wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.
Beförderungen gehören zum Geschäft. In Unternehmen, in Handwerksbetrieben, in der Politik. Und wenn ein Ministerium das in seinem Bereich tut, ist es auch nichts Außergewöhnliches. Außergewöhnlich aber kann es werden, wenn in Zeiten großer finanzieller Not (Haushaltskrise) ungewöhnlich viele an einem einzigen Tag in den Genuss kommen. An diesem Mittwoch wird das Kabinett 72 Beförderungen im Range eines Referatsleiters beschließen, alle klettern von A15 auf A16; allein im BMF und im BMJ werden es 59 sein. Deshalb kann man nur hoffen, dass in den kommenden Tagen nicht ob der Finanznot des Bundes ein Beförderungsstopp ausgesprochen wird. Sonst hätten da einige viel zu erklären.
Wir haben heute mit Dietmar Bartsch gesprochen, der niemanden befördern kann, sondern am Mittwoch seine eigene Fraktion auflöst. Über die Krise beim Haushalt hätte man die Krise der Linken fast vergessen können. Außerdem lenken wir den Blick auf zwei Länder, die beim Pisa-Test glänzend abgeschnitten haben. Und wir berichten, was die Sozialminister bei ihrer Konferenz vorhaben.
Viel Vergnügen bei der Lektüre!
Heute haben Constanze Baumann, Okan Bellikli, Stefan Braun, Markus Grabitz, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Annette Kuhn, Holger Schleper und Daniel Schmidthäussler mitgewirkt.
Wir freuen uns, dass wir Ihnen heute die 200. Ausgabe des Late-Night-Memos präsentieren können.
Regierung: Beförderungswelle in BMJ und BMF. Während die Ampel-Apitzen am Dienstagabend immer noch über der zähen Sparoperation für den Haushalt 2024 brüteten, steht am Mittwoch im Kabinett, kurz vor Jahresende, noch einmal das Thema Beförderung auf der Tagesordnung. Die Liste, die dem Kabinett vorliegt, umfasst 72 Namen, die von A15 auf A16 (Referatsleiter) angehoben werden sollen. Das Besondere daran: Während das Bau-, Umwelt- und Familienministerium nur jeweils eine Beförderung angemeldet haben und das Wirtschaftsministerium fünf Mitarbeiter anheben will, sind in Bundesjustiz- und Bundesfinanzministerium (beide FDP) 59 Namen gelistet.
Vor zehn Jahren hatte eine kleiner dimensionierte Operation heftige Reaktionen nach sich gezogen. Außenminister Guido Westerwelle hatte damals in seinem Amt 15 Beamte der Tarifgruppe A15 kurzfristig auf eine A16-Stelle befördert. Später sollten diese Stellen wieder in niedriger dotierte Jobs zurückgestuft werden. SPD-Opposition und Medien reagierten damals überaus kritisch. Diesmal wäre es theoretisch sogar möglich, noch vor der Bundestagswahl einen Teil der Mitarbeiter geräuschlos auf begehrte B3-Stellen zu befördern.
Das BMF erklärt die das eigene Haus betreffenden Höhereinstufungen als üblichen Schritt. Laut eines Sprechers des Ministeriums geht es um die Beförderung von Beschäftigten, die “zum August 2022 als Regierungsdirektorinnen und Regierungsdirektoren im Status einer Referatsleitung beurteilt wurden”. Diese Beförderungen seien Teil der “regulären Personalentwicklung für Führungskräfte” im BMF. “Die 28 Beförderungsplanstellen ergeben sich aus Altersabgängen sowie sonstigen Vakanzen”, sagte der Sprecher Table.Media.
Die Aktion von Christian Lindner und Marco Buschmann erfolgt zu einem heiklen Zeitpunkt. 17 Milliarden Euro müssen aus dem Etat-Ansatz für 2024 herausgestrichen werden. Sollte der Finanzminister zu diesem Zweck noch eine Beförderungssperre ins Auge fassen, müsste er nach den jüngsten Aufstiegen im eigenen Haus mit dem Widerstand der übrigen Ressorts rechnen. Richtig ist allerdings auch, dass die meisten Ministerien inzwischen erhebliche Schwierigkeiten haben, genügend qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren – weil Aufstiegschancen und Gehalt auf dem freien Markt attraktiver sind.
Bartsch zur Linken: “Wir sind kein Anhängsel von irgendwem.” Der Vorsitzende der Linken-Fraktion, die am Mittwoch aufgelöst wird, will die Partei mit einem Spagat auf Erfolgskurs bringen. “Der gesellschaftliche Oppositionscharakter der Linken muss wieder klarer werden”, sagte Dietmar Bartsch im Interview mit Table.Media. “Wir sind kein Anhängsel von irgendwem.” Im Sachsen-Wahlkampf 2024 müsse die Linke kommunizieren, dass sie mit der CDU nicht kooperieren werde. “Die anderen wollen alle mit Kretschmer koalieren. Wir nicht.” Im Bundestagswahlkampf Koalitionen vorzubereiten, sei ein großer Fehler gewesen. Gleichzeitig müsse die Linke Regierungsverantwortung übernehmen, wo sich Gelegenheit bietet.
Sahra Wagenknecht nutze das Gären der Gesellschaft. Die geschiedene Partei-Prominente spreche Unzufriedene an, die nicht Linke, aber auch nicht AfD wählen wollen, so Bartsch. Dass Wagenknecht dauerhaft eine Lücke findet, bezweifelt er. “Ich fühle mich von Sahra Wagenknecht nicht bedroht.” Momentan sei ihre geplante Partei nicht mehr als “ein weißes Blatt Papier” ohne konkrete Programmatik, der es an Identifikationsfiguren fehle. “In der Linken gibt es mehr Köpfe als in der Wagenknecht-Partei”, so Bartsch. “Außerdem stellen sich mir Fragen, wenn ich von ihrer Bereitschaft höre, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Es muss auch jemand mit ihr regieren wollen.”
Bartsch will nicht weinen, sondern kämpfen. Wo seine Fehler liegen, wolle er in den Weihnachtstagen überdenken. Gekämpft habe er um das Zusammenbleiben der Fraktion jedenfalls bis zuletzt. Für die Abtrünnigen empfinde er persönliche Enttäuschung und sei doch jederzeit offen für ihre Rückkehr. Begonnen habe die Entfremdung womöglich schon beim Göttinger Parteitag 2012, spätere Erfolge hätten es nur überdeckt. Die Partei habe deshalb zu vieles liegen lassen, zu wenig über ihre Programmatik gesprochen. Worauf sich linke Politik künftig beziehen muss, wenn sie sich nicht mehr um Wagenknecht dreht, sagt Bartsch im Interview von Franziska Klemenz und Daniel Schmidthäussler.
SZ: Probleme im Sozialstaat. In einer Studie für das Bundesarbeitsministerium zeigen Forscher, dass sich zusätzliche Arbeit für viele Empfänger von Sozialleistungen nicht oder kaum lohnt. Das könnte die Sozialpolitik der Bundesregierung verändern, schreibt Roland Preuß. Die Ampel hatte die Studie in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Das dort ausgegebene Ziel: Leistungen so aufeinander abzustimmen, dass “mehr Menschen motiviert würden, eine Arbeit aufzunehmen oder sie auszubauen”. Die FDP wolle auf Basis der Studie die Kindergrundsicherung überarbeiten, so Preuß. (“Wer mehr arbeitet, hat weniger Geld”, Seite 1)
Translation missing.Tagesspiegel: Zweifel an Grundsteuer. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz stellt die Grundsteuerreform, 2019 von Finanzminister Olaf Scholz entworfen, “wegen erheblicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit” grundsätzlich in Frage. Die Bodenrichtwerte des Bundesmodells, das elf Länder übernommen haben, sei als Parameter zu ungenau. Es gebe ein “gleichheitswidriges Vollzugsdefizit”. Im Klartext: Die Angaben der Eigentümer lassen sich nicht überprüfen. (“Ärger um Bodenwerte”, Seite 16)
FAZ: Wissing lenkt ein. Im Streit um E-Fuels will die Bundesregierung die von der EU geplanten strengen Klimaschutzvorgaben akzeptieren. Es geht um Verbrennungsmotoren in der neuen Kategorie “E-Fuels-only-Fahrzeuge”. Bis 2035 soll gelten, dass der Treibhausgasausstoß – von der Herstellung über Transport bis zum Verbrauch – mindestens 70 Prozent niedriger liegt als bei fossilen Kraftstoffen. Ab 2035 müssten es dann fast 100 Prozent sein. (“Wissing gibt im Streit um Verbrennungsmotor nach”, Seite 15)
Taz: Regionalwahlen zementieren Modis Macht. In fünf von 28 indischen Bundesstaaten fanden im November Wahlen statt, vier davon konnte die hindunationalistische BJP von Premier Narendra Modi gewinnen – auch eine einstige Hochburg der gegnerischen Kongresspartei, die eigentlich auf ein Comeback gehofft hatte. Die BJP, die seit zehn Jahren die Zentralregierung stellt, kann damit nun in 12 Bundesstaaten ohne Koalitionspartner regieren. (“Modi weiter auf Erfolgskurs”, Seite 10)
Nicht überlesen!
SZ: Edgar Selges Schmerz. Der Schauspieler schildert in einem Gastbeitrag, wie ihm nach dem 7. Oktober alles belanglos erscheint angesichts des Hamas-Terrors gegen israelische Zivilisten. Am meisten schockt ihn die Kälte in den “Ja, aber….”-Reaktionen, die er auch von sich selbst kennt. Er spürt dem Streit mit den Eltern über deren Wissen und Verantwortung im Dritten Reich nach. Und er beschreibt, was es für ihn bedeutet, wenn sich Juden in Deutschland nicht mehr sicher fühlen: “Ich habe keine Identität in diesem Land, wenn jüdisches Leben hier nicht geschützt ist.” (“Ist das Schweigen meiner Eltern auch meines?”, 1. Dezember)
Umgang mit China: Strafzölle immer wahrscheinlicher. In Brüssel wird immer stärker damit gerechnet, dass die EU-Kommission spätestens bis zum 4. Juli 2024 vorläufig Strafzölle auf E-Autos aus China verhängt. Dies dürfte die Folge der Antisubventionsuntersuchung sein, die die Generaldirektion Handel der EU-Kommission seit dem 4. Oktober führt. Es wird damit gerechnet, dass sich die Zölle im niedrigen zweistelligen Prozentbereich bewegen. Innerhalb von vier Monaten müssten dann die vorläufig verhängten Zölle offiziell gemacht werden. Das Antisubventionsverfahren muss nach den Regeln der EU binnen 13 Monaten abgeschlossen sein.
Schon früh hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Belege für chinesische Verstöße angedeutet. In ihrer Rede zur Lage der Union hatte sie erklärt, dass die Kommission deutliche Hinweise auf eine massive Subventionierung von E-Autos made in China habe. Es gab deutlich gestiegene Zahlen der importierten batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) aus dem Land. Es wurden auch finanziell sehr günstige Angebote registriert. Die EU gilt als einer der ganz wenigen Märkte, die offen sind für BEV-Importe aus China. Etwa die Türkei und andere Nicht-EU-Länder haben bereits BEV-Importe aus China mit Zöllen belegt, die nicht WTO-konform sind.
Auch deutsche Unternehmen erhalten offenbar Subventionen. Nach Erkenntnissen der Kommission gewährt China BEV-Herstellern im Land umfangreiche und vielfältige Subventionen wie etwa Zuschüsse zu Grundstückskäufen, zinsgünstige Darlehen sowie Steuernachlässe. Nicht nur Unternehmen, die aus China stammen, sollen Subventionen bekommen. Auch Unternehmen wie VW, BMW, Mercedes sowie Tesla, die in China BEV produzieren und diese auch nach Europa exportieren, bekommen Subventionen. Es gibt bislang keine Erkenntnisse, dass die Subventionen auf ein bestimmtes Marktsegment ausgerichtet sind.
Umfrage: Kaum Vertrauen in EU-Institutionen. Die Deutschen hadern ein halbes Jahr vor der Europawahl mit der EU und ihren Institutionen. Laut einer aktuellen Umfrage (“Europa-Check up”) des Meinungsforschungsinstituts Civey und der Initiative “Tu was für Europa” sind 67 Prozent der Befragten eher unzufrieden (20 Prozent) oder sogar sehr unzufrieden (47 Prozent) mit der derzeitigen Politik der EU. Eine Aufschlüsselung nach Altersgruppen oder auch der Ost-West-Vergleich förderten kaum Unterschiede zutage. Zum Vergleich: In die Bundesregierung hatten 53 Prozent der Befragten “gar kein Vertrauen” und 18 Prozent “ein weniger großes Vertrauen”. Auf die Frage nach dem direkten Vergleich gaben 44 Prozent an, sie hätten eindeutig oder eher mehr Vertrauen in die Bundesregierung, nur neun Prozent gaben den EU-Institutionen den Vorzug. Das größte Vertrauen in die EU hatten mit 14 Prozent noch die 30- bis 49-Jährigen, bei den über 65-Jährigen sank es auf vier Prozent ab.
Zufrieden mit der EU-Politik sind vor allem Sympathisanten von Grünen (47 Prozent) und SPD (35 Prozent). 97 Prozent der AfD-Anhänger und 77 Prozent der CDU/CSU-Sympathisanten sind unzufrieden mit der EU. Für “an einigen Stellen dramatisch” hält Martin Schulz, Vorsitzender von “Tu was für Europa”, die Ergebnisse. Sie seien “ein Warnschuss zur rechten Zeit”. Es gebe großen Frust, aber auch “eine Sehnsucht nach einem besseren Europa”. Die Ergebnisse seien “ein Schrei nach einer besseren Kommunikation zu Europa, den besonders die demokratischen Parteien hören sollten”. “Tu was für Europa” ist eine überparteiliche Initiative, für die sich unter anderen Franziska Brantner (Grüne), Monika Grütters (CDU), Alexander Graf Lambsdorff (FDP), aber auch der Moderator und Entertainer Klaas Heufer-Umlauf engagieren.
Pisa-Debakel: Was sich Deutschland abschauen kann. Ganz oben im Pisa-Ranking stehen Singapur und Japan. Die guten Leistungen werden häufig vor allem auf Drill und private Nachhilfe zurückgeführt. Das aber greift zu kurz. Gerade in Japan lernen Kinder in den unteren Klassen eher spielerisch und ohne Prüfungsdruck. Was aber bei den Spitzenreitern heraussticht, ist die hohe Unterrichtsqualität. Wie wichtig eine durchdachte Unterrichtsentwicklung und eine gute Lernkultur ist, lesen Sie in einer Analyse von Alexander Brand in Bildung.Table. Er hat nach der letzten Pisa-Studie Schulen in den erfolgreichsten Ländern besucht.
Deutsche Schüler schneiden so schlecht ab wie noch nie. Pisa 2022 zeigt die niedrigsten Punktewerte, die Schüler in Deutschland seit der ersten Erhebung 2000 erzielt haben. In allen getesteten Kompetenzbereichen, Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften, gingen die Leistungen bei den Schülern im Alter von 15 Jahren zurück. Allein die Differenz zwischen den Durchschnittsergebnissen von 2018 und 2022 in Mathematik und Lesen entspricht ungefähr dem Verlust eines ganzen Schuljahres. Das geht aus dem Ergebnisbericht für Deutschland hervor. Die Schuldigen sind schnell gefunden: die Pandemie und die wachsende Heterogenität im Klassenzimmer. Wieso das als Erklärung nicht reicht, analysiert Annette Kuhn in Bildung.Table.
SZ: Wer mehr arbeitet, hat weniger Geld
FAZ: Deutsche Schüler schneiden in PISA-Studie so schlecht ab wie nie
Tagesspiegel: Tunnelsystem der Hamas: Israel erwägt offenbar Flutung mit Meerwasser
Handelsblatt: DAX steigt auf Rekordhoch
Rheinische Post: Mehr junge Leute scheitern am Abitur
Zeit Online: Bürgergeld oder Elektroauto-Zuschuss: Wo würden Sie denn kürzen?
Spiegel: Dax steigt auf Rekordhoch
RND: Mich schockt nicht Pisa – sondern die deutsche Bildungspolitik
T-Online: Was passiert, wenn die USA kein Geld mehr geben?
Business Insider: Diese vier Angestellten verdienen über 100.000 Euro – so haben sie ihr Gehalt verhandelt
Zeit Online: Israel soll Flutung der Hamas-Tunnel vorbereiten
Welt: Von der Leyen stellt China vor die Wahl
Spiegel: YouTuber jahrelang unterwegs: Was die Generation Weltreise gern verschweigt
Handelsblatt: Bis zu 1600 Euro – Steuerzahlern bleibt 2024 mehr vom Gehalt
NZZ: Nein zu Munitionsfabriken in der Provinz: Deutschland ist unfähig zur Zeitenwende
Sozialministerkonferenz: Kampf gegen Obdachlosigkeit. Am Mittwoch startet in Berlin die 100. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) unter dem Vorsitz von SPD-Senatorin Cansel Kiziltepe. Im Zentrum steht unter anderem das von der Bundesregierung übernommene EU-Ziel, bis 2030 Obdach- und Wohnungslosigkeit zu überwinden. Als Vorsitzland will Berlin dabei das Konzept Housing First vorantreiben, bei dem Betroffene zuallererst eine Unterkunft bekommen sollen. Bisher wird in der Wohnungslosenhilfe oft erst in mehreren Stufen geschaut, ob eine Person “wohnfähig” ist. Dazu gehört etwa die Therapierung von Sucht- oder geistigen Erkrankungen, bei Housing First ist das nachrangig.
Ein zentrales Thema sind außerdem die Arbeitsbedingungen für Paketzusteller. Die Bundesregierung hat hierzu ein Gesetz angekündigt, bei dem es etwa um die Begrenzung des Gewichts geht, das eine einzelne Person tragen muss. Im Raum stehen aus Sicht der Länder zwei zusätzliche Punkte: das Verbot, bei Transport und Auslieferung sogenanntes Fremdpersonal einzusetzen – sowie die Verankerung einer Pflicht zur Arbeitszeitdokumentation. Dazu müsste das Arbeitszeitgesetz geändert werden. Mit Blick auf Weihnachten wird in einer Beschlussvorlage für die Konferenz betont, Betroffene seien in der umsatzstärksten Jahreszeit “großen Arbeitsbelastungen in prekären Arbeitsverhältnissen” ausgesetzt.
Umweltministerkonferenz: Mehr Tempo bei der Klärschlamm-Nutzung. Deutschland hinkt dem selbstgesetzten Ziel hinterher, bis 2029 kommunale Klärschlämme so aufzubereiten, dass daraus Phosphor gewonnen werden kann. Die Umweltministerkonferenz registrierte jetzt “mit Sorge”, dass sechs Jahre nach Verabschiedung der Klärschlammnovelle kaum etwas geschehen sei. Damals war eine Phosphorrückgewinnungspflicht für kommunale Klärschlämme ab 2029 beschlossen worden.
Ab diesem Zeitpunkt darf Klärschlamm nur noch in Ausnahmefällen auf dem Feld ausgebracht werden. Nun registrieren die Umweltminister, dass der verbleibende Zeitraum für Planung, Bau und Genehmigung für die Anlagen “in Anbetracht der üblichen Verfahrensdauer knapp” werde. Die Technik müsse entwickelt und “in großem Maßstab” erprobt werden. In Fachkreisen wachse die Befürchtung, dass in den nächsten fünf Jahren “nicht ausreichende Anlagen-Kapazitäten zur Phosphor-Rückgewinnung betriebsbereit sein werden”.
Der deutsche Phosphorbedarf von derzeit 100.000 Tonnen pro Jahr wird bisher zu 100 Prozent importiert. Der Phosphor, der zu den als kritisch eingestuften Rohstoffen gehört, wird in Deutschland ganz überwiegend zu Düngemitteln verarbeitet. Bis zu 46 Prozent des Bedarfs ließen sich aus Klärschlamm und Klärschlammasche gewinnen. Das Bundesumweltministerium soll nun in den nächsten Monaten einen Dialog mit allen Beteiligten organisieren.
Für den Verbraucher werden die Abwassergebühren wohl weiter steigen. Denn, so heißt es in dem Konferenzprotokoll, die Infrastruktur für die Entsorgung der Klärschlämme werde sich “sehr stark verändern”. Klärschlämme müssten künftig verbrannt werden, und der Aufbau der Infrastruktur werde “für alle beteiligten Akteure eine Herausforderung darstellen”. Die Länderregelungen sollten dahingehend überprüft werden, dass “vor 2029 anfallende Kosten auf die Abwassergebühren umlagefähig sind”.
Prien zum Startchancen-Programm: Bis Sommer 2024 “kaum noch zu schaffen”. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sieht den Beginn des Startchancen-Programms zum kommenden Schuljahr gefährdet. “Wenn alles gut geht, werden wir Ende Januar und nicht – wie geplant – Anfang Dezember einen Entwurf einer geeinten Bund-Länder-Vereinbarung haben”, sagte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Table.Media. “Das ist verdammt spät, um ein sinnvolles Programm zum Schuljahresbeginn 2024/25 aufzusetzen.” Es sei eigentlich kaum noch zu schaffen. Bedingung sei dabei auch, dass “ein klares Bekenntnis des Bundes zum Digitalpakt vorliegt – auch zur Größenordnung”.
Prien verweist darauf, dass der Bund bei allen Programmen eine 50-prozentige Kofinanzierung einfordert. Beim ersten Digitalpakt waren es bislang 90 Prozent vom Bund. So würden viele Länder nicht mehr in der Lage sein, neue Programme zu finanzieren. Das Startchancen-Programm ist das zentrale schulpolitische Vorhaben der Ampel-Koalition. Bund und Länder wollen etwa 4.000 Brennpunktschulen mit insgesamt 20 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren fördern. Was Bettina Stark-Watzinger zum aktuellen Stand sagt, steht im Text von Holger Schleper im Bildung.Table.
ESG.Table: Die Folgen des Lieferkettengesetzes. Ab 1. Januar 2024 fallen Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten unter das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Welche praktischen Maßnahmen ein Mittelständler treffen kann, um seine Risiken zu erfassen, lesen Sie hier.
China.Table: Kampfansage der Kommissionspräsidentin. Erstmals seit 2019 findet der EU-China-Gipfel wieder in Präsenz statt: Ursula von der Leyen und Charles Michel treffen auf Xi Jinping und Li Qiang. Noch vor der Abreise warnte von der Leyen vor einem wachsenden Handelsungleichgewicht. Was von der Begegnung zu erwarten ist, lesen Sie hier.
ESG.Table: Strompreise bleiben hoch. Bis 2030 zahlt die Industrie viel für Elektrizität – auch, wenn das “Industriestrompaket” der Bundesregierung kommt. Welche Reformen im Strommarkt Experten fordern, lesen Sie hier.
Europe.Table: Kritik an Wegwerfmode-Einigung. Viele Händler dürfen unverkaufte Kleidung in der EU künftig nicht mehr vernichten. Daran gibt es Kritik, sowohl von NGOs als auch von Unternehmensverbänden. Was sie bemängeln, lesen Sie hier.
China.Table: Ausblick auf “negativ” gesenkt. Die Ratingagentur Moody’s hält die Schulden in China für zu hoch und das Wachstum für zu niedrig. Warum die schlechte Bonitätsbewertung die Finanzierungsfähigkeit des Staates in keiner Weise einschränkt, lesen Sie hier.
Deutschlandfunk
ca. 6:50 Uhr: Clara Bünger, MdB (Linke): Quo vadis, Linke?
ca. 7:14 Uhr: Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein: Neuer PISA-Schock
ca. 8:10 Uhr: Franziska Brantner, Staatssekretärin: Mercosur-Abkommen
ca. 8:20 Uhr: Katajun Amirpur, Islamwissenschaftlerin: Rolle Irans im Nahostkrieg
Das Erste
5:50 Uhr/6:20 Uhr/7:20 Uhr/8:20 Uhr: Barbara Bückmann, Stiftung Warentest: Befristete Arbeitsverträge
6:05 Uhr/7:05 Uhr/8:05 Uhr: Nadine Eikenbusch, Medienpädagogin: GPS-Tracking von Kindern
8:10 Uhr: Dietmar Bartsch, MdB (Linke) und Fraktionsvorsitzender: Fraktion Die Linke löst sich auf
rbb24-Inforadio
ca. 7:05 Uhr: Dietmar Bartsch, MdB (Linke) und Fraktionsvorsitzender: Die Linke macht das Licht aus – Bundestagsfraktion löst sich auf
ca. 7:45 Uhr: Veronika Grimm, Ökonomin: Wie stopfen wir das Haushaltsloch?
ca. 9:05 Uhr: Jens Brandenburg, Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung: Pisa – Schüler so schlecht wie niemals zuvor
Mittwoch, 6. Dezember
Georg Eisenreich (CSU), Bayerischer Justizminister, 53 / Kerstin Griese (SPD), Parlamentarische Arbeits-Staatssekretärin, 57 / Helge Lindh (SPD), MdB, 47 / Joachim Schmillen, Botschafter in Panama, 61 / Marlene Schönberger (Grüne), MdB, 33 / Christina-Johanne Schröder (Grüne), MdB, 40
Unser Tipp führt Sie heute nach New York, nach Sizilien, in die Wüste und in den Dschungel. In A Visit from the Goon Squad verstrickt Jennifer Egan Lebenswege so beiläufig und gewichtig zugleich, dass die Mosaike, die dabei entstehen, bitter, humorvoll und anrührend über das ganze Leben aufklären. Da ist die Schauspielerin, die nach dem Übergriff eines zynischen Journalisten abstürzt und doch wieder emporklimmt, als sie einen General waghalsig offen auf seine Gräueltaten anspricht. Oder der Musik-Manager, der von Nostalgie in Verzweiflung stürzt, als ihm klar wird, dass er von seiner betrogenen Frau kein Verzeihen mehr erwarten kann. Viel Ehre prasselte auf den Roman nieder, zuvorderst der Pulitzer-Preis.
Jennifer Egan: A Visit from the Goon Squad | Random House
Das war’s für heute. Das nächste Late-Night-Memo erhalten Sie am Mittwochabend.
Good night and good luck!
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