die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg rücken näher. Höchste Zeit, in die Parteiprogramme zu schauen. Vera Kraft und Maximilian Stascheit haben das für Sie für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) übernommen. Je nachdem, wie die Sachsen, Thüringer und Brandenburger im September wählen, könnte das Bündnis nämlich erstmals mit an der Regierung beteiligt sein. Und in den Wahlprogrammen spielt Bildung durchaus eine wichtige Rolle – besonders für die Kleinsten.
Um frühkindliche Bildung geht es auch bei einer Petition, die bis gestern unterschrieben werden konnte. Sie ist laut Organisatorin in diesem Jahr die bislang größte, die an den Deutschen Bundestag gerichtet wurde. Holger Schleper und Annette Kuhn beleuchten, dass die Kita-Lobby trotzdem immer noch klein ist. Dabei zeigte erst kürzlich eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass es bei Kitas quasi eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gibt. SPD-Politiker Erik von Malottki forderte daher bessere Arbeitsbedingungen in Kitas.
Dass diese auch an Schulen zu wünschen übrig lassen, ist ein offenes Geheimnis. Wie es um den Arbeitsschutz und insbesondere den Umgang mit Überstunden von Lehrkräften bestellt ist, hat unser Kolumnist Mark Rackles für Sie aufgeschrieben. Freuen Sie sich auf eine kleine Lehrstunde des Bildungsföderalismus unter der vielversprechenden Frage: Kennen Sie die ArbSchProdZustLVO?
Ich wünsche Ihnen eine erhellende Lektüre,
Sechs Monate nach der Gründung und zwei Monate vor den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zeigt sich das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bereit, zu regieren. Je nach Wahlausgang gilt eine Regierungsbeteiligung sogar als durchaus wahrscheinlich.
Bildungspolitisch verspricht die junge Partei “beste Bildungschancen” und eine “Rückbesinnung” auf das Erlernen der Kernkompetenzen. Smartphones und Tablets sollen dafür mindestens aus der Grundschule verbannt werden. In den BSW-Wahlprogrammen auf Landesebene spielt Bildung – anders als beim Europawahlprogramm – eine prominente Rolle.
In allen drei Bundesländern legt die Partei einen klaren Schwerpunkt auf frühkindliche Bildung. Für Kinder ab drei Jahren fordert das BSW verpflichtende Sprachtests. Treten Defizite zutage, sollen die Kinder zu einem Kita- oder Vorschulbesuch verpflichtet werden. Um eine bessere Betreuung – auch von nicht-deutschsprachigen Kindern – zu ermöglichen, soll es einen niedrigeren Betreuungsschlüssel geben.
In Thüringen geht die neue Partei sogar noch einen Schritt weiter: Alle Kinder bräuchten eine “verbindliche Vorschulerziehung” und es müsse bereits im Kindergarten einen verpflichtenden Lehrplan zum Erwerb von Basiskompetenzen geben, sagt Steffen Schütz, Co-Vorsitzender des Thüringer BSW, zu Table.Briefings. “Viele Kinder sind trotz Besuch einer Kita nicht in der Lage, eine Schere ordentlich zu halten und beherrschen nicht in ausreichendem Maße das für die Grundschule notwendige Vorwissen.”
Für Brandenburg möchte das BSW das Kita-Gesetz neu aufrollen und unter anderem das Kita-Angebot kostenfrei machen. In Sachsen belässt es das BSW dagegen dabei, die stark variierenden Gebühren für die Kindertagesstätten zu kritisieren.
Einig ist man sich aber in einer Sache: Smartphones und Tablets sollten bis mindestens zur vierten Klasse tabu sein. Ali Al-Dailami sitzt für das BSW im Bildungsausschuss des Bundestags. Table.Briefings sagt er: “Es gibt Schüler, die die Grundschule verlassen und immer noch nicht richtig schreiben können.” Um das zu lernen, brauche es keine iPads. “Dafür reichen Stift und Papier.” Mögliche Chancen, die der Einsatz intelligenter Tutorsysteme für das Lernen und den Umgang mit heterogenen Klassen haben kann, lässt das BSW unerwähnt.
Ab der weiterführenden Schule müsse “der Erwerb praktischer Digital- und Medienkompetenzen” allerdings einen stärkeren Stellenwert bekommen, sagt der Thüringer Landesvorsitzende Schütz. “Hierzu bedarf es neuer Lehr- und Lernkonzepte, die von Expertengruppen zu erarbeiten sind, sowie einer zeitgemäßen technischen Ausstattung von Schulen, Schülern und Lehrern.”
Ansonsten möchte das BSW unter anderem folgende schulpolitische Vorhaben angehen:
Außerdem spricht sich das BSW für ein längeres gemeinsames Lernen aus – ohne jedoch konkret zu werden. “Die Selektion findet jetzt zu einem Zeitpunkt statt, an dem den Schülern vielleicht auch nicht bewusst ist, wie wichtig Schule ist”, sagt Al-Dailami zu Table.Briefings. Die Schüler sollten lieber bis zu einem gewissen Bildungsabschluss gemeinsam lernen. Das müsse das BSW aber noch diskutieren.
Unklar ist auch, wie das BSW seine bildungspolitischen Vorhaben finanzieren möchte. Neben der kostenlosen Kita in Brandenburg fordert die Partei in allen drei Ländern auch ein kostenloses Mittagessen in Kitas und Grundschulen – ganz zu schweigen von den Ausgaben, die für mehr Personal und eine bessere Ausstattung an Schulen anfallen.
Al-Dailami gibt sich diesbezüglich aber zuversichtlich: “Ich glaube, die Finanzierungsfrage ist lösbar.” Denn: “Alles, was wir jetzt nicht ins Bildungssystem investieren, wird sich in zehn Jahren mehrfach rächen.” Außerdem “waren ja auch plötzlich 100 Milliarden Euro für die Zeitenwende vorhanden”, sagt Al-Dailami.
Und es gibt noch einen Hebel, den das BSW sieht: Finanzspritzen vom Bund. Diese Unterstützung wolle man einfordern, sagt Steffen Schütz in Bezug auf einen weiteren Digitalpakt. Doch auch darüber hinaus müsse man darüber reden, “welchen Einfluss der Bund in der Bildung bekommt”, sagt Al-Dailami. “Der Bund braucht mehr Mitspracherecht, muss aber dafür auch einen größeren Teil zur Finanzierung des Bildungssystems beitragen.”
Zwischen all diesen Zielen blitzen mal Eigenheiten der Länder, mal die Färbungen der Parteigründerin Sahra Wagenknecht hervor. So nimmt sich beispielsweise Sachsen, in dem es besonders viele Schulabbrecher gibt, vor, diese Quote zu senken. Und Brandenburg möchte ein Genderverbot einführen.
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Doch auch Wagenknechts Handschrift ist deutlich zu erkennen, wenn etwa vor einem “Wehrkundeunterricht 2.0” und Cancel Culture gewarnt wird und wahlweise gegen das “Erfurter Regierungschaos” oder “das Potsdamer Kenia-Chaos” gewettert wird.
Wie groß der Einfluss der jungen Partei letztlich auf die Bildungslandschaft sein wird, hängt davon ab, wie viele Stimmen sie im Herbst gewinnt und ob sich andere Parteien auf eine Koalition einlassen. Angesichts der hohen Zustimmungswerte zur AfD einerseits und zum BSW andererseits relativierte ausgerechnet CDU-Chef Friedrich Merz kürzlich seine Meinung. Bezeichnete er die Partei noch im Juni als sowohl links- als auch rechtsextrem, scheint es nun so, als wolle die Union sich eine Hintertür für eine Koalition offenhalten.
Mehr als 155.000 Unterschriften gegen die Kita-Krise, Stand Dienstag, 15.30 Uhr: Bis zum 9. Juli konnten Unterstützerinnen und Unterstützer die Petition “Jedes Kind zählt” unterschreiben. Die Kampagne fordert unter anderem verbindliche Mindestpersonalstandards und den Ausbau von Kitaplätzen. Das Ziel, 500.000 Unterschriften zu sammeln, wird nicht erreicht. Trotzdem zeigte sich Katja Ross, die die Petition einreichte, zufrieden. “In diesem Jahr sind wir bislang die größte Petition, die an den Deutschen Bundestag gerichtet wurde“, sagte die Rostocker Erzieherin zu Table.Briefings. Ross rechnet damit, dass die Zahl der Unterschriften noch deutlich wachsen wird, da viele Listen schriftlich eingereicht werden. “Ich hoffe, dass wir auch im Nachhinein noch genug Druck aufbauen können, sodass die Politik einfach nicht wegschauen kann.”
Die Resonanz auf die Kampagne zeigt, welche Bedeutung dem Thema inzwischen beigemessen wird. “Ich hoffe sehr, dass sie dazu beiträgt, dass das im Koalitionsvertrag vereinbarte Qualitätsentwicklungsgesetz mit einer kontinuierlichen finanziellen Förderung des Bundes und einheitlichen Qualitätsstandards jetzt auf den Weg gebracht wird”, sagt auch Rahel Dreyer, Professorin für Pädagogik und Entwicklungspsychologie der ersten Lebensjahre an der Alice Salomon Hochschule Berlin zu Table.Briefings. Nur mit einer stärkeren Beteiligung des Bundes an der Finanzierung seien gleichwertige Bildungschancen in ganz Deutschland möglich. Die Wissenschaftlerin macht sich auch in den Medien seit Jahren dafür stark, die Lage in den Kitas zu verbessern.
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Erik von Malottki, stellvertretender familienpolitischer Sprecher der SPD, hob vor wenigen Tagen bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ebenfalls die Bedeutung der Kampagne “Jedes Kind zählt” hervor. “Die Zivilgesellschaft macht sich auf den Weg”, sagte er. Die Lobby sei aber immer noch zu klein – vor allem auch in der Politik. Aus seiner Sicht muss der Bund eine zentrale Rolle spielen, weil er “der einzige Akteur ist, der in der Lage ist, eine Antwort auf die dringenden Probleme zu koordinieren und bundesweit einheitlich zu regeln”. Immerhin gibt es nach der Verständigung auf einen Haushalt aus der Ampel-Koalition das Signal, dass sie 2025 und 2026 jeweils zwei Milliarden Euro in die Kita-Qualität investieren will. Die Investitionen sollten auch dazu beitragen, Bildungsungerechtigkeit früh entgegenzuwirken.
Die Realität ist derzeit eine andere, wie die in der vergangenen Woche vorgestellte Studie “Kitas 2. Klasse?” für die FES zeigt. Dafür haben die Erziehungswissenschaftler Andy Schieler und Daniela Menzel vom Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit (IBEB) in Rheinland-Pfalz Kitas in unterschiedlichen Lagen miteinander verglichen: In den einen Kitas gab es keine Kinder mit sozioökonomisch benachteiligtem Hintergrund. In den anderen lag ihr Anteil bei mindestens 31 Prozent. Die Unterschiede in Bezug auf Belastungen und Ressourcen sind demnach beträchtlich.
Die unterschiedlichen Ausgangslagen führen auch zu erheblichen Qualitätsunterschieden zwischen den Kitas. “Wir haben ein paar Missverhältnisse identifiziert: Wir sehen in der Konstellation von Zusammensetzung der Kita und den personellen Ressourcen, die da sind, keine Entsprechung”, so Andy Schieler. Dabei bräuchten gerade die Kitas eine bessere Ausstattung, in denen es viele Kinder mit Förderbedarf gibt.
Um einheitliche Qualitätsstandards zu erreichen, leiten die Wissenschaftler unter anderem diese Handlungsempfehlungen ab:
Auch Erik von Malottki teilt diese Forderungen. Vor allem betont er auch, dass sich die Arbeitsbedingungen in den Kitas verbessern sollten: “Um aus dem Teufelskreis auszubrechen, brauchen wir mehr Qualität und müssen die Arbeitsbedingungen attraktiver machen, um Erzieherinnen und Erzieher wieder ins Berufsfeld zurückzuholen.” Die folgenden Standards sollten aus Sicht des SPD-Politikers daher bundesweit einheitlich geregelt werden:
Bildungsforscher Kai Maaz hatte bei der Vorstellung des Nationalen Bildungsberichts noch eine weitergehende Forderung aufgestellt: “Wir brauchen ein Startchancen-Programm für Kitas“, sagt er, weil sich die sozial bedingten Unterschiede zwischen den Kindern im Wesentlichen schon vor Schuleintritt ausbilden würden. Daher sei es wichtig, möglichst früh bei ungleichen Ausgangslagen gegenzusteuern. Auch Rahel Dreyer würde sich ein Startchancen-Programm für Kitas wünschen: “Ein Startchancen-Programm für Kitas wäre definitiv sinnvoll, um Einrichtungen in herausfordernden Lagen zu stärken.”
Bildungsberater, KMK-Kenner, Reformer: In seiner Kolumne denkt Ex-Bildungsstaatssekretär Mark Rackles jeden Monat Bildungspolitik neu. Erfahren Sie hier mehr über die Vita unseres Kolumnisten.
Manchmal wiehert der Amtsschimmel auch fern der KMK und des Bildungsföderalismus: Kennen Sie die ArbSchProdZustLVO? Wird auch ausgeschrieben kaum verdaulicher: Es handelt sich um die “Arbeitsschutz-Produktbereitstellung-Zuständigkeitslandesverordnung”. Selbstverständlich heißen diese Regelungen in jedem Bundesland anders und kommen auch für jedes Bundesland zu leicht unterschiedlichen Regelungsergebnissen. Geregelt wird durch Verordnungen dieser Art die Zuständigkeit für die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, und damit wären wir bei der Lehrkräftearbeitszeit.
Es ist jetzt gut 18 Monate her, dass das Bundesarbeitsgericht in Leipzig zum Erstaunen vieler (auch Kultusministerien) entschieden hat, dass alle Arbeitgeber in Deutschland die Arbeitszeit für alle Beschäftigten in Deutschland zu erfassen haben. Alle. Nur so – das hatte bereits der Europäische Gerichtshof 2019 klargestellt – sei der Arbeitsschutz wirksam kontrollier- und durchsetzbar.
Ungewohnt schnell kamen die Länder in die Gänge und auf die erstaunliche Idee, als öffentliche Arbeitgeber beziehungsweise Dienstherren für knapp eine Million schulisch Beschäftigte eine Ausnahme vom Arbeitsschutz zu beantragen. So merkwürdig dieses Agieren der Bildungsministerien aus Perspektive der Rechtsstaatlichkeit und des Gesundheitsschutzes wirkt, so schnell und klar hat das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales im August 2023 diesen Versuch des Abbaus von Schutzrechten abgelehnt. Und frei Haus auch klargestellt, dass der Arbeitsschutz sowie die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bereits heute und sowohl für Beamte als auch für Tarifangestellte gelten. Seither rätselt eine KMK-interne Kommission zur Arbeitszeiterfassung über das weitere Vorgehen, und das kann erfahrungsgemäß dauern.
Um die Zeit dieser KMK-Variante des Beamten-Mikados (“Wer sich zuerst bewegt, hat verloren!”) zu überbrücken, habe ich bei den Ländern nachgefragt: Wer ist eigentlich im jeweiligen Land für den Arbeitsschutz bei Lehrkräften zuständig? Hintergrund meiner Nachfrage waren die im jährlichen Turnus auflaufenden empirischen Studienergebnisse – insbesondere der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen. Sie weisen durchgehend ein substanzielles Maß an Überstunden bei Lehrkräften nach. Das ist rein theoretisch und auch ganz praktisch ein Fall für den Arbeitsschutz.
Aber wer ist jetzt für die Einhaltung des Arbeitsschutzes in Bezug auf die Arbeitszeiten bei Lehrkräften zuständig? Wenn Sie in bürgerlicher Naivität und föderaler Unkenntnis eine einfache oder gar einheitliche Antwort erwartet haben, so werden Sie enttäuscht sein. Neben der ehrlich-offenbarenden Antwort eines südwestlichen Gewerbeaufsichtsamts (“mutmaßlich das Kultusministerium”) und der bayerischen Variante des Durchduckens (“Die Schulleitung”!) überwiegt die typisch deutsche Antwort “Das hängt ganz davon ab …”.
Warum einfach, wenn man doch das Berufsbeamtentum hat? Für etwa ein Drittel der 975.000 Lehrkräfte – das angestellte Drittel der Tarifangestellten – gelten die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsschutzes. Damit sind in der Regel die Gewerbeaufsichtsämter zuständig. Für die zwei Drittel der Lehrkräfte, die Beamte sind, gilt das nach Ansicht vieler Länder nicht. Die Zuständigkeit der Arbeitsschutzbehörden wird für die verbeamteten Lehrkräfte mit Verweis auf die Landesbeamtengesetze und die jeweiligen Arbeitszeitverordnungen verneint.
Allerdings darf man hier keine einheitliche Rechtsauffassung erwarten: Ein Land verweist ausdrücklich auf die Arbeitszeitverordnung als “eigenständigen und speziellen Rechtsbereich, der vom Arbeitsschutzgesetz unberührt bleibt”. Ein anderes Land kommt im Gegensatz dazu zum Schluss, dass die oberste Landesschutzbehörde gemäß ArbSchProdZustLVO auch für Beamte zuständig ist, da das Arbeitsschutzgesetz und seine Verordnungen für alle Beschäftigten (inklusive Beamte) gelte.
Im Ergebnis werden verbeamtete Lehrkräfte im Schuldienst also im Fall von dauerhaften Überstunden und der (empirisch zumindest naheliegenden) Gefahr anhaltender Überlastung in fast allen Ländern genau an die Instanz verwiesen, die die kritisierte Arbeitsorganisation verantwortet: die Dienstbehörde (entweder in Form der Schulleitung oder das Bildungsministerium selbst).
In der Privatwirtschaft wäre es abwegig, den Beschäftigten, der eine Verletzung des Arbeitsschutzes anzeigen will, abschließend an den Vorgesetzten oder die Betriebsleitung zu verweisen. Genau dafür wurde die Gewerbeaufsicht mit ihren Eingriffsrechten geschaffen. Im Fall der Landesbeamten im staatlichen Schuldienst wird der Bock zum Gärtner gemacht: Das Ministerium, das die Unterausstattung mit Ressourcen verantwortet, beziehungsweise die Schulleitung, die keine eigenen Kompetenzen zur Abhilfe hat, sollen hier als Aufsicht und abhelfende Stelle der Beschwerde dienen. Damit läuft der Arbeitsschutz für Beamte im Fall der Lehrkräfte und der nach wie vor fehlenden Arbeitszeiterfassung in Deutschland leer. Ein Grund mehr, warum insbesondere die verbeamteten Lehrkräfte in Deutschland ein besonderes Interesse an der Arbeitszeiterfassung haben sollten.
Nadine Schön, seit 2009 Bundestagsabgeordnete der CDU aus dem Saarland und seit 2014 eine von elf Vize-Fraktionsvorsitzenden der Union, tritt 2025 nicht erneut für den Bundestag an. Das hat die CDU-Politikerin in ihrem Ortsverband bekannt gegeben.
Schön sagte zu Table.Briefings: “Nach reiflicher Überlegung und in engem Austausch mit meiner Familie und engen Freunden habe ich heute meine Parteifreunde darüber informiert, dass ich mich entschieden habe, bei der anstehenden Bundestagswahl nicht mehr als Kandidatin anzutreten.” Sie habe in ihrer Zeit viel für das Saarland und die Menschen in ihrem Wahlkreis tun können, dennoch: “Politik lebt vom Wechsel und nach vier Perioden im Bundestag bin ich der Meinung, dass bei der nächsten Wahl Zeit für einen Wechsel ist.”
Die 41-Jährige ist als stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion seit dieser Legislaturperiode für die Themen Bildung, Forschung und Digitales verantwortlich. Einen besonderen Fokus legt sie als Digitalpolitikerin dabei auf Programme wie den Digitalpakt Schule und deren Fortsetzung sowie den Bürokratieabbau. Für eine künftige Bundesregierung unter Führung der Union wurde Schön als mögliche Bildungsministerin gehandelt. mb, max
Nur 25 von 100 Kindern aus einem nicht-akademischen Elternhaus beginnen in Deutschland ein Studium. Das zeigt der neue Bildungstrichter des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) für das Jahr 2021 (zum Download). Bei Kindern aus Akademiker-Familien, in denen mindestens ein Elternteil ein Studium abgeschlossen hat, nahmen sehr viel mehr ein Studium auf: 78 von 100.
Die Forscher konstatieren: Die Bildungswege hängen immer noch stark vom elterlichen Bildungshintergrund ab. “Trotz der deutlichen Akademisierung der vergangenen Jahre – etwa die Hälfte der jungen Erwachsenen beginnt mittlerweile ein Studium – bleibt es sehr ungleich”, sagte Sandra Buchholz, Studienautorin und Leiterin der Abteilung Bildungsverläufe beim DZHW Table.Briefings. Tatsächlich sei die Zahl der Nicht-Akademiker-Kinder, die an die Hochschule gehen, unverändert: “In den gesamten vergangenen 20 Jahren sind es im Mittel 25 von 100 Nicht-Akademiker-Kindern, die ein Studium aufnehmen. Es gibt nur kleine statistische Ausschläge.”
Die Ungleichheiten beginnen teilweise schon in der Schulzeit: Kinder von Nicht-Akademikern besuchen bereits seltener Schulen, die zur Hochschulreife führen (46 von 100) als Kinder von Akademikern (80 von 100).
Nicht-Akademiker-Kinder nutzen zudem sehr viel häufiger alternative Bildungswege, um die Hochschulreife zu erlangen, und sind damit stärker auf das berufliche Schulsystem angewiesen.
Bei der Frage, wie viele ein Studium beginnen, gibt es innerhalb der Gruppe der Nicht-Akademiker-Kinder aber große Unterschiede: Jugendliche, deren Eltern keinen beruflichen Abschluss haben, sind noch schlechter vertreten als Kinder aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil eine berufliche Ausbildung abgeschlossen hat. Sehr viel besser sieht es bei jungen Menschen aus, bei denen mindestens ein Elternteil einen Meister- oder Technikerabschluss erworben hat.
Dass Nicht-Akademiker-Kinder insgesamt seltener studieren, ist nicht bloß auf schlechtere schulische Leistungen zurückzuführen. Eine große Rolle spielen daneben:
“Damit mehr Nicht-Akademiker-Kinder ein Studium beginnen, ist entscheidend, dass sie besser informiert und beraten werden“, sagt Buchholz. Beim Bafög könne neben der Höhe des Satzes zudem eine frühere finanzielle Zusage für die Förderung ausschlaggebend sein. Anna Parrisius
Auf EU-Ebene hat sich eine neue Gruppe aus Expertinnen und Experten gegründet, um länderübergreifende Richtlinien zu digitalen Bildungsinhalten zu erarbeiten. Erstmals kam die “expert group on digital content” (DEC) am 2. Juli zusammen. Sie umfasst 24 Mitglieder aus 19 Ländern. Als internationale Beobachter werden zudem OECD, UNESCO und die Weltbank aufgeführt.
Bis zum Juli 2025 soll das neue Gremium arbeiten. In diesem Zeitraum will es eine gemeinsame Terminologie, Anforderungen und auch Qualitätskriterien für das Erstellen, Verbreiten und Nutzen von digitalen Bildungsinhalten festlegen. Unter anderem sollen die Richtlinien Lehrkräften dabei helfen, hochwertigen Content auszuwählen.
Die Expertengruppe fügt sich somit ein in eine Reihe von Bestrebungen auf EU-Ebene, EdTech und Künstliche Intelligenz in der Bildung zu regulieren – wofür sich insbesondere der Europarat einsetzt -, sowie digitale Inhalte zu definieren und zu evaluieren – wofür bisher vor allem die EU-Kommission zuständig war. Im Oktober 2023 erschien dazu eine Studie der Kommission, die sich mit digitalem Lernen innerhalb von frühkindlicher bis hin zu beruflicher und höherer Bildung befasst.
Der DEC gehören 13 Einzelpersonen an. Dazu zählt die aus Deutschland stammende Daniela Hau. Sie leitet die Innovationsabteilung des Service de Coordination de la Recherche et de l’Innovation pédagogiques et technologiques (SCRIPT), einem Teil des luxemburgischen Bildungsministeriums. Weitere Köpfe der Fachgruppe sind etwa:
Zu den beteiligten Organisationen gehören unter anderem:
Beth Havinga, Managing Director der European EdTech Alliance, teilte via LinkedIn mit, dass sie sich freue, “in die wichtige Arbeit, die Qualität digitaler Bildungsinhalte zu definieren”, die Perspektive der EdTech-Unternehmen einzubringen. Erst kürzlich betonte sie auf einer Veranstaltung, wie wichtig einheitliche Definition und Evaluationsmechanismen seien, “damit Schulen Vertrauen in EdTechs gewinnen können”. hsc/vkr
Neue Ergebnisse bundesweiter Vergleichsarbeiten (Vera) zeigen: 24 Prozent der rund 80.000 Drittklässlerinnen und Drittklässler in Baden-Württemberg können nicht richtig lesen. Beim Zuhören erreichen 28 Prozent nicht die Mindeststandards und beim Rechnen sind es sogar 29 Prozent. Auch bei den getesteten Achtklässlern zeigen sich starke Defizite.
Besonders häufig verfehlen der Studie zufolge Kinder die Mindeststandards, die zu Hause überwiegend nicht Deutsch sprechen. Zudem gebe es einen Zusammenhang zwischen dem kulturellen Kapital zu Hause – gemessen an der Zahl der Bücher im Haushalt – und den Ergebnissen der Vergleichsarbeiten.
Bei den Achtklässlern mit weniger als zehn Büchern im Haushalt erreichte mehr als die Hälfte nicht die Mindeststandards beim Lesen. Bei Jugendlichen aus Haushalten mit 100 bis 200 Büchern zu Hause lag dieser Anteil dagegen nur bei elf Prozent. Im Landesschnitt landete beim Lesen jeder fünfte Achtklässler unterhalb der Mindeststandards, die für den mittleren Schulabschluss notwendig sind.
Große Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Schularten. Während am Gymnasium nur zwei Prozent unter dem Mindeststandard liegen, sind es an der Gemeinschaftsschule 42 Prozent, an den Haupt- und Werkrealschulen sogar 59 Prozent. Allerdings streben dort auch nicht alle Schülerinnen und Schüler den Mittleren Schulabschluss an. In Mathematik landete landesweit sogar jeder dritte Achtklässler unter den Mindeststandards.
Überrascht haben ihn diese dramatischen Ergebnisse nicht, sagt Andreas Sturm, bildungspolitischer Sprecher der CDU, Table.Briefings. “Genau deshalb war uns bewusst, dass wir das Sprachförderpaket unbedingt, trotz schlechter Haushaltslage, beschließen müssen.” Dieses Paket sieht unter anderem eine verpflichtende Sprachförderung für Vorschulkinder vor, wenn bei der Einschulungsuntersuchung ein intensiver Förderbedarf festgestellt wurde.
Lesen Sie hier: Welche Pläne die grün-schwarze Regierung im Ländle für eine neue Sprachförderung in Kitas und Grundschulen hat
Die Ergebnisse der Vera-Tests fließen dem Kultusministerium zufolge in das Schuldatenblatt ein, welches der Schulaufsicht zur Verfügung steht. Dieses Datenblatt schlüsselt für jede Schule den Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund, Unterrichtsausfall oder Kompetenzen der Schüler im Vergleich zum Landesschnitt auf. Erstmals können sich seit diesem Jahr auch Lehrkräfte den Lernstand der Kinder grafisch anzeigen lassen. dpa/vkr
Nordrhein-Westfalen will ausländischen Bewerbern den Zugang zu einer Ausbildung in Pflege- und Gesundheitsberufen erleichtern. Vor allem geeignete Personen aus den Ländern Algerien, Indien, Iran, Marokko, Tunesien, Türkei und aus der Ukraine sollen davon profitieren. Dank einer entsprechenden Allgemeinverfügung können sie die Gleichwertigkeit ihres Schulabschlusses nun mit einem Abschluss der Sekundarstufe I grundsätzlich ohne Einzelfallprüfung nachweisen, wie die Landesregierung in Düsseldorf ankündigte.
Auch für Bewerber aus anderen Ländern können Schulen der Pflege- und Gesundheitsfachberufe ab sofort eine Vorabanerkennung von Schulabschlüssen der Sekundarstufe I beantragen. Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, der demografische Wandel und der Mangel an Arbeits- und Fachkräften erfordere “neue Handlungsansätze und weniger Bürokratie”. Bildungsministerin Dorothee Feller ergänzte: “Im Wettbewerb um die Fachkräfte von heute und morgen können wir nicht an den Verfahren von gestern festhalten.”
Bislang war der oft langwierige Nachweis einer zehnjährigen Schulausbildung und ausreichender Deutsch-Kenntnisse ein Hemmschuh für viele Bewerber. Fynn Kaese, Leiter für Aus- und Weiterbildung bei Talent Orange, einem Personalvermittler in der Pflege, im Gesundheitswesen und im sozialen Sektor, hält das Absenken der Hürde daher auch für “sehr sinnvoll”. Insbesondere Bewerber aus Marokko und Tunesien hätten nach seiner Erfahrung zum Teil “ärgste Probleme”, die nötigen Dokumente zu erhalten. “Die deutschen Botschaften weigern sich dort, eine Beglaubigung der Schulzeugnisse vorzunehmen. Sie sind völlig überlastet und trauen den örtlichen Dokumenten wahrscheinlich nicht.”
Andere Bundesländer sollten sich Kaese zufolge ein Beispiel an NRW nehmen. “Ein verschwindend geringer Teil der Bewerber ist bisher an der individuellen Gleichwertigkeitsprüfung gescheitert, teilweise weil eine einzelne Note aus den drei vorhergehenden Schuljahren nach deutschem Maßstab nicht ausreichte.” Eine Gefahr, dass durch die ausbleibende Einzelprüfung der Zeugnisse in NRW künftig auch ungeeignete Azubis zum Zug kommen könnten, sieht Kaese nicht. “Von zentraler Bedeutung ist, dass Pflegeschulen oder Krankenhäuser die Bewerber im Auswahlprozess ausreichend prüfen und vor allem auf ihre persönliche Eignung achten.” dpa/anpa
Von der Cannabis-Legalisierung sind Minderjährige ausgenommen und in Sichtweite von Schulen wie Kitas darf nicht gekifft werden. Aber: Schulen können Schülerinnen und Schülern über 18 Jahren und Lehrkräften nicht verbieten, bis zu 25 Gramm der Droge in der Schule mit sich zu führen. Das geht aus einem Erlass des Schulministeriums in NRW an alle Schulen hervor. Selbst mit der Hausordnung könnten Schulen das Bundesrecht nicht aushebeln.
Das Schulministerium empfiehlt den Einrichtungen aber, “in der Schulordnung oder auf andere geeignete Weise, eine Aussage zu treffen, dass das Mitbringen von Cannabis durch Volljährige im schulischen Kontext als unerwünscht angesehen wird”. Konkret empfiehlt das Ministerium, zu schreiben, dass “das Mitbringen von Zigaretten, E-Liquids, Cannabis, Alkohol und sonstigen Suchtmitteln nicht erwünscht” sei. Der Erlass ist schon vom 31. Mai, wurde jetzt aber erst durch einen Bericht der Rheinischen Post öffentlich.
Bei einer Klassenfahrt, an der nur volljährige Schüler teilnehmen, dürften diese laut Ministerium auf “den ersten Blick Cannabis konsumieren, sofern nicht Minderjährige in unmittelbarer Gegenwart sind”. Tatsächlich sei das Kiffen aber dennoch verboten, allein schon, weil an den Ausflugszielen mit Sicherheit auch Minderjährige in der Nähe sein würden. Eine Klausel im Landesschulgesetz verbiete zudem den Konsum von Rauschmitteln im schulischen Kontext, mit Ausnahme etwa von alkoholischen Getränken bei Abiturfeiern.
Cannabis für den Unterricht in der Schule anzupflanzen, dürfen Lehrkräfte laut Erlass nicht, auch nicht zu Lehrzwecken. Das gehöre nicht zu den “wissenschaftlichen Zwecken”, wie sie als Ausnahme im Bundesgesetz vorgesehen seien.
Die Landeselternschaft der Integrierten Schulen (LEiS) kritisiert, dass der Bund den Schulen keine Möglichkeit für klare Verbote für den Besitz von Cannabis gegeben hat. Der Vorsitzende Harald Amelang sagte: “Diese Lücke in den rechtlichen Rahmenbedingungen stellt eine ernsthafte Schwachstelle in unserem Bildungssystem dar und behindert die Schulen in ihrem wichtigen Auftrag, unsere Kinder und Jugendlichen zu schützen.”
Ayla Çelik, Landeschefin der Bildungsgewerkschaft GEW, sagte: “Gerade bei volljährigen Schülerinnen und Schülern, die Cannabis konsumieren, ist der Konsum kaum zu vermeiden oder zu kontrollieren, da diese das Schulgelände verlassen dürfen.” Bisher seien der Gewerkschaft jedoch keine Auffälligkeiten aus den Schulen berichtet worden, die auf einen vermehrten Cannabiskonsum hinweisen. dpa/anpa
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Frank Hinte weiß, wovon er spricht, wenn es um das Thema Ausbildung geht. Er selbst hat 1991 die Ausbildung zum Verlagskaufmann absolviert. Heute will er als Geschäftsführer der Deutschen Kinder und Jugendstiftung (DKJS) das Image der Ausbildung verbessern. Und setzt sich besonders für jene Schülerinnen und Schüler ein, die die Schule ohne Abschluss oder maximal mit erstem Schulabschluss verlassen – jedes Jahr etwa ein Fünftel. Denn sie haben ein erhöhtes Risiko, keine Ausbildung zu finden und drohen, ohne berufliche Qualifikation zu bleiben.
Ein zentrales Problem in Hintes Augen: Viele kennen die duale Ausbildung und ihre Chancen nicht, gerade junge Menschen mit einer Flucht- oder Migrationsbiografie. Zwar gibt es Beratungs- und Unterstützungsangebote. Gerade die Jugendlichen und ihre Familien, die Hilfe am dringendsten benötigen, nehmen sie aber oft nicht in Anspruch. “Zu vielen Menschen in diesen Lebenswelten fehlt entweder das Wissen, die Verständigungsmöglichkeit oder das Zutrauen, um in den Austausch zu gehen”, sagt Hinte. Deshalb müsse man sie stärker aufsuchen.
In der Ampel-Regierung vermisst Hinte hierfür das Problembewusstsein. “Ich sehe, dass viel Geld in das System fließt”, sagt er. “Aber wo ist das große gemeinsame Verständnis von Politik und Gesellschaft, Perspektivlosigkeit von jungen Leuten nicht mehr hinnehmen zu wollen und aktiv nach einer wirksamen und bedarfsgerechten Lösung zu suchen?” Dafür, dass sich hier etwas ändert, setzt Hinte sich ein. Sein Ziel: Dass sich im Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung das klare Bekenntnis findet, Ressourcen für mehr Berufsorientierung, ein erfolgreicheres Übergangssystem und moderne Berufsschulen zur Verfügung zu stellen. Die Ausbildungsgarantie könne da nur der erste Schritt sein. Ab August sollen in ihrem Rahmen mehr Jugendliche von einer außerbetrieblichen Ausbildung profitieren.
Hinte kam 2011 zur Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und verantwortete dort zunächst den Bereich Finanzen, Recht und Personal. Nach seiner Ausbildung hatte er Wirtschafts- und Medienwissenschaften studiert und danach in verschiedenen Medienhäusern leitende Funktionen übernommen, zuletzt für den gemeinnützigen Verlag Chrismon des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik.
Da die DJKS jemanden mit wirtschaftlicher Expertise suchte, fühlt Hinte sich angesprochen. Über seinen Werdegang sagt der 55-Jährige, er sei vom Verlag in ein gemeinnütziges Medienhaus gewechselt, dann seien die Medien weggefallen, aber “die Gemeinnützigkeit blieb.”
Seit 2018 ist Hinte Geschäftsführer der DJKS. Den Posten teilt er sich mit Anne Rolvering, früher Leiterin der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa und davor in verschiedenen Funktionen bei der Stiftung Mercator. Generell will die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung Bildungschancen junger Menschen ab dem Kita-Alter verbessern. Dafür setzt sie bundesweit Programme und Projekte mit Partnern um.
Mit Schülerfirmen will sie Zukunftskompetenzen von Jugendlichen stärken und arbeitet dafür eng mit Schulen zusammen. Ziel sei es vor allem, “Kinder und Jugendliche zu ermutigen, ihren Weg zu finden und zu gehen”, sagt Hinte. Die Schüler – die freiwillig teilnehmen – machten wichtige Selbstwirksamkeitserfahrungen und würden die eigenen Stärken erkennen.
Im Rahmen von “Wir stärken Mädchen” bietet die Stiftung unter anderem Workshops für Lehrkräfte für eine gendersensible Berufsorientierung an. Diese braucht es in Hintes Augen dringend. “Häufig stehen Mädchen vor dem Problem, dass Lehrer und ihre Eltern sie aufgrund überkommener Rollenbilder unterschätzen und ihnen weniger zutrauen.”
Punktuell arbeitet die Stiftung auch mit Berufsschulen zusammen, unter anderem um den Unternehmergeist von Jugendlichen zu fördern. Dafür zeigen sie ihnen, wie sie mit ihrer Ausbildung eine unternehmerische Karriere starten und sich selbstständig machen können. In Hintes Augen erhalten Berufsschulen zu wenig Aufmerksamkeit. Sie müssten mehr dabei unterstützt werden, mit externen Partnern zu kooperieren. Und es brauche neue Angebote, die Berufsschüler darauf vorbereiten, dass “Brüche, Transformations- und Veränderungsprozesse” in einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt Teil ihres beruflichen Lebens sein werden.
Seine Arbeit sieht Frank Hinte als Beitrag zum sozialen Zusammenhalt: Junge Menschen nicht in Perspektivlosigkeit zurückzulassen, sieht er als wichtige Maßnahme gegen die Protestwahl demokratiefeindlicher Parteien. Kira Münsterberg
Research.Table. Arne Semsrott: “Das kann Wochen oder Monate dauern, wenn das Ministerium weiter mauert”. FragDenStaat hat Ende Juni die Akten im Fall der BMBF-Fördermittel-Affäre veröffentlicht. Doch dann bemerkten die Aktivisten des Portals für Informationsfreiheit, dass ihnen womöglich Akten vorenthalten wurden – nämlich der Inhalt interner Chats per Blogging-Dienst Wire. Warum das Grund für einen Eilantrag war, lesen Sie hier.
Research.Table. DAAD-Förderranking: Warum die TUs München und Berlin seit Jahren an der Spitze sind. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hat die Förderbilanzen für das Jahr 2023 veröffentlicht. Die Hochschulen in München und Berlin sind weiter Spitze. Welche Hochschulen ebenfalls gut abschneiden, lesen Sie hier.
Table.Today. Baden-Württemberg: Wie die CDU das Ländle zum bildungspolitischen Vorreiter machen möchte. Die Bildungspartnerschaft zwischen Eltern auf der einen und Bildungseinrichtungen auf der anderen Seite habe eine “krasse Schieflage” erlitten, sagt CDU-Landesvorsitzender Manuel Hagel im Podcast. Wie er die Strukturen konkret ändern möchte und was das für die Kommunen bedeuten würde, hören Sie hier (ab Minute 14.00).
General-Anzeiger: Feller für mehr Länderabsprache bei Sommerferien. NRW-Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) spricht sich für eine Änderung der Ferien-Regelung aus. Die Bundesländer wechseln sich mit dem Start der Sommerferien ab – bis auf Bayern und Baden-Württemberg. Dies sei Feller zufolge nicht mehr zeitgemäß. Ein insgesamt späterer Sommerferienstart könne dabei helfen, den heißen Spätsommer zu überbrücken. In dieser Zeit fällt aufgrund von Hitzefrei der Unterricht häufiger aus. (NRW soll später in Ferien starten)
NDR: CDU will Erwachsenenbildung ausbauen. Die CDU-Fraktion in Niedersachsen möchte Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsene an Universitäten und Berufsschulen einführen. Erwachsene sollen sich zu Themen wie KI weiterbilden können – das unterstützt vor allem den Mittelstand. Durch das Kursangebot könnten die Berufs- und Hochschulen Geld verdienen. Um das Recht auf Weiterbildung in der Landesverfassung zu verankern, benötigt die Oppositionspartei eine Zwei-Drittel-Mehrheit. (CDU will Unis und Berufsschulen für Weiterbildung öffnen)
NDR: Hamburger Pilotschulen führen Pflichtfach Informatik ein. In Hamburg wird Informatik ab August 2025 von der achten bis zur zehnten Klasse verpflichtend. Dieses Jahr starten schon die ersten acht Schulen. Für die vier wöchentlichen Informatikstunden müssen sie bei anderen Fächern kürzen. Die GEW kritisiert, dass diese Entscheidung allein bei den Schulen liegt – ohne vorgegebene Richtlinien der Schulbehörde. Zusätzlich zu den bisherigen 340 Informatiklehrern befinden sich momentan 120 in Ausbildung. (Informatik als Pflichtfach: Erste Hamburger Schulen starten Test)
SWR: Wie zeitgemäß ist das Gymnasium? Die Bundesvorsitzende des Philologenverbands Susanne Lin-Klitzing diskutiert mit Bob Blume über die Zukunft des Gymnasiums. Lin-Klitzing verteidigt das plurale Schulsystem als Reaktion auf eine vielseitige Gesellschaft. Die individuelle Förderung sei hier leichter für Lehrkräfte zu gewährleisten. Sie begrüßt ebenfalls eine verbindlichere Grundschulempfehlung. (Susanne Lin-Klitzing: Das Gymnasium der Zukunft)
ORF: Unterstützung für Wiener Schulen. Das Projekt “Wiener Bildungsversprechen” soll Schulen und Lehrkräfte unterstützen. Schulen haben die Möglichkeit, Hilfe bei der Stadt zu beantragen. Über vier Semester unterstützen dann Externe beispielsweise bei der Elternzusammenarbeit durch die Einrichtung von Elterncafés. Es startet nun der dritte Durchgang des Projekts. Inzwischen werden 37 Schulen betreut. Die Stadt Wien investiert in das Projekt 7,5 Millionen Euro. (“Bildungsversprechen” nun an 37 Schulen)
05. bis 06. September 2024, Berlin
Fachtagung 2024 zum Projekt “Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung”
Verschiedene Vorträge und Workshops thematisieren die Bedeutung von Demokratiebildung in der Kita. Es wird zudem der Frage nachgegangen, wie eine inklusive Kita aussehen sollte. Bis zum 31.07. ist es noch möglich, sich anzumelden. INFOS & ANMELDUNG
16. bis 18. September 2024, Dresden
Jahrestagung 2024 der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der DGfE
Diese Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft findet unter dem Titel “50 Jahre Zukunft: Paradigmen, Positionen und Perspektiven der Berufs- und Wirtschaftspädagogik” statt. Die behandelten Themen umfassen unter anderem digitale Bildung und Berufsorientierung. Noch bis zum 31.07. ist eine Anmeldung möglich. INFOS & ANMELDUNG
18. bis 20. September 2024, Bamberg
Tagung der DGfE-Kommission Bildung für nachhaltige Entwicklung
Das Thema dieser Tagung ist “Spannungsfelder von Bildung für nachhaltige Entwicklung und die zunehmende Ausdifferenzierung des Feldes”. Es ist ebenfalls möglich, nur am Workshop “Transfer und Austausch: Visionen für Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Lehrkräftebildung” teilzunehmen. Eine Anmeldung zur Teilnahme ist noch bis zum 31.07. möglich. INFOS & ANMELDUNG
18. bis 20. September 2024, Mainz
Zweijahrestagung der Konferenz Geschichtsdidaktik
Bildung befindet sich im Wandel, daher stellt man sich auch im Bereich der Geschichtsdidaktik die Frage, wie angemessen auf diese Herausforderung reagiert werden sollte. Auch der Umgang mit künstlicher Intelligenz ist ein Themenschwerpunkt der Tagung. Für eine Teilnahme ist eine Anmeldung bis zum 16.08. erforderlich. INFOS & ANMELDUNG
die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg rücken näher. Höchste Zeit, in die Parteiprogramme zu schauen. Vera Kraft und Maximilian Stascheit haben das für Sie für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) übernommen. Je nachdem, wie die Sachsen, Thüringer und Brandenburger im September wählen, könnte das Bündnis nämlich erstmals mit an der Regierung beteiligt sein. Und in den Wahlprogrammen spielt Bildung durchaus eine wichtige Rolle – besonders für die Kleinsten.
Um frühkindliche Bildung geht es auch bei einer Petition, die bis gestern unterschrieben werden konnte. Sie ist laut Organisatorin in diesem Jahr die bislang größte, die an den Deutschen Bundestag gerichtet wurde. Holger Schleper und Annette Kuhn beleuchten, dass die Kita-Lobby trotzdem immer noch klein ist. Dabei zeigte erst kürzlich eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass es bei Kitas quasi eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gibt. SPD-Politiker Erik von Malottki forderte daher bessere Arbeitsbedingungen in Kitas.
Dass diese auch an Schulen zu wünschen übrig lassen, ist ein offenes Geheimnis. Wie es um den Arbeitsschutz und insbesondere den Umgang mit Überstunden von Lehrkräften bestellt ist, hat unser Kolumnist Mark Rackles für Sie aufgeschrieben. Freuen Sie sich auf eine kleine Lehrstunde des Bildungsföderalismus unter der vielversprechenden Frage: Kennen Sie die ArbSchProdZustLVO?
Ich wünsche Ihnen eine erhellende Lektüre,
Sechs Monate nach der Gründung und zwei Monate vor den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zeigt sich das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bereit, zu regieren. Je nach Wahlausgang gilt eine Regierungsbeteiligung sogar als durchaus wahrscheinlich.
Bildungspolitisch verspricht die junge Partei “beste Bildungschancen” und eine “Rückbesinnung” auf das Erlernen der Kernkompetenzen. Smartphones und Tablets sollen dafür mindestens aus der Grundschule verbannt werden. In den BSW-Wahlprogrammen auf Landesebene spielt Bildung – anders als beim Europawahlprogramm – eine prominente Rolle.
In allen drei Bundesländern legt die Partei einen klaren Schwerpunkt auf frühkindliche Bildung. Für Kinder ab drei Jahren fordert das BSW verpflichtende Sprachtests. Treten Defizite zutage, sollen die Kinder zu einem Kita- oder Vorschulbesuch verpflichtet werden. Um eine bessere Betreuung – auch von nicht-deutschsprachigen Kindern – zu ermöglichen, soll es einen niedrigeren Betreuungsschlüssel geben.
In Thüringen geht die neue Partei sogar noch einen Schritt weiter: Alle Kinder bräuchten eine “verbindliche Vorschulerziehung” und es müsse bereits im Kindergarten einen verpflichtenden Lehrplan zum Erwerb von Basiskompetenzen geben, sagt Steffen Schütz, Co-Vorsitzender des Thüringer BSW, zu Table.Briefings. “Viele Kinder sind trotz Besuch einer Kita nicht in der Lage, eine Schere ordentlich zu halten und beherrschen nicht in ausreichendem Maße das für die Grundschule notwendige Vorwissen.”
Für Brandenburg möchte das BSW das Kita-Gesetz neu aufrollen und unter anderem das Kita-Angebot kostenfrei machen. In Sachsen belässt es das BSW dagegen dabei, die stark variierenden Gebühren für die Kindertagesstätten zu kritisieren.
Einig ist man sich aber in einer Sache: Smartphones und Tablets sollten bis mindestens zur vierten Klasse tabu sein. Ali Al-Dailami sitzt für das BSW im Bildungsausschuss des Bundestags. Table.Briefings sagt er: “Es gibt Schüler, die die Grundschule verlassen und immer noch nicht richtig schreiben können.” Um das zu lernen, brauche es keine iPads. “Dafür reichen Stift und Papier.” Mögliche Chancen, die der Einsatz intelligenter Tutorsysteme für das Lernen und den Umgang mit heterogenen Klassen haben kann, lässt das BSW unerwähnt.
Ab der weiterführenden Schule müsse “der Erwerb praktischer Digital- und Medienkompetenzen” allerdings einen stärkeren Stellenwert bekommen, sagt der Thüringer Landesvorsitzende Schütz. “Hierzu bedarf es neuer Lehr- und Lernkonzepte, die von Expertengruppen zu erarbeiten sind, sowie einer zeitgemäßen technischen Ausstattung von Schulen, Schülern und Lehrern.”
Ansonsten möchte das BSW unter anderem folgende schulpolitische Vorhaben angehen:
Außerdem spricht sich das BSW für ein längeres gemeinsames Lernen aus – ohne jedoch konkret zu werden. “Die Selektion findet jetzt zu einem Zeitpunkt statt, an dem den Schülern vielleicht auch nicht bewusst ist, wie wichtig Schule ist”, sagt Al-Dailami zu Table.Briefings. Die Schüler sollten lieber bis zu einem gewissen Bildungsabschluss gemeinsam lernen. Das müsse das BSW aber noch diskutieren.
Unklar ist auch, wie das BSW seine bildungspolitischen Vorhaben finanzieren möchte. Neben der kostenlosen Kita in Brandenburg fordert die Partei in allen drei Ländern auch ein kostenloses Mittagessen in Kitas und Grundschulen – ganz zu schweigen von den Ausgaben, die für mehr Personal und eine bessere Ausstattung an Schulen anfallen.
Al-Dailami gibt sich diesbezüglich aber zuversichtlich: “Ich glaube, die Finanzierungsfrage ist lösbar.” Denn: “Alles, was wir jetzt nicht ins Bildungssystem investieren, wird sich in zehn Jahren mehrfach rächen.” Außerdem “waren ja auch plötzlich 100 Milliarden Euro für die Zeitenwende vorhanden”, sagt Al-Dailami.
Und es gibt noch einen Hebel, den das BSW sieht: Finanzspritzen vom Bund. Diese Unterstützung wolle man einfordern, sagt Steffen Schütz in Bezug auf einen weiteren Digitalpakt. Doch auch darüber hinaus müsse man darüber reden, “welchen Einfluss der Bund in der Bildung bekommt”, sagt Al-Dailami. “Der Bund braucht mehr Mitspracherecht, muss aber dafür auch einen größeren Teil zur Finanzierung des Bildungssystems beitragen.”
Zwischen all diesen Zielen blitzen mal Eigenheiten der Länder, mal die Färbungen der Parteigründerin Sahra Wagenknecht hervor. So nimmt sich beispielsweise Sachsen, in dem es besonders viele Schulabbrecher gibt, vor, diese Quote zu senken. Und Brandenburg möchte ein Genderverbot einführen.
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Doch auch Wagenknechts Handschrift ist deutlich zu erkennen, wenn etwa vor einem “Wehrkundeunterricht 2.0” und Cancel Culture gewarnt wird und wahlweise gegen das “Erfurter Regierungschaos” oder “das Potsdamer Kenia-Chaos” gewettert wird.
Wie groß der Einfluss der jungen Partei letztlich auf die Bildungslandschaft sein wird, hängt davon ab, wie viele Stimmen sie im Herbst gewinnt und ob sich andere Parteien auf eine Koalition einlassen. Angesichts der hohen Zustimmungswerte zur AfD einerseits und zum BSW andererseits relativierte ausgerechnet CDU-Chef Friedrich Merz kürzlich seine Meinung. Bezeichnete er die Partei noch im Juni als sowohl links- als auch rechtsextrem, scheint es nun so, als wolle die Union sich eine Hintertür für eine Koalition offenhalten.
Mehr als 155.000 Unterschriften gegen die Kita-Krise, Stand Dienstag, 15.30 Uhr: Bis zum 9. Juli konnten Unterstützerinnen und Unterstützer die Petition “Jedes Kind zählt” unterschreiben. Die Kampagne fordert unter anderem verbindliche Mindestpersonalstandards und den Ausbau von Kitaplätzen. Das Ziel, 500.000 Unterschriften zu sammeln, wird nicht erreicht. Trotzdem zeigte sich Katja Ross, die die Petition einreichte, zufrieden. “In diesem Jahr sind wir bislang die größte Petition, die an den Deutschen Bundestag gerichtet wurde“, sagte die Rostocker Erzieherin zu Table.Briefings. Ross rechnet damit, dass die Zahl der Unterschriften noch deutlich wachsen wird, da viele Listen schriftlich eingereicht werden. “Ich hoffe, dass wir auch im Nachhinein noch genug Druck aufbauen können, sodass die Politik einfach nicht wegschauen kann.”
Die Resonanz auf die Kampagne zeigt, welche Bedeutung dem Thema inzwischen beigemessen wird. “Ich hoffe sehr, dass sie dazu beiträgt, dass das im Koalitionsvertrag vereinbarte Qualitätsentwicklungsgesetz mit einer kontinuierlichen finanziellen Förderung des Bundes und einheitlichen Qualitätsstandards jetzt auf den Weg gebracht wird”, sagt auch Rahel Dreyer, Professorin für Pädagogik und Entwicklungspsychologie der ersten Lebensjahre an der Alice Salomon Hochschule Berlin zu Table.Briefings. Nur mit einer stärkeren Beteiligung des Bundes an der Finanzierung seien gleichwertige Bildungschancen in ganz Deutschland möglich. Die Wissenschaftlerin macht sich auch in den Medien seit Jahren dafür stark, die Lage in den Kitas zu verbessern.
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Erik von Malottki, stellvertretender familienpolitischer Sprecher der SPD, hob vor wenigen Tagen bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ebenfalls die Bedeutung der Kampagne “Jedes Kind zählt” hervor. “Die Zivilgesellschaft macht sich auf den Weg”, sagte er. Die Lobby sei aber immer noch zu klein – vor allem auch in der Politik. Aus seiner Sicht muss der Bund eine zentrale Rolle spielen, weil er “der einzige Akteur ist, der in der Lage ist, eine Antwort auf die dringenden Probleme zu koordinieren und bundesweit einheitlich zu regeln”. Immerhin gibt es nach der Verständigung auf einen Haushalt aus der Ampel-Koalition das Signal, dass sie 2025 und 2026 jeweils zwei Milliarden Euro in die Kita-Qualität investieren will. Die Investitionen sollten auch dazu beitragen, Bildungsungerechtigkeit früh entgegenzuwirken.
Die Realität ist derzeit eine andere, wie die in der vergangenen Woche vorgestellte Studie “Kitas 2. Klasse?” für die FES zeigt. Dafür haben die Erziehungswissenschaftler Andy Schieler und Daniela Menzel vom Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit (IBEB) in Rheinland-Pfalz Kitas in unterschiedlichen Lagen miteinander verglichen: In den einen Kitas gab es keine Kinder mit sozioökonomisch benachteiligtem Hintergrund. In den anderen lag ihr Anteil bei mindestens 31 Prozent. Die Unterschiede in Bezug auf Belastungen und Ressourcen sind demnach beträchtlich.
Die unterschiedlichen Ausgangslagen führen auch zu erheblichen Qualitätsunterschieden zwischen den Kitas. “Wir haben ein paar Missverhältnisse identifiziert: Wir sehen in der Konstellation von Zusammensetzung der Kita und den personellen Ressourcen, die da sind, keine Entsprechung”, so Andy Schieler. Dabei bräuchten gerade die Kitas eine bessere Ausstattung, in denen es viele Kinder mit Förderbedarf gibt.
Um einheitliche Qualitätsstandards zu erreichen, leiten die Wissenschaftler unter anderem diese Handlungsempfehlungen ab:
Auch Erik von Malottki teilt diese Forderungen. Vor allem betont er auch, dass sich die Arbeitsbedingungen in den Kitas verbessern sollten: “Um aus dem Teufelskreis auszubrechen, brauchen wir mehr Qualität und müssen die Arbeitsbedingungen attraktiver machen, um Erzieherinnen und Erzieher wieder ins Berufsfeld zurückzuholen.” Die folgenden Standards sollten aus Sicht des SPD-Politikers daher bundesweit einheitlich geregelt werden:
Bildungsforscher Kai Maaz hatte bei der Vorstellung des Nationalen Bildungsberichts noch eine weitergehende Forderung aufgestellt: “Wir brauchen ein Startchancen-Programm für Kitas“, sagt er, weil sich die sozial bedingten Unterschiede zwischen den Kindern im Wesentlichen schon vor Schuleintritt ausbilden würden. Daher sei es wichtig, möglichst früh bei ungleichen Ausgangslagen gegenzusteuern. Auch Rahel Dreyer würde sich ein Startchancen-Programm für Kitas wünschen: “Ein Startchancen-Programm für Kitas wäre definitiv sinnvoll, um Einrichtungen in herausfordernden Lagen zu stärken.”
Bildungsberater, KMK-Kenner, Reformer: In seiner Kolumne denkt Ex-Bildungsstaatssekretär Mark Rackles jeden Monat Bildungspolitik neu. Erfahren Sie hier mehr über die Vita unseres Kolumnisten.
Manchmal wiehert der Amtsschimmel auch fern der KMK und des Bildungsföderalismus: Kennen Sie die ArbSchProdZustLVO? Wird auch ausgeschrieben kaum verdaulicher: Es handelt sich um die “Arbeitsschutz-Produktbereitstellung-Zuständigkeitslandesverordnung”. Selbstverständlich heißen diese Regelungen in jedem Bundesland anders und kommen auch für jedes Bundesland zu leicht unterschiedlichen Regelungsergebnissen. Geregelt wird durch Verordnungen dieser Art die Zuständigkeit für die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen, und damit wären wir bei der Lehrkräftearbeitszeit.
Es ist jetzt gut 18 Monate her, dass das Bundesarbeitsgericht in Leipzig zum Erstaunen vieler (auch Kultusministerien) entschieden hat, dass alle Arbeitgeber in Deutschland die Arbeitszeit für alle Beschäftigten in Deutschland zu erfassen haben. Alle. Nur so – das hatte bereits der Europäische Gerichtshof 2019 klargestellt – sei der Arbeitsschutz wirksam kontrollier- und durchsetzbar.
Ungewohnt schnell kamen die Länder in die Gänge und auf die erstaunliche Idee, als öffentliche Arbeitgeber beziehungsweise Dienstherren für knapp eine Million schulisch Beschäftigte eine Ausnahme vom Arbeitsschutz zu beantragen. So merkwürdig dieses Agieren der Bildungsministerien aus Perspektive der Rechtsstaatlichkeit und des Gesundheitsschutzes wirkt, so schnell und klar hat das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales im August 2023 diesen Versuch des Abbaus von Schutzrechten abgelehnt. Und frei Haus auch klargestellt, dass der Arbeitsschutz sowie die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bereits heute und sowohl für Beamte als auch für Tarifangestellte gelten. Seither rätselt eine KMK-interne Kommission zur Arbeitszeiterfassung über das weitere Vorgehen, und das kann erfahrungsgemäß dauern.
Um die Zeit dieser KMK-Variante des Beamten-Mikados (“Wer sich zuerst bewegt, hat verloren!”) zu überbrücken, habe ich bei den Ländern nachgefragt: Wer ist eigentlich im jeweiligen Land für den Arbeitsschutz bei Lehrkräften zuständig? Hintergrund meiner Nachfrage waren die im jährlichen Turnus auflaufenden empirischen Studienergebnisse – insbesondere der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen. Sie weisen durchgehend ein substanzielles Maß an Überstunden bei Lehrkräften nach. Das ist rein theoretisch und auch ganz praktisch ein Fall für den Arbeitsschutz.
Aber wer ist jetzt für die Einhaltung des Arbeitsschutzes in Bezug auf die Arbeitszeiten bei Lehrkräften zuständig? Wenn Sie in bürgerlicher Naivität und föderaler Unkenntnis eine einfache oder gar einheitliche Antwort erwartet haben, so werden Sie enttäuscht sein. Neben der ehrlich-offenbarenden Antwort eines südwestlichen Gewerbeaufsichtsamts (“mutmaßlich das Kultusministerium”) und der bayerischen Variante des Durchduckens (“Die Schulleitung”!) überwiegt die typisch deutsche Antwort “Das hängt ganz davon ab …”.
Warum einfach, wenn man doch das Berufsbeamtentum hat? Für etwa ein Drittel der 975.000 Lehrkräfte – das angestellte Drittel der Tarifangestellten – gelten die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsschutzes. Damit sind in der Regel die Gewerbeaufsichtsämter zuständig. Für die zwei Drittel der Lehrkräfte, die Beamte sind, gilt das nach Ansicht vieler Länder nicht. Die Zuständigkeit der Arbeitsschutzbehörden wird für die verbeamteten Lehrkräfte mit Verweis auf die Landesbeamtengesetze und die jeweiligen Arbeitszeitverordnungen verneint.
Allerdings darf man hier keine einheitliche Rechtsauffassung erwarten: Ein Land verweist ausdrücklich auf die Arbeitszeitverordnung als “eigenständigen und speziellen Rechtsbereich, der vom Arbeitsschutzgesetz unberührt bleibt”. Ein anderes Land kommt im Gegensatz dazu zum Schluss, dass die oberste Landesschutzbehörde gemäß ArbSchProdZustLVO auch für Beamte zuständig ist, da das Arbeitsschutzgesetz und seine Verordnungen für alle Beschäftigten (inklusive Beamte) gelte.
Im Ergebnis werden verbeamtete Lehrkräfte im Schuldienst also im Fall von dauerhaften Überstunden und der (empirisch zumindest naheliegenden) Gefahr anhaltender Überlastung in fast allen Ländern genau an die Instanz verwiesen, die die kritisierte Arbeitsorganisation verantwortet: die Dienstbehörde (entweder in Form der Schulleitung oder das Bildungsministerium selbst).
In der Privatwirtschaft wäre es abwegig, den Beschäftigten, der eine Verletzung des Arbeitsschutzes anzeigen will, abschließend an den Vorgesetzten oder die Betriebsleitung zu verweisen. Genau dafür wurde die Gewerbeaufsicht mit ihren Eingriffsrechten geschaffen. Im Fall der Landesbeamten im staatlichen Schuldienst wird der Bock zum Gärtner gemacht: Das Ministerium, das die Unterausstattung mit Ressourcen verantwortet, beziehungsweise die Schulleitung, die keine eigenen Kompetenzen zur Abhilfe hat, sollen hier als Aufsicht und abhelfende Stelle der Beschwerde dienen. Damit läuft der Arbeitsschutz für Beamte im Fall der Lehrkräfte und der nach wie vor fehlenden Arbeitszeiterfassung in Deutschland leer. Ein Grund mehr, warum insbesondere die verbeamteten Lehrkräfte in Deutschland ein besonderes Interesse an der Arbeitszeiterfassung haben sollten.
Nadine Schön, seit 2009 Bundestagsabgeordnete der CDU aus dem Saarland und seit 2014 eine von elf Vize-Fraktionsvorsitzenden der Union, tritt 2025 nicht erneut für den Bundestag an. Das hat die CDU-Politikerin in ihrem Ortsverband bekannt gegeben.
Schön sagte zu Table.Briefings: “Nach reiflicher Überlegung und in engem Austausch mit meiner Familie und engen Freunden habe ich heute meine Parteifreunde darüber informiert, dass ich mich entschieden habe, bei der anstehenden Bundestagswahl nicht mehr als Kandidatin anzutreten.” Sie habe in ihrer Zeit viel für das Saarland und die Menschen in ihrem Wahlkreis tun können, dennoch: “Politik lebt vom Wechsel und nach vier Perioden im Bundestag bin ich der Meinung, dass bei der nächsten Wahl Zeit für einen Wechsel ist.”
Die 41-Jährige ist als stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion seit dieser Legislaturperiode für die Themen Bildung, Forschung und Digitales verantwortlich. Einen besonderen Fokus legt sie als Digitalpolitikerin dabei auf Programme wie den Digitalpakt Schule und deren Fortsetzung sowie den Bürokratieabbau. Für eine künftige Bundesregierung unter Führung der Union wurde Schön als mögliche Bildungsministerin gehandelt. mb, max
Nur 25 von 100 Kindern aus einem nicht-akademischen Elternhaus beginnen in Deutschland ein Studium. Das zeigt der neue Bildungstrichter des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) für das Jahr 2021 (zum Download). Bei Kindern aus Akademiker-Familien, in denen mindestens ein Elternteil ein Studium abgeschlossen hat, nahmen sehr viel mehr ein Studium auf: 78 von 100.
Die Forscher konstatieren: Die Bildungswege hängen immer noch stark vom elterlichen Bildungshintergrund ab. “Trotz der deutlichen Akademisierung der vergangenen Jahre – etwa die Hälfte der jungen Erwachsenen beginnt mittlerweile ein Studium – bleibt es sehr ungleich”, sagte Sandra Buchholz, Studienautorin und Leiterin der Abteilung Bildungsverläufe beim DZHW Table.Briefings. Tatsächlich sei die Zahl der Nicht-Akademiker-Kinder, die an die Hochschule gehen, unverändert: “In den gesamten vergangenen 20 Jahren sind es im Mittel 25 von 100 Nicht-Akademiker-Kindern, die ein Studium aufnehmen. Es gibt nur kleine statistische Ausschläge.”
Die Ungleichheiten beginnen teilweise schon in der Schulzeit: Kinder von Nicht-Akademikern besuchen bereits seltener Schulen, die zur Hochschulreife führen (46 von 100) als Kinder von Akademikern (80 von 100).
Nicht-Akademiker-Kinder nutzen zudem sehr viel häufiger alternative Bildungswege, um die Hochschulreife zu erlangen, und sind damit stärker auf das berufliche Schulsystem angewiesen.
Bei der Frage, wie viele ein Studium beginnen, gibt es innerhalb der Gruppe der Nicht-Akademiker-Kinder aber große Unterschiede: Jugendliche, deren Eltern keinen beruflichen Abschluss haben, sind noch schlechter vertreten als Kinder aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil eine berufliche Ausbildung abgeschlossen hat. Sehr viel besser sieht es bei jungen Menschen aus, bei denen mindestens ein Elternteil einen Meister- oder Technikerabschluss erworben hat.
Dass Nicht-Akademiker-Kinder insgesamt seltener studieren, ist nicht bloß auf schlechtere schulische Leistungen zurückzuführen. Eine große Rolle spielen daneben:
“Damit mehr Nicht-Akademiker-Kinder ein Studium beginnen, ist entscheidend, dass sie besser informiert und beraten werden“, sagt Buchholz. Beim Bafög könne neben der Höhe des Satzes zudem eine frühere finanzielle Zusage für die Förderung ausschlaggebend sein. Anna Parrisius
Auf EU-Ebene hat sich eine neue Gruppe aus Expertinnen und Experten gegründet, um länderübergreifende Richtlinien zu digitalen Bildungsinhalten zu erarbeiten. Erstmals kam die “expert group on digital content” (DEC) am 2. Juli zusammen. Sie umfasst 24 Mitglieder aus 19 Ländern. Als internationale Beobachter werden zudem OECD, UNESCO und die Weltbank aufgeführt.
Bis zum Juli 2025 soll das neue Gremium arbeiten. In diesem Zeitraum will es eine gemeinsame Terminologie, Anforderungen und auch Qualitätskriterien für das Erstellen, Verbreiten und Nutzen von digitalen Bildungsinhalten festlegen. Unter anderem sollen die Richtlinien Lehrkräften dabei helfen, hochwertigen Content auszuwählen.
Die Expertengruppe fügt sich somit ein in eine Reihe von Bestrebungen auf EU-Ebene, EdTech und Künstliche Intelligenz in der Bildung zu regulieren – wofür sich insbesondere der Europarat einsetzt -, sowie digitale Inhalte zu definieren und zu evaluieren – wofür bisher vor allem die EU-Kommission zuständig war. Im Oktober 2023 erschien dazu eine Studie der Kommission, die sich mit digitalem Lernen innerhalb von frühkindlicher bis hin zu beruflicher und höherer Bildung befasst.
Der DEC gehören 13 Einzelpersonen an. Dazu zählt die aus Deutschland stammende Daniela Hau. Sie leitet die Innovationsabteilung des Service de Coordination de la Recherche et de l’Innovation pédagogiques et technologiques (SCRIPT), einem Teil des luxemburgischen Bildungsministeriums. Weitere Köpfe der Fachgruppe sind etwa:
Zu den beteiligten Organisationen gehören unter anderem:
Beth Havinga, Managing Director der European EdTech Alliance, teilte via LinkedIn mit, dass sie sich freue, “in die wichtige Arbeit, die Qualität digitaler Bildungsinhalte zu definieren”, die Perspektive der EdTech-Unternehmen einzubringen. Erst kürzlich betonte sie auf einer Veranstaltung, wie wichtig einheitliche Definition und Evaluationsmechanismen seien, “damit Schulen Vertrauen in EdTechs gewinnen können”. hsc/vkr
Neue Ergebnisse bundesweiter Vergleichsarbeiten (Vera) zeigen: 24 Prozent der rund 80.000 Drittklässlerinnen und Drittklässler in Baden-Württemberg können nicht richtig lesen. Beim Zuhören erreichen 28 Prozent nicht die Mindeststandards und beim Rechnen sind es sogar 29 Prozent. Auch bei den getesteten Achtklässlern zeigen sich starke Defizite.
Besonders häufig verfehlen der Studie zufolge Kinder die Mindeststandards, die zu Hause überwiegend nicht Deutsch sprechen. Zudem gebe es einen Zusammenhang zwischen dem kulturellen Kapital zu Hause – gemessen an der Zahl der Bücher im Haushalt – und den Ergebnissen der Vergleichsarbeiten.
Bei den Achtklässlern mit weniger als zehn Büchern im Haushalt erreichte mehr als die Hälfte nicht die Mindeststandards beim Lesen. Bei Jugendlichen aus Haushalten mit 100 bis 200 Büchern zu Hause lag dieser Anteil dagegen nur bei elf Prozent. Im Landesschnitt landete beim Lesen jeder fünfte Achtklässler unterhalb der Mindeststandards, die für den mittleren Schulabschluss notwendig sind.
Große Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Schularten. Während am Gymnasium nur zwei Prozent unter dem Mindeststandard liegen, sind es an der Gemeinschaftsschule 42 Prozent, an den Haupt- und Werkrealschulen sogar 59 Prozent. Allerdings streben dort auch nicht alle Schülerinnen und Schüler den Mittleren Schulabschluss an. In Mathematik landete landesweit sogar jeder dritte Achtklässler unter den Mindeststandards.
Überrascht haben ihn diese dramatischen Ergebnisse nicht, sagt Andreas Sturm, bildungspolitischer Sprecher der CDU, Table.Briefings. “Genau deshalb war uns bewusst, dass wir das Sprachförderpaket unbedingt, trotz schlechter Haushaltslage, beschließen müssen.” Dieses Paket sieht unter anderem eine verpflichtende Sprachförderung für Vorschulkinder vor, wenn bei der Einschulungsuntersuchung ein intensiver Förderbedarf festgestellt wurde.
Lesen Sie hier: Welche Pläne die grün-schwarze Regierung im Ländle für eine neue Sprachförderung in Kitas und Grundschulen hat
Die Ergebnisse der Vera-Tests fließen dem Kultusministerium zufolge in das Schuldatenblatt ein, welches der Schulaufsicht zur Verfügung steht. Dieses Datenblatt schlüsselt für jede Schule den Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund, Unterrichtsausfall oder Kompetenzen der Schüler im Vergleich zum Landesschnitt auf. Erstmals können sich seit diesem Jahr auch Lehrkräfte den Lernstand der Kinder grafisch anzeigen lassen. dpa/vkr
Nordrhein-Westfalen will ausländischen Bewerbern den Zugang zu einer Ausbildung in Pflege- und Gesundheitsberufen erleichtern. Vor allem geeignete Personen aus den Ländern Algerien, Indien, Iran, Marokko, Tunesien, Türkei und aus der Ukraine sollen davon profitieren. Dank einer entsprechenden Allgemeinverfügung können sie die Gleichwertigkeit ihres Schulabschlusses nun mit einem Abschluss der Sekundarstufe I grundsätzlich ohne Einzelfallprüfung nachweisen, wie die Landesregierung in Düsseldorf ankündigte.
Auch für Bewerber aus anderen Ländern können Schulen der Pflege- und Gesundheitsfachberufe ab sofort eine Vorabanerkennung von Schulabschlüssen der Sekundarstufe I beantragen. Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, der demografische Wandel und der Mangel an Arbeits- und Fachkräften erfordere “neue Handlungsansätze und weniger Bürokratie”. Bildungsministerin Dorothee Feller ergänzte: “Im Wettbewerb um die Fachkräfte von heute und morgen können wir nicht an den Verfahren von gestern festhalten.”
Bislang war der oft langwierige Nachweis einer zehnjährigen Schulausbildung und ausreichender Deutsch-Kenntnisse ein Hemmschuh für viele Bewerber. Fynn Kaese, Leiter für Aus- und Weiterbildung bei Talent Orange, einem Personalvermittler in der Pflege, im Gesundheitswesen und im sozialen Sektor, hält das Absenken der Hürde daher auch für “sehr sinnvoll”. Insbesondere Bewerber aus Marokko und Tunesien hätten nach seiner Erfahrung zum Teil “ärgste Probleme”, die nötigen Dokumente zu erhalten. “Die deutschen Botschaften weigern sich dort, eine Beglaubigung der Schulzeugnisse vorzunehmen. Sie sind völlig überlastet und trauen den örtlichen Dokumenten wahrscheinlich nicht.”
Andere Bundesländer sollten sich Kaese zufolge ein Beispiel an NRW nehmen. “Ein verschwindend geringer Teil der Bewerber ist bisher an der individuellen Gleichwertigkeitsprüfung gescheitert, teilweise weil eine einzelne Note aus den drei vorhergehenden Schuljahren nach deutschem Maßstab nicht ausreichte.” Eine Gefahr, dass durch die ausbleibende Einzelprüfung der Zeugnisse in NRW künftig auch ungeeignete Azubis zum Zug kommen könnten, sieht Kaese nicht. “Von zentraler Bedeutung ist, dass Pflegeschulen oder Krankenhäuser die Bewerber im Auswahlprozess ausreichend prüfen und vor allem auf ihre persönliche Eignung achten.” dpa/anpa
Von der Cannabis-Legalisierung sind Minderjährige ausgenommen und in Sichtweite von Schulen wie Kitas darf nicht gekifft werden. Aber: Schulen können Schülerinnen und Schülern über 18 Jahren und Lehrkräften nicht verbieten, bis zu 25 Gramm der Droge in der Schule mit sich zu führen. Das geht aus einem Erlass des Schulministeriums in NRW an alle Schulen hervor. Selbst mit der Hausordnung könnten Schulen das Bundesrecht nicht aushebeln.
Das Schulministerium empfiehlt den Einrichtungen aber, “in der Schulordnung oder auf andere geeignete Weise, eine Aussage zu treffen, dass das Mitbringen von Cannabis durch Volljährige im schulischen Kontext als unerwünscht angesehen wird”. Konkret empfiehlt das Ministerium, zu schreiben, dass “das Mitbringen von Zigaretten, E-Liquids, Cannabis, Alkohol und sonstigen Suchtmitteln nicht erwünscht” sei. Der Erlass ist schon vom 31. Mai, wurde jetzt aber erst durch einen Bericht der Rheinischen Post öffentlich.
Bei einer Klassenfahrt, an der nur volljährige Schüler teilnehmen, dürften diese laut Ministerium auf “den ersten Blick Cannabis konsumieren, sofern nicht Minderjährige in unmittelbarer Gegenwart sind”. Tatsächlich sei das Kiffen aber dennoch verboten, allein schon, weil an den Ausflugszielen mit Sicherheit auch Minderjährige in der Nähe sein würden. Eine Klausel im Landesschulgesetz verbiete zudem den Konsum von Rauschmitteln im schulischen Kontext, mit Ausnahme etwa von alkoholischen Getränken bei Abiturfeiern.
Cannabis für den Unterricht in der Schule anzupflanzen, dürfen Lehrkräfte laut Erlass nicht, auch nicht zu Lehrzwecken. Das gehöre nicht zu den “wissenschaftlichen Zwecken”, wie sie als Ausnahme im Bundesgesetz vorgesehen seien.
Die Landeselternschaft der Integrierten Schulen (LEiS) kritisiert, dass der Bund den Schulen keine Möglichkeit für klare Verbote für den Besitz von Cannabis gegeben hat. Der Vorsitzende Harald Amelang sagte: “Diese Lücke in den rechtlichen Rahmenbedingungen stellt eine ernsthafte Schwachstelle in unserem Bildungssystem dar und behindert die Schulen in ihrem wichtigen Auftrag, unsere Kinder und Jugendlichen zu schützen.”
Ayla Çelik, Landeschefin der Bildungsgewerkschaft GEW, sagte: “Gerade bei volljährigen Schülerinnen und Schülern, die Cannabis konsumieren, ist der Konsum kaum zu vermeiden oder zu kontrollieren, da diese das Schulgelände verlassen dürfen.” Bisher seien der Gewerkschaft jedoch keine Auffälligkeiten aus den Schulen berichtet worden, die auf einen vermehrten Cannabiskonsum hinweisen. dpa/anpa
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Frank Hinte weiß, wovon er spricht, wenn es um das Thema Ausbildung geht. Er selbst hat 1991 die Ausbildung zum Verlagskaufmann absolviert. Heute will er als Geschäftsführer der Deutschen Kinder und Jugendstiftung (DKJS) das Image der Ausbildung verbessern. Und setzt sich besonders für jene Schülerinnen und Schüler ein, die die Schule ohne Abschluss oder maximal mit erstem Schulabschluss verlassen – jedes Jahr etwa ein Fünftel. Denn sie haben ein erhöhtes Risiko, keine Ausbildung zu finden und drohen, ohne berufliche Qualifikation zu bleiben.
Ein zentrales Problem in Hintes Augen: Viele kennen die duale Ausbildung und ihre Chancen nicht, gerade junge Menschen mit einer Flucht- oder Migrationsbiografie. Zwar gibt es Beratungs- und Unterstützungsangebote. Gerade die Jugendlichen und ihre Familien, die Hilfe am dringendsten benötigen, nehmen sie aber oft nicht in Anspruch. “Zu vielen Menschen in diesen Lebenswelten fehlt entweder das Wissen, die Verständigungsmöglichkeit oder das Zutrauen, um in den Austausch zu gehen”, sagt Hinte. Deshalb müsse man sie stärker aufsuchen.
In der Ampel-Regierung vermisst Hinte hierfür das Problembewusstsein. “Ich sehe, dass viel Geld in das System fließt”, sagt er. “Aber wo ist das große gemeinsame Verständnis von Politik und Gesellschaft, Perspektivlosigkeit von jungen Leuten nicht mehr hinnehmen zu wollen und aktiv nach einer wirksamen und bedarfsgerechten Lösung zu suchen?” Dafür, dass sich hier etwas ändert, setzt Hinte sich ein. Sein Ziel: Dass sich im Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung das klare Bekenntnis findet, Ressourcen für mehr Berufsorientierung, ein erfolgreicheres Übergangssystem und moderne Berufsschulen zur Verfügung zu stellen. Die Ausbildungsgarantie könne da nur der erste Schritt sein. Ab August sollen in ihrem Rahmen mehr Jugendliche von einer außerbetrieblichen Ausbildung profitieren.
Hinte kam 2011 zur Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und verantwortete dort zunächst den Bereich Finanzen, Recht und Personal. Nach seiner Ausbildung hatte er Wirtschafts- und Medienwissenschaften studiert und danach in verschiedenen Medienhäusern leitende Funktionen übernommen, zuletzt für den gemeinnützigen Verlag Chrismon des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik.
Da die DJKS jemanden mit wirtschaftlicher Expertise suchte, fühlt Hinte sich angesprochen. Über seinen Werdegang sagt der 55-Jährige, er sei vom Verlag in ein gemeinnütziges Medienhaus gewechselt, dann seien die Medien weggefallen, aber “die Gemeinnützigkeit blieb.”
Seit 2018 ist Hinte Geschäftsführer der DJKS. Den Posten teilt er sich mit Anne Rolvering, früher Leiterin der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa und davor in verschiedenen Funktionen bei der Stiftung Mercator. Generell will die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung Bildungschancen junger Menschen ab dem Kita-Alter verbessern. Dafür setzt sie bundesweit Programme und Projekte mit Partnern um.
Mit Schülerfirmen will sie Zukunftskompetenzen von Jugendlichen stärken und arbeitet dafür eng mit Schulen zusammen. Ziel sei es vor allem, “Kinder und Jugendliche zu ermutigen, ihren Weg zu finden und zu gehen”, sagt Hinte. Die Schüler – die freiwillig teilnehmen – machten wichtige Selbstwirksamkeitserfahrungen und würden die eigenen Stärken erkennen.
Im Rahmen von “Wir stärken Mädchen” bietet die Stiftung unter anderem Workshops für Lehrkräfte für eine gendersensible Berufsorientierung an. Diese braucht es in Hintes Augen dringend. “Häufig stehen Mädchen vor dem Problem, dass Lehrer und ihre Eltern sie aufgrund überkommener Rollenbilder unterschätzen und ihnen weniger zutrauen.”
Punktuell arbeitet die Stiftung auch mit Berufsschulen zusammen, unter anderem um den Unternehmergeist von Jugendlichen zu fördern. Dafür zeigen sie ihnen, wie sie mit ihrer Ausbildung eine unternehmerische Karriere starten und sich selbstständig machen können. In Hintes Augen erhalten Berufsschulen zu wenig Aufmerksamkeit. Sie müssten mehr dabei unterstützt werden, mit externen Partnern zu kooperieren. Und es brauche neue Angebote, die Berufsschüler darauf vorbereiten, dass “Brüche, Transformations- und Veränderungsprozesse” in einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt Teil ihres beruflichen Lebens sein werden.
Seine Arbeit sieht Frank Hinte als Beitrag zum sozialen Zusammenhalt: Junge Menschen nicht in Perspektivlosigkeit zurückzulassen, sieht er als wichtige Maßnahme gegen die Protestwahl demokratiefeindlicher Parteien. Kira Münsterberg
Research.Table. Arne Semsrott: “Das kann Wochen oder Monate dauern, wenn das Ministerium weiter mauert”. FragDenStaat hat Ende Juni die Akten im Fall der BMBF-Fördermittel-Affäre veröffentlicht. Doch dann bemerkten die Aktivisten des Portals für Informationsfreiheit, dass ihnen womöglich Akten vorenthalten wurden – nämlich der Inhalt interner Chats per Blogging-Dienst Wire. Warum das Grund für einen Eilantrag war, lesen Sie hier.
Research.Table. DAAD-Förderranking: Warum die TUs München und Berlin seit Jahren an der Spitze sind. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hat die Förderbilanzen für das Jahr 2023 veröffentlicht. Die Hochschulen in München und Berlin sind weiter Spitze. Welche Hochschulen ebenfalls gut abschneiden, lesen Sie hier.
Table.Today. Baden-Württemberg: Wie die CDU das Ländle zum bildungspolitischen Vorreiter machen möchte. Die Bildungspartnerschaft zwischen Eltern auf der einen und Bildungseinrichtungen auf der anderen Seite habe eine “krasse Schieflage” erlitten, sagt CDU-Landesvorsitzender Manuel Hagel im Podcast. Wie er die Strukturen konkret ändern möchte und was das für die Kommunen bedeuten würde, hören Sie hier (ab Minute 14.00).
General-Anzeiger: Feller für mehr Länderabsprache bei Sommerferien. NRW-Bildungsministerin Dorothee Feller (CDU) spricht sich für eine Änderung der Ferien-Regelung aus. Die Bundesländer wechseln sich mit dem Start der Sommerferien ab – bis auf Bayern und Baden-Württemberg. Dies sei Feller zufolge nicht mehr zeitgemäß. Ein insgesamt späterer Sommerferienstart könne dabei helfen, den heißen Spätsommer zu überbrücken. In dieser Zeit fällt aufgrund von Hitzefrei der Unterricht häufiger aus. (NRW soll später in Ferien starten)
NDR: CDU will Erwachsenenbildung ausbauen. Die CDU-Fraktion in Niedersachsen möchte Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsene an Universitäten und Berufsschulen einführen. Erwachsene sollen sich zu Themen wie KI weiterbilden können – das unterstützt vor allem den Mittelstand. Durch das Kursangebot könnten die Berufs- und Hochschulen Geld verdienen. Um das Recht auf Weiterbildung in der Landesverfassung zu verankern, benötigt die Oppositionspartei eine Zwei-Drittel-Mehrheit. (CDU will Unis und Berufsschulen für Weiterbildung öffnen)
NDR: Hamburger Pilotschulen führen Pflichtfach Informatik ein. In Hamburg wird Informatik ab August 2025 von der achten bis zur zehnten Klasse verpflichtend. Dieses Jahr starten schon die ersten acht Schulen. Für die vier wöchentlichen Informatikstunden müssen sie bei anderen Fächern kürzen. Die GEW kritisiert, dass diese Entscheidung allein bei den Schulen liegt – ohne vorgegebene Richtlinien der Schulbehörde. Zusätzlich zu den bisherigen 340 Informatiklehrern befinden sich momentan 120 in Ausbildung. (Informatik als Pflichtfach: Erste Hamburger Schulen starten Test)
SWR: Wie zeitgemäß ist das Gymnasium? Die Bundesvorsitzende des Philologenverbands Susanne Lin-Klitzing diskutiert mit Bob Blume über die Zukunft des Gymnasiums. Lin-Klitzing verteidigt das plurale Schulsystem als Reaktion auf eine vielseitige Gesellschaft. Die individuelle Förderung sei hier leichter für Lehrkräfte zu gewährleisten. Sie begrüßt ebenfalls eine verbindlichere Grundschulempfehlung. (Susanne Lin-Klitzing: Das Gymnasium der Zukunft)
ORF: Unterstützung für Wiener Schulen. Das Projekt “Wiener Bildungsversprechen” soll Schulen und Lehrkräfte unterstützen. Schulen haben die Möglichkeit, Hilfe bei der Stadt zu beantragen. Über vier Semester unterstützen dann Externe beispielsweise bei der Elternzusammenarbeit durch die Einrichtung von Elterncafés. Es startet nun der dritte Durchgang des Projekts. Inzwischen werden 37 Schulen betreut. Die Stadt Wien investiert in das Projekt 7,5 Millionen Euro. (“Bildungsversprechen” nun an 37 Schulen)
05. bis 06. September 2024, Berlin
Fachtagung 2024 zum Projekt “Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung”
Verschiedene Vorträge und Workshops thematisieren die Bedeutung von Demokratiebildung in der Kita. Es wird zudem der Frage nachgegangen, wie eine inklusive Kita aussehen sollte. Bis zum 31.07. ist es noch möglich, sich anzumelden. INFOS & ANMELDUNG
16. bis 18. September 2024, Dresden
Jahrestagung 2024 der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der DGfE
Diese Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft findet unter dem Titel “50 Jahre Zukunft: Paradigmen, Positionen und Perspektiven der Berufs- und Wirtschaftspädagogik” statt. Die behandelten Themen umfassen unter anderem digitale Bildung und Berufsorientierung. Noch bis zum 31.07. ist eine Anmeldung möglich. INFOS & ANMELDUNG
18. bis 20. September 2024, Bamberg
Tagung der DGfE-Kommission Bildung für nachhaltige Entwicklung
Das Thema dieser Tagung ist “Spannungsfelder von Bildung für nachhaltige Entwicklung und die zunehmende Ausdifferenzierung des Feldes”. Es ist ebenfalls möglich, nur am Workshop “Transfer und Austausch: Visionen für Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Lehrkräftebildung” teilzunehmen. Eine Anmeldung zur Teilnahme ist noch bis zum 31.07. möglich. INFOS & ANMELDUNG
18. bis 20. September 2024, Mainz
Zweijahrestagung der Konferenz Geschichtsdidaktik
Bildung befindet sich im Wandel, daher stellt man sich auch im Bereich der Geschichtsdidaktik die Frage, wie angemessen auf diese Herausforderung reagiert werden sollte. Auch der Umgang mit künstlicher Intelligenz ist ein Themenschwerpunkt der Tagung. Für eine Teilnahme ist eine Anmeldung bis zum 16.08. erforderlich. INFOS & ANMELDUNG