wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.
Nach dem großen Flüchtlingssommer 2015 gab es einen Satz, den alle in der Politik zu ihrer Kernbotschaft machten: Dieser Sommer 2015 dürfe sich nicht wiederholen. So oft wurde er bemüht, dass man heute fast den Eindruck bekommen kann, die Politik habe sich mit dieser Beschwörungsformel vor allem selbst beruhigt. Denn allen Versprechen zum Trotz kommen Menschen wie Volker Bouffier mittlerweile zu dem Ergebnis, dass die Lage noch schlimmer ist als damals. Der frühere Ministerpräsident von Hessen und seinerzeit dezidierte Unterstützer der Politik Angela Merkels hat damit am Sonntag ausgesprochen, was viele andere – noch – nur denken.
Über Monate ist in Berlin nur halbherzig darüber gesprochen worden, dass die vorläufigen Flüchtlingszahlen schon Ende August mit ca 1,2 Millionen Menschen höher sind als im gesamten Jahr 2015. Damals waren es am Ende knapp 900.000. Und doch: Jetzt passiert etwas, so scheint es. An diesem Wochenende gibt es aus allen demokratischen Parteien prominente Stimmen, die für eine parteiübergreifende Initiative werben. Noch sind es nur erste Töne von Carsten Linnemann, Robert Habeck und Nancy Faeser. Aber da kann was draus werden. Wir ordnen die Botschaften ein – und haben den Migrationsforscher Gerald Knaus gefragt, was nun passieren müsste.
Außerdem nehmen wir den wenig bekannten, aber gesundheitspolitisch mächtigen Gemeinsamen Bundesausschuss nebst seines Chefs Josef Hecken in den Blick und veröffentlichen den zweiten Teil unseres Interviews mit Sigmar Gabriel, in dem der frühere Außenminister mit Annalena Baerbock hart ins Gericht geht.
Viel Vergnügen bei der Lektüre!
Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Annette Bruhns, Franziska Klemenz und Michael Radunski mitgewirkt.
Wir freuen uns über Ihr Interesse.
Flüchtlingsdebatte I: Union und Ampel auf dem Weg zum Konsens? In einer bemerkenswerten und bislang so nicht gekannten Offenheit zeigen sich Politiker von Union, SPD und Grünen bereit für Gespräche zur Lösung der Probleme bei der Aufnahme von Flüchtlingen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte der Süddeutschen Zeitung: “Wenn wir dieser Herausforderung Herr werden wollen, dann müssen die Parteien im Deutschen Bundestag bereit sein, parteiübergreifend den Schulterschluss zu suchen.” Sein Appell an die anderen: “Kommt, wir setzen uns an einen Tisch.” Damit signalisiert Linnemann, dass er die Gesprächsblockade in der Flüchtlingspolitik durchbrechen, der AfD die Debatte aus der Hand nehmen und dafür die politischen Angriffe auf die Ampel reduzieren will. Ein außergewöhnlicher Schritt, offensichtlich getrieben von der Sorge, dass die alten Rituale zwischen Regierung und Opposition mindestens zeitweise durchbrochen werden müssten.
Rückendeckung kommt von Volker Bouffier. Der frühere Ministerpräsident von Hessen und Gründer der dort noch immer regierenden schwarz-grünen Koalition sagte Zeit Online, an alle demokratischen Parteien gerichtet: “Bitte sprecht endlich offen über die Probleme bei der Migration!” Er wünsche sich einen “überparteilichen Konsens” in der Asylpolitik, wie Anfang der Neunzigerjahre. Bouffier betonte, anfangs sei es interessant, wenn unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen. Aber es gebe einen Punkt, an dem das kippe, dann nämlich, wenn die Menschen das Gefühl hätten, fremd im eigenen Land zu sein. “Und dann kommt die AfD und labt sich an diesen Ängsten.”
Auch führende Grüne sorgen sich angesichts der Lage. So sagte Vizekanzler Robert Habeck auf einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland, ihm hätten viele Bürgermeister und Landräte von großer Not und dem Erreichen der Belastungsgrenze berichtet. Da herrsche “eine gewisse Dramatik”, sagte der Grünen-Politiker. Und auf der Suche nach einer Lösung appellierte auch er an die politische Konkurrenz: “Wenn wir nicht wollen, dass der Rechtspopulismus dieses Thema ausbeutet, dann sind alle demokratischen Parteien verpflichtet, bei der Suche nach Lösungen zu helfen.” Alle müssten zum Schutz des Asylrechts “die Wirklichkeit annehmen und die konkreten Probleme lösen”, auch wenn das bedeute, “moralisch schwierige Entscheidungen zu treffen”. Jeder wisse um die Verantwortung für den Zusammenhalt im Land.
Neue Signale sendet auch die SPD-Bundesinnenministerin. Nancy Faeser sagte derWelt am Sonntag, sie halte es im Kampf gegen Schleuser für möglich, an der polnischen und tschechischen Grenze kurzfristige stationäre Grenzkontrollen einzuführen. Bislang hatte sich Faeser gegen entsprechende Forderungen aus der Union immer mit Verve gewahrt. Doch auch Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Samstag auf einer Wahlkampfveranstaltung schärfere Maßnahmen gegen Menschenhändler angemahnt und angekündigt. Dass die Signale für eine parteiübergreifende Lösungssuche vom Wochenende noch nicht den Rückhalt aller haben, zeigten Auftritte von CDU-Chef Friedrich Merz und Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. Merz mischte in sein Gesprächsangebot harsche Kritik an den Grünen; und Dröge bremste mit der Mahnung, man müsse Reformen erst mal wirken lassen.
Flüchtlinge II: Migrationsexperte hält Paradigmenwechsel für möglich. Der Migrationsexperte Gerald Knaus hält die Ankündigungen prominenter Politiker von Regierung und Opposition, in der Flüchtlingspolitik eine parteiübergreifenden Lösung zu suchen, für einen Hoffnungsschimmer. “Ein Paradigmenwechsel ist möglich”, sagte Knaus Table.Media. Es stehe viel auf dem Spiel, deshalb sei es für alle demokratischen Parteien sinnvoll, zusammenzuarbeiten. Voraussetzungen dafür seien unter anderem Migrationsabkommen mit anderen Staaten, die durch eine humanitäre Rückführung Menschen tatsächlich von der gefährlichen Flucht in Booten abhalten. Auch die Durchführung von Asylverfahren in sicheren Drittstaaten könne nötig und hilfreich sein. “Wenn sich die Union und die Grünen hier aufeinander zubewegen, wäre ein Paradigmenwechsel hin zu humaner Kontrolle möglich”, so Knaus. Warum er von stationären Grenzkontrollen wenig hält und das Jahr 2023 nicht mit dem Jahr 2015 vergleichen will, erklärt Knaus im Interview von Stefan Braun.
Lieber Herr Bundeskanzler, Deutschlands Bürger können sich kein eigenes Haus mehr leisten. In Deutschland fehlen 700.000 Wohnungen.
Wie jetzt schneller gebaut werden kann, steht auf www.bau-stau.de
Spiegel: Kehrtwende bei der Sanierungspflicht. Anders als noch 2022 setzt sich die Bundesregierung innerhalb der EU nicht mehr dafür ein, Eigentümern entsprechende Vorgaben zu machen. Stattdessen will Klara Geywitz, dass die Mitgliedstaaten entscheiden, wie sie die Klimaziele im Gebäudesektor erfüllen. Zudem ist sie dafür, dass Kommunen zuerst öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Rathäuser und Krankenhäuser sanieren. (“Warum die Bundesregierung nun doch keine Sanierungspflicht für Eigentümer will”)
“Deutschlands beliebteste Pflegeprofis”: Weitere Landessieger ausgezeichnet. Ob in Bayern, Bremen oder Baden-Württemberg: Die Preisverleihungen beim großen Wertschätzungswettbewerb der PKV sind in vollem Gange. Bis Ende September werden alle 16 Landessieger direkt in ihren Einrichtungen ausgezeichnet – und die Politik ist auch immer prominent vertreten. (Mehr)
Welt: Schwere Panne im Verteidigungsressort. 34.000 Fahrzeuge der Landstreitkräfte sollen mit milliardenteuren Digital-Funkgeräten für Nato-Operationen ausgerüstet werden, schreibt Thorsten Jungholt. Doch die gelieferten Geräte drohen “im Regal zu verstauben”, wie der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz sagt. (“Pistorius steckt in seinem ersten Rüstungsdesaster”, Seite 5)
SZ: Eklatante Mängel bei Vergabe von Spitzenposten. Der Landesrechnungshof in Mecklenburg-Vorpommern hat bei 49 von überprüften 55 Fällen festgestellt, dass Staatskanzlei und Ministerien Posten nicht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vergeben haben – es entstehe der Anschein von Bevorzugung. Ulrike Nimz und Jana Stegemann beziehen sich auf ein vertrauliches Dokument, das zum Problem für Manuela Schwesig werden könnte. (“Nach Gutdünken”, Seite 6)
FAZ: Wüst über Scholz. Im Interview spricht Hendrik Wüst über das Thema Flüchtlinge: Wenn sich Olaf Scholz bei der Finanzierung nicht an seine Zusagen halte, sei das ein “nie da gewesener Vertrauensbruch, der immensen gesellschaftlichen Schaden anrichten würde”. Mit Blick auf die gemeinsame Abstimmung von CDU, FDP und AfD in Thüringen stimmt er dem Kanzler dagegen zu: Es dürfe nicht dazu kommen, dass die AfD die anderen Parteien lahmlege. (“Deutschland steht auf der Bremse”, Seite 4)
Taz: Al-Wazir über die Ampel. Einen “Zirkus” wie beim Heizungsgesetz habe es in Hessen mit ihm nie gegeben, sagt Tarek Al-Wazir im Interview. Zum Thema Klimaschutz sagt er in Richtung “Letzte Generation”: Der Stimmungsumschwungs gehe teilweise auch auf das “Konto von Leuten, die einfach nicht verstehen, dass man in einer Demokratie Mehrheiten braucht, wenn man etwas verändern will”. (“Regieren lohnt sich”, Seite 3)
Tagesspiegel: Gewöhnung an Krisen. Eine Langzeitumfrage von Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zeigt, dass die meisten Menschen – insbesondere Männer – sich heute wegen des Kriegs, der Inflation und des Klimawandels deutlich weniger sorgen als noch im November 2022. Auf eine Gruppe trifft das Gegenteil zu: Bei AfD-Anhängern nimmt die Wut auf die Politik zu (“Leben in der Dauerkrise”, Seite 6)
Nicht überlesen!
FAZ: Die Tücken des Wahl-O-Mat. Der Politologe Christian Stecker ordnet Kritik an der Entscheidungshilfe der Bundeszentrale für politische Bildung ein. Auch ihm fehlen Differenzierungs- und Gewichtungsmöglichkeiten – er weist aber darauf hin, dass das Tool einfach gehalten sein muss, um für viele Menschen nutzbar zu sein. (“Der Wahl-O-Mat gaukelt manchen Konservativen AfD-Nähe vor”, 23. September 2023)
Krankenhausreform: G-BA-Chef Hecken kritisiert Lauterbach. Josef Hecken, der Leiter des für das Gesundheitswesen enorm wichtigen Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), wirft Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine schlechte Organisation der Krankenhausreform vor. Lauterbach habe sie zu früh in die Hände der Bundesländer gegeben, kritisierte Hecken. Außerdem habe der Minister weder den G-BA noch die Krankenhausgesellschaft noch die gesetzlichen Krankenkassen einbezogen. Deren Expertise sei aber unverzichtbar. Hecken vermutet, dass Lauterbach den G-BA auf Drängen der Bundesländer nicht eingebunden hat. Die Länder würden den G-BA fürchten, weil dieser Qualitätsanforderungen stelle, die bundesweit gelten, “unabhängig von Standortabwägungen wie etwa einer anstehenden Bürgermeisterwahl oder der Hoffnung, durch die Erhaltung eines Krankenhauses die AfD kleinzuhalten”, sagte Hecken Table.Media.
Hecken hätte den Ländern anders als Lauterbach einen fertigen Gesetzentwurf vorgelegt. Zwar wäre der womöglich im Vermittlungsausschuss gelandet. Dort hätte man aber einen Kompromiss finden können. Jens Spahn, Lauterbachs Vorgänger, habe es mit einem Gesetz gegen Ausnahmen von bundesweiten Qualitätsanforderungen so gemacht. Zuvor konnten die Länder Ausnahmen durchsetzen, um Klinik-Standorte zu sichern – auf Kosten der medizinischen Qualität. Die Länder hätten wegen Spahns Vorstoß den “Untergang des Abendlandes” ausgerufen, so Hecken. Damals fand der Gesundheitsausschuss des Bundestags eine salomonische Lösung: Die Länder dürfen immer noch Ausnahmen anmelden – wenn die gesetzlichen Krankenkassen zustimmen.
Aus Sicht des G-BA-Chefs hat Lauterbach seine Trümpfe von Anfang an weggegeben, indem er die Länder an der Reform-Gesetzgebung beteiligt hat, statt ihnen einen fertigen Vorschlag vorzulegen, um danach mit ihnen die Details zu verhandeln. Hecken gilt als gewiefter Sozialpolitiker; der eigenwillige Christdemokrat begann seine Karriere schon unter dem damaligen Arbeitsminister Norbert Blüm. Er kann ein Lied davon singen, wie die Länder auf Qualitätsvorgaben des G-BA reagieren: Sie empfinden sie als außerordentlich lästig und wehren sich gegen sie, wo sie können. Was für ein Gremium Hecken leitet und wie das Mini-Parlament des G-BA das Gesundheitswesen lenkt, lesen Sie in einer Analyse von Annette Bruhns.
OB-Wahl in Nordhausen: AfD-Kandidat verliert. Das Rathaus im thüringischen Nordhausen fällt nicht in die Hände der AfD. Bei der Stichwahl am Sonntag hat sich der parteilose Amtsinhaber Kai Buchmann durchgesetzt. Viele zeigen sich erleichtert über sein Ergebnis, 54,9 Prozent. Allerdings gehen die anderen 45,1 Prozent an einen Mann namens Jörg Prophet, der nach Einschätzung des Verfassungsschutzes “die historische Schuld des deutschen Volkes relativieren oder beschweigen” wolle. Angesichts seines deutlichen Vorsprungs im ersten Wahlgang und einem unter anderem durch Mobbingvorwürfe unbeliebten Amtsinhaber wirkte ein Wahlsieg wie ein realistisches Szenario. Die nächste Chance auf ein Oberbürgermeister-Amt hat die Partei in zwei Wochen bei einer Stichwahl in Bitterfeld-Wolfen. Dort ging die AfD heute mit einem Drittel der Stimmen als stärkste Partei aus der Wahl hervor. Der Landesverband Sachsen-Anhalt gilt dem Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall.
Mobilfunk-Netz: 5G-Abdeckung in Deutschland liegt bei rund 89 %. +++ Hilfreiche Hinweise: Kennzeichnungen sind laut einer Studie bei der Erkennung von Fake-News essenziell. +++ ÖRR-Debatte: Intendantin von Radio Bremen spricht sich gegen eine Fusion mit dem NDR aus. +++
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SZ: Ganz große Koalition zur Migration?
FAZ: Wüst warnt Scholz vor Wortbruch in der Migrationspolitik
Tagesspiegel: Annäherung von SPD und CDU: Kanzler Scholz offen für Gespräche über Migrationspolitik
Handelsblatt: Investieren trotz Krise
Sächsische Zeitung: In Sachsen werden mehr Verstöße gegen Mindestlohn festgestellt
Zeit Online: Letzte Generation: Am Ende bleiben nur Farbpfützen und Wut
Spiegel: Fachkräftemangel in der Gastronomie: Suche Kellner, biete 11.000 Euro!
RND: Die CSU im Wahlkampfendspurt – doch das Aiwanger-Problem bremst
T-Online: Süßigkeiten, Gans und Christbaum: So teuer wird Weihnachten in diesem Jahr
Business Insider: Bahnvorständin Nikutta plant bei Konzerntochter DB Cargo großen Stellenabbau – Gewerkschaft spricht von “Zerschlagung des Güterverkehrs”
Zeit Online: Sekten: “Meine Frau hat mit Geistern gesprochen, aber nicht mit mir”
Welt: Österreich führt Tagesvignette für Autobahnmaut ein
FAZ: Neue Studie in den USA: Das Grundeinkommen wäre ein Desaster
Handelsblatt: Steuererklärung 2022: Wo das Finanzamt jetzt besonders genau hinschaut
Kosovo-Attacke: AA verurteilt Angriff von Milizionären. Nach dem ebenso mysteriösen wie gewalttätigen Eindringen von Milizionären ohne Abzeichen in den Norden des Kosovo haben das Auswärtige Amt und der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, scharfe Kritik geübt. Eine Gruppe von rund 30 Milizionären war in der Nacht auf Sonntag eingedrungen und verschanzte sich später im Ort Banjska. Zuvor hatten sie einen kosovarischen Polizisten getötet und zwei weitere verletzt. Das Auswärtige Amt sprach von einem feigen Angriff auf Polizisten und verurteilte diesen “aufs Schärfste”. Fast wortgleich äußerte sich auch Borrell. Berlin und Brüssel bemühen sich seit Langem, die Spannungen zwischen dem Kosovo und Serbien abzubauen. Mit der Attacke droht eine weitere Verschlimmerung des Konflikts. Allerdings gibt es manchen Beobachter, der vor dieser Entwicklung schon lange gewarnt hat.
China-Politik: Gabriel hält Baerbocks Rhetorik für falsch. Der frühere deutsche Außenminister Sigmar Gabriel übt scharfe Kritik an Außenministerin Annalena Baerbock. “Wenn Sie wie Frau Baerbock von Montag bis Freitag den Chinesen vors Schienbein treten, werden sie nicht weit kommen”, sagte Gabriel Table.Media. Der aktuelle Vorsitzende der Atlantikbrücke warf Baerbock weiter vor, dass sie sich mit der Bezeichnung von Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping als Diktator vor allem selbst profiliere, statt den Interessen Deutschlands zu dienen.
Deutschland müsse lernen, eigene Interessen mit Nachdruck zu verfolgen – beispielsweise zum Wohle der deutschen Autoindustrie. In Deutschland lebten nach wie vor viele Menschen von ihr: “Ein Großteil unseres Wohlstands hat damit zu tun.” Deshalb sei es unklug, den Kampf darum, dass China Deutschland auch in der Autoindustrie als Markt erhalten bleibt, ständig als Lobbyismus für die Autoindustrie zu diffamieren. “Das zeigt eine relativ überschaubare Kenntnis von der Frage, woher der Wohlstand dieses Landes kommt.”
Gabriel warnt vor der Provinzialisierung Europas. Deutsche und Europäer müssten begreifen, dass die bisherige Weltordnung zu Ende gehe. “600 Jahre Eurozentriertheit sind vorbei. Das Gravitationszentrum der Welt ist nicht mehr der Atlantik, sondern der Indo-Pazifik.” Angesichts dieser tektonischen Machtverschiebungen auf der Welt drohe Europa die Provinzialisierung. An welchen Staaten man sich im Umgang mit China orientieren solle und wie Gabriel selbst auf die neue Weltordnung blick, lesen Sie im Interview von Stefan Braun und Michael Radunski im China.Table.
Europe.Table: Keine Einigung bei Abgasnorm. Die EU-Botschafter konnten sich auch im zweiten Anlauf nicht auf einen Kompromissvorschlag einigen. Die Ratspräsidentschaft hat deswegen im Ausschuss der Ständigen Vertreter noch nicht über die geplante Euro-7-Norm abstimmen lassen. Mehr
Europe.Table: EU-Parlament wächst um 15 Sitze. Der Rat hat die Zahl der Sitze im EU-Parlament in der kommenden Wahlperiode (2024 bis 2029) festgelegt. Aufgrund demografischer Veränderungen wird sie nach der Wahl im Juni 2024 auf 720 erhöht. Neun Mitgliedstaaten erhalten jeweils einen zusätzlichen Sitz, Spanien, Frankreich und die Niederlande jeweils zwei weitere Sitze. Mehr
China.Table: EU-Handelskommissar in Peking. Valdis Dombrovskis pocht in Shanghai auf ein faires Handelsumfeld zwischen der Europäischen Union und der Volksrepublik. Am Montag wird er Peking mit Vize-Ministerpräsident He Lifeng sprechen – Kritik an der Entscheidung Brüssels zur Untersuchung von chinesischen E-Auto-Importen ist dabei so gut wie sicher. Mehr
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Deutschlandfunk
ca. 6:50 Uhr: Annalena Baerbock, Außenministerin (Grüne): Migration und EU
ca. 7:14 Uhr: Daniel Föst, MdB (FDP) und baupolitischer Sprecher: “Wohnungsgipfel”
ca. 8:10 Uhr: Roberta Astolfi, Freie Universität Berlin: Georgia Meloni und Italien
ARD-Morgenmagazin
6:05 Uhr/7:10 Uhr/8:40 Uhr: Annette Bürkner, Bürgermeisterin von Nürtingen: Krise beim Wohnungsbau
7:05 Uhr: Anton Hofreiter, MdB (Grüne) und Vorsitzender des Europaausschusses: Debatte um Zuwanderung
8:05 Uhr: Klara Geywitz, Bundesbauministerin (SPD): Krise beim Wohnungsbau
rbb24-Inforadio
ca. 07:05 Uhr: Michael Roth, MdB (SPD) und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses: Nach der UN-Vollversammlung in New York
ca. 09:05 Uhr: Jan-Marco Luczak, MdB (CDU) und baupolitischer Sprecher: Wohnungsgipfel im Kanzleramt
ca. 10:25 Uhr: Maximilian Hempel, Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU): Weltchemikalienkonferenz in Bonn
Highlights der Woche
Am Montag findet im Kanzleramt zum zweiten Mal der “Bündnis-Tag zum bezahlbaren Wohnraum” statt. Neben Olaf Scholz und Klara Geywitz ist auch Lilian Tschan dabei, Staatssekretärin bei Hubertus Heil.
Am Dienstag nehmen Robert Habeck, Volker Wissing und Klara Geywitz am Klimakongress des BDI teil.
Am Donnerstag und Freitag treffen sich führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zum Berlin Global Dialogue. Darunter sind Olaf Scholz, EU-Ratspräsident Charles Michel sowie die Chefs von Blackrock und Pfizer. Initiiert hat die Veranstaltung Lars-Hendrik Röller, ehemaliger Berater von Angela Merkel.
Was noch wichtig wird
Montag, 25. September
Außenpolitik: Frank-Walter Steinmeier empfängt Edgars Rinkēvičs, den Präsidenten von Lettland. 10 Uhr, Schloss Bellevue
Raumfahrt: 3. Nationale Luftfahrtkonferenz. Mit Olaf Scholz, Robert Habeck, Volker Wissing und Anna Christmann, Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt. 10 Uhr, Hamburg. Infos & Livestream
Verteidigung: Boris Pistorius reist nach Lettland und Estland und nimmt an der Annual Baltic Conference on Defence teil. Ganztägig, Tallinn (bis Mittwoch)
Dienstag, 26. September
Außenpolitik I: Frank-Walter Steinmeier empfängt Mokgweetsi Masisi, den Präsidenten von Botswana. 10 Uhr, Schloss Bellevue
Außenpolitik II: Frank-Walter Steinmeier akkreditiert neue Botschafterinnen und Botschafter von Albanien, Bulgarien, Estland, Finnland und Schweden 14 Uhr, Schloss Bellevue
Mittwoch, 27. September
Einheit: Carsten Schneider, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, stellt den Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit vor. 14:15 Uhr, Bundespressekonferenz
Donnerstag, 28. September
Außenpolitik I: Boris Pistorius empfängt Joaw Gallant, den Verteidigungsminister von Israel. Ganztägig, Bundesverteidigungsministerium
Außenpolitik II: Olaf Scholz empfängt Kassym-Schomart Tokajew, den Präsidenten von Kasachstan. 12 Uhr, Kanzleramt
Wirtschaft: Vier Wirtschaftsforschungsinstitute stellen ihre Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2023 vor. 10 Uhr, Bundespressekonferenz
Freitag, 29. September
Außenpolitik: Frank-Walter Steinmeier und Olaf Scholz treffen die Präsidenten von Kasachstan (Kassym-Schomart Tokajew), Kirgisistan (Sadyr Dschaparow), Tadschikistan (Emomali Rahmon), Turkmenistan (Serdar Berdimuhamedow) und Usbekistan (Shawkat Mirsijojew). 8:45 Uhr, Schloss Bellevue/ 13:30 Uhr, Kanzleramt
Bundesverteidigungsministerium: Thomas Berger wird bis auf Weiteres Kommandeur des Zentrums Innere Führung
Montag, 25. September
Daniel Baldy, MdB (SPD), 29 / Andreas Larem, MdB (SPD), 59 / Ateş Gürpinar, MdB (Linke) und stellvertretender Bundesvorsitzender, 39 / Andrea Lindholz, MdB (CDU), 53 / Peter Müller, Richter am Bundesverfassungsgericht, 68 / Volker Rühe, ehemaliger Bundesverteidigungsminister, 81 / Karl-Heinz Rummenigge, Mitglied des Aufsichtsrats der FC Bayern München AG, 68 / Rebecca Gablé, Schriftstellerin, 59 / Casper, Rapper, 41
Unser Tipp führt Sie heute in zwei Metropolen. Der Kulturwissenschaftler Jens Wietschorke zeigt, wie sehr sich Berlin und Wien immer wieder verglichen haben – und wie häufig sie auch verglichen wurden. Wettbewerb, Freundschaft, Eitelkeiten sind Bausteine eines besonderen Verhältnisses. Was natürlich auch Politiker hie und da für sich nutzten, zuletzt hat Markus Söder in der Migrationsdebatte “mehr Wien statt Berlin” gefordert. Ein schöner Überblick über die Beziehung zweier bedeutender Städte – mit vielen Details aus den teilweise ähnlichen, teilweise komplett unterschiedlichen Metropolen Europas.
Wieen – Berlin. Wo die Moderne erfunden wurde | Reclam
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