Talk of the town
Erscheinungsdatum: 20. November 2025

Rentenstreit: Wie die Unionsführung die Junge Gruppe mit einem Reformplan besänftigen will

Friedrich Merz und Carsten Linnemann (picture alliance / dts-Agentur)

Der Rentenstreit könnte kommende Woche im Koalitionsausschuss entschärft werden. Union und SPD arbeiten hinter den Kulissen an einem Reformbekenntnis, um die Junge Gruppe einzubinden und einen Koalitionsbruch zu verhindern.

Der Rentenstreit könnte kommende Woche im Koalitionsausschuss mit einem Reformbekenntnis der Koalitionsführung entschärft werden. Hinter den Kulissen arbeiten Spitzen der Regierung sowie die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD – Jens Spahn, Alexander Hoffmann und Matthias Miersch – an einer entsprechenden Idee. Demnach erwägt die Unionsführung, schon im nächsten Koalitionsausschuss Prüfaufträge für die Rentenkommission zu formulieren, die jenseits des strittigen Rentenpakets eine kostendämpfende Reform in Aussicht stellen. Das Ziel: den Finanzdruck für die junge Generation abmildern. „Wir werden den Jungen ein Angebot machen, das unseren langfristigen Reformwillen zeigt“, sagte ein Unionsmitglied des Koalitionsausschusses Table.Briefings. Auch ein eigener Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen ist noch im Gespräch, heißt es.

Die SPD-Führung wiederum soll intern gegenüber der Union signalisiert haben, dass der Gesetzentwurf zum Rentenpaket in der vorliegenden Form nicht mehr angepackt werden könne. Ein Bekenntnis zu umfassenden Reformen sei aber natürlich auch schon vor der ersten Sitzung der Rentenkommission denkbar. Die strittigen 48 Prozent als Startpunkt für die Entwicklung des Rentenniveaus auch über das Jahr 2031 hinaus, müssten aber bleiben. Dies sei schon in den Koalitionsverhandlungen besprochen worden und im Kabinett nun vereinbart. Die SPD-Spitze verweist darauf, dass auch in der eigenen Fraktion ein Aufstand der Unzufriedenen drohe, wenn man da nochmal rangehe.

Weitergehende Reformen könnten aber jetzt schon in Aussicht gestellt und auch der Zeitplan für die Kommission angepasst werden, heißt es bei der SPD. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat intern vorgeschlagen, die Ergebnisse der Rentenkommission schon im Frühjahr 2026 vorzustellen, sodass Maßnahmen noch bis zum Sommer umgesetzt werden könnten. Beide Parteien versuchen derzeit spürbar, aufeinander zuzugehen und den Kritikern aus der Fraktion die Dramatik des Streits klarzumachen, heißt es. „Niemand hat ein Interesse an einem Bruch.“

SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas hatte überraschend erklärt, sie könne sich vorstellen, das Renteneintrittsalter schrittweise an die Lebenserwartung zu koppeln. Auch Änderungen bei der sogenannten Rente für besonders langjährig Versicherte (inzwischen „Rente mit 64“) und eine stärkere private Kapitaldeckung über die bisherigen Pläne hinaus könnten Teil eines Kompromisses sein, heißt es in der SPD. In der Union wiederum wird darauf verwiesen, dass man die SPD verstehe, dass der im Kabinett konsentierte Gesetzentwurf nicht mehr aufgeschnürt werde, wenn sich auch der Kanzler öffentlich zustimmend geäußert habe.

Bas warnte vor einem Bruch der schwarz-roten Koalition wegen der Diskussion über das Rentenniveau. „Ich würde es nicht verstehen, wenn die Koalition an einem technischen Detail bei der Rente scheitert“, sagte die SPD-Politikerin dem Tagesspiegel: „Profitieren würde davon nur eine Partei, nämlich die AfD. Die Jungen in der Union, hoffe ich, wissen das.“

Zu der größeren Rentenreform könne auch eine Pensionsreform gehören. „Wir müssen an die eigene Versorgung ran, um unseren Reformwillen zu demonstrieren“, sagte ein Spitzenmann der Union mit Blick auf die Pensionsansprüche der Minister und Abgeordneten. Stefan Nacke, Chef der Arbeitnehmergruppe der Union, deutet ein mögliches Ende des Streits an, sollte sich die Koalition auf weitgehende Reformen verständigen. „Die Junge Gruppe hat deutlich gemacht, dass wir noch in dieser Legislatur eine große Rentenreform brauchen. Wenn Union und SPD zeigen, dass sie dazu in der Lage sind, ist das mit Blick auf 2029 auch ein wichtiges Zeichen zum Schutz der Demokratie. Sonst stärkt das nur die AfD.“

Am Wochenende will die Unionsspitze nochmal mit den Vertretern der Jungen Gruppe reden, heißt es. Öffentliche Debatten seien in den kommenden Tagen möglichst zu vermeiden, Talkshow-Anfragen sollten abgelehnt werden, heißt es. Keine neuen Sticheleien, soll Kanzler Merz intern gefordert haben. Der Rentenstreit ist Thema im Podcast, den Sie ab 5 Uhr hier hören.

Table.Today mit Michael Bröcker und Helene Bubrowski. "Findet die Koalition die Rentenformel?"

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Letzte Aktualisierung: 20. November 2025

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