wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.
Es tut sich was in Deutschland. Und zum ersten Mal seit Monaten bekommt das eine Richtung, die Hoffnung machen kann. Jedenfalls allen Demokraten. Dass auch an diesem Wochenende Hunderttausende auf die Straße gegangen sind, um gegen Rechtsextremisten zu demonstrieren, macht aus dem ersten Ereignis vor einigen Wochen einen immer stabileren Trend. Das schafft eine gemeinsame Identität, die manche nicht mehr für möglich gehalten hätten. Mögen Enttäuschung und Frust über die Fehler und fehlenden Botschaften der Regierung erheblich sein – für viele Menschen im Land sollen davon nicht länger Populisten und Demokratieverächter profitieren, die Behinderte ausschließen, Parteien abschaffen, die EU verlassen und einem nationalistischen Heilsversprechen frönen wollen. Die Profiteure der Spaltung haben eine Gegenbewegung ausgelöst. Das macht die Probleme noch nicht kleiner. Aber es schafft ein gemeinsames Fundament, das es allen Demokraten (und womöglich auch den drei Parteien der Ampel) erleichtern kann, wieder den richtigen Kurs zwischen wichtigen Prioritäten und unwichtigen Streitereien zu finden.
Viel Vergnügen bei der Lektüre; kommen Sie gut in die Woche!
Heute haben Constanze Baumann, Okan Bellikli, Stefan Braun, Michael Bröcker, Franziska Klemenz, Maximilian Stascheit, Lukas Scheid und Alex Veit mitgewirkt.
Wachstumschancengesetz: BDI appelliert an die Länder. In einem Brief an die Finanzminister der Länder bittet der BDI um die zügige Annahme des Wachstumschancengesetzes durch den Vermittlungsausschuss. “Die aktuelle wirtschaftliche Lage erfordert jetzt schnell steuerliche Verbesserungen für die Unternehmen, und das Wachstumschancengesetz ist ein wichtiger erster Schritt, um Investitionsanreize zu verbessern”, schrieb Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Der BDI unterstützt insbesondere die Einführung der Investitionsprämie und eine Ausweitung der Forschungszulage. “Dies sind wichtige steuerpolitische Instrumente, um die Transformation der Wirtschaft zu meistern und den Klimaschutz voranzubringen.”
Am Montagabend trifft sich eine informelle Vermittlungsrunde. Ihr gehören Vertreter aus Bund und Ländern an; sie sollen den seit Monaten schwelenden Streit um das Gesetz beilegen. Einige Bundesländer, darunter auch das SPD-geführte Bremen, kritisieren die finanziellen Lasten, die sich für sie und die Kommunen aus den Steuererleichterungen ergeben. Die Union stößt sich an der vorgesehenen administrativen Abwicklung der sogenannten Klima-Investitionsprämie. Bislang sollen die Finanzämter der Länder die Prämie abwickeln.
Die Ampelkoalition will den Ländern entgegenkommen. Insgesamt sollen die Lasten für die öffentlichen Haushalte nur noch etwa drei statt wie zuvor Milliarden Euro pro Jahr betragen. Dafür werden wohl die Regelungen zu Verlustvortrag und Abschreibungen zusammengestrichen. Der Ausgang des Vermittlungsverfahrens ist auch bedeutsam für das Schicksal des Vorschlags von Wirtschaftsminister Habeck für ein Wachstumschancengesetz “mal 10, vielleicht mal 50”. Die Union zeigte sich gesprächsbereit. “Endlich erkennt der Wirtschaftsminister die unverhältnismäßig hohen Belastungen der deutschen Unternehmen an”, sagte Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei dem Handelsblatt.
Finanzminister Lindner lehnt ein Sondervermögen zur Finanzierung von Investitionsanreizen ab. Zugleich zeigte er sich in der Welt am Sonntag offen dafür, “die steuerlichen Anreize im Wachstumschancengesetz für Investitionen und Forschung” auszudehnen. Damit scheinen Wirtschafts- und Finanzminister bei Steuererleichterungen nicht weit auseinander zu liegen. Auch Habeck hatte entgegen Lindners Darstellung keine Subventionen vorgeschlagen, sondern Abschreibungsmöglichkeiten und Steuervergünstigungen. Uneinig waren sie sich hingegen bei der Gegenfinanzierung.
Wohnungsbau: Geywitz setzt auf Standards und mehr KI. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will mit der Absenkung von Standards und dem vermehrten Einsatz von Automatisierung das Bauen erleichtern und fordert die Kommunen auf, entsprechende Vorgaben abzusenken. “Wir haben viele Normen, die sind notwendig wie Brandschutz. Aber es gibt auch Normen, das sind reine Luxus- und Ausstattungsnormen. Wir bauen jedes Mal einen Mercedes auf die Baustelle”, sagte Geywitz im Podcast Table.Today.
In den Gemeinden müsse eine neue Offenheit für einfacheres, serielles Bauen entstehen. Die Vertragsparteien müssten sich darauf verständigen dürfen, auf bestimmte Normen zu verzichten. “Serielles Bauen ist eine Frage der Akzeptanz. Manchmal bekomme ich Bilder aus Marzahn-Hellersdorf vorgehalten, aber man kann mit seriellem Bauen wunderbar individuelle Fassaden montieren. Viele Hotels, die wir im Urlaub buchen, sind seriell hergestellt. Im Einfamilienbereich ist das Fertighaus ja auch akzeptiert.” Die Novelle des Baugesetzbuches soll bis zum Sommer ins Kabinett kommen, so Geywitz.
Die Ministerin verteidigte das deutlich verfehlte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. “Wir hatten ein massives kurzfristiges Problem durch den Zinsschock.” Es öffne sich aber langsam wieder ein “Fenster der Rentabilität” für die Branche. Die deutsche Bauindustrie könne bisher nur etwa 300.000 Wohneinheiten pro Jahr herstellen, dies sei auch unter ihrem Vorgänger Horst Seehofer so gewesen, sagte Geywitz. Angesichts des Fachkräftemangels könne die Branche nur auf die 400.000 oder 450.000 Wohnungen pro Jahr kommen, wenn “wir mit der gleichen Zahl an Personal mehr produzieren”. Das gehe durch Modulbau, mit dem beispielsweise vorinstallierte Bäder direkt an der Baustelle angeliefert werden oder durch Digitalisierung und Automatisierung. Ein weiteres Zinsverbilligungsprogramm lehnte die SPD-Ministerin ab. “Die EZB setzt die Zinsen hoch, um die Inflation zu bekämpfen und wir versehen eine Branche mit einer gewaltigen Zinssubvention. Das wäre absurd und würde die Inflation wieder anheizen.”
FAZ: Grundgesetzlicher Schutz für das Verfassungsgericht. Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach will das “noch nicht sturmerprobte” Oberste Gericht gegen Einflussnahme durch Extremisten schützen. Dazu will er das Bundesverfassungsgerichtsgesetz ändern, nämlich zu einem zustimmungspflichtigen Gesetz – und Änderungen beim Gericht in einen Verfassungsrang erheben, also eine Zwei-Drittel-Mehrheit zur Voraussetzung machen. (“Ist unser Verfassungsgericht resilient?”, Seite 3.
Translation missing.Taz: Folgen der Anti-AfD-Proteste. Der Politologe Werner Krause sieht im Interview von Dinah Riese drei Gruppen, die der Protest beeinflussen könnte: Potenzielle Erstwähler, denen die Ablehnung eines erheblichen Gesellschaftsteils zu denken geben könnte; jene, “denen bisher vielleicht das Interesse gefehlt hat, sich mit der AfD zu beschäftigen, und die nun lieber ihre Stimme einer anderen Partei geben.” Und den Mitterechts-Parteien: “Die Protestierenden signalisieren ihnen gerade sehr klar, dass die Brandmauer für sie stehen muss.” (“Das hilft der AfD”, Seite 3)
Welt: Prekäre Lage für Linke in Sachsen. Wo die Linke einst mit 23,6 Prozent in den Landtag zog, muss sie nun um den Wiedereinzug bangen. Kevin Culina zeichnet das Bild einer eingequetschten Partei: Auf der einen Seite die denkbar starke AfD in Sachsen mit Anhängern, die auf dem Land auch mal bewaffnet in Privathäuser von Abgeordneten einbrechen; auf der anderen Seite eine umjubelte Sahra Wagenknecht. BSW kam in einer MDR-Umfrage zuletzt auf 8 Prozent – die Linke noch auf 4. (“Wagenknecht und die Arbeit an der Revolution”)
SZ: AfD nutzt Altersarmut als Thema. Jede dritte alleinstehende Neurentnerin könnte laut Bertelsmann-Studie 2036 in Armut leben. Die AfD habe das Thema erkannt, um es für sich zu nutzen, schreibt Leila Al-Serori. Im Herbst fragte Gerrit Huy, Leiterin des Wirtschafts- und Sozialausschusses – und anwesend beim Potsdamer Treffen – bei einer Bundestagsrede, ob der Ampel verarmte Rentner egal seien. AfD-Forderungen wie abschlagsfreie Renten nach 45 Berufsjahren würden das Problem nach Expertenansicht nicht lösen. (“Alt, arm, AfD-Wähler?”, Seite 5)
Handelsblatt: 2025 keine Bürgergeld-Erhöhung. Bürgergeldempfängern steht laut Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) 2025 eine Nullrunde bevor. Daniel Delhaes und Frank Specht sehen darin Konfliktpotenzial für den Wahlkampf, da SPD und Grüne durch die Sozialverbände unter Druck gesetzt werden könnten, die Regelsätze entgegen dem üblichen Mechanismus zu erhöhen. (“Kein Wahlgeschenk für Bürgergeldempfänger”, Seite 6)
Nicht überlesen!
NYT: Protest gegen Israel-Unterstützung. Mehr als 800 Beamte aus Europa und den USA kritisieren die bedingungslose Unterstützung Israels im Gaza-Krieg. Es bestehe das Risiko, dass die Politik ihrer Regierungen zu Kriegsverbrechen und “ethnischen Säuberungen oder Völkermord” beiträgt, heißt es in einem offenen Brief. Sie rufen ihre Dienstherren dazu auf, Israel wie jedes andere Land für Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen. Zudem brauche es eine nachhaltige Friedensstrategie inklusive eines palästinensischen Staates. (“Over 800 Officials in U.S. and Europe Sign Letter Protesting Israel Policies”, 2. Februar 2024)
Psychische Kriegsfolgen: Berlin stützt die Ukraine. Neben der immer wieder heftigen Debatte um Finanzhilfen und Waffenlieferungen für die Ukraine setzt Berlin einen besonderen Schwerpunkt auf die medizinisch-psychologische Unterstützung des Landes. Zu diesem Zweck haben die Bundesregierung als Mitorganisatorin und Elke Büdenbender als Co-Schirmherrin in Berlin einen zweitägigen Austausch deutscher und ukrainischer Psychologen ermöglicht, um dem kriegsverwundeten Land im Kampf gegen die seelischen Folgen der russischen Aggression zu helfen. Büdenbender sagte zum Abschluss, Schäden an der Seele seien weniger sichtbar, hinterließen aber tiefe Spuren, oft ein Leben lang. “Diese Traumata treffen nicht nur den einzelnen, sondern eine ganze Gesellschaft.” Die Menschen bräuchten Bestärkung, um ihrem Leid Raum zu geben und zu sprechen. “Nur so kann der Mensch heilen.”
Aus der Sicht Kiews profitiert nicht nur die Ukraine. Olena Selenska, Ehefrau von Wolodymyr Selenskyj und Co-Schirmherrin, betonte im Schloss Bellevue die Tragweite mentaler Gesundheit. “Die Kataklysmen in einem Land, sei es ein Krieg oder eine Pandemie, haben Einfluss auf den psychologischen Zustand der Länder in der ganzen Welt.” Zum denkbar hohen Preis habe sich ihr Land etwas erworben, das sie gerne teile: “die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft”. Deshalb diene das zweitägige Treffen “dem mentalen Wohlstand aller Menschen auf der Welt.”
Karl Lauterbach lobte Selenska. “Mich hat besonders beeindruckt, dass Sie sich Fragen widmen, die normalerweise während eines Krieges nicht ausreichend beachtet werden”, sagte der Gesundheitsminister. Psychische Verwundungen könne man anders als Gebäude oder Infrastruktur nicht mit Geld reparieren. “Ich mag mir nicht vorzustellen, was es bedeutet, Gesundheitsminister in einer solchen Situation zu sein.” Lauterbach versprach, dass das Abkommen ernst gemeint sei: Die Ukraine habe die Chance, EU-Mitglied zu werden. Dafür brauche es auch ein gutes Gesundheitssystem. “Wir werden helfen, dass diese Voraussetzung erfüllt sein kann.”
Laut BMZ konnte bereits drei Millionen Ukrainern geholfen werden. Jochen Flasbarth, Staatssekretär im BMZ, sagte, dass Deutschland die enorme Durchhaltefähigkeit der Menschen in der Ukraine bewundere. Voraussetzung dafür sei auch die Gesundheitsversorgung. Laut Flasbarth gibt es 18 Klinikpartnerschaften, an denen 30 deutsche und 50 ukrainische Kliniken beteiligt seien. Deutschland habe bislang drei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer erreicht. Die wachsende Zahl an Verbindungen, auch zwischen Kommunen, Bundesländern und Oblasten seien Ausdruck tiefer Freundschaft. “Das ist die wichtigste Währung für den Wiederaufbau in der Ukraine”, so Flasbarth, “eine Währung, über die Putin nicht verfügt.”
Mindestlohn: DGB blitzt mit Forderung ab. Arbeitgeber und FDP weisen die Forderung des DGB zurück, die Höhe des Mindestlohns nachzuverhandeln. Die Sozialpartner seien gut beraten, die Festsetzung “nicht zum politischen Spielball zu machen” sagte Karl-Sebastian Schulte vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), zu Table.Media. Schulte ist als ZDH-Geschäftsführer Mitglied der Mindestlohnkommission. Pascal Kober, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP, sagte, eine Abweichung vom bisherigen Prinzip würde “das Vertrauen in die Versprechen der Politik erheblich verletzen”. Zuvor hatte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell die Arbeitgeber in der Kommission aufgerufen, im ersten Halbjahr gemeinsam einen neuen Vorschlag vorzulegen.
Hintergrund ist die vergleichsweise niedrige Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar. Die Arbeitgeber hatten gegen die Stimmen der Gewerkschaften durchgesetzt, dass er 2024 auf 12,41 Euro steigt und 2025 auf 12,82 Euro. Der DGB fordert eine Orientierung an der Europäischen Mindestlohnrichtlinie, die 60 Prozent des mittleren Einkommens von Vollzeitbeschäftigten als eine mögliche Zielmarke nennt. In Deutschland würde dies derzeit einem Stundenlohn von rund 14 Euro entsprechen. Kommt die Arbeitgeberseite der Forderung nicht nach, will der Gewerkschaftsbund ein erneutes politisches Eingreifen ins Spiel bringen.
SZ: Massenprotest fordert Parteien heraus
FAZ: Ärztepräsident wirft Lauterbach bei Cannabis Fahrlässigkeit vor
Tagesspiegel: Union nennt Bedingung für Kooperation: Regierung will mehr Schwung für die Wirtschaft
Handelsblatt: Sorge wächst wegen Krise bei US-Büroimmobilien
Sächsische Zeitung: Wohnungsneubau findet in Sachsen kaum noch statt
Zeit Online: Entnetzung: Die Sehnsucht nach Unerreichbarkeit
Spiegel: Wie Frau W. die Ordnung abhandenkam
RND: Nach dem Attentat in Hanau: “Wir mussten um die Aufklärung kämpfen”
T-Online: Endspurt zum Dschungelcamp-Finale: Nur die Lüge zählt
Business Insider: Statt Extra-Geld zwangsweise freie Tage: Was auf die Beschäftigten von VW in den nächsten drei Jahren zukommt
Zeit Online: Demonstrationen gegen Rechtsextremismus: Wo bleibt das “Wir haben verstanden”?
Spiegel: Nordirland wählt Regierungschefin, die Vereinigtes Königreich verlassen will
Welt: Anteil minderjähriger Rekruten steigt auf Rekordhoch
Handelsblatt: Stopp neuer LNG-Exporte: Was Bidens Entscheidung für Deutschland bedeutet
NZZ: Vereint im Hass auf Israel und den Westen: Was steckt hinter der “Achse des Widerstands”?
Digitale Verwaltung: Deutschland hinkt hinterher. Ein Jahr nach dem eigentlichen Zieltermin sind lediglich 153 von 575 Verwaltungsdienstleistungen bundesweit online verfügbar. Das geht aus dem aktuellen “Online-Digimeter” des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hervor. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl um 49 Dienstleistungen gestiegen. Mit dem bisherigen Tempo würde es noch knapp neun Jahre dauern, bis die Ziele des Onlinezugangsgesetzes (OZG) deutschlandweit umgesetzt sind – dabei hatte die Ampelkoalition mehr Digitalisierung und ein “Deutschlandtempo” bei der Umsetzung versprochen.
Im EU-weiten Vergleich der digital verfügbaren Bürgerdienste liegt Deutschland auf Platz 13 und damit im Mittelfeld. An der Spitze stehen die kleinen EU-Länder Malta, Luxemburg und Estland, aber auch Länder wie Schweden, Spanien und die Niederlande schneiden deutlich besser ab als Deutschland. Noch schlechter fällt das deutsche Ergebnis im Vergleich der digital verfügbaren Dienste für die Wirtschaft aus, in dem sich Deutschland auf Rang 19 befindet. Ein Grund für das schlechte Abschneiden ist laut den Autoren der Studie “die fehlende Digitalisierung und Verknüpfung der Verwaltungs-Register, in denen Angaben der Unternehmen erfasst werden”. Dies habe zur Folge, dass beim Staat eigentlich bereits vorhandene Daten mehrfach eingegeben werden müssen.
Ein weiteres Problem ist die Umsetzung in den einzelnen Kommunen. Das wird durch einen Blick auf die einzelnen Bundesländer deutlich: Im Vergleich der flächendeckend verfügbaren Leistungen liegt Hamburg mit 253 Angeboten an der Spitze, gefolgt von dem bisherigen Spitzenreiter Bayern (251) und Hessen (229). Schlusslichter sind das Saarland und Sachsen-Anhalt mit jeweils 164 Leistungen (siehe Grafik). Betrachtet man jedoch die Zahl der in einzelnen Gemeinden verfügbaren Online-Angebote, liegt Nordrhein-Westfalen mit 266 vor Niedersachsen mit 144 an der Spitze. Zusammen mit den 187 landesweiten Angeboten sind in dem einwohnerstärksten Bundesland damit schon 453 Leistungen mindestens in einer Kommune verfügbar. Hier sehen die Autoren der Studie Potenzial: “Eine zügige Übernahme durch alle Kommunen könnte NRW theoretisch auf 80 Prozent des OZG-Zielwerts bringen.”
Künftige EU-Kommission: Grüne stellen Bedingungen an vdL. Die Europäischen Grünen machen die Fortsetzung des Green Deals zur Bedingung für die Unterstützung einer zweiten Amtszeit von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sofern die CDU-Politikerin erneut als Spitzenkandidatin der EVP antrete, dürfe das Projekt nicht aufgehalten oder gar zurückgedreht werden, sagte Terry Reintke, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, auf dem Parteikongress in Lyon. Dort wurde die aus Gelsenkirchen stammende Politikerin gemeinsam mit dem Niederländer Bas Eickhout zur Spitzenkandidatin gewählt.
Beide beklagten zudem zu geringen Veränderungswillen bei der EU-Agrarpolitik. “Wenn von der Leyen sagt, sie redet mit Landwirten, spricht sie mit Copa Cogeca. Das sind nicht die Landwirte, sondern die Chemie- und Düngemittelindustrie”, so Eickhout. Junge Landwirte und deren Interessensvertretungen seien nicht gegen die Ökologisierung. Mit denen müsse man sich verbünden. Als rote Linie für eine Unterstützung von der Leyens bezeichneten Reintke die Zusammenarbeit mit politischen Kräften rechts der EVP. Wenn die ultrakonservative EKR, zu der auch Fratelli d’Italia und die polnische PiS gehören, von der Leyen stützten, seien die Grünen raus.
Bundestagswahl: Jungpolitikerin für Wahlrecht ab 16. Klara Schedlich, jüngste Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus, fordert ein Herabsetzen des Wahlalters auf 16 Jahre. “Von der Bundespolitik werden junge Menschen ausgeschlossen davon, mitzuentscheiden”, so die Grünen-Politikerin. Daher sollte sich der Bundestag dafür einsetzen, dass die Grenzen für Bundestagswahlen herabgesenkt wird. Für die Hauptstadt hat das Landesparlament die Verfassung gerade entsprechend geändert. In welchen Bereichen Schedlich Berlin auch sonst als Vorbild sieht, hat sie Okan Bellikli erzählt – in der 16. und letzten Folge unserer Serie über die jüngsten Abgeordneten der Landtage. Alle Teile finden Sie zum Nachlesen hier.
China.Table: Jununternehmer fordert mehr soziales Bewusstsein. Der junge chinesische Entrepreneur Huang Hongxiang möchte Unternehmen helfen, nachhaltiger zu agieren und sich besser auf die lokalen Gegebenheiten einzustellen. Warum er dabei oft scheitert, lesen Sie hier.
China.Table: “Doppelmoral”-Vorwürfe überschatten Gipfel. Mit dem EU-Indopazifik-Treffen möchte Brüssel ein Gegengewicht zu Chinas Einfluss in der Region setzen. Warum das Werben der EU allerdings von geopolitischen Gretchenfragen überschattet würde, lesen Sie hier.
Europe.Table: Versteckte Kohlelasten im Klimaziel 2040. Am Dienstag präsentiert die EU-Kommission das neue Klimaziel für 2040. Warum die Beitrittskandidaten bei der Festlegung bisher außen vor bleiben, lesen Sie hier.
Deutschlandfunk
6:50 Uhr: Andreas Reinicke, Direktor des Deutschen Orient-Instituts: Lage im Nahen Osten
7:15 Uhr: Verena Hubertz, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende: Haushaltskrise
8:10 Uhr: Maria-Sibylla Lotter, Professorin für Ethik an der Ruhr-Universität Bochum: Demos gegen Rechtsextremismus
8:20 Uhr: Robin Wagener, Vorsitzender der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag (Grüne): Ukraine-Krieg
ZDF
06:35 Uhr: André Berghegger, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes: Wie praktikabel sind Bezahlkarten?
07:05 Uhr: Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister (Grüne): Bauernproteste
08:05 Uhr: Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär: Demos gegen Rechtsextremismus
Highlights der Woche
Von Mittwoch bis Donnerstag reist Robert Habeck nach Algier, um über energiepolitische und wirtschaftliche Partnerschaften zu sprechen. Der Termin musste einmal verschoben werden, ist angesichts der vielen Energieprobleme von großer Bedeutung.
Von Donnerstag bis Freitag reist Olaf Scholz nach Washington und spricht mit Joe Biden über den Krieg in der Ukraine sowie die Lage im Nahen Osten. Wegen der wachsenden Sorgen vor Eskalationen enorm wichtig.
Am Sonntag wird in 455 Berliner Wahlbezirken die Bundestagswahl von 2021 wegen zahlreicher Pannen wiederholt. Die Teilwiederholung der Bundestagswahl wird die Zusammensetzung des Bundestags zwar nicht verändern, einzelne Abgeordnete könnten jedoch ihren Job verlieren.
Was noch wichtig wird
Montag, 5. Februar
Außenpolitik: Olaf Scholz empfängt den neuen französischen Premierminister Gabriel Attal. 18 Uhr, Bundeskanzleramt
Rechtsextremismus: “Demokratie in Gefahr! So zeigen wir klare Kante gegen Rechtsextremismus”: Diskussion mit den Grünen-Politikern Renate Künast und Andreas Audretsch. 19 Uhr, Kiezbüro Kolonnenstraße 53
Außenpolitik: Kai Wegner reist nach Tel Aviv. Dabei wird unter anderem die geplante Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Tel Aviv vorbereitet. Ganztägig, Israel (bis Mittwoch)
Mode: Die Fashion Week startet unter dem politischen Motto “The responsible movement of freedom, inclusion and creativity”. Ganztägig, Berlin (bis Donnerstag)
Mittwoch, 7. Februar
Ehrenmord: Öffentliche Kranzniederlegung anlässlich des 19. Todestages von Hatun Aynur Sürücü. Mit Kai Wegner. 11 Uhr, Oberlandgarten 1
Häusliche Gewalt: “#MeForHer.International”: Der Verband berufstätiger Mütter stellt eine Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen vor. Bei der Auftaktsveranstaltung spricht Lisa Paus ein Grußwort. 17 Uhr, ALEX Berlin. Infos & Anmeldung
Freitag, 9. Februar
Kultur: Grundsteinlegung für das neue Museum “berlin modern” mit Claudia Roth und Kai Wegner. 10 Uhr, Kulturforum
Montag, 5. Februar
Kurt Beck, ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz (SPD), 75 / Martin Diedenhofen, MdB (SPD), 29 / Angelika Glöckner, MdB (SPD), 62 / Michael Münter, Ministerialdirektor im Umweltministerium von Baden-Württemberg, 51 / Carina Vogt, ehemalige Skispringerin, 32
Unser Tipp führt Sie heute zur Auschwitz-Überlebenden Eva Szepesi, deren Worte aus dem Bundestag noch nachhallen. Als Fünfjährige dachte sie: “Das Leben ist schön.” Das erzählt Szepesi in der 45-minütigen ARD-Doku. Dann kam das Jahr 1938. Ihre bisherigen Freunde halten ein Stück Fleisch unter Wasser und erklären ihr, dass ihr jüdischer Vater bald ebenso bluten werde. Ihre Mutter schickt sie bald unter dem Vorwand eines Urlaubs fort. In Auschwitz landet sie 1944 trotzdem. Dort denkt sie sich den schrecklichen Geruch weg, indem sie sich ans Parfum der Mutter erinnert. “Von einem Tag auf den anderen war ich kein Kind mehr.” Im Januar 1945 wähnen die Nazis sie für tot, lassen sie zwischen Leichen liegen. Am Tag der Befreiung füttert ein Soldat Eva Szepesis ohnmächtige Reste mit Schnee. 2016 erfährt sie, dass ihre Mutter und ihr kleiner Bruder in Auschwitz starben.
Eva Szepedi: Die Angst weicht nie | ARD alpha
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Good night and good luck!
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