Talk of the town
Erscheinungsdatum: 16. November 2025

Die Rente und die Junge Union – warum Merz nur noch schwer aus der Sackgasse kommt

Friedrich Merz versucht, die Junge Union zu überzeugen (picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen)

Die Spannungen zwischen Merz und der Jungen Union eskalieren: Die JU blockiert weiter das Rentenpaket, während Merz einen klaren Kurs fährt und dem Koalitionspartner SPD ein Signal sendet. Ein Durchbringen des Gesetzes ohne die 18 Abgeordneten der JU scheint unmöglich; größere Spielräume gibt es kaum.

Die Stimmung zwischen Friedrich Merz und der Jungen Union (JU) ist seit diesem Wochenende maximal angespannt. Wie der Kanzler eine Mehrheit für sein Rentenpaket im Bundestag bekommen will? Ist unklarer denn je. Die Junge Gruppe will dem Gesetz nach wie vor nicht zustimmen. Die am Wochenende entstandene Unruhe ist nun so groß, dass sich Merz kurzerhand selbst zum Bericht aus Berlin einlud, um die Lage zu klären.

Merz hatte der Parteijugend in den vergangenen Wochen unklare Signale gesendet. Es schien, als ob der Kanzler die Bedenken nachvollziehen kann. Der Kritikpunkt: die nicht vom Koalitionsvertrag gedeckten hohen Folgekosten, die dann entstehen, wenn das Rentenniveau auch nach 2031 bei 48 Prozent bleibt. Im Koalitionsvertrag war eine Absicherung des Niveaus nur bis 2031 vereinbart. Auch andere Mitglieder der Unionsfraktion hielten die Kritik für berechtigt. Und ganz zu Beginn der Debatte hatte Merz betont, die Junge Gruppe hätte einen Punkt. Es sei ihr Recht, gar ihre Pflicht darauf hinzuweisen. Nur, danach kam nichts mehr.

Nun hofften die Delegierten beim Deutschlandtag erneut auf das Verständnis ihres Kanzlers. Dass Merz vor der JU erklären würde, das Rentenpaket noch einmal ganz aufzuschnüren, hatte zwar niemand ernsthaft erwartet. Damit hätte der Kanzler seine eigene Koalition wohl angezündet. Aber dass er den Jungen die Hand reicht, darauf hatte man schon gesetzt. Merz hatte sich entschlossen, diesmal einen klaren Kurs zu fahren. Dem Gesetz könne er guten Gewissens zustimmen. Und einen „Unterbietungswettbewerb“ mit Blick auf das Rentenniveau könne keiner wollen.

Merz hat damit die Fronten geklärt – und verhärtet. Er hat dem Koalitionspartner SPD ein klares Signal gesendet, aber die JU endgültig gegen sich aufgebracht. Und in der Jungen Gruppe der 18 Bundestagsabgeordneten, ohne die eine Verabschiedung des Gesetzes nicht möglich ist, schien die Entschlossenheit, den Widerstand aufrechtzuerhalten, eher gewachsen. Am Sonntagabend erklärte der Kanzler in der ARD, er sei mit der Jungen Union in der Sache gar nicht auseinander. „Es geht jetzt nur um die Frage, wie gehen wir jetzt in den nächsten Wochen und Monaten mit diesem Thema um. Und ich glaube, da haben wir in der Regierung einen vernünftigen Vorschlag.“ Es werde die Rentenkommission geben, und für das aktuelle Gesetz könne man sich mit der SPD auf einen Begleittext verständigen. „Begleittext“ – das scheint Merz’ Friedensangebot zu sein.

Viel mehr Spielraum wird es nicht geben. Auch wenn Markus Söder auf dem Deutschlandtag der JU an diesem Sonntag hat anklingen lassen, er halte die Vorschläge für konstruktiv und man werde noch einmal das Gespräch mit der SPD suchen, ist nicht davon auszugehen, dass sich noch viel ändert. Der CSU-Chef dürfte kein Interesse daran haben; seine Mütterrente aufzuschieben oder gar ganz aufs Spiel zu setzen.

Ansonsten wird jede mögliche Unterstützung für die Haltung der JU unterbunden. Katherina Reiche hatte erkennen lassen, Teilen der Kritik zuzustimmen. Die umlagefinanzierte Rente dürfe nicht zu einer weiteren Belastung der Lohnnebenkosten führen. Insofern habe die Junge Gruppe recht. Das sorgte nach Informationen von Table.Briefings aus Regierungskreisen im Merz-Lager für Unmut. Am Nachmittag folgte prompt die Korrektur. Reiche stellte klar: „Wenn der Gesetzentwurf die Beratungen des Bundestags erfolgreich passiert hat, wofür ich werbe, müssen die Ergebnisse der Rentenreform-Kommission noch in dieser Legislaturperiode in die Gesetzgebung einfließen.“

Viele Optionen bleiben nicht mehr. Wenn das Gesetz in den Bundestag eingebracht und nicht mehr verändert wird, hat es nach jetzigem Stand keine Mehrheit. Jedenfalls nicht, wenn die Junge Gruppe hart bleibt. Das jetzige Angebot des Kanzlers reicht ihr nicht. Merz könnte das Gesetz allenfalls mit Gewalt durchdrücken. Sprich, die Vertrauensfrage stellen. Der Schaden könnte dann aber noch größer sein, als er es jetzt schon ist.

Das Gespräch hören Sie ab 5 Uhr hier.

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Letzte Aktualisierung: 16. November 2025

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