Table.Briefing: Berlin

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

Das Late-Night-Memo für die Hauptstadt

  • Trump II? Gabriel fordert Vorbereitung auf Worst Case
  • Halbzeitbilanz: Table.Media-Umfrage zeigt viel Enttäuschung
  • FES-Studie: Die Mitte rückt nach rechts
  • AfD: Wanderwitz fordert von CDU schärfere Abgrenzung
  • Grüne Gentechnik: Studie hält EU-Pläne für rechtswidrig
  • Startchancen-Programm: Durchbruch bei Verhandlungen
  • Finnland: Rechte schleifen Sozialstandards
  • China: Diktator Xi – Provokation oder treffende Bezeichnung?
Liebe Leserin, lieber Leser,

wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.

Wenig ist im Politikgeschäft wichtiger als eine vorausschauende Planung. Und wenig geschieht so selten wie die frühe Vorbereitung auf große politische Umwälzungen. Eine der größten könnte der Welt, Europa und Deutschland bevorstehen, sollte Donald Trump im Herbst nächsten Jahres noch einmal US-Präsident werden. Doch so gravierend die Folgen wären, so leise schleicht die Politik noch immer um diese Frage herum. Das ist verständlich, weil dann manches nötig werden könnte, worüber man heute ungern spricht, sei es ein Mehr an Verteidigung, sei es eine grundsätzliche Verschiebung von Ressourcen im Haushalt. Also schweigen die meisten in der Hauptstadt lieber, als sich damit jetzt schon auseinanderzusetzen.

Andere haben es da einfacher, vor allem jene, die nicht mehr im Amt sind. Zu ihnen gehört Sigmar Gabriel, Ex-SPD-Chef und Ex-Außenminister. Mit ihm haben wir über Trump und die Weltlage gesprochen. Sein flammender Appell: Hope for the best, prepare for the worst.

Außerdem präsentieren wir heute eine exklusive Umfrage von Table.Media. Wir haben Interessenvertreter in der Hauptstadt um eine Zwischenbilanz zur Ampel gebeten. Und wir berichten über ein Rechtsgutachten, das die Strategie der EU-Kommission im Umgang mit neuen Gentechniken massiv infrage stellt.

Viel Vergnügen bei der Lektüre!

Heute haben Stefan Braun, Annette Bruhns, Damir Fras, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt, Fabian Löhe, Michael Radunski und Holger Schleper mitgewirkt.

Wir freuen uns über Ihr Interesse.

Trump II? Gabriel fordert Vorbereitung auf Worst Case

Trump II? Gabriel fordert Vorbereitung auf Worst Case. Der frühere deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hat die Deutschen und die Europäer dringend dazu aufgerufen, sich schon heute auf eine mögliche Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November 2024 vorzubereiten. “Für uns in Europa und Deutschland heißt das: Wir müssen unsere Resilienz erhöhen – nicht nur gegenüber Mächten, die uns fremd sind, sondern leider auch gegenüber unserem bislang wichtigsten Partner, den USA”, sagte Gabriel im Interview mit Table.Media: “Unser Motto muss sein: Hope for the best, prepare for the worst.” Die Bundesregierung müsse jetzt Führung zeigen. “Ich glaube, dass wir uns der Welt viel pragmatischer nähern müssen. Sonst machen das andere, wie zum Beispiel China. Es hilft nichts, darüber zu jammern, dass China Geostrategie betreibt. Schlimm ist, dass wir das nicht tun.”

Sollte Trump die Wiederwahl gelingen, sieht Gabriel schwere Zeiten auf Europa zukommen. “Trump wird nicht aus der Nato austreten, denn der US-Kongress würde dem niemals zustimmen”, sagte der langjährige SPD-Chef, der inzwischen Vorsitzender der Atlantik-Brücke ist. Doch würde Trump “vermutlich die Finanzmittel drastisch reduzieren und das Beistandsversprechen der Nato rhetorisch infrage stellen”, so Gabriel weiter: “Das wäre eine Einladung an Putin und andere. Die wirkliche Gefahr droht nicht von der Anzahl vorhandener Panzer oder Truppen, sondern vom Zweifel an der Bereitschaft, füreinander einzustehen.” Für Trump seien Allianzen kein Wert an sich. Er wolle Deals machen: “Deshalb ist zu befürchten, dass er der Ukraine die Unterstützung entzieht und auf einen schnellen ‘Deal’ mit Putin setzt.”

Auf dieses Szenario sei die EU nicht ausreichend vorbereitet. “Die Europäische Union ist ja eher dabei, sich zu provinzialisieren”, kritisierte der SPD-Politiker: “Was nur zeigt, dass zu viele in der EU die tektonischen Verschiebungen in den Achsen der Welt noch immer nicht wahrgenommen haben.” So sei keine der Initiativen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine gemeinsame EU-Außenpolitik aufgegriffen worden – auch nicht von Deutschland, kritisierte Gabriel: “Unser größtes Pfund, der europäische Binnenmarkt, wird nicht weiterentwickelt und vertieft. Wir trauen uns nicht, den Euro zu einer wirklichen internationalen Reservewährung zu machen.” Auch bei der Schaffung einer Kapitalmarktunion als Gegengewicht zu den US-Banken gehe es nicht voran. Deutschland begnüge sich damit, “normative Werte zu predigen, vergisst aber, dass wir auch Interessen haben”.

Gabriel riet dazu, eher drei als zwei Prozent des BIP für die Verteidigung aufzuwenden. “Und ich würde raten zu überlegen, ob wir dann einen Teil dessen nicht in die Bundeswehr stecken, sondern in die Verteidigungsfähigkeit der osteuropäischen Nato-Partner.” Es gebe einen Nato-Fonds für die Ostflanke, in den bislang allerdings nur die USA einzahlten. Gabriel: “Das ist eine Aufgabe für Deutschland. Es würde den Amerikanern zeigen, dass wir bereit sind, sie hier zu entlasten.” Das Interview von Stefan Braun und Michael Radunski lesen Sie im Security.Table.

  • Emmanuel Macron
  • EU
  • Nato
  • Ukraine
  • Wladimir Putin

Liebe Regierung, nur mehr bauen senkt die Mieten. In Deutschland fehlen 700.000 Wohnungen.

Wie jetzt schneller gebaut werden kann, steht auf www.bau-stau.de

Halbzeitbilanz: Table.Media-Umfrage zeigt viel Enttäuschung

Halbzeitbilanz: Table.Media-Umfrage zeigt viel Enttäuschung. Experten und Entscheider aus Wirtschaft, Verbänden, NGOs und Behörden fällen zur Halbzeit der Ampel ein für die Koalition ernüchterndes Urteil. Ob Inflationsbekämpfung, Gesundheitspolitik oder Bildung – der Regierung wird wenig Kompetenz zugeschrieben. Ganz besonders gilt das für das Zukunftsthema Digitalisierung. Hier zeigt sich in einer Umfrage von Table.Media viel Enttäuschung. Gut 80 Prozent der Befragten fordern mehr Engagement auf diesem Feld; zugleich haben nur knapp 20 Prozent die Erwartung, dass das geschehen wird. Noch kritischer ist der Blick auf den zuständigen Minister. Knapp 70 Prozent der Befragten finden die Leistung von Volker Wissing eher enttäuschend oder schlicht enttäuschend. In einem Ranking aller Kabinettsmitglieder nimmt der FDP-Politiker den letzten Platz ein. Gut 1.800 Interessenvertreter aus der Hauptstadt nahmen an der Umfrage teil.

Besser bewertet wird die Leistung beim Thema Klima und Energie. Auch hier haben die Befragten große Erwartungen an die Regierung – und bewerten die bisherige Leistung besser, wenn auch nicht super. Knapp 40 Prozent bescheinigen dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hier eine eher hohe oder hohe Kompetenz; mehr als 85 Prozent gehen davon aus, dass die Regierung in der zweiten Hälfte der Legislatur hier Schwerpunkte setzen wird. Wie die Entscheiderinnen und Entscheider unter anderem das Kabinett bewerten, lesen Sie im Text von Fabian Löhe.

  • Robert Habeck
  • Volker Wissing

Presseschau von morgen

21. September 2023 Presseschau

FAZ: Der erstaunliche Erfolg von Saskia Esken. Unverstellt, unberechenbar, detailverliebt: So beschreibt Mona Jaeger die SPD-Vorsitzende in ihrem Porträt. Entgegen vieler Erwartungen hat sich Esken zu einer durchaus erfolgreichen Parteivorsitzenden entwickelt, die an der eher linken Basis gut ankommt und gleichzeitig dem pragmatischen Kurs des Kanzlers nicht wirklich im Weg steht. Offen ist allerdings, ob diese Doppelrolle auch in Zukunft funktionieren wird, wenn die Umfragewerte der SPD nicht besser werden. (“Die Unberechenbare”, Seite 3)

Welt-Alzheimertag 2024: Pflege-Qualitätsprüfung im Zeichen von Demenz. Die rechtlichen Anforderungen an die pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz wurden neu definiert. Das hat auch Auswirkungen auf die Qualitätsprüfungen von Pflegeeinrichtungen. Wie diese jetzt ablaufen, erläutert Melanie Nußbaum von Careproof, dem Prüfdienst der PKV. (mehr auf pkv.de)

SZ: Streit um Migration. Die Zahl illegaler Einreisen nach Deutschland steigt. Die Bundespolizei komme kaum hinterher – auch weil sich die Schleuserrouten änderten, schreiben Markus Balser und Manuel Bewarder in ihrer Reportage von der Oder. Fachleute und Politiker fürchten: Moskau hat seine Finger im Spiel. (“Grenzgänger”, Seite 2)

Handelsblatt: Westliche Technik lenkt Putins Raketen. Ohne den Import von Technologie aus dem Westen würden die russischen Waffen ihre Ziele in der Ukraine nicht treffen. Russland habe praktisch den gleichen Zugang zu kritischen Komponenten wie vor dem Krieg, berichten Moritz Koch und Carsten Volkery unter Berufung auf interne ukrainische Dokumente. Die Sanktionen werden demnach durch die Lieferung über Drittstaaten umgangen; Möglichkeiten der EU, dies zu unterbinden, würden nicht ausreichend genutzt. (“Tödliche Sanktionslücken”, Seite 10)

Taz: Wenig Fortschritte bei Behörden-Digitalisierung. Nach dem Willen der Groko hätten schon Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen online erledigt werden können; daraus wurde nichts. Die Ampel will nun bis Ende 2024 wenigsten 15 wichtige Angebote digitialisieren. Doch auch an diesem Plan gibt es Zweifel, berichtet Jana Ballweber. Denn eine einheitliche Plattform gibt es nicht. Und selbst wenn die Technik für eine Dienstleistung entwickelt wurde, entscheidet jede Behörde selbst, ob sie sie einsetzt. (“Im Land der Digital Naives”, Seite 3)

Welt: Extreme AfD-Prominente brechen miteinander. Jahrelang zeigten Thüringen-Chef Björn Höcke und Sachsen-Anhalt-Vize Hans-Thomas Tillschneider sich gemeinsam. Infolge von EU-Kandidaturen kam es nun zum erbitterten Bruch; so feindlich, dass Höcke kürzlich eine Rede aufgrund der Anwesenheit Tillschneiders in Schnellroda absagte – der Denkschmiede von Höckes rechtsextremem Vertrauen Götz Kubitschek. Frederik Schindler analysiert, dass sich aus der Entzweiung keine ideologische Abgrenzung ableiten lasse. Eher geht es bei den Völkischen um Persönliches; auch von Höckes “One-Man-Show” seien einige genervt. (“Zerwürfnis unter Völkischen”, Seite 5)

Tagesspiegel: Die engen China-Verbindungen der CSU. Eine Kutschfahrt übers Oktoberfest dient Cornelius Dieckmann als Aufhänger für eine Analyse. Die Pferde ziehen einen fröhlichen bayerischen Justizminister Georg Eisenreich und Chinas Generalkonsul Tong Defa. Es passt ins Bild. Ehe ein Kanzler dazu kam, reiste Franz Josef Strauß 1975 zu Mao Zedong. Drei Partnerprovinzen hat Bayern. Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich gelte als Pekings liebster Lobbyist, polterte zuletzt gegen den Diktatur-Vorwurf. Die Sympathie reicht bis ganz oben. Nach einem eher nüchternen Empfang in Berlin richtete Markus Söder für Minister Li ein Festbankett aus. (“Wiesn-Bierfahrt und Festbankett: Die Peking-Connection der CSU”, Seite 6)

FES-Studie: Die Mitte rückt nach rechts

FES-Studie: Die Mitte rückt nach rechts. Die jüngste Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) weist unzweifelhaft eine Rechtsverschiebung der bundesdeutschen Gesellschaft nach. Zum einen ist mit acht Prozent der Anteil der Befragten mit klar rechtsextremer Orientierung gegenüber früheren Jahren erheblich gestiegen, in früheren Studien lag er noch bei zwei bis drei Prozent. Zum anderen rückt ein deutlich größerer Teil der Mitte von demokratischen Werten, Normen und Grundprinzipien ab, als das in Erhebungen frühere Jahre der Fall war. Für komplexe Herausforderungen würden vermehrt einfache und im Zweifel auch autoritäre Lösungen gefordert. Schließlich verorten sich mehr Befragte als je zuvor politisch rechts der Mitte. Die Daten für die Studie werden alle zwei Jahre erhoben und ausgewertet.

Das gesellschaftliche Klima hat gelitten – und das Menschenbild der Deutschen offenkundig auch. 34 Prozent der Befragten glauben, Geflüchtete kämen nur nach Deutschland, um das Sozialsystem auszunutzen. 13 Prozent sind der Auffassung, Politiker hätten es zuweilen verdient, wenn “die Wut gegen sie” in Gewalt umschlägt. Vor zwei Jahren waren es noch fünf Prozent. 35 Prozent teilen die Auffassung, Langzeitarbeitslose würden sich “auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben machen”. Und jeder zehnte Befragte, so die Autoren, sei dabei grundsätzlich Minderheiten in der Gesellschaft gegenüber feindselig und diskriminierend eingestellt. Welche Generation besonders anfällig für den Rechtsextremismus ist und in welcher Sportart rassistische Positionen außergewöhnlich häufig vorkommen, lesen Sie in einer Analyse von Horand Knaup.

  • Rechtsextremismus

AfD: Wanderwitz fordert von CDU schärfere Abgrenzung

AfD: Wanderwitz fordert von CDU schärfere Abgrenzung. Der frühere Ostbeauftragte Marco Wanderwitz fordert von seiner Partei eine wesentlich schärfere Abgrenzung zur AfD als zuletzt diskutiert. “Wir sollten den Unvereinbarkeitsbeschluss beim nächsten Parteitag weiter ausbuchstabieren”, sagte der CDU-Parlamentarier aus Sachsen zu Table.Media. “Es muss klar sein: Keine Kooperation mit der AfD, das heißt im Kreis- oder Gemeinderat genauso wenig wie auf Bundesebene.” Der Idee, AfD-Anhänger seien durch Grünen-feindliche Positionen für die CDU zu gewinnen, widerspricht Wanderwitz. Nicht die Grünen, sondern die Rechtsradikalen der AfD seien Hauptgegner für die CDU.

Den Vorstoß von Andreas Rödder lehnt Wanderwitz entschieden ab. “Eine CDU-Grundsatzkommission sollte aus der Weimarer Republik gelernt haben, wozu Kooperation mit Rechtsextremen führt.” Dass die CDU in Thüringen mithilfe der AfD ein Gesetz durchgedrückt hat, ist für Wanderwitz ein “NoGo”, an dem aber auch die rot-rot-grüne Minderheitsregierung Schuld trage. “Auch in der besonderen Lage Thüringens kann ich als Opposition etwas erreichen, ohne auf die AfD angewiesen zu sein – dafür müssen sich aber alle Demokraten, so anstrengend das ist, zusammensetzen und überlegen, welche Kompromisse sie finden können.” Die Minderheitsregierung hätte mehr auf die CDU zukommen müssen und die CDU hätte lieber so lange den Haushalt blockieren sollen, als mit der AfD abzustimmen, so Wanderwitz.

Wanderwitz kämpft in Berlin für ein Verbot der AfD. Das lösche zwar kein rechtes Gedankengut aus den Köpfen, aber würde den Schaden erheblich begrenzen, den die Partei aus Sicht des Politikers anrichtet. “Mandatsträger würden von Europa- bis Kreistagsebene auf einen Schlag alle Ämter verlieren und hätten pro Arbeitstag acht Stunden weniger Zeit, ihre rechtsextreme Agenda wie eine Axt in unsere Demokratie zu treiben.” Die politische Auseinandersetzung über Fakten würden gegen die AfD leider nur begrenzt helfen. Der Jurist geht davon aus, dass die Bedingungen für ein Verbotsverfahren gegeben sind – eine Partei muss dafür etwa ein klar verfassungsfeindliches Ziel verfolgen und dieses aktiv vorantreiben.

Wort-Diät: VG Wort zahlt 2023 deutlich weniger Geld pro Beitrag als 2022. +++ Adidas: Auschwitz-Komitee kritisiert “Relativierung” anti­semitischer Äußerungen von Kanye West. +++ Doppelgänger: Christian Sievers warnt vor Deepfake-Video von sich.

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Grüne Gentechnik: Studie hält EU-Pläne für rechtswidrig

Grüne Gentechnik: Studie hält EU-Plan für rechtswidrig. Der Vorschlag der EU-Kommission, “Neue genomische Techniken” (NGT) wie CrisprCas bei der Pflanzenzüchtung zuzulassen, widerspricht laut einem Gutachten dem Lissabon-Vertrag. Die Gutachter betonen, dass die Pläne der Kommission unvereinbar seien mit dem dort geschriebenen Vorsorgeprinzip. Die EU habe sich im “Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit” zu einzelfallbezogenen Risikoprüfungen verpflichtet, bevor Genetisch Veränderte Organismen (GVO) angewendet werden dürfen. Trotzdem schlägt die EU-Kommission nun vor, mit NGT gewonnene Pflanzen “vollständig vom Anwendungsbereich des EU-Gentechnikrechts auszunehmen” und diese lediglich in einer Datenbank zu registrieren. Die Berliner Kanzlei GGSC kritisiert das in einer rechtlichen Bewertung, die im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion erstellt wurde. Das Gutachten liegt Table.Media vor.  

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verlangt strenge Vorsorge. Bei Unsicherheiten für Gesundheit oder Umwelt müssten laut EuGH Schutzmaßnahmen getroffen werden können, so die Berliner Anwälte. Der Vorschlag der EU-Kommission “nimmt in Kauf, dass sich NGT-Pflanzen, die sich später als schädlich für Mensch oder Umwelt erweisen, derart in der natürlichen Umwelt ausbreiten, dass sie nicht mehr rückholbar sind”. Die Kommission begründe die Deregulierung von NGT-Pflanzen damit, dass deren veränderte DNA-Sequenzen vergleichbar seien mit denen natürlicher Kreuzungen. Daraus lasse sich aber weder ein geringeres Risiko ableiten noch sei das Gentechnikrecht je damit begründet worden, “dass GVO-Pflanzen für Mensch und Umwelt gefährlicher wären als herkömmliche Pflanzen”. Vielmehr würden GVO reguliert, weil deren Freisetzung “irreversible Auswirkungen” haben kann.

Nach dem Kommissionsvorschlag könnte sogar giftiger Raps angebaut werden, so die Gutachter. Industriell genutzte NGT-Pflanzen müssten nämlich nicht den Anforderungen an die allgemeine Produktsicherheit genügen. Ein durch NGT für industrielle Zwecke optimierter Raps, der für Menschen und Tiere giftig wäre, könne uneingeschränkt angebaut werden, ohne dass dessen Giftigkeit vorab überhaupt geprüft werden müsste. Bestätigt fühlt sich der grüne Agrarpolitiker Karl Bär in seiner Kritik an den EU-Plänen. Bär räumt einer Klage gegen die beabsichtigte Neuregulierung “sehr gute Chancen” ein. Sein Fazit: “Die Behauptung der EU-Kommission, dass es keine Probleme mit NGT wie CrisprCas gibt, ist keine Risikobewertung und kein Risikomanagement.”

Startchancen-Programm: Durchbruch bei Verhandlungen 

Startchancen-Programm: Durchbruch bei Verhandlungen. In den Verhandlungen zum Startchancen-Programm präsentierten Bund und Länder jetzt ein gemeinsames Eckpunktepapier. Mit dem zentralen bildungspolitischen Vorhaben der Ampel-Koalition sollen ab August 2024 bundesweit 4.000 Brennpunktschulen gefördert werden. Der Bund gibt dafür jährlich eine Milliarde Euro. Die Länder beteiligen sich in gleicher Höhe. Das Programm hat eine Laufzeit bis zum Ende des Schuljahres 2033/34. In den Verhandlungen hatten sich Bund und Länder unter anderem über die Anrechenbarkeit von ähnlich ausgerichteten Landesprogrammen gestritten. Die Details lesen Sie in der Analyse von Holger Schleper im Bildung.Table.

Aus den Professional Briefings

21. September 2023 Professionals

Europe.Table: Rechte schleifen Sozialstandards. Wenige Monate nach dem Regierungsantritt der “Wahren Finnen” will die Koalition in Helsinki Sozialleistungen senken, Tarifverträge lockern sowie den Kündigungsschutz und das Streikrecht beschränken. Mehr

China.Table: Wasserstoff – die nächste Revolution? Mit dem Siegeszug der Elektroautos galt Wasserstoff im Pkw als überholt. Nun bringt China, schon jetzt der weltweit größte Produzent, die Technologie wieder global ins Gespräch – ein Fingerzeig für die Automobilindustrie. Mehr

Climate.Table: Guterres meldet Führungsrolle beim Klima an. Mit dem eintägigen “Climate Ambition Summit” macht die UNO Druck für eine erfolgreiche COP28. Das Treffen war der Gegenentwurf zu den basisdemokratischen Klimakonferenzen – und brachte etwas praktisch Undenkbares im Diplomaten-Kosmos: Ein UN-Ranking, wer im Klimaschutz Ernst macht und wer nicht. Mehr 

China.Table: Diktator Xi – Provokation oder treffende Bezeichnung? “Absurd”,  “unverantwortlich”, eine  “schwere Verletzung der politischen Würde Chinas”: Peking hat empört auf die Äußerungen von US-Präsident Biden und Außenministerin Baerbock reagiert. Einer der Gründe: Der Begriff hat im Chinesischen eine andere Bedeutung als im Deutschen. In kritischen Kreisen in der Volksrepublik wird Xi aber spätestens seit seiner Aufhebung der Amtszeitbegrenzung ebenfalls als Diktator in unserem Sinne bezeichnet. Mehr

Welche Table-Briefings kennen Sie noch nicht? Informationsvorsprung und Arbeitserleichterung für die entscheidenden Köpfe: Africa.Table, Agrifood.Table, Berlin.Table, Bildung.Table, China.Table, Climate.Table, ESG.Table, Europe.Table, Research.Table, Security.Table und 100Headlines. Lernen Sie alle Table-Briefings kostenlos kennen.

Morgeninterviews am 22. September

21. September 2023 Morgeninterviews am 22. September

Deutschlandfunk

ca. 6:50 Uhr: Marcin Antosiewicz, Journalist und Politologe: Stoppt Polen Waffenlieferungen an die Ukraine?

ca. 7:14 Uhr: Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses: Selenskyj und Biden

ca. 8:10 Uhr: Marcus Bensmann, Journalist: Correctiv-Recherche zur AfD

rbb24-Inforadio

ca. 07:25 Uhr: Lisa Badum, klimapolitische Sprecherin Grüne: Klimaschutzgesetz ohne Sektorziele

ca. 07:45 Uhr: Jörg Steinbach (SPD), Wirtschaftsminister Brandenburg: Landtagswahl 2024

ca. 10:25 Uhr: Jakob Wachsmuth, Fraunhofer-Institut: Nationale Wasserstoffstrategie

ZDF

6:35 Uhr: Martin Schulze, Geschäftsführer Evangelische Freiwilligendienste: drastische Kürzungen

7:05 Uhr Carina Konrad, Vize-Fraktionsvorsitzende FDP: EU-Streit zu Glyphosat geht weiter

8:05 Uhr Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende Grüne: Migration

Geburtstage

21. September 2023 Geburtstage

Freitag, 22. September

Christine Aschenberg-Dugnus, MdB (FDP), 64 / Florian Engels, Regierungssprecher Brandenburg, 64 / Gerd Lippold, Umweltstaatssekretär in Sachen (Grüne), 62 / Dirk Schattschneider, Abteilungsleiter im Entwicklungsministerium (FDP) / Klaas Heufer-Umlauf, Comedian und Moderator, 40 / Christian Ulmen, Schauspieler, 48 / Wolfang Petry, Sänger, 72 / Ronaldo, brasilianischer Weltfußballer, 47

Samstag, 23. September

Steffen Freiberg, Bildungsminister Brandenburgs (SPD), 42 / Karolina Gernbauer, Staatskanzleichefin Bayerns / Wolfgang Schmidt, Kanzleramtschef (SPD), 53 / Suzanne von Borsody, Schauspielerin, 66 / Christian Schwochow, Film- und Theaterregisseur, 45 / Uschi Obermaier, deutsch-amerikanisches Fotomodell und ehemaliges Mitglied der Kommune 1, 77

Sonntag, 24. September

Sascha Karolin Aulepp, Bildungssenatorin Bremen (SPD), 53 / Anna Christmann, Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt (Grüne), 40 / Burkhard Vogel, Umweltstaatssekretär Thüringen, 59 / Carmen Wegge, MdB (SPD), 34 / Heinz Hoenig, Schauspieler, 72 / Uschi Obermaier, ehemals Model, Aktivistin, Mitglied der Kommune I, 77 / Dieter Schwarz, Lidl-Gründer, 84

Nachttisch

21. September 2023 Nachttisch

Unser Tipp führt Sie heute in ein buntes Mosaik. Black Futures versammelt Screenshots, Essays, Manifeste, Memes, Kunst, Gedichte, Songtexte und Rezepte auf Papier und ist doch viel mehr als ein Buch. Eher ein Speicher, der bisherige Erfahrungen und künftige Chancen in einem Ozean ohne Enden gesammelt hat. Texte von Star-Autorinnen wie Zadie Smith wechseln sich ab mit Facebook-Chats der Black Lives Matter-Mitbegründerin Alicia Garza, Fotos schwarzer Soldaten in der New York Times und Artikeln über Polizeigewalt, einem “Black Survival Guide”. Die Übertitel des Werks reichen von “Power”, “Joy” und “Justice” bis “Ownership”, “Memory” und “Legacy”. Kein Werk zum linearen Lesen. Eher zum verblüfften Blättern. Ideal für ein verregnetes Wochenende.

Kimberly Drew, Jenna Wortham: Black Futures | One World

21. September 2023 Verabschiedung

Das war’s für heute. Das nächste Late-Night-Memo erhalten Sie am Sonntagabend.

Good night and good luck!

Der Berlin.Table ist das Late-Night-Memo für die Table.Media-Community.

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Berlin.Table Redaktion

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