Table.Briefing: Berlin

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

  • Arbeitgebertag: Scholz verspricht, Merz attackiert
  • Verkehrseinigung: Ampel präsentiert sich als Team
  • Gesundheitswesen: Baden-Württemberg plant Verfassungsklage
  • Kanzler in Nahost: Tag der Extreme
  • Palästinensertuch: Jurist kritisiert Berliner Senatorin
  • Strommarkt: EU einigt sich
  • Ukraine: Lichtteppich soll Verwundeten helfen
  • Linke: Dietmar Bartsch führt Fraktion künftig alleine
  • Europa: Vor dem Machtwechsel in Polen
Liebe Leserin, lieber Leser,

wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.

Die Deutschen haben 2022 fast genau 500 Milliarden Euro für ihre Gesundheit ausgegeben – fast achtmal so viel wie für ihre Verteidigung. Und dennoch klagen aktuell alle: die Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte, Krankenhäuser – und die Patienten. Nicht ohne Grund stehen deshalb – angestoßen von Karl Lauterbach – große Veränderungen an, die im Schatten großer Krisen manchmal fast untergehen. Wir haben mit dem Mann gesprochen, der als Minister für die Krankenhausplanung in Baden-Württemberg zuständig ist und zudem der Gesundheitsministerkonferenz vorsitzt. Manne Lucha ist gelernter Pfleger und nimmt kein Blatt vor den Mund. Er hat Verständnis für die Proteste, drängt aber auf Reformen – im Krankenhauswesen, in der Pflege, bei der Digitalisierung. Die knappste Ressource in der Medizin ist nicht das Geld. Sondern: das Personal. Über Lauterbach sagt Lucha, der Minister neige dazu, “uns alle erziehen zu wollen”.

Heute berichten wir außerdem über die sehr unterschiedlichen Auftritte von Olaf Scholz und Friedrich Merz beim BDA, über des Kanzlers Reise nach Israel und über die schon fast nicht mehr für möglich gehaltene Ampel-Einigung bei der Planungsbeschleunigung.

Viel Vergnügen bei der Lektüre!

Heute haben Okan Bellikli, Manuel Berkel, Stefan Braun, Annette Bruhns, Damir Fras, Lisa-Martina Klein, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Kira Münsterberg, Anna Parrisius, Daniel Schmidthäussler und Vera Weidenbach mitgewirkt.

Wir freuen uns über Ihr Interesse.

Arbeitgebertag: Scholz verspricht, Merz attackiert

Arbeitgebertag: Scholz verspricht, Merz attackiert. Nur wenige Tage nach dem ersten Treffen zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz zur möglichen Zusammenarbeit im Rahmen eines Deutschland-Paktes haben der Kanzler und der Oppositionsführer beim Arbeitgebertag in Berlin sehr unterschiedliche Töne angeschlagen. Scholz sagte: “Wir brauchen einen gemeinsamen Entschluss, dass wir unser Land schnell machen. Und ich will alles dafür tun, dass es gelingt.” Deutschland habe Jahrzehnte damit zugebracht, um “liebevoll, mit großer Gestaltungsintensität und mit auch viel Spaß am Detail” dafür zu sorgen, dass es sehr kompliziert geworden sei. Dabei seien heute manche Regelungen gar nicht mehr umsetzbar. “Wir haben es übertrieben”, so der Kanzler. Scholz demonstrierte seinen Willen, bürokratische Hemmnisse abzubauen und dabei auch auf die Opposition zuzugehen.

Merz lobt die Entschlossenheit und nennt die Ampel zugleich eine “Bedrohung für das Land”. Der Unionsfraktionschef sagte vor den Arbeitgebern, er habe den Eindruck, dass Scholz entschlossen sei, die Führung dieses Landes “mal zu übernehmen”, das sei keine schlechte Botschaft. Trotz der Bemühungen um eine Zusammenarbeit mochte Merz auf harte Kritik aber nicht verzichten und bezeichnete die Ampel als Gefahr für Deutschland: “Jede Sitzungswoche ist eine Bedrohung für dieses Land.” Von einem Teil der Unternehmer bekam er großen Beifall; aus der SPD kam Kritik. Die Fraktionsgeschäftsführerin Katja Mast sagte Bild, Merz gehe es immer wieder nur um Merz: “Dieser politische Egoismus und diese spalterische Selbstinszenierung muss aufhören.”

Verkehrseinigung: Ampel präsentiert sich als Team

Verkehrseinigung: Ampel präsentiert sich als Team. Wochenlang haben SPD, Grüne und FDP um Planungsbeschleunigung, LKW-Maut-Erhöhung und Straßenverkehrsgesetz gerungen. Nachdem es am Montag nach mehrstündigen Verhandlungen zu einer Verständigung gekommen ist, zeigt sich die Ampel-Koalition nun geschlossen wie selten. “Es muss nicht jede Debatte gleich als Streit gelabelt werden”, sagt FDP-Fraktionsvize Johannes Vogel. Die entscheidende Frage sei: “Steht am Ende ein Ergebnis, das der Größe der Aufgabe gerecht wird?” Und das sei der Fall. Auch Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden will die Frage, welche Partei sich in welchem Punkt durchgesetzt habe, gar nicht erst beantworten. “Gewonnen hat die Ampel als Team”, sagt sie. SPD-Fraktionsvize Detlev Müller betont ebenfalls die “Gesamtleistung” der Koalition bei der Einigung.

Große Änderungen an den Gesetzen gibt es nicht. Sowohl das Maut-Gesetz als auch das Straßenverkehrsgesetz sollen in dieser Woche exakt so vom Bundestag verabschiedet werden wie vom Bundeskabinett vorgeschlagen. Änderungen gibt es lediglich beim Planungsbeschleunigungsgesetz. Aber auch dort bleibt der Kern unverändert: Wie von der FDP gewünscht, wird nicht nur der Bau von Schienen und Brücken erleichtert, sondern auch von zahlreichen Autobahnerweiterungen. “Auch klimaneutrale Autos müssen auf guten Straßen und Autobahnen fahren”, sagt FDP-Mann Vogel dazu. Im Vergleich zum Kabinettsentwurf wurde allerdings durchgesetzt, dass die Liste der 138 ausgewählten Autobahnprojekte abschließend ist und nicht per Rechtsverordnung vom BMDV erweitert werden kann. Zudem wurden die Pläne, parallel zu den Autobahnen Solaranlagen zu erreichten, konkreter gefasst.

Dass die Verhandlungen so lange gedauert haben, lag an Vorbehalten in den Fraktionen. Während viele Grüne den beschleunigten Autobahnausbau kritisch sahen, gab es in der FDP Kritik am neuen Straßenverkehrsgesetz, das es Kommunen erleichtert, Fahrrad- und Busverkehr zulasten des Autoverkehrs zu fördern. Nun haben beide Fraktionen die Regierungspläne akzeptiert. Neben dem Wunsch, künftig geschlossener aufzutreten, gab es dafür einen weiteren starken Antrieb: Beide Vorhaben sind mit der Erhöhung der LKW-Maut verknüpft worden. Diese soll bereits im Dezember in Kraft treten – und an den mindestens 6 Milliarden Euro, die dadurch zusätzlich in den Haushalt fließen sollen und unter anderem den Ausbau des Schienennetzes finanzieren sollen, haben alle Koalitionspartner ein starkes Interesse.

  • Die Grünen
  • FDP
  • SPD
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. There is no Wirtschaft B. Mehr erfahren.

Presseschau von morgen

17. Oktober 2023 Presseschau

Zeit: Ramsauers Lobbytätigkeit. Der CSU-Abgeordnete Peter Ramsauer verstößt mit seiner Tätigkeit als Präsident der Deutsch-Arabischen Handelskammer gegen das Abgeordnetengesetz: Zu dieser Bewertung kommt die Transparenzorganisation Lobbycontrol. Christian Fuchs zeigt in seiner Recherche, wie der frühere Bundesverkehrsminister Geschäftsleuten hilft, mit der Bundesregierung ins Gespräch zu kommen. Bereits in der Vergangenheit hatte es Kritik an seinen vielen Nebentätigkeiten gegeben. (“Ein Ex-Minister als Türöffner“)

Krankenhausreform: Patienten müssen im Mittelpunkt stehen! Die Private Krankenversicherung ist mit 8,7 Mio. Vollversicherten und 6,5 Mio. Krankenhaus-Zusatzversicherungen ein wichtiger Kostenträger für die Kliniken. Bei der anstehenden Reform muss es zuallererst um die Qualität der Versorgung gehen. Welche Interessen der Patientinnen und Patienten dabei zu berücksichtigen sind, zeigt unsere Übersicht. (Mehr auf pkv.de)

Handelsblatt: Boombranche Raumfahrt. Die Bedeutung der Space Economy für die gesamte Industrie werde in den kommenden Jahren enorm zunehmen, schreibt Thomas Jahn. In einer neuen Studie der Unternehmensberatung Roland Berger, die der BDI in Auftrag gegeben hat, heißt es: Weltweit werde die Space Economy bis 2040 einen Markt von 1,25 Billionen Euro für Unternehmen aus den Bereichen Automotive, Gesundheit und Landwirtschaft eröffnen. Das globale Wachstum schätzt Roland Berger auf mehr als sieben Prozent pro Jahr. BDI-Präsident Siegfried Russwurm vergleicht das mit dem Aufstieg Chinas in den vergangenen Jahrzehnten. (“Die 1,25 Billionen-Euro-Chance”, Seite 18)

FAZ: Reform der Bundesnetzagentur. Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs will die Bundesregierung das Energiewirtschaftsgesetz ändern. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Bundesnetzagentur die Vorgaben und Preise für den Zugang zu Strom- und Gasnetzen eigenständig festlegen kann. 2021 hatte der Europäische Gerichtshof nach einer Klage der EU-Kommission geurteilt, die BNetzA sei nicht unabhängig genug. (“Mehr Macht für die Bundesnetzagentur”, Seite 16)

Tagesspiegel: Kermani über die Lage der Welt. Im Interview spricht der Autor Navid Kermani über sein neues Buch – aber auch über die politische Weltlage. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg sagt er etwa, in Politik und Öffentlichkeit werde zu wenig darüber nachgedacht, wie man noch einen Ausweg finden könne. Mit Blick auf den Iran hält er es zudem für möglich, dass es einen Bürgerkrieg gibt oder die Regierung einen Krieg nach außen beginnt. Zudem spiele dem Land die Attacke der Hamas auf Israel in die Hände. (“Es gibt keine saubere Lösung mehr”, Seite 16)

SZ: Klimafolgen der Cannabis-Legalisierung. Schon Anfang 2024 soll der Cannabis-Anbau in den eigenen vier Wänden legal werden. Erfahrungen aus den USA zeigen, dass die Legalisierung Hunderttausende Tonnen CO₂ freisetzen könnte. Pro Kilogramm Marihuana würden dort 5,2 Tonnen CO₂ freigesetzt, schreibt Jens Többen, das entspreche einem Hin- und Rückflug in die Karibik. In Deutschland werde der Cannabisbedarf auf 400 Tonnen geschätzt. Selbst wenn hier energieeffizienter angebaut würde, ist das eine relevante Größe (“Cannabis als Klimakiller”, Seite 17)

Nicht überlesen!

Tagesspiegel: Regierung verschwieg Gabriel-Treffen mit Habeck. Seit er nicht mehr Teil der Bundesregierung ist, ist Sigmar Gabriel unter anderem als Lobbyist für die Stahlindustrie tätig. Eine gemeinsame Recherche von Tagesspiegel und Abgeordnetenwatch zeigt, dass das Bundeswirtschaftsministerium ein Treffen mit Robert Habeck zweimal verschwiegen hat. Zuerst angefragt hatte ein Linken-Abgeordneter. Neunmal sprach Gabriel zudem Jörg Kukies, Chefberater von Olaf Scholz – und traf den Bundeskanzler zweimal auch selbst. (“Wie Sigmar Gabriel Lobbyarbeit für einen Stahlkonzern macht”, 29. September 2023)

Gesundheitswesen: Baden-Württemberg plant Verfassungsklage

Landesminister Manne Lucha (Grüne)

Gesundheitswesen: Baden-Württemberg plant Verfassungsklage. Landesgesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) hat angekündigt, gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) notfalls vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Hintergrund ist eine neue Richtlinie des G-BA für die Behandlung von Frühchen, über die Table.Media berichtet hatte. “Das ist keine Qualitätsvorgabe mehr, sondern ein Eingriff in die krankenhausplanerische Autonomie der Länder”, sagte Lucha, zugleich Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz, im Interview mit Table.Media. Das oberste Selbstverwaltungsorgan im Gesundheitswesen ist für Qualitätssicherung und Preisfindung in der Medizin zuständig. Lucha bezeichnet es als “Dinosauriergremium”. Weil sich im G-BA oft die Kassen auf der einen und Krankenhäuser und Ärzte auf der anderen Seite gegenseitig blockierten, entscheide dann der Vorsitzende des G-BA. “Josef Hecken vereint damit eine große Machtfülle auf sich”, kritisiert Lucha. “Ihm scheint es egal zu sein, wer unter ihm Bundesgesundheitsminister oder Länderminister ist.”

Über Lauterbachs umstrittenes Transparenzgesetz seien die Länder im “intensiven Pingpong”. So wie ursprünglich geplant, wäre es mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundesrat durchgefallen. “Karl Lauterbach kommt uns sukzessive entgegen, er ist halt auch ein Scheibchenverhandler.” Für die Krankenhausreform habe man sich auf 65 einheitliche Leistungsgruppen geeinigt, das sei ein “dickes Brett”. Als Grund für die Krankenhausreform nennt Lucha die knappe Ressource Personal. In fünf bis zehn Jahren müssten die Kliniken mit bis zu 30 Prozent weniger Personal mindestens genauso viele Menschen behandeln müssen wie jetzt. Lucha warnt: “Wenn heute ein Pfleger oder eine Ärztin sagt: ‘Ich hab’ die Schnauze voll!’, dann nimmt der Arbeitsmarkt sie in verwandten Branchen sofort mit Kusshand.” Wie der gelernte Krankenpfleger die Pflege reformieren würde und wieso Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nicht erleuchtet sei, lesen Sie im Interview von Annette Bruhns.

  • Gesundheitswesen
  • Karl Lauterbach
  • Krankenhausreform

Kanzler in Nahost: Tag der Extreme

Kanzler in Nahost: Tag der Extreme. Ernste Gesichter, gedrückte Stimmung und eine heikle Mission – es ist die wohl schwierigste Reise seiner Amtszeit, auf der sich der Bundeskanzler gerade befindet. In Tel Aviv beschrieb ihm Premier Benjamin Netanyahu noch einmal en détail das Grauen, das sich am vorvergangenen Samstag im Land ereignet hat. Es ging um die militärische Antwort der Israelis, es ging um die drohende Eskalation, die keiner will, es ging um die Geiseln. Und weil jedes Wort vermessen wird, las der Kanzler sein Statement in der anschließenden Pressekonferenz ab. Natürlich versicherte er den Israelis die unbegrenzte deutsche Solidarität. Er machte aber auch sehr deutlich, dass die Bundesregierung gewillt ist, ihr humanitäres Engagement in Gaza fortzusetzen. Olaf Scholz: “Die humanitäre Not in Gaza lässt uns nicht gleichgültig.” Und zu den palästinensischen Zivilisten sagte er, neben Netanyahu stehend: “Unsere Sorge gilt auch ihnen.” Kurz danach: Raketenalarm – mehrfach wurden Kanzler und Entourage in den Schutzraum der deutschen Botschaft gebeten. Vor der Botschaft hatten ihn Angehörige und Freunde der Geiseln mit Transparenten empfangen: “Only Scholz can help.” Nach einer Unterredung mit den Angehörigen wollte der Kanzler am Abend weiter nach Kairo fliegen.

In Ägypten am Mittwoch dürfte der Kanzler ähnliche Sätze hören wie am Dienstagmorgen im Kanzleramt. Dort hatte er den jordanischen König Abdullah II. getroffen. Scholz warb für eine politische Perspektive im Nahen Osten – “Palästinenser und die arabischen Länder müssen zusammenkommen”. Der König seinerseits widersprach, diplomatisch verpackt, aber in der Sache sehr entschieden: Niemand in der Region wolle mit den Palästinensern zu tun haben. Er selbst nicht, und auch nicht der ägyptische Präsident in Kairo. Der König: “Das ist eine rote Linie.” Seine wörtliche Botschaft: “Keine Flüchtlinge nach Jordanien und auch keine Flüchtlinge nach Ägypten!” Die Situation müsse innerhalb Gazas und des Westjordanlands gelöst werden – “man muss das nicht auf den Schultern anderer austragen”.

  • Israel
  • Olaf Scholz

Prunk-PR? Bund der Steuer­zahler feuert gegen Image­pflege in der Politik. +++ Netz­­werker: “Manager Magazin”-Chefredakteur Sven Oliver Clausen wechselt an die RND-Spitze. +++ Leselahm: Laut ARD/ZDF-Studie lesen nur noch 58 % der Befragten redaktionelle Texte.

turi2 – das Wichtigste aus der Medienwelt. 2x täglich.  Kostenlos. turi2.de/newsletter

Palästinensertuch: Jurist kritisiert Berliner Senatorin

Palästinensertuch: Jurist kritisiert Berliner Senatorin. Der Schulrechtsexperte Michael Wrase hält den Brief von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) an Berliner Schulen für Symbolpolitik. “Free-Palestine-Sticker oder ein Palästinensertuch können nicht pauschal als Unterstützung der Hamas oder als Propaganda gewertet werden”, sagte Wrase Table.Media. Der Jurist am Wissenschaftszentrum Berlin betonte, dass aus dem Schulrecht bereits jetzt klar hervorgehe, dass die propagandistische Unterstützung oder Billigung des Terrorangriffs der Hamas Maßnahmen nach sich zieht. Das Schulrecht könne die Schulsenatorin Günther-Wünsch auch nicht einfach ändern. “Faktisch werden Schulen den Brief aber als Anordnung verstehen. Das wird auch Unsicherheit schaffen, wie man sich in konkreten Fällen richtig verhält.”

Berliner Schulen können neuerdings verbieten, ein Palästinensertuch zu tragen, oder auch Sticker mit “Free Palestine” und Landkarten, die Israel in den Farben Palästinas zeigen. Das geht aus einem Brief der Bildungssenatorin an die Schulen hervor. Eigentlich sind diese Symbole und Handlungen nicht strafbar. Allerdings gefährdeten sie aktuell den Schulfrieden, schreibt Günther-Wünsch, die auch Präsidentin der Kultusministerkonferenz ist. Weiter heißt es in dem Brief: “Die Vermeidung politischer und religiös-weltanschaulicher Konflikte in Schulen stellt ein gewichtiges Gemeinschaftsgut dar, welches eine Einschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigt.” Trägt ein Schüler trotz Verbots etwa ein Palästinensertuch, könne die Schule mit Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen reagieren. Welche negativen Effekte der Brief für das Schulklima haben könnte, lesen Sie im Bericht von Kira Münsterberg und Anna Parrisius im Bildung.Table.

Reform des Strommarktes: EU einigt sich

Reform des Strommarktes: EU einigt sich. Die Energieminister der EU haben sich am Abend zwar auf eine gemeinsame Position zur Reform des Strommarktes geeinigt. Nach wie vor ist aber unklar, wie stark Frankreich dank seiner alten Atommeiler den Strompreis für die eigene Industrie subventionieren kann. Zwar gilt der nun geeinte Artikel im EU-Regelwerk zur Förderung und Gewinnabschöpfung von Kraftwerken nur für Neuanlagen. In einem vorangestellten Erwägungsgrund wird den Mitgliedstaaten aber doch die Möglichkeit eingeräumt, auch die Laufzeitverlängerung alter Kraftwerke über sogenannte Differenzverträge zu fördern. Deutschland und seine Verbündeten hatten argumentiert, dass Frankreich dann milliardenschwere Einnahmen zugunsten der Industrie ausschütten könnte. 

Das BMWK hatte sich weitgehend erfolglos für klare Kriterien eingesetzt, nach denen die Subventionen begrenzt werden sollten. Stattdessen soll die EU-Kommission nun nach den üblichen Wettbewerbsregeln entscheiden. Der Verhandlungsführer der Grünen im Europaparlament, Michael Bloss, kündigte am Abend Widerstand für den anstehenden Trilog an. “Wir werden die Schlupflöcher für Frankreichs marode Atommeiler und Polens dreckige Kohleschleudern nicht hinnehmen”, sagte er. Mehr dazu lesen Sie in der Analyse von Manuel Berkel im Europe.Table.

Aus den Professional Briefings

17. Oktober 2023 Professionals

Europe.Table: Vor dem Machtwechsel in Polen Die polnische Europaabgeordnete und Publizistin Róża Maria Gräfin von Thun und Hohenstein fordert im Interview mit Table.Media eine Kursänderung der polnischen EU-Politik. Nachdem die offiziellen Wahlergebnisse nun vorliegen, seien die Chefs der proeuropäischen Parteien “dazu verdammt, gut zusammenzuarbeiten”. Auf welchen Feldern das gelingen könnte, lesen Sie hier.

Bildung.Table: Deutsch flop, Englisch top. Der neue IQB-Bildungstrend zeigte ein überraschendes Ergebnis: Neuntklässler waren in Deutsch sehr viel schlechter als in Englisch. Was ein Deutsch- und Englischlehrer dazu sagt und was der Trend mit Fabeln und der Fifa zu tun hat, lesen Sie hier.

China.Table: Putin bei Xi. Dem russischen Präsidenten wird auf dem Jubiläumsgipfel der “Neuen Seidenstraße” der rote Teppich ausgerollt – obwohl er wegen Kriegsverbrechen mit internationalem Haftbefehl gesucht wird. Was das über Wladimir Putin, den Zustand der Neuen Seidenstraße und über das China unter Xi Jinping aussagt, lesen Sie hier.

ESG.Table: Transport-Lieferkette im Visier. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) untersucht Verstöße gegen das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Im Visier des Amts waren jetzt 58 Unternehmen, die Waren auf LKW transportierten, deren Fahrer wegen Arbeitsrechtsverletzungen gestreikt hatten. Warum die BAFA “negativ überrascht” war, lesen Sie hier.

Morgeninterviews am 18. Oktober

17. Oktober 2023 Morgeninterviews am 18. Oktober

Deutschlandfunk

ca. 6:50 Uhr: Norbert Röttgen, MdB (CDU): Krisendiplomatie auf richtigem Weg?

ca. 7:14 Uhr: Mirjana Spoljaric Egger, Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz: Lage der Zivilisten im Gazastreifen

ca. 8:10 Uhr: Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister: Kontrollierter Cannabis-Verkauf

ZDF

7:10 Uhr: Salah Abdel Shafi, palästinensischer Botschafter in Österreich: Situation im Gazastreifen/Hamas

8:10 Uhr: Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz: Reise von Bundeskanzler Scholz nach Israel/Wege aus dem Konflikt

rbb24-Inforadio

ca. 7:05 Uhr: Eckart Woertz, Giga-Institut für Nahost-Studien: Grenzen und Möglichkeiten der Diplomatie

ca. 7:25 Uhr: Christoph Neuberger, Freie Universität Berlin: Zukunft des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks

ca. 9:05 Uhr: Georg Wurth, Deutscher Hanfverband: Erste Lesung des Cannabis-Gesetzes im Bundestag

ca. 9:25 Uhr: Lars Neeb, Helios Global Health Berlin: Volkskrankheit Kopfschmerzen

Ukraine: Lichtteppich soll Verwundeten helfen

Ukraine: Lichtteppich soll Verwundeten helfen. Das ukrainische Verteidigungsministerium hat 2.000 Exemplare eines sogenannten Lichtteppichs beim Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) bestellt. Es handelt sich dabei um eine LED-Lichtmatte, wie sie seit einigen Jahren auch beim Fernsehen zum Einsatz kommt. Die mobile Lichtquelle namens “faLKE” wurde in dem Berliner Innovationshub als sogenanntes dual use-Produkt an die Bedürfnisse des Kommandos Spezialkräfte Marine angepasst. Sie soll vor allem dabei helfen, Verwundete unter schlechten Lichtbedingungen zu behandeln. Sven Weizenegger, Leiter des Innovationshubs, bezeichnete die Bestellung im Rahmen der Ertüchtigungsinitiative für die Ukraine als “Meilenstein”. “Es ist das erste Innovationsvorhaben des CIHBw, mit dem wir die ukrainischen Streitkräfte bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg unterstützen können”, so Weizenegger per LinkedIn. Eine Teillieferung soll noch im Dezember in die Ukraine gehen. Die Lichtteppiche funktionieren ohne Anbindung an das Stromnetz, sind robust, und können auf Taschenformat zusammengefaltet werden, daher der Name “faLKE” (Flexibel adaptierbare Lichtversorgung für mobile Kräfte im Einsatz).

  • Bundeswehr

Linke: Dietmar Bartsch führt Fraktion künftig alleine

Linke: Dietmar Bartsch führt Fraktion künftig alleine. Die Co-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali will den Posten zum 25. Oktober abgeben. Die Fraktion einigte sich bei ihrer Sitzung am Dienstag einstimmig darauf, dass Bartsch auf unbestimmte Zeit Vorsitzender bleibt. Mohamed Ali zählt als Wagenknecht-Vertraute zu denen, die die Partei verlassen könnte, wenn Sahra Wagenknecht eine neue Partei gründen sollte. Dass die Fraktion danach weiterhin Bestand hat, ist unwahrscheinlich. Bei der vorgezogenen Wahl im September hatte sich die Fraktion nicht auf neue Vorsitzende einigen können. Bartsch dürfte nun derjenige sein, der die Abwicklung der Fraktion und die Umwandlung in eine Gruppe managen muss.

Heads

17. Oktober 2023 Heads

FAZ: Bachs Mann für Olympia. Michael Mronz ist in das Internationale Olympische Komitee (IOC) gewählt worden. Der Sportmanager ist der Witwer des früheren FDP-Chefs und Außenministers Guido Westerwelle.

Geburtstage

17. Oktober 2023 Geburtstage

Mittwoch, 18. Oktober

Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, 44 / Wolfgang Wonneberger, Abteilungsleiter im Bundesarbeitsministerium, 62 / Daniel Kriener, Botschafter in Venezuela, 63 / Tobias Bacherle, MdB (Grüne), 29 / Helge Braun, MdB (CDU), 51 / Sebastian Brehm, MdB (CSU), 52 / Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei in Schleswig-Holstein, 45 / Erwin Sellering, ehemaliger Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, 74 / Michael Stich, ehemaliger Tennisspieler, 55 / Pola Roy, Musiker, 48 / Karl Nehammer, Bundeskanzler Österreichs, 51

Nachttisch

17. Oktober 2023 Nachttisch

Unser Tipp führt Sie heute in die Welt des Hörens. Im Oktober vor 100 Jahren wurde aus Berlin die erste Radiosendung des Landes ausgestrahlt. Seitdem hat das Medium die deutsche Kultur auf vielfache Weise geprägt: als Propaganda-Instrument, als Fußball-Liveticker – oder einfach als Möglichkeit, um die neueste Musik zu hören. Diese Podcast-Serie zeigt in 15 Folgen mit vielen Originalaufnahmen, wie der Rundfunk den “Gang der Geschichte” beeinflusste.

Radio macht Geschichte | ARD

17. Oktober 2023 Verabschiedung

Das war’s für heute. Das nächste Late-Night-Memo erhalten Sie am Mittwochabend.

Good night and good luck!

Der Berlin.Table ist das Late-Night-Memo für die Table.Media-Community.

PS: Wenn Ihnen der Berlin.Table gefällt, empfehlen Sie uns bitte weiter. Wenn Ihnen diese Mail weitergeleitet wurde: Hier können Sie sich für das Late-Night-Memo kostenlos anmelden.

Berlin.Table Redaktion

BERLIN.TABLE REDAKTION.

Licenses:

    Briefings wie Berlin.Table per E-Mail erhalten

    Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

    Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

    Anmelden