Talk of the town
Erscheinungsdatum: 04. August 2025

Junge Wähler: Wie SPD und Grüne um Anhänger der Linken buhlen

Philipp Türmer (l-r), Bundesvorsitzender der Jungsozialisten (Jusos), und Jette Nietzard und Jakob Blasel, beide Bundesvorsitzende der Grünen Jugend, stehen bei einer Kundgebung gegen die Asylpolitik von CDU/CSU und der AfD am Brandenburger Tor auf der Bühne.
Philipp Türmer (l.), Jette Nietzard (M.) und Jakob Blasel (r.) im Januar bei einer Demonstration am Brandenburger Tor (picture alliance/dpa | Christoph Soeder)

Auf SPD und Grüne wirkt die Dominanz der Linken bei jungen Menschen wie ein Alarmsignal. Mit 27 Prozent war sie bei der Bundestagswahl im Februar stärkste Kraft bei den unter 25-Jährigen. Für die Grünen ist das besonders schmerzhaft: Noch bei der Wahl 2021 sah es so aus, als ob die durch Fridays for Future politisierte Jugend auf absehbare Zeit überwiegend grün wählen würde. Bei der SPD bestand das Problem schon länger: Die Wählerschaft altert, zuletzt galten die Jusos in den 2000er-Jahren als linke Avantgarde. Nun stellt sich die Frage: Wie gehen Jusos und Grüne Jugend mit dem Erstarken der linken Konkurrenz um? Die Strategien könnten kaum unterschiedlicher sein.

Juso-Chef Philipp Türmer sagt, er sei „auch etwas neidisch auf den Vibe“, der bei der Linken herrsche: „Aber wir wollen keinen linken Vibe verkaufen, sondern linke Politik machen.“ Er will die linken Jungwähler zwar zurückgewinnen, doch gleichzeitig das Feld nicht kampflos der AfD überlassen, die sich zunehmend als neue Arbeiterpartei inszeniere. „Wir müssen es hinbekommen, dass diejenigen, die am Wochenende Kreisliga-Fußball gucken und sich danach ein Nackensteak grillen, es wieder supercool finden, für eine faire Vermögensverteilung und hohe Erbschaftssteuer zu kämpfen – echte linke Politik halt.“ 

Nach Informationen von Table.Briefings planen die Jusos nun umfassende Reformen: Strukturen sollen verändert, der Fokus auf Mitgliedergewinnung gelegt werden – „um aus der Blase herauszuwirken“, heißt es intern. Dabei gilt es, Anschluss an linke Milieus zu halten – und gleichzeitig Regierungsentscheidungen in der ungeliebten Koalition mit der Union zu vermitteln. Ein Spagat.

Die Grüne Jugend kämpft unterdessen mit anderen Problemen. Als sich der Bundesvorstand um Sarah-Lee Heinrich im vergangenen Herbst zurückzog, um ein neues politisches Projekt mit dem Namen „Junge Linke“ zu starten, blieb kaum Zeit, um neues Personal aufzubauen. Und der nächste Bundesvorstand orientierte sich ebenfalls weg von der Mutterpartei nach links. Inzwischen gab die neue Sprecherin Jette Nietzardt den Kampf mit den etablierten Parteigrößen auf. Sie will im Herbst nicht erneut für den Vorsitz kandidieren.

Ihr Co-Vorsitzender Jakob Blasel, der sich eine erneute Kandidatur offenhält, galt zwar bislang als ruhigerer Gegenpol zu Nietzardt. Doch kürzlich forderte er die Vergesellschaftung von RWE, LEAG und Thyssenkrupp – und trieb damit die Debatte noch weiter nach links. Diese Strategie sorgt für viel Reibung mit der Mutterpartei. Ganz anders als bei den Jusos, die zwar in einzelnen Fragen wie zuletzt bei der Wehrpflicht mit der Parteiführung ringen, aber keine grundsätzliche Neuausrichtung der Partei anstreben.  

Letzte Aktualisierung: 04. August 2025
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