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wir begrüßen Sie zum Berlin.Table, dem Late-Night-Memo für die Hauptstadt.
Es ist nicht lange her, da wurden die meisten Brics-Staaten von westlichen Industrienationen noch belächelt. Zuletzt während der Pandemie, als viele von ihnen monatelang hilflos zusehen mussten, wie ihre Volkswirtschaften litten. Wenn am heutigen Dienstagabend die Führungen der fünf Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – in Johannesburg zusammenkommen, sieht die Welt anders aus. Während der Fünfer-Club, der bald ein 30er-Club werden könnte, zunehmend selbstbewusst auftritt, müssen die G7-Staaten fürchten, dass sich die Machtverhältnisse auf der Erde dauerhaft verschieben. Vor allem China und Russland sind bestrebt, dem Westen die Dominanz zu nehmen.
Für uns ein Grund, heute genau hinzusehen. In einem Africa.Alert können Sie studieren, welche Veränderungen beim Brics-Gipfel anstehen. Außerdem werfen wir einen Blick auf das neue Staatsangehörigkeitsrecht von Nancy Faeser und berichten über den Rüffel des Klima-Expertenrates für die Bundesregierung im Allgemeinen und Volker Wissing im Speziellen.
Wir wünschen eine informative Lektüre.
Heute haben Okan Bellikli, Stefan Braun, Christian Füller, Carsten Hübner, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Malte Kreutzfeldt und Vera Weidenbach mitgewirkt.
Wir freuen uns über Ihr Interesse.
Brics-Gipfel: Baerbock setzt auf Zusammenhalt der Demokratien. Außenministerin Annalena Baerbock hat am Dienstag demokratische Staaten dazu aufgerufen, angesichts des Erstarkens autoritärer Regime noch enger zusammenzuarbeiten. Baerbock sagte, derzeit entstehe eine “Welt zunehmender systemischer Rivalität”, in der autokratische Regime versuchten, die internationale Ordnung zu verbiegen. Ziel dieser Staaten sei es, ihre Einflusssphären zu vergrößern; dazu nutzten sie nicht nur ihre militärische Macht, sondern auch ihren wirtschaftlichen Einfluss. Baerbock bezog sich vor allem auf China und dessen Agieren im Indopazifik; die Außenministerin hielt die Rede digital an der renommierten Denkfabrik Lowy Institute im australischen Sydney. Sie sprach den am Dienstag beginnenden Brics-Gipfel in Südafrika nicht direkt an; trotzdem lassen sich ihre Worte auch als Antwort auf eine mögliche Stärkung des Bündnisses lesen.
Für Deutschlands Diplomatie wird die enge Kooperation der Brics-Staaten zu einer immer größeren Herausforderung. Der mögliche Machtzuwachs von Staaten wie China und Russland sowie weiterer Staaten, die dem Bündnis beitreten wollen, steht vollkommen quer zum Bemühen Baerbocks um eine wertebasierte und auch feministische Außenpolitik. Während Baerbock eine internationale Zusammenarbeit auf Basis der UN-Charta vertritt, sind die Brics-Staaten dabei, sich ein neues internationales Kraftfeld zu schaffen, mit anderen moralischen und politischen Grundsätzen. In ihrer Rede sagte sie, Deutschland und Europa wollten angesichts dessen “Partner gewinnen, die sich für eine engere Zusammenarbeit mit uns entscheiden, weil wir beide davon profitieren”. Warum das Brics-Treffen die Welt erheblich verändern kann, lesen Sie in einer Analyse von Frank Sieren im China.Table.
Klimaziele: Extremes Versagen im Verkehr. Der Verkehrssektor bleibt hauptverantwortlich dafür, dass Deutschland bis 2030 deutlich mehr Treibhausgase ausstößt als im Klimaschutzgesetz vorgesehen. Das wird in der Stellungnahme zum Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 deutlich, die der Expertenrat für Klimafragen am Dienstag vorgestellt hat. Zwar überschreiten auch der Industrie- und der Gebäudesektor bis 2030 ihr Gesamtbudget an Emissionen. Doch dort ist die Differenz zum Zielwert durch beschlossene und angekündigte Maßnahmen deutlich kleiner geworden. Im Verkehrssektor, für den das Ministerium von Volker Wissing zuständig ist, verringert sich die Lücke dagegen kaum; mit 187 Millionen Tonnen ist die kumulierte Überschreitung bis 2030 im Verkehrssektor dadurch mehr als doppelt so hoch wie bei Industrie und Gebäuden zusammen.
Insgesamt erhält die Regierung ein gemischtes Zeugnis. Zwar erkennt der Expertenrat an, dass es durch viele zusätzliche Maßnahmen gelungen ist, die Klimaschutzlücke um 70 bis 80 Prozent zu verkleinern. Das jüngste Klimaschutzprogramm sei “umfassender als alle bisherigen Programme”, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Brigitte Knopf. Die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes werden aber trotzdem nicht eingehalten. Um das zu ändern, könnte der nationale CO₂-Handel mit einer festen Emissionsgrenze früher eingeführt werden als derzeit vorgesehen, schlug Knopf vor. Der Vorsitzende Hans-Martin Henning kritisierte, dass es “keine konsistente Datengrundlage”, gebe. Deshalb sei eine zuverlässige Aussage über die Gesamtwirkung des Klimaschutzprogramms nicht möglich.
Die Zielverfehlung könnte teuer werden. Wenn Deutschland die Klimaziele im Verkehrs- und Gebäudesektor verfehlt, ist das nicht nur fürs Klima und die Glaubwürdigkeit der Regierung ein Problem, sondern auch für den Haushalt. Denn diese Sektoren unterliegen der sogenannten Lastenteilung der EU, und auch deren Vorgaben werden der Prognose zufolge deutlich verfehlt. Bis 2030 wird Deutschland sie demnach um 152 bis 299 Millionen Tonnen CO₂ überschreiten. Für diese Menge müsste bilateral Zertifikate von anderen Mitgliedstaaten erworben werden, die ihre Ziele übererfüllen. Die Kosten dafür stehen noch nicht fest; Experten gehen aber davon aus, dass sie sich in der gleichen Größenordnung wie im Emissionshandel bewegen dürften. Dann müsste Deutschland insgesamt zwischen 15 und 30 Milliarden Euro bezahlen.
Tagesspiegel: Kritik an KMK-Vorstoß. Die Berliner CDU-Schulsenatorin Katharina Günter-Wünsch hat den für 2026 geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule in Frage gestellt – weil es Ländern an Kapazitäten fehlt. Die Ampel-Koalition und das Bundesbildungsministerium kritisieren die KMK-Präsidentin, die einen flexiblen Übergangszeitraum ins Spiel brachte. (“Debatte über Ganztagsanspruch: Bundespolitik reagiert verärgert”, Seite 5)
Regelungslücke im Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz: Der aktuelle Gesetzesentwurf lässt die PKV-Unternehmen bei der Weiterverarbeitung von Gesundheitsdaten im Wesentlichen außen vor. Den Privatversicherten würde so eine Verbesserung ihrer Versorgung und der Patientensicherheit vorenthalten. Dies muss im laufenden Gesetzgebungsverfahren korrigiert werden! (Mehr)
Handelsblatt: Scholz’ steuerpolitisches Scheitern. Als Finanzminister hat Olaf Scholz viele vollmundige Ankündigungen zur Steuerpolitik gemacht. Marvin Greive schaut im Detail nach, was daraus geworden ist: Ob bei Grundsteuer, Finanztransaktionssteuer, Unternehmenssteuer oder globaler Mindeststeuer, die Realität fällt in den meisten Fällen deutlich hinter die Versprechen zurück. (“Die triste Steuerbilanz des Olaf Scholz”, Seite 8)
SZ: Last und Lust des CDU-Generals. Es hätte schöner beginnen können. Doch als Carsten Linnemann zum neuen Generalsekretär ausgerufen wurde, schaffte es sein Chef Friedrich Merz, diesen Schritt mit unglücklichen AfD-Äußerungen zu belasten. Boris Herrmann und Robert Roßmann schildern in einem großen Porträt, wie der Mann aus Paderborn um die Zukunft der CDU kämpft. (“Linnemann, geh Du voran”, Seite 3)
FAZ: US-Unterstützung für Ukraine schwindet. Andreas Ross analysiert, was der aufkommende US-Wahlkampf für die Ukraine bedeutet. Nur mit den Republikanern kann der Kongress Joe Biden weitere Hilfen bewilligen. Doch genau in deren Reihen sinkt das Verständnis für Militärausgaben an ein fernes Land. Donald Trump geriert sich als Präsident in spe, der den Krieg längst beendet hätte. Er droht, Hilfe davon abhängig zu machen, ob Selenskyj sich gegenüber Putin kompromissbereit erklärt. (“Washington wackelt”, Seite 1)
DPA: Borchert-Kommission löst sich auf. Die Arbeitsgruppe, eingesetzt für Vorschläge zu besseren Bedingungen in der Tierhaltung, stellt ihre Arbeit ein. Die Voraussetzungen, ihre Empfehlungen umzusetzen, seien nicht vorhanden. Auch der Haushalt 2024 lasse “den notwendigen Durchbruch nicht erkennen”. Vor allem der Vorsitzende Jochen Borchert ist offensichtlich verärgert und enttäuscht; denn einstimmig erfolgte die Auflösung nicht. (“Expertenkommission zur Tierhaltung stellt Arbeit ein”)
Nicht überlesen!
Stern/Welt: Cum-Ex holt Scholz ein. Interne Papiere aus dem Finanzministerium werfen die Frage auf, ob der damalige Minister oder seine Mitarbeiter 2020 die Aufklärungsarbeit im Bundestag rund um Treffen mit dem Warburg-Banker Christian Olearius “bewusst hintertrieben” haben, schreibt Hans-Martin Tillack. Auch Oliver Schröm und Oliver Hollenstein, die ein Buch zum Thema vorgelegt haben, berichten Neues. Demnach konnte das Team des heutigen Kanzlers einen Kalendereintrag zu einem Treffen mit Olearius, auf den sich Scholz’ berief, nicht finden. (“E-Mails aus Scholz’ Team werfen Fragen in Cum-Ex-Affäre auf”/“Olaf Scholz und das Rätsel um die Kalenderdaten”, 22. August 2023)
Sommerreise: Grünen-Chefin erntet viel Kritik. Ricarda Lang hat sich bei einem Besuch in Dresden um eine Verbesserung des ramponierten Wirtschaftsimages ihrer Partei bemüht. Sie sprach unter anderem mit der Handwerkskammer und besuchte ein Werk von Bosch. Ihre Gesprächspartner konfrontierten Lang mit teils harter Kritik. Sie forderten eine Vision für die nächsten Jahrzehnte, die mehr als Verbote enthält; kritisierten, dass es zuletzt nur noch rückwärts gegangen sei für Deutschland. Spannungsfrequenz und Netzqualität Deutschlands seien “grottig”, der Industriestrompreis drohe kleinere Unternehmen massiv zu benachteiligen. Der Streit der Ampel-Parteien und die Bürokratie lähmten zusätzlich: Wer Formulare ausfüllen müsse, könne keine Wärmepumpen bauen. Lang erlebte, wie harsch die Kritik derzeit gegen die Ampel ausfällt.
Die Grünen-Chefin rechtfertigte sich und zeigte für vieles Verständnis. Sie versprach unter anderem, dass die Koalition in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode die Entbürokratisierung vorantreiben werde. Das Handwerk bezeichnete Lang als “Rückgrat der Wirtschaft”. In der Branche würden die Menschen arbeiten, “die unser Leben am Laufen halten”. Bei der Klausur werde sich das Kabinett mit der Wirtschaft befassen. “Wir müssen Deutschland auf einen Wachstumskurs bringen, auch wenn wir mehr Gerechtigkeit schaffen wollen.”
Die Grünen und das Handwerk verbindet eine eher distanzierte Beziehung. Die Ziele von Langs Sommerreise lassen sich als demonstratives Zeichen der Wertschätzung lesen. In keiner anderen Bundestagsfraktion ist das Handwerk so unterrepräsentiert wie bei den Grünen: Von 118 Abgeordneten hat nur eine Parlamentarierin einen Ausbildungsberuf erlernt und ausgeübt. Zugleich warb Lang bei der Handwerkskammer auch für den Klimaschutz. Dieser werde viele Jobs schaffen. Auf dem Kleinen Parteitag der Grünen im Juni hatte sie vom größten “Jobmotor” Klimaschutz gesprochen. Fraktionsvize Andreas Audretsch schloss sich der Parteichefin in Dresden an. Er bezeichnete Wasserstoff als “Champagner der Energiewende”, den es mit Bedacht einzusetzen gelte. Langs Sommerreise führt sie noch nach Bayern und Baden-Württemberg.
Kindergrundsicherung: Streit um Bildungspauschalen. Der Streit um die Kindergrundsicherung spitzt sich unter anderem auf die Frage zu, ob Familien eine Pauschale für Schulhilfen ihrer Kinder bekommen sollen. Der Gesetzentwurf von Familienministerin Lisa Paus sieht in Paragraf 1 vor, dass bedürftige Familien künftig eine Pauschale für kulturelle Teilhabe und persönlichen Schulbedarf bekommen sowie tatsächliche Kosten für Nachhilfe und Klassenfahrten abrechnen können. Die entsprechenden Passagen liegen Table.Media vor.
Die FDP hingegen ist strikt gegen Pauschalen. “Wenn Frau Paus die Kindergrundsicherung benutzt, um Transferleistungen insgesamt x-beliebig zu erhöhen, dann können wir das nicht unterstützen”, sagte der FDP-Sozialpolitiker und Bundestagsabgeordnete Jens Teutrine Table.Media. FDP-Chef Christian Lindner hatte infrage gestellt, ob Pauschalen mit Blick auf besonders bedürftige ausländische Familien überhaupt geeignet seien. Er hatte am Wochenende ins Spiel gebracht, statt dessen “die Kitas und Schulen für die Kinder so auszustatten, dass sie vielleicht das aufholen, was die Eltern nicht leisten können”.
Aus Sicht der Grünen widerspricht das der Logik der im Koalitionsvertrag verabredeten Grundsicherung. Die grüne Bildungspolitikerin Nina Stahr beharrt auf Pauschalen. “Ich möchte, dass Kinder sich niedrigschwellig zum Sportverein, zur Nachhilfe oder zur Musikschule anmelden können”, sagte die Abgeordnete. “Eltern wissen am besten, was ihre Kinder konkret brauchen.” Was das mit dem sonst meist von der FDP propagierten Konzept eines mündigen Bürgers zu tun hat, analysiert Christian Füller im Bildung.Table.
Es reichelt: Ex-“Bild”-Chef Reichelt und Springer einigen sich. +++ Politik statt Tantiemen: T-Online holt Ex-Corint-Chef Christoph Schwennicke. +++ Dit is Berlin: Kitas werben mit den hässlichen Seiten der Hauptstadt.
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Lobbyismus: CDU-Mitglied klagt gegen eigenen Vorstand. Das CDU-Mitglied Luke Neite klagt zum zweiten Mal gegen den Vorstand seiner Partei. Es geht um den Dauergaststatus im Parteivorstand für den “Wirtschaftsrat der CDU”, der nicht Teil der Union, sondern ein Lobbyverband ist. Im Frühjahr war Neite vor dem Parteigericht gescheitert, diesmal klagt er vor dem Landgericht Berlin. Er wird dabei erneut von Lobbycontrol unterstützt. Der Verein sieht im Gaststatus einen Verstoß gegen das Parteiengesetz und kritisiert, der Rat profitiere von “privilegierten Zugängen ins Machtzentrum der CDU”.
SZ: Faeser will Einbürgerung erleichtern
FAZ: Verteidigungsetat soll mittelfristig sinken
Tagesspiegel: Expertenrat kritisiert Klimapolitik der Ampel
Handelsblatt: Unruhe bei SAP
Sächsische Zeitung: Nach Corona: Sachsen will Demonstrationen erleichtern
Zeit Online: Mondmission: Hat der Mensch die Mondlandung verlernt?
Spiegel: Treffen von Scholz und Wüst: Männer, die auf Windräder starren
RND: Feuerökologe Alexander Held: Warum brennt es so oft auf Inseln?
T-Online: Rummenigges Aussagen zum Kuss-Eklat: Das kann nicht sein Ernst sein
Business Insider: In diesen 14 deutschen Städten sinken die Preise für Immobilien deutlich
Zeit Online: Neues Förderprogramm zum Heizungsaustausch soll Anfang 2024 starten
Welt: Wenn alle daran scheitern, kann an den Klima-Vorgaben etwas nicht stimmen
FAZ: Ministerin Paus auf dem Kriegspfad
Handelsblatt: Diese Visionen Chinas dominieren den Brics-Gipfel in Südafrika
NZZ: Aktivismus statt Journalismus: Wie sich der “Spiegel” den Klima-Klebern andient
Staatsangehörigkeit: Faeser setzt sich durch. Wenn das Kabinett am Mittwoch das neue Staatsangehörigkeitsrecht verabschiedet, wird es keine großen Änderungen mehr enthalten. Damit hat Innenministerin Nancy Faeser ihre Pläne innerhalb der Koalition durchgesetzt. Mit der Gesetzesnovelle verabschiedet sich die Regierung vom Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit. Im Gesetzentwurf geschieht das mit nur vier Worten: “Nummer 4 wird aufgehoben”. Dieser kurze Satz, der sich auf § 10 Absatz 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes bezieht, hat weitreichenden Folgen.
Wer eine andere Staatsbürgerschaft annimmt, soll die deutsche nicht mehr automatisch verlieren. Ebenso können Personen ihre ursprüngliche(n) behalten. Auch an der Verkürzung der Fristen zur Einbürgerung hält die Bundesregierung fest. Diese sollen von acht auf fünf Jahre und bei besonderer Integrationsleistung auf drei Jahre verkürzt werden. Neugeborene Kinder sollen bereits einen deutschen Pass erhalten können, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren in Deutschland lebt. Sprachnachweise als Voraussetzung für den Erwerb sollen für ehemalige Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter weniger streng werden.
CDU und CSU sprachen von einem “Verramschen” der Staatsangehörigkeit. Nach dem Willen der Bundesregierung soll das Gesetz zum nächsten Jahr in Kraft treten. Vorher muss es noch durch Bundestag und Bundesrat. Die AfD sowie CDU/CSU waren bei der Diskussion des Gesetzes im vergangenen Winter Sturm gelaufen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, es fördere nicht die Integration, die deutsche Staatsbürgerschaft “zu verramschen”. Protest, vor allem aus CDU-geführten Ländern, dürfte mit Blick auf die ohnehin aufgeheizte Debatte über Migration vorprogrammiert sein.
Chipfabriken: Nachhaltigkeit bleibt offen. Nachdem die Bundesregierung der Halbleiterindustrie Fördermittel in Höhe von 20 Milliarden Euro in Aussicht gestellt hat, bleibt offen, ob sie die Subventionen an die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen knüpfen wird. Auf Anfrage von Table.Media wollte sich das Bundeswirtschaftsministerium nicht dazu äußern, ob zumindest die Förderung aus dem Klima- und Transformationsfonds an verbindliche Nachhaltigkeitsstandards geknüpft ist. Solange das beihilferechtliche Genehmigungsverfahren bei der EU-Kommission nicht abgeschlossen und die Förderbescheide nicht erteilt seien, könne man sich dazu nicht äußern, hieß es aus dem Ministerium. Außerdem liefen die Verhandlungen mit den Unternehmen noch.
Nachfragen bei den beteiligten Unternehmen ergaben einen anderen Eindruck. Sie lobten zwar ihr freiwilliges Engagement in Sachen Nachhaltigkeit. Von vertraglichen Regelungen über Standards, Zielwerte oder Zertifizierungen war hingegen mit keinem Wort die Rede. Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie, hielte dies für einen Fehler. “Derartig öffentlich geförderte Standorte sollten den Charakter von Leitprojekten haben – mit hoher Ausstrahlung und Multiplikationscharakter”, sagte er. Mehr Details lesen Sie in einer Analyse von Carsten Hübner im ESG.Table.
Bildung.Table: SPD nimmt sich Beispiel an Skandinavien. Im Dezember will SPD-Chefin Saskia Esken ein neues bildungspolitisches Programm präsentieren. Dafür sammelte sie Inspirationen in Norwegen und Finnland. Ergebnis: Die SPD will den Ganztagsausbau ins Zentrum stellen, sich bei der digitalen Bildung aber von den Skandinaviern absetzen. Mehr
Europe.Table: Timmermans geht – Šefčovič übernimmt. Frans Timmermans verlässt die EU-Kommission mit sofortiger Wirkung, um Spitzenkandidat von Sozialdemokraten und Grünen bei den Wahlen in den Niederlanden zu werden. Die Zuständigkeit für den Green Deal übernimmt der slowakische Kommissionsvize Maroš Šefčovič. Mehr
ESG.Table. “Wir müssen die Verteilungskonflikte angehen”. Das sagt Reiner Hoffmann, Ex-DGB-Chef und neuer Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung, im Interview zur Halbzeit der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG). Geld dafür sei im Überfluss vorhanden – nur häufig an der falschen Stelle. Um die sozial-ökologische Transformation zu meistern, müsse die soziale Frage mitgedacht werden. Mehr
Europe.Table: Auf dem Weg zu strengen Klimazielen. Während Deutschland noch über seinen Klimaschutzpfad für 2030 streitet, hat die EU-Kommission schon ihr Ziel für die nächste Dekade in Arbeit. Eine Befragung von Bürgern, Verbänden und Unternehmen ergab: Mehr CO2 sparen wollen die Befragten vor allem im Verkehr. Mehr
Deutschlandfunk
ca. 6:50 Uhr: Lorena Hentschel, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit: Einleitung von Kühlwasser aus AKW Fukushima ins Meer
ca. 7:14 Uhr: Marco Buschmann, Bundesjustizminister: Selbstbestimmungsrecht
ca. 8:10 Uhr: Lisa Badum, MdB (Grüne): Expertenrat für Klimafragen kritisiert Regierung
ZDF-Morgenmagazin
7:05 Uhr: Sven Mohr, Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung: Immer weniger Azubis – Attraktivität von Ausbildungsplätzen erhöhen
8:05 Uhr: Marco Buschmann, Bundesjustizminister: Selbstbestimmungsrecht und Stimmung in der Koalition
rbb24-Inforadio
ca. 6:25 Uhr: Konstantin von Notz, MdB (Grüne): Herbstprojekte der Bundesregierung – Staatsangehörigkeit
Mittwoch, 23. August
Torsten Herbst, MdB (FDP) und Parlamentarischer Geschäftsführer, 50 / Mechthild Heil, MdB (CDU), 62 / Thomas Lutze, MdB (Linke), 54 / Marion Gentges, Justiz- und Migrationsministerin von Baden-Württemberg, 52 / Ilija Trojanow, Schriftsteller, 58
Unser Tipp führt Sie heute in den Ostblock. Dort wächst Lea Ypi auf. Genauer: In Albanien. Als die Wende kommt, ist sie elf Jahre alt. Und hat bis dahin eine glückliche Kindheit gehabt. Trotz Diktatur. Die neue Freiheit bedeutet für sie vor allem das Verschwinden einer Welt und sehr viel Unsicherheit. Und die Frage: War alles, was ihr zuvor als gut und wahr galt, in Wirklichkeit falsch? Die Gattung autobiografisches Sachbuch, die neudeutsch vermutlich unter “Infotainment” fällt, ist an sich schon eine gesellschaftliche Bereicherung. Ypi schafft es in diesem, Persönliches, Historisches und Philosophisches miteinander zu verknüpfen. Ein Musterbeispiel.
Frei – Erwachsenwerden am Ende der Geschichte | Suhrkamp
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Good night and good luck!
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