Talk of the town
Erscheinungsdatum: 12. August 2025

Deutschland und Israel: Ein Rüstungshandel zum beiderseitigen Nutzen – jedenfalls bis jetzt

Israel bricht Rekord bei Waffenexporten: Europa ist Hauptabnehmer

Seit Friedrich Merz einen vorläufigen Lieferstopp für bestimmte deutsche Rüstungsgüter verhängt hat, gibt es in Deutschland wie in Israel heftige Debatten. Zum einen, weil sich viele hier wie dort fragen, ob die besonderen Beziehungen jetzt in Gefahr sind; zum anderen, weil mancher fürchtet, es könnte Israel entscheidend schwächen. Und zum dritten, weil deutsche Politiker und Experten schon davor warnen, dass Israel im Gegenzug die Lieferung wichtiger Luftabwehrwaffen an Deutschland aussetzen könnte.   

Thorsten Benner, der Direktor des Global Public Policy Institute, hält Gegenreaktionen aus Israel eher für unwahrscheinlich. Zwar sei es richtig darauf hinzuweisen, dass die deutsch-israelische Rüstungskooperation „keine Einbahnstraße“ sei und Deutschland insbesondere von Drohnentechnologie, Flugabwehr und Geheimdienstinformationen aus Israel profitiere. Doch liegt es aus seiner Sicht nicht im israelischen Interesse, „den Konflikt zu eskalieren“. Da das Abhängigkeitsverhältnis gegenseitig sei, halte er es nicht für sehr plausibel, dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinerseits mit einem Exportstopp reagiere, so Benner. 

Was ein deutscher Teil-Exportstopp kurzfristig bedeutet, lässt sich nur schwer sagen. Die Bundesregierung hält sich bedeckt darüber, welche Rüstungsgüter sie für Israel genehmigt hat und welche fortan nicht mehr geliefert werden. Sie teilte zwar mit, dass sie zwischen dem 1. Januar 2024 und dem 26. Juni 2025 Einzelausfuhrgenehmigungen nach Israel für Rüstungsgüter über 250 Millionen Euro erteilt habe; sie nannte in einer Antwort auf eine Anfrage der Linken aber lediglich einzelne Titel. Wie viel wovon genehmigt wurde, geht daraus nicht hervor. Unter die aufgeführten Kategorien fallen Handfeuerwaffen, Munition, Sprengkörper, die sowohl Bomben als auch Granaten oder Torpedos sein könnten oder auch nur „zugehörige Ausrüstung“ für Sprengkörper. Unklar bleibt auch, ob Merz‘ Stopp auch für Komponenten von Korvetten gilt. Die ARD hatte im Frühling 2024 von einer in Kiel gebauten israelischen Korvette berichtet, die den Gazastreifen beschossen haben soll. 

Mittelfristig schwierig könnte es vor allem für die Funktionsfähigkeit israelischer Panzer werden. „Getriebe für Panzer sind Verschleißteile. Je stärker die Waffen im Einsatz sind, desto häufiger müssen sie ersetzt werden“, sagt Max Mutschler vom Bonn International Centre for Conflict Studies. Im Fokus ist hier der Augsburger Getriebebauer Renk. Bei ihm könnte aber nicht nur der Lieferstopp greifen. Noch im August will außerdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof über eine Klage gegen die Lieferung von Panzergetrieben der Augsburger entscheiden. Mehr Details über die deutschen Rüstungsexporte lesen Sie im Security.Table. 

Israel exportierte umgekehrt 2024 rund 21 Prozent seiner Rüstungsgüter nach Deutschland. Insgesamt hatten sich die Ausfuhren in 88 Staaten einen Wert von 14,7 Milliarden US-Dollar. Im September vergangenen Jahres hatten Berlin und Jerusalem einen Vertrag über die Lieferung des Flugabwehrsystems Arrow 3 an die Bundeswehr unterzeichnet. Die Kosten für das von Israel Aerospace Industries (IAI) unter dem Einsatz von US-Technologie entwickelte System belaufen sich auf 4,3 Milliarden US-Dollar. Es ist der größte Rüstungsdeal in der Geschichte Israels. Auch die Exporte in andere EU-Staaten erreichten vergangenes Jahr neue Rekordwerte, sodass Israel in den Kreis der Top Ten unter den internationalen Waffenexporteuren aufstieg. 

Experten rechnen damit, dass Israels Ausfuhrerlöse dieses Jahr auf 18 Milliarden US-Dollar steigen könnten. Neben EU-Staaten und den USA gehören Indien, aber auch arabische Staaten zu den Hauptabnehmern israelischer Rüstungsgüter. Bei Flugabwehrsystemen, Drohnen und Überwachungstechnologie zählen israelische Firmen zu den weltweit führenden Anbietern; das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri listet IAI, Elbit Systems und Rafael unter den Top 100 aller Waffenproduzenten der Welt. Dabei schreckt das israelische Verteidigungsministerium auch nicht vor Kooperationen mit autokratischen Systemen zurück. Welche das sind und warum einzelne EU-Staaten gegenüber Israel anscheinend widersprüchlich agieren, lesen Sie im Security.TableYossi Melman

Briefings wie Berlin.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 13. August 2025

Teilen
Kopiert!