Talk of the town
Erscheinungsdatum: 29. September 2025

Kabinettsklausur: Wie Schwarz-Rot den Staat modernisieren will

Karsten Wildberger bei der Einweihung des ersten europäischen Exascale-Supercomputers JUPITER in Jülich
Karsten Wildberger (picture alliance/dpa/Revierfoto)

Die Pläne der Bundesregierung zur Entbürokratisierung werden konkreter. Doch reicht der Wille zum Wandel aus, um den Reformstau zu lösen?

Schnellere Verfahren, weniger Aufwand, niedrigere Kosten – so stellt sich das Bundeskabinett einen erfolgreichen Kampf gegen die überbordende Bürokratie vor. Ob es mit seiner Modernisierungsagenda tatsächlich so kommen wird, muss sich erst noch herausstellen. Die Überprüfbarkeit mit Zielmarken und Fristen aber, die Digitalminister Karsten Wildberger unmittelbar vor der Klausur ankündigte, zeigen mindestens den Willen, ernst zu machen.  

Acht Prozent weniger Personal, zehn Prozent weniger Sachkosten, dazu 16 Milliarden weniger Bürokratieaufwand für Unternehmen – das sind die Zielmarken, die Wildbergers Leute mit allen anderen Ministerien vereinbart haben. Wie es heißt, waren es bis zum Schluss harte Verhandlungen, weil das im Grundsatz für alle bedeutet einzugestehen: dass es auch mit weniger gehen kann und muss.  

Bei alledem sollen sogenannte Hebelprojekte helfen, an denen die Bevölkerung erleben soll, dass sich schnell was ändert. So will das Kabinett eine I-KFZ-Zulassung schaffen, mit der Autos künftig digital an- oder abgemeldet werden können. Laut Wildberger tun das rund 10 Millionen Menschen im Jahr, und das bislang bei rund Hunderten von Zulassungsstellen in Deutschland.  

Noch wichtiger könnten Erleichterungen bei der Firmengründung sein. Nach den Plänen der Regierung soll man auch das künftig digital erledigen können, im Idealfall binnen 24 Stunden. Drittes Beispiel: eine „Work and Stay“-Agentur. Sie soll für Unternehmen unbürokratisch und schnell die Anwerbung und Aufnahme von Fachkräften organisieren. Wildberger verspricht dabei keine Wunder, aber entschiedenes Handeln. Und er weiß, dass das nicht alles in einem einzigen Schritt gut wird: „Wenn ein Land sich so verknotet, dann wird die Entknotung ein Prozess sein.“  

All diese Verfahren sollen als Kabinettsbeschluss noch in der Villa Borsig umgesetzt werden, der gesamte zweite Tag ist dafür vorgesehen. Für den ersten Tag haben Friedrich Merz und Lars Klingbeil das Thema Wettbewerbsfähigkeit gesetzt. Klingbeil will noch einmal die Schwerpunkte des Haushalts 2026 und erste Hinweise zu 2027 geben, hieß es. Auch der viel gescholtene Verkehrsminister Patrick Schnieder soll seine Infrastruktur-Pläne erklären, Forschungsministerin Dorothee Bär erläutert die Hightech-Agenda. Los geht es am Morgen mit einem Input des in Princeton lehrenden Ökonomen Markus Brunnermeier. Seine Spezialität ist die Analyse von Krisen und wie Volkswirtschaften daraus gestärkt hervorgehen können. Ein passender Auftakt für die schwarz-rote Koalition.  

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Letzte Aktualisierung: 29. September 2025

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