Talk of the town
Erscheinungsdatum: 19. Oktober 2025

Strategieklausur zur AfD: Die CDU und die Gretchenfrage

Friedrich Merz und Alice Weidel
Friedrich Merz und Alice Weidel (picture alliance/dpa/dpa-Pool | Kay Nietfeld)

Die CDU-Spitze bekräftigt: Keine Öffnung zur AfD. Parteichef Merz und führende Mitglieder warnen vor Risiken in Außen-, Europa- und Wirtschaftspolitik und schließen Kooperationen auch bei Minderheitsregierungen aus.

Die sensibelste Frage in der CDU – der Umgang mit der AfD – wollten die Mitglieder des engsten Führungsgremiums besonders vertraulich besprechen. Selbst der Ort der Tagung am Sonntag, das stillgelegte und unter Denkmalschutz stehende Wirtshaus Schildhorn am Berliner Havelufer, wurde wie ein Staatsgeheimnis behandelt. Die Zufahrt wurde frühzeitig blockiert, die Wasserschutzpolizei sicherte sogar die Einfahrt in die Bucht ab. Als um kurz nach 14 Uhr Parteichef Friedrich Merz die Klausur eröffnete, wich die Dramatik schnell aus dem Treffen.

Merz machte klar, dass es mit ihm eine Öffnung zur AfD in keiner Weise geben werde und die öffentliche Berichterstattung darüber aus seiner Sicht übertrieben sei. Der Umgang mit der AfD müsse hart inhaltlich geführt werden, vor allem in der Außen-, Europa- und Wirtschaftspolitik sei die Partei eine Gefahr für Deutschland. Darauf müsse man in den anstehenden Wahlkämpfen immer wieder hinweisen. Auch andere Teilnehmer wie die Ministerpräsidenten Daniel Günther und Hendrik Wüst, Parteivizin Karin Prien und Hessens Regierungschef Boris Rhein wiesen auf die Gefahren einer Annäherung hin. „An unserer Haltung wird sich nichts ändern“, sagte ein Präsidiumsmitglied Table.Briefings am Abend, als die CDU-Spitze „zum gemütlichen Abend“ einlud. Ein Teilnehmer der Tagung soll darauf hingewiesen haben, dass eine Kooperation die CDU zerreißen würde.

Das Thema Minderheitsregierung sollte in den öffentlichen Beiträgen führender CDU-Politiker keine Rolle mehr spielen, mahnte ein anderes Präsidiumsmitglied. Eine realistische Option ist dies in den anstehenden Landtagswahlen im Osten ohnehin nicht. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern liegt die AfD mit 39 und 38 Prozent in den Umfragen weit vor CDU (27 und 13) und SPD (7 und 19 Prozent). Die Grünen spielen kaum noch eine Rolle. Eine CDU-geführte Minderheitsregierung wäre somit auf Stimmen der Linkspartei oder der AfD angewiesen. Eine Kooperation mit beiden Parteien hat die CDU 2018 ausgeschlossen.

Schon vor der Klausurtagung hatte ein Antrag zur AfD aus Schleswig-Holstein die CDU-Führung irritiert. Ein gemeinsamer Antrag von CDU, SPD, Grünen und SSW zur verfassungsrechtlichen Überprüfung der AfD löste bei Mitgliedern der Unions-Bundestagsfraktion Kopfschütteln aus. Alle Parteien im Landtag von Kiel mit Ausnahme der FDP – die AfD hat es dort nicht über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft – wollen die Verfassungsfeindlichkeit der AfD überprüfen lassen. Sollte die Prüfung belastbare Ergebnisse herbeiführen, will sich das Land auf Bundesebene für ein Verbotsverfahren gegen die AfD stark machen.

Dass sich mit Daniel Günther damit ein Präsidiumsmitglied aus den eigenen Reihen erneut für ein Verbot ausspricht, empfinden auf CDU-Bundesebene einige als kontraproduktiv, zumal Parteichef Merz das Verbotsverfahren kritisch sieht. Günther selbst begründet sein Engagement ähnlich wie Hendrik Wüst schon seit Jahren unter anderem mit Sorge um die Demokratie.

Auch im Podcast Table.Today ist die Strategietagung Thema, den Podcast hören Sie ab 5 Uhr hier.

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Letzte Aktualisierung: 19. Oktober 2025

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