Talk of the town
Erscheinungsdatum: 17. September 2025

Die Baustellen des Kanzlers: In der Generaldebatte wird deutlich, warum die fehlenden Reformen Merz schwach aussehen lassen

Friedrich Merz bei der Generaldebatte (picture alliance / Andreas Gora)

Vom angekündigten Herbst der Reformen ist bei der Generaldebatte wenig zu spüren. Friedrich Merz flüchtet sich in Floskeln oder verweist auf Kommissionen. Doch harte Entscheidungen sind unausweichlich.

Eigentlich sind die Erwartungen an die Koalition und ihren Kanzler in diesen Tagen klar. Friedrich Merz muss zeigen, dass er nicht nur die außen- und sicherheitspolitischen, sondern auch die innenpolitischen Herausforderungen bewältigen kann. Ihm muss die angekündigte Reform-Agenda gelingen. Im Kern gehören dazu Migration, Wirtschaft und Soziales. Bei der Generaldebatte am Mittwoch erwarten deshalb nicht nur Teile der Opposition Antworten auf bislang ausstehende Fragen.  

Doch stattdessen widmet sich der Kanzler zunächst wieder der Außen- und Sicherheitspolitik: Frieden und Freiheit, die Ukraine und Europa, die Bundeswehr und die Nato. All das sei eben auch „Reformpolitik“, findet Merz und erklärt dann nicht zum ersten Mal: „Diese Außen- und Sicherheitspolitik, sie ist zugleich Innenpolitik. Die Trennung von Innen und Außen ist einfach überholt.“  

Als der Kanzler schließlich doch noch auf die Innenpolitik zu sprechen kommt, bleibt er unkonkret. Weder zeigt er auf, wo künftig – jenseits eines kleinen Betrags beim Bürgergeld – gespart werden kann, noch macht er deutlich, wie die Reformen aussehen sollen. Im Gegenteil: Als er über die Rente spricht, sagt Merz, dass weder die Jungen noch die Alten zu kurz kommen sollen. Er lobt sogar zwei Vorhaben, die zu Einnahmeausfällen und Mehrkosten führen: die Aktiv- und die Frühstartrente. Große Veränderungen? Einsparungen? Vielleicht sogar Kürzungen? Spricht Merz nicht an, sondern verweist auf Kommissionen. 

Die Fraktionschefin der Grünen, Katharina Dröge, legt den Finger in eine Wunde des Kanzlers. Wie wohl der Oppositionsführer Merz auf die bisherige Performance der Regierung geblickt hätte, fragt sie. Die Geduld, die Merz in diesen Tagen mit Blick auf notwendige Reformen und Einsparmaßnahmen Geduld einfordere, hätte er der Ampel als Oppositionsführer wohl kaum zugestanden. Und: Schwarz-Rot, so Dröge, hätte mit dem Sondervermögen die Chance gehabt, ein Aufbruchssignal zu senden. Stattdessen sei viel Geld an „die Falschen“ verteilt worden – etwa die CSU. Tatsächlich ärgert sich darüber auch bei SPD und CDU der eine oder andere.  

Bei der Geldverteilung dürfte es Merz nicht zuletzt um den Erhalt des Friedens in der Union gegangen sein. Und das scheint immer noch Priorität zu haben. Denn unangenehme Wahrheiten spricht Merz am Mittwoch nicht aus. Vielleicht auch, weil die Lösungen für die großen Probleme bislang fehlen.

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Letzte Aktualisierung: 17. September 2025

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