Table.Briefing: Berlin

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.

Morgen soll die FDP springen. Der Kanzler hat offenbar ein Machtwort gesprochen: Olaf Scholz fordert, dass Robert Habecks umstrittenes Gebäudeenergiegesetz noch diese Woche in den Bundestag kommt. Und vor der Sommerpause Gesetz wird. Dazu müssen die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen das GEG an diesem Dienstag auf die Agenda setzen. Die FDP sei nicht in der Rolle der Apo, erinnerte Rolf Mützenich den Koalitionspartner: “Das kann man nicht außerparlamentarisch machen. Wir sind in einer Koalition.”

Den wohl wichtigsten Mann für das Gelingen des GEG hat Habeck heute überraschend präsentiert: Philipp Nimmermann. In Berlin wenig bekannt, hat der grüne Ex-Banker sich in Schleswig-Holstein und Hessen als Staatssekretär verdient gemacht. So verdient, dass die hessischen Grünen ihn offenbar für einen vakanten Vorstandsposten bei der Deutschen Bundesbank vorgesehen hatten. Auf den kann nun immer noch der Kandidat der CDU hoffen, der MdB Michael Meister.

Wir haben für Sie heute ein Porträt des spannenden Berliner Neu-Zugangs, berichten vom Finanzgeschick eines weiteren Habeck-Manns, Udo Philipp, sowie von einem Fauxpas des Wirtschaftsrats gegenüber dem Bundeskanzler.

Viel Vergnügen bei der Lektüre, die wir Ihnen im neuen Fünf-Tages-Rhythmus gleich morgen wieder liefern!

Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Markus Bickel, Annette Bruhns, Enno Eidens, Christian Hiller von Gaetringen, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt und Vera Weidenbach mitgewirkt. Wir freuen uns über Ihr Interesse.

Graichen-Nachfolger: Finanzgenie statt Energieexperte

Graichen-Nachfolger: Finanzgenie statt Energieexperte. Der Name war eine echte Überraschung: Auf Patrick Graichen folgt Philipp Nimmermann. Damit macht Robert Habeck einen Mann zum neuen Energie-Staatssekretär, der bisher wenig mit Energiepolitik zu tun hatte. Um so größer ist dagegen sein Wissen über Finanzpolitik: In Schleswig-Holstein managte Nimmermann als Finanz-Staatssekretär die Krise der HSH-Nordbank, in Hessen als Wirtschaft-Staatssekretär zuletzt die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie und des Energiepreisanstiegs. Ein Porträt über Habecks neuen wichtigen Mann lesen Sie hier.

  • Robert Habeck
  • Wirtschaftsministerium

BND-Chef Bruno Kahl: “Keine Risse im System Putin”

BND-Chef Bruno Kahl: “Keine Risse im System Putin”. Moskaus Machtgefüge werde in absehbarer Zeit nicht “ins Wanken” geraten, prophezeite der Präsident des Bundesnachrichtendienstes am Montagabend in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS). Russland sei immer noch in der Lage, den Krieg lange fortzuführen. Das schließe freilich nicht aus, so Kahl, “dass es morgen implodiert”.

Kritik am BND, den russischen Angriff nicht vorhergesehen zu haben, weist Kahl zurück. Der BND sei sich in der Analyse der militärischen Lage mit den britischen, US-amerikanischen, französischen und italienischen Nachrichtendiensten einig gewesen. Jedoch verfügten vor allem die Partner aus den USA “auf dem Gefechtsfeld” in der Ukraine über erheblich größere “Ausrüstungskapazitäten” als der deutsche Auslandsgeheimdienst. Kahl steht seit 2017 an der Spitze des BND.

Kahl warnte vor dem wachsenden Einfluss Chinas in Deutschland. Es gebe “40.000 chinesische Studenten im Land, die alle verpflichtet werden können, den Nachrichtendiensten zuzuarbeiten”, sagte er mit Blick auf Ausspähungsversuche aus China in deutschen Behörden und Firmen. Aus Pekings Sicht sei “Wissensvorsprung die entscheidende Kategorie”, um dem Anspruch gerecht zu werden, “bis 2049 die führende Weltmacht zu werden”. Der BND-Chef warnte: “Wir schließen die Anwendung von Waffengewalt auch bei China nicht aus.”

  • China
  • Ukraine

Presse-Briefing von morgen

22. Mai Presseschau

Handelsblatt: CDU sucht nach ihrem Programm. So richtig vorangekommen sei die Union nicht bei ihrer Programmklausur am Comer See, schreibt Daniel Delhaes. Ja, eine Entlastung von bis zu 30 Milliarden Euro “für die breite gesellschaftliche Mitte” (Jens Spahn) soll kommen, bei drängenden Themen wie Altersvorsorge, Fachkräftemangel oder Industriepolitik ist aber noch vieles offen. Auf einem Konvent am 17. Juni geht die Suche weiter. (“CDU setzt auf eine Steuerreform”, Seite 10)

FAZ: Feierlichkeiten und Sinnsuche. Zu 160 Jahren SPD hat Mona Jaeger Generalsekretär Kevin Kühnert nach Halle in den für die Partei historischen “Volkspark” begleitet. Jener Kühnert, der Olaf Scholz verhindern wollte, möchte jetzt “den Fortschritt mehrheitsfähig machen”. Ein Parforceritt durch die wechselvolle SPD-Geschichte und der Suche nach einer neuen sozialdemokratischen Verortung. (“Erstaunliche Geschichte”, Seite 3)

SZ: Die unsichtbare Klara Geywitz. Größter Streit und drängendstes Problem – das Heizungsgesetz und der Kampf gegen die Wohnungsnot. Für beides ist Geywitz verantwortlich. Trotzdem taucht sie in der Öffentlichkeit kaum auf. Angelika Slavik beschreibt eine Ministerin, die versucht, ohne Homestorys erfolgreich zu sein. Wenn sie morgen die Zahlen zum Wohnungsbau vorstellt, wird das eher nicht der Fall sein. (“Warum so unauffällig, Frau Ministerin?”, Seite 5)

Tagesspiegel: Zähes Ringen ums Wasser. Nur 13 Prozent der deutschen Flüsse sind laut Umweltbundesamt “in einem guten ökologischen Zustand”. Immerhin, Renaturierung und Deichrückverlegungen zeigen Wirkung, schreibt Ralf Nestler. Naherholungsbereiche entstehen, Touristen kommen, die Hochwassergefahr sinkt. Aber es bleibt ein zähes Ringen. (“Viele Flüsse weiterhin in schlechtem Zustand”, Seite 16)

Nicht überlesen!

New York Times: Griechenland setzt Geflüchtete auf dem Meer aus. Ein Reporterteam hat erschreckende Videoclips zusammengetragen: Sie zeigen, wie griechische Polizisten Migranten entführen und zurück aufs Mittelmeer bringen, wo die türkische Küstenwache sie aufgreift. Darunter war auch eine Mutter mit Baby, die ihre Geschichte erzählt. Das Material widerlegt die Versicherungen der griechischen Regierung, solche Praktiken gebe es nicht. (“Greece Says It Doesn’t Ditch Migrants at Sea. It Was Caught in the Act.”, 19.05.2023)

CDU-Wirtschaftsrat: Affront gegen den Gast Scholz

CDU-Wirtschaftsrat: Affront gegen den Gast Scholz. Der CDU-Wirtschaftsrat hat es am Montag geschafft, den Bundeskanzler gegen sich aufzubringen. Und das nicht durch politische Aussagen, sondern durch eine Unhöflichkeit der besonderen Art. Olaf Scholz war, ungewöhnlich genug, nicht nur zu einem Grußwort geladen worden, sondern auch tatsächlich gekommen. Und musste dann 45 Minuten auf der Bühne warten. So berichten es Teilnehmer. Das Ergebnis: Scholz stand auf, sprach mit Verantwortlichen, offenkundig not amused. Anschließend blieb Zeit für einen sehr kurzen Auftritt. Für Scholz 45 Minuten verlorene Zeit. Für den Wirtschaftsrat 45 Minuten Peinlichkeit, die in Erinnerung bleiben werden.

  • Olaf Scholz

Industriestrom: Druck auf SPD und FDP steigt

Industriestrom: Druck auf SPD und FDP steigt. Im Streit um einen subventionierten Strompreis für die Industrie erhöht Wirtschaftsminister Robert Habeck den Druck. “Wir wollen, dass die Industrie, auch die energieintensive Industrie, in Deutschland eine Heimat behält”, sagte Habeck nach einem Treffen mit Industrievertretern. Darum sei der Industriestrompreis “politisch geboten” und müsse vor der Sommerpause auf den Weg gebracht werden. So könne er nach Auslaufen der bisherigen Strompreisbremse im April 2024 in Kraft treten. Dass Christian Lindner und Olaf Scholz sein Vorhaben bisher ablehnen, kommentierte Habeck mit dem Hinweis, es sei “kein Geheimnis, dass die Bundesregierung noch in der Meinungsfindung ist”.

Unterstützung bekommt der Wirtschaftsminister aus Industrie und Gewerkschaften. Am Montag trat Habeck gemeinsam mit BDI-Präsident Siegfried Russwurm und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann vor die Presse. Seine Begleiter bezeichneten das Industriestrom-Konzept als gute Diskussionsgrundlage – und drängten auf eine Einigung der Koalition. “Wir sehen die Notwendigkeit, in der Breite der Regierung für die Mehrheitsfähigkeit zu sorgen”, sagte Hofmann diplomatisch. Ob der Industriestrom tatsächlich vier Milliarden Euro pro Jahr kosten wird, wie in Habecks Konzept angenommen, ist offen: Der Börsenstrompreis, der als Referenzgröße dient, sank zuletzt stark.

Grüner Staatssekretär: Udo Philipp beweist Finanzgeschick

Grüner Staatssekretär: Udo Philipp beweist Finanzgeschick. Philipps Anteil am Unternehmen Africa Greentec AG in Hainburg bei Hanau beträgt zwar nur 4,1 Prozent. In einer Präsentation für ein Crowdfunding beziffert Greentec seinen aktuellen Unternehmenswert freilich auf 89 Millionen Euro; vor 2020 waren es noch weniger als 50 Millionen. Damit kommt das Aktienpaket des Grünen inzwischen auf 3,6 Millionen Euro. Die von Staatssekretär Philipp gehaltenen Aktien werden, um jegliche Einflussnahme auszuschließen, durch Vermögensverwalter geführt. Philipp kann somit keinerlei Einfluss auf Einzelgeschäfte nehmen.

Africa Greentec will abgelegene Dörfer im Sahel mit Solarstrom versorgen. Das Unternehmen erwies sich dabei als besonders kapitalhungrig, verspricht aber ein rasantes Wachstum – nicht zum Nachteil seiner Aktionäre.

Philipps wird die Vermischung von Beruflichem und Privatem vorgeworfen. Als Staatssekretär ist er für Industriepolitik, Außenwirtschaftspolitik sowie Digital- und Innovationspolitik zuständig. Damit betreut er auch dienstlich Startups, obwohl er privat an vier Jung-Unternehmen beteiligt ist, darunter Africa Greentec. Lesen Sie im Africa.Table mehr dazu.

  • Afrika
  • Wirtschaftsministerium

Grundrechte-Report: Verfassungsschutz schützt nicht

Grundrechte-Report: Verfassungsschutz schützt nicht. Der Verfassungsschutz sei nicht in der Lage, die im Grundgesetz angelegten Werte zu schützen: Zu diesem Befund gelangt Lea Welsch, Vorstandsmitglied in der Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ). Der VDJ stellt zusammen mit neun weiteren Bürgerrechtsorganisationen am Dienstag den jährlich erscheinenden Bericht zur Lage der Grundrechte in Deutschland vor. Vorstellen wird den Report Susanne Baer, bis Jahresanfang Richterin am Bundesverfassungsgericht. Ein weiteres Thema ist das vom Bundestag beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr, das zuvor einer Grundgesetzänderung bedurfte. Es verstoße, sagt Welsch, gegen das in der Verfassung festgelegte Friedensgebot – also die Pflicht zu einer aktiven Friedenspolitik. Warum sich der Grundrechte-Report als “alternativer Verfassungsschutzbericht” sieht und welche weiteren Schwerpunkte er diesmal setzt, lesen Sie in unserem Interview.

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Aus den Professional Briefings

22. Mai Professionals

Europe.Table: Hohes Datenschutz-Bußgeld für Meta. 1,2 Milliarden Euro soll Meta nach dem Willen der europäischen Datenschutzbehörden zahlen. Der Bescheid ist aber nicht nur wegen der Höhe der Strafe eine Zeitenwende für den Datenschutz. Er hätte Auswirkungen auf die ganze Branche, wenn sie Daten in die USA senden will. Mehr

Security.Table: Jewgeni Prigoschin sucht seinen Platz. Die Söldner der Gruppe Wagner reklamieren Erfolge für sich. Doch tatsächlich hängt der angekündigte Rückzug aus Bachmut weniger mit einem Sieg zusammen, als damit, dass ihr Anführer Jewgeni Prigoschin nicht mehr über genügend Ressourcen verfügt. Prigoschin hat sich in den vergangenen Wochen verbale Gefechte mit der russischen Armeeführung geliefert, jetzt sucht er seinen Platz in Putins Machtstruktur. Mehr

China.Table: China ist abhängig von Deutschland. Häufig wird die große Abhängigkeit Deutschlands von China diskutiert, doch auch der umgekehrte Fall trifft zu: Vor allem deutsche Hightech hat es Chinas Firmen angetan – und zwar in einem solchen Ausmaß, dass eine Entkopplung sehr schmerzlich wäre. Mehr

Morgeninterviews am 23. Mai

22. Mai Morgeninterviews am 23. Mai

Informationen am Morgen (Deutschlandfunk)

ca. 6:50 Uhr: Veronika Grimm, Wirtschaftsweise: Heizungsreform

ca. 7:14 Uhr: Michael Roth, SPD-MdB: Militärische Unterstützung für die Ukraine

ca. 8:10 Uhr: Marianne Birthler, Bürgerrechtlerin: Bürgerräte

ARD-Morgenmagazin (Das Erste)

7:10 Uhr: Christian Dürr, FDP-Fraktionsvorsitzender: Heizungsgesetz

8:10 Uhr: Janosch Dahmen, Gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen: Krankenhausreform

Informationen am Morgen (rbb24-Inforadio)

ca. 7:05 Uhr: Ferda Ataman, Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes: Diversity-Tag – Alter und Generationengerechtigkeit

ca. 7:25 Uhr: Julia Verlinden, Stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende: Ampel-Streit ums Heizungsgesetz

Geburtstage

22. Mai Geburtstage

Dienstag, 23. Mai

Michael Gerdes, SPD-MdB, 63 / Nils Gründer, FDP-MdB, 26 / Christian Hirte, CDU-MdB, 47 / Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag, 64 / Jean Martens, Marinegeneral und stellv. Abteilungsleiter im BMVg, 62 / Marianne Schieder, SPD-MdB und Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, 61 / Stefan Schwartze, SPD-MdB und Patienten-Beauftragter der Bundesregierung, 49 / Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern (SPD), 49 / Janine Wissler, Linke-MdB und Parteivorsitzende, 42 / Lena Meyer-Landrut, Sängerin und ESC-Siegerin, 32

Nachttisch

22. Mai Nachttisch

Bärbel Bas und Tilo Jung

Unser Tipp führt Sie heute auf eine Harley Davidson. Im Live-Interview mit Tilo Jung erzählte Bärbel Bas am Dienstagabend, dass sie gerne in ihrer Heimat am Niederrhein Motorrad fährt. “Keiner rechnet damit, dass die Bundestagspräsidentin beim Bikertreff ist”, sagte die Sozialdemokratin. Die Duisburgerin berichtete über ihren Weg vom Realschulabschluss an einer Hauptschule zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und gesundheitspolitischen Sprecherin. An den Verhandlungen über den Ampel-Koalitionsvertrag war sie dennoch nicht beteiligt: Sie ließ durchblicken, dass das daran liegen könnte, dass sie “bis zum letzten Atemzug” für eine Bürgerversicherung kämpfen möchte. Sie sprach außerdem darüber, dass sie früher Fan von Oskar Lafontaine war, dass sie Volksabstimmungen auf Bundesebene befürwortet und dass der Bundestag in Sachen Transparenzregeln “noch lange nicht am Ende” sei. Am Ende beantwortete sie noch Zuschauerfragen.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) – Jung & Naiv: Folge 642 | Youtube

Das war’s für heute. Das nächste Late-Night-Memo erhalten Sie morgen Abend. Denn ab sofort erscheint der Berlin.Table fünfmal pro Woche.

Good night and good luck!

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