Eigentlich wollte die schwarz-rote Koalition alles ganz anders machen als die Ampel. Eine entscheidende Sache hat sie sich dann aber doch beibehalten: Die sogenannte Frühkoordination zwischen den Koalitionspartnern im Kanzleramt. Bevor Union und SPD ihre Themen im Koalitionsausschuss besprechen, sollen sie dort schon einmal abgestimmt werden – damit danach alles möglichst glatt läuft.
Das Format wurde während der Koalitionsverhandlungen nicht von allen Spitzenverhandlern befürwortet. Die Sorge, die vor allem auf Seiten der CSU geäußert wurde: Eine Extra-Abstimmungsschleife könne auch Extra-Ärger mit sich bringen, alles komplizierter machen. Die Ampel sei kein positives Beispiel, um Formate beizubehalten. Weil SPD und CDU die Idee jedoch gut fanden, entschied man sich dafür – die CSU verzichtete jedoch auf einen Vertreter oder eine Vertreterin. Die Frühkoordination sollten für die Union der Kanzleramtschef Thorsten Frei und für die SPD der im Finanzministerium angesiedelte Staatssekretär Björn Böhning übernehmen.
Das ging bis zum ersten Koalitionsausschuss gut. Der CSU fiel auf, dass sie aus ihrer Sicht in Absprachen bei wichtigen Themen, wie der Stromsteuersenkung, nicht ausreichend eingebunden war. Markus Söder und Alexander Dobrindt fanden, die CSU brauche doch jemanden in der Abstimmungsrunde. Dobrindt und die Bayern-Bevollmächtigte im Bundesrat, Karolina Gernbauer rückten in die Runde ein. Gernbauer gilt als Vertraute von CSU-Chef Söder.
Nun soll die CSU nach Informationen von Table.Briefings einen hochrangigen Vertreter in der Frühkoordination bekommen: Sebastian Wüste, ein langjähriger Mitarbeiter von Dobrindt, wird im Rang eines Staatssekretärs als Pendant zu Böhning in die Runde entsandt. Staatssekretär Hans-Georg Engelke gibt dafür einen Teil seiner Abteilungen ab. Engelke hatte die Abteilung Z vorher über viele Jahre verantwortet. Wüste, bisher Strategiechef des Innenministers, war zuvor in der CSU-Landesgruppe in ähnlicher Funktion tätig. Er soll weiter im Innenministerium angesiedelt bleiben.
Eine gewichtige Personalie, die Dobrindts Haus damit noch mehr Gewicht innerhalb der schwarz-roten Koalition verleiht. Aber: Söders Vertraute Gernbauer bleibt dennoch Teil der Runde. Die CSU hat damit gleich zwei wichtige Koordinatoren an entscheidender Stelle in der Koalition installiert. In der CDU sorgt das für Unruhe. Aus Parteikreisen heißt es, der Einfluss der kleinen Schwesterpartei sei ohnehin schon groß. Im Vergleich zu anderen, auch großen, CDU-Landesverbänden sei das nicht mehr verhältnismäßig.
Bereits vor der Bundestagswahl gab es einen Versuch der anderen Landesgruppenchefs, den Einfluss der Bayern zu dimmen. Initiatorin, so heißt es, sei die NRW-CDU gewesen. Wie Table.Briefings aus Teilnehmerkreisen erfuhr, sei Dobrindt in die sogenannte Teppichhändler-Runde der Landesgruppenchefs im Bundestag eingeladen worden. Teilnehmer berichten, Dobrindt habe offenbar gedacht, es gehe um den Wahlkampf – und zunächst einen Vortrag zur Strategie gehalten. Als anschließend Kritik am Einfluss der CSU, der Verteilung von Stellvertreter-Posten und Mittel ausgedrückt worden sei, habe sich der CSU-Landesgruppenchef irritiert gezeigt. Unter den Wortmeldungen: NRW-Landesgruppenchef Günther Krings und der Schleswig-Holsteiner und spätere Außenminister Johann Wadephul. Am Ende blieb das Treffen ohne Ergebnis oder Veränderung. Die unionsinterne Unzufriedenheit wurde nicht aus dem Weg geräumt.