wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.
Auch heute dominieren die dramatischen Ereignisse vom Wochenende die Nachrichten: Angesichts der schockierenden Details über den Angriff der Hamas auf Israel wird die Diskussion über die politischen Konsequenzen auch in Deutschland konkreter: So appelliert etwa die ehemalige Grünen-Fraktionsvorsitzende und Nahost-Kennerin Kerstin Müller an ihre Parteifreundin Annalena Baerbock, Hilfsgelder für Palästinenser an Bedingungen zu knüpfen, die kaum zu erfüllen sein dürften.
Konsequenzen erfordert auch das starke Abschneiden der AfD in Bayern und Hessen. Besonders alarmierend ist dabei, dass diesmal auch viele jüngere Menschen die im Kern rechtsextreme Partei gewählt haben – was daran erinnert, wie sehr die Politik deren Interessen vernachlässigt hat. In einem Gastbeitrag fordert der renommierte Jugendforscher Klaus Hurrelmann eine Reaktion der demokratischen Parteien – sie müssten die Bedürfnisse der Jüngeren dringend stärker einbeziehen und sich um bessere Beteiligungsformen bemühen, gerade auf digitalen Plattformen. Beim Stiftungsgesetz sind sich die Ampel-Parteien sich zumindest mit der Union darin einig, die Hürde für Staatsgelder an die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung ziemlich hoch anzusetzen.
Wir wünschen eine erkenntnisreiche Lektüre.
Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Annette Bruhns, Enno Eidens, Damir Fras, Horand Knaup, Franziska Klemenz, Malte Kreutzfeldt, Stephan Israel, Henrike Schirmacher, Daniel Schmidthäussler und Falk Steiner mitgewirkt.
Wir freuen uns über Ihr Interesse.
Israel I: Klare Bedingungen für Zahlungen an Palästinenser. Die frühere Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller, fordert, die Auszahlung von Geld für Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe an palästinensische Gruppen an klare Bedingungen zu knüpfen. “Deutschland und die EU sind in der Vergangenheit bisweilen sehr naiv vorgegangen”, sagte Müller Table.Media. “Man muss die Adressaten für humanitäre Hilfsleistungen und Entwicklungshilfe überprüfen und die Auszahlung an klare Bedingungen knüpfen. Das ist bislang nicht geschehen.” Die Grünen-Politikerin ist eine Kennerin des Konflikts. Sie leitete fünf Jahre das Israel-Büro der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv.
Die Bedingungen, die Müller nennt, sind weitreichend. Dazu gehörten “Verzicht auf Gewalt, die Anerkennung des Existenzrechts Israels und das nachprüfbare Bekenntnis, eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel anzustreben.” Es werde nicht leicht, diese Forderungen zu erfüllen, so Müller: “Aber das Ausmaß der Terrorangriffe auf Israel lässt uns gar keine andere Wahl.” Nach dem BMZ, das bereits eine Überprüfung der Entwicklungsgelder in Höhe von rund 250 Millionen Euro für dieses und kommendes Jahr angekündigt hat, müsse auch das AA die humanitäre Hilfe auf den Prüfstand stellen. Müller: “Denn leider kommt auch die humanitäre Hilfe nicht immer dort an, wo sie eigentlich landen sollte. Es gibt zahlreiche Vorfeldorganisationen von Terrorgruppen wie Hamas, die humanitäre Hilfe erhalten, mit dem Geld aber die Extremisten manchmal indirekt unterstützen.” Das AA von Außenministerin Annalena Baerbock will seine Zahlungen zwar überprüfen, hält jedoch grundsätzlich an ihnen fest. Für dieses Jahr sind dafür 72 Millionen Euro eingeplant.
Israel II: EU-Staaten wollen Palästinenser-Unterstützung nicht stoppen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich nach einer Dringlichkeitssitzung der Außenminister klar von EU-Kommissar Olivér Várhelyi distanziert und sieht dabei auch die Mitgliedstaaten hinter sich: Die Kommission plane zwar, die finanzielle Unterstützung für die Palästinenser zu überprüfen. Der Chefdiplomat stellte dies aber als Formalität dar. Es gehe darum, sich noch einmal zu vergewissern, dass keine EU-Mittel bei der Hamas landeten. Zusammenarbeit und Hilfe für die Palästinenserbehörden müssten aber fortgesetzt werden. Es werde keine Suspendierung der Mittel geben. Abgesehen von “zwei oder drei Mitgliedstaaten” hätten alle Außenminister diese Position unterstützt, betonte Borrell. Am Dienstag hatte der Kommissar für Nachbarschaft Várhelyi eigenmächtig und nicht abgesprochen angekündigt, dass die EU ihre Zahlungen an die Palästinenser einstelle.
Stattdessen könnte die Hilfe sogar ausgeweitet werden. Die Außenminister der EU-Staaten waren in Oman am Rande eines schon länger geplanten Treffens mit den Golfstaaten zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen, ein Teil per Video zugeschaltet. Er werde sich persönlich dafür einsetzen, dass die Überprüfung der Zahlungen möglichst schnell geschehe, sagte Borrell. Diese Überprüfung dürfe aber keine Entschuldigung sein, um Zahlungen an die palästinensischen Behörden zu verzögern. Diese seien die Partner der EU, nicht die Hamas in Gaza. Für den Außenbeauftragten wäre es ein großer Fehler, die Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde auf der Westbank zu stoppen: Eine kollektive Bestrafung aller Palästinenser wäre nicht nur unfair und kontraproduktiv, sondern auch “ein Geschenk an die Hamas”, betonte Borrell. Er wisse nicht, wann die nächsten Zahlungen fällig seien. Die EU werde aber in Zukunft mehr Hilfe leisten müssen, nicht weniger. Mehr zum Thema lesen Sie im Europe.Table.
Israel III: Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Hamas. Die Terrorangriffe der Hamas auf Israel sind nun auch ein Fall für die Justiz in Deutschland. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe eröffnete ein Ermittlungsverfahren “gegen unbekannte Mitglieder der Hamas wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung”, so eine Sprecherin der Anklagebehörde. Die Terrorgruppe Hamas steht im Verdacht, während der Attacken auf Israel auch deutsche Staatsbürger getötet oder verschleppt zu haben. Das Auswärtige Amt in Berlin geht davon aus, dass es sich um Menschen handelt, die neben der deutschen auch die israelische Staatsangehörigkeit haben.
Zeit Online/Kontraste: CDU erstattet Selbstanzeige. Die Bundesgeschäftsstelle hat sich wegen einer mutmaßlich illegalen Parteispende selbst bei der Bundestagsverwaltung angezeigt. Es geht um mehr als 50.000 Euro, die eine inzwischen insolvente Immobilienfirma 2017 dem Kölner Stadtverband spendete. Hintergrund ist der etwaige Bezug zu einem Bauprojekt der Firma, die die Vorwürfe zurückweist. Der Bundestag muss nun prüfen, ob der mögliche Verstoß den damaligen CDU-Verantwortlichen hätte auffallen müssen. (“Korruptionsverdacht bei Kölner CDU”)
Heute startet die Aktionswoche Seelische Gesundheit. Unter dem Motto “Zusammen der Angst das Gewicht nehmen” setzt sie sich in diesem Jahr mit Ängsten in Krisenzeiten auseinander. Die Initiatoren rufen zum Austausch und gegenseitiger Unterstützung auf. Informationen sowie Hilfestellungen rund um Ängste und andere psychische Probleme bietet auch die PKV-“Stiftung Gesundheitswissen” auf ihrer Internetseite. (Mehr)
SZ: CSU und Freie Wähler rangeln um Kabinett. Während Markus Söder acht von elf Ministerien bei seiner CSU halten will, beanspruchen die Freien Wähler aufgrund ihres Zuwachses ein größeres Stück vom Kabinetts-Kuchen. Ein Autorenteam zählt auf, wen Söder und Hubert Aiwanger halten oder holen wollen – und welchen selbst oder von außen auferlegten Zwängen Bayerns Führungsduo bei den anstehenden Personalentscheidungen gerecht werden muss. (“Ein Platz an Söders Tafelrunde”, Seite 24)
Tagesspiegel: Ex-Grünen-Chef meldet sich zu Wort. Nach den Landtagswahlen müssten sich alle drei Ampel-Partner fragen, was sie verändern wollen, sagt Fritz Kuhn im Interview. Er sieht eine “letzte Chance, um neu anzufangen”. Beim Heizungsgesetz sei seine Partei “in die Muster der Veggie-Day-Debatte zurückgefallen” und müsse sich allgemein auch Attacken trauen, so der ehemalige Oberbürgermeister von Stuttgart. Ihm zufolge muss Robert Habeck zudem auch mal alleine entscheiden können. (“Habeck braucht mehr Prokura”, Seite 5)
FAZ: Deutsch-französische Baustellen. Bei der ersten gemeinsamen Kabinettsklausur ging es neben der Lage in Israel um Themen wie KI – und die in Frankreich für Aufsehen sorgenden Schließungen von Standorten des Goethe-Instituts. Bis Ende Oktober soll außerdem ein deutsch-französischer Kompromiss in Sachen Strommarkt-Reform auf EU-Ebene stehen. (“Den ‘Geist von Hamburg’ spüren”, Seite 2)
Nicht überlesen!
SZ: Spaltung der Gesellschaft? So einfach sei es nicht, sagt der Soziologe Steffen Mau im Interview. Er stelle eher eine “Radikalisierung der Ränder” fest. Es gebe “Sollbruchstellen” in der öffentlichen Debatte, bei denen sachliche in emotionale Diskussionen umschlagen. Das Problem: Die Parteien selbst trügen dazu bei, weil sie sich permanent darum bemühen müssten, Alleinstellungsmerkmale zu schaffen. (“Die Debatte ums Klima könnte ein Megakonflikt werden”, 5. Oktober 2023)
Zeit Online: Eine Freie-Wähler-Kandidatin, die aus dem Image fällt. Martin Hogger hat eine Kandidatin der Freien Wähler porträtiert, die nicht ins Aiwanger-Image der Partei passt. Maria Hörtrich hat ihren Job als Erzieherin gekündigt, ihr Erspartes ausgegeben, Tausende Flyer verteilt und Wahlwerbebier brauen lassen – es ist ihr Ernst. Ideale scheinen die einstige Schützenkönigin vom Dorf angetrieben zu haben. Und ihr Widerspruch gegen die Behauptung, ihre Partei quetsche sich zwischen CSU und AfD. Sie sieht sich eher zwischen CSU und SPD – trotz Aiwanger. (“Die Sache mit dem Hubert”, 7. Oktober 2023)
Ataman: Bundesregierung soll Musk-Netzwerk X verlassen. Die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, hat die Bundesregierung zum Verlassen von X, vormals Twitter, aufgefordert und verlässt selbst das soziale Netzwerk. Das hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Table.Media bestätigt. Ataman kritisiert in einem Schreiben an den Regierungssprecher und Chef des Bundespresseamts, Steffen Hebestreit, die Plattformbetreiber massiv. Darin wird auf die mangelhafte Durchsetzung geltenden Rechts auf der Plattform hingewiesen. Zudem greift die Antidiskriminierungsbeauftragte auch Elon Musk selbst an: “Musk verbreitet selbst Hate Speech und stellt trans Menschen, Menschen mit Behinderung, queere Menschen und/oder Schwarze Menschen bloß. Auch beteiligt er sich aktiv an der Verbreitung von antisemitischen Verschwörungserzählungen und Desinformationskampagnen”, schreibt Ataman.
Musks Plattform X könne daher kein Umfeld für Regierungskommunikation sein. Es sei “zunehmend fragwürdig, ob Regierungs- und staatliche Behörden Öffentlichkeitsarbeit auf einer Plattform betreiben sollten, die zu einem Desinformations-Netzwerk geworden ist und dessen Eigentümer antisemitische, rassistische und rechtspopulistische Inhalte teilt oder verbreitet”, heißt es in dem Schreiben. Ihre Antidiskriminierungsstelle habe als staatliche Institution eine Vorbildfunktion, sagt Ataman. Ein Verbleib auf X sei nicht länger vertretbar. Ataman hat jedoch kein Weisungsrecht gegenüber der Bundesregierung, kann diese also zum Verlassen der Plattform nur aufrufen.
Die Migration zu Bluesky ist bereits im Gange. Teile der Bundesregierung und der Minister haben sich zwischenzeitlich einen Bluesky-Account zugelegt; die twitter-ähnliche Plattform ist derzeit das Hauptziel der Migration von X. Auch Ataman hat sich dort ein Profil angelegt – allerdings bislang ohne Aktivität. Ob Bluesky für öffentliche Stellen eine geeignete Plattform ist, wird sich erst noch zeigen müssen. “Bisher ist es nur in einer Beta-Version verfügbar, was darauf schließen lässt, dass es hier noch Anpassungen geben wird”, sagt der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber auf Anfrage von Table.Media. “Dabei gilt für diese Plattform wie für alle anderen auch, dass sie sich an die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung und weitere datenschutzrechtliche Vorgaben halten muss.” Die weitere Entwicklung werde von den Datenschutzaufsichtsbehörden verfolgt.
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SZ: Israel bereitet offenbar Offensive vor
FAZ: EU fürchtet Stärkung der Hamas bei Einstellung von Finanzhilfen
Tagesspiegel: Scholz fordert humanitäre Hilfe für den Gazastreifen
Handelsblatt: IWF-Konjunkturprognose: Nur Deutschland schrumpft
Sächsische Zeitung: Sachsen will Chipkarten für Asylbewerber
Zeit Online: Gaza wäre ein “360-Grad-Schlachtfeld”
Spiegel: Israels Vergeltungsschläge in Gaza: “Es gibt keinen sicheren Ort”
RND: Ausreise geglückt: Leipziger Theatergruppe kehrt aus Israel zurück
T-Online: Thomas Tuchel und die Bayern: Wie lange noch, bis es aus ihm rausplatzt?
Business Insider: “Ich umarmte meine Kinder, als wäre es das letzte Mal”: So rettete eine Mutter aus Israel ihre vier Kinder vor dem Hamas-Terror
Zeit Online: Hamas droht mit Hinrichtungen, Israel greift Ziele im Libanon an
Welt: Krieg in Israel: Der Zentralrat der Muslime muss endlich isoliert werden
FAZ: Lindner: IWF-Prognose muss ein Weckruf sein
Handelsblatt: Drei Gründe für das plötzliche Ende der Preisrally
FDP-Wahlnachlese: Abkehr vom üblichen Ritual. Um es einen Kurswechsel zu nennen, sind die Veränderungen wohl noch etwas zu zaghaft. Doch während es nach den fünf verlorenen Landtagswahlen zuvor meist hieß, das Profil der FDP müsse stärker geschärft werden, klingt das nach Wahlschlappen sechs und sieben in Bayern und Hessen jetzt anders. Parteichef Christian Lindner erklärte am Montag: “Die Parteien der Ampel werden nicht individuell bewertet, sondern die Ampel als Ganzes.” Und weiter: “Die Koalition insgesamt muss ihre Arbeit kritisch reflektieren, damit wir insgesamt erfolgreich werden.” Nicht “gemeinsam” zwar, sondern “insgesamt”, aber immerhin.
Zur Stimmung in der ersten Fraktionssitzung nach dem doppelten Wahldesaster hieß es von mehreren Teilnehmern nur “kein Kommentar”. Fraktionschef Christian Dürr hatte am Dienstag kurz zuvor den nun einzuschlagenden Pfad so beschrieben: Die Antwort auf diese Wahlen müsse diesmal “inhaltlicher” sein als sonst. Ob die Abgeordneten rund um Frank Schäffler mit eingebunden werden können, war nicht auszumachen. Vorstands-Vize Wolfgang Kubicki, der am Sonntag die altbekannte Losung ausgegeben hatte, so könne es nicht weitergehen, schien unmittelbar vor der Fraktionssitzung auf Nachfrage seine Haltung jedenfalls nicht geändert zu haben und wischte Fragen wirsch beiseite.
Derweil wird immer wahrscheinlicher, dass zumindest Teile des Koalitionsvertrags noch einmal neu verhandelt werden – spätestens beim Treffen der Koalitionsspitzen am 20. Oktober. Lindner betreibt bereits Erwartungsmanagement: Eine einzelne Sitzung werde dafür nicht ausreichen, heißt es. Inhaltlich werde es dann vor allem um Migrationspolitik, Klimapolitik “mit Augenmaß” und Entbürokratisierung gehen.
Stiftungsgesetz: Kein Geld für Verfassungsfeinde. Nach monatelangen Verhandlungen – innerhalb der Ampel, aber auch mit den Fraktionen von Union und Linkspartei – steht eine Mehrheit für ein neues Stiftungsgesetz. Zuletzt hatte die Union sich geweigert, einen Antrag gemeinsam mit der Linkspartei in den Bundestag einzubringen, und die FDP wollte die Landtagswahlen in Hessen und Bayern abwarten. Doch nun soll noch diese Woche die erste Lesung stattfinden. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Bundestag zu einer Novelle genötigt. Die AfD wollte ihre Desiderius-Erasmus-Stiftung ebenfalls gefördert wissen und hatte in Karlsruhe geklagt. Das Gericht hatte den Bundestag daraufhin zu präzisen Kriterien für den Anspruch auf öffentliche Mittel verpflichtet.
Die AfD ist noch nicht förderfähig. Ganz leicht wollten es die etablierten Parteien den Rechtsnationalen dabei nicht machen. Voraussetzung für Steuergelder ist, dass die der Stiftung nahestehende Partei mindestens dreimal hintereinander in Fraktionsstärke in den Bundestag eingezogen ist. Dies träfe auf die AfD, die erst seit 2017 in den Bundestag einrückte, derzeit nicht zu. Der FDP, die 2013 aus dem Bundestag gefallen war, wurde ein Sonderpassus zugestanden. Außerdem sieht der Entwurf vor, die geförderten Stiftungen müssten “für die freiheitlich demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv” eintreten. Abgelehnt wird eine Förderung, wenn “eine in der Vergangenheit liegende Stiftungsarbeit, die nicht der Förderung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie dem Gedanken der Völkerverständigung diente”, zu erkennen ist.
Die im Haushalt veranschlagten Mittel werden im Verhältnis der Wahlergebnisse der letzten vier Bundestagswahlen auf die Stiftungen verteilt. Hinzu kommt ein geringer Sockelbetrag in Höhe von einem Prozent der Gesamtmittel, der die Grundbedürfnisse abdecken soll, darunter Teilkosten für Verwaltung und Digitalisierung. Über diesen Sockelbetrag und die Zahl der Bundestagswahlen, die zur Berechnung herangezogen werden, war lange gerungen worden. Einer der sozialdemokratischen Architekten des Gesetzentwurfs, Johannes Fechner, sagte zu Table.Media: “Wir werden mit einer breiten Mehrheit im Bundestag regeln, dass Verfassungsfeinde keine Steuermittel für ihre demokratiefeindliche Arbeit bekommen.”
Europe.Table: Kampf gegen Greenwashing. In Europa gibt es 230 Produktlabels mit Angaben zu positiven Umwelt- und Klimaauswirkungen. Doch vielfach schmückt das Etikett “klimaneutral” die Produkte zu Unrecht. Die Kommission will jetzt gegen das sogenannte Greenwashing vorgehen. Dafür schlägt sie zwei Gesetzestexte vor. Was die Behörde plant, lesen Sie hier.
China.Table: Tennisverband knickt ein. Geld schlägt Werte: Das gilt auch im Tennis. Obwohl die ehemalige chinesische Wimbledonsiegerin im Doppel, Peng Shuai, weiterhin verschwunden bleibt, ist der internationale Verband WTA mit seinem Turnier nach China zurückgekehrt. Wie das Beispiel Schule machen könnte, lesen Sie hier.
China.Table: Taiwans Präsidentin will Status quo erhalten. Taiwan war einst einer der wichtigsten Partner der Volksrepublik. Kapital und Firmenwissen von der Insel waren auf dem Festland hochwillkommen. Heute braucht China Taiwan nicht mehr – und verhaftet inzwischen auch taiwanische Staatsbürger. Warum Präsidentin Tsai Ing-wen dennoch fast verzweifelt zur Mäßigung aufruft, lesen Sie hier.
Bildung.Table: Wie Schulen mit dem Krieg in Israel umgehen sollten. Einige Bildungsminister wollen die Terrorangriffe auf Israel im Unterricht thematisieren. Die Unsicherheit bei Lehrkräften ist groß. Experten, die Erfahrung im Umgang mit Antisemitismus an Schulen haben, geben Tipps. Was Lehrer auf keinen Fall machen sollten, lesen Sie hier.
ESG.Table: RNE für bedingten Industriestrompreis. Reiner Hoffmann, Chef des Rates für nachhaltige Entwicklung (RNE), spricht sich für einen Industriestrompreis aus. Welche Bedingungen begünstigte Unternehmen Hoffmanns Ansicht nach erfüllen sollen, lesen Sie hier.
ESG.Table: Weltbank wird zur Transformationsbank. Bei der Jahrestagung von Weltbank und IWF geht es um die Erweiterung der Aufgaben der Weltbank um das Thema Transformation. Damit dürfte der Kapitalbedarf ansteigen. Welche Sorgen sich ärmere Länder deswegen machen, lesen Sie hier.
Standpunkt: Demokratische Parteien brauchen bessere Angebote für Jüngere. Nachdem die AfD bei den jüngsten Landtagswahlen sowohl bei den Unter-25- als auch den Unter-35-Jährigen stark zugelegt hat, müssen sich die demokratischen Parteien stärker um diese Gruppe bemühen: Das fordert der Jugendforscher Klaus Hurrelmann in einem Gastbeitrag für Table.Media. Einerseits brauche es dazu zeitgemäße Beteiligungsformen über digitale Netzwerke und Apps, wo die AfD der demokratischen Konkurrenz bisher überlegen sei.
Zum anderen müssten die Belange der jüngeren Generation stärker berücksichtigt werden. Viele Jugendliche hätten das Gefühl, dass die Themen Bildung und Ausbildung, aber auch Klima und Umwelt, in der Politik nur eine nachrangige Bedeutung haben. “So haben sich in den letzten Jahren ungeheuer große Erwartungen an die Bundesregierung aufgebaut, die maßgeblich mit den Stimmen der jungen Generation an die Macht gekommen ist”, schreibt Hurrelmann. Diese Erwartungen habe die Ampel-Koalition nicht erfüllt: “Die Enttäuschung ist entsprechend groß, und unter den Oppositionsparteien konnte die AfD davon besonders profitieren.” Den kompletten Text lesen Sie hier.
Pestizide: Foodwatch setzt Supermärkte unter Druck. Die Verbraucherschützer fordern die Supermarktketten dazu auf, ihr Sortiment an Brot und anderen Getreideprodukten auf eine “pestizidfreie Produktion” umzustellen. Rückenwind erhofft sich die Organisation durch einen am Dienstag veröffentlichten Bericht und eine Online-Petition. Nach eigenen Angaben hat Foodwatch Daten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) analysiert. Ergebnis: Rund ein Drittel der Getreideprodukte in Europa sei mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln “belastet”. Die gesetzlich festgesetzten Höchstgehalte, also die maximal zulässige Wirkstoffmenge, bis zu der eine Gesundheitsgefährdung unwahrscheinlich ist, wurden allerdings in den wenigsten Fällen überschritten. Die Details lesen Sie in der Analyse von Henrike Schirmacher im Agrifood.Table.
Deutschlandfunk
ca. 6:50 Uhr: Moshe Zimmermann, Historiker: Gaza-Krieg
ca. 7:14 Uhr: Michael Gahler, MdEP (CDU): Israel
ca. 8:10 Uhr: Hans Vorländer, Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration: Asylpolitik
ARD
6:05 Uhr/7:05 Uhr: Yazid Shammout, Palästinensische Gemeinde Hannover: Situation der Menschen in Gaza
7:05 Uhr: Christian Mölling, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik: Die Krise in Nahost und ihre Folgen
7:35 Uhr: Oliver Krischer, Verkehrsminister von NRW: Verkehrsministerkonferenz in Köln und 49-Euro-Ticket
8:05 Uhr: Verena Hubertz, MdB (SPD) und stellvertretende Fraktionsvorsitzende: Konjunkturentwicklung in Deutschland
rbb24-Inforadio
ca. 7:05 Uhr: Marcin Antosiewicz, Polnischer Journalist und Dozent in Warschau: Wahl in Polen – Opposition
ca. 7:25 Uhr: Oliver Krischer, Verkehrsminister von NRW: Verkehrsminister-Konferenz/49-Euro-Ticket
ca. 9:05 Uhr: Christoph de Vries, MdB (CDU): Reaktionen zu Angriff auf Israel
FR: Neonazi-Kontakte: Neue AfD-Fraktion in Hessen will Sascha Herr nicht aufnehmen
SZ: Freie-Wähler-Politiker Roland Weigert: Der CSU-Schreck
Mittwoch, 11. Oktober
Hans-Dieter Lucas, Botschafter in Italien und San Marino, 64 / Corinna Rüffer, MdB (Grüne), 48 / Christoph Betz, Richter am Bundesarbeitsgericht, 45 / Valerie Niehaus, Schauspielerin, 49 / Sascha Hehn, Schauspieler, 69
Unser Tipp führt Sie heute in die Welt des Ferdinand von Schirach. “Regen. Eine Liebeserklärung” heißt der Text, den der Autor ab Oktober auf deutschen Bühnen selbst aufführen möchte. Das literarische Kleinod verhandelt schwere Themen – Verlust, Eifersucht, Tod und Schuld – mit der Klarheit des Juristen. Abgemildert durch den ständigen White Noise des Regens. Durch dessen nassen Vorhang schimmert wie aus weiter Ferne eine verlorene Liebe, über die der Ich-Erzähler das meiste sagt, indem er es ausdrücklich nicht sagt. Das Buch ist das Fragment dieser Liebe.
“Regen. Eine Liebeserklärung” | Luchterhand
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Good night and good luck!
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