Talk of the town
Erscheinungsdatum: 30. September 2025

Bericht der Ostbeauftragten – Warum die Menschen im Osten reformfreudiger sind als gedacht

Studie aus dem Bericht der Ostbeauftragten
Wie Westdeutsche auf Ostdeutsche blicken – und wie sie sich selbst sehen (Bericht der Ostbeauftragten / Faus/Storks 2019)

Die Klischees über Ossis und Wessis scheinen unauslöschlich. Doch wie verschieden ticken Ost- und Westdeutsche heute wirklich?

Die Menschen in Ostdeutschland sind offener für den Wandel als gemeinhin beschrieben wird. Das ist ein Ergebnis des Deutschland-Monitors 2025, einer repräsentativen Befragung von mehr als 4.000 Personen in zwölf strukturschwachen Regionen in West- und Ostdeutschland. Die Ergebnisse sind Teil des Berichts zum Stand der deutschen Einheit der Ostbeauftragten der Bundesregierung. Der Bericht wird an diesem Mittwoch im Kabinett verabschiedet und liegt Table.Briefings exklusiv vor.  

Das Schwerpunktthema der Befragung lautete: „Wie veränderungsbereit ist Deutschland?“. Ein knappes Viertel (23 Prozent) der Deutschen ist demnach offen für gesellschaftlichen Wandel und sieht diesen als Chance. Knapp 52 Prozent der Befragten stehen den Veränderungen ambivalent gegenüber, 26 Prozent äußerten sich eher kritisch. Entgegen der öffentlichen Meinung, dass Ostdeutsche Veränderungen skeptisch gegenüberstehen, zeigen sich in der Befragung kaum Unterschiede zwischen Ost und West, vor allem nicht bei den jüngeren Menschen. Nur bei den älteren Ostdeutschen, die vor 1990 in der DDR sozialisiert wurden, sind noch größere Vorbehalte gegen die Veränderungen in Politik und Gesellschaft spürbar, heißt es in dem Bericht. 

Sicherheit, Migration und Wirtschaft sind Prioritäten. Den größten Veränderungsdruck spüren die Befragten beim Thema Verteidigung/Sicherheit (22 Prozent nannten dies als Hauptthema), gefolgt von der Zuwanderung (19 Prozent) und der Wirtschaft (15 Prozent). Als zu schnell und daher zu wenig steuerbar empfinden 18 beziehungsweise 15 Prozent der Befragten die Veränderungen bei der Migration und beim Klima. Als zu langsam wird der Wandel bei der Digitalisierung (30 Prozent sagen das) und der Verteidigungsfähigkeit (23 Prozent) empfunden. Ein Ergebnis ist außerdem: Ostdeutsche wünschen sich in der Wirtschafts- und Sozialpolitik deutlich stärker als die Bürger im Westen politische Maßnahmen.  

Die Aufrüstung im Land und die steigenden Verteidigungsausgaben werden im Osten indes skeptischer gesehen als im Westen. Auch blicken die jüngeren Befragten sorgenvoller auf diese Veränderungen als Ältere. Die Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung würden in der Befragung deutlich, heißt es. Der notwendige Wirtschaftsaufschwung, die Verteidigungsfähigkeit und die Steuerung der Zuwanderung seien die Top-Themen und müssten auch in der Regierung priorisiert werden.  

Im Bericht zum Stand der Einheit legt die Ostbeauftragte Elisabeth Kaiser den Schwerpunkt auf die Sicht der Jungen. Ein Problem sei der Wegzug vieler junger Menschen und die damit einhergehenden Probleme. So würden Jugendliche im Osten auf zu wenig Gleichaltrige treffen. „Oft fehlt die kritische Masse an Jugendlichen, die es braucht, um sich von den Älteren zu emanzipieren und eigene Ideen zu verwirklichen“, schreibt Kaiser. Es brauche mehr Treffpunkte und Begegnungsorte. Die Identifizierung junger Menschen mit ihrer Herkunft sei im Osten dafür deutlich ausgeprägter als im Westen. 

Zwei Drittel der Ost-Millennials sagen, dass es sehr wohl relevant sei, ob man aus dem Osten oder Westen kommt. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit als Beauftragte sollen Maßnahmen zur Vermögensbildung junger Menschen im Osten sein, schreibt Kaiser im Vorwort des Berichts. Auch die Zahl der ostdeutschen Führungspersönlichkeiten in Wirtschaft, Verwaltung, Politik oder Medien müsse ausgebaut werden. 

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Letzte Aktualisierung: 30. September 2025

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