Amtszeit lag Hamburg bei Schulvergleichsstudien in Deutschland auf hinteren Plätzen. Mittlerweile zählt der Stadtstaat oft mit zur Spitze und nimmt in zentralen Fragen der Bildungspolitik eine Vorbildrolle ein.

    • Bildungsforschung
    • Bildungsgerechtigkeit
    • Bildungspolitik
    • Gymnasium
    Translation missing.

    News

    Berufsorientierung: Was eine neue Plattform vom Bund bringen soll

    Nachdem das BMBF im vergangenen Jahr beim Wettbewerb “D-BOP” digitale Berufsorientierungsangebote ausgezeichnet hatte, startete es am Dienstag nun ein eigenes digitales Portal zur beruflichen Orientierung namens “Zynd”. Entwickelt hat es das Bundesinstitut für Berufsbildung. Die Plattform soll die Selbstreflexion und Entscheidungsfähigkeit von Jugendlichen stärken und ihnen dabei helfen, sich für eine Ausbildung oder ein Studium zu entscheiden. Dabei setzt sie auf sogenannte Playlets, Lernmodule mit Gamification-Elementen.

    Gegliedert sind die Module in vier Bereiche:

    • Wo stehe ich? Die Jugendlichen können zum Beispiel in zwei Playlets aus Antwortoptionen wählen, was sie von ihrem Beruf erwarten oder welche Stärken sie haben – und die Antworten priorisieren.
    • Was interessiert mich? Beim Quiz “Who’s the Fachkraft?” erfahren Nutzer etwas über verschiedene Berufe. In 360-Grad-Panoramen können sie sechs Berufsfelder kennenlernen und sich unter anderem Videos von Azubis ansehen, die erklären, was es für einen Beruf braucht.
    • Wofür entscheide ich mich? Beim “Battle of Choices” sollen die Jugendlichen möglichst schnell Entscheidungen treffen: Risikoreich oder sicherheitsorientiert? Aber auch: Popcorn salzig oder süß? Und, sicherlich ein Gegensatzpaar, dass in Handwerksberufen auf Widerspruch stößt: Handwerk oder Bildung?
    • Wie mache ich das? Hier bekommen die Jugendlichen Tipps für Bewerbungen und ihr Vorstellungsgespräch oder können eine To-Do-Liste erstellen für ihren Weg in Studium oder Ausbildung.

    Plattform arbeitet mit Belohnungen

    Über ein Dashboard können Jugendliche nachhalten, wo sie gerade stehen. Um sie zu motivieren, nutzt die Plattform Belohnungen: Hat ein Nutzer ein Spiel absolviert, erhält er oder sie Badges und Punkte. Ab einer bestimmten Punktezahl folgt ein Level-Aufstieg und es können verschiedene Titel erworben werden.

    Das kostenfreie Angebot richtet sich auch an Fachkräfte, die Jugendliche bei der Berufsorientierung begleiten – Lehrer, Berufsberater oder die Jugendhilfe. In einem geschlossenen Bereich der Website erhalten sie Zusatzinformationen und Begleitmaterial. Außerdem können sie Videokonferenzen abhalten oder in sogenannten “Coaching Zones” und Gruppenräumen mit den jungen Nutzern kommunizieren.

    Stephan Albani, Berichterstatter der Unionsfraktion für berufliche Bildung, begrüßte die Einführung der neuen Plattform. Er gab jedoch zu bedenken, dass die Zahl der Plattformen nicht immer weiter erhöht werden könne. “Vielmehr bedarf es einer Konsolidierung und Integration der bereits bestehenden Angebote”, sagte er Table.Briefings. Für junge Menschen könne die Vielzahl an Plattformen überwältigend sein. Anna Parrisius

    • Berufsorientierung
    • Bildungspolitik
    • BMBF
    • Bundesinstitut für Berufsbildung

    Republica 2024: Was es für ein digitales Mindset an Schulen braucht

    Das digitale Mindset, das die Republica prägt, wünschen sich viele auch im Bildungssystem. “Digitalisierung darf nicht einfach nur nebenbei passieren”, sagte beispielsweise Doris Weßels, Professorin für Wirtschaftsinformatik der Fachhochschule Kiel bei einer Panel-Diskussion. Digitalisierung müsse auch an Schulen auf Management-Ebene verankert sein. Auf der dreitägigen Veranstaltung, die dieses Jahr unter dem Motto “Who cares?” stand, ging es sowohl um die institutionellen als auch individuellen Bedingungen von Digitalisierung – unter anderem im Bildungssystem.

    Damit Schulen stärker Zukunftskompetenzen vermitteln können, sollten sie mehr Autonomie bekommen, fordert Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie. Für ihn geht es weniger um einzelne digitale Skills, sondern darum, an den spezifischen Interessen des Kindes anzusetzen.

    Umsetzen lässt sich das einerseits mit digitalen Tools, die adaptives Lehren und Lernen ermöglichen. Andererseits brauche es aber auch ein grundlegend anderes Verständnis von Lehrkräften. Geht es nach dem Bildungsforscher sollten Lehrer zunehmend als Lernbegleiter arbeiten, die den Lernprozess begleiten. Damit müsste allerdings auch eine reformierte Lehrerbildung einhergehen, sagt Dohmen.

    Wandel durch digitale Tools

    Auf der Schulseite selbst löst KI dagegen teils noch starke Verunsicherung aus. Timo Off, Schulleiter der Gemeinschaftsschule Nortorf in Schleswig-Holstein, beschäftigt insbesondere die Frage, wie es gelingen kann, den Menschen weiter im Fokus zu behalten, während gleichzeitig Technik und KI immer “menschlicher” werden. Ein eigenes Schulbudget würde ihn aktuell noch überfordern.

    Für KI-Forscherin Weßels ist klar: “Das Bildungssystem muss sich kontinuierlich an die Rahmenbedingungen anpassen.” Damit das gelingt, brauche es ein “strukturelles Re-Design”, das ermöglicht, sowohl Probleme als auch Verantwortlichkeiten klar zu benennen und anzugehen. An wen man sich wenden müsse, damit darüber nicht noch weitere zehn Jahre diskutiert, sondern das endlich umgesetzt werde? Womöglich brauche es erst den Volksaufstand, antwortet Dieter Dohmen auf diese Publikumsfrage. Vielleicht können aber auch schon die digitalen Tools den Wandel einleiten, schlägt ein anderer Zuhörer vor. Vera Kraft

    • Bildungspolitik
    • Digitale Bildung
    • Digitales Lernen
    • Digitalisierung
    • Künstliche Intelligenz
    • Schulbudgets
    • Schulleiter

    Sonderpädagogischer Förderbedarf: Welchen Schülern er häufiger attestiert wird

    Wie wird festgestellt, ob Schüler sonderpädagogische Unterstützung brauchen und ob sie an einer allgemeinen Schule besser aufgehoben sind oder an einer Förderschule? Diesen Fragen widmet sich ein Gutachten, über das am Mittwoch in NRW der Bildungsausschuss diskutiert. Im September 2022 hat das Schulministerium damit ein Wissenschaftlerkonsortium beauftragt.

    Ein brisanter Befund dabei: Schülern aus sozial benachteiligten und mehrsprachigen Familien wird signifikant häufiger Förderbedarf attestiert. Das führen die Forscher unter anderem darauf zurück, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den Verfahren gibt und feste Definitionen fehlen, etwa davon, welche Art von Unterstützungsbedarf vorliegt.

    Wissenschaftler fordern mehr Begriffsschärfe

    Die Forscher formulieren acht Forderungen:

    • Es brauche präzisere Definitionen, die stärker am aktuellen wissenschaftlichen Verständnis orientiert sind. Eine größere Begriffsschärfe könnte zu einem Rückgang förderbedürftiger Schüler führen.
    • Mehr Wert soll auf die Prävention gelegt werden – um zum Beispiel früh zu erkennen, wo im Schulalltag Barrieren abgebaut werden können.
    • Ein zentrales Motiv für die Beantragung sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs könne sein, dass die Schulen Entlastung suchen. Stattdessen müsse künftig die Ausstattung der Schulen grundlegend besser werden.
    • Die Verfahren sollten standardisiert und digitalisiert werden, auch um Lehrkräfte zu entlasten.  
    • Bei Schulämtern und Bezirksregierungen sollten regionale Expertise-Stellen entstehen, die die Schulaufsichten entlasten und Transparenz und Qualität der Verfahren gewährleisten.
    • Lehrkräfte, Schulleitung und Schulaufsicht brauchen kontinuierlich Weiterbildung und sollten schon in der Ausbildung sonderpädagogische Kompetenzen erwerben.  
    • Die Schulen sollten Eltern besser informieren und einbeziehen.
    • Für die Umsetzung der Empfehlungen fordert das Gremium ein Arbeitsbündnis.  

    Auf der Tagesordnung des Bildungsausschusses steht zudem ein Bericht des NRW-Schulministeriums zum Unterrichtsausfall an Förderschulen. Das Ministerium teilt hierin unter anderem mit, es nehme bereits gezielt Entlastung und Unterstützung in den Blick, die besonders auch den Förderschulen zugutekomme. So hätten die Förderschulen bis Februar bereits rund 175 Alltagshelferinnen und -helfer eingestellt, die Lehrkräfte entlasten sollen. Johanna Gloede/Anna Parrisius

    • NRW
    • Schulaufsicht

    Informatik: Wie Schulen in Thüringen ab dem neuen Schuljahr digitale Kompetenzen stärken 

    Thüringen richtet zum neuen Schuljahr (2024/25) für alle Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse Medienbildung und Informatik als Pflichtfach ein. Das Land kommt damit der Empfehlung der SWK nach. Auch in Sachsen-Anhalt soll ab dem neuen Schuljahr für alle Sechstklässler das Fach Informatik und Technik verpflichtend werden. In den weiteren Jahrgängen gehört das Fach bislang noch zum Profilbereich.

    Damit sind es nur noch fünf Bundesländer, die Informatikunterricht lediglich über einzelne (freiwillige) Angebote abdecken. Thüringen hatte bereits vor drei Jahren das neue Unterrichtsfach in einer Pilotphase getestet (Table.Briefings berichtete).

    Im vergangenen Schuljahr hatte durchschnittlich nur knapp jeder vierte Schüler der Sekundarstufe I verpflichtenden Informatikunterricht. Mit je zwei Unterrichtswochenstunden pro Doppeljahrgangsstufe, also insgesamt sechs Wochenstunden von Klasse 5 bis 10, gehört Thüringen nun bundesweit zu den Vorreitern. Bislang unterrichten sonst nur Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland alle Schüler verpflichtend mit sechs Wochenstunden Informatik. Das heißt, dass die Schüler beispielsweise von der fünften bis zur zehnten Klasse über sechs Jahre hinweg jede Woche eine Stunde Informatikunterricht haben.

    Ziel: Mehr Durchlässigkeit und weniger Druck

    Neben dem neuen Fach Medienbildung/Informatik beschließt Thüringen noch einige weitere Änderungen, die ab dem Schuljahr 2024/25 gelten sollen. So soll beispielsweise die Doppeljahrgangstufe 5 und 6 als “Orientierungsstufe über alle Schularten hinweg” einheitlich gestaltet werden. Damit soll die Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen gestärkt werden.

    Für die Sekundarstufe II wird die Anzahl der verpflichtend zu belegenden Kurse reduziert. Auch die Zahl der Kurse, die man in die Gesamtbewertung für das Abitur einbringen muss, sinkt von bisher 40 auf zukünftig 36 Schulhalbjahresergebnisse. Mit diesen und den weiteren beschlossenen Änderungen sei Thüringen “das erste Bundesland, das die KMK-Vereinbarungen zur gymnasialen Oberstufe von 2022 in die Praxis umsetzt”, sagt Bildungsminister Helmut Holter. vkr

    • Abitur
    • Bildungspolitik
    • Digitale Bildung
    • Digitalisierung
    • KMK
    • Medienkompetenz
    • MINT
    • Schule
    • Sekundarstufe II
    • Ständige Wissenschaftliche Kommission

    Mecklenburg-Vorpommern: Was die Reform des Lehramtsstudiums fragwürdig macht

    Ein verschlanktes Lehramtsstudium soll in Mecklenburg-Vorpommern dabei helfen, den Lehrkräftemangel zu bekämpfen. Bis 2030 fehlen dem Land eigenen Angaben zufolge rund 2.600 ausgebildete Lehrkräfte. Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) möchte daher erreichen, dass weniger Studierende ihre Ausbildung abbrechen. Auf wissenschaftlicher Seite stoßen allerdings sowohl die Begründung als auch die Maßnahmen auf Verwunderung.

    Im Regionalschullehramt brechen ganze 70 Prozent ihr Studium ab. Beim Gymnasiallehramt sind es über 48 Prozent und beim sonderpädagogischen Lehramt hört immerhin noch jeder fünfte vorzeitig auf. Diese Abbrecherquoten seien Beleg dafür, “dass die derzeitige Ausbildung nicht gut genug ist, argumentiert Martin. Schuld daran seien vor allem die im Bundesvergleich extrem hohen fachlichen Anforderungen, wie sie bei einem Pressetermin am Freitag sagte.

    Fehlende Daten wecken Zweifel

    “Insgesamt liegt Mecklenburg-Vorpommern neun bis zehn Prozent über dem Schnitt. Das sind keine großen Abweichungen”, sagt Falk Radisch im Gespräch mit Table.Briefings. Der Professor für Schulforschung und Allgemeine Didaktik leitete von 2017 bis 2023 ein Projekt, in dem die Studienverläufe von Lehramtsstudierenden in Mecklenburg-Vorpommern untersucht wurden. Er sagt: “Wir bewegen uns zwar im oberen Feld, aber so viel mehr ist das nicht.”

    Lesen Sie auch: Warum so viele Lehramtsstudierende ihr Studium abbrechen

    Viel irritierender findet er aber den kausalen Zusammenhang, der impliziert wird. Denn: Es gebe viel zu wenig Daten, die zeigen, warum angehende Lehrkräfte ihr Studium abbrechen. Noch dazu seien seit Ende 2023 in Mecklenburg-Vorpommern keine Daten dieser Art mehr analysiert worden, sagt Radisch. “Mir ist keine Grundlage bekannt, die belegt, dass in Mecklenburg-Vorpommern ein deutlich höherer fachlicher Anspruch zu mehr Abbrüchen und Problematiken führen würde.”

    Auf Nachfrage räumt das Wissenschaftsministerium ein: Die durchgeführte Untersuchung habe lediglich das Ziel gehabt, den Schwund zu analysieren und nicht die Ursachen. Die Ursachen seien vielschichtig. “Die in der Studie durchgeführte Studienverlaufsstatistik bietet insoweit keine Informationen über kausale Zusammenhänge.” Dennoch sei es “davon unbenommen” sinnvoll, den Fach-Anteil “etwa auf den Bereich des Bundesdurchschnitts zu reduzieren”. Dies entspreche auch den Wünschen von Studierenden, teilte ein Sprecher Table.Briefings mit.

    Weniger MINT, mehr Didaktik

    Ergänzend dazu sieht die Reform unter anderem folgende Änderungen vor:

    • Weniger Fach- und mehr Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken: MINT-Fächer sollen künftig nicht mehr mit den Fachdisziplinen gelehrt werden, sondern separat und mit stärkerem Fokus auf die Vermittlung der Inhalte des Schulunterrichts.
    • Die Prüfungen im Studium sollen reformiert, reduziert und entbürokratisiert werden.
    • Praxisphasen sollen stärker fachlich begleitet werden.

    Darüber hinaus möchte Mecklenburg-Vorpommern durch Quereinstiegs-Masterstudiengänge zusätzliche Wege zum Lehrerberuf öffnen. Vera Kraft

    • Bildungspolitik
    • Lehramtsstudium
    • Lehrer
    • Lehrermangel
    • Mecklenburg Vorpommern
    • MINT
    • Schule

    Mehr von Table.Media

    Research.Table. Marode Hochschulen: Warum jetzt alle auf energetische Sanierung pochen. An Schulen gibt es derzeit einen riesigen Sanierungsstau, aber auch an Hochschulen beläuft er sich mittlerweile auf rund 75 Milliarden Euro. Länder und Hochschulleitungen ringen um praktikable Lösungen. Welche Ideen und Ansätze es gibt, lesen Sie hier.

    Research.Table. KI-Systeme: Warum Experten erneut vor Kontrollverlust warnen. Die mahnenden Stimmen von Experten, die vor den Risiken Künstlicher Intelligenz warnen, häufen sich. Warum nicht alle in der Branche, die Alarmstimmung angemessen finden, lesen Sie hier.

    Presseschau

    FAZ: Ditib klagt gegen staatlichen Islamunterricht in Hessen. In Hessen wird im Zuge eines Schulversuchs an einzelnen Schulen ein staatlicher Islamunterricht angeboten. Dieser unterscheidet sich von bekenntnisorientierten Angeboten zum Beispiel durch die Religionsgemeinschaft Ditib. Gegen den Schulversuch klagt Ditib nun. Der Verband sieht in dem parallelen Angebot von staatlichem Unterricht den Versuch, den bekenntnisorientierten Unterricht zu verdrängen. Es ist eine weitere Eskalationsstufe eines jahrelangen Rechtsstreits. (Ditib verklagt das Land Hessen

    SZ: DDR-Vergangenheit soll mehr in den Schulen thematisiert werden. In einer Resolution, die sich an die KMK richtet, fordert die ostdeutsche Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, dass in Schulen mehr über die Geschichte der DDR gesprochen werden sollte. Unterstützt wird ihre Forderung von der SED-Opferbeauftragten beim Deutschen Bundestag, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und vom Geschichtslehrerverband. Es sei wichtig, die Schüler über die DDR-Vergangenheit aufzuklären und den Besuch von Gedenkstätten zu fördern. Eine Möglichkeit bestünde darin, Themen zur DDR als prüfungsrelevant zu erklären. (Schulen sollen sich mehr mit DDR befassen

    HNA: Erster Schulversuch für Ukrainisch als zweite Fremdsprache. In Hessen soll es ab dem kommenden Schuljahr möglich sein, Ukrainisch als zweite Fremdsprache zu erlernen. Dieses Angebot des Schulversuchs richtet sich sowohl an geflüchtete Schüler aus der Ukraine als auch an deutsche Schüler, die die Sprache neu erlernen. Zudem erhofft sich das Kultusministerium, für das neue Fach – aber auch bald für andere Fächer – Lehrkräfte aus der Ukraine einsetzen zu können. (Als erstes Bundesland: Hessen führt Ukrainisch als zweite Fremdsprache ein

    Spiegel: Deutschlandstipendium fördert weniger Studenten als geplant. Das Deutschlandstipendium hat das Ziel, acht Prozent der deutschen Studierenden mit 300 Euro im Monat zu fördern. Doch die tatsächliche Zahl der Geförderten liegt mit 1,1 Prozent weit unter dem selbst gesetzten Ziel. Deswegen fordert der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks (DSW), das Acht-Prozent-Ziel aus dem Gesetz zu streichen. Denn wenn die Förderung so gering nachgefragt wird, fließt der Teil des Haushalts, der für das Programm eingeplant wurde, zurück in den allgemeinen Haushalt – und wird so nicht zwingend für Bildung eingesetzt. Einen stabileren Weg zur Studienfinanzierung sieht der DSW-Vorsitzende eher im Bafög als im Deutschlandstipendium. (Das Deutschlandstipendium dümpelt vor sich hin

    Tagesspiegel: Berlin kürzt Lehrerstellen. Die Berliner Senatsverwaltung plant, 300 Lehrerstellen zu streichen. Diese Kürzung soll zugunsten einer Umverteilung von Lehrkräften an Brennpunktschulen geschehen. Doch wie dies gelingen soll, bleibt offen. Alle sechs Berliner Schulleiterverbände und der Landeselternausschuss kritisieren dieses Vorhaben und vermuten andere Motive beim Senat. Durch die Streichung an Stellen reduziere sich der Lehrermangel in der Statistik, ohne eine einzige Stelle zu besetzen. Und die Senatsverwaltung könne sich durch die Streichung von Stellen an die verordneten Haushaltskürzungen halten. Zudem führe die Reduzierung von Stellen dazu, dass es an besser besetzten Schulen keine freien Stellen mehr gebe und die Bewerber so zwangsweise an andere Schulen umgeleitet werden. Die Verbände machen jedoch darauf aufmerksam, dass dies eher zu einer Abwanderung von Lehrkräften nach Brandenburg oder an Privatschulen führe. (Ärger über Kürzungspläne: Berliner Schulleiter und Eltern protestieren gegen Streichung von 300 Lehrerstellen

    • BAföG

    Termine

    4. Juni 2024, 17 Uhr, online
    Workshop Das ABC der Künstlichen Intelligenz: Fokus Bildung
    Wie stark KI den Bildungsbereich verändern kann, ist Thema in diesem interaktiven Workshop. Zudem wirft er einen Blick darauf, welche Veränderungspotenziale jetzt schon erkennbar sind und was von KI in der Bildung zu erwarten ist. Man kann sich noch bis zum 2. Juni anmelden. ANMELDUNG

    4. Juni bis 6. Juni 2024, Karlsruhe
    Messe und Kongress Learntec – Internationale Fachmesse und Kongress
    Verschiedene Aussteller stellen ihre Antworten auf die Frage vor, wie digitale Bildung in Schule, Hochschule und beruflicher Bildung am besten gelingen kann. Auf der Learntec wird es neben der Messe auch einen Kongress geben, auf dem Referenten aus Wirtschaft und Wissenschaft ihre Lösungsvorschläge diskutieren. TICKETS

    5. Juni bis 7. Juni 2024
    Konferenz University: Future Festival 2024
    Unter dem Motto “Tales of Tomorrow” gibt es eine Vielzahl an Vorträgen, die sich alle mit der Zukunft von Bildung auseinandersetzen. Ein großer Themenfokus ist dabei die Digitalisierung. Die Teilnahme vor Ort (verschiedene Veranstaltungsorte) ist begrenzt, doch es lässt sich auch online an allen Veranstaltungen teilnehmen. ANMELDUNG

    6. Juni 2024, 08.30 bis 17.00 Uhr, Berlin
    Fachtagung Fachtag Religion in der politischen Bildung: Potenziale und Herausforderungen
    Eine Kombination von Workshops und Podiumsdiskussionen widmet sich der Bedeutung von Religion in der politischen Bildung und der Rolle, die religiöse Akteure bei dieser spielen können. Weitere Themen sind Demokratiebildung und die Auseinandersetzung mit Vorurteilen. Vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts und seiner Auswirkungen auf die deutsche Gesellschaft geht es außerdem um die Bedeutung von religiösen Zuschreibungen und Markierungen und wie dies in der politischen Bildung behandelt werden kann. ANMELDUNG

    12. Juni 2024, Berlin
    Fachtagung 360° Bildung – Fachtag und Konferenz: Innovationen für die Schule von heute!
    Wie sollte der digitale Wandel in den Schulen gestalten werden? Welche Chancen bietet die Digitalisierung in der Demokratiebildung? Dies wird das Thema der gemeinsamen Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Senatsverwaltung und des Lehrerverbands sein. Neben Diskussionen zu diesen Fragen gibt es auch Workshops zum Thema KI. ANMELDUNG

    Bildung.Table Redaktion

    BILDUNG.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen