Hessen: Warum Rhein sich für die SPD entschieden hat. Der hessische CDU-Chef Boris Rhein hatte am Freitag seine Entscheidung für die SPD und gegen die Grünen gerade bekannt gegeben, da lagen schon die Eckpunkte der “Hessenkoalition der Verantwortung” vor. Die sechs eng beschriebenen Seiten sind so früh aufgetaucht und so detailreich formuliert, dass eines schnell klar geworden ist: Diese Eckpunkte waren längst fertiggestellt, als Rhein seinen Beschluss bekannt gab. Und sie trugen vor allem CDU-Programmatik in sich. Rhein konnte sich den Partner aussuchen – und den politischen Preis damit zu seinen Gunsten enorm in die Höhe treiben. Nancy Faeser und ihre SPD waren bereit, ihn zu zahlen.
Die Eckpunkte erklären die neue schwarz-rote Allianz. Nicht nur, dass immer wieder der Gedanke von Recht und Ordnung durchschimmert. Das Papier ist an vielen Stellen in Inhalt und Sprache eine deutliche Absage an die Grünen. So ist unmissverständlich von einer “Begrenzung der Migration” die Rede: “Wir starten eine echte Rückführungsoffensive.” Die Koalition werde “Ausreiseverpflichtungen konsequent durchsetzen” und eine Residenzpflicht für Asylbewerber einführen. In der kriminalitätsbelasteten Frankfurter City werde man “eine Innenstadtoffensive gegen Kleinkriminalität” eröffnen. Diese Sätze sind so formuliert, dass man spürt, wie sehr sich hier jemand freimachen möchte von den Debatten, die in der Berliner Ampel nach wie vor geführt werden.
Auch beim Thema Verkehr ist die Botschaft klar. Die Sprache ebenso wie konkrete Vorhaben wären mit den Grünen kaum möglich gewesen: “Wir bekennen uns zur Verstetigung der Investitionen in den Straßenbau, lehnen ein generelles Tempolimit sowie Fahrverbote für Autos ab und werden die Ausbauprojekte bei Autobahnen und am Frankfurter Flughafen fortsetzen.” Und ganz grundsätzlich heißt es zu den kommenden fünf Jahren: “Anreize statt Verbote, Beteiligung statt Bevormundung und Entlastungen statt Belastungen.” Das darf man durchaus als besondere Spitze gegen die Grünen interpretieren. In öffentlichen Institutionen werde auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet. Und dazu ist in dem Papier auch ein eindeutiges Bekenntnis zur Schuldenbremse vermerkt. Jene Schuldenbremse im Übrigen, die die SPD bundesweit gerade mit zunehmender Lautstärke infrage stellt.
Rheins Beschluss hat die Grünen kalt erwischt. Der alte und neue Ministerpräsident hatte die Entscheidung bis zuletzt offen gelassen – und sie zudem in kleinster Runde getroffen. Umso mehr wurden die Grünen überrascht. “Das ist für mich nicht nachvollziehbar”, bekannte nach Bekanntwerden ein ratloser Grünen-Co-Parteichef Omid Nouripour. Landeschef Tarek Al-Wazir, zehn Jahre lang verlässlicher Partner von Volker Bouffier und Rhein, tauchte gleich ganz ab und enthielt sich bis Sonntagabend jeden Kommentars. Was diese schwere Niederlage für die Grünen bedeutet und vor welcher Entscheidung sie jetzt zwangsläufig stehen, lesen Sie in einer Analyse von Stefan Braun und Horand Knaup.
Parodontitis ist nicht harmlos. Die Zahnfleischerkrankung kann zu Zahnverlust führen und Herz-Kreislauferkrankungen sowie Diabetes Typ 2 verstärken. Umso wichtiger ist die Behandlung der Volkskrankheit. Die ist jedoch nicht mehr gesichert wegen der Sparmaßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums.
Mehr Infos unter www.paro-check.de
Landratswahl: AfD scheitert in Dahme-Spreewald. Der AfD-Kandidat für den Landratsposten im brandenburgischen Landkreis Dahme-Spreewald, Steffen Kotré, hat am Sonntagabend die Stichwahl gegen den parteilosen Bewerber Sven Herzberger klar verloren. Auf Herzberger entfielen laut vorläufigem Endergebnis 64,8 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der Bundestagsabgeordnete Kotré kam lediglich auf 35,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 47,9 Prozent. Der AfD-Kandidat konnte seinen Stimmanteil im Vergleich zum ersten Wahlgang kaum steigern, obwohl die Wahlbeteiligung etwas zurückging. Damit setzt sich die Niederlagenserie der Rechtsaußenpartei bei Stichwahlen auf kommunaler Ebene fort. Die AfD wollte im Landkreis Dahme-Spreewald an ihren Wahlerfolg im thüringischen Sonneberg anknüpfen. Dort stellt sie den ersten AfD-Landrat in Deutschland.
SZ: Verdi will Streiks ausweiten. Verdi-Chef Frank Werneke kritisiert im Interview von Alexander Hagelüken und Benedikt Peters, dass es bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder nicht vorangeht. Die Arbeitgeber hätten bislang nicht einmal ein Angebot vorgelegt. Deswegen werde Verdi jetzt den Druck erhöhen. In den Wochen vor dem 7. und 8. Dezember, der nächsten Verhandlungsrunde, sollen Schulen, Kitas und Krankenhäuser bestreikt werden. Verdi fordert durchschnittlich 11,5 Prozent mehr Geld. (“Wir weiten die Warnstreiks aus”, Seite 5)
“Die GOÄ-Reform ist eine Frage des politischen Willens.” Eine neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist Medizinern und PKV ein wichtiges Anliegen. Gemeinsam haben sie das rechtliche Regelwerk und den Leistungskatalog überarbeitet. Dr. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, appelliert an den Gesundheitsminister, die neue GOÄ zügig umzusetzen. (Mehr auf pkv.de)
Taz: Warnung vor Scheitern der Klinikreform. Deutschlands oberster Intensivmediziner Christian Karagiannidis drängt darauf, dass die von Karl Lauterbach geplante Krankenhausreform im Frühjahr verabschiedet wird, damit sie nicht im Wahlkampf instrumentalisiert werden kann. Wenn Bundesländer “jedes Mal den Weltuntergang herbeireden, wenn irgendwo ein 100-Betten-Haus schließt”, stärke das die AfD, warnt er im Interview von Manuela Heim zudem. Auch Karagiannidis’ differenzierte Einschätzungen zur Corona-Lage sind lesenswert. (“Dieses Jahr wird das nichts mehr”, Seite 6)
Welt: Bundesregierung trifft Bundesverfassungsgericht. Beim unregelmäßig stattfindenden “Gedankenaustausch” hielten unter anderem Lisa Paus und Marco Buschmann Vorträge, Thema war etwa “Krise als Motor der Staatsmodernisierung”. Nach dem letzten Termin 2021 gab es erfolglose Befangenheitsanträge gegen das Gericht, weil die Corona-Krise Thema war, bevor die Richter ihre Entscheidung über Verfassungsbeschwerden gegen Hygiene-Maßnahmen fällten. (“Darüber sprachen Minister und Richter hinter verschlossenen Türen”, Seite 7)
Spiegel: Baerbocks Balance-Akt. Annalena Baerbock war für zwei Tage im Nahen Osten, hat sieben politische Gesprächspartner getroffen und Angehörige von Geiseln der Hamas. Severin Weiland beschreibt, wie sie den Vorwurf in der arabischen Welt abzuwehren versucht, der Westen nehme einseitig Partei zugunsten Israels. Baerbocks Botschaft: Deutschland steht zwar auf der Seite Israels, ist aber nicht blind für die Leiden der Palästinenser. (“Diplomatie im Eiltempo”)
Nicht überlesen!
Bild am Sonntag: Bas will höhere Pöbel-Strafen. Im Interview sagt Bärbel Bas, sie wolle das Ordnungsgeld von zurzeit 1000 Euro für “notorische Pöbler” im Bundestag mindestens verdoppeln. Wer eine bestimmte Zahl an Ordnungsrufen bekomme, müsse dann automatisch “nach dem Prinzip Gelbe Karte, Rote Karte” zahlen. Mit Blick auf Erfolge der AfD sagt die Bundestagspräsidentin, die Ampel-Parteien müssten “jetzt vor allem das Thema Migration anpacken”. (“Euer Verhalten widert die Leute an”, 12. November 2023)
NYT: Ruth Westheimers neue Aufgabe. Amerikas bekannteste Sexualtherapeutin hat – wie Millionen weltweit – in der Corona-Zeit enorm unter Einsamkeit gelitten. Jetzt will die inzwischen 95 Jahre alte Westheimer ihre Bekanntheit nutzen und als “Einsamkeitsbotschafterin des US-Bundesstaates New York” anderen Menschen helfen, das Leiden in den Griff zu bekommen. Allison Gilbert beschreibt eine bemerkenswerte Frau, die findet, dass wir nach der Regel leben sollten: “Wenn du dich einsam fühlst, dann darfst du dich nicht nur mit anderen einsamen Leuten umgeben.” (“Dr. Ruth saved people’s sex lives. Now she wants to cure loneliness“, 9. November 2023)
SPD: Korrekturen in der Außenpolitik. Mit teilweise neuen Verortungen in der Außenpolitik geht die SPD in ihren Parteitag Anfang Dezember in Berlin. Das geht aus dem Leitantrag “Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch” hervor, der an diesem Montag im Präsidium verabschiedet werden soll. Grundsätzlich bedürfe die deutsche Außenpolitik einer “Neuausrichtung”, und es sei an der “Zeit, unsere eigene Rolle in der Welt neu zu definieren und mehr Verantwortung zu übernehmen”. Wichtigste politische Aufgabe der Zukunft sei “ein starkes Europa”, zugleich müsse “Europa viel stärker in strategische Partnerschaften mit Ländern investieren, die uns politisch und gesellschaftlich nahestehen”.
Die Genossen üben Selbstkritik. An nicht wenigen Stellen blickt die Partei durchaus selbstkritisch zurück. Beim Green Deal der EU sei viel Zeit verbummelt worden; er müsse “viel schneller umgesetzt werden”, heißt es im Antrag. Auch im Nord-Süd-Dialog gebe es Defizite: “Wir haben es in den letzten Jahren versäumt, dem Globalen Süden attraktive Kooperationsangebote zu machen.” Verloren gegangenes Vertrauen müsse wiederhergestellt werden. Deshalb ist die SPD “für einen Multilateralismus ohne Doppelstandards”. Bei entscheidenden Schlüsseltechnologien sei Europa “ins Hintertreffen geraten”. Korrekturen gibt es auch an anderer Stelle: Handelsabkommen, “die allein den Abbau von Zollschranken und die Liberalisierung von Märkten zum Ziel haben, sind nicht mehr zeitgemäß”.
Das Verhältnis zu Russland wird neu definiert. Auch hier fällt der Rückblick selbstkritisch aus. Der Blick für das Trennende sei “getrübt” gewesen, Deutschland habe nicht ausreichend auf die autokratischen Entwicklungen in Russland und dessen immer aggressiveres Auftreten reagiert. Heute könne es keine Normalisierung des Verhältnisses geben, “solange Russland sein imperialistisches Ziel der Eroberung und Unterdrückung souveräner Staaten verfolgt”. Im Umgang mit China wiederum sollte “der Dialog gesucht und robust und konstruktiv kritisch geführt werden”. Ganz generell sollten mit autoritären Staaten die Gesprächskanäle offen gehalten werden; dabei seien aber jedes Mal “schwierige Abwägungen notwendig, wie weit eine Kooperation gehen kann”.
Wozu die SPD nichts sagt: Keine Erwähnung findet das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben, auch die nukleare Teilhabe bleibt außen vor; die chinesische Expansion im indo-chinesischen Raum wird dezent gestreift und zu Taiwan nur so viel: Die Frage müsse “einvernehmlich in einem friedlichen Verfahren geklärt werden”.
Ost-CDU: Wanderwitz fordert härteren Kurs gegen AfD. Der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung Marco Wanderwitz wirft der sächsischen CDU und anderen CDU-Landesverbänden im Osten vor, nicht nur, aber auch mit Blick auf die AfD “manchmal in trüben Gewässern” zu fischen. “Der Feind steht hoffentlich klar rechts außen”, sagte der Bundestagsabgeordnete aus Sachsen im Interview mit Table.Media. Es sei “höchste Zeit, die AfD zu verbieten”. Die Sorge, ein Verbotsverfahren würde der AfD Gelegenheit bieten, sich in den Wahlkämpfen im kommenden Jahr als Märtyrer zu gerieren, wies Wanderwitz zurück. Eine politische Lösung des AfD-Problems werde immer unwahrscheinlicher, es brauche eine juristische Lösung. “Demokraten kommen kaum noch gegen die AfD an”, sagte Wanderwitz. Es bestehe die Gefahr, dass die AfD irgendwann eine “unechte absolute Mehrheit” auf Landesebene erreichen und damit regieren könnte. Das könne geschehen, wenn die AfD beispielsweise ein Ergebnis von 41 Prozent einfahre und zugleich andere Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten.
Einen Rechtsrutsch könne die CDU nicht mittragen. Sie müsse sagen: “Ab heute sind wir geschiedene Leute. Kommt zurück, bitte, oder wir werden uns bekämpfen.” Wanderwitz rief die Ost-CDU dazu auf, sich mehr an Parteifreunden im Westen zu orientieren. Verbände wie jene in Nordrhein-Westfalen oder Hessen seien im Gegensatz zu Landesverbänden im Osten “nicht auf der Sinnsuche, sondern ruhen in sich, denken und arbeiten innovativ, aber in langen Linien”. Ausdrücklich kritisierte Wanderwitz den sächsischen CDU-Ministerpräsidenten. “Wenn Michael Kretschmer die Ukraine am Dresdner grünen Tisch neu aufteilt, fällt mir nichts mehr dazu ein.” Er hoffe, dass nicht bei Israel “die nächsten Unschärfen” entstehen, so Wanderwitz.
Von der CDU fordert Wanderwitz mehr Würdigung von Merkels Erfolgen. “Ich würde mir wünschen, dass wir nicht nur mit besseren Rezepten als die Ampel werben”, so Wanderwitz. Seine Partei solle häufiger sagen: “Wir hatten zuletzt 16 erfolgreiche Jahre Bundesrepublik mit einer ausgezeichneten Kanzlerin.” Welchen Asylkurs Wanderwitz befürwortet und welche roten Linien er bei der CDU überschritten sieht, lesen Sie im Interview von Franziska Klemenz.
Pöbel-Pennys: Bärbel Bas fordert höheres Ordnungsgeld für pöbelnde Politiker. +++ Auf die Länge kommt es an: Bahn will bei Streik bis 376 Meter lange Züge einsetzen. +++ Läster-Schwester: Scholz-Berater betitelt Strack-Zimmermann als nervig.
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SZ: Israel kämpft um die öffentliche Gunst
FAZ: Netanjahu: Hamas hat Kontrolle über den Norden Gazas verloren
Tagesspiegel: Regierung will Militärhilfe für Ukraine verdoppeln
Handelsblatt: VWs Milliarden-Sparpaket
Sächsische Zeitung: Leipziger Forscher finden globale Folgen großer Waldbrände
Zeit Online: Kommunismus: Eine viel zu groß geratene Idee
Spiegel: Erdoğans Besuch wird für Olaf Scholz zur Gratwanderung
RND: Fans und Polizei im Zweikampf: Wer ist schuld an den Krawallen in Deutschlands Stadien?
T-Online: Arbeiten im Ruhestand: Warum sinkt meine Rente?
Business Insider: Einmalige Gelegenheit: Chefstratege von Morningstar stellt fünf Aktien vor, die so günstig gehandelt werden, wie zuletzt 2009
Zeit Online: Führungskraft im Maschinenbau: “Wir legen im Monat 700 Euro für Reisen zurück”
Spiegel: Papst Franziskus stellt konservativen US-Kleriker kalt
Welt: Importiertes LNG soll viel klimaschädlicher als Kohle sein
Handelsblatt: VW will Zugang zu Tarifgruppe Tarif Plus zeitweise stoppen
Kissinger-Preis: Stoltenberg mahnt Europäer und Amerikaner. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat am Freitagabend in Berlin den Henry-A.-Kissinger-Preis der American Academy erhalten. Er nutzte die Verleihung zu einer nachgerade liebevollen Warnung an Europäer und Amerikaner, den Tendenzen zu einem wachsenden Egoismus zu widerstehen. “Ohne die Türkei im Süden, Norwegen im Norden und die USA, Großbritannien und Kanada im Westen gibt es keine Sicherheit für uns alle”, sagte Stoltenberg. Der Norweger betonte, eine starke und widerstandsfähige Nato sei angesichts der Kriege in Nahost und in der Ukraine wichtiger denn je. Deshalb müssten sich Europäer und Amerikaner der Unverzichtbarkeit des jeweils anderen besinnen. “Ich glaube nicht an Amerika alleine. Ich glaube nicht an Europa alleine. Ich glaube nur an beide zusammen.”
Der Bundespräsident lobte den Norweger als große Stütze in schwerer Zeit. In seiner Laudatio erinnerte Frank-Walter Steinmeier daran, dass Stoltenberg größte Glaubwürdigkeit genieße. Er habe auch dann für eine starke Nato gekämpft, als mancher in den USA und in Europa das Bündnis wahlweise als überflüssig oder “hirntot” bezeichnet hatte. Heute stehe Stoltenberg wie kein anderer für die Tatsache, dass die Hoffnung von Wladimir Putin auf eine Spaltung der Nato nicht aufgegangen sei. “Du hast die Nato ausgebaut; du hast sie so stark gemacht wie noch nie; und wir sind dafür wirklich sehr dankbar”, sagte Steinmeier.
Das Staatsoberhaupt erinnerte an die Leidenschaft von Franklin D. Roosevelt und Harry S. Truman für den unbedingten Zusammenhalt des Bündnisses – und betonte, dass Stoltenberg wie diese beiden ehemaligen US-Präsidenten das zeige, was echte Anführer ausmache. Nicht Besserwisserei, nicht Härte. “Führerschaft beginnt mit Empathie”, so Steinmeier. Auf eindrucksvolle Weise habe Stoltenberg das nach dem Terrorangriff auf die Ferieninsel Utøya bewiesen. Stoltenberg, damals norwegischer Ministerpräsident, habe nach dem Anschlag nicht von Gewalt und Rache geredet. “Es ging dir um Werte; es ging darum, wer wir sind”, erinnerte der Bundespräsident. “Du sagtest: Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit. Das bewegt mich bis heute.” Zu Gast bei der Preisverleihung waren auch die US-Demokratin Nancy Pelosi und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt. Der Preis wurde zum 23. Mal verliehen. Der 100 Jahre alte Henry A. Kissinger selbst verzichtete auf Anraten seiner Ärzte auf eine Reise nach Berlin.
Sozialpolitik: Heil treibt europäische Zusammenarbeit voran. Das Bundesarbeitsministerium treibt im Rahmen bilateraler Vereinbarungen die europäische Zusammenarbeit im Bereich Sozialpolitik voran. Anfang Dezember sind Vertreter aus Bulgarien, Rumänien und der Republik Moldau für eine Konferenz zum Thema Arbeitskräftemobilität in Berlin. Alle Delegationen sind auf Staatssekretär-Ebene vertreten und tauschen sich unter anderem darüber aus, wie Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung bekämpft werden kann. Moldau, das sich um den Beitritt zur EU bewirbt, ist als Gast beteiligt.
Sogenannte faire Mobilität ist aus deutscher Sicht ein international wichtiges Thema. Arbeitsminister Hubertus Heil forderte bei einer BMAS-Konferenz zum Thema “Soziales Europa”, dass die nächste EU-Kommission einen Schwerpunkt darauf legt. Der SPD-Politiker betonte, dass beispielsweise ausländische Lkw-Fahrer besser über ihre Rechte aufgeklärt werden müssten. Für Aufsehen hatte zuletzt der monatelange Streik von Fahrern auf der Raststätte Gräfenhausen in Hessen gesorgt, denen eine polnische Spedition ihren Lohn nicht gezahlt hatte. Ein vom Bundestag im Juni verabschiedetes Gesetz, das auf EU-Richtlinien zurückgeht, stellte klar, dass bei Arbeit innerhalb Deutschlands der deutsche Mindestlohn gilt. Mobilität wird auch bei einem EU-Sozialgipfel in Belgien Anfang 2024 ein wichtiges Thema sein. Welche Vereinbarungen Deutschland schon mit anderen Ländern hat, lesen Sie in einer Analyse von Okan Bellikli.
Europe.Table: Sozialisten suchen Spitzenkandidaten. Die europäische Parteienfamilie der Sozialisten (SPE) ist auf der Suche nach einem Spitzenkandidaten für die Europawahl Anfang Juni. Das ist schwieriger als erwartet. Warum der Rücktritt des portugiesischen Ministerpräsidenten António Costa das Problem für die Sozialisten noch verschärft, lesen Sie hier.
China.Table: Biden-Xi-Gipfel. Am Mittwoch treffen sich US-Präsident Joe Biden und der chinesische Präsident Xi Jinping. Wie in dieser Analyse zu lesen ist, werden konkrete Ergebnisse zwar nicht erwartet, doch immerhin sprechen die beiden Staatschefs wieder einmal persönlich miteinander. Europa werde bei dem Gipfel keine Rolle spielen, sagt Eberhard Sandschneider. Welchen Rat der renommierte China-Experte der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock gibt, lesen Sie im Interview.
Europe.Table: Proteste in Spanien. Nachdem die spanischen Sozialdemokraten einen Pakt mit den separatistischen Parteien Junts und ERCH geschlossen haben, damit Pedro Sánchez Ministerpräsident bleiben kann, haben am Sonntag Hunderttausende in Madrid und weiteren Städten protestiert. Warum Richter in der Amnestievereinbarung eine Verletzung der juristischen Unabhängigkeit sehen, lesen Sie hier.
Deutschlandfunk
ca. 6:50 Uhr: Christiane Benner, IG-Metall-Vorsitzende: Beginn der Tarifverhandlungen für die Stahlindustrie: Einstieg in 4-Tage-Woche?
ca. 7:14 Uhr: Ricarda Lang, Co-Vorsitzende der Grünen: Schwarz-Grün – ein Auslaufmodell?
ca. 8:10 Uhr: Carsten Wieland, Diplomat: Welche Chancen für den israelisch-palästinensischen Konflikt?
ZDF
6:40 Uhr: Kerstin Claus, Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: Kampagne des Bundesfamilienministeriums
7:05 Uhr: Laith Arafeh, palästinensischer Botschafter in Deutschland: Diplomatischen Friedenslösungen und Geiseln
8:05 Uhr: Michael Roth, MdB (SPD) und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses: Israel und Ukraine
Highlights der Woche
Am Montag findet eine Sachverständigen-Anhörung zur Kindergrundsicherung statt. Weil das Gesetz umstritten ist und Änderungen wahrscheinlich sind, soll es voraussichtlich auch eine zweite geben.
Von Montag bis Mittwoch veranstaltet die Süddeutsche Zeitung ihren jährlichen Wirtschaftsgipfel. Dabei sind unter anderem Robert Habeck, Christian Lindner, Marco Buschmann, Steffi Lemke und Friedrich Merz.
Am Mittwoch halten die Regierungschefin und die Regierungschefs der ostdeutschen Länder eine Sonderkonferenz in Brüssel ab. Neben Elisa Ferreira, EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen, treffen sie auch Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte.
Auch am Mittwoch entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Klage von CDU/CSU gegen den Nachtragshaushalt 2021. Weil Geld für die Corona-Krise doch nicht benötigt wurde, schichtete die Bundesregierung es mit Zustimmung des Bundestags rückwirkend in den Klima- und Transformationsfonds um.
Am Freitag sind die Ergebnisse der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses zum Bundeshaushalt 2024 Thema in der Bundespressekonferenz: Neben den Ampel-Parteien äußern sich auch Union, AfD und Linke.
Ebenfalls am Freitag empfängt Olaf Scholz den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Was noch wichtig wird
Montag, 13. November
Energie: Energiewende-Kongress der Deutschen Energie-Agentur (dena). Mit Franziska Brantner, Philipp Nimmermann, Sören Bartol und Stefan Wenzel. 9:20 Uhr, bcc Berlin
Außenpolitik: Olaf Scholz nimmt am “EU-Kleingruppentreffen” teil. Mit dabei sind neben Charles Michel die Regierungschefs oder Staatsoberhäupter von Belgien, Litauen, Österreich, Ungarn, Griechenland und Zypern. 19 Uhr, Kanzleramt
Dienstag, 14. November
Bildung: Bettina Stark-Watzinger und Hubertus Heil eröffnen die erste Nationale Weiterbildungskonferenz. 10 Uhr, Futurium Berlin
Außenpolitik: Olaf Scholz empfängt Kyriakos Mitsotakis, den Ministerpräsidenten von Griechenland. 11 Uhr, Kanzleramt
Sport: Nancy Faeser und Hubertus Heil unterzeichnen die Menschenrechtserklärung zur Fußball-EM 2024. 12:30 Uhr, Bundesinnenministerium
Mittwoch, 15. November
Außenpolitik I: Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache bei der 6. deutsch-ukrainischen kommunalen Partnerschaftskonferenz. 9:30 Uhr, Leipzig
Parlament: Olaf Scholz nimmt an der Regierungsbefragung teil. 13 Uhr, Bundestag
Außenpolitik II: Frank-Walter Steinmeier empfängt Sauli Niinistö, den Präsidenten von Finnland. Die Bundeswehr und die Firma ESG zeigen ihnen ein Drohnenabwehrsystem. 14:15 Uhr, Bonn
Freitag, 17. November
Ostdeutschland: Olaf Scholz nimmt an der Konferenz “Ostdeutschland 2030 – Heimat und Zukunft” teil. Mit Carsten Schneider und Michael Kretschmer. 14 Uhr, Leipzig
Sonntag, 19. November
Außenpolitik: Frank-Walter Steinmeier empfängt Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel von Schweden. Gemeinsam legen sie zum Volkstrauertag einen Kranz nieder in der Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und nehmen an der Gedenkveranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge teil. Ganztägig, Berlin
FAZ: Gerald Knaus will Einfluss. Der Leiter des Thinktanks “Europäische Stabilitätsinitiative” (ESI) beschäftigt sich viel mit Migration und ist gefragter Gesprächspartner in Politik und Medien.
Montag, 13. November
Eberhard Diepgen, ehemaliger Regierender Bürgermeister von Berlin, 82 / Kerstin Müller, ehemalige MdB (Grüne) und Staatsministerin im AA, heute Senior Asscoiate Fellow bei der DGAP, 60 / Merle Spellerberg, MdB (Grüne), 27 / Nicole Westig, MdB (FDP), 56
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