Table.Briefing: Berlin

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

  • Boris Pistorius: Im dritten Anlauf nach Berlin
  • Ein Jahr Habeck: BDI beklagt Misstrauen
  • Gaspreisbremse: Deutlich billiger als gedacht
  • Energiepreispauschale: Wer immer noch leer ausgeht
  • Weiterbildungsgesetz: Lindner legt Vorbehalt ein
  • Freie Wähler: Neue Zeiten in Bayern
  • Europe.Table: Berlin und Paris beauftragen Experten mit Vorschlägen zu EU-Reform
  • ESG.Table: Nachhaltigstes Lithium offenbar aus Lateinamerika
  • China.Table: TSMC bestätigt Pläne für Fabrik in Europa

Guten Abend, liebe Leserin, lieber Leser, 

wir begrüßen Sie herzlich zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt. 

Deutschland bekommt einen neuen Verteidigungsminister, und natürlich haben wir uns um Boris Pistorius, den Kanzler und die Resonanz auf diese Entscheidung gekümmert. Außerdem haben wir uns nach gut einem Jahr Wirtschafts- und Klimaschutzministerium angesehen, wie die Wirtschaft auf Robert Habeck und sein Team reagiert. Und wir präsentieren überraschend positive Zahlen für die Bundesregierung: Voraussichtlich wird sie die Gaspreisbremse viel weniger kosten als gedacht.

Wie gewohnt erhalten Sie außerdem einen Blick auf die Aufmacher heute Abend, die Schlagzeilen morgen früh – und die wichtigsten Interviews in den Morgensendungen.

Hier können Sie sich für das Late-Night-Memo kostenlos anmelden. Dann werden Sie jeden Sonntag-, Dienstag- und Donnerstagabend mit Informationen und Analysen aus der Hauptstadt versorgt.  

Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Enno Eidens, Peter Fahrenholz, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Daniel Schmidthäussler, Vera Weidenbach und Britta Weppner mitgewirkt. Wir heißen Sie herzlich willkommen.

Boris Pistorius: Im dritten Anlauf nach Berlin

Boris Pistorius: Im dritten Anlauf nach Berlin. Den Aufsteiger des Tages und neuen Verteidigungsminister drängte es schon 2017 in die Hauptstadt. Damals hatte ihn Kanzlerkandidat Martin Schulz in sein Schattenkabinett berufen, als designierten Innenminister. Daraus wurde nichts. 2019 trat er zusammen mit der sächsischen Integrationsministerin Petra Köpping an, um Parteivorsitzender zu werden. Auch das ging schief; 14,6 Prozent am Ende waren zu wenig, selbst für einen zweiten Wahlgang. 

Für den Mann aus Osnabrück schienen alle Wege versperrt. Nach zehn Jahren als respektierter Landesinnenminister ging es in Hannover nicht mehr weiter. Für die Nachfolge des Ministerpräsidenten Stephan Weil kam der bald 63-Jährige altershalber nicht mehr in Frage. Deshalb sein Schielen nach Berlin.

Von Hannover nach Berlin: Boris Pistorius, Deutschlands künftiger Verteidigungsminister. (Foto: IMAGO / Fotostand)

Niedersachsen war ein Handicap und wird jetzt eine Hilfe. Für Pistorius war der regionale Proporz lange ein Problem. Der Parteivorsitzende Lars Klingbeil, Arbeitsminister Hubertus Heil, Fraktionsvize Matthias Miersch, dazu einflussreiche Frauen und Männer als Staatssekretäre: Kaum ein SPD-Landesverband hat so viel Macht und Einfluss in der Bundeshauptstadt wie Niedersachsen. Jetzt aber wird genau das zum Trumpf. Denn obwohl Pistorius kein Abgeordneter ist und deshalb kein klassisches Netzwerk im Parlament hat – im Bündnis mit den Niedersachsen wird er das mehr als kompensieren.

Der Kanzler hat Quote und Proporz erst einmal zurückgestellt. Musste er in seiner Not auch, denn nach Christine Lambrecht noch ein politisches Leichtgewicht in einem der zentralen Ressorts, ohne Instinkt, Medienkompetenz und Durchsetzungsvermögen, wäre schnell auch für ihn zur Hypothek geworden. Jetzt hat er erstmal Rückendeckung. In der Fraktion gab es nur Beifall für den Kanzler und seine Personalie. Dann war das Thema abgehakt, den Abgeordneten war ein anderes Thema wichtiger: Zweieinhalb Stunden diskutierten sie die geplante Wahlrechtsreform.

In einer Sonderausgabe des Security.Table können Sie lesen, wie die Bundeswehr und Politiker anderer Parteien die Neubesetzung einordnen. Bei der Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger gibt es die klare Erwartung, der Ukraine schwereres Gerät als bisher zukommen zu lassen: “Wer der Lieferung von Mardern zustimmen kann, kann auch Leopard Panzer liefern.” Überraschende Vorschlusslobeeren vergibt die Union. Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter glaubt, “die Bundeswehr kann mit ihm”. Und Serap Güler, Mitglied im CDU-Bundesvorstand, sagt über Pistorius: “Er war kein schlechter Landesinnenminister, kommt aus dem Sicherheitsbereich, das sind gute Voraussetzungen.” Jetzt müsse er einen “starken Willen und starkes Interesse für die Belange der Truppe zeigen”.

Und die anderen Medien? Sie sehen den Transfer überwiegend positiv. Selbst in der Bild-Zeitung gibt es Vorschusslorbeeren: “Anders als Lambrecht bringt Pistorius ein Grundverständnis und ehrliches Interesse für das Militär und deren Angehörige mit. Er hat das Rüstzeug, um ein guter Verteidigungsminister zu werden.” 

“Er gilt als flügelübergreifend beliebt”, notiert der Tagesspiegel. “Seine pragmatische, menschennahe, manchmal kumpelhafte Art könnte ihm helfen, schnell den Respekt der Soldatinnen und Soldaten zu gewinnen.” Ähnlich optimistisch kommentiert die Süddeutsche Zeitung den Wechsel: “Pistorius ist ein profilierter Sicherheitspolitiker. In der Welt der Uniformen bewegt er sich ohne Anpassungsschwierigkeiten”, zudem gelte er als  “durchsetzungsstark” und könne “mit den Medien umgehen. Das ist wichtig, denn er muss erklären, wenn es wieder mal Pannen und Versäumnisse gibt”.  Sein “breites Kreuz” sei “schon zum Selbstschutz wichtig: Skandale lauern im Verteidigungsministerium überall”.

Ein Jahr Habeck: BDI beklagt Misstrauen

Ein Jahr Habeck: BDI beklagt Misstrauen. Zum Start ins Jahr 2023 hat BDI-Präsident Siegfried Russwurm eine erste Bilanz über die Arbeit des Wirtschaftsministeriums gezogen. “Wir werden gehört”, lautete sein Fazit. Viele der politischen Akteure seien unerfahren, aber lernbereit, lobte Russwurm. Er fügte aber hinzu, dass er sich weniger Misstrauen gegenüber Wirtschaft und Unternehmen wünschen würde.

Nach positiver Neugier zu Beginn wachsen jetzt die Zweifel. Das jedenfalls machen viele Verbandsvertreter noch deutlicher, wenn die Mikrofone aus sind. Da ist von anfänglicher Lust auf das Neue die Rede, die mittlerweile von wachsendem Unbehagen mindestens über Teile des Habeck-Ministeriums abgelöst würde. Zu hören ist, dass der Minister selbst als zugewandt und bemüht erlebt wird, seine Staatssekretäre Sven Giegold und Patrick Graichen dagegen zunehmend kritisch gesehen werden. Eine Analyse zum Verhältnis der Wirtschaft zum Ministerium lesen Sie hier.

  • BDI
  • Robert Habeck
  • Wirtschaftsministerium

Presse-Briefing von morgen

17. Januar Presseschau

Welt: Die Widersprüche des Kanzleramts. Olaf Scholz lässt sich bei der Bewältigung des Cum-Ex-Skandals von einem Stab im Kanzleramt helfen, berichtet Hans-Martin Tillack. Zugleich lässt das Amt Presseanfragen zu dem Skandal unbeantwortet – weil es für Cum-Ex nicht zuständig sei. Staatsrechtler und die CDU kritisieren diese Doppelstandards. (“So widersprüchlich agiert Scholz im Cum-Ex-Skandal“) 

Bis 2025 mehr als 500.000 zusätzliche Pflegebedürftige. Die soziale Pflegeversicherung braucht eine Reform, um den demografischen Wandel zu bestehen. Die Private Pflegeversicherung hat für ihre Versicherten bereits 47 Mrd. Euro kapitalgedeckte Demografie-Vorsorge angespart. Es sollten noch viel mehr Menschen auf diese Weise zusätzlich vorsorgen. (Mehr)

Handelsblatt: Rogoff warnt vor Rezession. Äußerst pessimistisch blickt Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff am Rande des Weltwirtschaftsforum auf die Weltwirtschaft. In Europa rechnet er mit einer “tiefen Rezession”, im Ukraine-Krieg fürchtet er “weitere Rückschläge”, sagte Rogoff im Handelsblatt-Interview von Astrid Dörner. Auch die hohen Energiepreise und der Taiwan-Konflikt stimmen den ehemaligen IWF-Chefökonom skeptisch. (“Am Wendepunkt der Weltwirtschaft”, Seite 6).

Gaspreisbremse dürfte deutlich billiger werden

Gaspreisbremse dürfte deutlich billiger werden. Gut 40 Milliarden Euro sind für dieses Jahr im Bundeshaushalt eingeplant, um die Gas- und Fernwärmrechnungen für Privatkunden und Unternehmen zu reduzieren. Tatsächlich gebraucht wird aber voraussichtlich nur ein kleiner Teil dieses Geldes. Hauptgrund ist, dass die Gaspreise schon wieder stark gesunken sind, seit das Gesetz im Herbst erarbeitet wurde. Dadurch sinken die Zuschüsse, die der Staat zahlen muss. Zudem werden laut BDI voraussichtlich viele Unternehmen darauf verzichten, Zahlungen zu beantragen.

Wie hoch die Einsparungen genau ausfallen werden, ist offen. Das Bundeswirtschaftsministerium teilt auf Anfrage lediglich mit, man rechne nicht “mit umfassenden Minderbedarfen gegenüber der bisherigen Planung”. Das ist überraschend, denn das Haus von Robert Habeck erklärt gleichzeitig, die Preise, die von Mitte Oktober bis Mitte November am Terminmarkt bezahlt wurden, seien die “zentrale Einflussgröße” bei der Kalkulation des Bedarfs gewesen. Damals lag der Börsenpreis für Gas zur Lieferung im Jahr 2023 zwischen 13 und 15 Cent pro Kilowattstunde. Aktuell ist es für den ganzen Rest des Jahres für unter 6,5 Cent pro Kilowattstunde erhältlich. Parallel dazu ist auch der Preis für Neuverträge von Privatkunden gefallen: Mitte Oktober bis Mitte November lagen diese dem Vergleichsportal Verivox zufolge bei 20 bis 24 Cent pro Kilowattstunde – aktuell sind es weniger als 14 Cent.

Damit sinken die staatlichen Zuschüsse deutlich. Denn die Regierung zahlt im Jahr 2023 bei Privatkunden für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs den Kostenanteil oberhalb von 12 Cent pro Kilowattstunde: Bei einem Gaspreis von 22 Cent wären das 10 Cent pro Kilowattstunde, bei einem Preis von 14 Cent sind es nur noch 2 Cent pro Kilowattstunde. Das Wirtschaftsministerium erklärt dazu, es sei unklar, wie sich die gesunkenen Tarife auf die Kosten auswirken. Denn es gebe keine Angaben dazu, wie viele Kunden während der Hochpreisphase im letzten Jahr einen Laufzeitvertrag abgeschlossen haben, aus dem sie jetzt nicht herauskommen. Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW glaubt allerdings nicht, dass es viele sind. Nach Beobachtung des Verbraucherschützers sind viele von Preiserhöhungen betroffene Kunden in die Grundversorgung gewechselt. Hier liegt der Durchschnittspreis in NRW derzeit bei 16 Cent – was zwar höher ist als die Neukundentarife, aber ebenfalls weitaus niedriger als der Preis, mit dem kalkuliert wurde.

Rechnet man mit diesem Wert, müssten die geplanten Ausgaben etwa auf die Hälfte sinken. Zumindest mit Blick auf die Entlastung der Verbraucher. Sogar noch größer die Ersparnis des Staates bei der Industrie sein: Dort wird der Preis für 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 7 Cent pro Kilowattstunde für den reinen Gaspreis reduziert. Tatsächlich liegt der Preis derzeit aber sogar unterhalb dieser Schwelle. Und selbst wenn Betriebe aufgrund ungünstiger Verträge doch mehr bezahlen müssen, ist fraglich, ob sie den staatlichen Zuschuss in Anspruch nehmen. Denn bei vielen Unternehmen ist das nur möglich, wenn ihr Gewinn (EBITDA) 2023 um mindestens 40 Prozent sinkt und sie auf Bonuszahlungen und Dividenden verzichten. Das werde viele ausschließen, kritisierte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Dienstag. Für den Finanzminister bedeutet das eine weitere Entlastung.

  • Energiekrise
  • Robert Habeck

Energiepreispauschale: Wer immer noch leer ausgeht

Energiepreispauschale: Wer immer noch leer ausgeht. So stolz die Ampel-Koalition im vergangenen Herbst auf ihre Energiepreispauschale war – mindestens rund zwei Millionen Menschen sind leer ausgegangen. Und es sieht nicht so aus, als ob sich daran rasch etwas ändert. Für die Ampel-Fraktionen, so scheint es, hat das Thema keine hohe Priorität mehr.

Kurz vor dem Jahreswechsel hat die Regierung eine große Lücke gefüllt: Auch Rentnerinnen und Rentner wurden in den Empfängerkreis einbezogen. Offiziell gibt es nun drei verschiedene Energiepreispauschalen: eine für Erwerbstätige, eine für Studierende und Fachschüler – die 200 statt 300 Euro erhalten, diese aber nicht versteuern müssen – sowie eine für Rentner. Zahlreiche Personengruppen jedoch, viele Selbstständige etwa oder Menschen im Vorruhestand, fallen noch immer durchs Raster.

Der Sozialverband VdK spricht von einem halben Dutzend betroffener Gruppen. Dazu zählt er unter anderem pflegende Angehörige ohne eigene Erwerbstätigkeit und Rente, Empfänger von Arbeitslosengeld I (die einmalig 100 Euro erhalten haben) sowie alle, die ausschließlich eine Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder aus der Unfallversicherung beziehen. Allein die pflegenden Angehörigen machen demnach mindestens eine Million Menschen aus. Arbeitslosengeld I bezogen der Bundesagentur für Arbeit zufolge Ende 2022 rund 750.000 Menschen.

Die Begründung für das löchrige Auffangnetz: “Wir mussten da zu flickenteppichmäßig und alles andere als zielgenau herangehen”, räumt der Grünen-Sozialpolitiker Wolfgang Strengmann-Kuhn ein. Bereits im Oktober hatte der Sozialausschuss des Bundestags deshalb die Regierung zu Nachbesserungen aufgefordert und zu prüfen, inwieweit ein “Nachteil für diese Personengruppen ausgeglichen werden kann”.

Die Reaktion der Regierung lässt jedoch auf sich warten. Das Ergebnis stehe noch aus, sagt das Finanzministerium drei Monate später. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, sagt das Arbeitsministerium. In Zukunft soll es besser laufen: Sämtliche Bankverbindungen, so ist es beschlossen, werden in einer großen Datenbank mit den Steuernummern der Deutschen verknüpft.

Offiziell ist die Datenbank für Zahlungen wie das geplante Klimageld gedacht. Strengmann-Kuhn: “So ein Mechanismus kann aber auch gut für künftige, zielgenauere Entlastungen benutzt werden.” Das dauert allerdings: Fertig werden soll er bis 2024. Einen pragmatischen Vorschlag macht der VdK: “Die Empfängerinnen und Empfänger von Krankengeld, Übergangsgeld, BVG-Renten oder Renten der Unfallversicherung erhalten monatlich Geld aus der Sozialversicherung.” Hier könne die Pauschale, wie auch bei den Rentnerinnen und Rentnern, “direkt mit überwiesen werden”.

  • Armut
  • Energiekrise
  • Sozialpolitik

Schlagzeilen von morgen, 18. Januar

17. Januar Schlagzeilen von morgen, 18. Januar

SZ: Pistorius will Bundeswehr “stark machen”

Tagesspiegel: Pistorius kommt, Frauenquote fällt

taz: Frauen! Wegtreten! (Parität im Bundeskabinett)

Handelsblatt: Industrieplan für Europa (Pläne der EU-Kommission)

Rheinische Post: Jede fünfte Online-Sexualtat nicht aufgeklärt

Aufmacher am Dienstagabend, 17. Januar

17. Januar Aufmacher am Dienstagabend

Zeit Online: Also doch nur Gedöns (Parität im Bundeskabinett)

RND: Scholz wählt gut, doch managt schlecht (Neuer Verteidigungsminister)

t-online: Das wäre Putins Ende (Kann die Ukraine die Krim erobern?)

GMX/Web.de: Britische “Challenger 2” für die Ukraine: Deutschland unter Zugzwang

Business Insider: Von Pauschalurlaub bis zur Autovermietung: Was der Tui-Chef mit dem angeschlagenen Reise-Unternehmen plant

Das Beliebteste am Dienstag, 17. Januar

17. Januar Das Beliebteste am Dienstag

SZ: Boris Pistorius wird Verteidigungsminister

Welt: “Männerbrüste gehen nicht weg, auch nicht, wenn man Sport macht” (Schönheits-OPs bei Männern)

FAZ: Manager sehen schwarz für die Weltwirtschaft 2023

Handelsblatt: So hoch ist das Durchschnittseinkommen in Deutschland 

NZZ: Business statt Mord: Bei Siziliens Mafia gibt längst eine neue Generation den Ton an

Weiterbildungsgesetz: Lindner legt Vorbehalt ein

Weiterbildungsgesetz: Lindner legt Vorbehalt ein. Die FDP hat das Gesetz zur Stärkung der Weiterbildung vorläufig gestoppt. Obwohl das Vorhaben Teil des Koalitionsvertrags ist, hat das Finanzministerium nach Informationen von Berlin.Table einen Vorbehalt eingelegt. Dem Vernehmen nach haben die Gründe nicht mit den Inhalten, sondern den Kosten zu tun.

Dabei dürfte es vor allem um das Qualifizierungsgeld gehen. Das sollen laut Referentenentwurf alle bekommen, denen “im besonderen Maße durch die Transformation der Verlust von Arbeitsplätzen droht”. Die Leistung wird, so der Plan, bis zu 67 Prozent des Nettoentgelts betragen, das während der Weiterbildung entfällt. Vorhandene Angebote würden besser strukturiert, etwa durch feste Fördersätze und leichtere Zugänge. Für die Förderung entfiele die bisherige Voraussetzung, dass der Job vom Strukturwandel betroffen sein muss oder in einem “Engpassberuf” erfolgt.

Mit dem Gesetz will die Regierung den Lücken am Arbeitsmarkt begegnen. Zentrales Ziel ist die Bekämpfung der dramatischen Engpässe in vielen Branchen. Es bestehe “dringender Handlungsbedarf”, heißt es im Entwurf. Digitalisierung und Transformation verlangten nach massiven Investitionen in Weiterbildung. Sobald diese zeitintensiver werde, würde sie oft nicht von den Arbeitgebern unterstützt, zudem fehle es Beschäftigten oft an Zeit und Geld. Auch eine Bildungs(teil)zeit ist geplant. Wer von seinem Arbeitgeber nichts Passendes geboten bekommt, könnte sich bis zu einem Jahr ganz oder bis zu zwei Jahren phasenweise freistellen lassen, um sich fortzubilden. Absicherung böte dann eine Entgeltersatzleistung.

Für junge Leute soll es eine “Ausbildungsgarantie” geben. Die fordert der DGB schon lange, finanziert über eine Umlage aller Unternehmen. Geplant ist auch ein Mobilitätszuschuss als Ermunterung zu Bewerbungen in anderen Regionen. Trotz des Vorbehalts seitens der FDP geht man im Arbeitsministerium davon aus, das Weiterbildungsgesetz wie geplant noch im Februar ins Kabinett einbringen zu können.

  • Christian Lindner
  • FDP
  • Weiterbildung

Freie Wähler: Neue Zeiten in Bayern

Freie Wähler: Neue Zeiten in Bayern. Ein halbes Jahr vor der bayerischen Landtagswahl zeigt sich, dass Hubert Aiwanger und seine Freien Wähler ein unverrückbarer Machtfaktor geworden sind. Anders als von der Konkurrenz erhofft, ist der Wirtschaftsminister keine Eintagsfliege geblieben. Eine aktuelle BR-Umfrage zeigt: Die Partei hat geringfügig verloren, steht aber stabil bei zehn Prozent. Das hat Folgen, womöglich weit über das Bundesland hinaus.

Für die CSU ist Aiwanger so nützlich wie gefährlich geworden. Nützlich, weil mit den aktuellen Zahlen die Wahrscheinlichkeit immer größer wird, dass Markus Söder auch künftig in Bayern ohne eine der drei Berliner Ampelparteien regieren kann. Wenn also alles kommt, wie jetzt abzusehen, kann er nach der Wahl ohne Koalitionszwänge gegen Berlin wettern. Warum Aiwanger für die CSU aber auch hochgefährlich ist, lesen Sie im Porträt von Peter Fahrenholz.

  • Bayern
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  • Markus Söder

Aus den Professional Briefings

17. Januar Professionals

Europe.Table: Berlin und Paris beauftragen Experten mit Vorschlägen zu EU-Reform. Eine zwölfköpfige Expertengruppe soll im Auftrag von Deutschland und Frankreich Vorschläge zu institutionellen Reformen der EU erarbeiten. Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron wollen die Pläne beim deutsch-französischen Ministerrat am Sonntag vorstellen, wie der Europe.Table aus Regierungskreisen in Paris und Berlin erfuhr. Die Experten sollen ihren Bericht im Herbst vorlegen. Mehr

Bildung.Table: Lehrermangel – Brandenburg verbeamtet Bachelor-Absolventen. Künftig sich in Brandenburg jeder Bachelor-Absolvent im Schnellverfahren zum Lehrer verbeamten lassen. Es ist eine Notlösung mit strategischem Kalkül. Kritik an den “Bildungsamtsmännern und -frauen” lässt Kultusministerin Britta Ernst nämlich nicht gelten – denn diese Lehrkräfte kann ihr kein anderes Bundesland wegnehmen, analysiert Christian Füller in der 100. Ausgabe des Bildung.Table ?. Mehr

ESG.Table: Nachhaltigstes Lithium offenbar aus Lateinamerika. Der Bedarf an Lithium könnte sich aufgrund der Mobilitätswende bis 2030 verfünffachen. In Lateinamerika ist der Abbau umweltfreundlicher als vielerorts. Das dürfte auch Bundesregierung und deutsche Wirtschaft bei der Deckung des Bedarfs interessieren. Allerdings unterscheiden sich in Chile, Bolivien und Argentinien die wirtschaftspolitischen Strategien beim Umgang mit dem Rohstoff. Mehr

Research.Table: Zivilklausel in der Forschung überdenken. Jan Wörner, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) spricht sich gegen pauschale Zivilklauseln an Universitäten und Forschungseinrichtungen aus. Frieden brauche eine moderne Verteidigung. “Eine verabsolutierte Zivilklausel würde beispielsweise Forschung an Navigationsdiensten ausschließen, die ja auch für Lenkwaffen wichtig ist”, sagt Wörner. Das Interview mit ihm bildet den Anfang einer Gesprächsreihe mit Nicola Kuhrt über die Zukunft der Forschung. Mehr

China.Table: TSMC bestätigt Pläne für Fabrik in Europa. Erfolg für Deutschlands neue Industriepolitik: Der Chef des taiwanischen Halbleiterherstellers TSMC hat erstmals öffentlich über die Möglichkeit eines Werks in der EU gesprochen. Die Chips des Unternehmens sind für die Wirtschaft unentbehrlich – und vor allem bei der Autoindustrie heiß begehrt. Für das Projekt ist ein Standort bei Dresden im Gespräch. Mehr

Morgeninterviews am 18. Januar

17. Januar Morgeninterviews am 18. Januar

Informationen am Morgen (Deutschlandfunk)

ca. 6:50 Uhr: Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende Verteidigungsausschuss: Neuer Verteidigungsminister

ca. 7:14 Uhr: Britta Haßelmann, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen: Wahlrechtsreform

ca. 8:10 Uhr:  Katarina Barley, Vizepräsidentin EU-Parlament: Nachfolge für Kaili

ARD-Morgenmagazin (Das Erste)

6:35/8:05 Uhr: Patrick Sensburg, Präsident Verband der Reservisten der Bundeswehr: Neuer Verteidigungsminister

7:35 Uhr: Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister: Einsparungen bei Lebensmitteln

Informationen am Morgen (rbb24-Inforadio)

ca. 7:25 Uhr: Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales: Weltwirtschaftsforum in Davos

ca. 7:45 Uhr: Nico Lange, Senior Fellow bei der Münchner Sicherheitskonferenz: Wie das Bundesministerium der Verteidigung führen?

ca. 9:05 Uhr: Alexander Kritikos, wissenschaftliches Mitglied im DIW-Vorstand: Wie wichtig ist das Weltwirtschaftsforum in Davos?

Heads

17. Januar Heads

Security.Table: Tobias Lindner – Der Realo im Auswärtigen Amt

Geburtstage

17. Januar Geburtstage

Mittwoch, 18. Januar

Bettina Hoffmann, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium (Grüne), 63

Katja Kipping, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales in Berlin, 45

Marco Hartrich, Staatssekretär im Kultusministerium von Niedersachsen, 51

Julia Verlinden, MdB (Grüne), 44

Donnerstag, 19. Januar

Steffi Lemke, Bundesumweltministerin, 55

Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, 64

Hermann-Josef Tebroke, MdB (CDU), 59

Nachttisch

17. Januar Nachttisch

Causeway (Apple+, Foto: A24)

Sie sind mit ihrer Arbeit durch für heute und hätten gerne noch ein bisschen Unterhaltung? Unser Tipp des Abends führt Sie in die Seele einer Soldatin. Trauma, Überleben, Wiederbelebung – Heimkehr. Die US-Soldatin Lynsey (Jennifer Lawrence) kommt nach einem fürchterlichen Anschlag auf ihre Einheit in Afghanistan nach Hause zurück. Verwundet, verletzt, zerstört. Sie strandet in der Heimat ihrer Kindheit: bei ihrer Mutter in New Orleans. Geschüttelt von Albträumen, kämpft sie sich zurück ins Leben. Und trifft dabei auf den Kfz-Mechaniker James (Bryan Tyree Henry), der – selbst an Körper und Seele verwundet – geerdet und gelassen auf ihre Brüche reagiert. Ein moderner Antikriegsfilm – klug, sensibel, großartig lakonisch und deshalb ein kleines Meisterwerk.  

Film: Causeway | Regie: Lila Neugebauer | Apple+ 

Das war’s für heute. Schön, dass Sie bei uns waren. Das nächste Late-Night-Memo erhalten Sie am Donnerstagabend.

Good night and good luck!

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