Talk of the town
Erscheinungsdatum: 02. Juli 2025

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Warum viele Bundestagsausschüsse doch lieber hinter verschlossenen Türen tagen wollen

Wer zukünftig auf mehr Transparenz im Parlament hofft, dürfte enttäuscht werden? Öffentliche Ausschusssitzungen werden drastisch eingeschränkt. Vor allem die Union blockiert frühere Fortschritte.

Die Arbeit des Parlaments sollte transparenter werden, Entscheidungsprozesse nachvollziehbarer, die Demokratie vielleicht sogar insgesamt attraktiver – in der vergangenen Legislaturperiode hatte eine ganze Reihe von Bundestagsausschüssen in der Regel öffentlich getagt. Doch damit ist jetzt Schluss. Nur noch zwei Ausschüsse – Sport und Kultur – öffnen den Bürgern ihre Türen oder streamen live.  

Vor allem die Union scheint ihr Interesse an öffentlichen Sitzungen verloren zu haben. Augenfällig ist dies im Ausschuss für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Die vorherige Vorsitzende Tabea Rößner (Grüne) etablierte die Praxis, bei der Prüfung der Öffentlichkeit sehr wohlwollend zu sein. Doch unter dem neuen Vorsitzenden Hansjörg Durz (CSU) ist die Ausnahme nun wieder die Regel. 

Jeanne Dillschneider (Grüne), Obfrau im Digitalausschuss, kritisiert dies scharf: „Dass sich die Union nur noch traut, hinter verschlossenen Türen zu debattieren, ist ein unnötiger Bruch mit einer gut bewährten Praxis.“ Sie vermutet, dass das daran liegen könnte, dass sowohl Ausschussvorsitzender als auch Digitalminister von der Union kommen, und man dem neuen Ministerium eine kritische Öffentlichkeit ersparen wolle. Denn Geheimes wird dort – anders als bei Verteidigung, Inneres oder dem Parlamentarischen Kontrollgremium – nicht verhandelt. 

Im Forschungsausschuss beantragten die Grünen die weitere Live-Übertragung der Sitzungen. Die Union lehnte dies ab. Die Begründung: Man wolle ungestört arbeiten und der AfD keine weitere Bühne bieten. Zudem seien die Zugriffszahlen der Livestreams überschaubar gewesen. Das sei „weder souverän noch überzeugend“, sagte der vorige Ausschussvorsitzende Kai Gehring (Grüne). Auf Threads berichtete er von guten Einschaltquoten und positiven Reaktionen von Fach-Communitys und Bürgern.  

2022 wurde auf Vorschlag der Ampelfraktionen beschlossen, den Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit in der Geschäftsordnung zu streichen. Allerdings gab es auch in der Ampel-Koalition keine Mehrheit für den Vorschlag, alle Ausschüsse öffentlich tagen zu lassen. So wurde damals sechs Ausschüssen (Kultur- und Medien, Bildung und Forschung, EU-Angelegenheiten, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Wohnen und Stadtentwicklung) nahegelegt, regelmäßig öffentlich zu tagen und Livestreams anzubieten. Der ursprüngliche Plan war, schrittweise weitere Ausschüsse hinzuzufügen. Diese Entwicklung scheint nun beendet zu sein.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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