Klagen über die Bürokratie sind nicht neu. Vor allem nicht aus der Wirtschaft. Und doch haben sie sich zuletzt noch mal verschärft. Ins Visier sind vor allem die Regeln geraten, mit denen die EU den Kontinent nachhaltiger machen will. Viele Unternehmen fühlen sich überfordert – und Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts, stimmt zu. „Es gibt Bürokratie, die keinen zusätzlichen umwelt- und klimapolitischen Nutzen hat und deshalb abgebaut werden sollte“, sagt er: „Daran müssen wir arbeiten.“
Im Interview mit Table.Briefings mahnt Messner zugleich, die richtige Dosierung zu finden. Denn: Auf dem Spiel stünde nichts weniger als der Green Deal. Scheitert die Politik bei der Bürokratiefrage, gerate dessen Umsetzung in Gefahr. Gewinnen hingegen die Akteure in den Parlamenten, der Wirtschaft und den Gewerkschaften die Oberhand, die durch den Bürokratieabbau vor allem eine Absenkung der Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen, werde es auch nichts mit Europas Klimaneutralität. Letztere sind aktuell allerdings einflussreich, so Messners Beobachtung. „Damit habe ich natürlich meine Probleme, weil unsere Studien zeigen, dass wir schnell handeln müssen.“
Was es jetzt brauche, sei eine „progressive Entbürokratisierung“. Statt weiterer einzelner Initiativen und Instrumente müssten die Mechanismen gestärkt werden, die das Gesamtpaket im Blick behalten. Sein Umweltbundesamt sieht Messner dabei mit in der Verantwortung. Es müsse Vorschläge machen, um „die Effizienz im System“ zu erhöhen, Redundanzen abzubauen und Roadmaps zu entwickeln, wie der Green Deal mit „mehr Kontext- als Detailsteuerung“ erreicht werden kann. Künstliche Intelligenz sei dafür ein Tool, das er vermehrt einsetzen will.
Einen anderen Vorschlag hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) gerade veröffentlicht. Im Auftrag der EU-Kommission überarbeitet sie die Kriterien, anhand derer Firmen ihre Nachhaltigkeitsreports künftig erstellen müssen. An dem vorigen Kriterienset hatten zahlreiche Unternehmen und Verbände massive Kritik geübt – der neue Entwurf wird jetzt grundsätzlich begrüßt, wie Table.Briefings aus Gesprächen mit Beratern, Wirtschaftsprüfern und dem Deutschen Aktieninstitut erfahren hat. Was sie loben und welche Nachbesserungen sie fordern, lesen Sie im ESG.Table. Das Interview mit UBA-Präsident Messner finden Sie hier.