Talk of the town
Erscheinungsdatum: 09. Oktober 2025

Autogipfel: Wie Merz den Streit um das Verbrenner-Aus nach Brüssel weiterspielt

Markus Söder und Friedrich Merz
Markus Söder und Friedrich Merz (picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler)

Der Kompromiss zum Verbrenner-Aus schien gefunden – doch in letzter Minute stellte Markus Söder sich quer. Friedrich Merz will die Debatte nun auf europäischer Ebene führen.

Eigentlich schien alles in trockenen Tüchern, als sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD am Mittwochnachmittag im Kanzleramt zum Koalitionsgipfel trafen. In einem gemeinsamen Gastbeitrag im Handelsblatt hatten CSU-Chef Markus Söder und der niedersächsische Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) eine Kompromisslinie für das umstrittene Thema Verbrenner-Aus aufgezeigt: Es bleibe im Grundsatz dabei, dass neu zugelassene Fahrzeuge in der EU ab 2035 kein CO₂ mehr ausstoßen dürfen.  

Davon sollte es aber Ausnahmen geben, und zwar für Plug-in-Hybride, also Autos, die zum Antrieb einen Elektro- und einen Benzinmotor nutzen können, sowie Range Extender. Auch Umweltminister Carsten Schneider (SPD) hatte sich in internen Beratungen nicht gegen die Ausnahmen gestellt, ein gemeinsames Papier war bereits in Abstimmung und wurde am Abend im Koalitionsausschuss diskutiert. Darin stand der Satz, dass es kein „pauschales Verbrennerverbot“ geben solle, es aber beim Ziel 2035 bleiben werde. Mit den Ausnahmen waren auch Elektroautos mit Range Extender gemeint, einem kleinen Generator, der aus Benzin Strom für den E-Motor erzeugen kann. Die Emissionen, die Neuwagen nach 2035 dadurch noch verursachen, sollten ausgeglichen werden, indem mehr grüner Stahl für die Autoproduktion verwendet wird oder mehr klimaneutrale Kraftstoffe zum Einsatz kommen. Auch SPD-Chef Lars Klingbeil hatte sich in der internen SPD-Sitzung vor dem Treffen mit der Union am Mittwochabend für diesen Kompromiss ausgesprochen, so Teilnehmer.   

Doch spät nach Mitternacht soll sich Söder plötzlich gegen den Kompromiss gestellt haben, berichten Teilnehmer. Der CSU-Chef wollte das Zieljahr 2035 für die Klimaneutralität von Neuwagen komplett streichen. „Es braucht hier einfach eine klare Freiheit der Technologie“, sagte Söder am Donnerstagmorgen. Er soll mit SPD-Fraktionschef Matthias Miersch aneinandergeraten sein, der keine weiteren Zugeständnisse machen wollte. Man vertagte sich schließlich, um sich mit der Autoindustrie und den Länderchefs der Autoländer zu besprechen. Offenbar hofft Söder nun auf wachsenden Druck aus der Industrie, um das Verbrenner-Verbot doch noch zu kippen – wobei schon bei der zuvor gefundenen Kompromisslinie keineswegs gesichert wäre, dass es dafür auf EU-Ebene eine Mehrheit gegeben hätte.  

Merz scheint Söders harte Linie zu stützen. Nach dem Autogipfel kündigte der Kanzler an, dass es „einen harten Schnitt im Jahr 2035 nicht geben wird“. Das Verbrenner-Verbot bezeichnete Merz als „schweren politischen Fehler“. Er erklärte, dass auch Niedersachsens SPD-Regierungschef Lies keine „Abbruchkante“ 2035 akzeptieren wolle. Merz schielt nun auf die EU. Was die EU an Regulierungsdichte zuletzt aufgefahren habe, sei „einfach zu viel“, so Merz bei einer Veranstaltung des Markenverbands am Donnerstag. Dort müsse jetzt gehandelt werden. Ein mit den Auto-Ministerpräsidenten abgestimmtes Papier aus dem Kanzleramt wurde indes am Donnerstag nicht mehr beschlossen.   

Einigkeit gab es dagegen bei zwei weiteren Verkehrsthemen: So sollen die Mittel innerhalb des Infrastruktur-Sondervermögens so umgeschichtet werden, dass bis 2029 drei Milliarden Euro zusätzlich für den Straßenbau zur Verfügung gestellt werden. Obwohl das weitaus weniger ist als die vom Verkehrsministerium zuvor kommunizierte Lücke von 15 Milliarden Euro, können damit alle baureifen Projekte umgesetzt werden, hieß es. Zudem einigte sich die Koalition darauf, neben Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds zusätzlich 3 Milliarden Euro aus dem KTF zu nutzen, um „Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen“ bei der Nutzung von E-Autos zu unterstützen. Details dazu, wie hoch die Zuschüsse ausfallen sollen und bis zu welchem Einkommen man sie erhalten soll, gibt es noch nicht. Der Autogipfel ist auch Thema im Podcast Table.Today, den sie ab 5 Uhr hier hören

Table.Today mit Michael Bröcker und Helene Bubrowski. "Der Auto-Streit geht weiter"

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Letzte Aktualisierung: 09. Oktober 2025

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